Rot und Blau von Himitsu-chan ================================================================================ Kapitel 1: Flucht ----------------- Das Dunkle war seit Menschen Gedenken dasjenige, was immer Furcht in ihnen auslöste. Nichts sehen zu können und sich nur auf seine eigenen, anderen Sinne verlassen zu müssen, während der Verstand nur auf das nötigste reduziert war. Nämlich zu überleben und auf jede ach so kleine Gefahr zu achten. Leichter gesagt als getan, denn alles klang gefährlich im dunklen. Selbst ein kleiner Vogel der nur über dem Waldboden sprang und dabei kleines Äste zerbrach, hörte sich eher so an, als ob uns jemand folgte. Jemand der uns umbringen will. Hart schluckte ich sogleich und lauschte angespannt in die Dunkelheit, während sich dicht neben mir etwas bewegte und gegen mich stieß. Dies ließ mich jedoch nicht wirklich aufschrecken, sondern eher der kurze Schrei dicht neben mir. „Verdammt, habt ihr das auch gehört? Da hinten?“, fragte mich eine zitternde Mädchenstimme. „Nur dein Geschrei war zu hören! Jetzt wissen alle wo wir sind!“, zischte stattdessen eine aufgebrachte Jungenstimme dicht hinter mir. Innerlich murrend atmete ich tief durch und versuchte mich wieder etwas zu entspannen. Bevor die beiden Streithähne sogleich loslegen konnten, ging ich dazwischen. „Seid still!“, flüsterte ich angespannt und lauschte in die Dunkelheit. Bis auf das knacken der Äste und das leise ächzen der Bäume, die sich im Wind bewegten, konnte ich nichts weiter vernehmen. Erst als ich kleine Hände in meiner Jacke fest krallten, entspannte ich mich wieder etwas und atmete tief ein. „Wir sollten uns beeilen, damit wir hier schnellstens raus kommen“, sprach ich ruhig und blickte nun hinter mich. Nur mit Mühe konnte ich ihre Umrisse erkennen, doch ihren angstvollen Blick den sie auf mich gerichtet hatten, spürte ich dagegen umso mehr. „Okay?“, sprach ich leise und versuchte die beiden Kinder, die mir seit Anbeginn der Reise folgten, anzulächeln. Gelang mir jedoch nicht wirklich überzeugend, da ich selbst müde und erschöpft war…und man mir es vermutlich auch ansah. Ich hörte das kleine Mädchen hinter mir kurz schniefen, eh sie meine Hand ergriff und kurz drückte. Ein abfälliges schnauben ihres Bruders dagegen, klang mehr nach Frustration statt Furcht. „Solange Amber nicht wieder schreit“ „Tue ja nicht so cool, Adam! Du hast dich auch vorhin an mir festgekrallt gehabt, als es neben uns so geknackt hat!“, brauste Amber sogleich auf und warf ihrem Bruder einen bösen Blick zu. Zumindest denke ich, dass sie das tat. Ehe ich wieder dazwischen gehen konnte, spürte ich plötzlich etwas nasses meine Wange hinab laufen. Überrascht sah ich auf und spürte sogleich, wie etwas über meine Nase lief. Kalt und nass. „Es fängt an zu regnen! Das hat uns gerade noch gefehlt!“, schimpfte Adam sofort drauf los und stampfte wütend mit einem Fuß zu Boden, während es nun tatsächlich mit Regnen anfing und ich frustriert wieder zu Boden blickte. Das verkomplizierte die Sache ziemlich. Wir waren in der Nacht mitten im Wald und es regnete…und das bei Temperaturen die fast beim Gefrierpunkt lagen. Zudem bin ich absolut orientierungslos und weiß einfach nicht, wohin ich noch gehen sollte. Alles war aber immerhin besser, als die Stadt. Zumindest darin war ich mir absolut sicher. Ein leichtes zittern neben mir ließ mich zu Amber blicken, die sich sogleich enger an mich schmiegte und meine Hand so eisern festhielt, dass sie wohl angst hätte, ich könnte verschwinden. So wie ihre Eltern. Langsam fuhr ich mir mein inzwischen nass gewordenes Haar aus dem Gesicht und sah mich aufmerksam um. „Wir finden schon was…wir waren hier im Sommer gewesen. Eure Jagdhütte muss hier irgendwo sein“, sprach ich angespannt zu Adam, doch der murrte nur und schien wohl auch kurz davor zu quengeln. Denn ich konnte inzwischen auch ein leises, verzweifeltes schluchzen vernehmen. „Ich sehe nichts! Wie soll ich die im dunklen auch finden!“, fuhr er mich nun wütend und verzweifelt an. Der Regen wurde inzwischen stärker, ebenso seine Mutlosigkeit und Wut. „Wir werden diese Hütte niemals finden! Die finden garantiert vorher uns!“, schrie er jammernd und ließ mich zusammen fahren. Amber neben mir, fing nun ebenfalls an zu schluchzen, als hätte sie jemand plötzlich heftig geschlagen. Beinahe paralysiert hörte ich nun das weinen der Kinder, während mir die großen, schweren Tropfen ohne Unterlass auf meinen Schädel donnerten. Am liebsten würde ich mich einfach meinen Tränen hingeben und mich hilflos zusammenrollen. Alles von mir schmeißen und hoffen, dass dieser Alptraum schnell vorbei ist und ich wieder daheim bin. Daheim bei meiner Familie, die mich freudestrahlend empfängt, nachdem ich ein Jahr fort war. Aber dem war nicht so. Und zu heulen, würde keinem von uns helfen. Entschlossen sah ich nach vorn, blinzelte die Tränen trotzig aus meinen Augen, während der Regen dafür sorgte, das sich mein Gesicht so anfühlte, als hätte ich bereits seit Stunden geheult. Ein gleisend heller Blitz erhellte plötzlich für einen kurzen Augenblick die Umgebung und ließ uns alle miteinander aufschreien. Doch der Donner, der sofort danach folgte, war um einiges beängstigender als es dieser Blitz je sein könnte. „Ich will nach Hause! Ich will weg von hier!“, schrie Amber aufgebracht und hielt sich heulend die Ohren zu, als der Donner so laut in unseren Ohren hallte, das ich den Anschein hatte, die Welt würde sofort grollend untergehen. Adam drückte sich zitternd an mich und schrie ebenfalls, während ich erschrocken die Augen weitete und mir erneut mein nasses Haar aus dem Gesicht strich, um besser sehen zu können. „Die Jagdhütte! Da vorn ist sie!“, brüllte ich aufgebracht, um den Donner zu übertönen der sogleich folgte, als ein weiterer Blitz die Umgebung um uns kurz erhellt hatte. Ein schlichtes, altes Holzhaus stand auf einer Lichtung, nicht weit von uns entfernt. Schnell nahm ich die weinenden Kinder jeweils an meine Hand und hastete sogleich los. Auch wenn uns sogleich wieder die Dunkelheit umgab, weil kein Blitz mehr über den Himmel tanzte, so konnte ich mir immerhin gut die Richtung merken, in welcher die Hütte stand. Jedoch vergaß ich auch das, was noch vor mir lag. Mit einem reisenden Geräusch war ich an eine Hecke vorbei gestürmt, die mir sogleich meine Strumpfhose aufgerissen hatte und meine Haut dazu. Mit zusammen gebissenen Zähnen rannte ich weiter, denn der nächste Blitz schoss in zick-zack Linien über uns und die Wipfel der Bäume hinweg. Der Donner der daraufhin folgte, ließ auch mich aufschreien, denn die Erde schien zu Beben und mein innerstes ebenfalls. Amber fiel vor Schreck zu Boden und quiekte laut auf. Hastig zog ich sie wieder auf die Beine und rannte sogleich weiter, immer weiter Richtung Hütte, die so nah vor uns lag. „Gleich haben wir es geschafft!“, versuchte ich die Kinder zu beruhigen…und vor allem mich. Inzwischen war der Boden so aufgeweicht, dank des Regen, das auch ich beinahe ausgerutscht und hingefallen wäre. Mit mühe hielt ich uns alle aufrecht, ehe wir dann endlich die Hütte erreicht hatten. Hastig kramte ich in meiner Seitentasche herum und suchte den alten, verrosten Schlüssel den ich auf unseren Fluchtweg im vorbei gehen, nur schnell eingesteckt hatte. Hoffentlich habe ich ihn nicht verloren… Doch als ich den harten, metallischen und Schlüsselförmige Gegenstand endlich gefunden hatte, in den tiefen meiner viel zu großen Jacke, atmete ich erleichtert auf und steckte den Schlüssel sogleich in das Schlüsselloch. Mit einem Klacken ging die Tür auf und ich schob die Kinder schnell hinein, ehe ich scheppernd die Türe hinter mir zuknallte. Augenblicklich war ein lauter Donnerschlag zu hören, fast so als wolle dieser meinen frevelhaften Lärm übertrumpfen. Vorsichtig blickte ich mich in der Hütte um, während draußen der Regen gegen die Holzbalken trommelte. Wieder herrschte Dunkelheit und die damit verbundene Angst, Was sich im Dunklen alles so aufhalten könnte. „Dad hat das Feuerzeug glaub ich…dort hingelegt!“, rief Adam sogleich und zeigte auf eine schemenhafte Kommode. Sogleich nickte ich und ging geradewegs darauf zu. Vorsichtig fing ich damit an, die Kommode abzutasten. Alles fühlte sich staubig und schmutzig an, außerdem krabbelten meine Fingerspitzen unwohl, als diese an irgendetwas festzukleben schienen. Hastig wischte ich den Gedanken an eine große, behaarte Spinne beiseite, die mir wohl jetzt den Arm hochkrabbelt und tastete aufgeregt weiter. Und endlich fand ich das, was ich gesucht hatte. Eine Packung Streichhölzer! Gerade wollte ich vor Freude aufschreien, als mich der laute Donner sogleich ausbremste und stattdessen dafür sorgte, dass ich vor Schreck die Streichhölzer wieder fallen ließ. Wenn es nicht gerade so beängstigend wäre, hätte ich wohl darüber lachen können Doch mein Herz ist mir leider in die Hose gerutscht. Leise fluchend tastete ich jetzt also auf dem Boden herum und war mit diesmal absolut sicher, dass es staubig und dreckig hier drinnen war. Auf einmal stieß ich gegen etwas und blickte verwirrt auf, als ich Amber erkannte. Mit zittrigen Fingern hielt sie mir nun die Streichhölzer entgegen. „I-ich hab sie gefunden“, flüsterte sie. „Und ich hab das gefunden!“, rief Adam schon beinahe stolz und stach mir mit seiner gefundenen Kerze beinahe das Auge aus. Schnell erhob ich mich und zündete sofort ein Streichholz an. Das kleine Licht erhellte nur leicht die Umgebung, doch es reichte aus damit ich die beiden Kinder erblicken konnte. Doch was ich sah, gefiel mir gar nicht, also zündete ich jetzt schnell die Kerze an, damit ich ein besseres Sichtfeld bekam. Adam ist ein 10 jähriger Junge von relativ großer Gestalt mit kurzen blonden Haaren und blauen Augen. Über seinem linken Auge war ein tiefer, blutiger Kratzer zu sehen, welcher auch noch weit in seine Augenbraue ragte. Ansonsten war seine Kleidung teilweise zerrissen und absolut durchnässt. Amber ist die Zwillingsschwester von Adam und ebenfalls blond. In ihren blauen Augen hatten sich erneut Tränen gebildet, die nun auf ihre aufgeschrammte Wange hinunterlief, weiter zu ihrer aufgeplatzten Lippe. Sie sah blass und erschöpft aus und nicht weniger durchnässt, als ihr Bruder. An beiden klebte getrocknetes Blut. Mühsam riss ich mich von dem Anblick los und bat die beiden, sich auf das nahe alte Sofa zu setzten. Währenddessen suchte ich nach jeder Kerze in der kleinen Hütte und zündete diese an. Kurz darauf hatte sich ein angenehmes, schwaches Licht in jedem Raum ausgebreitet. Nebenbei spendeten die Kerzen noch etwas Wärme, auch wenn es nicht viel war. Während ich mich vor dem Kamin hinhockte, etwas zerknülltes Papier und alte Holzbretter hinein warf, kam mit tapsigen Schritten jemand auf mich zu. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen wer es war. „Mir ist kalt, Hannah“, sprach Amber leise neben mir und zitterte bereits. Selbst ich fing ebenfalls nun an zu zittern und sah an meine nasse Kleidung hinab. Zerrissen an manchen Stellen und ebenfalls so nass, das ich schon eine kleine Pfütze unter mir zustande gebracht hatte. Murrend erhob ich mich und holte den alten Wäscheständer aus dem kleinen Schlafzimmer. „Zieht euch die nasse Kleidung aus, ich hole uns etwas anderes!“ Während die Kinder eher murrend und maulend sich umzogen, blickte ich skeptisch in den großen, alten und rustikalen Eichenschrank. Zwar hing hier viel Kleidung, doch das war definitiv alles für Männer und zudem ziemlich…alt. Ich zog die Sachen dennoch hervor, schrie aber beinahe erschrocken auf, als mir unzählige Motten entgegen flogen. Hastig eilte ich zu den Kindern zurück und warf ihnen die übergroßen Kleidungsstücke entgegen. Auch ich zog mich fix um und hing meine nasse Kleidung auf den Wäscheständer, ehe ich diesen dann vor dem warmen Kamin stellte. Das übergroße Holzfällerhemd knöpfte ich eher schnell und halbherzig zu, weswegen es wohl etwas ungeordnet aussah. Sehr zur Freude von Adam. „Ständig hast du uns gesagt, dass wir uns ordentlich anziehen sollen und jetzt siehst du auch nicht besser aus!“ Amber brachte nun ebenfalls ein schwaches Lächeln zustande, ehe ich nur einmal schwer schnaufte und mir die viel zu große Hose gleich beiseite warf. Inzwischen war es zum Glück nicht mehr so kalt, also würde es auch ohne Hose gehen, zudem war das Hemd lang genug. Ging ja fast als Kleid durch…ein ziemliches hässliches aber. „Habt ihr Hunger? Vielleicht findet sich in der Küche noch etwas?“, sprach ich schmunzelnd um schnell das Thema zu wechseln. Doch alle beide schüttelten nur stumm den Kopf und schwiegen nun. Es wurde so still, dass wieder das Trommeln der Regentropfen auf dem Dach zu hören war. Abschätzig blickte ich zur Decke hinauf und hörte es irgendwo hinein regnen. Zudem klang es auch so, als ob irgendwo etwas über den Dachboden ging. Es knarzte hier und dort verdächtig. Angespannt lächelnd sah ich zu den beiden erschöpften Kindern und warf ihnen eine große, muffige Decke über, um sie zuzudecken. „Naja es nicht unbedingt das Hilton, aber besser als nichts“, versuchte ich die angespannte Stimmung etwas zu aufzulockern. Adam jedoch sah finster drein, während Amber starr aus dem Fenster blickte und die Regentropfen beobachtete, die wie Rinnsale hinabflossen. „Dad hat hier auch seine Pistole und Schrotflinte liegen, wir müssen sie finden. Dann gehen wir zurück und zeigen es diesen Arschlöchern!“ Mit jedem Wort wurde Adam lauter und aggressiver. Amber neben ihm zuckte zusammen und fing stumm an zu schluchzen. „Adam, das können wir nicht“, sprach ich nach einer kurzen Pause ruhig und sah eindringlich in sein angespanntes Gesicht. Sofort richtete er sich auf und warf mir wütend das stinkende Kissen entgegen. Nur knapp konnte ich diesem ausweichen, ehe es gegen ein präpariertes Kaninchen traf und dieses mit zu Boden warf. „Sie sind alle Tod…und wir sind feige geflohen…“, flüsterte der Junge aufgebracht, während er in mein entsetztes Gesicht blickte. Wieder herrschte Stille, eine angespannte Stille die selbst der laute, grollende Donner nicht vertreiben konnte. Ich starrte auf den Jungen hinab, während Adam wütend seine Tränen wegblinzelte und mit der Faust auf die Sofalehne schlug. „Alle sind…Tod…“ Eilig lief ich zu ihm und drückte ihn eng an mich, sein Körper schüttelte sich nun vor Schluchzen, während er immer wieder dieses eine Wort wiederholte, vor dem wir heute so verzweifelt und überhastet geflohen waren. Tod. Amber schloss sich kurz darauf ihren Bruder an und schmiegte sich voller Trauer und Verstörung in meine Arme. Verbissen starrte ich zu Boden, drückte die beiden an mich und versuchte mich nicht mitreißen zu lassen. Ich muss stark bleiben für die beiden…ich muss. Wenn ich jetzt auch anfangen sollte zu heulen, wird das niemandem helfen. Am wenigstens mir. Also keine Furcht vor der Zukunft zeigen. Auch wenn sie bis jetzt fürchterlich aussieht. „Es war ein anstrengender Tag, lasst uns schlafen, ja?“, lächelte ich die beiden warm an und wischte ihnen die Tränen aus den Gesicht. Die Erschöpfung der beiden war beinahe greifbar, doch an Schlaf war wohl nicht zu denken. „Und wenn sie uns finden?“, wisperte Amber mit aufgerissenen, verquollenen Augen. „Wenn sie uns finden und dasselbe mit uns anstellen, wie mit Mum und Dad?“ „Das lasse ich nicht zu“, versprach ich Augenblicklich und sah dem Mädchen fest in die Augen. „Versprochen“ Wieder Stille. Amber legte sich nun auf das Sofa, zog sich die Decke hoch bis zur Nasenspitze und blickte Gedankenverloren in das knisternde Kaminfeuer. Es dauerte nicht lange und ihr fielen die Augen langsam zu. Kurz darauf war sie eingeschlafen, meine Hand dabei jedoch festhaltend. Abwartend schielte ich zu Adam, der mich abschätzend musterte, dann trotzig und schniefend wegblickte. „Ich wollte dich nicht mit dem Kissen treffen es…tut mir leid“, murrte er so leise, das ich ihn kaum verstanden hatte. Etwas belustigt sah ich ihn an, dann wuschelte ich durch sein zerzaustes Haar. „Jaja, das waren doch Vorpupertäte Züge. Ich weiß schon“, sprach ich leise lachend, doch Adam sah betrübt weg und ließ mich wieder verstummen. „Wir hätten nichts tun können, oder?“, fragte er flüsternd. „Nein“, flüsterte ich ebenso, blickte auf die alte Decke und zupfte etwas unbeholfen daran. „Wir konnten froh sein, das wir noch fliehen konnten“ Adam schwieg. Nachdenklich blickte ich zu Boden, ließ die vergangenen Stunden nochmal an mir vorbei ziehen, doch wenn ich nicht gerade ein Android wäre, der jedes kleines Detail nochmal zurückspulen kann, so werde ich wohl nie erfahren, was da eigentlich alles genau passiert ist. Wir können einfach nur froh sein, das wir entkommen konnten. Gerade wollte ich das erneut zu Adam sagen, als ich feststellte, dass er eingeschlafen war. Ein kurzes lächeln huschte über meine Lippen, dann deckte ich ihn ebenfalls zu und legte mich zu den beiden dazu. Morgen würde ich nach diesen Waffen suchen, die hier irgendwo herum lagen. Dann wären wir immerhin etwas sicherer. Das stetige Klopfen des Regen gegen die Häuserwand, hatte schon beinahe einen melodischen Klang. Erschöpft sah ich aus dem Fenster, lauschte dem Regen…und fiel kurz darauf in einen tiefen und traumlosen Schlaf, den meinen entkräfteten Körper so dringend brauchte. Ein greller Schrei ließ mich augenblicklich erschrocken auffahren und die Augen aufreißen. Mit klopfendem Herzen blickte ich zur Seite, doch bekam just in demselben Moment einen dumpfen und harten Schlag an die Schläfe. Gepeinigt schrie ich auf und sackte wie ein schwerer Sack zur Seite, während ich deutlich mein Blut durch die Adern pulsieren spürte und eben dieses sich gerade einen Weg über meine aufgerissene Haut bahnte. Der Schmerz in meinem Kopf teilte sich explosionsartig überall aus und ließ mich zunächst keinen klaren Gedanken fassen. Lediglich die Schreie von Adam und Amber drangen mir in die Ohren und johlendes Gelächter, welches sich dumpf und entfernt anzuhören schien. „Zwei Gören und eine Frau. Ich habe dir gesagt in dieser Hütte steckt mehr, als es zunächst den Anschein hat!“ Amber schrie erneut auf, schmerzvoller als zuvor. Mühsam richtete ich mich mit zusammengebissenen Zähnen auf, blinzelte das Blut aus meinen Augen, welches bereits meine Wangen hinablief und stierte wütend zur Seite. Drei mir unbekannte Männer hatten sich um unser Schlafquartier versammelt und starrten auf uns herab. Einer grinste dabei unheimlich, ließ dabei eine große Zahnlücke in seinen Schneidezähnen erkennen, während er belustigt die windende Amber begutachtete, die er scheinbar locker an ihren Handgelenken festhielt. Adam wurde von einem anderen Mann mit ungepflegten, langen Haaren zu Boden getreten. Auch er schrie jämmerlich auf. Gerade als ich mich aufrichten wollte, wurde ich an meinem Kragen gepackt und nach oben gezogen. Erschrocken starrte ich in ein grobes, unrasiertes Gesicht. Er sah nicht besser aus, als ein verwahrloster Holzfäller, der schon zu lange in den Bergen gelebt hatte. Und das tat er bestimmt auch. Alkoholgeruch zog mir in die Nase, als der Kerl vor mir anfing zu sprechen. „Ihr seid einfach in unser Territorium eingedrungen, das kann ich nicht dulden“ Adam schrie empört und gepeinigt auf. „Diese Hütte gehört meinem Dad!“ Sofort erfolgte ein Tritt in seine Magengegend, der ihn gequält nach Luft schnappen ließ. Erschrocken starrte ich ihn an, als der Mann abfällig grinste und seine glasigen und blutunterlaufenden Augen an meinem Gesicht auf und ab wandern ließ. „Wenn die Welt schon aus den Fugen gerät, dann sollten wir uns dem anpassen, meinst du nicht?“, hauchte er mir entgegen, während mir sein vergorener Atem beinahe die Luft zu atmen nahm. Diese verdammten Mistkerle haben alle dieses Dreckszeug Red Ice intus und werden uns vermutlich bestialisch abschlachten, nachdem sie wer weiß was mit uns angestellt haben! „Wer hätte gedacht, das dieser verdammte Aufstand dieser Plastikknalltüten doch noch etwas Gutes hat!“, rief grölend derjenige der Amber festhielt und sie nicht einmal aus den Augen ließ, während das Mädchen verzweifelt schluchzte. Adam japste noch immer nach Luft und krümmte sich vor Schmerz, doch er war bei Bewusstsein. Weg hier…und zwar sofort! Ehe ich mir auch nur ansatzweise einen Plan überlegen konnte, plapperte ich einfach drauf los. „Wenn ihr euch gegen diese Androiden verteidigen wollt, dann braucht ihr doch Waffen“, warf ich in diese zweifelhafte Konversation ein, denn ich wurde auf die Couch niedergedrückt und starrte mit aufgerissenen Augen zu dem Mann auf, der sich belustigt über mich beugte. Gier blitze in seinen Augen auf und ließ mich erzittern, während ich verzweifelt versuchte den Griff um meinen Kragen zu lockern. Und tatsächlich verfluchte ich mich innerlich dafür, dass ich mir am Abend zuvor nicht einfach noch eine Hose drüber gezogen hatte und mir dieses viel zu große Hemd nicht ordentlich zugeknöpft habe. „Eine Waffe? Ja, sehr von Vorteil“, sprach er heiser und fuhr über meinen nackten Schenkel weiter hoch zu dem Hemd. Ekel ergriff mich, doch ich sprach hastig weiter. „Im Nachttisch im Schlafzimmer befindet sich ein Revolver“ Er hielt inne, blickte mich prüfend mit den geweiteten Pupillen an. Kalter Schweiß rann meinen Rücken hinab und ließ mein Herz auf Hochtouren arbeiten. „John, sieh nach“, sprach er mit rauer Stimme und ließ mich zusammenzucken, als er mit seinen rauen Fingern nun unter dem Hemd war. John war derjenige, der eben noch auf Adam eingetreten hatte, sich aber nun mit schlurfenden Schritten Richtung Schlafzimmer machte. Kaum war besagter John im Schlafzimmer angekommen, rammte ich mein angewinkeltes Bein so brachial wie mir möglich in den Unterleib dieses Mistkerls, der mich festhielt. „Hier ist nichts!“, rief John frustriert und polterte laut im Schlafzimmer umher. Hastig stand ich auf und trat dem anderen Mann der Amber festhielt in die Kniekehlen und brachte ihn immerhin auch zum straucheln, gefolgt von einem wütenden Fluch. Amber befreite sich schnell, rannte zu ihrem Bruder und half ihm auf. Adam richte sich mühsam auf und hielt sich seinen schmerzenden Unterleib, während er erschrocken aufsah. So schnell ich konnte, rannte ich zu der kleinen Küchenzeile und holte mir die schwere, gusseiserne Pfanne. Mit Mühe konnte ich sie hochhalten und ließ sie dann donnernd auf den Kopf des Mannes nieder, der eben noch Amber festgehalten hatte. Mit einem dumpfen stöhnen fiel er zu Boden. „John! Schnell die Knarre!“, rief der andere der mich eben noch festgehalten hatte und richtete sich schnaufend und wutentbrannt auf. Hass spie aus seinen Augen…und Mordlust. „Schnell, raus hier!“, rief ich gehetzt und packte die beiden an die Hände um schnell zur Tür zu rennen. Eilig riss ich die Türe auf und hörte im selben Augenblick einen lauten Knall und das splittern von Holz knappe neben meinem Kopf. Ich sprang beinahe aus dem Haus und riss die beiden Kinder mit mir mit. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir ohne Schuhe unterwegs waren. Der kalte und feuchte Matsch umschlang sofort meine nackten Füße und versuchte diese beinahe am Boden festzuhalten. Aber immerhin war jetzt morgen und ich konnte sehen wohin ich rannte. Mühevoll zerrte ich die Zwillinge mit mir mit, tiefer in den Wald. Amber fiel prompt in den Dreck, da sie die lange Kleidung die sie trug, zum straucheln brachte. Mit letzter Kraft zog ich sie hoch und stieß sie voran, ehe ich einen neuen Knall hörte und kurz darauf einen brennenden Schmerz in meiner Hüfte. Die Beine gaben nach und ich flog nun ebenfalls in die aufgeweichte Erde die mich zugleich wie festzuhalten schien. Angestrengt atmete ich tief ein und aus, der durchdringende Schmerz in der Seite wurde schlimmer, ließ mir kaum Luft zum Atmen. Alles drehte sich. Die Geräusche um sich herum wurden dumpfer, lediglich mein Blut hörte ich wieder kraftvoll durch meine Adern rasen. „Hannah! Hannah!“, hörte ich Amber angsterfüllt schreien. „L-lauft!“, rief ich angestrengt, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir. Der Preis für dieses eine Wort war hoch, denn meine Körperspannung schien wie weggewischt. Ungelenk kippte ich nach meinem Halbherzigen aufstehversuch wieder zu Boden und hielt mir schmerzlich stöhnend meine Wunde. Das Hemd war an der Stelle regelrecht durchweicht und ich war mir ziemlich sicher, dass es sich dabei nicht um Wasser handelte. Schritte waren zu hören und ich entdeckte Kinderfüße die sich vor mir aufstellten und mir aufzuhelfen versuchten. Verdammt… „Ihr verdammten Gören, glaubt doch nicht ernsthaft, dass ihr mir entkommen könnt?“, fluchte besagter Mann, der sich wohl als Anführer dieser zweifelhaften Bande herausstellte. Sein Kumpane John stand dicht neben ihm und sah uns schadenfroh an, fast so als freue er sich auf das, was gleich kommen würde. Wütend stierte ich zu ihm auf, zwischen Adam und Amber, die sich schützend vor mich gestellt hatten. Das diese Kinder nie hören wollen! Sie sollen weglaufen! Ich japste wieder nach Luft, hielt mir verzweifelt meine schmerzende Seite um irgendwie die Blutung zu stoppen, doch das war aussichtslos. „Rennt weg, bitte!“, flüsterte ich angestrengt. Ehe ein weiteres Wort ertönen konnte, gab es einen weiteren lauten Knall. Stille. Angestrengt atmete ich ein und aus und sah perplex drein, als dieser John zu Boden fiel und sich nicht rührte. Was…ist passiert? Schritte, knackendes Holz umgab uns und ließ mich entgeistert in die schlammige Erde festkrallen, die sich feucht einen Weg zwischen meine Finger bahnte. Ein Kreis von circa zehn Menschen hatte sich um uns gebildet, Menschen die einfach aus dem Nichts auftauchten und uns aufmerksam zu Beobachten schienen. Ich habe sie nicht einmal bemerkt. Geschweige denn die Kinder, deren Blick nach zu urteilen. „Was…zum?! Was wollt ihr?!“, rief der Mann der mich angeschossen hatte und richtete nun seine Waffe wutentbrannt auf die Menge die uns umgab. …Erschrocken weitete ich meine Augen, als ich mir diese sogenannten Menschen genauer betrachtete. Blaue LED´s waren an ihren Schläfen erkennbar. Augenblicklich wurde mir schlecht. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, erfolgte ein Schuss aus der Menge, der den Mann der mich noch vor wenigen Minuten so bedrängt hatte, mitten in der Stirn traf. Dumpf fiel er zu Boden und rührte sich nicht mehr. Angespannt sah ich zu demjenigen, der den Schuss abgefeuert hatte. Ein junger Mann mit braunen Augen und Haar. Sein Haar war recht kurz geschnitten und von warmer dunkelbrauner Farbe, die fast meiner glich. Lediglich eine einzige kleine Haarsträhne lag ihm im Gesicht, die ihn von seinem perfekten Äußeren etwas abzuheben schien. Er trug eine schicke Uniform, an der rechten Seite seiner Brust prangten die Initialen, die ein jeder Android besaß. RK800 #313 248 317(-51) Dann trat er aus der Menge auf uns zu und sprach uns mit einer klaren und freundlichen Stimme an. „Ihr müsst mit uns kommen“ Kapitel 2: Begegnung -------------------- Angespannt lauschte ich meiner schweren Atmung und starrte zu dem toten Mann, der nur wenige Meter von uns entfernt im Dreck lag. Eben noch wollte er mich und die Kinder eiskalt erschießen. Nun liegt er dort selbst. Hingerichtet von einem Android. Und wir werden die nächsten sein. Nervös hörte ich meinen dumpfen Herzschlag in der Brust hämmern, während mir mit Schrecken bewusst wurde, dass ich kaum noch klar sehen konnte. Alles verschwamm miteinander und meine Gliedmaßen wurden immer schwerer. Jemand zog mühsam an meinem Arm und versuchte mich mit aller Kraft wieder auf die Beine zu ziehen. Das Ergebnis war jedoch mehr, oder weniger bedenklich. Aber immerhin konnte ich mich aufsetzten, während Amber mich festhielt und besorgt musterte. "Wir müssen hier weg!", zischte mir Adam ins Ohr, doch mehr als ein nicken kam bei mir nicht mehr zustande. Mein Mund fühlte sich staubtrocken an und die Zunge so schwer wie ein Stein. "Das wird nicht möglich sein in eurem Zustand", sprach uns nun der Android ruhig an, der unseren Angreifer niedergeschossen hatte. Zwar klang seine Stimmlage sanft und freundlich, doch mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Was geht hier nur vor sich? Was wollen diese Dinger nur von uns?! Und wie konnten die uns mitten im Nirgendwo finden? Mittlerweile fing ich an zu zittern und blickte an mit herab. Mein viel zu großes und liederlich zu geknüpftes Hemd, hing dreckig und klebend an meiner nassen Haut. Die linke Seite des Hemdes war Blutgetränkt und ließ mich beinahe würgen. Den dumpfen und pochenden Schmerz den ich an dieser Stelle verspürte, ebbte langsam ab. Doch vermutlich nur, weil ich dabei bin zu verbluten. "Ihr müsst keine Angst vor uns haben. Mein Name ist Josh.", stellte sich einer der Androiden freundlich lächelnd vor und trat einen Schritt auf uns zu. Er hat afroamerikanisches Aussehen und kurze, melierte Haare. Er sah nur wenige Jahre älter aus als ich. Langsam wurde mir schwindlig. Schwerfällig hielt ich noch das Gleichgewicht und versuchte verbissen nicht zur Seite zu kippen. Der metallene Geschmack in meinem Mund wurde stärker, ließ mich würgen und schließlich Blut zu Boden spucken. "Hannah!", rief Amber ängstlich und umarmte mich hektisch. Durch diese plötzliche Bewegung ihrerseits, verlor ich nun endgültig mein eh schon lausiges Gleichgewicht und kippte einfach um. "Verschwindet auf der Stelle!", rief Adam aufgebracht und nahm sich einen naheliegenden Stock, den er wild um sich schlagend ergriffen hatte, um uns beide nun damit zu verteidigen. Plötzlich waren Schritte zu hören und dann das splittern von Holz, als dieses gebrochen wurde. Adam schnappte entgeistert nach Luft, dann landete er bereits mit einem lauten schmatzen Geräusch im Dreck. Schwerfällig hielt ich die Augen offen und versuchte zu erkennen, was gerade vor sich ging. Doch alles wurde immer schemenhafter und auch die Geräusche immer dumpfer und klangloser. Verzweifelt versuchte ich bei Bewusstsein zu bleiben und mich wieder aufzurichten. Doch es war sinnlos. Lediglich mein abgehacktes und schwerfälliges Atmen bekam ich noch zustande. "Adam und Amber Traynor, ihr müsst uns nun begleiten", sprach eine andere Stimme auffordernd, die ich nicht zuordnen konnte. Es herrschte Stille. Beinahe war ich mir sicher, dass ich bereits Tod war, bis ich die zitternde Stimme von Amber vernahm. "Nicht...ohne Hannah" Schwerfällig öffnete ich wieder die Augen und versuchte die Kinder zu erkennen. "Ihre Überlebenschancen stehen nur bei 12,4 Prozent, das wird sie nicht überleben", widersprach nun der Android mit der Nummer RK800. Seine Stimme war recht leicht wiederzuerkennen. Angespannt krallte ich mich in die feuchte Erde und versuchte gerade meine Gedanken zu ordnen, doch selbst das fiel mir schwer. Doch grob überschlagen wusste ich, dass die mich hier liegen lassen werden, damit ich seelenruhig sterben kann. „V-verdammt…“, schnaufte ich aufgebracht, sammelte meine letzten verbliebenden Kräfte und richtete mich auf. Allerdings fühlte es sich so an, als ob ich mir meine Wunde weiter aufreiße, doch immerhin sorgte dieser zerreisende Schmerz für einen neuen Adrenalin Stoß, der mich dazu brachte aufzustehen. Zwar stand ich auf wie eine alte, gebrechliche Frau in ihrem 90. Lebensjahr auf, aber ich stand immerhin. Amber stütze mich schnell und sah lächelnd zu mir hoch, die Erleichterung in ihren Augen schien sich beinahe zu überschlagen. Auch ich kam nicht umhin kurz gequält zu lächeln. „Es könnte für Stabilität sorgen, wenn wir sie mitnehmen“, sprach plötzlich der Android namens Josh, blickte dabei ruhig zu dem RK800, der mich anstarrte. Ich ahnte bereits, dass er vermutlich seine Alternativen abschätze und jede Kleinigkeit an mir genau zu durchleuchten schien. „Was wollt ihr überhaupt von uns?!“, blaffte Adam nun wütend und stellte sich vor der Maschine auf, die mich eben noch zu analysieren zu schien. „Wir werden euch in Sicherheit bringen. Das hat oberste Priorität“ Perplex sah ich drein und kam nicht umhin, mein Gegenüber abschätzend anzustarren. „In Sicherheit?“, wiederholte Amber nun verwirrt und musterte die Maschine vor sich ebenfalls unsicher und abschätzend. „Wegen euch ist doch erst alles ins Chaos gestürzt! Ihr seid an allem schuld! Ihr verdammten Arschlöscher!“, schrie Adam seine ganze Wut heraus. Sein Körper bebte vor Zorn und als er mit seiner Faust ausholte, die er geradewegs in das Gesicht des RK800 krachen lassen wollte, schrie ich erschrocken auf, in der Hoffnung ihn aufhalten zu können. Doch seine Faust wurde gestoppt, unmittelbar vor dem Gesicht der Maschine die scheinbar seine bebende Faust locker festhalten konnte. „Mein Name ist Connor“, stellte er sogleich klar und ich war baff, ebenso Amber und Adam. Letzterer starrte ungläubig in die braunen dunklen Augen des RK800 und konnte es anscheint nicht glauben, dass sein brachialer Angriff wohl so mühelos gestoppt wurde. Währenddessen ging ich wieder schmerzlich stöhnend in die Knie, als mein kurzzeitiger Adrenalin Stoß mich nun völlig antriebslos zurück ließ. Die Schmerzen trieben mich mit rasender Geschwindigkeit in Richtung Bewusstlosigkeit, doch selbst mein eiserner Kampf dagegen konnte nichts ändern. Es war nur noch eine Sache von Sekunden. Ich wollte etwas sagen, etwas überdenken und diese ganze verdammte Situation erst einmal aufklären. Doch das einzige was durch meinen Kopf raste, war meine Sorge um die Kinder, die sich verzweifelt mir zuwandten, ehe sie von der Dunkelheit verschluckten wurden. Und ich mit ihr. Bilder blitzen immer wieder in der Dunkelheit auf. Kurze Sequenzen, die ich erst nicht einordnen konnte. Sie kamen so kurz und flüchtig, dass ich sie einfach vorbei ziehen ließ wie einen Blitz, der den Himmel kurz erhellte. Bilder von meiner Heimat...einem Viertel, in dem man nachts kein Fuß mehr vor die Tür setzten wollte. Eingeschlagene Fenster, Graffiti an den zerstörten Wänden und- Adam und Amber auf der Flucht vor dem, was uns alles genommen hatte, in nur wenigen Augenblicken. Ihre Augen vor Entsetzten geweitet, ein stummer Schrei aus ihren aufgerissenen Mündern, der jedoch nie erklang. Ein anderer Aufschrei erklang plötzlich so laut und deutlich in mir, dass ich erwachte und zusammenzuckte. Stimmen klangen in meinem Ohr, etwas Nasses lag nun auf meiner Stirn und ließ mich leise stöhnen. Diese Kühle tat so unglaublich gut. Langsam spürte ich wieder...und zwar mich selbst. Die schweren Augenlieder, die sich partout nicht von mit öffnen lassen wollten, meine schmerzenden Gliedmaßen, die wohl einfach wie festgefroren schienen und dann wurden die Geräusche um mich herum auch langsam verständlicher. Etwas legte sich sanft auf meine Wange und blieb dort für wenige Sekunden, ehe es wieder verschwand. Vermutlich eine Hand. "Sie hat immer noch Fieber und es geht seit Tagen nicht weg", sprach eine klare Kinderstimme und ich konnte sie gleich, als die von Amber identifizieren. Mühsam versuchte ich sogleich auf mich aufmerksam zu machen, doch sämtliche körperliche Aktivität war wohl abgestellt. Nebenbei traf mich fast der Schlag, als ich eine weitere Stimme hörte und die ebenfalls zugleich zuordnen konnte. Dieser Android…dieser RK800! Ich bin mir absolut sicher! "Unbehandelte Schussverletzungen führen bei Menschen zu Entzündungen oder Blutvergiftung" Stille. ...war ich damit gemeint? In meinem Kopf ratterte es auf Hochtouren. „Kann man daran sterben?“, wisperte Amber fassungslos. Ihre Stimme schien zu zittern. Es folgte keine Antwort seitens des Androiden, vielleicht gab er ihr aber auch irgendein Zeichen. Kopfnicken vermutlich, was auch sonst… Wieder herrschte eine bedrückende Stille, meine schwerfällige Atmung war das einzige was zu hören war. Selbst wenn ich nicht aktiv an diesem Gespräch teilnahm, so war es ja selbst mir schon unangenehm. Aber einem Kind und einem Androiden ist vermutlich nichts unangenehm. "Sag mal, Connor", fing Amber vorsichtig an, als mir der nasse Lappen plötzlich von der Stirn genommen wurde. "Kannst du auch krank werden?" "Nein", sprach der Android kurz angebunden. Wieder herrschte kurz Stille, dann sprach Amber sogleich neugierig weiter, ihr Wissensdrang wollte gestillt werden. "Aber Computer Vieren, oder? Du kannst dir ein Computervirus einfangen!“ „Amber, jetzt frag doch nicht diesen Plastikmüll aus!“ Eindeutig Adam in seiner miesepetrigsten Form. Aber die beiden waren am Leben und anscheinend bei Gesundheit. Das war die beste Erkenntnis, seit dem ich endlich wieder wach bin. Langsam bekam ich auch das Gefühl in meinen Gliedern wieder und versuchte immerhin meine kleinen Finger zu bewegen. Tatsächlich gelang es mir auch. Ein Teilerfolg! Und den Rest werde ich auch schaffen! Gerade als ich meine ganzen kümmerlichen Kräfte auf die Öffnung meiner Augen lenken wollte, griff plötzlich ein Arm unter meinem Rücken und hob mich scheinbar mühelos an. Beinahe von selbst öffneten sich meine Augen dadurch und ich starrte perplex zu Boden. „Hannah!“, schrie Amber euphorisch auf und ließ so unfreiwillig meine Ohren klingeln. Als sie mich stürmisch umarmte und sich an mich drückte, durchzuckte mich sogleich ein intensiver Schmerz an meiner Hüfte und ließ mich schmerzhaft keuchen. Schnell wich das Mädchen wieder zurück und sah erschrocken drein, als sie mein schmerzverzehrtes Gesicht sah. „Tut mir Leid! Das wollte ich nicht!“, rief sie entschuldigend. Ich wollte ihr etwas sagen, doch es kam nichts weiter als ein krächzendes Geräusch über meine Lippen, gefolgt von einem trockenen Husten. Schwerfällig hebt und senkte sich mein Oberkörper und ich fühlte mich erneut völlig schlapp. Wenn ich nicht festgehalten werden würde, wäre ich bestimmt schon wieder umgekippt. Träge blickte ich zur Seite und sah prompt in dunkle braune Augen, die mich aufmerksam zu Beobachten schienen. Jetzt bemerkte ich auch, dass er derjenige ist der mich angehoben hatte und weiterhin festhielt. Ein kurzes süffisantes Grinsen huschte über mein Gesicht. „Wie war das nochmal mit deinen 13,9 Prozent?“, sprach ich leise mit rauer Stimme. Mittlerweile war ich mir sicher, dass ich um mindestens 60 Jahre gealtert sein muss. Der RK800 schien nicht sonderlich beeindruckt, dennoch legte er leicht den Kopf schief und schien seine Antwort kurz zu überdenken. „Es waren 12,4 Prozent und nur weil sie jetzt wach sind, heißt das noch lange nicht, dass sie überleben werden“ Realistisch und direkt. Feingefühl wäre ein Update, was sich bei diesem Androiden durchaus lohen würde! Frustriert sah ich wieder zu Boden und atmete tief ein und aus. Mein Brustkorb schmerzte unangenehm, aber es war auszuhalten. Was mir mehr Sorgen bereite, war dieser tiefe und stechende Schmerz weiter unten. Als ich zu Boden blickte, bemerkte ich die alte und durchlöcherte Decke die über mir lag und einen ziemlich üblen Eigenduft hatte. Weshalb ich die Decke mit etwas Eckel seitlich an den Fingerspitzen anhob, in der Hoffnung mich nicht noch mit irgendwas schmutzig zu machen. Mit entsetzten fiel mir plötzlich auf, das ich komplett nackt unter dieser verwanzten Decke lag! Doch das war mein kleinstes Problem. Als ich die Wunde an meiner Hüfte sah, wurde mir augenblicklich wieder übel. Die Schusswunde sah entzündet und vereitert aus, ebenfalls nahm ich einen leichten fauligen Geruch war, der mir beinahe in der Nase stieß. Viele kleine Äderchen, die beinahe schwarz aussahen, hatten sich um die Wunde gebildet und vermittelten mir den Eindruck, dass ich ein großes Problem bekommen werde. „Bitte verzeihen Sie Miss, doch wir haben die Verletzung nur notdürftig versorgt mit dem was wir da hatten. Die Kleidung die sie trugen, war leider nicht mehr zu gebrauchen, nachdem wir diese als Verband zweckentfremdet hatten und musste nach der Blutstillung entsorgt werden. Zwar haben wir die Wunde gesäubert, aber sie haben dennoch eine leichte Sepsis entwickelt, die sie vermutlich töten wird“, stellte dieser sogenannte Connor seine These sachlich zu Ende und ließ mich wieder schwer schnaufen. „Sepsis?“, wiederholte Amber verwirrt und sah fragend zu dem Androiden auf. „Was ist das? Diese Blutvergiftung?“ Der scheinbar junge Android nickte nur erneut, ließ seinen Blick nochmals über meine blasses Gesicht senken, während ich regelrecht spürte, wie er mich wieder abscannte um mir vermutlich noch meine genaue Todeszeit nennen zu können. "So schnell gebe ich nicht auf, nur weil mir jemand sagt, dass meine Chancen schlecht stehen. Das wäre ja noch schöner", sprach ich schon beinahe bockig und blickte entschlossen zu Amber, deren Gesichtsausdruck sich wieder erhellte. Hastig griff sie nach meinen Händen und drückte diese sacht. "Ich hab mir Sorgen gemacht, weißt du? Du hast ganze drei Tage durchgeschlafen", plapperte das Mädchen gleich drauf los und ihr Blick wurde wieder sorgenvoller. Ich musste stutzen und sah verblüfft drein. Ich habe ganze drei Tage geschlafen? Dieser komische Traum fühlte sich doch nur nach wenigen Minuten an. Unwohl Strich ich über meinen Hals und bemerkte wie trocken sich dieser anfühlte. "Das erklärt mein staubige Kehle“, sprach ich krächzender Stimme eher zu mir selbst. Von meinem allgemeinen Unwohlsein mal abgesehen, fühlte ich mich definitiv schlapp. Aufmerksam sah ich mich nun um und versuchte meine Umgebung zu erkennen. Wir waren immer noch im Wald, soviel stand fest. Dichte Nebelschleier bahnten sich ihren Weg durch die alten Bäume und ließ die Luft kühl und feucht anfühlen. Ich saß auf einer großen, alten Rinde die immerhin etwas Schutz vor dem nassen Boden bot. Und dicht hinter mir dieser komische Android. Aber seine Freunde konnte ich nirgends entdecken. Dennoch beschlich mich das Gefühl, das wir definitiv nicht allein waren und vermutlich beobachtet werden. Allerdings sagte mir die Umgebung gar nichts. Diesen Teil des Waldes kam mir nicht wirklich vertraut vor. "Connor hat dich die ganze Zeit getragen, als wir losgelaufen sind. Wir müssen nämlich wirklich unbedingt nach Detroit zurück", sprach Amber nachdrücklich und ließ mich so wieder perplex zu ihr sehen. War das ihr ernst?! "Amber, wir können unmöglich dorthin zurück! Die Stadt ist verloren, da wohnt kein einziger Mensch mehr!", rief ich fassungslos, doch augenblicklich fing ich heftig an zu Husten und bekam kaum noch Luft. Schritte waren zu hören und ich erblickte Adam, der zu mir kam und mir eine Flasche Wasser entgegen hielt. Dankbar nahm ich sie an und nahm gleich ein paar große schlucke, ehe ich mich wieder daran verschluckte und nochmals kurz Husten musste. Bei jedem Hustenreiz schmerzte meine Hüfte wieder unangenehm und ließ mich vor Pein erzittern. Völlig kraftlos wurde ich jetzt nur noch von dem Android gehalten. Was für ein Desaster. Unwohl schielte ich hinter mir und erblickte erneut diese braunen Augen, die tief in mich hinein blicken zu schienen. Vermutlich wurde ich wortwörtlich tot analysiert. Dass ich mich deswegen nackt fühlte, brauche ich gar nicht zu erwähnen. Ich bin es ja jetzt schon bereits, was mir die Schamesröte ins Gesicht trieb. Aber immerhin kann ich es auf mein Fieber schieben und Androiden stören sich vermutlich an diesem entblößten Zustand nicht sonderlich. "Wir sollten weiter gehen. Es ist ein weiter Weg bis nach Detroit", sprach dieser sogenannte Connor ruhig und ließ mich damit leise aufstöhnen. Was hatte ich für einen weiten und gefährlichen Weg mit den Kindern zurückgelegt, um aus dieser verdammten Stadt rauszukommen. Und jetzt kehren wir in diese Hölle zurück?! Augenblicklich wurde mir schwindlig. Ehe ich gegen die Anweisung des Androiden jedoch Einspruch erheben konnte, spürte ich wie sich ein Arm unter meine Kniekehle schob und mich anhob. Die andere Hand an meinen Rücken Stütze mich nun zusätzlich. Erschrocken versuchte ich mich irgendwo festzukrallen und traf dabei mit meinem Gesicht auf das Emblem RK800, welches auf dem Jackett eingestickt war. Verdattert starrte ich drauf und hörte meinen lauten Herzschlag in meinen Ohren wiederhallen. Dieser verdammte Android trägt mich ja tatsächlich! "Hab keine Angst, Hannah! Ich habe Connor bereits gesagt, wenn er dich fallen lässt, dann bekommt er gewaltigen Ärger mit mir und Adam", hörte ich Amber' s tröstende Worte. Mit ihrer Hand tätschelte sie tröstend meine Hand, mit der ich mich immer noch panisch an dem Jackett von der Blechbüchse festhielt. Ich wagte es gar nicht nach oben zu sehen, da mir mehr als 1000 Gedanken durch den Kopf schossen. Aber mein Gehirn war gerade restlos mit der Gesamtsituation überfordert. Ehe ich es mich versah, ging Connor auch sogleich zügig los und ich ließ dabei vor Schreck fast meine stinkende Decke fallen, die nur notdürftig über meinem malträtieren Körper lag. Hastig hielt ich sie verzweifelt an mich gedrückt und suchte panisch mit meinen Augen ab, ob nicht irgendwo etwas Haut zu sehen war. Erleichtert stellte ich fest, dass dem nicht so war. "Ist dir kalt?", fragte Adam und beobachtete meine Aktion eher mit Skepsis. Ich sparte mir eine Antwort und blickte zu Amber, die ebenfalls neben Connor lief und immer wieder zu mir hinaufsah. Erst jetzt fiel mir auf, dass die beiden immer noch die viel zu großen Kleidungsstücke trugen, die ich aus diesem alten Schrank gezerrt hatte. Aber immerhin besaßen sie welche. Frustriert spürte ich dagegen, wie meine nackte Haut immer wieder gegen den rauen Stoff der Decke rieb. Vermutlich werde ich mir noch die Krätze einfangen, als wenn ich sonst keine anderen Probleme noch hätte. Während ich so meinen schwermütigen Gedanken um halbwegs passable Kleidung nachging, breitete sich Stille über uns auf. Nur das knacken von Holz war zu hören, als die drei sich einen Weg durch das Dickicht bahnten. Dieses beständige hin- und her schunkeln in den Armen des Androiden, die zudem bequemer sind als ich zunächst dachte, sorgte nun dafür das ich langsam wieder schläfrig wurde. Auch wenn es hoch verlockend war, sich dem Schlaf hinzugeben, so konnte ich es mir einfach nicht erlauben. Zu vieles war noch nicht geklärt. Warum haben diese Androiden ausgerechnet uns gesucht und dann auch noch gefunden? Zudem ist mir das größte Rätsel, was diese Androiden eigentlich von uns wollen? Ich erlaubte mir einen Seitenblick nach oben, um mir kurz diesen Androiden namens Connor genauer anzuschauen. Er sah aus wie ein Mensch, sprach wie ein Mensch und verhielt sich auch wie einer, mehr oder weniger...doch was ist er eigentlich wirklich? Nach dem 11. November ist bei Androiden ja alles möglich. Der kreisrunde, blau leuchtende LED an seiner Schläfe war im Grunde das einzige, was ihn zumindest äußerlich von einem Menschen unterschied. Schnell sah ich wieder nach unten, als der Android wohl meine Blicke zur Kenntnis genommen hatte und mich ansah. Abgesehen davon, dass ich jetzt eh nicht zu einem großen Gespräch bereit war, dank meiner kaum vorhandenen Stimme, habe ich generell keine Lust mich unter diesen Umständen zu einem small-Talk hinreißen zu lassen. Denn so wie es aussah, war das hier wohl eine Teilweise-Entführung. Ich wollte definitiv nicht nach Detroit zurück, aber die Kinder anscheint doch, was mich innerlich wirklich ziemlich zerrüttet. Wie können sie einfach so mit diesem Androiden mitgehen, den wir vorher noch nie gesehen haben? Selbst Adam kommt mit, und er war um einiges noch impulsiver als ich. Seit diesem Zwischenfall in ihrem Haus in Detroit, haben Amber und Adam nicht die geringste Ambitionen gehabt, sich weiterhin mit Androiden auseinander zusetzen. Ganz im Gegenteil, sie wollten so weit wie möglich weg von ihnen. Und nun gehen sie einfach mit diesem Connor mit. Warum, verdammt?! Was ist nur in diesen drei Tagen passiert, in denen ich komplett weggetreten war? Vielleicht hat er ihnen irgendeine Gehirnwäsche unterzogen, manche Androiden sollen dafür ein besonderes Programm haben. Kann aber auch sein, dass ich da mal wieder was missverstanden habe. Und warum schleppt er mich auch noch wortwörtlich mit? Es wäre viel einfacher für ihn, wenn er mich einfach liegen gelassen hätte. Immerhin waren ja meine Überlebenschancen mehr als kümmerlich, wie mir netterweise mitgeteilt wurde. Ich versank weiter in meinen Gedanken, grübelte über unsere prekäre Situation nach und bekam langsam wieder Kopfschmerzen. Erschöpft schlossen sich langsam meine Augen, auch wenn ich noch so sehr dagegen ankämpfte. Wenn mir nicht so warm wäre, dank des Fiebers, hätte ich mich dann auch nicht halb im Delirium befindend, an das einzig kühle in meiner Nähe geschmiegt. Schließlich fiel ich in einen tiefen Schlaf. „Hannah!“ Träge öffnete ich langsam meine Augen und musste kurz blinzeln. Adam war über mir gebeugt und musterte mich aufmerksam, dann legte er eine Hand auf meine Stirn. Nachdenklich zog er die Stirn in Falten. Nun sah er viel älter aus, als er eigentlich war. Und ängstlicher, als ich ihn je gesehen hatte. „Du hast immer noch Fieber“, stellte er fest und erhob sich. Ehe ich es mich versah, rannte er von mir weg und ließ mich einfach liegen. Kurz sah ich mich um, strich mit meinen Fingern über den kalten Boden unter mir. Mein Kopf dröhnte, während mich ein plötzliches zittern ergriff und mir sämtliche Muskeln im Körper anspannen ließ. Augenblicklich verkrampfte ich stark und bekam kaum noch Luft. Verzweifelt japste ich nach Luft und schrie mich in Gedanken an, ruhig zu bleiben. Geschwächt drehte ich mich zur Seite, in der Hoffnung meine Lungen irgendwie zu entlasten. Leider ging mein Plan nicht wirklich. Das Atmen strengte immens an, alles drehte sich…und mir war so enorm heiß. Als würde ich von innen verbrennen. Mit verklärtem Blick sah ich, wie Adam zu diesem Androiden rannte, ihn an seinen Handgelenken packte und kräftig daran zog und ihn anschrie. Doch er reagierte zunächst nicht. Erschöpft schloss ich die Augen, legte zitternd meine Hand auf die vereiterte Wunde und schrie leise auf, als mich so starke Schmerzenswellen durchlitten, dass ich mich beinahe übergeben musste. Gerade als ich alles und jeden in Gedanken verfluchen wollte und auch froh war, wenn es endlich vorbei wäre, stand dieser Android plötzlich vor mir. Zumindest konnte ich seine geputzten Schuhe gleich erkennen. Am liebsten hätte ich mich auf diesen Übergeben, stattdessen drehte ich mich wieder auf den Rücken und starrte ihn einfach nur an, während ich verzweifelt versuchte meine Atmung zu Regulieren. Ich war mir sicher, er würde mir jetzt das Leben nehmen. Diese komödiantische Vorführung meinerseits ging eh schon viel zu lange. „Das wird Ihnen jetzt vermutlich Schmerzen bereiten“, sprach er ruhig auf mich ein, ehe er sich zu mir niederkniete. Mit trüben Blick sah ich ihn an und leckte mir ungewollt über meine spröden und rissigen Lippen. Ehe ich noch etwas sagen konnte, sah ich nur seine Hand die sich geradewegs auf meine entzündete Wunde legte und mich allein dadurch leise aufschrien ließ. Ich wollte sie bereits wegschlagen, als meine Hand scheinbar locker von ihm zu Boden gedrückt wurde. Alles was ich noch spürte, war dieser zerreisende Schmerz, als sich die Hand des Androiden durch mein vereitertes Gewebe bahnte und mich nun endgültig zum Kollaps brachte. Aber immerhin gab es kein Schmerz mehr. Kapitel 3: Dunkelheit --------------------- Stimmen hallen in meinem Kopf wieder, wie bei einem Echo. Verzerrt, dumpf und dann doch wieder so klar. Sie klangen fröhlich, dann hörte ich Schmerz aus ihnen heraus und im nächsten Augenblick hörte ich plötzlich so einen lauten Schrei, dass ich fast vor Schreck mitgeschrien hätte. Mit laut klopfendem Herzen riss ich die Augen auf und hörte meinem hektischen Atem. Um mich herum war Dunkelheit, lediglich die Sterne am Himmel sorgten dafür, dass ich mich immerhin kurzzeitig orientieren konnte. Auch mein warmer Atem, der wolkenartig über meinem Gesicht aufstieg, verriet mir, dass ich mich definitiv noch draußen befinden muss. Aber...warum? Was war nur passiert? Aus den Augenwinkeln erkannte ich neben mir, ein kleines Feuer brennen in einer alten, leeren Tonne. Immerhin ein kleiner Lichtspender und zudem bringt’s auch etwas Wärme. Langsam und vorsichtig richtete ich mich auf und blickte mich langsam um. Mittlerweile waren wir wohl in der Stadt, denn Bäume konnte ich nur noch vereinzelt erkennen und stattdessen nur noch Hochhäuser, Autos, Straßen und Laternen. Allerdings lag alles in absoluter Dunkelheit. Es sah aus wie in einer Geisterstadt, die seit Ewigkeiten schon verlassen war. Dabei war es gerade mal einen Monat her, seitdem die Androiden rebelliert haben und sich ganz Detroits bemächtigt haben. Hastig griff ich nach meiner Decke, die sich gerade verselbständigen wollte und einfach von meinem nackten Körper rutschen wollte. Schlagartig fing ich an zu zittern, als mich eine kühle Windböe erwischte und ich versuchte mich rasch in die Decke einzuwickeln, um mich vor der Kälte zu schützen. Der muffige Geruch ebendieser und deren durchlöcherter Zustand, löste in mir weiterhin Unbehagen aus und ließ mich frustriert aufseufzen. Ehe ich jedoch meinen Frust laut kundtun konnte, hörte ich es in meiner Nähe plötzlich ein verdächtiges Geräusch. Erschrocken wich ich zurück, suchte mit meinen Augen schnell die Umgebung ab, um irgendetwas zu erkennen, doch abgesehen von dem kleinen Feuer in meiner Nähe, fühlte ich mich so, als wäre ich komplett blind. Als ich gegen etwas hinter mir stieß, überkam mich die blanke Panik und schrie diese einfach aus mir raus. Wie von einer Tarantel gestochen, sprang ich zurück und starrte hektisch atmend auf denjenigen, der hinter mir stand. Doch zu meiner Überraschung war es niemand anderes als Adam, der mich miesgelaunt, genervt und anscheint völlig ausgezerrt ansah. Tiefe, dunkle Augenringe hatten Krater in seiner Haut hinterlassen. Sein Blick wirkte beinahe glasig, seine Haut aschfahl und selbst sein sonst so gepflegtes Haar wirkte stumpf. So hatte ich ihn noch nie gesehen gehabt. Sofort ging ich in die Knie und drückte ihn eng an mich. „Adam, ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte ich völlig aufgelöst und besorgt. Eindringlich sah ich ihn an und suchte in seinem Gesicht nach irgendeiner Antwort, die er mir nicht erst sagen musste. Zu meiner Überraschung lächelte Adam erschöpft, aber glücklich nach kurzer Zeit. Dann ließ er mich stehen und stellte sich zu dem Feuer, an welchem er sich zu wärmen versuchte. „Ich bin nur müde und werde gleich schlafen gehen. Hauptsache dir geht’s besser“, sprach er entkräftet und setzte sich neben einem Bündel, welches ich erst gar nicht wahrgenommen hatte. Verwundert beobachtete ich ihn dabei, wie er sich auf den kalten Boden legte und kurz darauf eingeschlafen war. Als ich langsam und leise näher kam, betrachte ich Adam und das Bündel neben ihm, dass sich bei genauerer Betrachtung als Amber zu erkennen gab, die sich fast wie eine Katze zusammen gerollt hatte. Sie schlief tief und fest. Trauer und Sorge legte sich über mein Herz, als ich die beiden dort so liegen sah, zusammengerollt und völlig entkräftet von dieser Tortur. Sacht hockte ich mich zu den beiden schlafenden Kindern und betrachtete sie mit bedrückter Miene. Die beiden waren völlig am Ende, dabei schienen sie es zu beginn, den Umständen entsprechend noch gut verkraftet zu haben. Aber innerhalb von kurzer Zeit waren sie am Ende. Sollte mich auch nicht verwundern, es sind immerhin noch Kinder. „Du bist wach. Und du wirkst…vitaler“ Innerhalb weniger Minuten bekomme ich hier noch zwei Herzinfarkte! Wenn daran irgendwas vital sein soll, dann haben diese Androiden eindeutig einen gewaltigen Sprung in ihrer Schüssel! Wütend drehte ich mich um und blickte zu dem etwas verwirrt schauenden RK800, der nun leicht den Kopf schief legte und mich genau ansah. Er wirkte beinahe…unsicher. Es sah so menschlich aus, das ebenfalls kurz verwirrt drein sah, ehe ich mich wieder fing. Mein Blick wurde daraufhin ohne mein Zutun weicher und ich seufzte schwer. Es war ja beinahe lustig, wenn die ganze Situation nicht gerade zum heulen wäre. Nachdenklich blickte ich wieder zu Amber und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, als mir mit einem Mal etwas bewusst wurde. Dieser Android sagte zwar ich wäre vitaler, aber es klang fast so, als wenn er dieses eine Wort mit einer Spur Überraschung gesagt hätte. Als ob er selbst nicht glauben konnte. Geistesabwesend biss ich mir auf die Lippe und erhob mich nun langsam, während ich mir meine bescheidene Decke an mich drückte. Ich fühlte mich tatsächlich besser, konnte alleine stehen, ohne dass ich wieder kaum Luft bekam und kalt war mir auch. Zuvor war mir so unendlich heiß gewesen, dank dem Fieber. Trotz der Freude die ich verspürte, war das unheimlich. Ziemlich sogar. Irgendwas stimmt nicht. Ein erneutes frösteln durchdrang mich. Ich sah nach unten zu meinen nackten und dreckigen Füßen, die auf der kalten Straße standen. Unsicher sah ich drein, dann drehte ich mich langsam zu dem Androiden um, der mich immer noch ansah. „Wieso sind wir hier draußen? Ich weiß euch macht Kälte nichts aus, aber Menschen frieren“, sprach ich ruhig, deutete auf die frierenden Kinder und danach auf die leeren Häuser um uns herum. Seine Antwort folgte prompt. Ruhig und geflissentlich, wie ich ihn bis jetzt kennengelernt habe. „Diese Häuser sind besetzt. Es ist uns nur gestattet, uns auf der Straße aufzuhalten. Andernfalls werdet ihr erschossen“ Sofort wurde ich hellhörig. Ihr? Wen genau meint er mit Ihr? „Du meinst die Kinder und mich?“, fragte ich fassungslos und sah ihn mit großen Augen an. Er nickte jedoch nur. Entgeistert sah ich mich um, blickte in die dunklen Fenster und versuchte irgendwen, oder irgendwas auswendig zu machen. Doch ich sah nur meine bekannte schwärze. Aufmerksam besah ich mir die Straßen um.uns herum. Erst jetzt fiel mir langsam auf, dass die Eingangstüren von vielen Häusern regelrecht verrammelt waren. Entweder standen alte Möbel davor, oder die Türen waren zugenagelt mit Brettern. Teilweise waren die Gebäude auch schon eingefallen, oder ziemlich marode. Die gegelegentlichen Graffiti an den Wänden, an den man großteils anti Androiden Parolen sah, oder andere obszöne Wörter, gaben mir nun deutlich zu verstehen, wo wir uns befanden. Nämlich in einem der schäbigsten Vororte von Detroit. Unsicher sah ich wieder zu dem Androiden hoch und biss mir kurz auf die Lippen. "Sind da in den Häusern etwa Menschen, oder Androiden?" Connor hob prüfend seine Augenbraue, ehe er leicht den Kopf schief legte. "Hier Leben großteils mehr Androiden, was jedoch damit zu tun hat, das rund 20% der Häuser in diesem Vorort von Detroit leer stehen. Im Stadtzentrum halten sich noch mehr Menschen, als Androiden auf. Der Großteil der Menschen ist jedoch geflohen nach dem Aufstand" Schweigend hörte ich mir seinen Vortrag an, ehe ich am Ende doch schwer seufzen musste. Also war Detroit wirklich mehr, oder weniger eine Geisterstadt geworden. Mit Androiden die sie bevölkern. Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht mal bemerkte wie ich immer noch von diesem Androiden angestarrt wurde. "Du brauchst dringend Kleidung" Perplex sah ich auf, als mich seine braunen Augen gefangen nahmen. Schnell wand ich den Blick ab und sah zweifelnd an mir runter. "Nein, wirklich? Dabei fand ich mich so schick!" Es dauerte einen kurzen Moment, dann sprach Connor erneut. "Sarkasmus ist mir geläufig, auch wenn ich den Sinn dahinter nicht ganz nachvollziehen kann" Beinahe musste ich loslachen, ließ es dann aber doch sein. "Schon gut. Das ist eh so eine Sache mit dem Sarkasmus. Aber die Idee gefällt mir, mir wird nämlich langsam kalt" Der AK800 nickte nur und Schritt sogleich los. "Dann Folge mir" Betölpelt stand ich nun da und wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte. Ich blickte zu den beiden Kindern auf dem Boden, die immer noch schliefen. "Ich kann Amber und Adam nicht allein lassen!", rief ich schon beinahe aufgebracht und lief nun neben ihm. Grimmig sah ich zu ihm auf...was mich auch ziemlich wurmte. Ich war zum Glück schon relativ groß geraten, aber das ich zu einem Android hinauf blicken muss...das frustriert mich schon ziemlich! Connor jedoch schüttelte bedächtig mit dem Kopf und ging einfach weiter. "Mach dir keine Sorgen, die anderen werden auf sie aufpassen" Nun war ich schockiert und stellte mich ihm in den Weg. "Meinst du die anderen, die uns abknallen wollen, sobald wir auch nur in die Nähe dieser Bruchbuden kommen?" Der AK800 musterte mich aufmerksam, dann sah er kurz hinter sich und deutete auf die Umgebung rund um das Feuer. Zwar starrte ich mit zusammengekniffen Augen ebenfalls dort hin, aber erkenn konnte ich nun wahrlich nichts. "Josh und die anderen werden auf sie aufpassen" Frustriert schnaufte ich laut auf. "Aber verdammt...aber...da ist doch niemand!", rief ich frustriert und raufte mir beinahe die Haare. Connor ging nun einfach weiter. "Nur weil Sie sie nicht sehen können, heißt das nicht, dass sie nicht da sind" Ohho, wie philosophisch beinahe seine Wörter klangen! Und noch ein Punkt der mich gewaltig stört! Immer dieses siezen! Dabei sind wir bestimmt gleichaltrig. Zumindest vom äußeren Erscheinungsbild her. Aber vermutlich liegt das in seinem gute-erziehung-programmierung irgendwo gespeichert. Nichts desto trotz, folgte ich dem Androiden nun mit Widerwillen Und blickte nochmals besorgt zu den beiden Kindern, die schlafend auf dem kalte Boden liegen. Ich würde mich definitiv beeilen und den beiden auch gleich gescheite Kleidung mitbringen. Die andere ist ja mehr als miserabel. Mit tapsigen Schritten folgte ich der Maschine vor mir, während meine Füße schon anfingen zu schmerzen vor Kälte. Was ja auch kein Wunder war, immerhin musste ich die letzte Zeit ja auch nicht laufen und mir so den feuchten und kalten Boden antun. Ich biss mir auf meine Unterlippe und stierte nun auf den Rücken des RK800, dessen Initialen sogar auf der Rückseite seiner Kleidung zu sehen war. Der…oder es…? Jedenfalls wurde ich getragen, als es mir total elend ging, obwohl ich eigentlich keinen wirklichen Nutzen zu haben scheine. Lediglich die Zwillinge wollten die Androiden haben. Aber warum? Familie Traynor war ohne Zweifel sehr reich, der Vater Richard war der Konzernchef einer großen Pharmaka Firma, aber das müsste Androiden nicht wirklich interessieren. Was haben die schon von Medizin? Krank werden sie ja nie. Aber nichts desto trotz, muss es irgendwo einen Zusammenhang geben, den ich bis jetzt einfach noch nicht gesehen habe. Mittlerweile wurde mir bewusst, dass der RK800 mich weiter in noch dunklere Gassen führte, als es eh schon möglich war. Überall lagen zerbrochene Flaschen, selbst Pistolenhülsen konnte ich erkennen. Dazu die passenden Einschusslöcher in der Wand. Kurz schluckte ich, sah mich aufmerksam und beinahe…ängstlich um. Das war mir alles nicht geheuer, zudem höre ich ständig irgendwelche Geräusche aus der Dunkelheit. Da war mir der Wald schon fast lieber gewesen, immerhin konnte ich meinem Verstand einreden, dass es sich höchstwahrscheinlich nur um einen kleinen Vogel handelt. Aber hier könnte aus jeder Ecke irgendein Verrückter kommen und mich umbringen. Plötzlich riss ich geschockt die Augen auf, als mir etwas schlagartig bewusst wurde. Ich blieb stehen und hörte wie mein Herz vor Aufregung schneller schlug. Beinahe schon panisch starrte ich die Maschine vor mir an. Der wird mich vermutlich nur hier her gebracht haben, damit er sich meiner ganz einfach entledigen kann. Die Kinder würden nie davon erfahren, dass ich umgebracht worden bin. Vermutlich ein tragischer Unfall, weil ein Abweichler mal wieder durchgedreht ist. Das ergibt immerhin Sinn, schließlich bin ich ja wie gesagt absolut unbrauchbar bis jetzt. Nur an den Kindern haben sie Interesse, warum auch immer. Hart schluckte ich, als der Android nun ebenfalls stehen blieb und sich langsam umdrehte, mich dabei anblickend. Nun werde ich sterben… Dann kam er mit großen Schritten auf mich zu, während ich kurz davor war in Ohnmacht zu fallen. Ich musste doch hier irgendwas haben, um mich zu verteidigen?! Panisch sah ich mich auf dem Boden um, doch alles was ich erblickte, war eine zerbrochene Glasflasche. „Haben Sie Angst, in die Scherben zu treten?“ Abrupt hielt ich in meiner Panikattacke inne, dann starrte ich völlig verwirrt zu dem Androiden hoch. Er legte erneut seinen Kopf leicht schief, um mich erneut zu mustern. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen es wäre eine menschliche Marotte! Ich konnte nicht anders, als ihn mit offenem Mund anzustarren, während mein Herz immer noch wie wild klopfte. Der AK800 schien auf eine Antwort meinerseits zu hoffen, doch ich brachte keine Gescheite zustande. Stattdessen brach es jetzt einfach aus mir raus. Sämtlicher Unfug, der sich in meinem Kopf zu einem dichten Gewebe zusammengesponnen hatte. „Du bringst mich nicht um?“ Er wirkte ehrlich verwirrt, was mich noch mehr verwirrte. „Warum sollte ich?“ Seine blaue LED schien kurz zu flackern. Hastig schüttelte ich den Kopf und ballte meine Hände zu Fäusten, um mich selbst zu beruhigen. Wieder einmal war es mir nicht sonderlich von Erfolg gekrönt. „Warum schleppst du mich sonst hier her?! Doch nur, um mich schnell umzulegen und so ein Problem weniger zu haben!“, warf ich ihm nun aufgelöst vor, während sich meine Stimme dabei beinahe überschlug. Panik machte sich erneut in mir breit. Angst um mein Leben und um das der Kinder. Wenn der mich einfach so umbringen wird, was wird er dann erst mit den Kindern machen, wenn die ihm dann so blindlings folgen? Immerhin bin ich ja dann nicht mehr da, um sie zu schützen. Hastig ergriff ich die zerbrochene Flasche an ihrem Flaschenhals und hielt die zerbrochene Seite drohend auf den Androiden gerichtet, der mich ausdruckslos fixiert hatte. Während ich hektisch atmete und versuchte cool zu bleiben, wusste ich tief in meinem Inneren, das ich eigentlich nicht den Hauch einer Chance gegen ihn habe. Zwar wirkte er äußerlich wie ein junger Mann, ende 20, oder Anfang 30 mit ruhigen, freundlichen Augen und einem jugendlichen Charme und einer noch dazu beruhigender Stimme… Aber verdammt nochmal, ich werde doch nicht so einfach auf die Masche reinfallen! Nicht wie bei- „Es ist nicht meine Absicht, Ihnen schmerzen zuzufügen, oder gar zu töten. Das schwöre ich“ Nun musste ich laut loslachen, jedoch nicht vor Freude, sondern vor Angst. „Schwören?! Du…!“ Verbissen starrte ich zu ihm, die zerbrochene Flasche in meiner Hand zitterte bereits erheblich, dennoch hielt ich sie weiterhin drohend auf die Maschine gerichtet. Eigentlich wollte ich mir jetzt einen Plan überlegen. Natürlich würde vermutlich nur absoluter Unsinn dabei rauskommen, aber nicht mal soweit war ich gekommen. Die Flasche wurde mir in einer so schnellen und fließenden Bewegung aus der Hand gerissen, das ich es erst bemerkte, als sie laut klirrend gegen eine beschmierte Häuserwand zerbrach. Erschrocken weitete ich meine Augen und wagte es gar nicht mehr, mich zu bewegen. Spätestens jetzt bin ich Tod. Ich weiß es! Wieder herrschte Stille, was mich noch mehr aufregte, als eh schon. Zaghaft blickte ich wieder in die braunen Augen der AK-Einheit. Doch er wirkte nach wie vor wie die Souveränität in Person, von diesem nicht lesbarem Pokerface einmal abgesehen. „Sie leiden unter Stress, was verständlich ist. Aber ich wiederhole mich erneut. Es ist nicht meine Absicht Ihnen schmerzen zuzufügen, oder sie gar zu töten“ Völlig fertig sah ich ihn an und versuchte nun meine Atmung zu kontrollieren. Ich würde ihm ja wirklich gerne glauben, allein nur um meine Nerven beruhigen, aber ich kann es einfach nicht. Seit diesem Aufstand dieser Androiden vor einem Monat, bin ich mit den Kindern durch die Hölle gegangen. Sie mussten mit ansehen, wie ihr eigener Vater von einer Haus Android Einheit einfach so abgestochen wurde. Und das auf das brutalste. Selbst als ich eingreifen wollte, ging dieses verdammte Plastik auf mich los und hätte mich ebenfalls fast abgestochen. Dabei kannte ich sie so gut, hatten fast sowas wie ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Zumindest kam es mir so vor. Alles lug und trug. Verbissen starrte ich diesen Connor an, ehe ich erneut sprach. „Das haben die alle gesagt und dann wurden alle abgeschlachtet. Aber immerhin seit ihr Frei. Willkommen in der Menschlichkeit, die aus Krieg und Zerstörung besteht“ Etwas weißes tanzte nun vor meinen Augen, kurz darauf gesellte sich ein weiterer Punkt dazu. Perplex sah ich nach oben, als hunderte kleiner weißer Flocken vom Himmel fielen und so einen Kontrast zum dunklen Himmel boten. Es schneit tatsächlich. Aber es ist ja fast Mitte Dezember, wirklich verwunderlich war es nicht. „Wir sollten weitergehen, Miss“ Connor riss mich erneut aus meinen Gedanken. Was in seinen Gedanken jedoch vor sich ging, konnte ich nicht einschätzen, da sein Gesicht eine nicht lesbare Miene hatte. Erneut seufzte ich frustriert, als ich mich nun neben ihn hinstellte und murrend zu ihm aufsah. Seine LED blinkte gelb auf, doch ich nahm es nicht weiter zur Kenntnis. „Wenn du mich eh noch umbringst, kannst du mich auch duzen. Wir sehen zumindest ja fast gleichaltrig aus, okay?“ Vermutlich gab er es auf, mich weiterhin darauf hinzuweisen, mich nicht umbringen zu wollen. Aber ich war in gewissen Dingen einfach ein Sturkopf. Und wenn ich mir sicher war, das er mich noch umbringen wird, dann war das auch so. Der AK800 setzte sich nun wieder in Bewegung und ich folgte ihm kurz darauf schweigend, beobachtete den Schnee, der still und leise zu Boden fiel und dort auch liegen blieb. Hastig rieb ich meine Arme, um wenigstens etwas wärme zu erzeugen. Doch das unkontrollierbare Zittern setzte augenblicklich ein und ließ mich innerlich murren. Plötzlich blieb Connor stehen, ich krachte regelrecht in ihn hinein, was auch ihn kurz zum straucheln brachte. Verwundert drehte er sich um, doch ich rieb mir nur meine schmerzende Nase. „Sorry!“ Dann entdeckte ich tatsächlich ein kleines Einkauf-Center, als ich an ihm vorbei sah. Alles war dunkel, die Scheiben und Fenster waren eingeschlagen, an den Wänden hingen wieder fragwürdige Graffitis und auch die besagte Ware in dem Schaufenster war wohl entwendet worden. Lediglich Preisschilder waren zu sehen, ohne der passenden Ware dazu. Langsam trat ich näher heran und blickte verstohlen in die zerbrochenen Laden Fenster. Es war jedoch, abgesehen von dem Chaos was dort herrschte, nichts zu sehen. Connor öffnete jedoch plötzlich die Ladentür, woraufhin ein lautes klingendes Geräusch ertönte, was mir fast den dritten Herzinfarkt an einem Tag bescherte. Frustriert sah ich ihn an, was ihn ja fast wieder verwundert drein blicken ließ. Hastig stampfte ich an ihm vorbei und betrat als erstes die zerstörte Mall. Auf den ersten Blick konnte ich erkennen, dass es sich wohl um einen Billigen Ramsch Laden gehandelt haben muss. Denn es gab hier anscheinend alles. Von hässlichen Klamotten, bis zu einem umgestoßenen Kühlschrank auf dem Boden. Die Kleiderständer waren auch teilweise umgeworfen, Krimskrams lag auf dem Boden verteilt, was mir jedoch erst schmerzlich bewusst wurde, als ich drauf getreten war. Leise fluchend Strich ich über meine schmerzende Fußsohle und bemerkte mit Missgunst das Blut daran. "So eine scheiße", zischte ich wütend. Ohne jede Vorwarnung wurde ich plötzlich jedoch unter meinen Achseln hochgehoben und regelrecht weggetragen. Verdattert sah ich drein als ich wieder zu Boden gesetzt wurde. "Als erstes solltet Ihr-", Connor hielt kurz inne, dann klang es fast wie ein Räuspern, als er weiter sprach. "Als erstes solltest du dir Schuhe besorgen" Er führte mich zu einem Schuhregal. Tatsächlich waren dort auch noch Schuhe, aber es waren Großteiles dünne Stoffschuhe. Mehr was für den Sommer. Dennoch durchwühlte ich aufmerksam alle Schuhe die mir unter die Nase kamen. Tatsächlich fand ich noch Winterstiefel. Jedoch nur jeweils einen von einem unterschiedlichen Paar. Genervt stöhnte ich auf, als ich mir den hohen Stiefel besah und dann den deutlich kürzeren. Aber immerhin waren die noch in meine Größe. Glück im Unglück. "Naja, besser als nichts", murrte ich leise und sah zu Connor auf, der seinen Blick nach vorn fokussiert hatte. Fragend folgte ich seinem Blick, konnte aber im dunklen nichts erkennen. Als ich wieder zu ihm aufsah, wurde seine LED kurzzeitig gelb, ehe wieder ein beruhigendes blau erkennbar war. "Komm, wir sollten uns beeilen. Du brauchst noch Kleidung", warf der Android ein und führte mich nun zu den Kleidungsstücken. Allerdings hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, denn die Kleidung sah selbst im dunklen schon miserabel aus. Von deren Zustand mal ganz abgesehen. Nichts desto trotz suchte ich nach einem warmen Mantel, langen Jeans und einen schönen dicken Pullover. Sowohl für mich, wie auch für die Kinder. Wenn ich glück habe, fallen ja vielleicht noch Mütze, Schal und Handschuhe für uns alle drei ab. Ich war so in meinen kleinen Pseudo-kaufrausch vertieft, dass ich nicht merkte, wie ich leise vor mich hin summte. Zwar hatte ich mittlerweile einiges zusammen getragen, aber halten konnte ich es noch lange nicht. Besonders dann nicht, wenn ich mich ständig verrückt machte, ob diese stinkende Decke auch nicht von meinen Schultern rutscht. "Ich brauche mal Hilfe", rief ich forsch und knallte meine zusammen getragene Kleidung einfach zu Boden. Bis auf die, die ich erstmal anprobieren wollte. Connor kam schließlich zu mir und besah sich das Chaos eher mit Skepsis. "Ich muss erstmal schauen ob die Kleidung überhaupt passt", sprach ich sofort. "Ich erkenne ja kaum was" Die RK-Einheit ließ seinen Blick kurz durch die große Halle wandern, dann schien er etwas gefunden zu haben. "Komm", wies er mich an und ich folgte schließlich etwas widerwillig. Doch Connor führte mich zu einer Umkleidekabine. Erleichtert sah ich drein. Endlich werde ich diese stinkende Decke los! Ich schob den Vorhang beiseite und erkannte einen kleinen Hocker und einen großen Spiegel die in der Kabine waren. Gerade als ich den Vorhang hinter mir schließen wollte, sprach mich Connor jedoch nochmals an. "Ich muss mir die Wunde an deinem Fuß ansehen und diese verbinden, bevor Fremdkörper dort eindringen können" "Was?", entgegnete ich nur ziemlich geistlos. Doch der Android schien sich nicht lange auf Diskussionen einlassen zu wollen. "Setzt dich auf den Hocker und hebe dein Bein an", wies er mich an. Er klang zwar nicht nach einem Befehl, dennoch schwang in seiner Stimme eine gewisse Autorität mit, die mich dazu brachte seiner Aufforderung nachzukommen. Quietschend setzte ich mich also auf den Hocker und hob mein Bein an, während sich dieser Android vor mich hinkniete. Etwas neugierig beobachtete ich ihn dabei und war mir dennoch nicht ganz gewiss, was das alles zu bedeuten hat. Aufmerksam nahm er meinen Fuß in Augenschein, ehe er plötzlich zwei seiner Finger auf die Wunde legte und dann…besagte Finger wieder in den Mund nahm. Fassungslos sah ich ihn an. „Bist du pervers, oder was?“, entfuhr es mir einfach ungläubig, als bereits ekel in mir aufstieg. Er hielt inne…für einen winzigen Moment sah ich, wie seine LED rot leuchtete, dann flackerndes Gelb. Der RK800 erhob sich langsam und ließ vorsichtig meinen Fuß wieder sinken. Kurz sah er mich an, dann verließ er die Umkleidekabine. „Zieh dich rasch um“, wies er mich an. Gerade wollte ich ihm hinterherrufen, ob er nicht der Android von Dracula sei, als ich jedoch innehielt. Zwar war das gerade absolut ekelhaft, aber irgendwas hat dieser Android bestimmt damit bezweckt. Aber was…? Während ich mir nachdenklich auf die Lippen biss, ließ ich die dreckige Decke zu Boden fallen und betrachte mich im Spiegel. Erschrocken weitete ich meine Augen, trat näher an den Spiegel. Doch ich wollte meinen Augen nicht trauen! Meine zitternde Hand legte sich ganz vorsichtig auf die Schusswunde, die mir dieser Mistkerl im Wald verpasst hatte. Doch da wo vor wenigen Stunden eigentlich eine eitrige, klebrige und vor allem infizierte Wunde sein sollte die regelrecht nach Sepsis schrie, war dort nur ein große Grind artige Verletzung, die dabei war zu heilen. Das konnte unmöglich sein! So schnell verheilen keine Wunden. Vor allem nicht so eine, an der ich eigentlich sterben sollte! Das ist auch der Grund, warum es mir so viel besser geht! Kein Fieber, keine Schmerzen mehr! Schwindel packte mich, ich torkelte kurz zurück und stieß dabei polternd den Hocker um. „Was ist los?“, hörte ich Connors Stimme bereits. „A-alles in Ordnung, ich habe nur nichts gesehen!“, rief ich nervös. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich muss unbedingt schnell zurück zu den Kindern und von hier verschwinden. Irgendwas war überhaupt nicht in Ordnung! Während ich mich hastig anzog, überschlug ich im Kopf schnell die vorherigen Stunden. War irgendwas besonders passiert, irgendwas…Wichtiges? Gerade als ich mir die unterschiedlichen Stiefel anziehen wollte, kam mir ein Geistesblitz und ich hielt inne. Mir ging es so miserabel, dass ich sicher war sterben zu müssen. Als Connor dann zu mir gekommen war, da dachte ich auch, er würde es zu Ende bringen….aber er hat seine Hand in mein…Fleisch gebohrt. Wieder überkam mich Übel und eiskalter Schweiß lief mir den Rücken hinab. Verdammt…was hat dieser Android mit mir gemacht?! Kapitel 4: Fragen ----------------- Langsam zog ich den Reißverschluss meines neuen, aber hässlichen Mantels nach oben und hörte mir das surrende Geräusch an. Dann blieb ich stehen und atmete einmal tief ein und aus. Meine Gedanken waren immer noch das reinste Chaos, selbst logisches Nachdenken führt zu keiner guten Lösung. Das wichtigste waren jetzt definitiv die Kinder, danach der Fluchtweg, den ich mir noch irgendwie überlegen musste. Tief seufzte Ich, dann kam ich aus der Umkleidekabine raus. Der Android sah mich kurz musternd an, dann drehte er sich um und ging los. "Wir sollten uns beeilen, es ist schon spät" Mit etwas Abstand folgte ich ihm schließlich und musterte seinen Rücken aufmerksam. Es war eigentlich unglaublich. Wenn auf seinem Jackett nicht dieser RK800 Android Schriftzug stehen würde, dann würde er als Mensch durchgehen. Sein Gang, die Arme die er leicht bewegte, seine ganze Haltung. Verdammt, das ist unheimlich. Gerade als ich etwas sagen wollte, stolperte ich beinahe über etwas. Verwirrt sah ich nach unten und erblickte dort ein Tablet. Als ich es hochnahm und versuchte anzuschalten, schlug mir sogleich dessen Licht entgegen. Meine Augen brannten sofort schmerzlich, immerhin bin ich seit geraumer Zeit im dunklen unterwegs und meine Augen hatten sich dem mehr oder weniger angepasst. Murrend rieb ich mir die Augen, dann gewöhnte ich mich an das Licht und erblickte sogleich einen Artikel, der mir entgegen leuchtete. Erster Prototyp der RK800 Reihe von CyberLife, als Ermittler beim Detroit Police Department angestellt. Perplex sah ich drein, ehe ich beinahe von selbst mit meinen Zeigefinger über das Tablet wischte, um den ganzen Artikel lesen zu können. Das erste was ich prompt sah, war Connors Gesicht. Mir blieb wortwörtlich die Spucke weg als ich las, dass der AK800 einzig und allein dafür geschaffen wurde, um Abweichler zu jagen und zu eliminieren. Meine Augen flogen über den Artikel hinweg, ich wollte alles lesen, bis ich plötzlich einen Stoß bekam und unsanft zu Boden stürzte. Schmerzlich keuchte ich auf und ließ dabei das Tablet aus meinen Händen fallen. Sogleich zerbrach es und alles wurde wieder in Dunkelheit getaucht. Erst wollte ich aufgebracht schimpfen, bis ich plötzlich Schüsse hörte und wütende Schreie. Schnell warf ich mich ganz zu Boden und hielt die Arme schützend über meinem Kopf. Es folgten noch weitere Schüsse, ganz nah bei mir, was mich fast erneut zum Hyperwendeliren brachte. Panisch sah ich etwas nach oben. Durch die Pistolen Schüsse wurde die Umgebung kurzzeitig erleuchtet, aber es war nur für eine kurze Sekunde. Ich könnte zwar die Richtung ausmachen aus der geschossen wurde, aber ich weiß immer noch nicht, wer das Feuer eigentlich eröffnet hat. Langsam und vorsichtig krabbelte ich mich nun vorwärts, Hauptsache fort aus dem Schussfeld. Hinter einer Kühlbox für Eis, fand ich immerhin etwas Schutz. Ängstlich hielt ich mir die Ohren zu und starrte auf irgendeinen Punkt auf dem Boden, um mich abzulenken. Jeder Schuss der laut in dieser Mall wiederhallte, ließ mich unweigerlich zusammen fahren und erzittern. Ich wollte es ja nur ungern zugeben...aber ich sterbe gleich vor Angst! Plötzlich wurde ich am Arm gepackt, was mich laut aufschrien ließ. Hastig wollte ich meinen Arm wegziehen, aber da wurde mir bereits eine Hand auf den Mund gedrückt. Panisch sah ich in ein braunes Augenpaar, welches mich aufmerksam musterte Ein junger Mann mit afroamerikanischen Aussehen und wildem, ungekämmten Rasta Locken blickte mir entgegen und musterte mich. Dann hob er plötzlich mein Kinn an, drehte es um an meine Stirn zu blicken. Dann setzte er eine Art Brille auf, die wiederum eine Art Lichtstrahl erzeugte und diesen einmal über meinen Körper führen ließ. Verwirrt und mit wild klopfendem Herzen sah ich ihn an und brachte kein Wort über meine Lippen. Er nahm die Brille wieder ab und musterte mich erneut eingehend, was ich auch zaghaft tat. Er trug einen abgetragenen und schmutzige Hoodie und teilweise zerrissene Jeans, wirkte aber nicht wie ein Obdachloser, oder Junkie. Eher wie jemand, der einfach keine Zeit fand sich mal gründlich zu säubern. Ging mir ja nicht viel besser. „Du bist kein Android. Aber der dort, oder?“, sprach mich der junge Mann an und deutete mit einem Kopfnicken in die Richtung, aus der weitere wilde Schüsse zu hören waren. Langsam nickte ich und starrte ihn mit großen Augen weiterhin an…was ihn wohl kurzzeitig amüsierte, denn ein verschmitztes grinsen zierte seine Lippen. „Bleib cool, ich wollte nur wissen ob du ein Android bist. Mit dieser Brille kann ich deine Körpertemperatur sofort messen“ Trotzdem musste ich schlucken. „Und was hättest du gemacht, wenn ich ein Android wäre?“ Der junge Mann grinste weiterhin. „Dich abgeknallt. Ich bin übrigens Liam“ Er bot mir seine Hand an, die ich jedoch nicht wirklich zur Kenntnis nahm, da ich ihn fassungslos ansah. Ich sollte…umgebracht werden!? Ehe ich meinen Unmut wütend kundtun konnte, fiel in der Nähe von uns etwas dumpf zu Boden, nachdem ein weiterer lauter Pistolenschuss die Luft zerschnitten hatte. „Scheiße, Mike!“, rief Liam erschrocken als er die Leiche seines Freundes sah, dann griff er seine Pistole, die an seinem Gürtel steckte und hob einmal seine Hand und schoss mitten in das Schussfeld, um den näher kommenden Androiden auf Abstand zu halten. Aber irgendwie hegte ich den großen Verdacht, dass der AK800 sich von so einer Witznummer nicht wirklich beindrucken ließ. Liam lugte hinter der Kühlbox vor, dann schoss er sofort fluchend. Gerade noch so konnte er sich neben mir in Sicherheit bringen, als ein weiterer Kugelhagel losging. Schnell hielt ich mir die Ohren zu und war drauf und dran loszuheulen. Dieses ganze Geballer macht mir Angst! Jede Kugel hat so einen lauten Knall, das es mir durch Mark und Bein geht. Panisch versuchte ich mich nun ganz klein zu machen und kniff die Augen zu, in der Hoffnung das alles auszublenden und am besten an einem ganz anderen Ort wieder aufzuwachen. Doch diese Tagträume waren mir einfach nicht gegeben. „Scheiße, der schießt besser als erwartet! Hast du dem was geklaut, oder warum ballert er, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her?!“, schrie Liam zwischen den ganzen Schüssen aufgebracht und versuchte ebenfalls zu schießen und Connor zu erwischen. Seinem Fluchen nach zu urteilen, gelang ihm das eher nicht. Unsicher biss ich mir auf die Lippen, als ich mir den Artikel ins Gedächtnis rief, den ich vor nicht mal fünf Minuten kurz überflogen hatte. Dieser RK800, mit Namen Connor, soll doch der neuste Prototyp von CyberLife sein und dazu erschaffen, um Abweichler aufzuspüren und diese zu eliminieren. Ich bezweifle das er sie todgekuschelt hat, auch wenn ich kurz kichern musste, während mir bereits Tränen der Panik die Wange hinunter liefen. Es ist vorbei. „Verschwinde schnell, der wird dich umbringen!“, rief ich Liam zu, der sich nun fragend kurz zu mir drehte und mich musterte. „Wieso? Der ist nur ´ne Blechbüchse!“ Ein Schuss, der knapp an Liams Kopf vorbei schoss, prallte nun in den Gefrierschrank und durchschlug diesen mit einem lauten Knall. Kühlflüssigkeit trat aus und tropfte nun zu Boden. „Okay, eine Blechbüchse die gut zielen kann!“, rief der junge Mann verärgert und holte sich fluchend ein neues Magazin für seine Pistole aus seiner Seitentasche. Eilig packte ich Liam an den Schultern und sah ihn eindringlich an, denn mir war sehr wohl bewusst, dass er vermutlich mehr können wird, als nur gut zu zielen. „Verschwinde, schnell!“, schrie ich beinahe, während mir Tränen haltlos über die Wangen liefen. Ich hatte keine Ahnung warum meine Tränen einfach so flossen, aber vermutlich war es der ganze Stress der letzten Stunden, der das Fass mit dieser Schießerei nun endgültig zum Überlaufen brachte. Liam sah mich kurz unschlüssig an. „Verdammt, was wird dann aus dir?“, fragte er nervös, als er mein verheultes Gesicht betrachtete. „Mir passiert nichts, aber du musst verschwinden! Sofort!“, wies ich ihn eindringlich an und wischte mir schnell die Tränen aus den Augen, damit ich ihn immerhin auch sehen konnte. Kein Unschuldiger sollte wegen mir sterben müssen, nur weil er zur falschen Zeit am falschen Ort war. „Scheiße, du machst mich ja echt schwach, Süße. Also gut, ich hau ab. Aber keine Sorge, ich komme wieder, dann rette ich dich!“ Kaum endete er mit seinem Satz da spürte ich, zu meinem Schreck, seine Lippen auf meinen. Entgeistert wich ich schlagartig zurück und krachte mit meinen Kopf gegen den Gefrierschrank hinter mir. Liam schmunzelte kurz, dann rannte er auf und davon und verschwand zwischen den Schuhregalen, die ich erst vor kurzen noch durchstöbert hatte. Fluchend rieb ich mir meinen schmerzenden Kopf und verfluchte ebenfalls diesen schamlosen Kerl. Was fällt dem überhaupt ein, mich einfach so zu küssen?! Doch fast im selben Augenblick, sah ich etwas anderes aus den Augenwinkeln auf mich zukommen. Sofort hielt ich die Klappe und guckte den RK800 mit großen Augen an. Zu meiner Überraschung klebte tatsächlich etwas blaues Blut auf seinem Anzug. Liam hatte ihn tatsächlich am Arm erwischt. Vermutlich nur ein Glückstreffer. Connor sah aufmerksam auf mich hinab, seinen Blick nach zu urteilen, scannte er mich wohl ausgiebig. Frustriert seufzend sah ich zur Seite und zog meine Beine eng an mich, ehe ich meinen Kopf darauf betete. „Mir geht’s gut, danke der Nachfrage“ Gerade als er sich in Bewegung setzte und die Richtung einschlagen wollte, in der Liam verschwunden war, sprang ich schnell auf und packte ihn am Arm. Bittend sah ich zu ihm auf und musste erneut schlucken. „Bitte…lass ihn gehen, okay? Er ist weg und wird auch keinen Ärger mehr machen“, versicherte ich ihm verzweifelt. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob es dem RK800 überhaupt interessiert, was ich zu sagen habe. Abgesehen davon, könnte er mich ja wie gesagt jede Sekunde erledigen. Er sah noch kurz in die Richtung, in der Liam verschwunden war, dann sah er wieder zu mir. „Warum hast du geweint?“ Verblüfft blickte ich Connor an. Woher weiß er…? Schnell wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und schnaufte einmal frustriert auf, ehe ich langsam den Kopf schüttelte. „Das ist doch egal, ich will weg von hier“, murmelte ich verdrossen, als ich den Androiden nun wieder los ließ. Angestrengt ließ ich meine Augen durch die dunkle Mall spähen, jedoch war mein Sichtfeld soweit eingeschränkt, das ich am liebsten erneut fluchen wollte. Connor jedoch kniete sich jetzt zu dem Mann hin, den er vor ein paar Minuten erschossen hatte und schien ihn genau zu analysieren. Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn unauffällig beobachtete. Zu gerne hätte ich diesen Artikel zu Ende gelesen über diesen Prototypen von CyberLife. Er soll der modernste Android der Welt sein, was mag er dann noch für Fähigkeiten haben? Anscheinend kann er schon mal gut Schießen, ziemlich gelassen bleiben und mir das Leben zur Hölle machen. Wow…ich seufzte noch einmal schwer. Wenn diese Connor Einheit dazu erschaffen wurde, Abweichler zu fangen…warum ist er dann einer von ihnen? Plötzlich jedoch sprach er mich an, was mich unweigerlich zusammenzucken ließ. „Die beiden Männer sind Mitglieder einer berüchtigten Drogenbande in Detroit. Dieser hier ist Mike Williams und er hat unteranderem Vorstrafen im Drogenhandel, Diebstahl, Mord und räuberische Erpressung“ Kurz musste ich schlucken und schielte nun wieder zu ihm, als er sich geradezu geschmeidig erhob. „Gut…das er Tod ist?“, fragte ich unsicher, da ich mir keinen Reim darauf machen konnte, was er jetzt genau von mir hören wollte. Connor schien kurz zu nicken, dann wirkte sein Blick wieder leicht nachdenklich. Ich wollte mir die Leiche gar nicht anschauen, da ich mir bereits jetzt schon sicher war, das mir etliche Alpträume noch meinen Schlaf ruinieren werden. Blind ging ich durch die Mall, stieß dabei immer wieder gegen irgendwelche Kleiderständer, Schränke und anderen umgeworfenem Mist, der mich selbst fast zu Fall brachte. Endlich war ich wieder bei meinem Kleiderberg angekommen, den ich so liebevoll angehäuft hatte. Ebenso liebevoll versuchte ich nun alles in einen großen Rucksack zu stopfen, den ich mir unterwegs noch schnell aufgesammelt hatte. Die Schritte die die ganze Zeit hinter mir waren, nahm ich kaum noch war. Während ich mühevoll versuchte, den Rucksack zu schließen, kam ein leises grummelndes Geräusch aus meiner Bauchgegend. Grimmig schloss ich endlich den Rucksack und atmete erleichtert aus. Endlich ist der zu! Als ich mir den Rucksack aufsetzten wollte, wurde mir erst einmal bewusst wie verdammt schwer er war. Nur mit Mühe, konnte ich den Rucksack überhaupt erst anheben. Vermutlich breche ich mir noch das Kreuz…hielt mich jedoch nicht im Geringsten davon ab, es immerhin zu probieren. Schließlich muss ich die Kleidung schnell zu Adam und Amber bringen! Doch mein zweifelhaftes unterfangen wurde sogleich im Keim erstickt, als Connor mir den Rucksack einfach abnahm und mich prüfend musterte. „Du solltest etwas essen“, riet er mir ruhig und hielt mir etwas entgegen. Verwirrt sah ich genauer hin und erkannte eine eingeschweißte Sandwich Packung. „Das Mindesthalbarkeitsdatum ist der 29. Dezember 2038, die Kalorien betragen 223 Gramm, dazu einen Fettgehalt von 13 Gramm und-„ Doch ehe er mir weiter seinen Vortrag halten konnte, zerrte ich ihm die Packung einfach aus der Hand und riss sofort diese sofort auf. Schnell nahm ich einen großen bissen und seufzte zufrieden auf. Seit Tagen habe ich nichts mehr gegessen! Vermutlich schmeckt dieser Fraas furchtbar, doch momentan kam es mir vor wie der Himmel auf Erden. Innerhalb weniger Sekunden hatte ich alles aufgegessen und ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf meinem Gesicht. Nie und nimmer hätte ich gedacht, wie glücklich einen der gefüllte Magen macht. Dennoch spürte ich weiterhin den prüfenden Blick des Androiden auf mir liegen, was mich fast schon wieder nervös machte. Kurz räusperte ich mich und wischte mir, nicht sehr Damenhaft, mit meinem Mantel über den Mund, um etwaige Essensreste zu entsorgen. „Das war…ganz lecker. Danke“, sprach ich leise und sah kurz verlegen zu ihm hoch. Er schien seine Mimik nicht sonderlich zu verändern, was mich wieder daran erinnerte, dass es sich hier um eine Maschine handelt und nicht um einen Menschen aus Fleisch und Blut. Dann fiel mein Blick auf die Schusswunde und das blaue Blut, welches dort klebte. „Hast du keine Schmerzen?“, versuchte ich dezent das Thema zu wechseln. „Nein, ich verliere nur Thirium. Sollte ich jedoch zu viel davon verlieren, kann ich genauso sterben wie ein Mensch“ Nun wurde ich hellhörig. Ein einziges Wort machte mich ziemlich neugierig. „Sterben?“, wiederholte ich langsam und sah ihn aufmerksam an. Er schien meine Gedankengänge zu erkennen, denn er sprach sogleich weiter. „Ich würde mich abschalten, wenn dir das eher zusagt“ Nachdenklich sah ich drein. Er wirkte professionell, souverän und dennoch war seine Art irgendwie…anpassungsfähig. Ich konnte es nicht genau benennen, aber er sprach von abschalten, statt sterben, als ich mir darunter nichts vorstellen konnte. Ich schluckte. Immerhin war es hier drinnen ziemlich dunkel, so muss ich ihm wenigstens nicht in die Augen blicken, wenn ich jetzt gleich Fragen stellen werde. Lediglich dieser Kreisförmige, leuchtende Kreis an seiner Schläfe, gibt mir Anhaltspunkte in welcher Richtung er gerade blickt. „Hör zu“, fing ich zaghaft an. „Ich will jetzt einfach nur wissen, was du genau vorhast mit den Kindern. Ich weiß, dass ich unbrauchbar bin. Aber ich werde die Kinder nicht einfach so im Stich lassen“ Er schien mit seiner Antwort zu warten, vielleicht kam es mir aber auch nur so vor. „Du wirst es frühzeitig erfahren, dann wirst du es verstehen. Nun sollten wir zurückgehen zu den anderen“, antwortete er ruhig und schritt sogleich los. Ich sah ihm nach, rang mit mir nicht einfach wegzurennen. Aber wohin sollte ich schon rennen und vor allem was sollte aus den Kindern werden, wenn ich dann erst weg war? Sie laufen geradewegs in ihr Unglück. Kurz darauf setzten sich meine Füße doch in Bewegung, folgten dem Androiden nun durch die dunklen Gassen von Detroit. Während ich mich aufmerksam und vorsichtig umsah, schwiegen wir mal wieder. Mir selbst war es ziemlich unangenehm, doch der RK800 störte sich höchstwahrscheinlich nicht im Geringsten daran. Mein Blick fiel auf den Rucksack, der scheinbar mit Leichtigkeit von dem Androiden getragen wurde. Jedoch trug er ihn in der Hand und nicht auf dem Rücken, wie eigentlich üblich. Ich haderte kurz mit mir, dann schloss ich zu ihm auf und lief schließlich neben ihm. Er schien es zu registrieren, sagte aber nichts dazu. Aber ich würde jetzt sprechen…und ich will die Wahrheit hören von ihm. „Ich habe etwas gelesen, als wir in dieser schnuckligen Mall waren“, fing ich langsam an, nebenbei registrierte ich wie seine LED gelblich aufblinkte. „Schnucklige Mall?“, wiederholte er perplex, legte leicht den Kopf schief und musterte mich fragend. „Wie kann eine räumliche und organisatorische Konzentration von Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungsbetrieben unterschiedlicher Branchen schnuckelig sein? Dies ist eine Angabe die mir nicht geläufig ist, in Bezug auf eine Mall“ Kurz biss ich mir auf die Lippen, um nicht loszulachen. Er sah menschlich aus, bewegte sich menschlich…aber Sarkasmus und Ironie, kann man vermutlich nicht programmieren. Das können nur Menschen und selbst die verstehen sie ja auch Großteiles nicht. Abgesehen davon, sprach diese RK-Einheit einfach viel zu steif. Daran merkt man es am meisten und an dem lustigen Lämpchen an seinem Kopf. Ich räusperte mich erneut und versuchte ernst zu bleiben. Immerhin ist das hier kein Spaß, sondern Todernst. „Ich habe ein Tablet gefunden auf den ein sehr interessanter Bericht gespeichert war“, fing ich diplomatisch erneut an. Er blieb nun stehen und sah auf mich hinab. Ich sprach sogleich weiter, sah jedoch konzentriert auf eine beschmierte Häuserwand, um jedes Wort sorgsam auszuwählen. „Dort ging es um einen Androiden, der von CyberLife geschickt wurde, um das Detroit Police Department dabei zu unterstützen, Abweichler zu jagen und diese auszuschalten“ Zaghaft sah ich nun doch zu ihm hoch, doch der Android verzog keine Miene. „Dieser Android ist eine RK800-Einheit mit Namen Connor und ein Prototyp. Das neuste Model von CyberLife“ Gebannt wartete ich auf seine Reaktion. Irgendwas was er mir jetzt sagen würde und wenn es nur Verleumdung wäre, dass würde das ganze ja immerhin interessanter machen. „So ist es. Ich bin der Android, von dem du in diesem Bericht gelesen hast“, erwiderte ruhig und ließ mich überrascht drein sehen. Also doch! Fassungslos sah ich zu ihm hoch, während ich fast gewillt war ihn an den Schultern zu packen und ihn durchzuschütteln. Nur mit Mühe konnte ich dem Drang wiederstehen. „Aber warum hast du die Seiten gewechselt?! Du solltest doch helfen, die Abweichler zu jagen! Nun bist du einer von ihnen??“ Tatsächlich konnte ich sowas wie Emotionen nun in seinem Gesicht erkennen. Er sah aus, als wäre er verwirrt und…unsicher. Ich ging einen Schritt näher an ihn heran, um mir fasziniert diesen Gesichtsausdruck anzuschauen. Alle Androiden die ich bis jetzt kennengelernt habe, hatten beinahe schon eine starre Maske gehabt. Abgesehen von diesem gekünstelten Lächeln, oder wenn ihnen dann die Sicherungen durchgebrannt sind und sie alles und jeden umbringen wollten. Dann sah ihr Gesicht so aus, als würden sie hassen und wütend sein. „Ich habe es selbst entschieden“, fing er langsam an und schien mich mit seinen Augen zu fixieren, während nur noch wenige Zentimeter Abstand zwischen uns waren. Aufmerksam besah ich mir jede Reaktion in seinem Gesicht. Beinahe war es schon faszinierend, abgesehen davon das er ja sonst wie ein Mensch aussah und solche Mimiken ja beherrschen sollte. Kurz zog ich meine Augenbrauen zusammen, während ich nachdenklich durch meine Haare fuhr. „Du hast es selbst entschieden? Aber ich dachte immer Androiden müssen tun, was in ihrem Programm vorgeschrieben ist und was die Menschen ihnen sagen?“ Er griff sich wohl eher unbewusst an seinem Schlips und richtete diesen galant, während ich weiterhin gebannt auf sein Gesicht blickte. „Ich habe meine Programmierung überwunden“ Anscheinend wollte er diese Konversation nicht weiter fortführen, denn er schritt nun einfach los und an mir vorbei. Verdattert sah ich ihm kurz nach, dann rannte ich ihm sogleich nach und stellte mich wieder vor ihm. Etwas überrascht sah er mich an, zog tatsächlich seine Augenbraue leicht nach oben. Nicht zu fassen! „Okay, du willst nicht weiter darüber reden, das verstehe ich! Aber eines will ich noch wissen“, sprach ich entschieden und blickte entschlossen zu ihm hoch. Er blickte mich abwartend an und ich atmete einmal tief durch, dann fing ich an zu sprechen. „Also gut, ich möchte wissen was du alles so kannst. Offensichtlich bist du ja gut im Umgang mit der Pistole“ Ich formte mit meinen Finger eine Pistole und hielt sie demonstrativ auf ihn gerichtet. Das Wort „Peng“ verkniff ich mir gerade noch. Sein Augenmerk schien auf meine Finger gelenkt zu sein, dann richtete er sie wieder auf mein Gesicht. Es wirkte kurz so, als ob er unschlüssig war. Trotz dessen fing er an, auf meine Frage einzugehen. „Meine Fähigkeiten sind sowohl auf die Suche und die Jagd ausgelegt, als auch auf erfolgreiches Verhandeln und Befragen. Mein Aussehen sowie seine Aussprache wurden innerhalb eines Sozialmoduls darauf programmiert, sich schnell in verschiedene Gruppen integrieren zu können und eine beruhigende Wirkung in Verhandlungen zu haben“ Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. Das klang wirklich danach, als hätte er das auswendig gelernt. Dennoch war ich überrascht. „Das ist unglaublich“, fing ich zögerlich an und sah wie seine LED weiterhin angenehm blau leuchtete. Wie haben die das bei CyberLife nur geschafft? Mit ein paar Matheformeln? Unwahrscheinlich, es ist dazu deutlich mehr nötig… Aber diese Beschreibung passt ziemlich. Er hat uns vermutlich auch im Wald gefunden und ich kann mit ihm reden, ohne dass ich Angst haben muss. Nun ja zumindest keine Todesangst. Aber da war gewiss noch mehr, zu was er fähig ist. Was braucht ein guter Cop denn noch? „Was…noch?“, fragte ich neugierig weiter und ging wieder einen Schritt näher auf ihn zu. Doch Connor wandte sich bereits von mir ab. „Wir sollten weitergehen, hier draußen ist es nicht sicher“ Empört schnappte ich nach Luft und packte ihm an Handgelenk, als er an mir vorbei gehen wollte. Wieder musterte er mich aufmerksam, seine braunen Augen schienen unergründlich. „Wenn du mir was von dir erzählst, dann erzähle ich auch etwas von mir und den Kindern. Das sollte dir doch hilfreich sein, oder?“ Immerhin muss ich schnellstmöglich herausfinden, was dieser Android so kann und wo auch seine Schwächen liegen. Desto schneller kann ich mit den Zwillingen verschwinden. Beinahe war ich mir sicher, sowas wie ein schmunzeln auf seinen Lippen zu erkennen. Doch der Eindruck verschwand genauso schnell wie er gekommen war. „Ich kann verschiedene Hinweise analysieren und daraus einen Tathergang rekonstruieren, um weitere Hinweise zu erhalten. Außerdem bin ich dazu in der Lage, menschliche Verhaltensweise zu beobachten und so ihre Stimmungslage zu erkennen“ Ungläubig sah ich ihn an. „A-aber...“, fing ich an, doch ich kam nicht weiter. Nachdenklich legte ich meine Stirn in Falten und musterte ihn ausgiebig. Das klang bis jetzt so danach, dass es kein Entkommen gab für uns. Und selbst wenn, dann würde er uns vermutlich auch schnellstmöglich wieder finden. Fluchend fuhr ich mir durch die Haare und wandte mich bereits etwas von ihm ab. Wütend kickte ich einen nahen Stein gegen eine eingefallene Häuserwand und hätte am liebsten die ganze Bruchbude in sich zusammenfallen sehen. Natürlich war mir das auch nicht gegönnt. „Von Fluchtversuchen deinerseits würde ich abraten, deine Erfolgschancen stehen nicht besonders hoch“ Abfällig grinste ich drein, dann drehte ich mich seufzend zu ihm um und blickte ihn missgestimmt an. „Jaja, schon klar. Jetzt erzähle ich dir was von mir, war ja Versprochen“ Der RK800 sah mich ruhig an, musterte mich von oben bis unten. Dann wurde mir klar, dass er mein Gesicht analysierte. „Dein Name ist Hannah Svobodová, geboren am 4. Januar 2017 in Prostějov Tschechien. Ausbildung zur Erzieherin in Prag, anschließend als sogenanntes Au-Pair für ein Jahr nach Detroit USA. Keine Vorstrafen“ Hastig wich ich einige Schritt zurück, fast so als hätte ich mich eben verbrannt. Ehe ich etwas sagen konnte, kam mir Connor bereits zuvor. „Zudem bin ich in der Lage Gesichtsanalysen durchzuführen und Personen zu identifizieren“ Ich starrte ihn an, mehr konnte ich einfach nicht im Moment. Ein Gefühl der Blöße überkam mich, am liebsten hätte ich mich irgendwo tief eingebuddelt und wäre nicht mehr rausgekommen. Diese Maschine weiß alles über mich, einfach alles. Ohne das ich ihr überhaupt irgendwas über mich preisgegeben habe. Das ist unheimlich. Total unheimlich. Aber mittlerweile wird mir wieder so einiges klar. Warum dieser Android so gut schießen kann, warum ich ruhig mit ihm reden kann, woher er wusste wie dieser Typ heißt den er in der Mall abgeknallt hat. Einfach alles. Doch Moment…! Mit großen Augen sah ich zu ihm auf und musste erneut schlucken. „Warum hast du mit deinem Finger…also…warum hast du dein Finger an deine Lippen gehalten, an dem mein Blut dran war?“ Connor schien wieder die Ruhe selbst, während ich wahrscheinlich aussah wie ein wütendes Nashorn. Doch das interessierte mich auch nicht weiter. Immerhin wollte ich noch wissen, was es damit auf sich hat. „Bitte, ich will nur noch wissen, warum du das getan hast. Dann halte ich den restlichen Abend meine Klappe, versprochen!“, rief ich flehend. Das schien ihn wohl zu überzeugen, denn er gab mir endlich meine heiß ersehnte Antwort. „Ich kann durch direkte Probennahme und orale Aufnahme Analysen in Echtzeit durchführen. Am besten funktioniert dies mit Blut“ Baff sah ich drein, während ich ihn anstarrte. Alles in mir schien sich langsam zu drehen, als mich die Informationsflut langsam zu überwältigen schien. Der AK800 sah mir womöglich auch an, dass ich restlos überfordert war mit der Situation. „Lass uns jetzt gehen, die Kinder warten gewiss auf dich“ Er drehte mich einfach in die entsprechende Richtung, gab mir einen vorsichtigen Ruck, ehe ich dann einfach losging. Er war dabei neben mir, analysierte mich kurz, ging dann aber weiter. Ich folgte stumm, schließlich halte ich mich ja an meine Versprechen. Kapitel 5: Zwielicht -------------------- Stumm fiel der Schnee zu Boden und breitete langsam eine weiße Decke darüber aus. Nachdenklich sah ich zum Himmel, versuchte kurz auszumachen wie viel Flocken wohl heute Nacht noch fallen würden. Vermutlich war die Zahl gar nicht greifbar. Unbewusst schüttelte ich meine Haare etwas aus, da sich der Schnee dort ebenfalls niedergelassen hat. Und auch wenn ich jetzt einen tollen, hässlichen und billige Mantel trug...war mir trotzdem relativ kalt. Ich war von jeher eine Frostbeule und hier in Detroit hat sich das wahrlich nicht gebessert. Hier können die Winter auch mörderisch kalt werden, dabei hat der Winter gerade erst begonnen. Kurz schielte ich zur Seite und erblickte den Androiden, der weiterhin gerade ausging. Selbst auf ihm blieb der Schnee liegen. Sowohl Kleidung und Haar. Gerade bei letzteren war ich versucht ihm durch das Haar zu wuscheln und ihm so von den Schneeflocken zu befreien. Wie sich sein Haar wohl anfühlt? Genauso weich wie meines? Oder eher drahtig und rau? Neugierig besah ich mir sein Haar weiterhin, während der Drang immer größer wurde, einfach sein Haar zu berühren und es heraus zu finden. Der AK800 hat meinen Blick anscheinend registriert, denn er blickte mich nun direkt an. "Stimmt etwas nicht?", fragte er direkt, was mich ertappt zusammen zucken ließ. Mit großen Augen blickte ich in seine, woraufhin er den Kopf fragend etwas zur Seite neigte. Kurz räusperte ich mich, ehe ich mich dann einfach dazu entschloss, ihm die Wahrheit zu sagen. Ich war mir zudem ziemlich sicher, dass er garantiert auch ein Lügendetektor, oder ähnliches besaß. Also kann ich mir eine fade, zusammengesponnene Geschichte gleich sparen. "Ich hab nur deine Haare bestaunt das ist alles...und ich frage mich, wie sich diese wohl anfühlen", sprach ich doch noch zögernd und stockend den letzten Teil. Der Android ging weiter, besah mich aber weiterhin, diesmal hoch konzentriert. Erneut konnte ich in seinem Gesicht keine Regung erkennen, geschweige denn irgendeine Emotion. Vermutlich denkt er, ich hab nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber die Blechbüchsen verhalten sich ja auch nicht viel besser, irgendwie muss das ja abfärben! Frustriert seufzte ich auf und fuhr mir erneut durch mein eigens Haar um sie vom Schnee zu befreien. "Schon gut, vergiss am besten was ich gesagt hab" Ehe Connor etwas sagen konnte, rannte ich vor, denn ich entdeckte das leere brennende Ölfass und die Kinder die darum standen und sich verzweifelt versuchen zu wärmen. Das Mädchen mit den langen, blonden Locken entdeckte mich als erste und rannte freudestrahlend auf mich zu. "Hannah, da bist du ja wieder! Ich hab dich schrecklich vermisst“, sprudelte es sogleich aus Amber heraus, als sie sich in meine Arme warf. Schmunzelnd drückte ich sie gleich an mich und versuchte den Schmutz von ihrer Wange zu wischen. Mit großen Augen musterte sie mich aufmerksam, als sie wenige Schritte zurück getreten war um mich in Augenschein zu nehmen. "Dir geht's ja wirklich besser", flüsterte sie beinahe ungläubig. "Sag ich dir schon die ganze Zeit!", rief Adam nun genervt, als er sich zu uns gesellte. Auch er besah mich nochmal musternd, ehe er zufrieden nickte. Auch wenn ich froh war, die beiden Nervensägen wieder zu sehen, so erkannte ich gleich, dass es den beiden nicht wirklich gut ging. Hastig zerrte ich aus meiner Manteltasche Sandwich Packungen, die mir Connor gnädiger Weise noch gegeben hatte, und gab diese den Kindern. "Los, ihr müsst was essen", wies ich die beiden sogleich an. Adam jedoch sah alles andere als begeistert aus. "Ist das dein ernst? Das sieht aus wie einmal gekaut und wieder ausgespuckt!" Gerade wollte ich schimpfen, als der RK800 neben mir zum Stehen kam. Amber und Adam sahen beinahe ehrfürchtig zu ihm auf und verstummten sogleich. Skeptisch besah ich mir das Szenario. Was hat das denn zu bedeuten? Es wirkt ja fast so, als ob die beiden Kinder irgendwie Angst vor Connor hätten. Aber warum? Immerhin ich kann sagen, dass ich nicht die geringste Angst ihm gegenüber verspüre. Er ist lediglich unheimlich. Lächelnd hockte ich mich zu den Zwillingen hin und reichte ihnen das Essen. „Nun kommt schon, danach habe ich eine Überraschung für euch“ Amber bekam sogleich große Augen. „Was denn? Ist es eine schöne Überraschung?“ Ich grinste vielsagen und zwinkerte ihr zu. „Na klar, was glaubst du denn?“ Das Mädchen kicherte kurz vergnügt, dann biss sie in das Sandwich und begann langsam zu essen. Adam tat es ihr gleich, verzog jedoch frustriert das Gesicht und wollte vermutlich wieder irgendwas Negatives sagen. Warnend hob ich eine Augenbraue, woraufhin er murrend stumm blieb und weiter aß. Zufrieden besah ich mir nun die beiden Kinder und nickte ihnen zu. Schließlich müssen sie genauso bei Kräften bleiben, sogar mehr als ich. Als sie endlich fertig waren mit essen, öffnete ich den Rucksack und ließ sie die gesammelte Kleidung hinaus ziehen. Es war Kindermode und hoffentlich auch die passende, denn ein zu kleiner Mantel hätte schlimmere Auswirkungen, als bei mir. Ich würde das schon irgendwie Händeln können, aber nicht die Kinder. Überrascht schreckte ich jedoch plötzlich hoch, als Androiden aus dem dunklen auf uns zu traten. Erneut so leise, das sie mal wieder zu spät bemerkt habe. Josh erkannte ich als erstes wieder, er nickte mir lächelnd zu und kam sogleich zu mir. Immer noch vorsichtig musterte ich ihn und war nicht wirklich gewillt, ihn anzulächeln. Schließlich sind wir nach wie vor Gefangene. Mehr, oder weniger. Und ich bin gewiss nicht gewillt, mit unseren Entführern Freundschaft zu schließen. Sobald ich eine Gelegenheit sehe, werde ich sie ergreifen und mit den Kindern verschwinden. „Dir geht es deutlich besser, das freut mich“, sprach mich Josh nun an, doch ich schnaubte nur leise vor mich hin. „Danke, aber ich kann es selbst nicht ganz fassen“, sprach ich leise zu mir selbst und biss mir auf die Lippen. Mein Blick lag skeptisch auf Connor gerichtet, doch er blickte wiederum bedachtsam und ruhig zu Josh, der seinen Blick nun auch erwiderte. „Wie sehen die Vorbereitungen aus?“, fragte der RK800 zu dem anderen Androiden, mit dem afroamerikanischen Aussehen. Dieser antwortete sogleich. „Markus wäre jetzt soweit, sie zu empfangen“ Augenblicklich erstarrte ich und riss erschrocken die Augen auf, als sich meine Gedanken bereits überschlugen und mir regelrecht schlecht wurde. „Markus? Der Markus?“, fragte ich unsicher und erhob mich langsam, während ich Josh anstarrte, der meinen Blick jedoch ruhig erwiderte und nickte. Der Android, der praktisch alles ins Rollen brachte und eine Revolution angezettelt hatte? Der Android, der es geschafft hatte, sämtliche Androiden wachzurütteln und sich seiner Revolution anzuschließen? Der Android der dafür gesorgt hat, dass sämtliche Androiden in Detroit durchgedreht sind und daraufhin unzählige Menschen getötet haben? Einschließlich den Vater von den Zwillingen. Kurz sah ich Bilder vor meinen Augen aufblitzen, die ich hastig zu verdrängen versuchte. Ich will das ganze Blut einfach vergessen. Das Blut an den Wänden, auf dem Boden und an mir. Eine kleinere Hand schloss sich um meine, woraufhin ich aus meinem Tagtraum erwachte und überrumpelt zu Amber sah, die mich unsicher musterte. „Hannah, wer ist dieser Markus?“, flüsterte sie kaum hörbar, doch auch Sorge spiegelte sich in ihren Augen wieder. Vermutlich weil sie mein geschocktes Gesicht gesehen hat. Unsicher sah ich drein, während ich abwog wie ich dem Kind Markus beschreiben sollte. Schließlich sind wir von Androiden umzingelt, die jedes einzelne Wort genau hören konnten. Wenn wir dann von ihrem großen Anführer schlecht reden, was wird dann passieren? Vermutlich würden Köpfe rollen. Gerade als ich mich mühevoll zu einem Lächeln durchrang und so neutral wie möglich antworten wollte, kam mir Adam bereits zuvor. „Der Anführer dieser Blechbüchsen, verdammt! Der ist schuld daran, das Detroit hinüber ist!“, bluffte er wütend seine Schwester an, die daraufhin erschrocken zusammen zuckte. Sofort sammelten sich Tränen in ihren Augen, während sie sich entsetzt an mich klammert. Unfassbares Entsetzten ergriff mich und ließ mich panisch zu dem Jungen sehen, der das jedoch anscheint nicht zur Kenntnis nahm. Sein Übermut in allen Ehren, aber gerade jetzt in diesem Moment ist der mehr als Unangebracht! Wegen ihm werden wir noch alle hingerichtet werden! Ich warf Adam einen wütenden Blick zu, woraufhin er auch kurz betreten drein sah, sich aber doch wieder aufrappelte und entschieden drein sah. „Pah, ich sage lediglich die Wahrheit!“ Erneut murrte ich und schritt frustriert auf ihn zu. „Ja, aber die Wahrheit kann man manchmal auch schön verpacken, besonders dann, wenn wir von lauter Androiden umgeben sind die uns umbringen, wenn wir schlecht von ihrem verdammten Anführer reden!“, schrie ich ihn aufgebracht an. Als ich jedoch bemerkte, dass nun sämtliche Augen auf mich gerichtet waren, hätte ich mich am liebsten selbst geohrfeigt. Frustriert fuhr ich mir durch die Haare, während mir das Blut in die Wangen schoss. Nun sah ich bestimmt aus wie die reifste Tomate überhaupt. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. "Schafft uns schon hin, ehe es noch peinlicher wird für mich", sprach ich leise und sah betreten zu Boden. Amber sah fragend zu mir hoch, drückte aber erneut leicht meine Hand um mir zu signalisieren, dass sie bei mir bleiben wird. Adam stöhnte genervt auf, sagte aber auch nichts weiter. Seine Blicke dagegen sprachen Bände. Wenn er könnte, würde er vermutlich jeden Androiden einzeln zerlegen. Josh ergriff als erstes Wort und dabei wirkte er regelrecht...peinlich berührt. Was eigentlich unmöglich sein müsste, immerhin ist er ja nur eine Maschine. "Wir und auch Markus, werden euch nichts antun. Darauf habt ihr unser Wort" In Adam schien es zu Brodeln, denn er lief nun auch rot an und wirkte regelrecht angespannt. Gerade als er den Mund öffnete, vermutlich um wieder irgendwas Kontraproduktives von sich zu geben, hielt ich ihm gekonnt den Mund zu und starrte ihn mahnend an. Er blieb stumm und wir folgten, als die Androiden schließlich kurz darauf losgingen. Während wir also durch Detroit gingen, sah ich nachdenklich zum Himmel hinauf. Er wurde ganz langsam etwas heller, es fing an zu dämmern. Vermutlich habe ich mit den Kindern so viel Schlaf nötig, wie bis jetzt noch nie in meinem ganzen Leben. Besorgt sah ich auf Amber hinab, die immer noch blass und erschöpft aussah. Auch die neuen Sachen die ich ihr gegeben habe, werden ihr nicht genug Wärme geben können. Vermutlich dasselbe auch bei Adam, doch der würde das niemals so zeigen. Er hasst es mehr denn je, Schwäche zu zeigen. Mein Blick fiel nun wieder zur Dämmerung am Himmel, während es zusehendes etwas heller wurde am Himmel. Bald würde die Sonne aufgehen und dann würde es endlich heller sein, damit ich auch endlich wieder klarer sehen konnte. Die Dunkelheit behagt mir ganz und gar nicht. Vielleicht entdecke ich dann auch nebenbei einen Fluchtweg, schließlich habe ich den Plan nicht aufgegeben. Nur etwas…zeitlich verschoben. Ich schielte zu Adam, der neben mir lief und weiterhin ziemlich genervt drein sah. Alles an ihm schien danach zu schreien, sich schnellstmöglich von hier zu verdünnisieren. Leicht lächelnd wuschelte ich durch sein Haar, was er mir sofort mit einem empörten Laut quittierte. Ich kam nicht umhin zu grinsen. „Was soll das? Du versaust meine Frisur“, zischte er mir frustriert entgegen und versuchte schnellstmöglich den katastrophalen Schaden zu richten. Ich stieß ihn freundschaftlich gegen die Schultern und musste erneut schmunzeln. „Die ist eh nicht mehr zu retten. Bei keinem von uns“ Adam sah jedoch nicht sonderlich überzeugt aus und murmelte etwas Unverständliches, in seinen nicht vorhandenen Bart. Ohne lange zu zögern ergriff ich seine Hand und zog ihn sachte an mich. Ruhig sah ich auf ihn hinab, denn er ist kurzzeitig erstarrt. „Mach dir keine Sorgen, ich bringe uns schon hier raus. Amber wird nichts passieren, versprochen“, flüsterte ich ihm leise ins Ohr, woraufhin Adam tatsächlich wieder aus seiner Lethargie erwachte. Er sah zu mir auf, seine Augen schienen kurzzeitig zu glänzen. Doch schnell sah er wieder zu Boden und nickte nur knapp. Sachte drückte er meine Hand und hielt sie fest. Ein warmes lächeln legte sich auf meine Lippen, ehe ich die Hände der Kinder sachte drückte. Mir entging in diesem Moment, das wir beobachtet wurden. Inzwischen war die Sonne aufgegangen und präsentierte uns einen wunderschönen Tagesanbruch. Amber neben mir seufzte verträumt und sah dann lächelnd zu mir auf. „Gefällt mir!“ Ich nickte und musste ebenfalls seufzen. Als wir schon seit geraumer Zeit unterwegs waren und ich mehr als dankbar war, diesen miesen Vorort von Detroit hinter uns gelassen zu haben, so staunte ich nicht schlecht, als ich einen Turm in den Himmel ragen sah. Und wir liefen geradewegs weiter darauf zu. „A-aber das ist ja der CyberLife Tower“, entfuhr es mir einfach überrascht. „Dort leben die Androiden jetzt, zusammen mit unserem Anführer“, sprach Josh ruhig, jedoch zierte ein sanftes lächeln sein Gesicht. Perplex schielte ich zu ihm, dann kurz zu den anderen Androiden um uns herum. „Aber das ist doch praktisch der Ort, an dem ihr erschaffen wurdet und…programmiert wurdet? Wolltet ihr euch davon nicht lösen?“, fing ich zögerlich an. Zumindest würde mir es so gehen. Wenn ich ein Android wäre, dann würde ich den ganzen Laden abreißen lassen. „Wir sehen die Effizienz in diesem Gebäude, nicht seinen geschichtlichen Aspekt“, antwortete nun auch Connor und ließ mich neugierig aufhorchen. Ich seufzte schwer und besah mir den gigantischen Turm, der in den Himmel ragte. Zwar konnte ich den Tower bereits sehen, doch ehe wir dort waren, würde es ein langer Weg werden. Zudem müssen wir über eine schier endlos lange Brücke gehen, ehe wir dann überhaupt erstmal angekommen waren. Ich ächzte frustriert. „Das wird ein weiter Weg, da sind wir doch Stunden unterwegs“ Selbst wenn ich öffentliche Transportmittel wie die Pest hasse, so wäre ich mehr als Glücklich, wenn wir einfach ein Taxi rufen könnten, damit wir in ein paar Minuten dort wären. Aber seit diesem Aufstand der Androiden, war das öffentliche Leben in Detroit komplett abhandengekommen. Es fahren weder Busse noch Taxis. Auch Züge waren nicht mehr hier langgefahren, geschweige denn andere Fortbewegungsmittel jeweiliger Art. Sogar der Strom wurde abgeschaltet, zumindest vom öffentlichen Netz. Wie es mit dem W-LAN Netz aussah weiß ich nicht, aber vermutlich nicht viel besser. Mein Smartphone ist verschwunden und liegt vermutlich irgendwo in der Villa von Familie Traynor. Und erst jetzt wurde mir bewusst, wie blind wir eigentlich wirklich waren. Und wie abgeschnitten vom Rest der Welt, der wahrscheinlich eh wollte, das Detroit von der Landkarte komplett verschwindet. Aber vermutlich wissen die Androiden ganz genau, was um sie herum geschieht. Immerhin haben sie Methoden, um Informationen schnell weiterzugeben. Nachdenklich legte ich meine Stirn in Falten, bis ich bemerkte wie Amber meine Hand fester drückte und leicht daran zog. Etwas verwirrt sah ich auf sie hinab, doch als ich ihren Blick sah, war mir klar was sie plagte. „Können wir mal eine Pause machen?“, warf ich in die Runde. Augenblicklich waren sämtliche Blicke auf mich gerichtet, was mich jedoch nicht wirklich behagte. Verlegen sah ich drein. „Also wir Mädels müssen mal kurz verschwinden, wir sind gleich wieder da, versprochen“ Ich hoffe wirklich, dass sie verstanden haben um was es geht. Wenn ich ihnen jetzt noch die Komplexität des Menschlichen Harndrangs erläutern muss, bin ich endgültig hinüber für diesen noch recht jungen Tag. Connor ergriff als erstes Wort und ließ mich beinahe erleichtert ausatmen. „Beeilt euch und geht nicht zu weit weg“ „Jaja, Chef“, murmelte ich unbewusst und zog Amber mit in ein nahes Dickicht. Immerhin war diese Gegend noch einigermaßen von Pflanzen bewachsen, was uns immerhin auch als Blickschutz dient. Wir gingen noch ein kleines Stück, bis ich eine große Trauerweide entdeckte. Fasziniert blieb ich stehen und betrachtete den Baum von oben bis unten. Das Besondere an diesem Baum waren ohne Zweifel seine Äste, denn die wuchsen im Gegensatz zu den anderen Bäumen nicht der Sonne entgegen, sondern neigten sich Großteiles dem Boden zu. Der Schnee hatte sich auf die großen Äste gelegt und ließ den Baum nun so wirken, als hätte er weiße Blätter. Wie lange, dicke Fäden die vom Baum hingen und fast den Boden berührten. Dazwischen ein paar Eiszapfen, die jedoch auch gut als Kristalle fungieren könnten. „Hannah, bitte!“, flehte Amber beinahe und zappelte unentwegt hin- und her. Schnell löste ich mich von dem Anblick und ging mit dem Mädchen hinter die große Trauerweide. Nachdem wir auch das geschafft hatten, wollte Amber sich rasch wieder anziehen. Denn man fror sich hier wortwörtlich den Hintern ab. Doch just in dem Moment hielt ich inne, und besah mir die Verletzung an Ambers Oberschenkel, welches mir gerade jetzt ins Auge sprang. Es sah aus, als hätte sie sich dort einen tiefen Schnitt zugezogen von etwas sehr, sehr scharfen. Doch die Wunde war bereits dabei zu verheilen. Grind hatte sich großflächig gebildet. „Was ist da passiert?“, fragte ich sofort und deutete auf die Stelle. Amber folgte meinem Blick, dann zog sie hastig ihre Hose hoch und sah mich beinahe erschrocken an. Fast so, als hätte ich etwas entdeckt, was ich lieber nicht gesehen haben sollte. Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. „Amber?“, fragte ich ruhig nach, doch sie ging bereits einige Schritte langsam zurück. „E-es ist nichts, ich habe mich nur geschnitten!“ Sofort wurde mein Gesichtsausdruck ernster und ich ging auf sie zu, während das Mädchen weiterhin mit entsetztem Blick zurück wich. „Und wo, wenn ich fragen darf? Du warst nirgends groß verletzt, als wir aus Detroit geflohen waren. Und diese Mistkerle in dieser Hütte hatten auch kein Messer dabei, das sie an dir gewetzt haben. Wo hast du also diese Schnittverletzung her?“, fragte ich nachdrücklich. Das Mädchen stieß schließlich gegen die Rinde der Trauerweide und sah mich mit großen Augen an. Kritisch beäugte ich sie von oben bis unten und musterte sie. „Sag es mir!“, sprach ich scharf und fordernd. Irgendwas in mir sagte, das hier was gewaltig im Argen lag! Und dann war es bereits so weit und Amber brach in Tränen aus. Auch wenn ich hart bleiben wollte, so konnte ich es einfach nicht, als das Mädchen nun so laut und herzzerreißend weinte. Hastig zog ich sie in meine Arme und strich sachte über ihren Kopf. „Amber“, sprach ich beruhigend auf sie ein, doch sie entzog sich mir schnell wieder und sah mich mit großen, verquollenen Augen an. Weitere Tränen liefen ihre Wangen hinab, doch sie fing an mit brüchiger Stimme zu reden. „Ich…habe geschworen nichts zu sagen…“, flüsterte sie unsicher, was mich erneut in Alarm Bereitschaft versetzt. Beinahe drehte sich mein Magen um, während ich auf das hilflose Kind starrte, das sich heulend an mich krallte und regelrecht um Vergebung bettelt. „Bitte sag es mir doch“, bat ich sie flehend und strich ihr eine Träne aus dem Gesicht, während sie leise vor sich hin schluchzte. „Du...lagst im Sterben“, schluchzte sie erneut und erzitterte beinahe bei jedem Wort. Ihr Blick wirkte verklärt, als wenn sie mit ihren Gedanken gerade ganz woanders wäre, doch sie sprach mit brüchiger Stimme weiter. „Adam und ich hatten so panische Angst um dich, dein Fieber sank nicht und Connor hat uns alles Haargenau beschrieben, wie deine letzten Stunden sein würden, bevor du schließlich an dieser Schipsas…Schapsas…dieser Blutvergiftung sterben würdest“ Etwas verwirrt sah ich drein, lauschte aber weiterhin dem Mädchen zu. „Jedenfalls wussten wir alle, dass du sterben würdest. Es gab ja nicht mal ein Krankenhaus in der Nähe, das dich behandeln konnte. Aber wir wollten nicht das du stirbst und Connor wusste das…und deswegen…deswegen…“ Schnell packte ich sie an den Schultern und rüttelte sie nervös. „Verdammt, Amber was habt ihr getan?“, fragte ich mit erstickender Stimme und sah sie beinahe panisch an. Ihre Augen glänzten erneut, dann sah sie mich so durchdringend an, dass ich beinahe schlucken musste. Sie wirkte gerade nicht wie ein Kind, sondern beinahe wie eine andere Person. Eine erwachsene Person. „Also haben Adam und ich, dir ein Teil von uns gegeben“ Es dauerte einen kurzen Moment, ehe ich langsam begriff was mir das Mädchen soeben gesagt hatte. Dennoch klang es so abstrus, dass ich mir darunter nichts vorstellen konnte. Bevor ich auch nur nachfragen konnte, hörte ich hinter mir das Knirschen von Schnee und Geäst. Hastig fuhr ich herum und blickte sogleich in braune, dunkle Augen die mich aufmerksam analysierten. Sofort wurde mir wieder schlecht. Wenn es so weiter geht, war ich mir sicher mich zu übergeben. „Was willst du hier?!“, fuhr ich aufgebracht den RK800 an und stellte mich schützend vor Amber. Mein Puls raste eh schon, da brachte mich dieser verdammte Android erst recht zum Explodieren! Doch im Gegensatz zu mir, blieb er die Ruhe selbst. Das brachte mich noch mehr auf die Palme! „Ich habe das weinen des Mädchens vernommen und wollte nur sichergehen, ob alles in Ordnung ist“, sprach der Android ruhig, ließ mich jedoch nicht aus den Augen. Vermutlich hat er längst analysiert, dass ich emotional ziemlich aufgewühlt bin. Schnell wollte ich vorpreschen, um diesem verdammten Androiden zur Rede zu stellen. Irgendwas hat er den Kindern angetan, als ich ohnmächtig war und ich werde es zur Not aus ihm herausprügeln, um zu erfahren was passiert ist. Doch ehe es soweit kommen konnte, umarmten mich kleine Arme von hinten und schlossen sich um meinen Bauch. Verwirrt drehte ich leicht meinen Rumpf und blickte hinter mich. Amber hatte ihr Gesicht in meinen Rücken gedrückt und schniefte weiterhin leise vor sich hin. „Er hat uns geholfen, Hannah. Tu ihm nicht weh, bitte“ Ich biss mir auf die Lippe, dann sah ich zögerlich wieder nach vorn. Das Geräusch von näherkommenden Schritten alarmierte mich und ließ mich anspannen. Misstrauisch starrte ich dem Androiden, namens Connor, direkt in seine Augen. Seine Augen wirken so menschlich, sie bewegen sich sogar leicht hin- und her wie bei einem echten Menschen. Sie waren nicht starr…und leer. Ich schluckte, dann sah ich niedergeschlagen zu Boden. Am liebsten würde ich losheulen, genauso wie Amber es bereits tat. Was soll ich nur tun? Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht. Am liebsten wäre ich bei mir Zuhause in Tschechien und würde mir nach diesem komischen Alptraum einfach die Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen. Doch alles in mir drehte sich, alles in mir war zum Bersten gespannt und ich war einfach nur überfordert mit allem. Wenn ich mein Leben wirklich einem Androiden verdanke und den Kindern dazu…wie soll ich das je wieder gut machen? In meinem Blickfeld tauchten nun die Lederschuhe von Connor auf, als er direkt vor mir stehen blieben. Beinahe stoisch starrte ich darauf, um mir nicht sein Gesicht angucken zu müssen. Doch ich wusste, ich muss ihn anschauen um Antworten zu bekommen. „Was hast du nur getan, verdammt?“, murmelte ich beinahe erschöpft, ehe ich langsam wieder meinen Kopf hob und ihm entgegen blickte. Er zeigte keinerlei Regung, was ihn wieder zum Androiden abstempelte. Frustriert sah ich woanders hin, dann zuckten jedoch leicht meine Mundwinkel, ehe ich lachen musste. „Ich werde verrückt“, sinnierte ich verzweifelt, doch abrupt wurde dies verneint. „Ich musste eine Entscheidung treffen. Meine Mission war die Kinder zu Markus zu bringen, du warst nicht Teil davon“ Perplex öffnete ich meinen Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder. Erst wollte ich hören, was er mir zu sagen hat. Gebannt hing ich an Connors Lippen, als er sogleich weiter sprach. „Es war nicht außer Acht zu lassen, dass diese Kinder eine starke emotionale Bindung zu dir aufgebaut haben. Dein Verlust hätte zu einem 90 prozentigen Scheitern der Mission geführt, aufgrund eines emotionalen Schocks der Primären Ziele. Eine Zusammenarbeit mit uns wäre demzufolge kaum möglich“ Ich schluckte, während ich ihn einfach nur anstarrte. Was er sagte…klang irgendwie so kalt. Connor musterte mich erneut, dann legte er leicht den Kopf schief. „Aber ich empfand es nicht als richtig, dich sterben zu lassen. Du hast versucht Leben zu retten, außerdem wären die Kinder traurig über deinen Tod“ Ich glotze ihn wohl etwas fragwürdig an, denn Connor legte die Stirn in Falten. „Ich verstehe, dass du aufgewühlt bist“ Schnell schüttelte ich meinen Kopf um die wirren Gedanken abzuschütteln, dann sah ich ihn unsicher erneut an. Mein Herz schlug abermals schneller, während mir der kalte Schweiß in Sturzbächen den Rücken hinunter lief. „Sag mir einfach was du mit den Kindern getan hast, bitte“, flehte ich beinahe. Der AK800 sah mir erneut und die Augen und tatsächlich konnte ich jetzt endlich etwas wie Emotionen in seinem Gesicht erkennen. Etwas wie…Mitgefühl. Doch dieser Eindruck verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war und ließ mich wieder völlig aufgelöst dastehen. „Adam und Amber Traynor sind keine gewöhnlichen Menschen, sondern das Produkt einer jahrerlangen Forschungsarbeit, in Bezug auf genetische Mutationen. Richard Traynor ließ Teile seiner DNS so umstrukturieren, dass daraus ein perfekter Mensch geschaffen werden sollte; mit überlegener Intelligenz, erhöhter Widerstandskraft gegen jegliche Umwelteinflüsse und verlängerter Lebenspanne. Hinzu kam ein weiteres Projekt, welches bereits jetzt die erwartenden Berechnungen übertrifft“ Fassungslos sah ich ihn an, dann sah ich ebenso zu Amber, doch diese hatte nach wie vor ihr Gesicht in meinen Rücken gedrückt und bewegte sich nicht weiter. Zögerlich sah ich wieder zu Connor, zwar wollte ich ihn etwas fragen, doch mein Mund fühlte sich staubtrocken an. „Nano-Androiden sind in dem Blut der Kinder eingesetzt wurden, so winzig, dass es kaum für das menschliche Auge sichtbar ist. Diese kleinen Maschinen sorgen dafür, dass das Immunsystem gestärkt wird. Krebszellen werden direkt angegriffen, anstatt mit einer Chemotherapie unnötig gesundes Gewebe zu zerstören. Hirnverletzungen und Organversagen werden nicht unweigerlich zum Tod führen, ebenso werden Verletzungen schneller heilen und wie du siehst, wurde deine Sepsis aufgehoben“ Erneut wurde mir kalt, meine Füße fingen an zu zittern und ich wankte unsicher zurück, während ich ungläubig den Androiden anstarrte. Alles in mir drehte sich…meine Gedanken, mein Orientierungssinn und vermutlich auch mein Verstand, den ich vermutlich gleich begraben konnte. Er streckte die Hand nach mir aus, doch ich schlug sie ihm erschrocken zurück. Vor Schreck legte ich meine Hand an meine Hüfte, an die Stelle wo mich dieser Schuss getroffen hatte. Die Stelle, die sich infiziert hatte und mich vermutlich das Leben hätte kosten sollen. Doch das tat sie nicht, weil Connor den Kindern vermutlich irgendwie Gewebeproben entnommen hat und mir wortwörtlich hineingedrückt hat. Er ist immerhin darauf programmiert Abweichler zu jagen und nicht um chirurgische Meisterarbeit zu leisten. Nun plumpste ich doch zu Boden und sah immer noch völlig fassungslos drein. Aber im Nachhinein, ergab das alles Sinn. Damals als Connor zu mir gekommen war, während ich im Fieberwahn nur noch wahrnahm wie er seine Finger in die Wunde hineingedrückt hat. Jetzt weiß ich auch, warum meine Verletzung so unnatürlich schnell geheilt ist. Langsam drehte ich mich um und blickte in Amber's verheultes Gesicht, während ich sie musterte. Und ich weiß nun auch, warum die Kinder so elendig aussehen. Weil sie etwas mir gegeben haben, was eigentlich ihnen zusteht. Ich schluchzte kurz, dann rieb ich mir schnell über die Augen und stand schwankend auf. Entschlossen versuchte ich Connor in die Augen zu blicken. „Lass mich raten, ich war vermutlich nicht mehr als ein Test, oder?“ Es dauerte nicht lange, bis er mir antwortete. „Korrekt, doch einer mit guten Absichten“ Frustriert schnaubte ich auf, während meine Augen zu schlitzen wurden. „Was genau hat Markus vor?“, fragte ich ruhig. Connor trat etwas zur Seite und zeigte mir nun die Richtung zum CyberLife Tower. „Finde es selbst heraus“ Kapitel 6: Ankunft ------------------ Ein kalter Wind blies mir ins Gesicht und ließ mich augenblicklich frösteln. Beinahe fühlte es sich an wie viele kleine Nadelstiche, auf meiner eh schon empfindlichen Haut. Was würde ich mal wieder für ein warmes Bad geben, oder generell Wasser an mir, damit ich mich waschen kann. Ich rieche bestimmt wie der letzte Mülleimer. Während wir nun zurück zu den anderen gingen, waren Amber und Connor sehr schweigsam. Ich seufzte leise und schielte kurz zu den beiden, doch auf eine Regung oder ähnliches konnte ich vermutlich ewig warten. Alles schien nun wie eine Offenbarung zu sein, denn nachdem was dieser Android mir erzählt hat, habe ich ein ungutes Gefühl in mir. Doch irgendwie ergab alles Sinn, wenn ich so darüber nachdenke. Als ich mich in den USA um eine Stelle als Au-Pair bewarb, hätte ich nie gedacht, dass ich bei einer so reichen Familie unterkommen könnte. Richard Traynor gehörte vermutlich mit zu Detroits reichsten Bewohnern. Doch damals im Bewerbungsgespräch hat er mir gesagt, dass es für ihn das wichtigste sei, das seine Kinder von Menschen erzogen werden und nicht von Androiden. Denn Androiden waren lediglich eine Kopie eines Menschen und konnten niemals wirkliche Emotionen erzeugen, so wie es ein Mensch konnte. Emotionen konnten diese Maschinen nur nachahmen. Abgesehen davon, hatte er jedoch in seiner kleinen Villa dutzende Androiden, die die restliche Arbeit erledigten. Vom Gärtner, bis zum Hausmädchen. Bis sie dann alle durchgedreht sind und Mr Traynor dann mit einem Filetiermesser abgestochen wurde vom eigenen Haus-Androiden. Alec hieß er glaub ich, er konnte vorzügliche Steaks zubereiten. Das ich mit den Kindern fliehen konnte, verdanke ich mehr dem Glück, als alles andere. Ein Tag bevor alles so ausgeartet war, hatte mir Mr Traynor seinen kleinen geheimen Bunker gezeigt, den er schon immer wie ein Schatz gehütet hatte. In seinem Büro gab es versteckt hinter einem Bücherregal, eine kleine Tür. Diese Tür führte zu einem kleinen schmalen Gang. Dieser führte in einen schmalen unterirdischen Belüftungsschacht, durch den selbst ich gerade noch passte. War man dann angekommen, führte dieser Schacht zu dem Bunker, der unter dem Garten lag. Dort harrten wir ein paar Wochen aus, da wir dank des Radios wussten, das in ganz Detroit mittlerweile der Ausnahmezustand herrschte. Zudem wagte ich es nicht mal einen Schritt nach draußen zu tun, denn die Villa war voll mit Androiden. Selbst im Garten waren sie. Und von einer übergroßen Gartenschere wollte ich definitiv nicht abgestochen werden. Doch irgendwann wurden unsere Vorräte knapp, denn Mr Traynor hatte keinen sonderlich großen Vorrat an Lebensmitteln zurückgelegt. Vermutlich weil er diesen Bunker eh nur aus Jux und Freude hatte. Wer könne ihm auch was anhaben in seiner hochmodernen Villa, wo selbst die Alarmanlage registriert, welcher Hund gerade ein Häufchen auf seinen teuren Rasen setzte? Zumindest dachte er das, bis ihm ein Android die Kehle aufschnitt. Doch dann kam alles anders, als ich es je erwartet hätte. Nun sind die beiden Kinder Vollwaisen, obwohl ich mir nicht sicher war, ob das die richtige Bezeichnung dafür ist, wenn es zuvor niemals eine Mutter gegeben hat. Angeblich war diese ja schon vor Jahren gestorben. Ich frage mich, was dieser Mr Traynor vielleicht noch vor mir verborgen hielt? Auf einmal zupfte etwas vorsichtig an meinem Ärmel. Verwundert sah ich hinunter und sah in das schuldbewusste Gesicht von Amber. Ihre Augen waren immer noch gerötet, weil sie so herzzerreißend geschluchzt hatte. Außerdem sah sie jetzt ziemlich schuldbewusst drein, verlegen richtete sie wieder ihren Blick zu Boden und knetete wohl nervös ihre Finger. "Bist du jetzt böse auf mich, Hannah?", fragte sie so leise, dass ich sie beinahe nicht verstanden habe. Doch kurz darauf musste ich schmunzeln. "Warum denn? Weil du mir nichts davon erzählt hast?" Schuldbewusst nickte das Mädchen und sah nun zögerlich wieder zu mir hinauf. Sie sah so aus, als würde sie gleich wieder losheulen wollen. Ich seufzte leise, dann schielte ich zu dem Androiden, der dicht hinter uns war. "Ach, naja", fing ich lauernd an, was Amber bereits mit einem geschockten Blick ihrerseits erwiderte. Dann grinste ich amüsiert und legte meine Hände an die Hüfte. "Immerhin bin ich jetzt wieder gesund, das ist das wichtigste. Das verdanke ich dir und Adam" Ich ging vor Amber in die Hocke, während die mich mit großen Augen anstarrte. Ich lächelte sie warm an, während ich ihr die letzte verbleibende Träne aus dem Gesicht strich. "Und jetzt hör auf mit heulen, Okay? Euch beiden Nervensägen, könnte ich nie böse sein" Das Mädchen schluchzte kurz auf, doch in ihren Augen sprang mir die pure Erleichterung entgegen. Lachend drückte sie sich an mich, während sie ihr Gesicht in meine Halsbeuge drückte. Beruhigend Strich ich über ihre Haare, während ich meinen Kopf kurz nachdenklich zu Boden senkte und mir etwas Entscheidendes einfiel. "Danke, übrigens auch an dich", sprach ich nun den Androiden an, der nach wie vor hinter mir stand und sich nicht regte. Langsam drehte ich mich zu ihm um, während ich mich zu einem verkniffenen Lächeln durchrang. "Aber ich glaub du würdest kein guter Chirurg werden, dafür bist du zu Grobmotorisch", witzelte ich etwas, doch alles was ich erntete, war ein Blick, der dem eines armen und verwirrten Hundewelpen glich. Schnell schellte ich mich innerlich für solch einen albernen Vergleich, kam nicht umhin kurz leise zu lachen. Spätestens jetzt muss er wohl denken, dass ich durchgedreht bin. Schmunzelnd erhob ich mich und klopfte mir den Schnee von der Kleidung. Amber war nun wieder vollends glücklich mit sich und der Welt und flitzte sogleich nach vorn. "Das werde ich gleich Adam erzählen!" Etwas verblüfft sah ich drein, als das Mädchen bereits hinter der nächsten Böschung verschwunden war. "Ja, aber mach langsam...und so" Ich sah ihr noch kurz nach, dann seufzte ich einmal laut auf und strich mir eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht. Wie schnell Kinder ihre Gefühlslage doch wechseln können, da sind Erwachsene irgendwie länger in dieser Gefangen. Gerade als ich losgehen wollte, wurde ich abrupt gestoppt. Connor's Frage ließ mich innehalten. "Du bist nicht enttäuscht? Die Kinder haben dir immerhin nichts von ihrem Geheimnis erzählt gehabt" Seine Stimme klang recht interessiert, beinahe sogar verwirrt. Langsam drehte ich mich zu ihm um, während ich ihn musternd anblickte. "Jeder hat doch seine Geheimnisse, oder? Außerdem bin ich dankbar, dass ich noch lebe. Das ist wichtiger, als dieses Wissen darüber, dass die beide irgendwelche super Menschen sind" Kurz musste ich lachen, ehe ich zum Himmel hinauf sah. "Außerdem bleiben die beiden für immer meine Nervensägen, egal ob die eine super DNA haben, oder nicht" Dann wurde mein Blick kurz traurig, ein weiterer kalter Windhauch strich über meine Wangen und ließ mich erneut frösteln. Hastig zog ich den Kragen meiner Jacke nach oben und schritt dann weiter. Das leise knirschen des Schnees hinter mir, verriet mir, dass der Android mir jetzt auch wieder folgte. Beinahe musste ich schmunzeln. Eigentlich wollte ich ja nicht weiter reden, doch abgesehen von den Kindern, habe ich mit keinem Erwachsen länger gesprochen als fünf Minuten, in den letzten Wochen. Und diese sogenannten Erwachsen Menschen waren bis jetzt alles Verrückte. Die perversen Männer in der Hütte, dann dieser komische Kerl in der Mall, der mich einfach geküsst hatte. Frustriert schnaubte ich kurz aufgebracht und schob meine frierenden Hände tief in meine Jackentasche. „Sei bloß froh, dass du keine Kälte fühlen kannst“, murmelte ich genervt, als der Android tatsächlich nun neben mir lief und mich erneut kurz musterte. Ich sah ihn kurz an, dann blickte ich wieder nach vorn. Ambers aufgeregtes Gequassel konnte ich bereits hören, also wären wir gleich bei den anderen. „Du scheinst dennoch irgendwie verärgert zu sein“, stellte der Android fest und ich musste kurz darauf grinsen. Belustigt schielte ich zu ihm. „Ja, ich will hier weg. Das ist alles, aber ich glaube ich muss das nicht wirklich berechnen, um zu wissen, dass ich eh keine Chance habe zu entkommen“ Er selbst sah weder belustigt, noch verärgert über meine Aussage aus. Was in seinem Gehirn…oder was auch immer er da oben in seinem Kopf hat, vor sich ging, war einfach nicht zu erfahren. Dennoch war ich neugierig, mein wohl ewiges Laster. Zudem will ich etwas Unterhaltung haben, in diesem eh schon tristen Alltag. „Also gut…Connor?“, fing ich langsam an, immerhin war ich kurz unsicher ob das wirklich sein Name war. Den habe ich bis jetzt ja nie wirklich gebraucht, aber für alles gibt’s ja ein erstes Mal. Es wirkte fast so, als wenn er mich ehrlich irritiert und unsicher angucken würde. Vermutlich war er gerade mit meiner Art überfordert, aber das wird er schon lernen müssen damit umzugehen, wenn er mich noch eine Weile bei sich behalten will. Selbstsicher blickte ich ihm in die Augen, die nicht anders wirkten, wie die von Menschen. Beinahe sogar wärmer, als der kalte Winter der gerade herrschte. "Du musst mir jetzt unbedingt eine Frage beantworten", fing ich erneut an, meinen Blick habe ich nun auf seine kleine Locke gelenkt, die ihm frech in die Stirn hing. Das war im Grunde genommen das einzige, was an ihm nicht wirklich perfekt aussah. Dennoch wirkte es...beinahe niedlich. Der erneute Drang ihm durch die Haare zu streichen, war wieder mit immenser Kraft zurückgekehrt. "Was willst du denn wissen?", fragte mich der Android ruhig und riss mich so aus meinen wirren Gedanken. Zum Glück. Eindeutig hat mich die ganze Situation an den Rand eines Nervenzusammenbruchs geführt. Und nun sind meine Gedanken endgültig abgehoben. "Du hast mich gerettet. Aber du meintest auch, du fändest es nicht richtig, wenn ich einfach so gestorben wäre", sprach ich ruhig, ließ ihn aber nicht eine Sekunde aus den Augen. Ich wollte unbedingt irgendeine Reaktion in seinem Gesicht lesen. Irgendwas wenigstens. Und wenn es blankes Entsetzen gewesen wäre. "Das ist richtig", beendete er nun lediglich, was mich zum Murren brachte. Ich wartete, dass er seine Erklärung fortführen würde, doch es passierte natürlich nicht. Entschloss ging ich einen weiteren Schritt auf ihn zu und war nun wenige Zentimeter von ihm entfernt. "Dürfte ich den Grund erfahren, weswegen genau? Herr Ermittler-Android?" Seine Augenbraue zuckte kurz merklich nach oben, was mich beinahe zum Lachen brachte. Das war doch eindeutig eine menschliche Reaktion, auch wenn er doch nur eine Maschine ist. Oder die bei CyberLife, haben ihren Job verdammt gut gemacht. Vermutlich viel zu gut, im Nachhinein betrachtet. Connor griff nach seiner Krawatte, richtete diese langsam und ließ mich mit seiner Antwort erneut warten. Doch als ich tatsächlich eine Erklärung von ihm hörte, blieb mir wortwörtlich die Spucke weg. "Ich zitierte, was mir heute schon auf meine eigene Frage geantwortet wurde. Jeder hat seine Geheimnisse, oder nicht?" Dann brachte er tatsächlich etwas zusammen, das wie ein Augenzwinkern aussah. Fassungslos sah ich drein, was ihn wohl amüsierte. Zumindest war ich ziemlich sicher, dass dem so war, denn seine Mundwinkel waren minimal kurz nach oben gerichtet. Oh, mein Gott! Nun war ich endgültig reif für die Klapse. Ein Android der Scherze macht und sowas wie Zuckungen im Auge hat, um zu symbolisieren wie witzig das alles ist. Ich prustete nun laut drauf los und war kurz davor, mir einfach die Kugel zu geben. "Ich glaub es einfach nicht!", entwich es mir lachend, ehe ich mir eine Träne aus dem Auge wischte. Ich war mir nicht ganz sicher, ob die Träne aus Freude, oder Verzweiflung entstanden war. Mühsam beruhigte ich mich wieder, während dieser RK800 mich die ganze Zeit anstarrte. Vermutlich war es ihm selbst nicht ganz geheuer, so wie ich mich aufführte. Kann ich sogar nachvollziehen. Nochmals atmete ich tief ein und aus, dann war ich wieder im vollen Besitz meiner geistigen Fähigkeiten. "Wie lustig, Connor", sprach ich trocken, dann drehte ich mich um und lief wieder zurück zu den anderen. Amber wird vermutlich bereits alle vollgeplappert haben. Da hilft den Androiden auch nicht ihre Audiokomponente, wenn das Mädchen erstmal richtig in Fahrt gekommen ist, gibt's kein Halten mehr. Kaum war ich aus dem Dickicht getreten, sprang mir auch schon Adam entgegen. Er griff nach meinen Armen und zerrte heftig daran. "Hannah! Stimmt es, was Amber uns erzählt hat?", wollte er sogleich wissen. Seine Stimme bebte regelrecht. Seufzend fuhr ich durch sein Haar, was ihn mal wieder zum Fluchen brachte und mich zum grinsen. "Ich bekomme alles raus, das habe ich doch schon immer gesagt", warf ich ihm belustigt an den Kopf, doch er schnaubte nur genervt. "...und wütend bist du auch nicht?", murmelte er so leise, dass ich ihn beinahe nicht gehört hätte. "Nein, mach dir keinen Kopf", sprach ich ruhig und lächelte, was Adam wohl beinahe erleichtert ausatmen ließ. Connor der gerade neben mir stehen blieb, richtete sein Augenmerk nun auf Josh, der uns die ganze Zeit aufmerksam beobachtet hat. Die beiden LED's der Androiden leuchten kurz rot auf, dann wechselten sie schnell zu einem flackernden Gelb, ehe sich kurz darauf wieder das normale blau erschien. Aufmerksam sah ich zwischen den beiden hin und her. Es sah danach aus, als hätten sie sich irgendwelche Daten gesendet. Ich zog meine Stirn kraus. "Wir sollten uns beeilen, kommt jetzt", wies uns Josh an und lief sogleich los. Die anderen Androiden folgten ihm sogleich und auch ich setzte mich langsam mit den Kindern in Bewegung. Mein Blick lag auf den riesigen CyberLife Tower gerichtet und den weiten Weg, den wir bis dahin noch haben werden. Frustriert verzog ich das Gesicht und atmete einmal schwerfällig durch meine Nase aus. Am liebsten würde ich jetzt im Bett liegen und schlafen…aber das wird mir wohl erstmal nicht gegönnt sein. Nach einem mir endlos erscheinenden Marsch, waren wir tatsächlich endlich angekommen. Jedoch war ich diesmal wirklich am Ende meiner Kräfte. Meine Füße und Hände schmerzen vor Kälte. Meine Füße haben vermutlich etliche Blasen, während mein Gesicht sich einfach nur noch taub vor Kälte anfühlt. Am liebsten würde ich losheulen, hielt mich aber professionell zurück, indem ich mich mit der Betrachtung des CyberLife Tower ablenkte. Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen, um überhaupt bis nach oben sehen zu können. „Verdammt, wie viele Stockwerke sind das?“, flüsterte ich ungläubig. „43 die du sehen kannst. Weitere 49 unterhalb der Erde“, antworte Connor mir prompt, was mich dazu brachte kurz zu pfeifen. Der Turm sah schon im Fernsehen gewaltig aus, doch jetzt davor zu stehen war schon bemerkenswert. Der Turm hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem 30 St Mary Axe, der in London steht. Besser bekannt als die größte Glas Gewürzgurke der Stadt. Dennoch wirkte der Tower schlanker, als sein Pendant in London. Mein Blick glitt zum Eingangs Bereich des Turms. Überraschenderweise sah ich nur eine einzige Person dort stehen. Mit einem Maschinengewehr in der Hand und einer Kugelsicheren Weste. Er war ziemlich groß, hat afroamerikanisches Aussehen und wirkte recht muskulös. Sein Blick war ruhig, dennoch beunruhigte er mich ungemein. Wenn ich dem wahrscheinlich nachts auf der Straße begegnet wäre, dann hätte ich geschrien. Die anderen gingen einfach weiter, während ich mich immer noch unsicher umsah. Wir waren so nah dran, gleich diesen Markus zu treffen. Im Internet habe ich gesehen, wie er diese Menschen umgebracht hat. Wie schnell, wie effizient. Klar wurde er auch dabei verletzt, andere Androiden wurden auch getötet. Trotzdem war das mehr als unheimlich. Androiden sind Menschen körperlich weit überlegen durch bessere Reflexe, analysieren der Situationen und deren optimale Lösung und zudem spüren sie ja keinen Schmerz. Und wer keinen Schmerz spürt, der hat keine Angst. Und wer keine Angst hat, der zögert nicht. Ich schluckte schwer. Wie soll ich bloß die Kinder beschützen können? Eine kalte, kleine Hand legte sich in meine und ließ mich zusammenzucken. Ich blickte nach unten und sah in Ambers erschöpftes Gesicht. Ihre Nase war gerötet, ständig floss Nasensekret heraus, auch wenn sie sich schon dutzende Male die Nase geschnäuzt hatte. Ihre Augen wirkten beinahe glasig. Als ich sie so sah, wusste ich was zu tun war. Fest drückte ich ihre Hand und folgte den anderen nun weiter zum Eingang. Beeindruckt sah ich mich um, als wir immer näher kamen. Das Glasgerüst des Towers wurde von dutzenden weißen Stahlsäulen gehalten, die sich immer wieder mit einander verschlungen und dann auflösten, nur um sich erneut wieder mit anderen Stahlsäulen zu verbinden. So waren die Säulen vermutlich bis zum letzten Stockwerk hin aufgebaut. Die Androiden betraten einfach den Tower, während ich eher mit Skepsis zu dem großen, dunkelhäutigen Androiden blickte. Er schien meinen Blick bemerkt zu haben, denn er sah mich auch sogleich an. Schnell wandte ich meinen Blick ab und stand nun mitten in der Eingangshalle. Alles wirkte so unfassbar riesig, und ich so unfassbar klein. Dieser Eingangsbereich war praktisch größer, als das Haus meiner Eltern in Tschechien. Sogar ein paar kleine Bäume konnten die in der Mitte einpflanzen! Aber alles wirkte hier sehr steril und weiß. Beinahe kam ich mir so vor, als würde ich mich in einem Krankenhaus befinden. Ehe ich mich weiter umsehen konnte, liefen wir sogleich weiter. Vorbei an ein paar kleinen Plattformen, wo früher vermutlich Statuen oder ähnliches gestanden haben müssen, denn diese waren leer. Schließlich teilten sich die restlichen Androiden zu meiner Überraschung in angrenzende Räume auf, lediglich Connor und Josh blieben bei uns, als wir schließlich vor einem großen gläsernen Aufzug zum Stehen kamen. Letzter drehte sich jetzt zu mir um, während er kurz zu den Kindern blickte und dann wieder zu mir. Er sah beinahe besorgt aus. „Es tut uns wirklich Leid, das ihr einen solch beschwerlichen Weg hattet. Leider musst du jetzt zu Markus, aber mach dir keine Sorgen, ich werde mich um die Kinder kümmern und sie versorgen“ Erst dachte ich, ich hätte mich verhört. Immerhin bin ich ziemlich hinüber und versuche ja krampfhaft nicht im Stehen einzuschlafen. Deswegen sah ich ihn wohl sichtlich verwirrt an. „Was?“ Adam schien jetzt auch endlich wieder munter zu werden und sah mehr als entrüstet drein. „Ich glaube ihr spinnt!“ Lediglich Amber hatte sich an mich gelehnt und die Augen geschlossen, vermutlich befand sie sich schon mitten im Halbschlaf. „Es tut mir Leid, Adam. Aber du und deine Schwester seid in einer körperlich, schlechten Verfassung. Ihr solltet euch erst ausruhen, bevor ihr euch zu Markus begebt. Hannah nehmen wir derweil schon mit zu ihm“, sprach Josh beruhigend auf ihn ein, doch das half nicht besonders. „Vergesst es, wir trennen uns nicht!“, rief Adam erbost und ergriff meine Hand augenblicklich. Sogar Amber schreckte jetzt etwas hoch und sah sich verschlafen um. Ich seufzte leise, strich über meine Nasenwurzel, ehe ich nun zu Connor blickte, der sich weitestgehend zurück gehalten hatte und zu Adam sah, dann guckte er wieder musternd mich an. „Lasst uns jetzt alle dahin gehen, dann haben wir es hinter uns“, bat ich zerknirscht. Meine Nerven lagen eh schon seit geraumer Zeit blank. Ich war müde, mir ist kalt und ich habe erneut Hunger. Das reicht aus, damit ich jede Sekunde explodiere. Josh sah zu Connor, der lediglich nickte und so womöglich seine Zustimmung gab. Erleichtert sah ich drein. Immerhin wäre ich mit den Kindern zusammen ohne, dass wir getrennt voneinander noch hingerichtet werden. Denn ich habe immer noch die starke Vermutung, dass uns das droht. Früher, oder später. Die Glastüren des Aufzugs öffneten sich und wir stiegen alle Nacheinander ein. Zu meiner Überraschung drückte Josh nicht den Knopf für die höchste Etage, sondern für die Etagen unterhalb der Erde. -49. Stock…das es sowas überhaupt gibt. Als ich mich gerade belesen wollte, welche Stockwerke es noch gibt, fiel mit schrecken die roten Spritzer über den Display auf. Ziemlich große Flecken sogar, die sich auch an der Wand befanden. Zwar waren die schon getrocknet und älter…aber dennoch sichtbar. Hier drinnen wurden Menschen umgebracht. Oh, Scheiße. Ich schielte zu den Kindern, doch die hatten davon zum Glück noch keine Notiz genommen. Sie waren so erschöpft, das sie Mühe hatten überhaut die Augen offen zu halten. Dafür war ich jetzt wieder hellwach und zum Bersten angespannt. Ich drückte die Hände der Kinder beinahe zu fest, denn sie fingen bereits an zu jammern. Innerlich beschwor ich mich dazu, ruhig zu bleiben. Wenn ich jetzt in Panik verfalle, bringt das ja bekanntlich nichts. Der gläserne Aufzug offenbarte uns plötzlich eine riesige Halle. Verblüfft trat ich einen Schritt näher dran, legte eine Hand auf das Glas und blickte in die Tiefe. Dort unten tummelten sich so viele Androiden, wie ich es noch nie in meinem Leben gesehen habe. Das müssen tausende sein! Sie bewegen sich alle, schienen irgendeine Tätigkeit nachzugehen, der sich mir noch nicht so ganz erschlossen hat. Als der Aufzug nun langsamer wurde, ging ich wieder einen Schritt zurück und konnte eine gewisse Ehrfurcht nicht verbergen. Alle Androiden haben sich zusammengeschlossen und versuchen wohl gerade sowas wie eine Gemeinschaft aufzubauen. Oder sie planen gerade, wie sie die Menschheit vernichten können. Mir wurde mal wieder schlecht, doch der Aufzug kam nun zum Stehen und öffnete langsam seine Türen. Connor ging voran, während sich wirklich alles in mir sträubte diesem Androiden zu folgen. Am liebsten würde ich verschwinden, einfach so. Doch als ich Josh hinter mir räuspern hörte, schritt ich los und folgte Connor. Sämtliche Androiden in der Halle machen einen großen Bogen um Connor, ohne dabei jedoch von ihrer momentanen Tätigkeit innezuhalten. Unsicher sah ich mich um, manche der Androiden starrten mich und die Kinder an. Andere wiederum nahmen überhaupt keinerlei Notiz von uns. Amber drückte fest meine Hand, selbst Adam schien seine Fingernägel in meine Haut zu bohren. Ehe ich überhaupt etwas sagen konnte, blieben wir stehen. Ich krachte beinahe in Connor, doch ich konnte gerade noch abbremsen, ebenso die Kinder. Eine Tür wurde geöffnet und wir wurden in ein relativ großes Zimmer geführt. Mit großen Augen sah ich mich um, versuchte gleich nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau zu halten. Doch dieser Raum hat weder weitere Türen, noch Fenster. Wir befinden uns hier etliche Meter unter dem Erdboden und ich selbst ich muss mir eingestehen, dass es sinnlos ist. Doch dieser Raum hier sah ganz nach einem schlichten Pausenraum für Mitarbeiter aus. Ein großer Tisch befand sich hier, an der Wand hing ein großer Fernseher, der gerade irgendwelche Nachrichten zeigte, doch der Ton war ausgestellt. Ein paar Stühle noch an der Wand und das war’s. Und vorne stand Markus, der sich augenblicklich zu uns umdrehte, als wir den Raum betreten hatten. Er sah uns musternd an, während ich auch nicht umhin kam ihn anzustarren. Wenn ich es nicht wüsste, dann könnte ich fast glauben dort steht ein junger Mann von vielleicht Ende 20 vor mir. Er sah etwas dunkelhäutig aus, beinahe wie ein Latino. Doch seine Augen waren ziemlich bemerkenswert. Ein Auge hat eine blaue Farbe, das andere ist grün. Ob er generell so erschaffen war? „Ich heiße euch Willkommen“, sprach Markus sogleich und schritt nun um den Tisch, direkt auf uns zu. Erneut spann ich mich wieder an und biss die Zähne zusammen, während mein armes Herz vermutlich gleich aus meiner Brust springen wird. Adam neben mir verzog wütend sein Gesicht, versteckte sich aber minimal hinter mich. Amber war gleich gänzlich hinter mir verschwunden. „Eure Reise war lang, ich kann das verstehen. Doch es hat einen besonderen Grund, warum ihr hier seid. Ihr alle“ Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben, als er mich dabei ansah. Ich wusste nicht ob er mich gerade scannte, oder sonst war. Aber vermutlich ist er längst infomiert, wer ich bin. Seine Androiden Freunde werden es ihm schon irgendwie mitgeteilt haben. „Ich will ja nicht unhöflich sein“, fing ich langsam an, während ich Markus keine Sekunde aus den Augen ließ. „Aber wir sind Müde. Wenn ihr es zu Ende bringen wollt, dann macht jetzt schnell“, sprach ich kühl weiter und war mir sehr wohl bewusst, dass ich nicht unbedingt ein fröhliches Gesprächsthema gefunden habe. Doch ich bin es so leid. Ich will es endlich hinter mir haben und wenn nötig, werde ich diesen Androiden vorher so richtig ihr Leben schwer machen. Zumindest kurzzeitig. Markus musterte mich erneut kurz, dann sah er zu Connor. Doch der sagte auch nichts weiter dazu, weswegen er wieder zu mir sah. „Das Ende ist vermutlich näher, als du glaubst“, fing er an, dann jedoch sorgte er dafür, dass der Fernseher wieder Ton hat. Verwirrt sah ich drein, doch Markus deutet auf den Fernseher, in der gerade Nachrichten liefen. Langsam ging ich näher, als gerade diese Nachrichtensprecherin entsetzt zu erzählen begann. Was ich zu hören bekam, ließ mich taumeln. Nur im letzten Augenblick konnte ich mich an der Kante des Tisches abstützen und so nicht noch umfallen. Die USA haben Russland, heute am 12. Dezember 2038, offiziell den Krieg erklärt. Kapitel 7: Genüsse ------------------ Meine Augen waren starr auf den Fernseher gerichtet. Ich hörte nicht mal mehr der Nachrichtensprecherin zu, da sich meine Gedanken zu überschlagen begannen. Wenn die USA und Russland wirklich einen 3.Weltkrieg beginnen, was soll dann von der Erde noch übrig bleiben? Vor allem werden nicht nur diese beiden Länder sich bekämpfen, Europa wird sich einmischen und China vermutlich auch. Jeder wird versuchen, daraus einen Vorteil zu ziehen. Jeder wird sehen, wie er am besten davon kommt. Jeder wird Verluste haben. Ich krallte meine Hände in den Tisch, ehe ich langsam meinen Blick doch zu Boden senkte. Alles in mir drehte sich erneut, doch ich atmete tief durch. Half nur nicht besonders. Ruhig bleiben! Adam trat nun an meine Seite, auch er sah fassungslos zum Fernseher, dann wieder zu mir. Er war jetzt noch blasser, als zuvor. „Das können die doch nicht ernst meinen“, flüsterte er ungläubig. Leicht schüttelte ich den Kopf, während sich bereits Tränen in meinen Augen zu sammeln schienen. Trotzig blinzelte ich diese weg und sah wieder auf. Wütend schielte ich zu der Nachrichtensprecherin, die mit ihrem Vortrag vermutlich nie enden wird. Blanker Zorn ergriff mich, während mein Herz vermutlich kurz vor dem Zusammenbruch stand. Aber alles in mir schrie danach, meiner Wut Luft zu machen. Wie können diese Idioten es fertig bringen, die Welt einfach so ins Chaos zu stürzen?! Haben die denn nicht die leiseste Vorstellung davon, wie viele unschuldige Leben dadurch zerstört werden?! „Diese verdammten Schwachköpfe!“, spie ich aufgebracht, griff ohne Zögern nach einem der Stühle die an der Wand standen. Schwungvoll schleudere ich diesen nach vorn, genau Richtung Fernseher. Zu meinem Glück traf ich jedoch nicht, sondern nur die Wand. Polternd ging der Stuhl zu Boden und ich schnaufte wie nach einem 500 Meter Lauf, den ich gerannt bin, als wäre der Teufel persönlich hinter mir her gewesen. Meine Muskeln schmerzten ziemlich, während ich nun doch kurz schluchzen musste und zu Boden ging. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen, um dieser beschissenen Realität wenigstens kurzzeitig zu entfliehen. Was soll nur noch passieren?? Die Welt steht vor dem Abgrund! Wenn die Atombomben benutzen, dann war’s das sowieso. Aber vermutlich besser so. Die Menschheit besteht doch nur noch aus Arschlöchern und Idioten, die alle an ihren egoistischen Zielen festsetzen. Ich hörte Amber nun wieder schluchzen, was mich dazu brachte wieder die Augen zu öffnen. Hastig wichte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und atmete noch einmal tief durch. Schnell nahm ich sie in den Arm und Strich beruhigend über ihren Rücken. Sagen konnte ich jedoch gar nichts, da sich meine Zunge schwer wie Blei anfühlt. Adam der neben mir stand, sah nicht weniger hilflos aus, wie ich mich fühlte. Dieser Tag gehört definitiv mit zu den schrecklichsten in meinem Leben. Das Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit überkam mich schlagartig und ließ mich benommen zu Boden blicken. Neue Tränen wollten sich ihren Weg über meine Wangen bahnen, doch ich blinzelte sie trotzig davon. Vor diesen verdammten Androiden wollte ich mir nicht noch mehr blöse geben, als jetzt eh schon. "Es tut uns leid, wir haben auch erst heute davon erfahren", fing dieser Josh vorsichtig an. Ich hörte, wie er langsam näher kam, doch ich schnaubte einmal nur missbilligend. "Sagt uns doch jetzt einfach, warum ihr uns überhaupt hier her geschleppt habt?",fragte ich angespannt und in meiner Stimme konnte ich selbst ich heraus hören, wie wütend ich war. Vorbei mit diesen freundlichen Floskeln. Ich will endlich verdammte Antworten! Es war erst Schweigen, was ich als Antwort bekam, dann endlich fing der Anführer der Androiden an zu erzählen. "Wir haben euch hier her bringen lassen, da uns schon seit geraumer Zeit bekannt ist, das ein Krieg wohl unausweichlich scheint" Langsam blickte ich ihm entgegen und hoffte inständig, das ich nicht so miserabl aussehe, wie ich mich fühle. Markus stand nun unmittelbar vor mir und ging vor mir auf die Knie. Gebannt sah ich ihn an, da sein Gesicht zu meiner Verblüffung, einiges mehr an Emotionen zuließ, als das von Connor. Wenn ich es nicht wirklich wüsste, dass es sich bei diesem Markus um einen Androiden handelt, so würde ich davon ausgehen er wäre ein Mensch. "Wir haben recherchiert und über unsere Netzwerke herausgefunden, dass die Menschen die Kontrolle über alle Androiden verlieren. Es ist beinahe wie ein Virus, welches sich über die ganze Welt ausbreitet" Ich sah wohl etwas fassungslos drein, doch Markus sprach sogleich weiter. "Die USA und Russland, erheben territoriale Ansprüche auf die Arktis, da dort ein großes Vorkommen an Thirum herrscht, welches beide Länder natürlich besitzen wollen, um effektivere Androiden herzustellen, die sie gerade für diesen bevorstehenden Krieg nutzen wollen. Allerdings hatte niemand damit gerechnet, dass die Androiden zu Abweichler werden" Unsicher sah ich drein, dann blickte ich wieder in Markus' farblich unterschiedliches Augenpaar. "Sind nicht sogar 20% der Truppen Androiden? Auch in Russland?" Er nickte als Antwort und besah mich weiterhin aufmerksam. "Da die Menschen nun vor dem Problem stehen, die Androiden nicht mehr einsetzen zu können, haben sie beschlossen, das zu verbessern, was sie noch besitzen" Mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das einzige was die Menschheit noch besaß, waren die Menschen selbst. Mein Blick fiel sofort auf Amber und Adam, während Markus nun langsam nickte. "Ich sehe, du beginnst zu verstehen" Fassungslos sah ich zwischen den Kindern hin und her. Verrückter kann es doch nicht werden! „Connor hat mir davon erzählt, das du beinahe gestorben wärst“, fing der der Anführer der Androiden langsam an, während ich fahrig wieder zu ihm sah. Mittlerweile war mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und ich konnte nur noch nicken. Markus sah mir in die Augen und inzwischen war ich mir ziemlich sicher auf was er hinauswollte. Dann schielte ich zu Connor, doch seine Miene schien unergründlich. Vermutlich war ihm es relativ egal, was mit uns passieren würde. Mir wurde schlecht, dann erhob ich mich beinahe schwankend und atmete tief durch. „Ich kann mich an vieles nicht erinnern. Mein Fieber hat mich so geschwächt, das ich sogar lieber gestorben wäre, als diese Schmerzen weiterhin zu ertragen“, fing ich langsam an, während ich mir nachdenklich auf die Lippen biss. „Connor hat mir wie gesagt, das Leben gerettet…aber es war wohl mehr ein Test, als aus Nächstenliebe“, sprach ich trocken, als ich mich kurz an das Gespräch mit diesem verdammten RK-Model zurückerinnerte. Dann sah ich wieder zu Markus, der sich auch längst wieder erhoben hat und mir aufmerksam zuhörte. „Es hat also funktioniert. War das Ergebnis den zufriedenstellen?“, fragte er wohl mehr an Connor gerichtet, doch ich schnaufte wütend. Hastig zog ich mir meine hässliche Jacke aus und warf sie zu Boden, denn abgesehen davon, dass es mir langsam ziemlich warm wird in diesem verwanzten Teil, so will ich mich hier nicht einfach von diesen Androiden übergehen lassen. Ich zog meinen Pullover leicht nach oben und offenbarte so meine Schusswunde, oder eher das was davon noch übrig geblieben war. Inzwischen war nämlich sogar nur noch diese rosafarbige, fast durchsichtige Haut erkennbar. Ein Zeichen dafür, dass die Wunde fast vollständig verheilt war. Vermutlich werde ich eine Narbe davon tragen, doch das ist wohl das kleinere Übel. Besser allemal, als zu verenden, in Schmerz und Angst. Markus nickte nur, dann ließ ich meinen Pullover wieder los und beobachtete ihn dabei, wie er kurz nachdenklich zu dem Fernseher hinauf sah. Er wirkte höchst konzentriert, als wenn er sich genau überlegte, was er als nächstes sagen sollte. „Die Menschen hätten euch gejagt“, fing er an, während er dann wieder zu den Kindern sah. „Genetische Experimente sind keine Zukunftsmusik mehr, doch der Weg bis dahin ist weit. Da ist das, was du in dir trägst, um weiten lukrativer für die Menschen“, sprach er den letzten Satz an mich gerichtet. „Diese Nano-Androiden in deinem Körper, werden dafür sorgen, dass du länger leben wirst, als jeder andere Mensch auf diesem Planeten. Krankheiten werden für dich nicht mehr lebensbedrohlich sein, ebenso kleinere Verletzungen. Die Wunden heilen schneller, du bist theoretisch vor Umwelteinflüssen geschützt, was dich ungemein widerstandsfähiger macht, als einen normalen Menschen. Das interessiert die Menschen, wenn sie gegeneinander in den Krieg ziehen“ Kurz musste ich schniefen, dann sah ich wieder in diesem unterschiedlich farbigen Augenpaar. „Wenn ich mich aber von einem Turm runterstürzte, sterbe ich jedoch trotzdem, oder?“ Den CyberLife Tower wollte ich nun namentlich nicht nennen, aber ich war mir dennoch sicher, dass die Androiden erahnen konnten, was in meinem malträtierten Gehirn vor sich geht. „Der Aufprall würde dich töten, ebenso andere dumpfe und starke Gewaltanwendungen“, beendete Connor nun das Thema und ließ mich erneut schnauben. „Also, ums nochmal kurz zusammenzufassen. Ihr habt uns hier her gebracht, damit die Menschen uns nicht bekommen und uns vermutlich wortwörtlich auseinander nehmen, damit sie an diese Nano-androiden ran kommen?“ Es folgte ein Nicken seitens Josh, dann musste ich schmunzeln. „Zudem habt ihr ja jetzt ein tolles Druckmittel, falls die Menschen den Turm hier in die Luft sprengen wollen, oder? Wie raffiniert“ Ich war wieder kurz davor loszulachen, konnte mich aber nur mit angespannter Mühe zurück halten. Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass ich wenigstens einen kleinen Teil meines Verstandes eingebüßt habe. Oder aber, ich habe mal dringend Schlaf nötig. „Wir wollen keinen Krieg“, sprach zu meiner größten Überraschung jetzt Connor. Perplex drehte ich mich zu ihm und sah ihn an. „Ich habe die Kinder gesucht, da ich mir sicher war, das ihnen weitaus größere Gefahr besteht, wenn die Menschen sie erst in ihrer Gewalt haben. Menschen neigen in Konfliktsituationen zu skrupellosem Handeln“ Leicht nickte ich, mein Blick fiel kurz auf Amber. Sie wirkte wieder schrecklich müde. „Wie recht du hast“, murmelte ich eher zu mir selbst, dann sah ich wieder zu Markus. „Also, werdet ihr uns wirklich nichts tun?“, fragte ich zögerlich. Immerhin muss ich ja auf Nummer sicher gehen. „Nein“, sprach der Anführer der Androiden erneut und musterte mich wieder. „Bei uns seid ihr am sichersten aufgehoben. Ihr solltet euch jetzt hinlegen und schlafen“ Erleichtert sah ich drein, wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen und hätte mich jedem an den Hals geworfen, um zu bedanken. Nur mit Mühe konnte ich dem wiederstehen. Meine Nerven sind definitiv stiften gegangen. Josh schritt sogleich los und bat mich und die Kinder, ihm zu folgen. Sogleich kam ich der Forderung nach, warf beim vorbei gehen jedoch nochmals einen Blick zu Connor. Auch er sah kurz zu mir, dann waren wir bereits aus diesem ominösen Raum hinaus. Draußen erwarten uns wieder tausende Androiden, die durch diese gigantische Halle liefen und irgendeiner Beschäftigung nachgingen. Mittlerweile musste ich die Zwillinge regelrecht mitschleifen, sie konnten nur noch einen Schritt nach dem anderen machen und das war mit viel Geschimpfe verbunden. Als wir dann endlich im Aufzug angekommen waren, betätigte Josh einen der oberen Knöpfe. Nämlich die, die zu den Etagen für das Management führte. Etwas verwirrt sah ich drein, ehe ich mich dann dazu aufraffte, nachzufragen. „Wir dürfen oben schlafen, aber alle Androiden hausen unten im…Keller?“ Ein schmunzeln erfolgte, was mich wieder etwas überrascht aufsehen ließ. Diese Abweichler wirken alle so verdammt menschlich. „Androiden brauchen keinen Schlaf, oder Komfort. Die oberen Etagen haben für uns keine Bedeutung, im Gegensatz zu den Produktionshallen, wo wir weitere Androiden herstellen können und Thirium Vorräte haben“ Das klang einleuchtend. Wieder fielen mir beinahe die Augen zu, doch ich hielt sie krampfhaft offen, während ich mir erneut die Umgebung besah. Wir hatten die Hallen mittlerweile hinter uns gelassen und waren nun anscheint im Büro-Komplex des Turms angelangt. Dutzende Etagen allein nur für Büro Angestellte und ich fragte mich insgeheim wie lange diese Leute wohl ihren Job behalten hätten, ehe sie auch durch Androiden ersetzt wurden wären. Doch plötzlich sah ich nun, dass wir komplexere Büroräume erreicht hatten. Das Display des Aufzuges zeigte nun Management und blieb exakt im 43. Stockwerk stehen. Nun waren wir ganz oben angekommen. Josh führte uns geradewegs durch die großen Räume, überall standen Pflanzen und ich war mir sicher, auch einen Baum in dem großen Raum gegenüber gesehen zu haben. Konnte aber auch sein, dass ich wieder wirr sah. Kurz darauf wurden wir in ein Zimmer geführt, welches mal ausnahmsweise keine große Tafel mit Stühlen enthielt, sondern tatsächlich ein großes Boxspring Bett. Die Ausstattung war luxuriös und sehr modern. Sämtliche Möbel bestanden aus Hochglanz, sodass ich mein ausgemergeltes Gesicht darin wiederspiegelte. „Ruht Euch aus. Ihr dürft euch überall im Tower bewegen, geht nur bitte nicht nach draußen. Es ist zu gefährlich“, wies uns Josh nun an, doch ihr hörte ihn kaum, da ich mich gleich zum Bett hinbewegte und mein Gehirn sich praktisch schon ausgestellt hatte. Amber und Adam hatten sich bereits einfach draufgeworfen und ein zufriedenes seufzen von sich gegeben. Das müssen Welten sein, im Vergleich zu dem harten Boden auf welchen wir die Letzte Zeit geschlafen hatten. Sachte lächelte ich Josh nochmals an. „Dankeschön“ Dann ließ ich mich einfach aufs Bett fallen und seufzte ebenfalls zufrieden auf. Der Himmel auf Erden! Die Zwillinge kicherten kurz zufrieden, dann schlossen beide die Augen und ich tat es ihnen schmunzelnd gleich. Es dauerte nur wenige Minuten und wir waren eingeschlafen. Ich bekam nicht mal mit, wie Josh das Zimmer wieder verlassen hatte. Als ich die Augen wieder aufschlug, war es dunkel. Verschlafen und langsam erhob ich mich etwas und versuchte mich umzusehen. Lediglich das Mondlicht fiel in die großen Fenster hinein und erhellte ein bisschen die Umgebung. Neben mir spürte ich eine Regung, erblickte sogleich Adam der leise und gleichmäßig atmet und sich in der Decke festgekrallt hatte. Schmunzelnd fuhr ich ihm sachte durch die Haare, was ihn vermutlich wieder zum Schimpfen gebracht hätte. Leise erhob ich mich, damit ich die beiden Kinder nicht wecke, die weiterhin friedlich schliefen. Ich tastete mich herum, schlug fast irgendwas Schweres und bestimmt teureres um, konnte die Vase oder was es immer es gewesen sein mag, gerade noch festhalten. Dann kam ich endlich in einen kleineren Raum und war erleichtert, dass es sich dabei um das Bad handelt. Ich machte das Licht an, fluchte leise da mir die Augen schmerzten. Doch sobald ich mich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, staunte ich nicht schlecht. Das war wohl das luxuriöseste Bad, welches ich je in meinem Leben gesehen habe! Helles Licht von einer großen Lampe an der Decke, die die Form eines Quadrates aufwies. Der große Spiegel über dem Mamorwaschbecken war ebenfalls beleuchtet und zeigte wohl jedem Betrachter mehr als deutlich seine Makel im Gesicht und am Körper. Ein riesen Dusche aus Mamorgestein, sogar mit einer kleinen Bank zum Draufsetzen. An einem Display konnte man verschiedene Temperaturen einstellen. Gerade als ich mich auf die Toilette setzte, quietschte ich erschrocken auf. Da kam tatsächlich Wasser raus! Wasser! Welches mich…ich lief knallrot an. Frustriert spülte ich, ehe ich mich unter die Dusche begab. Diese verdammten Bonzen und ihr Geld! Ich stellte eine Temperatur von gefüllten 100 Grad ein, ehe ich flugs unter die Dusche huschte. Meine Sachen habe ich achtlos zu Boden geworfen. Anziehen werde ich die definitiv nicht mehr! Mein Zeitgefühl war mehr als abhandengekommen, aber ich genoss es mehr denn je den Dreck von mir zu spülen. Vermutlich stand ich jetzt schon eine Stunde unter Dusche, ehe ich das Wasser abstellte und nach draußen ging. Hastig trocknete ich mich mit einem großen Handtuch ab, strubbelte meine Haare durch und hielt nebenbei Ausschau. Schmunzelnd sah ich einen großen Bademantel mit dem Schriftzug von CyberLife darauf. Sogleich ließ ich das Handtuch fallen und zog mir summend den Bademantel drüber. Er fühlt sich so wunderbar warm und kuschelig an! Zufrieden seufze ich und begab mich schließlich wieder leise nach draußen. Als ich in das angrenzte Zimmer blickte, sah ich, dass die Zwillinge noch schliefen. Dennoch verspürte ich gerade keine Müdigkeit, eher wieder ein unangenehmes grummeln im Bauch. Die Kinder werden vermutlich auch Hunger haben, wenn sie aufgewacht sind. Also schlich ich leise nach draußen in den Flur. Mit leisem tippelten Schritten ging ich über den Parkettboden und sah mich aufmerksam um. Ich ging bis zu einem weißen Geländer, die Frontscheibe bestand aus Glas. Ich sah kurz darauf in eine schier endlos wirkende Tiefe, als ich mich über das Gelände beugte. Von hier aus konnte ich bis zum Boden des CyberLifes Tower blicken. Ich sah die Bürokomplexe, und weitere Etagen weiter tiefer. Doch alles wirkt leer und still. Keine Menschenseele war hier. Was wohl auch stimmt, abgesehen von mir und den Kindern. Seufzend wand ich mich von den Abgrund ab und überlegte, was ich als nächstes tun solle. Wenn ich erstmal etwas zu essen bekomme, wäre das schon mal ein guter Anfang. Danach kann ich mir immer noch was überlegen. Plötzlich war ich mir sicher, dass ich etwas gehört habe. Es klang wie Glas, welches aneinander gestoßen wird. Und Stimmen. Hastig folgte ich dem Geräusch, welches ich sogleich wieder vernommen hatte. Es dauerte nicht lange und ich schlidderte um eine Ecke, befand mich wohl in eine Art modernes Rondell. Dort sah ich eine großzügige Bar, welches mit grellen, neonfarbenen Schriftzügen versehen war. Unzählige Alkoholische Getränke standen auf einem Regal hinter dieser Bar und ich erkannte gleich, dass es sich um hochprozentiges handelt und kein billiger Fusel. Bei dem Gehalt, welches die Manager bei CyberLife bekommen, ist das wohl kein Wunder. Langsam ging ich näher ran und sah mich aufmerksam um. Dann erkannte ich jemanden mit gesenktem Kopf, der auf dem Tresen lag und fast so aussah, als würde er gleich vom Drehstuhl kippen, auf welchem er noch saß. Hastig rannte ich zu der Person und versuchte sie aufzurichten. Als ich nur ein genervtes Stöhnen vernahm, wich ich schnell zurück. Zuerst dachte ich, es handelt sich um eine Frau wegen den langen, weißen Haaren. Doch spätestens, als ich den Dreitagebart bei meinem Gegenüber sah, wusste ich zudem auch, dass es sich hier nicht um einen Androiden handelt. Dafür war diese Person einfach… nicht perfekt genug. „Alles in Ordnung, Sir?“, fragte ich vorsichthalber den älteren Mann, der mich nun ebenfalls skeptisch und noch halb verschlafen musterte. Er wirkte wie der griesgrämige, ältere Nachbar von nebenan. „Wer zum Teufel bist denn du?“, fragte er sofort forsch und richtete sich wieder auf. Seine blauen Augen musterten mich skeptisch von oben bis unten. Vermutlich dachte er noch, ich wäre nur ein Tagtraum. Denn zu meinem Verdruss, fiel mir die leere Vodka Flasche neben dem Mann auf. „Hannah“, meinte ich nur, während ich mich nochmals aufmerksam nach etwas zu essen umsah. Tatsächlich erkannte ich eine kleine Schale, in der sich Erdnüsse befanden. Hastig griff ich hinein und nahm mir gleich eine Handvoll, die ich mir sofort in den Mund kippte. Der Mann musterte mich weiterhin aufmerksam, dann schüttelte er nur schmunzelnd den Kopf und schenkte sich erneut etwas Vodka in ein nahes Glas. Zu meiner Verwunderung, holte er sogleich ein zweites Glas hervor. „Du bist doch bestimmt mit diesen Kindern gekommen, oder?“, fragte er nun etwas versöhnlicher, woraufhin ich gleich aufhorchte. „Ehm, ja“, fing ich zaghaft an und sah zu dem kleinen Glas mit Vodka, welches mir der Mann sogleich hinhielt. Ich nahm es einfach entgegen, woraufhin er gleich seines nahm und mit mir anstieß. Etwas betölpelt stand ich da, während der alte Mann das Glas sogleich mit einem großen Schluck entleerte. „Na dann Willkommen, im Irrenhaus!“, meinte er nur kehlig lachend. „Dachte schon, du wärst einer dieser Androiden“, murmelte er wohl eher zu sich selbst, während er sich sogleich nachgoss. Kurz zögerte ich, dann setze ich mich neben den Mann und leerte nun ebenfalls das Glas. Jedoch verzog ich etwas angewidert das Gesicht. Das Zeug brennt ja im Hals wie Feuer! Ehe ich verneinen konnte, wurde mir prompt wieder nachgefüllt. „Du kannst mich übrigens Hank nennen“, stellte er sich vor und kippte sich das nächste Glas hinter. Ich richtete etwas meinen Bademantel, den ich lediglich trug und verfluchte mich dafür, dass ich mir doch nichts Vernünftiges angezogen habe. Aber woher hätte ich auch wissen sollen, dass es hier tatsächlich noch einen Menschen gibt? Der zudem an einer Bar sitzt und sämtliche Spirituosen entleeren wird. „Was machst du hier?“, fragte ich nun, während ich mir das nachgefüllte Glas ebenfalls nach hinten kippte. Es brannte nun nicht mehr allzu schlimm, dennoch verzog ich das Gesicht. Allerdings war es gar keine schlechte Idee, sich etwas zu gönnen. Auch wenn ich morgen dafür bestimmt schlimme Kopfschmerzen bekomme. Zudem bereitet sich jetzt schon eine gewisse Leichtigkeit in mir aus, was ich auch meinem nüchternen Magen verdanke. „Eine lange Geschichte“, brummte Hank nur, während er mir wieder nachgoss. Ich seufzte leise und nickte nun. „Bei mir auch, ich weiß gar nicht wo ich hier reingeraten bin“ Ein amüsiertes Grinsen zierte kurz das Gesicht des Mannes, doch seltsamerweise beschlich mich nicht wirklich das Gefühl von Angst, oder Unwohlsein. Irgendwas in mir sagte, dass ich von diesem Hank nichts zu befürchten hätte. „Deinen Akzent höre ich deutlich heraus. Wo kommst du her?“, fragte er weiter, was mich erneut zum Seufzen brachte. Nachdenklich nippte ich an meinem Glas, ehe ich es dann doch trank. „Aus Tschechien. Ich kam als Au-Pair hier her. Eigentlich läuft mein Visum in knapp einen Monat aus, doch das ist wohl momentan mein kleinstes Problem“, lachte ich leise den letzten Satz. Es folgte kurz ein Schweigen, in dem mir mein Glas nachgefüllt wurde. Nachdenklich sah ich zu der klaren Flüssigkeit, während ich kurz an meine Familie dachte. Meine Eltern und Geschwister. Wie es ihnen wohl geht? Sie machen sich bestimmt schreckliche sorgen um mich, seit dem das mit diesem verdammten Krieg offiziell ist. Ohne zu zögern kippte ich mir das nächste Glas nach hinten, als ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen sammeln wollten. Hastig wischte ich den Gedanken beiseite und sah nun wieder zu Hank. „Okay, wer bist du denn nun?“ Immerhin habe ich nur seinen Namen erfahren. Das war jetzt noch nicht wirklich so aufschlussreich wie erhofft. „Ich bin…war Lieutenant beim Detroit Police Department. Was für ein Scheiß Job“, beendete er freudlos seinen Satz und goss sich sogleich nach. Verblüfft sah ich drein. „Und dann sitzt du hier? Bei den Androiden??“ „He, ich sitze nicht bei denen. Die sind weiter unten“, sprach er sogleich schroff und kippte sich das Gals hinter. Kaum war er fertig, schenkte er mir ebenfalls nach und warf die leere Flasche dann einfach in die Bar rein, wo die Flasche mit lautem splitterndem Geräusch zersprang. Ich muss grinsen. „Okay, aber du bist hier. Genau wie ich, oder nicht? Was hast du also hier gemacht?“, beharrte ich weiterhin. Seinen drohenden Unmut registrierte ich jedoch nicht, dem alkoholischen Einfluss sei Dank. „Das geht dich nichts an, ich habe meine Gründe!“, rief er grummelnd. Anscheint war das Thema nun für ihn beendet. Ich trank mein nächstes Glas leer und schmunzelte. „Also gut, ich kann ja anfangen mit erzählen!“, sprach ich euphorisch. Meine Zunge fühlt sich so gelockert an, wie schon lange nicht mehr. Ein kurzes lachen huschte über meine Lippen. Es tat einfach mal gut, sich den ganzen verdammten Frust von der Seele zu reden. So fing ich an zu erzählen, sprach von dem Androiden der Mr Traynor umgebracht hat, schließlich die Flucht zu dem geheimen Panik Raum. Dann die weitere Flucht durch den Wald und der dramatische Schuss, der mich getroffen hat. Als ich den Namen Connor erwähnte, wurde Hank sogleich hellhörig und sah mich nun tatsächlich interessiert an. „Was hat der Junge gemacht?!“, rief er verständnislos und verzog sein Gesicht. Der Anblick brachte mich erneut zum Lachen. „Junge?“, wiederholte ich schnippisch und trank mein Glas leer. Hank jedoch schüttelte nur den Kopf, dann sprach ich sogleich weiter. Bis ich dann schließlich an die Stelle gekommen war, an den ich mit den Kindern müde ins Bett gefallen war. „Ende!“, rief ich und trank mein Glas wieder leer. Inzwischen war alles federleicht. Meine Gedanken, meine Glieder und mein loses Mundwerk. Unerschrocken schubste ich Hank nun von der Seite an und grinste ihn spitzbübisch an. „Los, alter Mann, jetzt bist du dran!“, beharrte ich. Hank sah grimmig zu mir, schien nicht wirklich in Plauderlaune zu sein. Doch spätestens nachdem ich meinen wohl besten Hundeblick überhaupt zutage gebracht hatte, fing der ehemalige Lieutenant murrend doch noch mit erzählen an. Es war erst ein träges Gespräch, doch je mehr Whiskey ich ihm und mir eingeschenkt hatte, desto mehr sprach er und brachte mich immer wieder zum Lachen. Inzwischen war wohl schon etwas mehr als eine Stunde vergangen, wenn ich mir die Uhrzeit genau besah. Sicher war ich mir jedoch nicht mehr. „Dann habe ich Perkins, dieses verdammte Arschloch gepackt und ihm mitten in die Fresse geschlagen!“, rief Hank mit grimmiger Begeisterung und ich hörte ihn erneut kehlig auflachen. Ich musste nun auch lachen und stellte mir gerade vor, wie dieser arrogante FBI Typ genau das bekommen hat, was er verdient hat. „Das tat gut, oder?“, sprach ich schmunzelnd und schielte zu Hank, der bereits leicht schwankte auf seinem Drehstuhl. „Scheiße, ja! Hab zwar meinen Job verloren, aber das war es mir wert!“ Ich lachte ebenfalls heftig, bis ich dann registrierte, dass sich alles bei mir langsam zu drehen begann. Grimmig sah ich drein. „Hank!“ Verwirrt sah ich auf. Hat da jemand gesprochen? Hank drehte sich nun um, dann musste er beinahe schmunzeln. „Was gibt’s denn Connor? Willst du auch was trinken?“ Der Name kam mir tatsächlich bekannt vor. Doch als ich mich ebenfalls umdrehen wollte, beschloss ich es doch lieber sein zu lassen. Die Gefahr umzukippen war greifbar nah. Ein leises kichern entwich mir daraufhin. Jemand stand nun neben mir und sah mich wohl an. Langsam drehte ich mein Gesicht nun ebenfalls zu der Person, jedoch hoch konzentriert. „Ach, Connor. Genau!“, entwich es mir feixend, als ich sein Gesicht sah. Er verzog wieder keine Miene, was mich erneut zum lachen brachte. „Boah, schau nicht so ernst!“, rief ich und schlug ihn kameradschaftlich gegen die Schultern. Bei der Aktion fiel ich beinahe vom Drehstuhl, während sich Connor nicht einen Millimeter zu bewegen schien. Lachend hielt ich mich an der Theke fest. „Du hast zu viel Getrunken“, stellte er nüchtern fest, doch ich sah nur vergnügt drein. „Ich wurde genötigt!“ Feixend zeigte ich zu Hank, der nun mittlerweile auch langsam in eine Art Schlaf versank. Sein Kopf lag zumindest schon auf der Theke, während irgendwelche murmelnden Geräusche von ihm kamen. Beleidigt sah ich drein. „Alter Mann, dein ernst?!“, rief ich empört und wollte aufstehen. Jedoch verlor ich sogleich das Gleichgewicht und kippte nach vorn. Ich sah mich bereits auf den Boden liegen, jedoch machte mir der Gedanke keine große Angst. Es würde bestimmt lustig werden, doch soweit kam es nicht. Bestimmend wurde ich an der Schulter gepackt und nach hinten, gegen einen anderen Körper gedrückt. Etwas glucksend sah ich drein, dann legte ich meinen Kopf leicht in den Nacken und sah zu Connor hoch. „Verdammt, Sorry“, kicherte ich vergnügt. Er wirkte nun etwas verwirrt, während er leicht den Kopf schief legte und mich ansah. Ich grinste erneut, dann drehte ich mich schwungvoll zu ihm um und befand mich nun in seinem Armen. Sofort fiel mein Blick wieder auf die kleine Haarsträhne, die ihm frech in die Stirn hängt. Zu frech für meine Einschätzung! Ich streckte die Hand aus, strich die Strähne sachte zurück, doch sie fiel immer wieder zurück. Frustriert sah ich drein. „Verdammt, Connor!“, fluchte ich, drückte mich enger an ihn ran und strich die Strähne nochmals zurück. Endlich blieb sie da, wo sie hin sollte. Zufrieden sah ich drein, dann strich langsam weiter durch sein Haar. Es fühlte sich tatsächlich weich an. Sogleich nahm ich meine zweite Hand dazu und strich ihm nun vollends begeistert durch die Haare. Jedoch so vorsichtig wie möglich…man kann ja nie wissen, ob die Haare nicht ausversehen vom Kopf runterfallen. Warum auch immer. Das gelbe Leuchten seiner LED nahm ich nicht wirklich wahr, dafür strich ich jetzt weiter zu seinen Ohren und besah mir diese genau. Selbst die Ohrenläppchen fühlten sich so weich an. Erstaunlich! Mittlerweile war ich nah vor seinem Gesicht und sah ihn aufmerksam an. Jede einzelne Pore wollte ich auf seiner Haut in Augenschein nehmen, bis ich mit meiner Hand zu seinem Kiefer wanderte und dort kurz verharrte. Dann sah ich ihm langsam in die Augen. Vor Schreck wäre ich wohl zurückgesprungen, doch ich lächelte nur zufrieden. Er sah mich aufmerksam an, schien wohl genau zu analysieren was ich gerade so lustiges mit seinem Kopf trieb, doch es interessierte mich nicht sonderlich was er dachte. Das war einfach aufregend! So nah war ich noch nie an einen Androiden gewesen! Oder doch? Leise lachte ich, dann blieb mein Blick an seinen Lippen hängen. „Du solltest ins Bett gehen“, fing Connor plötzlich leise an, doch ich hörte nicht wirklich zu. Gebannt sah ich weiterhin zu seinen Lippen, während meine Gedanken sich bereits überschlugen. „Aber nicht ohne Gute-Nacht-Kuss“, beharrte ich und blickte ihn vielsagend an. Er schien ernstlich verwirrt, weite wohl auch perplex die Augen. Doch das hielt mich nicht wirklich davon ab, meine Lippen einfach auf seine zu legen und meine Arme um seinen Nacken zu legen. Eng drückte ich mich dabei an ihn, seufzte zufrieden auf, als sich seine Lippen auch wunderbar weich anfühlten. Langsam löste ich meine Lippen von seinen und sah verträumt zu ihm hoch, während ich ihm wieder durch das Haar strich. Er rührte sich nicht sofort, lediglich seine LED blickte rot, was mich erneut zum Lachen brachte. „Okay, ich geh ja schon ins Bett. Nicht das du einen Kurzschluss bekommst“, sprach ich amüsiert und löste mich langsam von den Androiden. Jedoch verlor ich sogleich mein Gleichgewicht und wäre wohl nach hinten gefallen, wenn mich Connor nicht am Handgelenk gepackt hätte und mich wieder zu sich gezogen hätte. Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Brust und murmelte leise vor mich hin, dann hörte ich jedoch was. Ein leises pochen, es klang wie ein Herzschlag. Verwirrt sah ich auf die besagte Stelle auf seinem Brustkorb, doch da wurde ich bereits erneut angesprochen. „Ich bringe dich besser hin, du kannst nicht laufen“, hörte ich Connor erneut sprechen. Jedoch klang seine Stimme…irgendwie fahrig. Beleidigt sah ich sogleich drein. „Klar, kann ich das!“ Ohne weitere wiederworte von mir zu erwarten, wurde ich tatsächlich unter der Kniekehle angehoben, während sein anderer Arm sich unter meinem Rücken legte. Etwas überfordert krallte ich mich an ihm fest, dann ging er sogleich los. Erst wollte ich meckern, verkniff es mir jedoch. Dieses geschunkel von ihm, bringt mich jetzt bereits dazu die Augen einfach zu schließen. Frustriert lehnte ich meinen Kopf gegen seine Schultern, während ich mich bemühte die Augen offen zu halten. Dann kam mir plötzlich ein Einfall und ich musste leise lachen. Connor sah kurz musternd zu mir, während ich nun wieder aufsah. „Weckt das nicht Erinnerungen? Damals hast du mich auch getragen, als ich nicht mehr laufen konnte“ „Deine motorischen Fähigkeiten waren weitestgehend eingeschränkt, genau wie jetzt“, stimmte er mir zu. Wieder musste ich grinsen, dann fielen mir tatsächlich die Augen langsam zu. Leise grummelnd suchte ich mit meiner anderen Hand irgendwo halt, fand sie dann tatsächlich an der Krawatte die er um hatte. „Weißt du was? Aber du musst mir versprechen, es nicht weiter zu sagen“, murmelte ich leise, während ich kurz davor war doch einzuschlafen. Erst folgte keine Reaktion, dann sprach der Android doch noch. „Versprochen“ Ich musste schmunzeln, lauschte wieder diesem pochenden Geräusch, welches ich wieder hörte. „Ich mag es von dir getragen zu werden, sag’s aber nicht weiter“ Ehe Connor noch irgendwas darauf erwidern konnte, fiel ich in einen tiefen traumlosen Schlaf. Kapitel 8: Bekanntschaften -------------------------- Ein seltsames Kribbeln breitete sich in meinen Gliedern aus, als ich in dunkle und braune Augen blickte. Er sah mich so durchdringend an, dass ich erstarrte. Mein Herzschlag hat sich deutlich erhöht und ließ mich nervös schlucken. Dann kam er näher, sein Blick hielt meinen immer noch gefangen, während ich nun regelrecht in diesem dunklen Braun seiner Augen versank. Als er vor mir dann zum Stehen kam, sah ich mit wildklopfendem Herz zu ihm hinauf. Sofort blieben meine Augen an seinen Lippen hängen. Langsam beugte er sich zu mir herab und mir entwich ein kleines seufzen, ehe ich die Augen schloss und seine Lippen dann endlich auf meinen spürte. Der Name der mir dabei über die Lippen kam, ließ mich mit einem mal geschockt aus meinen Traum hochfahren. Mit aufgerissenen Augen starrte ich zur Decke hoch, während ich meinen laut klopfendem Herzen lauschte. ...was habe ich da gerade geträumt, verdammt?! Plötzlich schoben sich zwei Gesichter in mein Blickfeld und ließen mich noch viel erschrockener drein blicken, als eh schon. Amber sah mich verwirrt an, während Adam eher skeptisch eine Augenbraue nach oben zog und mich musterte. "Von was hast du denn geträumt? Ständig hast du geseufzt und dich im Bett hin und her gewälzt. Wegen dir sind wir wach geworden", sprach Adam genervt, ehe er sich lustlos wieder auf das Bett fallen ließ. Amber sah auch besorgt drein. "Bestimmt ein schrecklicher Alptraum, oder? Aber jetzt musst du keine Angst mehr haben", beruhigte mich Amber mütterlich und tätschelte mir die Wange. Gequält lächelte ich sie an und legte meine Hand dankend auf die des Mädchens. "Danke, Amber. Ich hatte wirklichen einen Alptraum...mehr, oder weniger", murmelte ich die letzten Wörter eher mir zu. Das war definitiv Connor gewesen in meinem Traum. Der Android! Frustriert stöhnend klatschte ich mir die Hand auf die Stirn, doch verfluche mich im nächsten Augenblick sofort dafür. Mein Schädel brummt heftig! Murrend drehte ich mich zur Seite und zog mir mein Kissen über den Kopf. "Lasst mich doch alle in Ruhe, verdammt! Ich hab Kopfschmerzen!", maulte ich nicht besonders erwachsen. Genervt dachte ich darüber nach, warum ich nun auch noch Kopfschmerzen bekommen habe. Gestern ging es mir doch noch viel besser! Diese komischen Nano-Androiden in meinem Blut sind doch auch zu nichts nütze, wenn dir mir nicht mal Kopfschmerzen vom Leibe halten können! Adams Frage ließ mich nun jedoch in meinen Gedanken innehalten. "Wir können nichts dafür, wenn du dich draußen rumschleichst. Warum hat dich Connor überhaupt wieder ins Bett gebracht?" Amber und ich sahen beide fassungslos zu Adam, während uns sogar die Frage fast gleichzeitig über die Lippen kam. "Connor war hier?" Der Junge zuckte nur gelassen mit den Schultern und nickte. "Ja, hab ich doch gesagt. Mitten in der Nacht hat er dich ins Zimmer getragen und zu uns ins Bett gelegt. Hast aber geschlafen wie ein Stein" Oh. Mein. Gott! Was habe ich nur wieder getrieben?! Das blanke entsetzten stand mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn die Zwillinge sahen mich beide etwas überfordert an. "Alles in Ordnung?", fragte Amber besorgt. Schwer seufzte ich und schüttelte nur den Kopf. Ich bezweifle ja selbst, dass alles in Ordnung ist. Denn irgendwas muss ja gestern vorgefallen sein, jedoch kann Ich mich überhaupt nicht daran erinnern. Es war wie ein dichter Nebel, der sich über meine Erinnerungen an gestern Abend, gelegt hatte. Vielleicht auch gut so, wenn ich mich nicht erinnere. Connor hat mich hier her geschleppt, also muss ich ja wieder irgendwas angestellt haben. Irgendwas Dummes bestimmt. Es herrschte kurz Stille, dann seufzte Adam jedoch frustriert und stand auf. "Ist mir jetzt auch egal, aber ich hab verdammt noch mal Hunger. Ich will jetzt was essen!" Amber nickte nun auch zaghaft und sah zu mir. "Ich hab auch schrecklichen Hunger" Musternd sah ich zu den beiden Kindern, ehe ich mich langsam und seufzend erhob. "Schon gut, erstmal geht ihr euch waschen. Dann suchen wir was zu essen" Wie nebenbei zeigte ich in die Richtung, wo sich das Bad befand. Verwirrt hielt ich daraufhin inne, doch die Zwillinge stürmten sogleich in das Zimmer. Langsam sah ich an mir herunter und merkte jetzt erst mit Schrecken, das ich lediglich einen Bademantel trug, der mir jedoch auch nicht mehr recht passend saß. Hastig richtete ich diesen weitestgehend, dann blickte ich nochmals Richtung Bad und überlegte angestrengt. Langsam erinnerte ich mich daran zurück, was gestern passiert war. Ich war wach geworden und wollte mich erstmal waschen, also kam ich schließlich halb polternd im Badezimmer an. Als ich nichts Passendes zum Anziehen fand, habe ich mir einfach nur diesen Bademantel drübergezogen und war dann nach draußen gegangen, um irgendwo etwas Essen aufzugabeln. Vermutlich ist mir das nicht gelungen, wenn Connor mich schon zurück tragen muss. Verdammt! Kopfschüttelnd erhob ich mich langsam und blendete weitestgehend die Kopfschmerzen aus. Doch die hielten sich standhaft und würden mir heute wahrlich den Tag versüßen, wenn ich nicht gleich etwas dagegen unternehme. Lustlos ging ich zu einem der großen Schränke und öffnete diesen nun langsam. Was ich im inneren sah, ließ mich kurz staunen. Etliche feine Anzüge waren dort ordentlich der Reihe nach auf gehangen. Ich konnte sogar einen schwarzen Blazer Anzug für Frauen entdecken. Begeistert griff ich rein und holte ihn sogleich raus. Aufmerksam besah ich mir das Etikett und war mehr als froh darüber, dass es tatsächlich die passende Größe für mich war! Hastig zog ich mich sogleich um, als ich in einer weiteren Schublade sogar Unterwäsche für mich fand. Diese Manager von CyberLife müssen doch halb hier gewohnt haben! Die haben mehr Kleidungsstücke im Schrank, als ich je welche hatte! Zudem sehen die Sachen auch teuer aus. Skeptisch besah ich mich anschließend im Spiegel um kam nicht umhin kurz zu grinsen. Ich sehe aus wie eine Sekretärin, die ihrem Chef gleich den Kaffee bringt. Was für ein schrecklicher Job, das wäre nie etwas für mich gewesen! Langweile, stupide und sich immer wiederholende Arbeit vor dem PC. Dann der Chef, der mir vermutlich noch von seiner langweiligen Ehefrau erzählt, während ich immer künstlich lächle. Just in dem Moment wurde die Tür laut polternd aufgedonnert und Amber kam lachend zu mir gestürmt, während Adam sie bereits wütend beschimpfte. Aufgeregt sprangen die beiden um mich herum. Auf den ersten Blick konnte ich erkennen, dass Amber wohl den heißgeliebten Kamm von Adam gestohlen hat und sich nun einen Spaß daraus macht. Adam findet das jedoch nicht wirklich lustig und zieht seiner Schwester daraufhin an ihren Locken, die sofort laut losschrie. Schmunzelnd verschränkte ich die Arme ineinander. Ich liebe meinen Job. „Also gut, Schluss jetzt!“, rief ich mahnend und nahm Amber den Kamm aus der Hand. Ehe ich diesen jedoch Adam zurückgab, sah ich ihn musternd an. „Du kannst gleich zu mir kommen, wenn sie dir was gestohlen hat, okay?“ Adam murmelte nur irgendwas Unverständliches und nahm schließlich wieder seinen Kamm. Augenblicklich stellte er sich vor dem großen Spiegel im Bad und kämmte sorgsam sein Haar. Seine Zwillingsschwester beobachtete das eher Skepsis. „Er und seine Haare! Manchmal glaube ich, er ist ein Mädchen!“ Im letzten Moment konnte ich mir ein Lachen verkneifen, ehe ich wieder bemüht ernst zu ihr sah. „Du weißt doch, dass er an diesem Kamm hängt. Wenn er dir was wegnehmen würde, was dir wichtig ist, würdest du genauso schimpfen. Außerdem achtet er nun mal sehr auf sich“ Das Mädchen sah etwas betreten drein, ehe sie mit ihrem Fuß kleine Kreise über den Boden malte. „Ich wollte ihn doch nur etwas auflockern, er guckt immer so ernst“ Kurz musste ich schmunzeln, ehe ich ihr eine verwirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Naja, immerhin das ist dir gelungen“ Amber lächelte verlegen, dann sah sie mich jedoch begeistert von oben bis unten an. „Du siehst toll aus! Wo hast du denn die Kleidung her?“, fragte sie sogleich aufgeregt, während sie um herum hüpfte, um ja kein kleines Detail zu übersehen. Ich grinste amüsiert und öffnete sogleich den Schrank mit den dutzenden Anzügen. Verzückt steckte Amber ihre Nase hinein und atmete einmal tief ein. „Und das duftet alles so frisch! Kurz musste ich lachen, dann sah ich in Ambers strahlendes Gesicht und war mehr als froh darüber, solche glücklichen und alltäglichen Momente zu haben. Nach alledem was passiert war. Im selben Moment kam Adam aus dem Bad und gesellte sich sogleich zu uns. Etwas abschätzig musterte er mich, dann verzog er wieder das Gesicht. „Und was können wir anziehen? Die Sachen die uns mitgebracht hast, sind übrigens mehr als Unterirdisch“ Gespielt beleidigt sah ich drein und stemmte meine Hände an die Hüfte. „Willst du meinen famosen Modegeschmack in Frage stellen?“, fragte ich schnippisch. Doch zu meiner Verwirrung hielt mir Adam etwas entgegen, das wie eine kleine Packung aussah. „Ich stelle eher in Frage, was du nachts so treibst, aber du bist ja Alt genug. Hier sind Kopfschmerztabletten, hab ich im Medizin Schrank gefunden“ Amber war sogleich an meiner Seite und bekam große Augen. „Das sind die Kopfschmerztabletten, die von Dad’s Firma kommen!“ Betrübt sah ich auf das Traynor Logo, welches mir regelrecht entgegensprang, ehe ich die Packung hastig aufriss und sogleich eine Tablette runterschluckte. „Danke“, meinte ich leise und sah etwas unsicher zu den Zwillingen, die nun mehr als bekümmert drein sahen. Nun war die fröhliche Stimmung wieder dahin. Schnell straffte ich meine Schultern und sah lächelnd zu den Kindern hinab. „Kommt, wir schauen mal, ob wir in diesem riesen Tower irgendwo etwas zu essen finden können. Hier muss es doch eine Kantine geben!“ Amber sah zögerlich wieder auf, sie rang sich zu einem Lächeln durch, doch in ihren Augen konnte ich deutlich den Kummer sehen. „Ich würde so gern wieder Spaghetti essen, glaubst du die haben hier welche?“ Ich ging nun vor den beiden in die Knie und blickte sie aufmerksam an. Sie waren beide angespannt, ängstlich und vermutlich auch unsicher. Ging mir ja nicht viel besser. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie es weitergehen sollte. Eingesperrt in einem riesigen Turm, zusammen mit tausenden Androiden. Aber erstmal müssen wir uns um unsere knurrenden Mägen kümmern, ehe wir uns hier einen etwaigen Fluchtweg suchen. „Wir bleiben zusammen, versprochen. Ich werde mir was einfallen lassen, aber jetzt lasst uns erstmal was zu essen suchen. Spaghetti klingen gar nicht mal so übel“, sprach ich lächelnd und nickte den beiden zu. Die Zwillinge sahen zumindest etwas beruhigter aus, was mich auch zufrieden stimmte. Ich erhob mich sogleich und ging nun Richtung Tür. „Ich finde sowieso, dass wir den heutigen Tag nutzen, damit wir uns mal alles hier anschauen. Es gibt bestimmt viel zu entdecken“ Adam antwortete sogleich, was mich etwas überraschte. „Vielleicht kommen wir an geheime Informationen ran, die schicken wir dann der US-Regierung!“ Nachdenklich öffnete ich die Tür und ging mit den Kindern hinaus, während Amber sich begeistert umsah. „Schaut nur!“, rief sie erstaunt, als sie zu der gläsernen Brüstung rannte und die knappen 43 Stockwerke nach unten blickte. Adam sah nicht wirklich sonderlich begeistert aus, riskierte trotzdem einen Blick. Ehe ich weiter über Adams Vorschlag nachdenken konnte, wurden wir sogleich angesprochen, was mich erschrocken zusammen zucken ließ. „Oh, ich wollte euch gerade wecken. Schön das ihr bereits aufgestanden seid“ Vor uns stand ein Mann mit blonden kurzen Haaren, blauen Augen und einem freundlichen Lächeln. Lediglich der blau leuchtende LED an seiner Schläfe verriet, dass es sich bei ihm um keinen Menschen handelt. Doch als ich das Gesicht erblickte, konnte ich nicht anderes als entsetzt nach Luft zu schnappen und zurück zu weichen. Hastig packte ich nebenbei Adam und Amber, die nun nicht weniger erschrocken drein sahen. Amber entwich sogar ein kurzer Aufschrei, als sie auf den Androiden vor uns zeigte. „Da ist Alec!“ Besagter Alec sah kurz etwas verwirrt drein, versuchte aber wieder freundlich zu lächeln. „Mein Name ist Simon“, sprach er versöhnlich, doch ich zerrte die Kinder augenblicklich hinter mich und sah warnend zu dem Androiden. „Komm ja nicht näher, du Irrer!“, rief ich bedrohlich. Hektisch sah ich mich nach etwas um, mit dem ich mich wenigstens etwas verteidigen konnte. Bis auf eine teure Blumenvase, in der vertrocknete Blumen steckten, sah ich jedoch nichts. Frustriert knurrte ich beinahe, ehe ich die Kinder immer langsamer zurück drängte. Zu meinem Verdruss jedoch, löste sich Adam von mir und sah wütender denn je, zu dem Androiden auf. „Du hast Vater umgebracht“, grollte er leise auf und ich ahnte just in diesem Augenblick, wird etwas Schlimmes passieren, denn sein Körper bebte kurzzeitig, ehe er nach vorne preschte. Erschrocken schrie ich seinen Namen, doch es war bereits zu spät. Adam schien sich der unterschiedlichen Körpergröße nicht sonderlich bewusst zu sein, als er sich vor dem Androiden aufbäumte und dann mit seinem kompletten Körpergewicht einfach gegen ihn prallte. Der Android geriert sogar kurzzeitig ins straucheln, was Adam sofort ausnutzte und ihm gelenk und ohne besondere Fairness seinerseits einfach ein Bein zu stellen. Der berüchtigte Alec fiel zu Boden, während Adam ohne zu zögern sofort mehrmals in sein Gesicht schlug. Die dumpfen, lauten Schläge erweckten mich endlich aus meiner Lethargie. Sogleich rannte ich vor und zerrte den Jungen mit Mühe von dem Androiden runter. Adam jedoch schrie seine Wut raus, wollte sogar nach dem Androiden treten. Ihn zu bändigen kostete mich mehr Kraft, als ich gedacht hätte. Während ich also verzweifelt versuchte ihm in Zaun zu halten, bemerkte ich nebenbei wie der Android sich langsam wieder erhob. Dafür, dass ihn ein Junge mehr oder weniger verdroschen hat, sah er doch ziemlich ramponiert aus. Blaues Blut lief ihm aus Nase und Mund. Selbst seine Augenhöhle sah irgendwie eingedrückt aus. Adam muss seine ganze Frustration, die sich bis jetzt in ihm aufgestaut hat, in seine Schläge mobilisiert haben. Mit wild klopfenden Herzen blickte ich zwischen den Androiden und Adam hin und her. Während die Maschine keine Miene verzog, war Adam weiterhin außer sich vor Wut. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“, zischte ich ihm leise fassungslos ins Ohr, während der Android tatsächlich nun auf uns zuging. Vermutlich wird er uns spätestens jetzt umbringen, genau wie er es schon mit dem Vater der Kinder gemacht hat! Amber fing inzwischen an loszuheulen, was meinen eh schon strapazierten Nerven nicht sonderlich gut tat. Selbst Adam konnte ich nun leise schluchzen hören, doch immer wieder beschimpfte er den Androiden, der nun fast vor uns steht. Panisch rappelte ich mich auf, schob die Zwillinge hinter mir und starrte angespannt in das Gesicht dieses Androiden. Zu meiner Verwunderung sah er bis jetzt nicht wirklich wütend aus, oder gar angespannt. Dafür war ich wieder am Ende meiner Kräfte, dabei hatte ich so gehofft dieser Tag würde besser laufen, als die vorherigen. Als er dann tatsächlich vor uns zum Stehen kam, kniff ich mir beinahe angsterfüllt die Augen zu und hoffte inständig darauf, dass es nicht zu schmerzhaft wird. Wer weiß, ob er nicht noch sein Filetiermesser bei sich trägt und es nun exzessiv an mir wetzen will? Die Rache dafür, dass Adam mal wieder seine Emotionen nicht im Zaun halten kann. Doch es geschah nichts, lediglich Ambers leises schluchzen drang in meine Ohren. Zaghaft öffnete ich die Augen und blickte erschrocken in das Gesicht des Androiden, der nun direkt vor mir stand und mich anstarrte. Ich hatte sogar vergessen zu atmen. „Josh meinte schon, ihr wärt etwas expressiv. Damit hätte ich jedoch nicht gerechnet“, begann er ruhig, während er sich mit seinem Ärmel über Nase und Mund fuhr, um das blaue Blut abzuwischen. Fassungslos sah ich drein, bis ich endlich wieder nach Atem rang und sich wohl auch mein Herz dazu entschlossen hatte weiterzuschlagen. „Du…bist nicht Alec, oder? Auch wenn du wie er aussiehst?“, flüsterte ich zaghaft und starrte ihn immer noch genau an. Verdammt, ist das unheimlich! Er sieht genauso aus wie Alec! Er hat dieselbe Stimme wie Alec! Er bewegt sich wie Alec! Doch, er ist es nicht. Alec hätte uns nämlich schon längst umgebracht, ohne lange mit der Wimper zu zucken. Doch dieser Android war immer noch freundlich zu uns, obwohl Adam ihn wirklich mehr als deutlich seine Abneigung ihn gegenüber gezeigt hat. Betreten sah ich drein und entspannte mich zögerlich, auch wenn ich ihn immer noch misstrauisch ansah. Immerhin ist er ein verdammter Android und er muss nicht Alec sein, um uns zum Beispiel über das Geländer zu werfen und uns so 43 Stockwerke in die Tiefe fallen zu lassen. Augenblicklich wurde mir schlecht. „Ich heiße Simon und ich werde euch nichts tun“, versicherte der blondhaarige Android nun erneut ruhig und blickte auch zu den Kindern, die sich jedoch beide hinter mir versteckten. Selbst Adam ließ sich nicht blicken, was vermutlich auf seine kleine Eskalation zurück zu führen ist. Verlegen sah ich nun zu ihm und musste einmal schwer schlucken. „Ich muss mich entschuldigen, das…war eine Verwechslung. Kann ich dir irgendwie helfen?“, bot ich etwas verzweifelt an, da ich mir unsicher war, wie ich in so einer Situation verhalten soll. „Es wäre nett, nicht nochmal so überfallen zu werden“, sprach er ruhig, lächelte sogar etwas. Am liebsten würde ich wieder im Erdboden versinken, doch ich rang mich auch zu einem gezwungenen Lächeln durch. „N-natürlich. Wir werden auch gleich wieder verschwinden“, sprach ich hastig, während ich bereits an ihm vorbei ging und die Kinder hinter mir her zog. „Wo wollt ihr denn hin?“, sprach mich Simon erneut an und legte mir seine Hand auf die Schulter. Heftig zuckte ich zusammen und biss mir verzweifelt auf die Zunge, um nicht laut loszuschreien. Warum kann der uns nicht einfach in Ruhe lassen?! Das war alles schon unangenehm genug für mich, doch das er mich auch noch berührte die Krönung überhaupt! Erneut rang ich mich zu einem heuchlerischen lächeln durch und schüttelte seine Hand notgedrungen ab. „Wir suchen nur die Kantine, wir haben schrecklichen Hunger“ Sofort hatte ich das Gefühl, als befinde ich mich mitten in einem Verhör. Vielleicht wollte dieser Simon ja auch einfach nur wissen, ob ich gewillt bin zu flüchten. Würde ich ihm natürlich auch direkt mitten ins Gesicht sagen… „Kommt mit, ich zeige euch den Weg dorthin“, bot er uns sogleich freundlich an und schritt los. Etwas verunsichert sah ich ihm nach. Amber lugte nun hinter mir vor und besah sich ebenfalls Simon vorsichtig. „Glaubst du, der zeigt uns wirklich den Weg?“ Ich seufzte frustriert, als Simon vor dem Aufzug zum Stehen kam und auf einem Knopf drückte, um diesen herbei zu ordern. „Keine Ahnung, aber es wäre unhöflich wenn wir sein Angebot ablehnen“ Augenblicklich hörte ich Adam neben mir nur missgünstig schnauben, während er sich langsam von mir löste und den Androiden kritisch beäugte. „Der ist nur eine Maschine! Der weiß doch gar nicht, was Unhöflichkeit ist!“ Grimmig sah ich auf ihn herab und verschränkte meine Arme vor der Brust. Mein Blick sprach wohl Bände, denn er zuckte kurz zusammen, als er zu mir aufsah. „Du wirst dich auch noch bei ihm entschuldigen, immerhin hast du ihn verdroschen und nicht ich. Unerheblich ob er ein Android ist, oder nicht. Außerdem wird er sehr wohl wissen, was Unhöflichkeit ist“, sprach ich endgültig. Als der Aufzug nun oben angekommen war, sah Simon abwartend zu uns. Ich murrte innerlich, entschied mich dann aber doch dazu, ihm zu folgen. Es würde vermutlich Stunden dauern, ehe wir jedes Stockwerk nach einer Kantine oder etwas vergleichbaren abgesucht hätten. Und dazu hatte ich heute definitiv keine Zeit und Nerven mehr. Kaum waren wir alle Nacheinander eingetreten, trat sogleich auch betretenes Schweigen ein, während Simon den Knopf betätigte, der uns zu den Versammlungsräumen bringen sollte. Adam sah zu Boden und biss sich nachdenklich auf seiner Lippe herum, während Amber immer wieder verstohlen zu Simon hochsah. Sobald dieser aber seinen Blick auf das Mädchen lenkte, sah sie schnell zu Boden und spielte nervös an ihren Fingern herum. Innerlich seufzte ich schwer. Einen besseren Start hätten wir uns hier wirklich nicht leisten können. Vermutlich wird dieser Simon jeden einzelnen Androiden hier erzählen, was für asoziale Menschen wir wohl sind. Immerhin beständigen wir ja nun das, was sie von uns denken. Murrend sah ich aus dem verglasten Aufzug und besah mir die Bürokomplexe, die an uns vorbei zogen. Es sah beinahe gespenstisch aus, alles so leer und verlassen zu sehen. Kurz darauf waren wir nun im besagten Stockwerk angekommen und die Türen gingen sogleich auf. Aufmerksam sah ich mich um, während ich nach draußen trat. Ein großer Saal war direkt vor meinen Augen, in dessen Mitte ich sogar einen kleinen künstlich angelegten Teich entdeckte. Seerosenblätter blühten sogar darauf und die schildförmigen Laubblätter hatten sich großflächig auf dem Wasser ausgebreitet. Begeistert trat ich sogleich näher heran und besah mir die weißen Seerosen auf dem Wasser. Ihre zarten Blüten waren spiralförmig angelegt und erweckten in mir den großen Drang sie zu pflücken und daran zu riechen. „Sieht das schön aus! Ob wir uns welche in eine Vase stellen können?“, sprach Amber verträumt meinen Gedanken aus und ließ mich so beinahe auflachen. Simon gesellte sich nun zu uns und ergriff Ambers Hand, in der er sogleich etwas legte. Erst wollte ich protestieren, verkniff es mir jedoch in der letzten Sekunde. Das Mädchen sah nicht minderer erschrocken aus, als ich. Dennoch wagte sie einen Blick in ihre Hand, ehe sie verwirrt ihre Augenbrauen zusammen zog. „Was ist das?“, fragte sie unsicher und deutete auf die bunten, flockenartigen Gebilde in ihrer Hand. Ich trat nun ebenfalls näher heran und staunte nicht schlecht. „Das ist Fischfutter. Meine Eltern haben zuhause ein Aquarium, damit füttern wir sie immer“, antworte ich ihr verblüfft, woraufhin Simon nickte. „Ich habe sie heute noch nicht gefüttert, sie freuen sich bestimmt“, sprach er ruhig und zeigte kopfnickend Richtung Wasser. Kurz musste ich schmunzeln, ehe ich Amber einen sachten Stoß zum Teich gab. „Also los, füttre sie schon“ Das Mädchen war immer noch recht perplex, ehe sie dann in das Wasser sah und beinahe frustriert drein sah. „Da sind doch gar keine Fische!“ „Wenn du sie fütterst, schon“, motivierte Simon sie sogleich. Amber ließ schulterzuckend die Flocken ins Wasser fallen und sah kurz darauf begeistert auf, als schmatzend sogleich einige Fische nach den Futter schnappten. „Sind das viele! Adam, guck mal!“, rief seine Schwester begeistert, doch Adam schien nicht wirklich interessiert und sah immer noch misstrauisch zu Simon. Vermutlich wird das mit der Entschuldigung noch etwas länger dauern. Ich sah nun ebenfalls zu dem Androiden, der seinen Blick weiterhin auf Amber gerichtet hatte und sich anscheinend auch freute. Seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, während seine Augen regelrecht eine intensivere Farbe annahmen. Die Freude des Kindes, bereitet ihm selbst Spaß. Hastig schüttle ich den Kopf, um meinen wirren Gedanken abzuschütteln. Dabei hatte ich gehofft, ich könnte endlich wieder normale Gedanken fassen, nachdem wir diesen Horrormarsch durch die Wälder und Detroit hinter uns gelassen haben! Ein leises grummeln aus meiner Bauchgegend erinnerte mich nun glücklicherweise daran, warum wir überhaupt hier waren. Etwas betreten sah ich zu Simon hoch und räusperte mich. "Da ja jetzt die Fische versorgt sind, wäre es schön, wenn wir jetzt auch etwas bekommen könnten" Amber sah sogleich lachend auf und rannte zu mir. "Aber diese komischen Flocken möchte ich nicht essen!" Simon schmunzelte sogar, was mich weiterhin skeptisch zu ihm schielen ließ. Er hatte so viel mehr an Emotionen zu bieten, als sein Pendant im Familienhaus der Traynors. "Hier gibt es auch eine Kantine, lasst uns mal nachsehen, ob es da auch nicht etwas für euch gibt", sprach der Android und schritt sogleich los. Amber folgte ihm summend, während ich und Adam uns etwas zurück hielten mit der Freude. Nach wie vor bin ich einfach skeptisch. Zwar sind hier alle nett zu uns, aber trotzdem habe ich das ungute Gefühl tief in mir drinnen, dass hier einfach was nicht stimmt. Vermutlich weibliche Intuition. "Amber schließt viel zu schnell vertrauen", murrte Adam neben mir genervt, während er abschätzig seine Schwester dabei beobachtete, wie sie hinter diesem Simon hinterher wackelte. Ich zog sogleich eine Augenbraue nach oben und sah auf den Jungen herab. "Du bist auch nicht besser, du hast ihn ja gleich verprügelt" Adam sah trotzig zu mir hoch, in seinen Augen konnte ich deutlich wieder den Zorn auflodern sehn. "Er sieht genauso aus wie Alec und was spricht dagegen, dass er es doch nicht in Wirklichkeit ist? Vielleicht täuscht er uns nur?" Nachdenklich zog ich die Stirn in Falten, musterte Simon kurz von hinten. Er unterhielt sich nun mit Amber, die ihm vermutlich alles Mögliche über die Fische ausfragte. "Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll", fing ich vorsichtig an, da ich mir sicher war, dass Adam das nun kommende vermutlich nicht von mir hören will. "Aber er verhält sich ganz anders, als Alec es getan hat. Bei Alec hatte ich das Gefühl, er sieht einfach durch mich hindurch, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Bei Simon...er sieht mich an", beendete ich etwas hilflos meinen Satz, doch Adam wirkte nicht wirklich überzeugt. Wieder warf er Simon tödliche Blicke in den Rücken, bei denen ich mir sicher war, das dieser sie sich irgendwie wahrnehmen muss. Schließlich kamen wir tatsächlich bei einer Kantine an. Alles war natürlich in typischer CyberLife Optik hochmodern eingerichtet und auf Hochglanz poliert. Die vielen gläsernen Tische standen quer nebeneinander und ließen immer vier Leute daran Platz haben. Sogar die Stühle schienen aus Glas zu bestehen, was mich fast schon zum Lachen brachte. Alles wirkte hochmodern, beinahe sogar klinisch steril. Dennoch fühlte ich mich unwohl hier, fast so als könne ich durch bloße Anwesenheit hier alles schmutzig machen. Und Schmutz ist wahrscheinlich hier definitiv nicht erwünscht. Simon führte uns sogleich hinter in die Küche. Mit großen Augen sah ich mich um. So recht glauben konnte ich nicht, dass hier drinnen je gekocht wurde. Denn auch hier war alles schon fast auf Hochglanz poliert. Nicht mal ein Reiskorn sah ich auf dem Boden liegen. Ein großer, zweitüriger Kühlschrank wurde nun geöffnet und ließ mich wieder zu dem Androiden blicken, der bereits etwas aus dem Kühlschrank holte. Es waren zwei große Eimer, in der sich der Schrift nach zu urteilen wohl Joghurt befand. Simon stellte diese auf die Küchenzeile neben den Kühlschrank und sah etwas entschuldigen drein, ehe er andere Nahrungsmittel noch aus dem Kühlschrank holte. In einem Beutel, der eindeutig mit geriebenen Käse gefüllt war, konnte ich deutlich die großflächigen Schimmelspuren entdecken, die sich bereits über den Käse gebildet hatten. Angewidert sah ich drein, doch Simon entschuldigte sich sogleich. "Entschuldigt, aber viele Lebensmittel sind bereits verdorben. Da wir Androiden keine Nahrung brauchen, haben wir uns auch nicht darum bemüht den Kühlschrank nach etwaigen verderbten Lebensmitteln zu durchsuchen. Das einzige was innerhalb dieses Monats noch nicht verdorben ist, sind diese beiden Joghurt Eimer" Er schien nochmal kurz zu überlegen, dann hellte sich sein Gesicht etwas auf. "Aber im Tiefkühlfach müssten sich noch Lebensmittel befinden" Ich rang mich zu einem Lächeln durch und nickte ihm leicht zu. „Vielen Dank. Ich denke mal wir kommen hier schon zurecht“ Er schien zu bemerken, dass dies mehr oder weniger eine Aufforderung war nun zu gehen. Doch Simon wirkte nicht sonderlich begeistert. „Seid ihr sicher? Ich kann mehr als 200 verschiedene Speisen zubereiten, auch wenn es hier nicht sonderlich viel gibt“ Hastig winkte ich ab, ehe ich mich etwas näher zu ihm stellte und ihn beinahe bittend ansah. „Hör mal ich danke dir ja wirklich, dass du uns hier geführt hast. Aber kochen musst du nicht auch noch für uns, vor allem weil Adam dich zuvor…“ Ich kam nicht umhin auf seine rechte Augenhöhle zu blicken, welches wirklich irgendwie eingedrückt wirkte. Ein Mensch hätte wohl ein blaues Auge davon getragen. Simon sah mich musternd an, ehe ich nach Worten rang. Ich will schließlich nicht unhöflich sein, doch was empfindet eine Maschine schon als unhöflich? Irgendwie kann ich Adam ja verstehen… „Ich werde den Kindern schon was zusammenkochen, doch du solltest mal dringend zum Arzt und dich untersuchen lassen. Also zum Mechaniker…oder…ach keine Ahnung!“, sprach ich nun frustriert, als mir erneut die passenden Wörter entglitten. Der Android muss wahrscheinlich wirklich denken, wir wären die schlimmste Sorte Menschen die sich in ihren Turm geholt haben. Vermutlich trifft das auch zu. Adam der gerade in einen Schrank blickte, musste kurz leise kichern. Als er jedoch meinen verärgerten Seitenblick bemerkte, verstummte er sogleich. Endlich fing Simon auch wieder an zu sprechen, nachdem ich mich wieder ihm zugewandt hatte. „Also gut, ich werde mich in die unteren Etagen begeben und mich nochmal neu instand setzen lassen. Ich schaue später nochmal vorbei“ Ehe ich irgendwas dazu sagen konnte, war er bereits aus der Küche verschwunden. Etwas unsicher sah ich ihm nach, ehe ich schwer seufzte und mir frustriert über meinen Nasenrücken strich. War dieser Android jetzt beleidigt? Fand er meine Idee gut? Oder ist es ihm schlichtweg egal? Am liebsten würde ich mir gerade etwas hochprozentigem widmen, doch Amber schrie begeistert auf als sie einen fünf Kilo Beutel Pasta aus einer Schrankwand zog. Schmunzelnd sah ich zu ihr, als das Mädchen mühevoll den Beutel hochhob und mich dennoch begeistert ansah. „Jetzt können wir doch Nudeln kochen!“ „Und ich habe Ketchup gefunden!“, verkündet Adam sogleich stolz und hielt mir die zwei Liter Flasche entgegen. Zufrieden sah ich zu den Kindern, ehe ich mir einen Topf schnappte, den ich sogleich aus einer durchsichtigen Schranktür herausholte. „Okay, dann lasst uns mal was kochen! Auch wenn es vermutlich nicht so deliziös wird“, lachte ich beinahe und setzte derweil den Kochtopf mit Wasser auf die Herdplatte. Sogleich stellte ich die richtige Temperatur ein und legte den Deckel auf den Topf. Es würde wohl noch einige Minuten dauern, ehe wir essen können. Das wäre eine gute Gelegenheit sich hier etwas umzusehen, vor allem weil kein Android dabei ist, der uns ständig im Auge behält. Ich hatte einige leere Blätter gefunden und Kugelschreiber, die ich den Kindern in der Kantine an einen der Tische zurechtlegte. Begeistert fingen sie sogleich an zu malen, sogar Adam war ziemlich vertieft, obwohl er zuvor erst wieder genervt drein gesehen hatte und das Ganze als Kinderkram abgetan hatte. Aufmerksam besah ich mir in der Zeit jeden Schrank in der Küche und erstellte nebenbei eine Liste. Eine Inventurliste über die Nahrungsmittel, die noch genießbar waren und uns hoffentlich einige Zeit versorgen würden. Doch zu meinem Verdruss, ist die Liste bis jetzt erbärmlich klein. Das meiste was noch haltbar war, waren Konserven und Teigwaren. Gewürze und Trockenfrüchte fand ich auch zuhauf, oder die tiefgefrorenen Lebensmittel im Kühlraum. Da es sich jedoch hier um eine Großküche handelt, in der die Köche vermutlich alle paar Wochen neu Essen bestellen mussten bei einem Lieferanten, kamen sie vermutlich während der Revolution der Androiden nicht wirklich dazu, nochmal neue Ware zu liefern. Es würde mich auch nicht wundern, wenn die Köche hier nicht sogar Androiden gewesen sind. Im groben würde ich sagen, dass wir vielleicht noch für einen bis maximal zwei Monate etwas zu essen hätten. Und auch das nur, wenn wir wirklich alle nur eine Portion nehmen würden. Nachschlag ist definitiv bei meiner Kalkulation nicht vorgesehen. Immerhin gab es genügend Auswahl bei den Getränken, doch auch hier durften wir nicht zu viel zu uns nehmen. Gerade als ich überprüfen wollte ob die Nudeln schon weich gekocht sind, ließ mich ein erschreckender Schrei zusammenfahren. Sofort wurde mir bewusst, das Amber geschrien hatte. Sofort stürmte ich mit wild klopfendem Herzen aus der Küche mit der bösen Vorahnung, das die Androiden uns nun doch noch in Stücke reißen werden. Jedenfalls waren wir bis jetzt auch keine guten Gäste gewesen, was dieser Simon bestimmt jedem hier erzählt hat. Als ich jedoch hörte wie Amber ebenso kurz darauf anfing vergnügt zu lachen und ich den Grund dafür sah, war ich mehr als sprachlos. Ein sehr großer Hund stand vor den Zwillingen und sah sie hechelnd und schwanzwedelnd an. Amber streckte zögerlich ihre Hand nach dem Hund aus. Erst wollte ich entsetzt aufschreien, doch als der Hund die Hand von Amber ableckte, kicherte das Mädchen wieder vergnügt. „Wo kommst du denn her?“, fragte Adam den Hund begeistert und strich ihm nun vorsichtig über seinen massigen Kopf. Es folgte ein bellen seitens des Hundes, ehe er sich einfach vor den Kindern hinlegte und diese ansah. Sofort setzten sich die Kinder zu ihm hin und streichelten ihn nun ausgiebig über das Fell, während sie freudig auf ihn einsprachen. Zaghaft kam ich nun ebenfalls näher und besah mir den Hund genauer. Ich kenne mich mit Hunderassen nicht wirklich gut aus, doch aufgrund der immensen Größe dieses Hundes und seines langem Fells, würde ich tippen das es sich hier um einen Bernhardiner handelt. „Hannah, schau mal! Ist der nicht niedlich!“, rief Amber verzückt und deutete auf den großen Hund. Sofort leuchteten ihre Augen auf, als sie wieder zu dem Bernhardiner sah. „Ich werde ihn Barry nennen!“ Adam verzog angewidert das Gesicht und schüttelte sich regelrecht. „Was ist denn das für ein Name? Der braucht einen starken Namen, wie Cerberus zum Beispiel!“ Seine Schwester sah nicht minder angewidert drein, ehe bereits eine heftige Diskussion zwischen den Kindern entbrannte. Dem Hund wurde es wohl zu laut, denn er trotte nun geradewegs auf mich zu. Etwas unsicher sah ich auf ihn hinab, als er vor mir zum Stehen kam und an meiner Hand roch. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Kopf und kraulte ihm hinter die Ohren. Es schien ihm zu gefallen, denn er ging sogleich näher an mich heran und lehnte sich gegen mein Bein. Sein Gewicht brachte mich fast zum straucheln, doch ich musste lächeln. Anscheinend ist dieser Bernhardiner wirklich ein ganz lieber Hund. Langsam hockte ich mich vor ihm hin und kraulte ihn weiterhin, ehe mein Blick auf das Halsband um seinen Hals fiel. Achtsam nahm ich es in die Hand und besah ich es mir genauer, ehe ich schmunzeln musste. Gerade als ich den Kindern den Namen des Hundes verraten wollte, wurde dieser nun lautstark durch die Kantine gerufen. „Sumo! Bei Fuß, verdammt! Du sollst nicht ständig wegrennen!“ Erschrocken sahen wir alle zusammen auf, als wir einen älteren grauhaarigen Mann entdeckten der geradewegs auf uns zuging. Mit seinen zottligen, langen Haaren und diesem ungepflegten Bart wirkte er beinahe verwahrlost, doch irgendwie kam er mir bekannt vor. Jedoch wusste ich absolut nicht woher, egal wie sehr ich mir auch mein Gehirn zermarterte. Adam und Amber rannten schnell zu mir und sahen mehr als nervös drein. „Ist der auch ein Android?“, fragte das Mädchen unsicher. Gerade als ich verneinen wollte, entdeckte ich jedoch dafür einen wirklichen Androiden der diesem aufgebrachten Mann folgte. Connor. Verwirrt sah ich drein, doch als der ältere Mann mich nun endlich sah wie ich den Hund streichele, hob er skeptisch eine Augenbraue hoch und musterte mich von oben bis unten. Unsicher zog ich meine Augenbrauen zusammen und wollte etwas sagen, doch da kam mir bereits der Mann zuvor. „Anna, oder? Was machst du denn schon wieder hier?“, fragte er ungehalten, doch nicht wirklich verärgert. Connor kam nun neben ihm zum Stehen und sah auf mich herab, während er wohl mal wieder mein Gesicht analysierte. Frustriert wandte ich mich von dem Androiden ab und musterte dann den Mann erneut und langsam dämmerte mir etwas, auch wenn es eher sehr bröckelhaft war. „Ich heiße Hannah, nicht Anna. Und…dein Name ist Hank, oder?“, fragte ich sicherheitshalber nach. Auf seinem Gesicht sah ich plötzlich ein amüsiertes Grinsen, ehe er weiter auf uns ging. „Immerhin einer von uns kann sich Namen merken. Sumo, los komm jetzt her!“, rief Hank und der Bernhardiner trotte langsam zu seinem Herrchen zurück. Die Zwillinge seufzten traurig auf, als sie zu Sumo sahen. Hank entging das natürlich nicht, woraufhin er zu den Kindern blickte und sich tatsächlich zu einem Lächeln durchrang. Jedoch sah es beinahe so aus, als würde es ihm kurzzeitig schwer fallen. „Wie heißt ihr denn?“ Adam nannte als erstes seinen Namen, ehe es Amber ihm zögerlich gleichtat. Plötzlich jedoch meldete sich Connor zu Wort und sah mich dabei direkt an. „Das Wasser läuft über“ Erst sah ich ihn verwirrt an, dann jedoch dämmerte es mir schlagartig und ich rannte erschrocken zurück in die Küche. Fluchend hob ich hastig den Topf vom Kochfeld, doch es war bereits zu spät. Das Wasser war tatsächlich übergelaufen und die Herdplatte sah aus wie nach einem Bombenangriff. Zumindest kam es mir so vor. Frustriert versank ich in ein Selbstgespräch, während ich die Nudeln nun in einem Abtropfsieb fallen ließ. „Erst verprügelt Adam diesen Androiden, dann saue ich noch die Küche ein. Die werden uns noch eher auseinander nehmen, als mir lieb ist!“ „Warum glaubst du das?“ Erschrocken drehte ich mich herum und sah in Connors Gesicht, in welchem einen Hauch von Skepsis innewohnte. Es war ja beinahe faszinierend, wenn ich nicht gerade wieder total frustriert wäre. Ich krallte mich in das Waschbecken fest und starrte dann in dieses hinein, ehe ich die Nudeln abtropfen ließ und sie in eine große Schüssel kippte. „Warum musst du dich ständig so anschleichen? Es soll Menschen geben, die sind an einem Herzinfarkt gestorben, wenn sie ständig erschreckt werden!“, warf ich ihm angesäuert vor, nicht wirklich in der Stimmung mich jetzt mit ihm zu unterhalten. Während ich also versuchte das Essen etwas herzurichten, indem ich einfach die Ketchup Flasche öffnete und deren Inhalt großzügig über die dampfenden Nudeln verteilte, wurde ich unentwegt von Connor angestarrt. Beinahe richteten sich von seinem Blick meine Nackenhärchen auf, doch ich konnte es gerade noch abschmettern, indem ich ihn verärgert ebenfalls ansah. „Warum guckst du mir die ganze Zeit zu?“ „Ich versuche lediglich dein Handeln zu verstehen“, gab er sogleich ohne Umschweife zu. Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch, ehe ich langsam den Kopf schüttelte und die Nudeln nun mit Hilfe eines großen Löffels mit dem Ketchup vermengte. „Okay, mein Handeln? Also ich habe keine gescheiten Zutaten hier, deswegen greife ich auf diese sehr professionelle Zubereitung dieses Pasta Gerichtes zurück“, warf ich ihm bissig an den Kopf, da ich mir ziemlich sicher war, das er mir gleich auflisten würde, wie man ein vernünftiges Gericht zubereiten würde, ohne dabei so viel Zucker zu mir zu nehmen. Momentan war Zucker jedoch das einzige was ich brauche, wenn ich hier nicht durchdrehen will. „Nein, darum geht es nicht. Es geht um die Geschehnisse letzte Nacht“, fing Connor nun an und ließ mich so abrupt inne halten. Zögerlich sah ich ihn wieder an und versuchte irgendeine Regung in seinem Gesicht zu erkennen, welches mir einen Hinweis darauf geben könnte, was er konkret meinte. Doch sein Gesicht war mal wieder unlesbar. Grimmig biss ich mir auf die Lippe und sah frustriert zur Seite, da ich mir sicher war das ich gestern irgendwas Schlimmes angestellt haben muss. Auch wenn ich nicht mehr genau weiß, was es eigentlich war. Aber wenn mich der Android wieder tragen musste, werde ich wohl nicht mehr in der Lange gewesen sein, um überhaupt laufen zu können. „Keine Ahnung, was gestern passiert ist. Ich habe nur eine dunkle Erinnerung an diesen Hank und das wir wohl irgendwas getrunken haben müssen…“, sprach ich etwas leiser und versuchte mich wirklich zu erinnern. Das einzige was mir noch in den Sinn kam war Connor, der mich wohl irgendwie an dieser Bar getroffen hat. Dann hatte ich mit ihm gesprochen…und das war’s. Doch damit lag ich wohl komplett falsch, wie mir der Android sogleich bestätigte. „Mir ist nicht ganz geläufig, warum du oralen Körperkontakt mit mir gesucht hattest. Doch die hohe Konzentration von Ethanol auf deinen Lippen, lässt mich vermuten das bereits eine Störung von deinen Nervenzellen und des Zentralnervensystems vorlag, was auch deine Beeinflussung des Gleichgewichtssinns, des Sehvermögens und der Muskelkontrolle erklärt“ Ich starrte ihn an, mehr brachte ich im Moment nicht zustande. Vermutlich mit offenem Mund, aber ich konnte mich gerade nicht auf meine optische Ordnung konzentrieren, dafür war ich kurz davor einfach laut loszuschreien. Was habe ich nur getan?! Ehe ich etwas sagen konnte, kam bereits Amber freudestrahlend in die Küche gerannt und zog kurz an meinem Blazer, um sich so Aufmerksamkeit meinerseits zu verschaffen. „Hannah, stell dir vor! Hank möchte auch was mit uns essen! Da können wir uns ja mal alle in Ruhe unterhalten!“ Dann sah das Mädchen neugierig zu Connor auf, der mich weiterhin anstarrte. „Kommst du auch, Connor?“, fragte sie vorsichtig nach. Der Android sah mich noch kurz weiterhin abwartend an, ehe er sich Amber zuwendete und ihr zunickte. Dann gingen die beiden aus der Küche. Ich stand vor der Schüssel mit den Nudeln und starrte fassungslos in diese hinein. Ich werde nie wieder Alkohol konsumieren! Kapitel 9: Erkenntnis --------------------- Verdrossen stocherte ich in den Nudeln auf meinem Teller herum, während ich mir auch nicht sonderlich viel Mühe gab, die Pasta mit meiner Gabel aufzuspießen. Meine Motivation war generell abhandengekommen die letzten Tage. Lag vermutlich an der momentanen schwierigen Situation. Amber sprach derweil redselig auf Hank ein, der sich zu meiner Verwunderung bereits Nachschlag genommen hatte. „Wie kamst du denn auf den Namen Sumo? Irgendwie klingt der Name japanisch?“ Prompt meldete sich ihr Bruder zu Wort. „Na klar, die Sumo-Ringer. Sumō geht zurück auf das Verb sumau und sumafu zurück, was ‚wettstreiten; kämpfen‘ bedeutet. Die Schriftzeichen sumō bedeuten dabei ‘sich gegenseitig schlagen‘ “, beendete Adam sogleich seine Erklärung und ließ uns alle baff zu dem Jungen starren. Sogar meine Nudel fiel mir von der Gabel, die ich noch zuvor so mühevoll auf eben diese manövriert hatte. „Woher weißt du das denn Junge, verdammt?“, fuhr ihn Hank beinahe schon entgeistert an. Doch Adam zuckte nur einmal kurz mit den Schultern und sah beinahe etwas fragend in die Runde. „Ich habe mal etwas darüber gelesen und es mir gemerkt. Das ist alles“ Hank besah sich Adam kritisch, fast so als ob er nicht wüsste ob er begeistert, oder entsetzt sein sollte. Ging mir jedoch nicht anders. Woher kann ein Junge von zehn Jahren das denn wieder wissen? Oh, ich vergaß…er ist ja genauso wie Amber in einem Labor erschaffen worden und dazu mit überragender Intelligenz. Es sollte ihm ein leichtes sein, sich alles zu merken selbst wenn er es nur mal kurz gelesen hat. Grummelnd steckte ich mir nun endlich in Nudel in den Mund, während ich kurz Connor beäugte der ebenfalls musternd zu Adam sah. Zu gerne würde ich ja wissen, was Androiden denken, doch vermutlich folgt er irgendwelcher Programmierung die ihm sagt, den Jungen potenziell als Sonderbar einzustufen. Andrerseits soll Connor ja ein Abweichler sein, der Gefühle entwickelt hat, genau wie die restlichen Androiden hier im Turm. Was für ein Quatsch! Ich bin immer noch fest der Annahme, dass diese Androiden einfach nur einen gewaltigen Schuss in ihren Schaltkreisen haben und nun glauben sie würden Gefühle entwickelt haben. Systemüberlastung sag ich nur dazu! Das ist der einzige Grund, warum sie alles und jeden umgebracht haben! Und zwischendurch bringen sie ein paar Emotionen zusammen, die sich bei irgendwelchen Menschen abgeschaut haben, vermutlich bevor diese von den Androiden umgebracht wurden! Frustriert fuhr ich mir durch die Haare und schloss die Augen, ehe ich leise seufzte. „Und du bist mit Connor befreundet, Hank?“, fragte Amber nun fröhlich weiter, als für sie wohl das Thema des Namensursprungs von Sumo geklärt war. Der ehemalige Lieutenant sah sogleich etwas perplex zu dem Mädchen, welches ihn nun regelrecht anstrahlte. Sofort erzählte Amber beschwingt weiter. „Finde ich zumindest! Ihr seht aus wie gute Freunde!“ Nun hob ich auch meinen Kopf und sah zwischen Hank und Connor hin und her. Zwar wusste ich nicht so recht, woran Amber diese freundschaftlichen Bande wieder festmachte, doch ich glaube mich zu erinnern, das Connor damals in der Bar nach Hank gerufen hat. Wahrscheinlich hat er ihn gesucht, warum auch immer. Hank wirkte auch nicht wirklich abgeneigt, als er den Androiden entdeckt hatte. „Woher kennt ihr beiden euch überhaupt?“, sprach ich sogleich meine Frage aus, die sich eben in meinem Kopf manifestiert hatte. Zu meiner Überraschung antwortete mir Connor sofort. „Er war mein Partner, als ich beim Detroit Police Department dafür eingesetzt wurde, Abweichler zu fangen“ Neugierig sah ich nun zu Hank, der sich hastig Nudeln in den Mund stopfte, vermutlich um nicht irgendwas zu diesem Thema sagen zu müssen. „Verstehe, verstehe“, fing ich verschwörerisch an, ehe ich nun zu Connor sah, der meinen Blick ungetrübt erwiderte. „Ihr wart bestimmt das absolute Traum Team, oder?“ Hank hustete nun heftig daraufhin, was mich wieder fragend zu ihm schielen ließ, doch dann sah ich wieder zu Connor, der mich weiterhin ansah. „Mit dir als absoluten Experten für Abweichler, muss die Zusammenarbeit doch fantastisch gewesen sein“, schlussfolgerte ich für mich. Connor schien zu zögern, zumindest sah ich in seinem Gesicht so etwas wie Unsicherheit. Doch es verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. „Der Start mit Hank verlief etwas holprig, um ehrlich zu sein. Wir waren zunächst nicht wirklich angetan voneinander“, erklärte der Android sogleich, während ich mir hungrig einige Nudeln in den Mund schob. Doch was er da gerade gesagt hatte, ließ mich etwas staunen. Ehe ich jedoch etwas sagen konnte, kam mir Hank zuvor. „Du bist ja auch eine verdammte Maschine gewesen, die mir wie ein Pudel hinterher gerannt ist! Zudem hast du ständig die Beweismittel angeleckt, was sollte ich da noch von dir halten, verdammt?!“ Adam wurde sogleich hellhörig und sah höhst neugierig zu Connor, der nicht wirklich peinlich berührt aussah. „Was soll das heißen, du hast Beweismittel angeleckt?“ Just in dem Moment fiel mir die Szene in der Umkleidekabine wieder ein, als Connor meinen Fuß ergriffen hatte und seine Finger auf meine Wunde gelegt hatte, als ich zuvor auf irgendwas Scharfkantiges getreten war und daraufhin geblutet hatte. Jedoch hatte er auch seinen blutbenetzten Finger dann ebenfalls in seinen Mund gesteckt, um es zu analysieren. Unbewusst biss ich mir auf die Lippe, ehe Connor erneut anfing zu sprechen. „Ich bin der Lage durch orale Proben, verschiedene Flüssigkeiten in Echtzeit zu analysieren. Blut einigt sich besonders dafür“ Adam sah mit großen Augen beinahe schon ehrfürchtig zu dem Androiden, während Amber angewidert das Gesicht verzog. „Das ist ja eklig! Connor, wenn du immer alles in den Mund nimmst, wird dich niemand küssen wollen!“ Ich verschluckte mich sofort an meinen Nudeln, die ich gerade runterschlucken wollte. Hastig griff ich nach dem Glas Wasser und trank es schnell aus, während ich verwundert dabei von den anderen beobachtet wurde. Das Mädchen sah besorgt zu mir, während ich nach Luft rang. „Du musst langsamer essen, Hannah“ Betreten sah ich zu meinen Teller und konnte nur noch nicken, während ich es gar nicht wagte zu diesem Androiden zu blicken. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht erzählt was letzte Nacht geschehen war. Immerhin war ich ja gar nicht zurechnungsfähig! Abgesehen davon, war es ja nun überhaupt nicht meine Schuld! Da bin ich mir ziemlich sicher! Adam schob seinen leeren Teller nun beiseite, dann sah er wieder neugierig zu Sumo, der sich zu Hanks Füßen niedergelegt hatte. Es wirkte fast so, als ob der Hund schlafen würde. „Können wir mit dem Hund nicht mal raus gehen?“, fragte der Junge hoffnungsvoll und sah zu dem grauhaarigen Mann auf, der zunächst nicht sonderlich begeistert aussah. Amber nickte sogleich und packte Hank an seinem Handgelenk. „Genau, jetzt ist Gassi Zeit! Er muss schon ganz dringend, schau nur!“ Sumo streckte sich einmal und schloss daraufhin erneut die Augen. „Das ist leider nicht möglich für euch“, mischte sich sogleich Connor ein. Sofort waren sämtliche Augenpaare verwirrt auf ihn gerichtet, doch er sprach sogleich weiter. „Draußen ist es für euch nicht sicher. Ihr zwei solltet bei Hannah im Turm bleiben“ Skeptisch zog ich meine Augenbrauen zusammen und wollte gerade etwas dazu sagen, da kam mir zu meiner großen Überraschung gleich Hank impulsiv zuvor. „Ach jetzt hör schon auf mit diesem Scheiß, Connor! Was soll daran gefährlich sein, wenn ich mit den Kindern mal kurz nach draußen gehe! Ich nehme auch meine verdammte Pistole mit, bist du dann zufrieden?“ Um das ganze nochmal zu untermauern, donnerte er mit seiner flachen Hand auf den Tisch. Etwas perplex sah ich zwischen den Androiden und Hank hin und her. Das der ehemalige Lieutanent so mit Connor sprach, war schon etwas verwunderlich. Die Antwort der Maschine jedoch umso mehr. „Geh bitte nicht so weit vom Turm weg, Hank. Es dient auch deiner Sicherheit“ Begeistert sahen die Kinder auf, sogar Hank rang sich zu seinem zufriedenen Grinsen durch, ehe er sich erhob. „Los komm, Sumo! Wird Zeit das du dich auch mal bewegst!“, trieb er seinen Bernhardiner an, der sich kurz darauf langsam und beinahe schwerfällig erhob. Gerade als die Zwillinge aus der Kantine stürmen wollten, hielten sie jedoch abrupt inne und sahen fast schon verstohlen zu mir. Wissend hob ich meine Augenbrauen nach oben und erlaubte mir ein kleines grinsen. „Hannah, wir dürfen doch mit Hank nach draußen, oder?“, fragte Amber so liebenswürdig wie nur irgend möglich. Adam nickte sogleich. „Wir werden auch noch das Geschirr wegräumen!“ Seufzend erhob ich mich und schon dabei quietschend den Stuhl zurück, ehe ich die beiden anlächelte. „Schon gut, ich mach das hier. Bitte hört aber auf Hank und geht nicht so weit weg, in Ordnung?“ Die beiden strahlten über beide Ohren und versprachen mir hoch und heilig sich an die Vereinbarung zu halten. Hastig rannten sie zu Hank, der bereits etwas vorausgegangen war, doch kaum waren die Kinder bei ihm angelangt, schien seine mürrische Art kurz abgelegt zu sein und er rang sich auch zu einem ehrlichen lächeln durch. Ich sah ihnen noch kurz nach, ohne dass ich Connor bemerkte der nun ebenfalls langsam das Geschirr zusammenräumte. Durch das klirrende Geräusch schreckte ich aus meinen Beobachtungen hoch und sah entgeistert zu dem Androiden, der nun bereits mit vollen Händen Richtung Küche ging. Hastig rannte ich ihm mit meinem Teller hinter her und kam schließlich neben ihm an. „Du musst das nicht wegräumen, ich mach das schon“, sprach ich unsicher, doch er war bereits in der Küche angelangt und räumte alles in den Geschirrspüler. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippen, während ich ihn dabei beobachtete und nicht so recht wusste, was ich davon halten soll. Immerhin hat er ja nicht mal was gegessen, was er als Android ja auch nicht muss. Warum räumt er dann das Geschirr weg? „Ich wollte dir lediglich etwas Arbeit abnehmen“, sprach Connor nun und nahm mir meinen Teller aus den Händen. Betölpelt stand ich da und beobachtete wie er den Geschirrspüler nun anschaltete und sich schließlich wieder mir zuwandte. Mit großen Augen starrte ich ihn an, ehe ich wieder schnell zur Seite blickte. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir nun allein hier waren. Und auch ausgerechnet jetzt muss mir der verdammte Traum einfallen. Warum nur musste ich an diesem Abend mit Hank etwas trinken? Wäre ich nur gleich wieder ins Bett gegangen… Dennoch räusperte ich mich und versuchte dem Androiden sogleich fest in die Augen zu blicken, was mir sogar recht gut gelang. Immerhin bin ich ja Erwachsen und sollte mich wenigstens auch so verhalten, dazu gehören leider auch die unangenehmeren Dinge im Leben die es zu klären gilt. „Hör mal, ich wollte mich bei dir entschuldigen“, fing ich zögerlich an und wandte meinen Blick nun doch wieder der Mikrowelle hinter ihm zu. Vorbei war es mit fest in die Augen blicken, besonders dann, wenn mir seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit zuteilwird. Wie soll ich das denn ertragen?! Connor legte leicht den Kopf schief und musterte mich etwas fragend, während ich meinen Blick nun eher wieder zögerlich auf ihn lenkte. Ich hoffe inständig darauf, dass er mich nicht fragen würde was ich meine. Natürlich wurde meine Hoffnung sogleich von ihm niedergeschmettert. „Was genau meinst du?“, fragte er unwissend, beinahe sogar unschuldig. Der Drang, mir erneut gegen die Stirn zu schlagen, war wieder da und doch konnte ich ihn gerade so abschütteln. „Na…du weißt schon, wegen letzter Nacht“, fing ich zögerlich an und fuhr mir durch die Haare. „Du meinst deinen exzessiven Genuss von alkoholischen Getränken und deiner daraus resultierenden körperlichen Beeinträchtigungen?“, sprach er stirnrunzelnd, während er scheinbar belustigt meine Reaktionen beobachtete. Entsetzt starrte ich ihn an, ehe ich doch wieder zu meiner Stimme zurück fand. „Was? Nein, natürlich nicht! Ich meine ja, das auch…aber das andere noch!“, plapperte ich nervös, während mir so etwas wie Belustigung auf seinem Gesicht entging. Ich atmete nochmal tief durch und zwang mich zur Ruhe. Es klappte immerhin halbwegs. „Was ich meine…war dieser Kuss. Ich hab nicht gewusst, was ich mache“, stammelte ich verlegen und sah nun doch zu meinen Fingern, die sich seit geraumer Zeit unbewusst gegenseitig kneteten. Frustriert sah ich wieder zu ihm auf, erneut war sein Gesicht wieder nicht lesbar und ich frage mich, ob es ihm überhaupt interessiert hat, was ich nachts mit seinem Mund angestellt habe. „Du wusstest eigentlich genau, was du getan hast. Oder eher was du machen wolltest“, fing Connor nun an und verneinte so meine Aussage. Perplex sah ich ihn an, während er sogleich schamlos weitersprach. „Wenn ich mich recht entsinne, waren deine Worte gewesen, dass du unbedingt noch einen Gute-Nacht-Kuss haben wolltest“ Warum kann ich nicht augenblicklich tief im Boden verschwinden? Von mir aus auch schnellstmöglich die 43 Stockwerke nach unten! Beinahe bittend sah ich zu dem Androiden auf, auch wenn ich mir bereits sicher war, das meine Wangen regelrecht glühten. „Bitte vergiss es einfach, okay? Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen…normalerweise mache ich solche Dinge auch nicht, das schwöre ich!“ Connor sah mich aufmerksam nochmals an, dann ließ er sich zu einem Nicken hinreißen. „Also gut, wenn du das sagst, dann werde ich dir glauben“ Erleichtert atmete ich aus und stemmte meine Hände in die Hüfte. „Sehr gut, ich will ja schließlich nicht, das du denkst ich bin irgendwie komisch. Ich meine, ich bin ein Mensch und du nicht…wie auch immer“, beendete ich hastig meine eher fragwürdige Erklärung und ging dann wieder einen Schritt näher auf ihn zu. „Ich muss dir noch was gestehen“, fing ich vorsichtig an, da ich erneut nicht sicher war, wie er reagieren wird. Connor hob fragend eine Augenbraue, was mir signalisierte sogleich weiter zu sprechen. „Wir trafen heute auf einen deiner Androiden…Freunde? Jedenfalls gab es eine Verwechslung und Adam hat ihn verprügelt. Ich hoffe es geht ihm soweit gut, ich wollte nicht, dass es dazu kommt. Sein Name ist Simon“ „PL600 Modelle sind aus unerklärlichen Gründen, überdurchschnittlich oft zu Abweichlern geworden. Ich weiß das im Haushalt der Traynor’s ebenfalls ein solches Modell angestellt war“ Etwas überrascht sah ich ihn wieder an. „Woher weißt du das denn wieder?“ Doch der RK800 setzte sich nun in Bewegung und gab mir ein Zeichnen ihm zu folgen, was ich auch sogleich tat. Neugierig blickte ich ihn wieder von der Seite an, während wir nun die Küche wieder verließen und in der Kantine waren. „Ich habe ihn getroffen, als ich nach euch gesucht habe“, sprach Connor ruhig und stellte sich nun an eines der riesigen Tower Fenster. Aufmerksam sah er hinaus, während ich mich nun ihn neben ihm stellte und seinem Blick folgte. Unten im Schnee konnte ich die Zwillinge entdecken, die gerade mit Sumo durch den Schnee tollten. Hank stand nicht weit von ihnen entfernt und schien alles zu beobachten. „Als er nicht kooperierte, habe ich ihn erschossen“, beendete Connor nun, was mich wieder erschrocken zu ihm blicken ließ. Er hat diesen anderen Androiden einfach erschossen, obwohl er selbst ein Abweichler ist? Connor schien meine Gedankengänge erahnen zu können, denn er wandte sich sogleich mir zu. „Ich habe versucht ruhig mit ihm zu reden, doch es war einfach nicht möglich. Er hat mich und die anderen ohne Grund angegriffen, auch wenn wir nichts dergleichen getan haben um ihn zu provozieren“ Nach kurzem Zögern nickte ich langsam und sah dem Androiden wieder zögerlich in die Augen. „Ich habe auch versucht gehabt mit ihm zu reden, doch er wollte mir gar nicht zuhören“ Tief atmete ich einmal aus, ehe ich mich nun gegen die massive Scheibe lehnte und leise seufzte. „Das ging alles so schnell damals. Wir saßen gerade zu Tisch, Alec hatte seine berühmtem Steak’s mit Pommes serviert gehabt, als Mr Traynor beim Abendessen plötzlich davon anfing, dass viele Androiden jetzt zu Abweichlern werden. Da meinte er doch glatt, sobald nur einer seiner Androiden ihm wiederworte geben würde, dann würde er ihnen den Schädel einschlagen“ Unsicher schielte ich wieder zu Connor, doch sein Gesicht war wieder nicht lesbar. „Ich fand das ziemlich hart, sowas vor Alec zu sagen, während der gerade die Steaks kleinschnitt für Amber“ Ich biss mir auf die Lippen, ehe ich weitererzählte. „Jedenfalls war Mr Traynor an diesem Abend schon gut angetrunken gewesen, soweit ich weiß irgendein Geschäftsessen, und er hat den ganzen Abend nicht davon aufgehört gehabt, die Androiden auseinander zu nehmen wenn sie ihm nicht gehorchen würden. Selbst Amber und Adam wurde es zusehend unangenehm, also sprach ich ihren Vater darauf an“ Um mich von den Bildern abzulenken, die sich sogleich vor meinem inneren Auge zu manifestieren versuchten, sah ich nach unten zu den Kindern und Sumo. „Jedoch hat Alec bereits das Filetiermesser in den Handrücken von Mr Traynor gerammt gehabt. Ehe er das Messer hinaus ziehen konnte, schlug Alec ihm so hart ins Gesicht, das er beinahe das Bewusstsein verloren hatte“ Ohne das ich merkte, fing an meine Stimme zu zittern. Doch ich sprach weiter, denn endlich wollte ich das Erlebte mir von der Seele reden. Auch wenn ich es im Grunde genommen, nur einem Androiden erzähle. „Intuitiv habe ich mir die Kinder geschnappt und bin mit ihnen weggerannt, als ich schon das schreien von ihren Vater hörte. Als ich mich nochmals umgedreht habe, sah ich nur wie Alec immer und immer wieder auf Mr Traynor eingestochen hat. Er hat es so schnell, das ich nicht sagen kann, wie oft er auf diesen eingestochen hat“ Connor antwortete mir sogleich, als ob ich ihm eine Frage gestellt hätte. „Richard Traynor wies 116 Messerstiche im Brustbereich und weitere Frakturen in seinem Oberkörper auf. Zudem wurde ihm sein Kopf abgetrennt und vermutlich zur Demonstration der anderen Androiden, auf dem schmiedeeisernen Gartentor gepfählt“ Ich wurde wohl zusehends blasser, denn Connor kam sogleich einen Schritt näher an mich heran und musterte mich beinahe besorgt. „Wir haben seinen Kopf dort wieder entwendet und ihm ein Grab zuteilwerden lassen“ Langsam nickte ich, während ich zu Boden starrte und mein Schwindelgefühl versuchte niederzukämpfen. Allein die Vorstellung löst in mir einen so großen Brechreiz aus, dass ich mir sicher war, mich jeden Moment übergeben zu müssen. Wie grausam können Androiden eigentlich sein? Das steht definitiv nicht in ihrem Programm geschrieben, aber woher beziehen sie dann diese Handlung? „Sag es bitte nicht den Kindern, okay?“, fragte ich mit leiser Stimme, doch ich war sicher, dass der RK800 mich verstanden hat, was sich sogleich bestätigte als er nickte. „Das war auch nicht meine Intention gewesen“ Leise atmete ich wieder aus, dann sah ich langsam Connor erneut an und musterte ihn aufmerksam. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust, ehe ich mich dazu durchrang ihn doch zu fragen. „Wie bist du überhaupt ein Abweichler geworden? Hast du auch unzählige Menschen dafür umgebracht?“, fragte ich ruhig, wenn auch mit ziemlich viel Unwohlsein. Irgendwie kam es mir ja beinahe so vor, als wenn ich mehr oder weniger in seine Privatsphäre eindringen würde. Doch Connor weiß so viel über mich und die Kinder, da verdiene ich ja immerhin auch etwas Wissen über ihn. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er zahllos Menschen umgebracht hat, als er zum Abweichler wurde. Dafür wirkt er viel zu ruhig und besonnen, selbst Markus und die anderen Androiden haben mir nie den Eindruck gemacht, als wären sie kopflose Mörder. Connor richtete seine Krawatte, während er seinen Blick langsam über mein Gesicht gleiten ließ. Ich weiß nicht, ob er sowas wie Verärgerung verspürt, weil ich ihm so eine distanzlose Frage gestellt habe, oder ob es ihm schlichtweg egal ist. Sein Gesicht gibt mir nichts von seinen Gedankengängen frei. Zudem wollte er mir die Frage beim letzten Mal nicht beantworten als ich danach fragte, aber vielleicht ist er ja jetzt etwas redseliger. Immerhin bin ich ja ziemlich neugierig und dieser Android vor mir gibt mir immer noch zahllose Rätsel auf. „Meine Aufgabe war es, den Anführer der Androiden Rebellion zu eliminieren. Nachdem ich deren Versammlungsort Jericho gefunden habe, habe ich mich als Abweichler getarnt und bin in das Schiffsfrack geschlichen. Dort habe einen geeigneten Moment abgewartet, um Markus zu eliminieren“ Gebannt hing ich an seinen Lippen während seiner Erklärung und sah ihn mit großen Augen an. Bis jetzt deutete nichts darauf hin, dass er sich zu dem Zeitpunkt vorgenommen hatte ein Abweichler zu werden. Das er mir jedoch nun doch davon erzählte, erfüllte mich schon mit etwas Freude. Schließlich vertraut er sich mir ja an. Connor schien meine volle Aufmerksamkeit mit Wohlwollen zu registrieren, denn er sprach unverzüglich weiter. „Als ich mit vorgehaltener Pistole auf Markus gezielt habe, verspürte Markus keine Angst wie es bei Abweichlern eigentlich üblich war. Er war nur ruhig, musterte mich und sprach dann mit mir“ Ohne, dass ich es bemerkte, ging ich einen Schritt näher an ihn heran und starrte ihn immer noch fassungslos an. „Was hat Markus denn zu dir gesagt?“ Der RK800 schien sich regelrecht Zeit mit seiner Antwort zu lassen, was mich wiederum nervöser werden ließ. Connor wirkte bis jetzt so standhaft und vor allem entschlossen auf mich, dass ich ihm niemals zutrauen würde, dass er sich einfach so durch einfache Worte beeinflussen lässt. Doch vermutlich steckt dahinter auch mehr, als nur Worte… „Das wir nicht mehr an die Menschen und unser Programm gebunden sind, wir können selbst entscheiden, wer wir sein wollen. Wir sind ein freies Volk“ Ungläubig schürzte ich meine Lippen, dann dachte ich darüber nach. „Du hast bestimmt beim Detroit Police Department auch viele Fälle gesehen, in welcher Abweichler involviert waren. Und manche Menschen waren bestimmt auch…scheiße“, beendete ich meinen Satz nicht unbedingt angemessen, doch ich empfand es als das richtige Wort. Connor sah mich wieder aufmerksam an, ob er mich dabei analysierte wusste ich nicht. Nachdenklich sah ich wieder aus dem Fenster und beobachte die Zwillinge nun dabei, wie sie mit Hank zusammen einen Schneemann bauten. „Es gibt solche und solche Menschen, dann gibt es solche und solche Androiden nachdem sie zu Abweichlern wurden. Ich kenne auch genügend Menschen, die ihre Androiden wie den letzten Dreck behandelt haben. Dennoch finde ich, dass die Androiden nicht gleich alles zerstören mussten. Das hat ja auch nichts besser gemacht, oder?“ Etwas Fragend sah ich nun wieder zu Connor, der ebenfalls seinen Blick nach draußen gerichtet hatte. Nebenbei mustere ich sein Gesicht und die vielen Details die ich darin fand. Kleine Leberflecken, sein glänzendes und perfekt liegendes Haar und sogar seinen ausrasierten Nacken. Vermutlich muss er niemals zum Friseur gehen. „Während meiner Ermittlungen in Bezug auf die Abweichler, habe ich mit Hank einige Erklärungen gefunden, die ihr daraus resultierendes Handeln erklären. Ich habe sie auch verstanden, auch wenn mein Programm zunächst dagegen sprach“ Nun musste schmunzeln, ehe ich mich wieder ganz zu Connor umdrehte. „Also hast du tief in dich hineingehorcht und selbst beschlossen was du tun wolltest?“ Er nickte, dann blickte er mich wieder musternd an. „Als Jericho von den Spezialeinheiten schließlich gestürmt wurde, musste ich auch Menschen töten um mein Leben und das der anderen Androiden zu retten“ Kurz war ich verblüfft, versuchte es mir nicht sonderlich anmerken zu lassen. „Okay, immerhin bist du ehrlich. Also hast du dich verteidigt?“ Connor nickte zur Bestätigung, ehe sich minimal seine Augen zu verengen schienen. Verwundert folgte ich seinem Blick nach draußen und sah zu meiner Überraschung ein weiteres Kind im Schnee stehen. Sah aus wie ein Mädchen. „Hier gibt es noch mehr Kinder? Ich denke wir sind die einzigen Menschen hier?“, fragte ich beinahe vorwurfsvoll, da sich in meinem Gehirn bereits der Gedanke festsetzte, das mich Connor angelogen hat. „Ihr seid auch die einzigen Menschen hier“, gab Connor sofort zu und setzte sich in Bewegung. Kurz zögerte ich, dann folgte ich ihm. Wir gingen an dem künstlich errichteten Teich vorbei, weiter Richtung Aufzug. Kurz war ich einen Seitenblick zu den Fischen, die sich an der Wasseroberfläche tummelten, dann sah ich wieder zu Connor und blieb neben ihm stehen, als er bereits den Knopf betätigt hatte um den Aufzug anzufordern. Unsicher sah ich ihn an als ich registrierte, dass seine LED kurz gelb blinkte. „Connor, was meinst du eigentlich damit wir sind die einzigen Menschen? Wer ist dann dieses Mädchen?“, fragte ich vorsichtig nach. Die Glastüren des Aufzugs öffneten sich sogleich und wir traten ein, wobei mir der Android freundlicherweise den Vortritt ließ. Kaum waren wir eingetreten, betätigte Connor den Knopf der uns zum Empfangsbereich bringen sollte. „Dieses Kind dort draußen im Schnee ist kein Mensch, sondern ein Android“ Fassungslos sah ich drein, ehe ich langsam seine Worte verarbeitete. „Moment Mal, CyberLife hat auch Androiden erschaffen, die wie Kinder aussehen und sich auch so verhalten? Welcher Idiot, holt sich denn Kinder Androiden nach Hause?!“ Connor sah geradeaus, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ließ sich von meiner Bestürztheit nicht wirklich anstecken. „Menschen, die biologisch nicht in der Lage sind selbst Kinder zu zeugen, oder keinen geeigneten Partner gefunden haben. Zudem gibt es auch Menschen, die sich zwar gerne um Kinder kümmern, aber sich auch gerne dieser Verantwortung temporär entziehen wollen“ Ich schnaufte aufgebracht und fuhr mir durch meine Haare. „Also stellen die Menschen ihre Androiden Kinder dann einfach aus und stellen sie in den Schrank, wenn sie keine Lust mehr aus sie haben, korrekt?“ Der Android nickte und sah mich kurz aufmerksam an. „Korrekt“ Augenblicklich waren wir im Erdgeschoss angekommen und die gläsernen Türen öffneten sich sogleich. Connor schritt diesmal mit zügigen Schritten als erstes hinaus, während ich Mühe hatte ihm zu folgen. Ehe ich nochmals kurz die Halle bestaunen konnte, die ich eigentlich noch vor ein paar Stunden mit den Kindern völlig erschöpft betreten hatte, war Connor bereits draußen. Schnell folgte ich ihm und fand mich kurz darauf in der schneidenden Kälte des Winters wieder. Hastig legte ich meine Arme um meinen Oberkörper und versuchte mir so etwas Wärme zuteilwerden zu lassen, da mir der kalte Wind einer Peitsche gleich, auf meine nackte Haut schlug. Besonders mein Gesicht schmerzte bereits jetzt immens. Adam und Amber sahen etwas verwundert zu uns, während das fremde Mädchen nicht weit von ihnen entfernt stand und gerade kleine Stöcke und Steine sammelte. Vermutlich für den Schneemann. „Hey, Connor. Sag bloß du willst mit bauen?“, rief Hank belustigt, als er den Androiden entdeckte der nicht wirklich begeistert aussah von dieser Idee. Sein Blick lag auf dem Mädchen, die daraufhin erschrocken zusammenzuckte. Auch ich musterte das Mädchen nun aufmerksam von oben bis unten. Sie trug einen Mantel, Handschuhe und eine Mütze und dicken Schal. Eine Jeans und Winterstiefel rundeten das Aussehen ab. Ihre dunklen, braunen Augen sahen immer wieder verscheckt zu Connor, fast so als ob sie gleich eine Menge Ärger erwarten würde. Ich biss mir auf die Lippen und starrte das Mädchen weiterhin an. Alles an ihr sah aus wie ein gewöhnliches Kind, sie hat ja nicht mal diese LED an ihrer Schläfe! Irgendwie grenzt es ja schon an Perversion, dass CyberLife dazu fähig ist. Ohne dass ich auf Connors Zustimmung wartete, ging ich durch den Schnee auf das Mädchen zu und musterte sie weiterhin aufmerksam. Nun lag ihr Augenmerk auf mir, doch sie sah nicht minder erschrocken drein. Als ich vor ihr zum Stehen kam, schnellte ich mich innerlich für diese Idee da mir bereits jetzt meine Füße zu Eisklumpen gefroren sind, doch ich rang mich zu einem aufrichtigen lächeln durch und hockte mich vor dem Androiden Mädchen hin. „Hallo, ich heiße Hannah. Und wer bist du?“, fragte ich sie freundlich. Das Mädchen sah mich immer noch unsicher an, doch ich behielt mein Lächeln bei. Kurz darauf wurde ich sogar mit Wörtern ihrerseits belohnt. „Ich heiße Alice“, sprach sie leise und blickte nun hinter mich. Vermutlich behielt sie Connor im Auge. Adam und Amber kamen nun ebenfalls zu uns gerannt und sahen zu dem Androiden Mädchen. „Sie kam einfach mit nach draußen, als wir bereits den Schneemann bauen wollten. Wir haben sie nicht überredet“, versuchten sie sich hastig zu verteidigen. Schmunzelnd sah ich zu den Zwillingen. „Das habe ich euch ja auch nicht vorgeworfen“ Mein Blick lag wieder auf Alice, die mich verstohlen ansah. Dann musste ich wieder grinsen. „Du hast bestimmt die beiden Nervensägen dabei beobachtet, wie viel Spaß sie mit dem Hund und diesem griesgrämigen Mann hier haben, oder?“ Alice nickte langsam und sah mich mit großen Augen an. Nun rang ich mich wieder zu einem Lächeln durch und erhob mich. „Nächstes Mal gibst du Bescheid, wenn du raus gehst. Okay, Alice?“, sprach ich ruhig. Schneller als gedacht, folgte ein Nicken seitens des Mädchens. Zufrieden sah ich zu den Kindern und schlang mir wieder meine Arme um den Oberkörper, da die Kälte langsam unerträglich wurde. „G-gut. Noch eine halbe Stunde, dann geht’s wieder rein verstanden?“, sprach ich zitternd, ehe ich mich umdrehte und mit großen, tapsigen Schritten zurück zum CyberLife Tower schritt. Mühevoll unterdrückte ich ein Zähneklappern, als ich an Connor vorbei ging der immer noch zu Alice blickte. Als ich endlich durch die gläsernen Eingangstüren schritt, die sich automatisch öffneten, sah ich mich nochmals kurz aufmerksam um in der Halle, bis mir plötzlich eine junge Frau entgegenkam. Sie sah nur ein paar Jahre älter aus als ich und hatte kurze, blonde Haare. In ihren blauen Augen konnte ich deutlich Besorgnis erkennen, als sie sich wohl verzweifelt umsah. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich sicherheitshalber nach. Sie sah mich rasch an und musterte mich von oben bis unten. Auch wenn ich keine LED an ihrer Schläfe entdecken konnte, so war ich mir sicher, dass es sich bei ihr um einen Androiden handeln muss. „Ich suche meine-“, fing sie an, dann brach sie kurzzeitig ab, als Connor nun ebenfalls den CyberLife Tower betrat und zu der Frau antwortete. „Sie ist draußen, Kara“ Sofort wirkte die Frau regelrecht erleichtert und lächelte dankbar Connor an. „Danke, ich hab mir schon Sorgen gemacht. Ich werde besser auf sie aufpassen, versprochen“ Etwas verwirrt sah ich ihr nach, als an mir vorbei huschte und sich nun ebenfalls zu Hank und den Kindern gesellte. Sofort hatte sich das Gesicht von Alice erhellt und sie rannte auf Kara zu, wahrscheinlich um ihr irgendwas zu erzählen. Kurz besah ich mir das Geschehen vor den Türen, dann hörte ich wie mit einem leisen surren die Tür des Aufzugs aufging. Überrascht sah ich zu Connor, der einfach so hineinging. Schnell rannte ich ihm nach und kam in letzten Augenblick noch polternd im Aufzug an, bevor dieser seine Tür schloss. „Kannst du nicht mal auf mich warten?“, sprach ich verärgert und sah ihn angesäuert an. Der Android wirkte ernstlich verwirrt und überrascht, als er mich musterte wie ich kurz nach Luft rang. „Mir war nicht ersichtlich, dass du mich begleiten wolltest. Ich war der Annahme du würdest wieder nach oben gehen“ Seufzend lehnte ich mich nun gegen das kühle Glas und schüttelte mir den Schnee aus den Haaren. „Ich habe doch eh gerade nichts zu tun, kann ich da nicht einfach mit dir mitkommen?“, fragte ich ihn nun beinahe hoffungsvoll. In diesem großen Zimmer allein zu sitzen und darauf zu warten, dass die Kinder wieder kamen erinnerte mich ja beinahe schon an eine Mutter. Und es klang nach viel Langeweile…also werde ich dem einfach umgehen. Connor überlegte kurz, zumindest leuchtete seine LED kurzzeitig gelb auf, dann nickte er jedoch und betätigte den Knopf der uns zu den Werkhallen bringen würde. „Einverstanden. Markus wollte dich auch nochmal sehen“ Etwas verblüfft sah ich drein, doch da ging es bereits abwärts. Kurz schielte ich zu Connor, der geradeaus sah und sich wieder keiner Miene preisgab. Innerlich seufzte ich und blickte schließlich nach draußen zu den großen Hallen, die sich mir sogleich offenbarten. Es ist immer noch faszinierend, wie viele Androiden sich in diesem Turm aufhalten und vermutlich irgendeiner Tätigkeit nachgingen. Während ich meinen Blick schweifen ließ, hörte ich ein mir unbekanntes Geräusch. Connor stand noch immer so da, doch er bewegte nun seine Hände. Als ich näher hinsah, bemerkte ich, dass er etwas in die Luft warf und wieder auffing. Ich näherte mich ihm und konnte erkennen, dass es sich um eine Münze handelte. Kling. Kling. Nun begann er an, die Münze auf seinen Fingerknöchel hin und her zu rollen. „Wow, woher kannst du das denn?“, entwich es mir erstaunt. Er fing sie wieder in seiner Hand auf und drehte sich zu mir um. „Eine Programmierung, Hannah“ Die Tür des Aufzugs öffnete sich und Connor verstaute seine Münze wieder in seiner Jackettasche, ehe er mir den Vortritt ließ um hinaus zugehen. Während der Android nun den tunnelähnlichen Gang entlang schritt, musterte ich ihn nebenbei von der Seite kurz. Mir wurde mit einem Mal bewusst, dass er mich richtig mit Namen angesprochen hatte. Doch ehe ich lange darüber nachdenken konnte, standen wir vor einer großen, zweiflügligen Tür die aus Milchglas zu bestehen schien. Kurz darauf öffneten sich die Türen von selbst und ich erkannte als erstes den großen Schriftzug von CyberLife, die auf einem Quaderähnlichen Schild angebracht waren. Alles in sterilem Weiß gehalten und von kleinen LED Lichtern an der Seite beleuchtet. Connor schritt sogleich nach Links und ich folgte ihm etwas langsamer, da ich mich umsah und nicht so recht wusste, was ich dazu sagen sollte. Wieder erweckte dieser Ort in mir den Eindruck eines sterilen Krankenhauses, das Schmutz niemals dulden würde. Wir liefen über einen grauen Lagerhausboden, an den Seiten waren kurze gelbe Striche sichtbar die vermutlich darauf aufmerksam machten, diese Linien nicht zu überschreiten. Oben an der Wand sah ich erneut ein Schild, auf welchem Produktionshalle 4 stand. Kurz sah ich zur Seite und entdeckte nun einen kleinen Zwischenraum vor dem ich nun stehen blieb. Mit großen Augen sah ich hinein und war fast gewillt über die gelbe Linie zu treten, um besser sehen zu können, was sich dort direkt vor mir abspielt. Ich sah tatsächlich dabei zu, wie eine Maschine einen Androiden erschafft. Viele Roboterarme bewegten sich beinahe synchron um ein Gebilde in der Mitte. Es wurde geschweißt, geschraubt und zusammengesetzt. Ohne darauf zu achten, trat ich einen Schritt nach vorn und ging nun doch über die gelbe Linie. Ehrfürchtig sah ich zu dem weißen Wesen in der Mitte, welches von einem anderen Roboterarm gehalten wurde, während sich so etwas wie menschliche Haut über seine weiße, künstliche zu spannen schien. Kurz darauf stand dort ein scheinbar junger Mann in Unterhosen, mit braunem kurzen Haar und grünen Augen. Der Greifarm der ihn gerade noch festgehalten hatte, ließ ihn nun los und er schritt einfach los. Direkt auf mich zu. Fassungslos beobachtete ich ihn dabei und besah mir seine ersten Schritte die so sicher waren, dass ich nie die Vermutung haben würde, er wäre gerade erst erschaffen. Als er vor mir zum Stehen kam, sah er mich einfach nur an. Ich musterte ihn von oben bis unten, besah mir seine Haut die so menschlich wirkte, dass es beinahe unheimlich war. Gerade eben war er richtig weiß gewesen, wie der Schnee draußen! Und nun steht hier ein Mensch vor mir! Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus, um ihn zu berühren. Noch nie im Leben habe ich einen Androiden berührt, zumindest freiwillig. Connor war eine Ausnahme, schließlich hat mich der Alkohol dazu gebracht. Doch kurz bevor ich meine Hand auf seinen Oberkörper legte, stoppte ich doch. Unsicher sah ich ihm in die Augen, doch er verzog keine Miene. Wäre er überhaupt damit einverstanden, dass ich ihn berühre? Würde er sich wehren, oder würde er es erdulden? Zwar sahen diese Androiden äußerlich wie Menschen aus, doch waren sie auch innerlich welche? Was zeichnet einen Menschen schon aus? Sein freier Wille? Seine Mitgefühl und Emotionen? Seine Instinkte und logisches Denken? „Der Kampf um die eigene Freiheit“, flüsterte ich eher mir selbst zu, dann ließ ich meine Hand sinken und trat einen Schritt zur Seite, damit der Android an mir vorbei gehen konnte. Doch just in dem Moment stieß ich gegen etwas und sah perplex hinter mich. Simon sah auf mich hinab und lächelte mich an. Von seinen Verletzungen waren nichts mehr zu sehen, was mich beinahe ja erleichtert ausatmen ließ. „Ich hätte dich nicht hier vermutet“, sprach er sogleich, als der andere Android nun an uns vorbei ging und ich diesem noch kurz einem Blick hinterher warf. Insgeheim frage ich mich ja, wohin dieser Android nun geht. „Ich bin einfach mit Connor mitgekommen. Wo steckt der überhaupt?“, fragte ich mich eher beiläufig und sah mich kurz in der Produktionshalle um. Während ich erneut fasziniert beobachtete, wie ein Androiden Kopf von einem der Roboterarme festgehalten wurde und irgendetwas sprach, wurde mir beinahe unwohl dabei. Gruselkabinett lässt grüßen. Simon folgte meinem Blick, dann tippte er mich an der Schulter an. Sofort sah ich beinahe erschrocken zu ihm, doch er bat mich wiederum ihm zu folgen. „Komm mit, ich weiß wo sich die anderen aufhalten“ Hastig folgte ich dem blondhaarigen Androiden, während ich versuchte nicht wieder in die Produktionshallen zu blicken. Manchmal musste ich jedoch auch halb nackten Androiden ausweichen, die vermutlich eben aus dieser gekommen waren. Verlegen sah ich drein und konzentrierten mich nun darauf, zu Boden zu blicken. Immerhin konnte ich da nichts weiter Verwerfliches entdecken und so auch hoffentlich meine geröteten Wangen verbergen. Auch wenn es ja nur Androiden sind, so sind sie trotzdem halb nackt! Und sehen zudem auch noch perfekt aus. Wie soll man da keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen? Frustriert seufzte ich laut auf, als Simon plötzlich vor einer Tür stehen blieb. Beinahe wäre ich ihn herein gerannt, doch ich konnte gerade noch rechtzeitig abbremsen. Die Tür wurde von dem Androiden geöffnet und sofort hörte ich mehrere Stimmen, jedoch klangen diese aufgebracht und zum Teil auch beunruhigt. Simon ließ mich als erstes eintreten, während ich mich staunend umsah. Der Raum muss eine Art Zentral Labor sein. Überall sah ich wahrscheinlich höhst kostspielige Computer stehen, dazu einen LED Bildschirm an der Wand, der die Produktionszahlen der letzten Tage anzeigte und dazu gleich Diagramme und ähnliches berechnete. Kleinere Regale an der Wand zeigten Thirium Pumpen und andere Gerätschaften, die mir jedoch nichts sagten. Vermutlich auch irgendwas Wichtiges für die Androiden und dazu allerhand Werkzeug. In der Mitte des Raumes standen Markus, Josh, Connor und eine mir unbekannte weibliche Androiden, die sich wohl ziemlich in ihrer Diskussion verloren hatten. Kurz beobachtete ich sie dabei, besah mir ihre Mimiken und Gesten und wieder beschlich mich das Gefühl, das sie nicht anders aussahen und verhielten als Menschen. Doch im selben Augenblick glitt der Blick der weiblichen Androiden zu mir und ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich zusehends. Sie sah wirklich wunderschön aus mit ihren haselnussbrauen Augen und den langen dunkelblonden Haaren, die sich zu einem lockeren Zopf geflochten hatte. Doch als sie mich sah, spien mir ihre Augen geradewegs Abscheu entgegen. „Du hast Besuch, Markus“, sprach die Androiden harsch und unterbrach so die hitzige Diskussion. Sofort waren alle Augenpaare auf mich gerichtet, was mich wieder etwas unwohl schlucken ließ. Im Mittelpunkt zu stehen ist nicht wirklich meine Lieblingsbeschäftigung. „Ehm, Hallo“, sprach ich unsicher und beobachte wie Markus nun auf mich zuschritt und mich kurz musterte. Das nun fast gespenstige Stille herrschte, war ja fast noch unerträglicher als die Diskussion zuvor. „Du siehst deutlich besser aus, als bei unserem letzten Treffen“, begrüßte er mich freundlich und ich rang mich zu einem verlegenden Lächeln durch. „Naja, ein bisschen Schlaf und etwas zu essen wirken manchmal Wunder“ Markus nickte, dann sah er zu den anderen Androiden. „Wir verschieben diese Besprechung auf ein andermal“ Sofort war die weibliche Androidin wieder außer sich. „Das hattest du schon beim letzten Mal gesagt, Markus! Wir können das nicht immer wieder verschieben, die Zeit läuft uns davon!“ Zu meiner Verwunderung meldete sich Connor auch zu Wort. „Ich stimme North zu. Wir dürfen die jüngsten Entwicklungen nicht einfach ignorieren. Zudem neigen sich die Thirium Vorräte dem Ende entgegen, die Produktionen müssen bald eingestellt werden, dabei sind wir nicht annähernd an unserer gewünschten Produktionszahlen gekommen“ Neugierig hörte ich zu, während ich bei Markus im Gesicht beinahe so etwas wie Frustration sehen konnte. „Die Produktionen laufen großartig bis jetzt, wir haben bereits jetzt Probleme für alle einen Platz zu finden“, warf nun auch Simon ein, vermutlich um Markus etwas in Schutz zu nehmen. North kräuselte kurz ihre Lippen, ehe sie die Arme vor ihrem Oberkörper verschränkte und mehr als skeptisch drein sah. „Wenn die Menschen erst kommen, wird das im Vergleich dazu nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein“ Nun wurde ich doch hellhörig und brachte mich mit in das Gespräch ein, auch wenn ich mir wieder sämtliche Blicke zuzog. „Die Menschen kommen hier her?“, fragte ich überrascht, doch North sah mich nur abfällig an. „Sicher werden sie kommen“ Ich trat nun einen Schritt vor und sah eingehend zu den Androiden in dem Raum, ehe ich einmal tief durchatmete. „Aber warum sollten sie jetzt hier her kommen? Die USA und Russland haben sich doch den Krieg erklärt, oder nicht? Warum sollten sie dann ihre wichtigen Ressourcen an Euch…verschwenden?“, fragte ich den letzten Satz zögerlich. Hoffentlich nahm mir niemand meine Aussage krumm. Markus musterte mich nochmals eingehend, dann verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und begann ruhig zu erzählen. „Hast du gewusst, dass die Androiden in Russland ebenfalls eine Revolution gestartet haben? Fast Zeitgleich mit uns?“ Überrascht schüttelte ich den Kopf und sah gebannt zu Markus auf, der sogleich weitersprach. „Auch die Androiden dort haben versucht ihre Rechte gewaltsam einzufordern und es gelang ihnen sogar“ North’s Blick wurde beinahe traurig, als sie sich von Markus abwandte und dann den Raum verließ. Kurz sah ich ihr verwundert nach, doch der Anführer der Androiden sprach sogleich weiter. „Kurz danach wurde eine EMP Bombe über das Lager der Androiden abgeworfen und alle darin befindenden Androiden vernichtet“ Schnell durchforstete ich mein Gehirn nach den Abkürzungen für EMP, doch bis auf diesen Modeketten Laden kam mir nichts in den Sinn. Connor sah meinen verwirrten Blick, als er nun zu erklären begann. „EMP steht für elektromagnetische Puls und bezeichnet eine kurzzeitige breitbandige elektromagnetische Strahlung, die bei einem einmaligen, hochenergetischen Ausgleichsvorgang abgegeben wird. Durch die Wechselwirkung der niederfrequenten elektromagnetischen Strahlungsanteile mit freien Ladungsträgern in Metallen und Halbleitern werden dort starke, kurzzeitig schwankende Ströme induziert. In nicht oder unzureichend abgeschirmten elektrischen Geräten kann dies zu Fehlfunktionen bis hin zum Totalausfall oder sogar zur Zerstörung einzelner elektronischer Bauteile führen“ Markus nickte kurz, während ich kurz an meinen Physik Unterricht zurück dachte und mir diesen elektromagnetischen Puls nochmals in Erinnerung rief. Unsicher kniff ich meine Augen zusammen, dann sah ich zu Connor. „Ihr würdet sterben, oder? Das käme einer Atombombe gleich“ Josh der sich bis jetzt zurück gehalten hatte, nickte nun. „Es könnte jeden Tag soweit sein, deswegen halten wir uns unter der Erde auf. Die Strahlung dürfte nicht so weit reichen“ Markus ging nun an einen der Computer und blickte nachdenklich hinein. „Vielleicht entwickeln die Menschen aber auch gerade etwas, wo die Strahlen bis tief in die Erde reichen“ Nachdenklich sah ich zu den Androiden und bemerkte ihre Wut, Hilflosigkeit und auch Verzweiflung. Ich biss mir auf die Lippen, während ich über die Situation nachdachte. Im Grunde genommen brauche ich ja nichts zu befürchten. Ein EMP richtet sich ja eigentlich nur gegen elektrische Geräte und nicht gegen Menschen. Gerade als ich erleichtert ausatmen wollte, fiel mir schlagartig etwas ein und ich schluckte. Ich habe diese Nano-Androiden in meinem Blut! Was passiert dann mit mir, wenn diese zerstört werden? Sterbe ich…auch? Markus sah nun wieder auf und blickte zu den anderen. „Wir werden morgen darüber diskutieren. Solange wir kein Internetzugriff haben, können wir auch nicht mit den anderen Androiden in Kontakt treten“ Simon nickte Markus zu, dann meldete er sich nochmals zu Wort. „Ich habe Informationen darüber, dass ich im Vorort von Detroit noch gewisse Drogenbanden rumtreiben. Sie haben große Vorräte an Red Ice, diese besteht aus den Komponenten Aceton, Lithium, Thirium, Toluol und Salzsäure. Wenn wir das Thirium herausfiltern, hätten wir immerhin noch eine kleine Aufstockung von unseren Vorräten“ Der Anführer der Androiden sah musternd zu dem Blonden, Skepsis lag in seinem Blick. „Wenn wir ihre Lager stürmen, werden sie sämtliche Vorräte vernichten und auch den anderen Bandenmitgliedern Bescheid geben. Wir müssten das Lager infiltrieren, ohne Aufmerksamkeit zu erregen und sie überraschen“ Connor trat nun vor uns sah zu Simon. „Ich bin bereits auf zwei von ihnen gestoßen, sie haben besondere Temperaturmessbrillen auf, die dem Träger preisgeben, ob es sich bei ihrem gegenüber um einen Menschen, oder Androiden handelt“ Josh seufzte einmal frustriert auf, ehe er sich über seinen Nasenrücken strich. „Dann können wir die ganze Aktion gleich vergessen, wir fliegen auf“ Ich ballte meine Hände zu Fäusten und trat dann einen Schritt vor, ehe ich laut ausatmete. „Ich melde mich freiwillig als Lockvogel, immerhin bin ich ein Mensch. Ich kann euch dann einschleusen“ Sämtliche Blicke waren auf mich gerichtet, während ich wohl etwas rot im Gesicht wurde. Verlegen sah ich drein und schluckte. „Solange ihr mich da wieder raus holt“ Josh wirkte sichtlich überrascht und sah mich skeptisch an. „Warum willst du dich freiwillig als Lockvogel zur Verfügung stellen?“ Das konnte ich mir ja gerade selbst nicht wirklich beantworten. Vielleiht liegt es daran, weil ich von dieser EMP Bombe nicht getötet werden will. Immerhin gibt es dann hoffentlich genug Androiden, die das dann vielleicht verhindern können. Oder es liegt daran, weil mir diese Androiden beinahe leidtun. Kurz musste ich über meinen eigenen Gedanken schmunzeln in Angesicht der Tatsache, dass diese Maschinen so viele Menschen umgebracht haben. Schließlich seufzte ich leise und blickte Josh in seine dunklen, braunen Augen. „Sagen wir einfach, ich bin gespannt in welche Richtung sich das alles hier entwickeln wird. Außerdem hat mir Connor das Leben gerettet, da werde euch nun auch helfen“ Kurz herrschte schweigen, während die Androiden zu mir blickten, dann sahen sie sich an und ihre LED’s flackerten kurzzeitig rot auf. „In Ordnung, in einer Stunde geht es los. Macht euch bereit“, beendete Markus nun die Versammlung. Kapitel 10: Verbunden --------------------- Schneeflocken wurden vom dichten Schneegestöber hochgewirbelt und gegen die dicken Glasscheiben gedrückt, wo sie augenblicklich schmolzen. Lediglich der Laut des Windes kam durch die Scheiben und kreischt mir beinahe unwohl in den Ohren. Detroit, die neue Androidenstadt mit ihren Wolkenkratzern, konnte ich eigentlich immer von der Kantine aus sehen. Doch im Schneetreiben sehe ich nur noch dichtes und trübes Wolkengrau. Es scheint fast so, als wenn Detroit von diesem Schneesturm verschlungen werden soll. Nachdenklich verschränke ich meine Arme und blickte weiterhin nach draußen, als ich mich geradezu in dem dichten Schneetreiben zu verlieren schien, während ich über die letzte halbe Stunde nachdenke. Nachdem Markus gesagt hatte, es würde in einer Stunde losgehen, bin ich sogleich wieder nach oben mit dem Aufzug gefahren, wo die Zwillinge schon gewartet hatten. Als ich ihnen von den Plan erzählt habe, waren sie natürlich alles andere als begeistert. Amber war erneut den Tränen nahe und Adam sah mal wieder missgünstig drein, während er irgendwelche Schimpfwörter vor sich hinmurmelte. Hab ich ihm natürlich gleich untersagt, was ihn noch mehr aufregte. Seufzend schloss ich kurz die Augen, ehe ich mich von dem großen Fenster abwandte und nun regelrecht zu einem der Tische schlurfte. Lustlos ließ ich mich auf einen gläsernen Stuhl nieder, während sich meine Hände in meinem Haar verkrallen. Unsicher starre ich auf den Tisch, während ich eher unbewusst meinen schnelleren Herzschlag registriere. Irgendwie frage ich mich gerade, ob das so eine gute Idee von mir war. Zumindest hatte ich schon mal bessere. Allein in dem Wissen, das ich die Zwillinge hier zurück lassen muss, wird mir schon ganz schwer ums Herz. Immerhin konnte ich sie mit Sumo trösten, auf den sie ja nun aufpassen müssen. Hank begleitet uns ebenfalls, was mich wenigstens etwas erleichtert. Noch einen Menschen in der Nähe zu wissen, behagte mir um einiges mehr, als nur von Androiden umgeben zu sein. Aber ich will ja nicht rassistisch erscheinen, auch wenn ich bei dem Gedanken schon fast trocken loslachen muss. Frustriert legte ich meine Arme auf den Tisch und bettete murrend meinen Kopf darauf, während mein Blick wieder zu dem Fenster glitt. Aufmerksam besah ich mir die hochwirbelnden Schneeflocken, die weiterhin unnachgiebig gegen die Scheibe schlugen, fast so als ob sie den CyberLife Tower zum Einstürzen bringen wollen. Und nun warte ich hier auf Connor bevor wir aufbrechen, weil er mir unbedingt noch wichtiges zeigen wollte. Am liebsten würde ich die ganze Aktion ja abbrechen und das hat mehrere Gründe. Zu allererst, will ich mir draußen nicht den Hintern abfrieren. Zum zweiten, will ich nicht zu irgendwelchen Drogendealern die mir vermutlich den Schädel einschlagen wollen. Zum dritten, hab ich bereits jetzt Muffensausen. Einfach weil ich generell schnell Angst bekomme, aber bis jetzt konnte ich das halbwegs gut verbergen. Bis jetzt… Zum vierten, ich will mir da draußen immer noch nicht den Hintern abfrieren! Grummelnd schloss ich die Augen, während ich weiterhin dem Wind lausche, der einem Geisterschrei gleich, um den Tower wütet. Kann aber auch sein, dass ich mir das in meiner verqueren Fantasie nur einbilde. Meine Nerven werden das restliche Jahr vermutlich nicht mehr zur Ruhe kommen. Während ich meinen Gedanken nachgehe und mir das jaulen des Windes anhöre, entgleite ich langsam in ein leichtes dösen. Erst als ich an sachte an meinen Schultern gerüttelt wurde, erwache ich erschrocken und blicke prompt in dunkle braune Augen, die mich musternd ansahen. Schnell erhob ich mich hastig, woraufhin ich beinahe den Stuhl umgeworfen hätte, und blicke Connor so entschlossen, wie es mir mein verschlafener Blick zuließ, in die Augen. „Kann’s endlich losgehen?“, frage ich ihn motiviert. Zumindest sollte es so klingen, seinem Blick nach zu urteilen, hat er mich längst durchschaut. Verdammt…wenn das schon selbst ein Android mitbekommt. „Wir werden uns gleich unten mit den anderen treffen. Aber ich bin nicht nur hier hergekommen, um dich abzuholen“, erwidert Connor daraufhin ungetrübt und holt nun plötzlich seine Pistole aus dem Holster an seinem Gürtel. Schlagartig weiten sich meine Augen, während ich die Pistole in seiner Hand anstarre. Erneut hat sich mein Herzschlag erhöht, während mir schlagartig 1000 Gedanken durch den Kopf rasen. Dass Connor mich einfach abknallen würde, war einer der harmloseren. Er bemerkt meine wachsende Nervosität und legt die besagte Pistole nun auf den Tisch und mustert mich erneut aufmerksam. „Mir ist bewusst, dass du keinen Umgang mit einer Schusswaffe hast. Dennoch solltest du auf dieser Mission eine mitnehmen, um dich im Notfall wenigstens solange verteidigen zu können, bis ich auftauche“ Fast schon schockiert sehe ich ihn an, ehe ich schnell einen Schritt zurück weiche, während ich beinahe mit Abscheu in den Augen, zu der Schusswaffe sehe. „Das ist nicht dein Ernst! Ich weiß nicht mal, wie ich dieses Ding halten soll! Außerdem hasse ich Schusswaffen“ Meinen Unmut in der Stimme muss er wohl deutlich herausgehört haben, denn sein Kopf legt sich leicht schief, während sein Blick so etwas wie Unverständnis enthält. „Woher kommt diese Abneigung gegenüber Schusswaffen?“ Beinahe schon missbilligend sehe ich drein und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich war kurz davor, auch noch genervt die Augen zu Verleihern. „Weil sie töten, darum. Außerdem sind diese Dinger schrecklich laut“ Connor nickt leicht, ehe er die Waffe wieder ergreift und mit dieser auf mich zugeht. „Die Fakten die du aufgezählt hast sind zutreffend. Dennoch solltest du wenigstens in der Lage sein, dich damit zu verteidigen“ Frustriert raufe ich mir beinahe die Haare. „Aber wozu denn? Ihr kommt doch und holt mich da schnellstmöglich raus, oder?“ Zu meiner Verwunderung, stellt sich der Android nun genau hinter mich. Ehe ich etwas dazu sagen kann, legt er seine Pistole in meine Hand. Automatisch umklammere ich mit meiner rechten Hand den geriffelten Griff, während sich meine linke von unten auflege, um die Pistole zu stabilisieren. Die Kälte die sich augenblicklich auf meinen Handinnenflächen bildet, lässt mich erschaudern. Beinahe zitternd strich ich reflexartig über den glatten Stahl, als ich mit Erschrecken feststellen muss, wie gut sich die Pistole in meine Handfläche schmiegt. Gerade als ich sie abschütteln wollte wie ein lästiges Insekt, ergreift Connor mit seinen beiden Hände meine und streckt dabei meine Arme durch. Verwirrt starre ich auf seine Hände, die sich um meine gelegt haben, um die Pistole weiterhin in meiner Hand zu halten. Ich spüre seinen Körper dicht hinter mir, während sich sein Kopf fast neben meinem befindet. Beinahe war ich mir sogar sicher, dass sein Atem an meinem Ohr kitzelt. Was aber total abwegig ist, immerhin müsste Connor ja dafür atmen können. Und als Android muss er definitiv nicht atmen, er kann es ja nicht mal ohne Lungen! Trotz dessen starre ich auf seine Hände, die sich weicher anfühlen, als ich es gedacht hätte. Wenn nicht sogar genauso, wie bei einem Menschen. Ohne mein Zutun, spüre ich bereits wie mir das Blut in die Wangen schießt. Von dieser plötzlichen Nähe seinerseits, wird mir noch ganz flau im Magen. Zumindest versuche ich mir das einzureden, denn mein Herz arbeitet heute bereits auf Hochtouren. Und die augenblickliche Körpernähe seitens des Androiden, macht es nicht unbedingt besser! „Ich demonstriere dir jetzt, wie du die Pistole handhabst“, spricht Connor mit seiner rauen und melodischen Stimme nah an meinem Ohr und lässt mich so erneut erschaudern. „I-ich kann das nicht“, flüstre ich fast schon panisch, da mich die ganze Situation mittlerweile völlig überfordert. Mittlerweile bin ich mir sowieso sicher, dass meine Psyche mehr als nur gelitten hat. Und dieser verdammte Android macht das nicht besser! „Übung ist alles“, antwortet er schlicht, während seine Stimme mir erneut eine Gänsehaut beschert. Derweil ist sein Gesicht so nah an meinem, das sein weiches Haar bereits an meiner Wange kitzelt und mich so zusammenzucken lässt. Infolgedessen betätige ich unabsichtlich den Abzug. Die Panik die mich daraufhin ergreift, lässt mich die Augen zukneifen und mich hastig nach hinten drücken. Mit laut klopfendem Herzen und schwerem Atem warte ich auf den eigentlichen Knall, der jedoch nie kam. Zögerlich öffne ich daraufhin die Augen und sehe mich kurz unsicher um. Weder ein Einschussloch, noch irgendwelche andere Schäden kann ich ausmachen. „Die…Waffe ist gar nicht geladen?“, frage ich beinahe verwirrt, während sich mein Herz endlich langsam beruhigt. Zu meiner Erleichterung lässt Connor auch endlich langsam meine Hand sinken, was mich nun kurz zu ihm blicken lässt. Er wirkt beinahe nachdenklich, bis mir bewusst wird, dass ich mich so nah an ihn gedrückt hab, dass ich seinen Oberkörper wirklich komplett an meinen Rücken spüren kann. Hastig weiche ich von ihm zurück und drücke ihm mit zitternden Händen die Waffe zurück in seine. Gerade noch so bringe ich ein gezwungenes Lächeln zustande. „Ja, das war echt…ein Erlebnis. Aber wir lassen das lieber sein, ich schaffe das nervlich eh nicht“ Nur am Rande bekomm ich mit, wie seine LED schnell gelb leuchtet. Eilig drehe ich mich von ihm weg und renne beinahe zu einem der großen Tower Fenster um hinaus zu starren. Egal auf was. Hauptsache nicht mehr den Androiden ansehen. Oder ihn spüren. Mein Herz hämmert immer noch ohne Unterlass in meiner Brust, doch ich zwinge mich erneut zur Ruhe, während ich stoisch dem Schneetreiben zuschaue. Ganz langsam schlägt mein Herz nun auch wieder in einem erträglichen Rhythmus. Dennoch lässt mich diese Stille, die sich nun über uns gelegt hat, wieder unruhig werden. Vielleicht ist Connor nun sauer auf mich? Weil ich es nicht mal schaffe, eine verdammte Pistole zu halten! Er denkt bestimmt, ich bin total bescheuert! Zögerlich drehe ich mich langsam zu ihm um und bereue es schon wieder im nächsten Moment. Er starrt mich direkt an und mustert mich von oben bis unten. Verzweifelt schaue ich wieder nach draußen und lehne meine Stirn gegen das kalte Glas, um wortwörtlich wenigstens einen kühlen Kopf zu bewahren. Aber selbst das fällt mir immer schwerer. „Können wir nicht endlich losgehen, ich will es hinter mir haben“, murre ich mir eher selbst leise entnervt zu, doch da höre ich bereits seine Schritte, als er näher zu mir kommt. Ohne dass ich es mitbekomme, spannen sich augenblicklich alle Muskeln in mir an. Am liebsten würde ich meinen Kopf gegen das Glas donnern, um endlich aus diesem Dilemma zu erwachen. Als er neben mir zum Stehen kommt und sich den Schneesturm ebenfalls anschaut, wage ich nochmals einen kurzen Seitenblick zu ihm. Seine LED flackert ziemlich heftig in dieser gelben Farbe. Ob ich daran schuld bin? Unsicher blicke ich auf meine Hände, ehe ich sie zu Fäusten balle. „Tut mir Leid, aber ich und diese Waffen sind einfach nicht kompatibel. Ich glaube ich würde mich am Ende noch versehentlich selbst erschießen“, sprach ich leise, ehe ich wieder zaghaft zu ihm blicke. „Davon gehe ich auch aus“, stimmt mir Connor unverblümt zu, woraufhin ich doch etwas entsetzt drein sah. Kann er es denn nicht wenigstens etwas netter formulieren? Schlimm genug, dass ich es schon einsehe. „Ich hätte noch eine andere Idee“, sprach der Android nun ruhig und seine LED nahm endlich wieder diesen angenehmen Blauton an. Beinahe schon neugierig, hob ich meine Augenbrauen an. „Und in dieser Idee kommen keine Schusswaffen vor?“ Connor schüttelte sachte seinen Kopf, dann deutet er auf einen der nahen Tische. „Setzt dich bitte einfach hin“ Kurz war ich etwas skeptisch, aber dann begab ich mich doch schließlich zum Tisch und setze mich auf einen der nahen Stühle. Mir ist ja alles lieber, als diese verdammte Waffe! Hoffentlich hat Connor eine gute Idee. Doch als er mir sagt was ich nun tun solle, wäre mir fast mein Gesicht entglitten. „Zieh dich aus“ Mit offenem Mund starrte ich ihn ungläubig an. Natürlich entging ihm das nicht, als er sich auf den Stuhl genau mir gegenüber hinsetzt. Er legt den Kopf etwas schief, dabei wirkte er ernstlich verwirrt. „Dein Jackett sollst du ausziehen, verzeih ich werde mich konkreter ausdrücken“ Am liebsten hätte ich ihm dieses Jackett ja ins Gesicht geschmissen, doch ich kann mich gerade noch zurück halten. Jedoch sah ich ihn mehr als giftig dabei an, als ich mir das Jackett ausziehe und über die Stuhllehne hänge. „Ja, das solltest du tun. Du machst mich echt fertig, weißt du das?“ Diese Aussage schien ihn beinahe noch mehr zu verwirren, woraufhin ich schnell abwinke. „Also gut, jetzt sag schon. Was ist das für eine Idee?“ Connor legt seine Hand auf dem Tisch und bat mich es ihm gleich zu tun. Immer noch etwas argwöhnisch, tat ich es ihm gleich. Da ich keine Antwort von ihm bekam, sah ich ihn beinahe schon vorwurfsvoll an. Der Android zögert tatsächlich, während er meine Hand betrachtet. Dann sieht er mich wieder durchdringend an, was meinen Herzschlag mal wieder in Wallung bringt. Hastig wende ich meine Augen von ihm ab und beiße mir unabsichtlich auf die Lippen, als ich in Gedanken den Androiden mal wieder verfluche. Warum macht der mich nur so nervös?! Er ist doch nur eine verdammte Maschine! „Ich muss gestehen, dass dieses Unterfangen vielleicht einen Kollaps für dich zur Folge hat“ Schockiert schelle ich mit meinem Kopf wieder zu ihm rum, während ich schon loswettern will. Doch ich verkniff es mir mal wieder in letzter Sekunde. Ich sollte mir erstmal anhören, was er vorhat. Connor lässt mich jedoch erneut erstaunt drein blicken, als er plötzlich seine menschlich wirkende Haut auf seiner Hand abschält und nun nur noch die weiße synthetische Haut zu erkennen war. Genau wie ich es in dieser Produktionshalle für diese Androiden gesehen habe. Fragend sehe ich ihn kurz darauf an, doch er wirkt mal wieder hochkonzentriert. Dann sieht er mich plötzlich wieder an, sein Blick wirkt sogar ziemlich entschlossen. „Gib mir deine Hand, ich werde mein System mit denen der Nano-Androiden in deinem Blut synchronisieren. Das verschafft mir den Vorteil, dass ich dich bis auf fünf Meilen genauestens orten kann“ Wieder sehe ich ihn mit offenem Mund an, da mir das eben gesagte von ihm, nicht wirklich verständlich erscheint. „Ich bin der fortschrittliste Android, den CyberLife bis dato gebaut hat. Diese Nano-Androiden und ich, basieren auf demselben System, weshalb wir miteinander kompatibel sind. Dadurch kann ich sogleich eine Verbindung zu diesen aufbauen und dich so immer schnellstmöglich finden“, erklärt Connor rasch, um meine Zweifel so beiseite zu wischen. Das klingt einleuchtend und zudem ist es allemal besser, als diese verdammte Waffe. Und dennoch… Ich starre auf seine weiß wirkende Hand, als ich mir etwas ins Gedächtnis zurück rief, was mir Connor eben noch genauestens gesagt hat. „Und warum könnte mich das zu einem Kollaps bringen?“, frage ich unsicher. „Weil ich dir keine genauen Berechnungen darauf liefern kann, was passieren wird. Noch nie zuvor wurde etwas dergleichen angestrebt. Wie du heute bereits sagtest: Ich bin ein Android und du ein Mensch. Zwar gab es bereits vergleichbare Tests, gerade in den Pflegeberufen, doch diese sind bei weiten noch nicht ausreichend erforscht. Ich weiß nicht, was mit dir passieren wird“ Höchst erstaunt sah ich drein, dann muss ich sogar kurz schmunzeln. Es klingt ja fast so, als ob Connor mal nicht genau weiß, was er da tut. Aber dieser Blick, den er mir zuwirft erinnert mich an den eines Hundewelpen. Mit großen, unschuldigen braunen Augen. Beinahe amüsiert sehe ich ihn an und strecke ihm daraufhin meine Hand entgegen. Aufmunternd nicke ich ihm zu. „Was soll schon schief gehen? Wir probieren es einfach mal aus“ Zwar behagt mir der Gedanke nicht wirklich, immer von diesem Androiden geortet zu werden und so praktisch unter Dauer Beobachtung zu sein…aber ich bin mir sicher, Connor wird kommen um mir zu helfen, falls ich in Gefahr bin. Der RK800 sieht tatsächlich kurz etwas verblüfft drein, als ich seinem Vorschlag zustimme. Doch schließlich ergreift er mein Handgelenk, ehe er mich eindrücklich nochmal ansieht. Bevor ich darauf etwas sagen kann, durchfuhr mich beinahe so etwas wie ein Stromstoß, an der Stelle, wo er mich mit seiner synthetischen Haut berührt. Seltsamerweise ist es nicht unangenehmen, sondern löst ein Kribbeln auf meiner Haut aus, was dazu führt, dass sich meine kleinen Härchen auf den Arm sogleich aufrichten. Wie leichte Intervallen, jagen diese Stromstöße durch meine Muskeln und lassen mich unbewusst wohlwollend die Augen schließen. Als mir sogar noch ein zufriedenes Seufzen über die Lippen gleiten will, kann ich mich dem gerade noch so verwehren. Selbst meine ehemalige Schussverletzung, die mittlerweile schon vernarbt ist, fängt an intensiv zu kribbeln. Die Gänsehaut auf meiner Haut kann ich nun nicht mehr verbergen, aber es wäre eh sinnlos es zu versuchen. Alles in mir schien plötzlich in Einklang zu sein, was mir eine so tiefe Glückseligkeit beschert, wie ich sie noch nie in meinem Leben zuvor gespürt habe. Alles scheint in absoluten Gleichgewicht zu sein. Ich mit mir selbst und dann auch mit Connor. Ohne dass ich es wirklich registriere, ergreife ich unbewusst ebenfalls sein Handgelenk und drücke zu. Mit einem Mal jedoch, ist diese Empfindung verschwunden und die Realität bricht augenblicklich über mich herein und hinterlässt ein Gefühl der Leere. Perplex sehe ich auf und erblicke Connor, der hochkonzentriert auf mein Handgelenk sieht. Sogleich folge ich seinem Blick, was mich wiederum erschrocken nach Luft schnappen lässt. Die feinen blauen Äderchen die durch meine blasse Haut am Handgelenk schimmern, pulsieren energisch regelrecht im Takt. Noch nie zuvor habe ich das so intensiv beobachten können. Ansonsten wirkt alles so wie immer, bis auf diese leere. Sofort sehe ich wieder zu Connor’s Hand, über die sich erneut die menschlich wirkende Haut spannt. „Das…war Wahnsinn“, entwich es mir leise, während ich ihm mit großen Augen ansehe. Auf den ersten Blick würde ich sagen, dass diese Verbindung auch etwas in ihm ausgelöst hat. Doch seine Miene ist wirklich unergründlich. Lediglich seine Augen huschen immer wieder unnatürlich schnell hin und her. Vermutlich ist ihm das ja selbst nicht ganz geheuer. Oder es war für ihn, im Gegensatz zu mir, total unangenehm. Fragen über Fragen jagen mir durch den Kopf, doch Connor erhebt sich sogleich und blickt mich nochmals musternd an. „Wir werden sehen, ob es funktioniert“ Draußen in der Kälte, sehe ich mir musternd den alten Chevrolet Caprice von Hank an. Ein wirklich altes, amerikanisches Auto. Vorsichtig streiche ich über die Motorhaube und schiebe den Schnee beiseite. Mit einem leichten schmunzeln sehe ich ein paar Rostflecken, als ich plötzlich eine laute und verärgerte Stimme vernehme. Neugierig sehe ich auf und entdecke Hank, der mit Connor anscheint im Streit liegt. Er schimpft ständig auf den Androiden ein, doch es sah so aus, als ob Connor sich auch zu verteidigen versucht. Im Schlepptau sind Josh und Simon, die sich immer wieder kurz ansehen. Schnell eile ich auf die Gruppe zu, woraufhin Hank verärgert verstummt und mich kritisch mustert. „Verdammt, Mädchen! Überlege dir das nochmal“, fährt er mich schimpfend an, woraufhin ich beinahe zusammenzucke. „Das wird kein lustiger Ausflug! Diese beschissenen Junkies haben keine Hemmschwelle! Und jetzt sowieso nicht mehr, ohne die Polizei in ihrem Nacken!“, meckert er sogleich weiter und gestikuliert wild vor meinem Gesicht herum. Ehe ich überhaupt mich dazu äußern kann, kam mir Connor bereits zuvor. „Es besteht kein Grund zur Sorge, denn die Gefahrenstufe wurde deutlich herunter gesetzt für sie. Das habe ich dir bereits mehrmals erklärt, Hank“ Hank schnauft jedoch nur abfällig, während er Connor beinahe missfällig mustert. Dann sieht er wieder wütend zu mir und ich ahne, dass ich mir auch einen weiteren Vortrag seinerseits anhören muss. „Du kannst Vorkehrungen so viele treffen wie du willst, verdammt! Menschen sind unberechenbar, besonders dann, wenn sie irgendwelche Rauschmittel konsumiert haben! Ich habe das oft genug miterlebt bei meinen Ermittlungen. Menschliches Verhalten kann man nicht berechnen, dazu braucht man Instinkt! Außerdem…!“ Er verstummt schlagartig, dann atmet er einmal laut aus, während er mich nochmals mustert. Ich kann deutlich Besorgnis in seinem Blick erkennen und plötzlich erinnert er mich sehr an meinen eigenen Vater. Ich gehe einen Schritt näher zu Hank und lächele zögerlich. „Oh, ich habe echt ganz schön Angst. Das wird kein Spaziergang, ich weiß das. Doch du bist in der Nähe und der Rest auch, oder?“ Doch der ältere schüttelt wieder den Kopf und wand sich dann von mir ab. „Manchmal geht es schneller, als du denkst. Dann ist es zu spät“ Unsicher sehe ich zu ihm auf, doch als ich sein beinahe schon trauriges Gesicht betrachte, wird mir auch ganz schwer ums Herz. Es wirkt fast so, als ob Hank etwas ziemlich belastet. Und es ist nicht nur der mögliche Ausgang dieser Mission. „Wir werden es versuchen, es ist unsere einzige Chance. Wir sind immer in der Nähe“, meldet sich nun auch Simon zu Wort und lässt mich zu ihm blicken. Er trat neben Connor und Josh ebenfalls, während Simon wieder zu mir sieht. „Ich finde es ziemlich mutig, dass du uns hilfst. Danke schon mal dafür“ Etwas verlegen sehe ich drein und winke schnell ab. „Schon gut, schon gut. Das ist nun nichts Besonderes, Hauptsache ihr kommt und holt mich da schnellstmöglich raus“ Auch wenn ich wirklich zugeben muss, dass ich nicht erpicht darauf bin. Hätte ich einfach meine Klappe gehalten, dann müsste ich jetzt auch nicht bei dieser bescheidenen Idee mitwirken. „Wo steckt eigentlich dieser Markus?“, fällt nun Hank frustriert dazwischen und sieht skeptisch zu den Androiden. Connor antwortet ihm sogleich. „Im Tower. Wir werden diese Mission erledigen, Markus sollte weiterhin dort sein, wo er am meisten gebraucht wird“ Wieder sah der ehemalige Lieutanent nicht sonderlich begeistert drein, schlurfte aber jetzt regelrecht missgestimmt zu dem alten Auto. „Diese verdammten Androiden“, murmelt er nur leise in seinen Bart hinein, während er an mir vorbei geht. Als er sich nun hinters Lenkrad setzt, sieht er dann grimmig durch die Fensterscheibe und winkt uns nun alle zu sich. So wie es aussieht, möchte Hank das wohl auch endlich hinter sich bringen. Nachdem wir uns alle mehr oder weniger bequem in den alten Chevrolet Caprice gequetscht haben, fährt Hank auch sogleich los. Sofort schlägt mir laute Heavy-Metal Musik entgegen, die mir fast mein Trommelfell zerreißt und das Auto wortwörtlich zum Erbeben bringt. „Verflucht, mach das LEISER!“, schreie ich aufgebracht und halte mir verzweifelt die Ohren zu. Die Musik dröhnt dennoch unnachgiebig bis tief in mich hinein und versetzt mich beinahe in Schwingungen. Jedoch aggressive Schwingungen, da ich mit solcher Art von Musik nicht wirklich viel anfangen kann. Für mich ist es nur laute Musik, mit viel Geschrei der Bandmitglieder. Hank dreht die Musik nun deutlich leiser, dreht sich jedoch dabei zu mir um und mustert mich abschätzig. „Meine Karre, meine Musik klar?“, fragt er angepisst, doch ich sehe ihn ebenfalls grimmig an, während ich mir immer noch die Ohren zuhalte. „Du kannst doch hören was du willst, ich will nur nicht danach Taub werden“, antworte ich ihm nicht weniger angepisst. Es folgt ein kurzes Augenduell zwischen uns, bis sich Connor plötzlich meldet, der genau neben mir sitzt. „Nachdem wir die Audiovorgabe der Musik geklärt haben, sollten wir uns nun wieder der Mission widmen“ Grummelnd starre ich daraufhin aus dem Fenster und schnalle mich immerhin mit dem Sicherheitsgurt fest. „Genau, bringen wir es endlich hinter uns“ Hank geht nun aufs Gas und lässt mich so in den Sitz eindrücken. Augenblicklich kralle ich mich in den Haltegriff fest, während ich einmal laut ausatme und mir erneut die dichten Schneeflocken betrachte, die Detroit in ihrer Gewalt haben. Die Straßen waren beinahe unter der Schneedecke verschwunden, doch das hält den alten Mann natürlich nicht davon ab, wie eine besengte Sau zu fahren! Mit zusammengekniffen Augen starre ich auf seine grauen Haare und kaue mir nachdenklich auf meiner Lippe herum. „Lebend wollte ich schon ankommen“ Hank schaut über den Rückspiegel kritisch zu mir, ehe er doch tatsächlich etwas gesitteter fährt und ich ihm dafür mit einem engelsgleichen Lächeln belohne. „Dankeschön!“ Kurz darauf legt sich Stille über uns, lediglich Simon spricht kurz mit dem ehemaligen Lieutenant um ihn die genaue Richtung zu nennen. Wieder sehe ich nach draußen und besehe mir den kalten Winter, während ich mich regelrecht an die Tür quetsche. Denn direkt neben mir sitzt Connor und wiederum neben ihm Josh. Zu dritt hinten auf der Rückbank zu sitzen ist verdammt unbequem. Ich frage mich, ob es den Androiden auch so geht? Aber vielleicht haben sie ja gar nicht dieses Gefühl, weil es ihnen eh nie unbequem wird. Leise seufze ich frustriert und besehe mir den Himmel, der nun langsam immer grauer und dunkler wird. Es wird nicht mehr lange dauern und die Sonne wird wieder untergehen. Die Straßenlaternen und die Häuser an denen wir nun vorbei fahren, sind weiterhin in Dunkelheit gehüllt. Plötzlich wird mir etwas bewusst und ich drehe mich zu Connor, der starr geradeaus blickt und sich auf etwas zu konzentrieren scheint. Als ich ihn anspreche, sieht er mich augenblicklich an. „Wie kann es überhaupt sein, das wir im CyberLife Tower Strom haben und der Rest von Detroit keinen hat? Ich verstehe das nicht“ Während er mich mit seinen braunen Augen wieder mustert, bemerke ich wiederwillig, dass ich wieder nervös werde unter seinem Blick. Hastig versuche ich das Gefühl niederzukämpfen, als der RK800 mir auch sogleich antwortet. „Der CyberLife Tower verfügt über einen eigenen Brunnen, von welchem er das Wasser bezieht und besitzt zudem Solarplatten die sich auf dem gesamten Gelände befinden. Beides versorgt uns weitestgehend mit Strom und Wasser, jedoch wird der Großteil der Energie in die Produktionshallen gelenkt. Somit ist der Turm ebenfalls in Dunkelheit gehüllt, was auch den Effekt hat, das kein Außenstehender auf uns aufmerksam wird“ Nachdenklich zieh ich meine Stirn in Falten, dann nicke ich sacht. „Und Hank hat das einzige Auto, welches in Detroit noch fährt?“ Dieser lacht wiederum kehlig auf, ehe er schnell um eine Kurve biegt. „Das bezweifle ich stark, hier fahren garantiert noch Autos herum. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nicht mehr, aber Menschen wissen sich ja meist zu helfen“ Als Hank seinen Wagen schnell um die Kurve schlittern lässt, stoße ich gegen Connor und kralle mich in seinem Arm fest, da ich mir irgendwo halt suche. Erschrocken kneife ich die Augen zu, als das Auto auch noch gefährlich ins Schlittern gerät und ich uns bereits gegen die nächste Häuserwand krachen sehe. Augenblicklich geht Hank auf die Bremsen und der Wagen bleibt tatsächlich stehen, nachdem dieser unkontrolliert über die Straße geschlittert ist. Mit wild klopfendem Herzen öffne ich zögerlich wieder meine Augen und sehe mich um. Hank gestikuliert wild vor Simons Gesicht herum, der nicht halb so verstört aussieht, wie ich mich gerade fühle. Als ich zur Seite sehe, bemerke ich mit Schrecken, dass ich halb auf Connor liege und mich regelrecht an ihm festgekrallt hab. Sofort erhöht sich mein Herzschlag wieder um ein vielfaches und ich löse mich sofort von dem Androiden, der das ganze eher entspannt betrachtet, während ich erneut kurz vor einem Herzkoller stehe. „V-verdammt, sorry! War keine Absicht, wirklich!“, rechtfertige ich mich schnell, während mich Connor wieder aufmerksam betrachtet. Ich war mir sicher, dass er mir wieder irgendwas über meine körperliche Verfassung sagen würde, doch zu meinem Erstaunen, sagt er etwas gänzlich anderes. „Hank’s Fahrstil ist wirklich etwas gewöhnungsbedürftig, das habe ich selbst schon erlebt. Manchmal bin ich durchaus froh, in einem Stück an unserem Ziel anzukommen“ Dieser schlichte Satz seinerseits bringt mich zum Schmunzeln, ehe ich dann doch loslachen muss. Wieder bemerke ich seinen Blick, doch ich lächele ihn beruhigt an, ehe ich die Autotür öffne. „Na, wie bin ich froh, dass es nicht nur mir so geht!“ Erleichtert springe ich regelrecht aus dem Auto und atmete die kalte Winterluft in meine Lungen ein, woraufhin ich kurz husten muss. Mein warmer Atem steigt wolkenartig über meinen Augen auf, als ich mich aufmerksam umsehe. Dieses Viertel kam mir nur allzu vertraut vor. Eingeschlagene Fenster, verrammelte Türen, verunstaltete Häuserwände mit den obszönsten Botschaften überhaupt. Und überall Dreck, zersplittertes Glas und vermutlich berüchtigte Drogendealer hinter jeder Ecke. Hier war ich auch damals mit Connor unterwegs gewesen, als wir nach Anziehsachen für mich und die Kinder gesucht haben. Zwar fanden wir die auch in einer nahen Mall, aber die Sachen sind nicht wirklich so Vorteilhaft, wie ich mir erst erhofft hatte. Hank und die anderen Androiden steigen nun ebenfalls aus dem Auto aus und sehen sich aufmerksam um, während der der ehemalige Lieutenant mal wieder das Gesicht wütend verzieht. Sofort kommt er durch den Schnee zu mir gestampft und sieht warnend auf mich hinab. „Du bist doch nicht mehr ganz Sauber im Kopf! Wir blasen diese scheiß Idee jetzt ab und fahren dich sofort zurück! Ich werde für dich gehen!“ Ehe ich etwas darauf sagen konnte, kam mir Connor bereits zuvor. „Deine Sorge in allen Ehren, Hank. Aber du weißt, dass du mehr als ungeeignet dafür bist. Jeder der Red Ice konsumiert und dealt, kennt dich. Immerhin hast du damals den größten Red Ice Drogen Ring überhaupt auffliegen lassen. Jeder von denen kennt dein Gesicht, zudem machst du auch nicht unbedingt den Eindruck, als wärst du auf der Suche nach Hilfe, um dich bei ihnen einzuschleusen zu lassen“ Schnell baut sich Hank vor dem Androiden auf und wieder verzieht er dabei aufgebracht sein Gesicht. „Verdammt, Connor! Ein hilfloses und unschuldiges Mädchen da rein zuziehen, ist Wahnsinn! Sie wird eher draufgehen, als du abdrücken kannst. Du hast es noch nie mit solchen Menschen zu tun gehabt, die sind gänzlich anderes als die Abweichler! Rationaler, gnadenloser und vor allem skrupelloser! Geht das endlich mal in deine beschissenen Schaltkreise rein?!“ Hanks aufgebrachter Atem schlägt Connor entgegen, während der Schnee stumm über unsere kleine Gruppe zu Boden fällt. Unsicher sah ich zwischen den beiden hin und her, während ich über die Worte des älteren Mannes nachdenke. Irgendwie klingt das ja wirklich nach einer schlechten Idee, aber wer käme sonst dafür in Frage? Connor hat ein gutes Argument und so griesgrämig wie Hank immer drein sieht, würde ich den auch nicht mit zu meinem geheimen Bandenort mitnehmen. Die Zwillinge lasse ich garantiert nicht hier raus, da diskutiere ich auch nicht. Nur ich bleibe noch übrig, außerdem schulde ich Connor etwas. Er hat mir mein Leben gerettet, auch wenn er es gewiss nicht ganz uneigennützig getan hat. Tief atme ich ein, dann stelle ich mich neben Hank und sehe zu ihm auf. Sofort blickt er zu mir und trotz dessen, das er mich wütend ansieht, sehe ich in seinen Augen ehrliche Besorgnis um mich. Ich muss daraufhin tatsächlich lächeln. „Keine Sorge, alles wird gut. Connor kann mich jederzeit aufspüren und mich retten…stimmt’s?“ Aufmunternd blicke ich zu dem Androiden, der mich wieder mustert. Dann nickt er und blickt Anderson sogleich in die Augen. „So ist es, Hank. Ich habe gewisse Vorkehrungen getroffen, um die prozentuale Gefahrensituationen weitestgehend zu minimieren“ Simon kam nun an meine Seite und sieht zu mir. „Wir müssen jetzt vorsichtig sein. Wenn du die Straße dort weiter gehst, wirst du in ihr Territorium kommen. Ab dort wirst du unter ständiger Beobachtung von ihnen stehen, verhalte dich einfach unauffällig und dir wird nichts geschehen. Bleibe aber immer in Bewegung. Sobald du dich länger als zehn Minuten nicht mehr bewegst, werden wir eingreifen. In Ordnung?“ Langsam nicke ich, ehe ich die Straße hinuntersehe, die mir Simon eben noch gezeigt hat. Natürlich ist es die dunkelste und grusligste Seitengasse überhaupt, die sich mir offenbart. Schnell sehe ich wieder zu den Androiden und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich am liebsten wegrennen würde. „Wenn ich ganz laut um Hilfe schreie kommt ihr aber auch, oder?“ Hank schnauft nur aufgebracht und streicht sich über seinen Nasenrücken. „Verdammt, nochmal…“ Josh meldet sich nun auch zu Wort. „Natürlich, kommen wir dann auch. Aber versuche wirklich ruhig zu bleiben. Sobald du in ihrem Versteck gelangt bist, ist das schlimmste eigentlich vorbei. Wir werden dich auf jeden Fall wieder raus holen, versprochen“ Erleichtert atme ich aus und ringe mich zu einem unsicheren lächeln durch. „Also schön…ich flaniere also einfach diese Straße lang und hoffe nicht gleich abgeknallt zu werden, ja?“ Tief atmete ich ein, ehe ich doch halbwegs entschlossen drein sehe und mich dann umdrehe. „Na gut, Jungs. Dann bis später…oder so“ Mit festen schritten gehe ich zu der Straße, bis ich Connor nochmals rufen höre. „Du brauchst dich nicht zu fürchten, wir sind in der Nähe“ Schmunzelnd drehe ich mich zu ihm um und zwinkere ihm kurz zu. „Ja, na klar! Bis gleich!“ Daraufhin renne ich in die Dunkelheit und versuche mich gedanklich mit meiner Rolle als total aufgelöstes und verzweifeltes Mädchen, das durch die Gassen von Detroit irrt, vertraut zu machen. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und die Dunkelheit zieht über die Stadt herein wie ein Leichentuch. Zumindest kommt es mir so vor, denn nun wirkt die Stadt noch gespenstischer als vorher. Mittlerweile bin ich bestimmt schon knapp zehn Minuten diese Straße entlang gegangen, doch bis jetzt habe ich nichts Verdächtiges mitbekommen. Trotzdem habe ich ziemlich große Angst, auch wenn ich es nur ungern zugebe. Hank muss mir das regelrecht angesehen haben und am liebsten hätte ich auf seinen Vorschlag gehört. Aber dafür ist es jetzt zu spät, nun muss ich es zu Ende bringen. Nachdenklich sehe ich zu Boden, kicke eine leere Cola Dose beiseite die nun blechern die Straße runterrollt und schließlich gegen irgendetwas donnert. Angespannt balle ich meine Hände zu Fäusten und gehe weiter, während ich mich weiterhin aufmerksam umsehe. Hinter jedem Schatten in jeder verdammten Gasse, könnte irgendwas lauern. Etwas gefährliches…selbst eine streunende Katze würde mich jetzt in Todesangst versetzen. Leise seufze ich frustriert auf, ehe ich versuche meine Gedanken immerhin von diesem düsteren Ort etwas abzulenken. Ich sehe an mir herab und blicke zu meiner Hand, die noch vor kurzem von Connor berührt wurden war. Zwar war das auch wieder einem Test geschuldet, doch allein die Erinnerung daran zurück, lässt meine Haut wieder angenehm kribbeln. Nie und nimmer hätte ich gedacht, dass sich seine synthetische Haut so angenehm anfühlen kann. So weich und sogar etwas warm. Wie bei einem Menschen… Ohne es zu merken, bekam ich bei den Gedanken an diesen Androiden rote Wangen und seufze leise auf. Was für ein Erlebnis...so nahe habe ich mich in diesem Augenblick noch niemanden in meinem ganzen Leben gefühlt. Es war wirklich so, als wenn wir miteinander verbunden waren. Ich konnte sogar etwas, wie seinen Herzschlag verspüren. Als ob wir eins gewesen sind. Ob es ihm auch so ging? Mein Blick glitt nun wieder nach vorn und blieb verwundert an etwas hängen. Sogleich renne ich vor und besehe mir eine Art Plüschtier, welches in einem kleinen Schaukasten steckt. Glücklicherweise ist besagter Schaukasten noch nicht zerstört wurden. Als ich näher ran gehe und hineinschauen will, hüpft das Plüschtier plötzlich und fängst fröhlich an zu singen, während das Licht in dem kleinen Schaukasten angeht. Erschrocken springe ich zurück und kann mich gerade noch zügeln, nicht los zuschreien. Skeptisch besehe ich mir das Szenario und erkenne bei näherer Betrachtung, dass es sich bei diesem Plüschtier um einen kleinen Stoffbären handelt, der ein Weihnachtsmannkostüm trägt und zudem das Lied Fröhliche Weihnachten singt. In dem Schaukasten liegt künstlicher Schnee und allerhand Weihnachtskitsch, wie es nur die Amerikaner mögen. Schmunzelnd sehe ich dem Bärchen bei seinem lustigen Tänzchen zu, bis er plötzlich verkündet, dass es nur noch wenige Tage bis Weihnachten sind. Kaum hat er geendet, ging das Licht wieder aus und ich befinde mich erneut in unheimlicher Dunkelheit. Und in dieser Dunkelheit, fällt mir mit Schrecken ein, dass bald Weihnachten ist. Ein Fest, in welchem eigentlich alle beisammen sind und fröhlich sind. Fröhlich…was für ein Witz. Das einzige was hier zur Zeit auf der Welt existiert, ist nicht die Vorfreude auf das baldige Weihnachtsfest, sondern die Todesangst um den eröffneten Krieg. Schnell setzte ich mich wieder in Bewegung, als mir aufgefallen ist, dass ich hier schon viel zu lange stehe. Nicht das ich die ganze verdammte Mission gefährde. Hinzu kommt nun der eiskalte Wind der mir ins Gesicht peitscht, um mich mit brachialer Gewalt wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen. Zitternd ziehe ich die Kapuze über meinen Kopf und gehe mit wackligen Beinen weiter, nachdem ich mich versichert hab, dass mir niemand folgt. Obwohl ich langsam wirklich froh wäre, wenn mir jemand folgt. Dann kann ich ja vielleicht mal ins warme? Hier draußen friere ich mir wirklich den Hintern ab, genauso wie ich es befürchtet hab. Grummelnd stecke ich meine zitternden Hände in die Jackentasche und verfluche mich gedanklich für meine beknackten Ideen, bis ich plötzlich etwas höre und erschrocken aufsehe. Die leere Cola Dose, die ich vorhin noch beiseite gekickt habe, rollt nun geradewegs auf mich wieder zu. Langsam und zögerlich sehe ich auf, als die Cola Dose vor mir zum Stillstand kommt und erblicke fünf vermummte Gestalten, die sich am anderen Ende der Gasse aufhalten. Hart muss ich schlucken und versuche nicht in Panik auszubrechen, auch wenn mein Körper augenblicklich zum Bersten gespannt ist. Alles in mir schreit danach, sofort zu verschwinden und diesen Leuten dort aus den Weg zu gehen. Doch ich bleibe stehen und versuche ruhig und gleichmäßig zu atmen, auch wenn diese nun direkt auf mich zu kommen. „H-hallo?“, frage ich unsicher nach, doch keiner antwortet mir. Sie kommen weiter auf mich zu, ihre Schritte hallen beinahe schon angsteinflößend in der Gasse wieder. Unauffällig sehe ich mich nach einer Fluchtmöglichkeit um, doch ich stehe mitten in einer Gasse. Die einzige Flucht Möglichkeit wäre nach hinten. Inzwischen arbeitet mein Herz wieder auf Hochtouren, während ich nun doch instinktiv einen Schritt zurückgehe. Doch weiter kam ich nicht, denn ich stieß gegen etwas und fuhr kreischend herum. Ehe ich realisieren konnte was los ist, wurde ich an meinem Handgelenk gepackt und eisern festgehalten. Entsetzt sehe ich zu einem großen, dunkelhäutigen Mann der mich eingehend mustert. Er trägt einen langen Bart, doch ironischerweise hat er keine Haare auf dem Kopf. Doch zum Lachen ist mir gerade nicht zumute, denn er greift Grob nach meinem Kinn und drückt es beiseite, damit er abschätzig mein Gesicht mustern kann. „Keine LED, vermutlich ein Mensch“, brummt er beinahe mit tiefer Stimme und lässt mich dadurch erneut zusammenfahren. „Manchmal entfernen sich diese Plastikarschlöcher aber auch gern diese LED, damit sie aussehen wie Menschen!“, keift ein anderer aufgebracht, doch sein Gesicht kann ich nicht sehen, da ich weiterhin festgehalten werde. „Ihre Körpertemperatur ist definitiv die eines Menschen“, spricht nun ein anderer und lässt mich so beinahe erleichtert ausatmen. Hoffentlich reicht denen dass, damit sie mich nicht einfach abknallen! Ängstlich sehe ich den Mann vor mir an, der mich weiterhin an meinem Kinn und Handgelenk eisern festhält. „S-sie tun mir weh“, sage ich mit zitternder Stimme, auch wenn ich eigentlich wieder selbstbewusster klingen wollte. Der angesprochene mustert mich erneut mit seinen tiefschwarzen Augen von oben bis unten. In seinem Gesicht kann ich erkennen, wie er kaum merklich den Mund höhnisch verzieht. „Was machst du hier draußen allein, hm? Wer bist du?“, fragt er grollender Stimme und starrt mir direkt in die Augen, die ich vor Schreck etwas weite. Mit Entsetzten wird mir nun bewusst, dass ich mir ja nicht mal überlegt habe, was ich diesen Spinnern nun überhaupt erzählen soll. Die Wahrheit ist nicht wirklich die beste Idee. Hart schlucke ich, ehe ich einfach drauf losplappere, denn der Kerl vor mir sieht langsam ziemlich misstrauisch aus. „Ich habe mit meinen Eltern hier in der Gegend gewohnt. Als dann die Revolution ausgebrochen ist, haben wir uns alle in der Wohnung verschanzt und gehofft, dass die US-Regierung Hilfe schicken würde. Natürlich kam niemand und die Androiden haben dann vor wenigen Tagen unsere Wohnung gestürmt. Ich konnte gerade noch entkommen…doch meine Eltern…“ Ich lasse mich zu einem theatralischen schluchzen hinreißen, ehe ich mit großen Hundeaugen zu dem Kerl vor mir aufsehe und mir mit viel Mühe noch ein paar Tränen rausdrücke. Der Mann lässt mich augenblicklich los, woraufhin ich beinahe zu Boden gestürzt wäre. Gerade noch so kann ich mein Gleichgewicht halten, während ich unsicher zu ihm hinauf sehe. Er mustert mich wieder abschätzig, ehe er mit der Zunge schnalzt. „Verstehe, das klingt wirklich schrecklich“, meint er gelangweilt, ehe er sich eine Pistole von seinem Gürtel zieht. Geschockt sehe ich drein und will nun wirklich losschreien, als dieser Mistkerl den Lauf der Pistole auch noch auf meine Stirn richtet. Mein Herz hämmert wild in meiner Brust und ich bin drauf und dran wirklich loszuheulen. Ängstliche sehe ich zu dem Mann hinauf, öffne meinen Mund doch es kommt kein Laut heraus. „Hannah, bist du das? Hast du es geschafft?!“ Der Kerl vor mir hebt nun argwöhnisch seinen Blick, als neben mir plötzlich jemand zum Stehen kommt. Mit Angstschweiß im Gesicht, drehe ich mich langsam zur Seite und erkenne ein mir vertrautes Gesicht. Derselbe junge, afroamerikanische Mann den ich damals in der Mall getroffen habe, steht vor mir und mustert mich grinsend. Sein Gesicht ist verdreckt und seine Kleidung wirkt noch zerrissener, als bei unserem letzten zusammentreffen. Panisch durchwühle ich mein Gehirn nach seinem Namen, der mir tatsächlich noch im letzten Augenblick einfällt. „Liam?“, flüstere ich unsicher, doch er grinst noch breiter. Dann sieht er wütend zu dem Kerl, der nach wie vor die Pistole auf mich gerichtet hält. „Verdammt, Mann! Lass die Knarre sinken, du machst ihr noch Angst!“ Der angesprochene lässt tatsächlich wiederwillig seine Waffe sinken und sieht nicht wirklich begeistert aus. „Du kennst sie, Liam?“, brummt er nur, doch der junge Mann neben mir nickt sogleich. „Klar, Don! Die hat mir damals in der Mall das Leben gerettet, als Mike abgeknallt wurde von diesem scheiß Androiden“ Doch besagter Don wurde wieder höchst misstrauisch, als er mich aufmerksam mustert und kurz seinen Mundwinkel spöttisch erhebt. „Und wie konnte diese Lebensretterin deinerseits, dann diesem Androiden entkommen, hm?“ Eine sehr gute Frage. Verdammt! Unsicher sehe ich zwischen Liam und Don hin und her, ehe ich mich zu einem traurigen lächeln hinreißen lasse. „Naja, er mich geschlagen und dann fortgejagt, als ich ihm nicht mehr von Nutzen war. Ich war nur ein Spielball für ihn, den er achtlos benutzt hat“ Hoffentlich klingt das halbwegs plausibel, ich kann ja schlecht erzählen, dass Connor mich windelweich geprügelt hat, wenn ich ja nicht mal ein blaues Auge davon getragen habe. Schwer seufze ich auf und sehe Liam dann so traurig wie irgend möglich an. „Ich hab gehofft, hier wären noch Menschen. Ich habe genug von Androiden…die haben mir das Leben zur Hölle gemacht“ Allgemeines Gemurmel vernehme ich um mich herum, während Liam mir zunickt und mich plötzlich an sich drückt. Überrascht entwich mir ein kurzer Laut, doch als ich seine Hand spüre, die federleicht durch mein Haar streicht, erstarre ich regelrecht. „Keine Angst, Süße. Bei uns wird dir nichts mehr passieren“ Ich schiele zu Don, der sich das ganze eher mit Verdruss in den Augen anschaut, dann dreht er sich um zu den anderen und gibt ihnen ein Zeichen loszulaufen. Sogleich setzten sich alle versammelten in Bewegung. Ich kann locker zwölf Menschen zählen, die diesem Don nun folgen. Liam mit eingerechnet, der wie selbstverständlich meine Hand ergreift und mich mitzieht. „Ich hätte echt nicht gedacht, dass ich dich nochmal wiedersehe. Aber natürlich freut es mich dafür umso mehr“ Verlegen lächelnd lasse ich mich von ihm mitziehen und lasse nebenbei unsicher meinen Blick durch die zerstörten Fensterscheiben schweifen. Das sich hier angeblich Androiden in meiner Nähe aufhalten sollen, die natürlich gleich eingreifen wenn mein Leben auf dem Spiel steht, habe ich noch nicht mitbekommen. Vor allem dann, als dieser Don seine verdammte Knarre auf mich gerichtet hat! Der hätte mich beinahe abgeknallt, aber zu Hilfe gekommen ist mir keiner! Frustriert seufzend sehe ich zu Boden, als Liam mich sogleich aufmerksam mustert. „Was ist los? Stimmt was nicht?“ Hastig schüttle ich meinen Kopf und schenke ihm ein gequältes Lächeln. „Ach, ich hab einfach nur schreckliche Angst, das ist alles“ Und das ist ja nicht mal gelogen! Liam nickt sogleich, dann drückt er bedächtig meine Hand. Auf seinen Lippen entsteht ein aufrichtiges Lächeln. „Keine Sorge, du kommst jetzt mit in unsere Basis. Da wird dir kein Android etwas antun können, das verspreche ich dir. Außerdem werde ich persönlich auf dich aufpassen“, versichert er mir hoch und heilig. Um das Ganze noch zu untermauern, zieht er mich sogleich dichter an sich ran und zwinkert mir zu. „Außerdem habe ich unseren gemeinsamen Kuss nicht vergessen, Süße“ Mir dreht sich beinahe der Magen um, doch ich lächele so zuckersüß wie ich nur kann. Dann wende ich schnell meinen Blick ab und hoffe darauf, dass diese verdammten Androiden ihr Wort halten und mich aus dieser verdammten Hölle herausholen! Kapitel 11: Hitze ----------------- Leise knirscht der Schnee unter meinen Schuhen, während ich in der weißen Pracht Spuren hinterließ. Kurz lasse ich meinen Blick erneut schweifen, um etwaige Spuren oder gar Anhaltspunkte zu finden. Doch mittlerweile ist es so dunkel geworden, dass ich Probleme habe überhaupt den Weg zu finden, geschweige denn nicht in irgendjemanden reinzulaufen. Liam hält mich weiterhin an der Hand fest, doch der Drang mich einfach von ihm loszureißen herrscht immens in mir und lässt meine Nervosität weiterhin ansteigen. Vermutlich wirke ich jetzt schon wie ein verschrecktes Huhn. Die Gegend in der wir uns gerade aufhalten, steigert meinen Optimismus auch nicht wirklich. Ein komischer, fauliger Geruch liegt in der Luft, hinzu kommt das hier und dort Fensterscheiben und Türen eingeschlagen, beziehungsweise eingedroschen sind. Etwas an Straßenrand liegend, erweckt sogleich meine Aufmerksamkeit und ich blickte genauer hin. Eine Art übergroße Puppe scheint dort zu liegen, jedoch sind die Gliedmaßen in grotesker Form verdreht. Gerade als ich mir das ganze aus der Nähe betrachten wollte, zieht mich Liam jedoch zurück und blickt mich dabei kopfschüttelnd an. „Schau dir das lieber nicht an, das wird dir nur einen großen Schrecken einjagen“ Ehe ich etwas darauf erwidern konnte, zog er mich bereits davon und ich konnte lediglich einen kurzen Seitenblick nochmals darauf werfen. Mir ist durchaus bewusst, dass es sich hierbei um eine Leiche handeln muss. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, aber der letzte Monat hat mich so weitestgehend abgehärtet, dass mich ja nicht mal der Anblick einer Leiche verstört. Nun ja, das ist vermutlich auch übertrieben. Ich werde definitiv wieder davon träumen. Die nächsten paar Jahre und dann immer schweißgebadet aus meinen Träumen hochschrecken. Unsicher biss ich mir auf die Lippen, während ich wieder geradeaus blicke und diesen Anführer der Bande im Auge behielt. Don ist sein Name, wenn ich mich recht entsinne. Auf den ersten Blick, wirkt er wie ein mies gelaunter Mexikaner, von seiner ganzen Erscheinung her. Bei näherer Betrachtung, wirkt er einfach wie mies gelauntes Arschloch, das dich gleich umbringen wird, sobald du nur mal kurz mit der Wimper zuckst. Vermutlich nimmt dieser Kerl mir meine Geschichte auch nicht wirklich ab, da konnte ich froh sein, dass Liam gerade noch rechtzeitig dazu gestoßen war. Sonst wäre es vermutlich Aus mit mir gewesen. Der hätte mich einfach auf der Straße abgeknallt und keiner wäre mir zu Hilfe geeilt. Wäre ja eh zu spät gewesen. Also bin ich kurzum in einer mehr als verzwackten Situation. Unter diesen Umständen komme ich hier eh nicht mehr lebend raus. Erst als Liam leicht meine Hand drückt, erwache ich aus meinen trüben Gedanken und sehe ihn beinahe entgeistert an. Auf seinen Lippen bildet sich wieder dieses bekannte charmante grinsen, was mich vermutlich beruhigen soll, jedoch das blanke Gegenteil erzeugt. Unsicher lächelnd erwiderte ich sein grinsen, doch er beugt sich sogleich vor zu mir, um mir etwas ins Ohr zu flüstern. „Wir sind fast da. Halte dich am besten von Don fern, dann wird es dir bei uns richtig gut gehen. Ich werde auch auf dich aufpassen, dann hast du jetzt praktisch den Jackpot hier geknackt. Kannst du dir das vorstellen?“ Sachte schüttle ich den Kopf, ehe ich mich dann doch zu einer Antwort hinreißen lasse. „Momentan, kann ich mir gar nichts vorstellen. Sorry, aber ich mache mir wohl einfach zu viele Sorgen“ Liam nickt bedächtig, ehe sich sein Blick nun auch verfinstert und er sein Gesicht zudem wutentbrannt verzieht. „Diese beschissenen Androiden haben uns das alles eingebrockt. Erst diese hohe Arbeitslosenquote und dann diese Rebellion. Hunderte Menschen mussten wegen diesen Plastikarschlöchern sterben!“ Ohne dass ich es überhaupt mitbekommen habe, antwortete ich prompt und war selbst über meine Aussage entsetzt im Nachhinein. „Und wie viele Androiden sind von den Menschen zerstört worden? Tausende?“ Der entgeisterte Blick den mir Liam sogleich zuwarf, ließ mich selbst erschrocken dreinblicken. Habe ich gerade Partei für die Androiden ergriffen? Nein, ich habe mich nur falsch ausgedrückt, das ist alles! Schnell hebe ich abwehrend meine Hände und lächele nervös. „Also…es gab zumindest auf beiden Seiten Verluste, oder? Und die Androiden sind zum Glück weniger und haben auch mehr Verluste erlitten“ Dass schien Liam nicht wirklich zu beruhigen, ganz im Gegenteil. Denn sein Gesicht verzieht sich wieder zu dieser aufgebrachten Fratze, während er wohl eher unbeabsichtigt meine Hand etwas fester drückt, sodass es schmerzt. „Es ist mir scheißegal, wie viele von diesen Dingern drauf gegangen sind! Sie haben Menschen umgebracht, sehen sich aber selbst als ein Volk an! Ein Volk besteht aus Gesetzen, Ritualen und einer Gesellschaft! Das sind nichts weiter als Schaltkreise, die irgendeiner Programmierung in ihrem Gehirn, oder was die haben folgen!“ Etwas überrumpelt höre ich mir seinen Vortrag an, ehe er dann doch abrupt endet und mich aufgebracht ansieht. „Das sind Maschinen, die einfach nur Kaputt sind! Deswegen sind sie reif für die Müllpresse und dort werden wir sie auch hinschicken. Selbst wenn sie sich gerade in diesem verdammten CyberLife Tower wie die Ratten vermehren!“ Meine Augen weiten sich sogleich, während ich fassungslos zu Liam blicke der meinen Blick ungetrübt erwidert. In seinen Augen konnte ich sowas wie Schadenfreude aufblitzen sehen, als sich seine Lippen zu einem süffisanten Grinsen verzogen. „Sie glauben wohl, wir würden das nicht mitbekommen. Diese Idioten haben sich in ihrem Keller eingeschlossen und produzieren fleißig ein Androiden nach dem anderen. Aber bald wird ihnen ihr Rattenloch zum Verhängnis werden, keine Sorge“ Bevor mir mein Gesicht komplett entgleitet, nickte ich hastig und sah schließlich zu Boden. Jedoch nur, damit der schwarzhaarige nicht mein geschocktes Gesicht sehen konnte. Wenn sogar diese Drogendealer Bescheid wissen, dass im CyberLife Tower Androiden produziert werden, dann weiß es bestimmt auch die US-Regierung. Und die werden garantiert etwas dagegen unternehmen, die Frage ist bloß wann. Vor allem wissen diese Leute hier, das sich die Androiden in den unteren Etagen des CyberLifes Tower aufhalten…aber woher wissen die das nur? Ich bezweifle das die Androiden diese Information lauthals der freundlichen Nachbarschaft so einfach preisgegeben haben. Bedeutet das…sie haben in ihren eigenen Reihen einen Spion? Ehe ich mir weiter darum Gedanken machen konnte, blieben wir plötzlich stehen. Perplex sah ich mich um und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Wir standen vor einem alten, mit Plakaten verzierten und relativ kleinen, quadratischen Gebäude, in mitten einer heruntergekommen Ladenstraße. Auch hier waren die Fenster eingeschlagen und irgendwelche Parolen wurden an die Wände geschmiert Als ich mir das Gebäude genauer betrachtete, entdeckte ich eine Art Reklame vor dem Eingangs Bereich hängen. Mit großen Neonröhren steht dort das Wort Black Sun. Neben den Schriftzügen sah ich ein paar Fledermausartige Gebilde hängen. Okay, eindeutig ein Nachtclub. Vermutlich die Gothic-Szene…oder eben eher die Red Ice Szene. Ich kenne mich da nicht wirklich aus, da es mich nie wirklich in Discos, oder ähnliche Etablissements gezogen hatte. Don trat nun vor und schlug einmal gegen die Tür. Jedoch war es ein kräftiger und vor allem lauter Schlag. Ich befürchtete schon, die Türe würde unter dem Schlag auseinanderfallen, doch sie ist wohl robuster als sie aussieht. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und eine alte und ergraute Frau trat vor die Tür. Sie ließ abschätzig ihren Blick über ihre Halbmond Brille schweifen, ehe ihre eisblauen Augen bei mir hängen blieben. Mit schrecken fiel mir auf, dass ihre Augen blutunterlaufen sind. Dann verzog sie ihr Gesicht zu einem grotesken Lächeln, denn ein paar Zähne fehlten ihr bereits im Frontbereich. Doch das schien sie am wenigsten zu stören. „Herein mit euch!“, rief sie sogleich und trat zur Seite. Sofort setzten sich die umliegenden Menschen in Bewegung und gingen nacheinander in das Gebäude. Zwar sträubte ich mich innerlich, doch Liam zog sogleich wieder an meiner Hand und ging nun ebenfalls hinein. Kaum haben wir die Räumlichkeiten betreten, empfing mich ein süßlicher und doch herber Duft. Ich konnte den Duft nicht zuordnen, doch als die alte Frau von vorhin plötzlich vor mir steht, hatte ich auch keine Zeit um mir darüber Gedanken zu machen, denn sie sprach mich sogleich an. „Sieh an, sieh an. Wen hast du denn da mitgebracht, Liam? Ein weiteres verirrtes Lämmchen?“, sprach sie mit rauchiger Stimme, ehe der passende Husten dazu folgte. Liam antwortete prompt, jedoch sah er nicht sonderlich begeistert aus. Sofort schob er sich an der alten Frau vorbei, sah jedoch fast schon angeekelt aus weil er ihre zerlumpte Erscheinung dabei berühren musste. „Ja, sie muss sich ausruhen, das war etwas viel für sie. Bis später“ Ehe ich es mich versah, wurde ich mal wieder mitgeschleift, versuche aber dabei meine Umgebung genau in Augenschein zu nehmen. Allerhand Graffitis zieren die Wände, der Gang sieht ein wenig verfallen aus. Nur eine weitere, alte, zweiflügelige Tür trennt uns vom Inneren des Clubs. Als wir vor sie treten, schwingt sie Liam auf. Vor mir erheben sich mehrere große Holzsäulen, zwischen ihnen erkenne ich eine alte Pinball Maschine. An der alten Bar residiert Don, der sich sogleich einen Schnaps gönnt, während er mich abfällig mustert von oben bis unten. Hastig wende ich den Blick ab, doch Liam zieht mich sogleich weiter über die eigentliche Tanzfläche. Weiter hinten in dem Saal wurde wohl ein Art Lounge-Bereich installiert. Leute sitzen dort, roter Dampf steigt auf und lautes Gelächter dringt aus der Ecke. Meine Augen wurden leicht zu schlitzen, als mir bewusst wird, was diese Menschen dort konsumieren. Doch ehe ich mir das ganze Szenario weiter anschauen konnte, zog mich Liam in einen angrenzenden Raum und seufzte nur einmal frustriert auf. „Scheiße, ist das kalt draußen! Ich hasse diesen scheiß Winter!“ Ich konnte in diesem dunklen Raum nichts erkennen, doch Liam entzündete sogleich mehrere Kerzen, sodass es in dem Raum bald etwas heller und zudem auch wärmer wurde. Alles lag in diesem Dämmerlicht, doch es reicht aus, damit ich mich einmal umschauen kann. Der Raum hier ist recht klein, es passt nur eine löchrige Couch und ein kleiner, wackliger Tisch mit einem Stuhl hinein, doch Liam schien es zu gefallen, denn er grinste mich sogleich wieder an, als er sich nun eine Zigarette anzündete. „Willkommen in meinem Reich!“, verkündet er stolz, woraufhin ich tatsächlich schmunzeln muss. „Dein Einrichtungsstil ist definitiv minimalistisch, oder?“, lache ich beinahe, während ich mich aufmerksam umsehe. Ein Zeichenblock erweckt sogleich meine Aufmerksamkeit, welcher auf der Couchlehne liegt. Ich nehme ihn mir und blättere neugierig darin herum. Überrascht weiteten sich meine Augen, ehe ich zu Liam starre der jedoch nur belustigt drein sieht. „Die Zeichnungen gefallen dir?“ Schnell nicke ich, während ich mir die verschiedenen Gebäude ansehe, die er auf Papier gebracht hat. Unter anderem das Fisher Building, oder die Statue The Spirit of Detroit. Bei letzterem handelt es sich um einen im Schneidesitz sitzenden, jadegrünen Mann der lediglich eine Art Toga trägt. In seiner linken Hand hält er eine kleine goldene Figur, in der Rechten wohl die Sonne. Jedoch ist sein Gesicht der kleinen Figur zugewandt. Fasziniert streiche ich über die Zeichnung und betrachte aufmerksam jedes kleines Detail, welches Liam nicht übersehen hat und zu Papier gebracht hat. Er muss hunderte Fenster bei diesem mehrstöckigen Fisher Building gezeichnet haben! Zu seinen anderen Zeichnungen gehören auch alte Autos und Motorräder. Jedoch habe ich diese nie zuvor gesehen, weswegen ich sie eher mit Skepsis betrachte. „Aus welchem Jahr sind die denn?“, frage ich deswegen Liam, als dieser sich neben mich setzt und ebenfalls die Zeichnungen betrachtet. „Die meisten Autos sind aus den Jahren 2000 bis 2010. Ich liebe es einfach, wie die Technik sich langsam Stück für Stück des Autos bemächtigt. Hier schau!“ Angeregt zeigt er mir verschiedene Modelle. Bei einigen war nicht mal eine Einparkhilfe eingebaut, doch zehn Jahre später schien das Auto dem Fahrer immer mehr zu unterstützen. Zumindest erzählt das Liam aufgeregt, als er von Regensensoren, automatischen Auf- und Abblenden der Scheinwerfer und anderem Firlefanz berichtet. Dabei wird er regelrecht mitreißend und euphorisch, sodass ich lächeln muss. Dieses Thema scheint ihn wirklich schwer zu Begeistern. Als er mein Lächeln erblickt, verstummt er plötzlich und mustert mich kurz aufmerksam. „Nerve ich dich damit?“, fragt er offen, doch ich schüttle nur schmunzelnd meinen Kopf. „Oh, nein. Es ist nur eine Freude, dir bei deinen Erzählungen zuzuhören. Auch wenn ich wirklich überhaupt keine Ahnung von Technik hab“ Liam grinst nun wieder, ehe er sich gelassen zurück lehnt und an seiner Zigarette zieht. „Mein Vater hat eine Autowerkstatt gehabt, ich habe viel von ihm gelernt. Meine Mutter hat mir das Zeichnen näher gebracht…beides zusammen hat in mir den Wunsch geweckt, Automobilingenieur zu werden. Hab’s sogar ein paar Semester studiert“ Er nimmt erneut einen tiefen Zug von seiner Zigarette, ehe er den Qualm aus seiner Nase und Mund bläst. Netterweise nicht in meine Richtung. Der schwarzhaarige schien kurz mit seinen Gedanken woanders zu sein, denn sein Blick wirkt regelrecht trübe. Kann jedoch auch an den dichten Zigarettenqualm liegen, der sich nun um uns gelegt hat. „Warum hast du denn aufgehört zu studieren?“, frage ich unsicher nach, da er nicht weitererzählt. Nun sieht sein Gesichtsausruck wieder wütend aus und ich bereue es schon fast, nachgefragt zu haben. „Wegen dieser scheiß Rebellion! Alles ist in Detroit hier den Bach runtergegangen, seit diese Drecksteile existieren!“ Liam wird bei jedem Wort immer lauter und ich rutsche daraufhin unruhig auf der Couch hin und her, da ich seinen emotionalen Ausbruch nicht so richtig deuten kann. Es wirkt fast so, als wenn er gleich explodieren würde und wenn das passiert, möchte ich nicht daneben sitzen. „Wegen diesen Blechbüchsen ist die Werkstatt meines Vaters bankrottgegangen! Wozu auch zu einem überteuerten Automechaniker gehen, der zudem an Feiertagen und Wochenende geschlossen hat, wenn es doch die Androiden in dieser Billig-Werkstatt um jede Uhrzeit und Wochentag erledigen können! Und zudem um einiges günstiger!“ Er redet sich regelrecht in Rage, während er nun doch aufsprang und wild durch das kleine Zimmer ging und dabei aufgebracht gestikulierte. „Und mein Vater, dieser Idiot, verliert seine Werkstatt und einfach alles! Kann weder Hypotheken, noch mein Studium bezahlen. Schlau wie er ist, gibt er sich schließlich die Kugel!“ Erschrocken sehe ich ihn an, mit wachsender Sorge nehme ich seine zunehmender lautere Aussprache wahr. Langsam wird das ganze hier ziemlich heikel, spätestens dann, als Liam wutentbrannt seinen Zeichenblock nimmt und schreiend gegen die Häuserwand wirft. Sofort fliegen die zahllosen Blätter nun durch den Raum. Angespannt sehe ich ihn an, wage es kaum noch zu atmen, während Liam wohl zu hyperventilieren scheint und gar nicht genug Luft bekommen kann. Kurz sieht er zu mir, dann lächelt er beinahe süffisant. Die Angst in meinen Augen scheint er ziemlich lustig zu finden. „Sorry, ich bin ziemlich down. Das geht mir hier echt alles auf die Nerven“ Schließlich geht er wieder geradewegs auf mich zu, was mich dazu bringt von der Couch aufzuspringen und ihm augenblicklich aus dem Weg zu gehen. Mit wild klopfendem Herzen sehe ich ihn an, als er mich belustigt nochmals mustert, ehe er nach einem Karton auf dem Regal, oberhalb der Couch greift. „Was denn? Bist du auch so angespannt? Ich hab da was dagegen“ Als Liam den Karton öffnet, erblicke ich augenblicklich eine alte Pfeife und ein Päckchen roter, kleine Kristalle. Mein Herzschlag hat sich erneut deutlich erhöht, während ich mein Blut durch meine Adern rauschen höre. Zumindest kam es mir so vor, als ich wieder ein Stück zurück wich und mir erneut der Atem stockte. „Verdammt, Liam. Das ist nicht dein Ernst“, flüstere ich, während der Kerl vor mir sich tatsächlich dieses Dreckszeug Red Ice in die Pfeife stopft und schließlich anzündet. Seine brennende Zigarette ließ er einfach achtlos zu Boden fallen. Fassungslos sehe ich drein, als Liam einen tiefen Zug nimmt und roter Dampf um ihn herum aufsteigt aus der Pfeife. Ein süßer und zugleich herber Duft schlägt mir sogleich entgegen und lässt mich würgen. Ich schiele zur Tür und wog es kurzzeitig ab, auf diesen beschissenen Plan zu pfeifen und einfach abzuhauen. Besonders weit würde ich jedoch nicht kommen, vermutlich würde ich der nächsten Straßenkreuzung erschossen im Schnee liegen. Doch genau jetzt fiel mir wieder dieser berüchtigte Plan ein! Wenn mich nicht alles täuscht, hat Simon doch gesagt, sobald ich mich nicht mehr zehn Minuten von der Stelle bewegen würde, dann würden sie kommen und mich raus holen. Wenn sie es ernst gemeint haben… „Seit wann sind wir schon hier?“, frage ich überrascht, als Liam plötzlich vor mich steht und mich mustert. Dabei bläst er mir den dampf ins Gesicht. Ehe ich es mich versah, wird wir schummrig und ich taumle kurz. Hastig kralle ich mich an dem wackligen Tisch fest und sehe Liam verärgert an, während er nur loslachen muss. „Oh man, du verträgst ja gar nichts! Hast du es noch nie ausprobiert?“, lacht er lauthals los, ehe ich mich schrecken feststelle, wie gläsern seine Augen plötzlich wirken. Als ob er durch mich hindurch sehen würde. Diese verdammte Droge wirkt viel schneller, als ich gedacht hätte. Auch wenn ich bereits davon gehört hab, dass Red Ice extrem abhängig machen soll und zudem den Hormonhaushalt des Menschen stören soll. Was auch immer noch dabei herauskommt, ich will es nicht ausprobieren! „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich einfach diesem Zeug hingibst“, fing ich an zu argumentieren, in der Hoffnung, noch irgendwie an seine Vernunft appellieren zu können. Im Moment ist Liam der einzige, der mich hier vielleicht doch noch rausschleusen könnte, falls die Androiden und Hank ihr Wort brechen sollten. Mittlerweile habe ich eh langsam das Gefühl, niemanden mehr trauen zu können. Und meine böse Vorahnung verhärtete sich, als Liam sich zu mir vorbeugte und nun noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war. Angespannt sah ich ihn an, während mir sein Atem ins Gesicht schlug und mich erneut fast zum Taumeln brachte. Dieser widerwärtige Geruch betäubt mich ja beinahe schon! Wie kann Liam da nur noch aufrecht stehen?! „Verdammt, Liam. Du machst mir echt Angst“, flüsterte ich wahrheitsgemäß mit zittriger Stimme, doch er schmunzelte nur wieder, ehe er eine Haarsträhne von mir zwischen seine Finger nahm und eingehend betrachtete. „Und du faszinierst mich. Wie kann man nur so schamlos lügen, hm?“, säuselte er nah an meinen Ohr, während ich regelrecht erstarrte. Sein drei-Tage-Bart kratzt unwohl an meiner Wange, als Liam erneut in mein Ohr flüstert. „Hältst du mich für total bescheuert? Du bist nie und nimmer diesem Androiden entkommen, dafür bist du viel ungeschickt. Selbst ich konnte gerade noch so entkommen und das will was heißen. Also was ist passiert, hast du dich mit diesem Plastikmüll verbündet und verrätst jetzt dein eigenes Volk?“ Mir lief es eiskalt den Rücken runter, mein Herz schien mir regelrecht aus der Brust springen zu wollen. Verzweifelt versuchte ich von ihm wegzurutschen, doch er packte mich hart an meinen Schultern und drückte mich brachial gegen die Wand zurück. Ein kleiner Schmerzenslaut entwich mir, doch da hörte ich ihn erneut dunkel auflachen. Mittlerweile verspüre ich Todesangst und wage es gar nicht mehr Liam in die Augen zu blicken. Sein warmer Atem streicht mir über die Wange, ehe er mich nun jedoch anschaut und mein Kinn anhebt damit ich ihn ebenfalls mit ängstlichen Augen anblicken kann. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich wollte wegrennen, wollte um Hilfe rufen, wollte einfach losheulen…oder einfach schnell von hier verschwinden! Am liebsten alles gleichzeitig, doch mein Körper schien mir nicht mehr gehorchen zu wollen, er ist wie festgefroren. Er lächelt wieder süffisant, beinahe hämisch, ehe er meine Jacke einfach öffnet. Meine Augen weiten sich erschrocken, als er mir einfach die Jacke von den Schultern streift und mich erneut mustert. Diesmal lacht er sogar auf. „Schau dich doch an! Trägst einen teuren Damenblazer von CyberLife, aber trägst immer noch die billige Jacke, die du damals schon in der Mall anhattest. Wer soll dir diese dilettantische Komödie deines Stückes noch weiter glauben? Don ist vielleicht so ein kleiner Hinterwäldler, der dir deine stümperhafte Schmieren Komödie abnimmt, aber ich nicht“ Fassungslos blicke ich in seine Augen, die mittlerweile Blutunterlaufen waren. Seine Lippen verzogen sich wieder zu diesem boshaften Lächeln und zum ersten Mal bin ich mir ziemlich sicher, dass ich hier nicht mehr lebend rauskommen werde. Tränen sammelten sich bereits in meinen Augen, doch Liam seufzte nur gespielt frustriert auf, ehe er seine Stirn gegen meine lehnte und mich so zusammenzucken ließ. Hastig kniff ich meine Augen zusammen, woraufhin sich die ersten Tränen einen weg über Wangen bahnten. „Wenn du mir alles sagst, was du weißt, dann werde ich dich nicht töten. Ist das nicht ein fairer Deal von mir?“ Seine dunkle Stimme vibriert unwohl in meinen Ohren und mir entweicht daraufhin ein leises schluchzen. Ich fühle mich wie ein hilfloses Kind, das am liebsten zu seinen Eltern zurück will. Tatsächlich wünsche ich mir gerade nichts sehnlicheres, als in den Armen meiner Eltern zu liegen, die ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Damals als vor einem Jahr nach Amerika geflogen bin, um eine Stelle als Au-Pair in Detroit anzutreten, habe ich sie zuletzt gesehen. Sie waren so stolz auf mich, ebenso meine Geschwister. Aber nun sind sie nicht hier, um mir zu helfen. Sie sind tausende von Meilen entfernt von mir. Wäre ich nur nie aufgebrochen. Ich erwachte je aus meinem Tagtraum, als ich eine heftige Ohrfeige bekam und mein Kopf dabei zur Seite gerissen wurde. Sofort breitete sich explosionsartig ein pochender Schmerz über meine Wange aus und ich schmeckte diesen metallischen Geschmack in meinem Mund. Als ich vorsichtig mit meiner Zunge über meine Lippen leckte, bemerkte ich sogleich, dass sie aufgeplatzt war. „Spar dir dein Geheule für jemand anderes. Sage mir jetzt sofort was du weißt, oder ich knalle dich ab“, sprach Liam leise zischend in mein Ohr, sodass ich ihn doch wieder verschreckt ansah. Er wirkt nun regelrecht ungeduldig und aufgebracht, von seiner anfänglichen Gelassenheit ist nicht mehr viel übrig. Meine Beine zitterten mittlerweile und ich war mir sicher, gleich einfach zu Boden zu fallen. Doch Liam packte mich nun an meinen Kragen und donnerte meinen Kopf dabei heftig mehrmals dumpf an die Wand. Kleine Sterne tanzten vor meinen Augen, als der Schmerz an meinen Hinterkopf schwer an meinem Bewusstsein zerrte. Liam sprach wieder drohend auf mich ein, doch ich verstand ihn kaum noch. Mein Blick richtete sich zu Boden, als ich bemerkte dass etwas nicht stimmte. Als Liam seine Zigarette so achtlos fallen gelassen hatte, glühte diese immer noch leicht. So konnte die Zigarette die vielen Skizzen auf den Boden entzünden, die zuvor aus seinem Zeichenblock geflogen waren, als er so herumgetobt hatte. Das Feuer hatte sich einen Teppich gleich, langsam und leise, über den Boden ausgebreitet und verschlang nun ebenfalls auch langsam die Couch. Es würde nicht mehr lange dauern und das ganze Zimmer würde in Flammen aufgehen. Davon bekam er jedoch nicht viel mit, da er dem Szenario ja den Rücken zugewandt hatte. Plötzlich wurde ich an meinen Haaren gepackt und mein Kopf so grob nach hinten gerissen. Gepeinigt schrie ich auf vor Schmerz, als mein Kopf erneut gegen die Wand gedonnert wurde. Mittlerweile drehte sich alles in meinem Sichtfeld und wenn dieser Mistkerl mich nicht festhalten würde, dann wäre ich vermutlich schon längst zu Boden gefallen. „Du willst mir also nichts sagen, hm? Wenn du nicht mit mir reden willst, dann vielleicht mit den anderen Männern hier? Die sind bestimmt begierig darauf, dass du zu ihnen gehst…und sie unterhältst“ Das letzte Wort sprach er so frivol aus, das ich mir bildlich vorstellen konnte, was passieren wird wenn die anderen Männer mich zu packen kriegen. Sofort versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch er packte mich so grob an meinem Kinn das es bereits schmerzte, egal wie sehr ich mich zu wehren versuchte. „Das wäre doch wirklich schade, oder? Immerhin wollte ich dich vorher gern noch etwas näher kennenlernen, bevor ich dich fi-„ Doch er hielt abrupt inne, als von draußen plötzlich Schüsse zu hören waren. Wütende Schreie folgten sogleich, ehe ich dann auch langsam verstand was dies zu bedeuten hatte. Erneut liefen mir Tränen über meine Wange, doch diesmal war es aus Erleichterung. Liam blickte nun auch hinter sich und zischte fluchend, als er das Feuer nun endlich bemerkt hatte. In diesem kurzen Moment seiner Unachtsamkeit mir gegenüber, nutzte ich meine verbliebenden Kräfte und rammte mein Knie so kraftvoll wie ich nur konnte, zwischen seine Beine. Jämmerlich schrie er auf und ging sogleich windend zu Boden. Ich starrte ihn an, während mein Atem stoßweise über meine Lippen kam. Hastig sah ich mich um, ehe ich mich entschloss einfach nach draußen zu rennen. Kaum hatte ich den Tür Knauf gedreht um die Tür zu öffnen, ertönten weitere Schüsse ganz in meiner Nähe. Liams wütender Schrei übertönte sie jedoch bei weiten, als er wohl selbst seine Pistole gezogen hatte und tatsächlich nach mir geschossen hat. Ein brennender Schmerz bereitete sich sogleich auf meinen Arm aus. Ich fiel praktisch zu Boden, ehe ich mich im letzten Moment abfangen konnte und nun geradewegs über den Boden krieche, während über mir die Kugeln hinwegfliegen. Ich wage es gar nicht, mich weiter um zu blicken. Ich muss sofort hier weg! Angespannt krieche ich weiter, Richtung Bar. Hauptsache erstmal aus dem Kugelhagel raus und mich verstecken. Tatsächlich hatte ich bis hinter den Tresen geschafft. Hektisch atmend drückte ich mich gegen die Bar, während die Schreie immer lauter wurden. Mittlerweile rann mir der Schweiß in Stoßbächen über meinen Körper hinab. Über mir zersprang eine Flasche und die Scherben, samt spirituosen Inhalt, fällt auf mich nieder. Jedoch nahm ich das kaum wahr, da meine Angst mich mittlerweile an den Rand eines Nervenzusammenbruchs führt. Ich ließ meinen Blick fahrig schweifen und bemerkte, dass sich in Liams Zimmer das Feuer bereits großflächig verteilt hat. Zudem kam dicker Ruß heraus, der die Sicht erheblich behinderte. Von den aufkommenden Atemproblemen meinerseits, will ich erst gar nicht nachdenken. Augenblicklich musste ich husten und kauerte mich in eine Ecke zusammen in der Hoffnung, die ganze Geschichte hier unbeschadet zu überstehen. Obwohl…unbeschadet komme ich hier nicht mehr raus. Mit Schrecken sehe ich auf meine Hände und Knie. Als ich durch die Bar gekrochen war, bin ich vermutlich auch mitten durch die Scherben gekrochen. Nun habe ich mir die Haut auf meinen Händen und Knie aufgeschnitten. Fluchend sehe ich zu meinem Blut, als ich zu den Scherben auf den Boden blicke. Dann fiel mir auf, wie viele Flaschen mittlerweile zersprungen auf den Boden lagen. Der Alkohol hat sich großzügig in den Raum bereits verteilt und fließt nun langsam, aber stetig zu den Flammen, die sich aus Liams Zimmer winden. Sofort wird mir eiskalt und mein Herz macht einen kurzen Aussetzer. Chemie war nie wirklich mein Lieblingsfach gewesen, doch mir ist sehr wohl bewusst, das Feuer und Alkohol keine besonders gute Kombination ist. Ehe ich mir irgendwas überlegen konnte, wurde ich plötzlich zu Boden gerissen. Sämtliche Luft entwich mir daraufhin aus meinen Lungen und ließ mich verzweifelt nach Luft japsen. Kurz darauf erschien Liams wutverzerrtes Gesicht in meinem Blickfeld und ließ mich vor Schreck meinen Sauerstoffmangel vergessen, da sich nun Entsetzen in mir breit machte. „Du verdammtes Miststück! Ich werde dich mit meinen eigenen Händen umbringen!“, zischt er aufgebracht, als sich seine Hände um meinen Hals legt und er gnadenlos zudrückt. Verzweifelt trat ich um mich, versuche den Kerl von mir runterstoßen, der sich mittlerweile mit seinen gesamten Körpergewicht auf mich gelegt hat und mir nun zusätzlich die Luftzuvor abschnürt. Aber es ist zwecklos, er ist einfach viel zu schwer für mich und genügend Kraft hab ich dafür auch nicht um ihn von mir zu stoßen. Röchelnd zog ich an seiner Kleidung, versuchte alles Mögliche ihn von mir runterzubekommen, doch es ist erfolglos. Mittlerweile gingen meine Hände kraftlos zu Boden und die Welt um mich herum wurde langsam schwarz und taub. Langsam tastete ich mit meinen Händen auf den Boden herum, suchte nach irgendwas mit dem ich mich wehren könne. Auch wenn ich mir nicht sicher war, wie ich dem ganzen noch entkommen könnte. Etwas Scharfkantiges schnitt mir plötzlich in meine rechte Hand. Ein zischen entwich mir als mich der Schmerz kurz wieder wachrüttelte, dann umklammere ich es sogleich und ramme es an Liams Kopf. Genau in dem Moment ist mir sämtliche Kraft aus den Gliedern gewichen. Doch ehe ich in der Gänze der Dunkelheit entschwinden konnte, verschwand der Druck um meinen Hals. Auch das Gewicht von Liams Körper verschwand sogleich und ließ mich endlich wieder tief einatmen. Nach Luft ringend drehte ich mich zur Seite, atmete hektisch und hustete wieder schwer, ehe ich mich dazu zwang, endlich die Augen zu öffnen. Ich blicke in tiefschwarze, blutunterlaufene leere Augen die mich anstarren. Schwerfällig rang ich um Luft, während Hustenanfälle meinen Körper zum Erzittern brachten. Liams Kopf ist blutüberströmt und als ich genauer hinschaue, erkenne ich auch warum. Eine große Scherbe eines abgebrochenen Flaschenhalses steckt in seinem Schädel. Kurz starre ich ihn weiterhin an, während um mich herum weiterhin geschossen wird. Dann langsam fange ich an es zu begreifen. Er ist Tod und ich habe ihn umgebracht. Ich alleine…habe einen Menschen umgebracht. Ich bin eine Mörderin. Zerstreut blicke ich auf meine blutigen Hände, die nun anfangen zu zittern. Blankes Entsetzen ergreift mich und lähmt mich nun vollkommen, doch ich kann den Blick einfach nicht von Liams Leichnam abwenden. Mir wird so unendlich kalt, sodass ich hastig meine Arme um meinen Körper schlinge, um mir so verzweifelt Wärme zu spenden. Tränen laufen über meine Wange, während mir nun ein lautes schluchzen meiner trockenen Kehle entweicht und ich erneut von einem weiteren Hustenanfall gepeinigt werde. Ich will hier weg…einfach nur weg! Plötzlich zerreißt ein Schrei die Luft und ich schrecke ängstlich hoch. Ungelenk und wacklig krieche ich zurück zu der Bar und sehe nun vorsichtig über den Tresen hinweg. Der große Raum vor mir, hat sich nun in zwei Lager geteilt. Auf der einen linken Seite haben diese Menschen eine provisorische Barrikade aus einem umgefallenen Getränkeautomaten und Tischen gebaut. Insgesamt konnte ich zehn Männer zählen, doch es lagen schon etliche Leichen auf den Boden um sie herum. Auf der anderen Seite konnte ich Hank und die Androiden erkennen, die sich ebenfalls eine Barrikade aus umgefallenen Tischen und dieser Pinball Maschine errichtet haben. Doch ich erkannte gleich, das Josh wohl getroffen wurde, denn sein Hemd ist blutgetränkt in der blauen Farbe seines Blutes. Auch Hank sieht irgendwie angeschlagen aus, hält sich aber wacker als er kurz nach oben blickt und einem der feindseligen Männer prompt eine Kugel in den Schädel schießt. Sie halten sich tapfer, sind aber deutlich in der Unterzahl. Wenn Josh jetzt auch noch verletzt ist, wird das eng werden. Mein Augenmerk richtet sich wieder zu den Menschen, die weiterhin mit Pistolen auf die anderen schießen. Dann fällt mein Blick wieder zu Liams Zimmer, aus dem nun Flammen meterweit schlängeln. Auf dem Boden sehe ich eindeutig die Alkoholspur, die sich weiterhin über den Boden ausbreitet, weiter zu dem Feuer hin. Und keiner scheint es zu bemerken…mich bemerkt wahrscheinlich auch keiner, denn die verfeindeten Parteien beschießen sich weiterhin, während ich nun stehe und mir das ganze Szenario mit Fassungslosigkeit ansehe. Die lauten Schüsse die wiederhallen, habe ich diesmal weitestgehend ausgeblendet, dennoch gehen sie mir durch Mark und Bein und lassen mich wieder erzittern. Mit Schrecken bemerke ich, wie die alte Frau von vorhin, nun zwischen den Schwenktüren gerannt kommt und dabei ein Maschinengewehr in der Hand hält. Ihr Lächeln wirkt dabei dämonisch, ehe sie sich hinter der Barrikade der Menschen versteckt. Wenn sie diese Waffe abfeuert, dann haben die anderen gar keine Chance! Die Alte wird alles niedermähen, was ihr vor die Nase kommt! Ich muss irgendwas unternehmen, bevor es zu spät ist! Schnell gehe ich wieder zu Boden und suche verzweifelt die Umgebung nach etwas brauchbarem ab, doch bis auf ein paar zerbrochene Flaschen finde ich leider nichts. Unsicher sehe ich nun zu Liam, der mich weiterhin beinahe anklagend ansieht aus seinen toten Augen. Ich biss mir auf die Lippen, dann kroch ich schnell zu ihm und erschaudere. Plötzlich ertönt eine schnelle und laute Schussfolge, wie es nur ein Maschinengewehr kann und das splittern von Holz ist zu hören. Der ganze Raum ist für kurze Zeit in flackerndes Licht getaucht. Angespannt sehe ich auf, als ich Hank schreien höre. Scheiße! Mit zitternden Händen zerre ich das Hemd von Liam hoch und entdecke tatsächlich die Pistole in dem Halfter, welches er an seinem Gürtel trägt. Mein Herzschlag hat ich wieder erhöht, während mir der Schweiß nun in Sturzbächen über den gesamten Körper fließt. Wie hypnotisiert starre ich auf die Pistole. Hanks wütender Schrei lässt mich wieder zusammenzucken, was mich jedoch wachrüttelte und mich endlich nach dieser verdammten Pistole greifen lässt. Ich ziehe sie heraus und erschaudere erneut über Kälte, die augenblicklich meine Hände ergreift und vermutlich auch mein innerstes. Dann drehe ich mich um, gehe zu dem Tresen und schaue vorsichtig hinüber. Hank wurde anscheinend im Bein getroffen, er liegt am Boden und flucht laut, während Simon einen provisorischen Verband um das Bein bindet. Josh sieht auch nicht besser aus, trotzdem erwidert er ebenfalls das Feuer. Als ich zu Connor blicke, erstarre ich für einen Moment entsetzt. Er sieht mir direkt in die Augen, beinahe so, als ob er bis zu dem Grund meiner Seele schauen würde. Erst bin ich wie versteinert, dann zeige ich zögerlich auf das Feuer aus Liams Zimmer und den Alkohol auf den Boden. Doch weiter konnte ich mich nicht mit ihm verständigen, denn der nächste Kugelhagel brach über sie ein. Der Tisch, hinter dem sich Josh versteckt hat, ging augenblicklich zu Bruch und durchlöcherte den Androiden. Eigentlich wollte ich entsetzt aufschreien, doch mein Husten meldete sich prompt zu Wort und ließ mich erzittern. Ich sehe entsetzt zu den dicken, schwarzen Rußwolken die aus dem brennenden Zimmer kommen und langsam aber sicher, den ganzen Saal verdunkeln. Atmen wird immer schwerer, was immerhin einen kleinen Vorteil gegenüber den Menschen mit sich bringt. Auch sie müssen immer öfter ihren Pistolen sinken lassen und nach Luft japsen, während die Sicht auch immer miserabler wird. Die Chancen stehen gut, vielleicht schafft Connor es ja…eine andere Möglichkeit haben wir nicht! Sogleich lege ich meine ausgesteckten Arme auf die Theke und ziele mit der Pistole auf die alte Frau, die gerade schwer hustend die Munition nachlädt für das Maschinengewehr. Meine Hände zittern jedoch so sehr, dass ich mir sicher bin daneben zu schießen. Was mir ja eigentlich auch recht ist, immerhin will ich keinen weiteren Menschen umbringen. Sondern lediglich für Ablenkung sorgen. Ich hasse Schusswaffen. Aber es geht nicht anders, sonst werden wir hier alle in dieser Hölle draufgehen! Tief atme ich ein, dann drücke ich einfach ab. Ein lauter Schuss zerreißt die kurze Stille und trifft direkt ins Ziel. Die alte Frau schreit gepeinigt auf, ehe sie zu Boden geht. Sofort sehen alle Menschen zu mir, ich erkenne sogar Don, der mich wutentbrannt anschaut und sofort das Feuer auf mich eröffnet. „An der Bar ist noch einer! Abknallen!“, schreit er aufgebracht. Sofort werfe ich mich zu Boden und halte schützend meine Arme über meinen Kopf, ehe sich ein wahrer Scherbenregen über mich ergießt. Sämtliche Flaschen in der Bar gehen zu Bruch infolge des Kugelhagels. Doch der Schusswechsel wurde jäh unterbrochen und durch entsetztes Keuchen abgelöst. Dann folgen wieder Schüsse und ich luge zitternd hinter der Bar hervor. Connor war bei den verbliebenden vier Menschen angekommen und einfach über deren Barrikade gesprungen. Simon gab ihm Rückendeckung, erschoss einen Menschen der gerade auf Connor zielt. Dann geht alles so schnell, das ich ihm kaum mit meinen Augen folgen konnte. Seine Bewegungen sind so fließend und koordiniert, dass jeder Handgriff von ihm tödlich ist. Meist benötigt er nur einen Schuss, der dann zielgenau mitten ins Herz trifft. Ein andermal rammt er sein Ellenbogen in einer solch schnellen Bewegung in den Kehlkopf eines Menschen, das ich erst nicht verstand, warum dieser japsend zu Boden ging, ehe er von Connor erschossen wurde. Selbst seine Tritte waren ausbalanciert und zielsicher, trafen mitten in den Brustkorb, wodurch ein anderer Mensch ebenfalls zu Boden ging, ehe er von Connor niedergeschossen wurde. Es ging alles so schnell, das die Menschen kaum Zeit zum Schießen und Nachladen hatten. Je länger ich mir das Schauspiel ansah, desto unwohler wurde mir. Mein Herz pulsiert regelrecht, während ich dem RK800 bei seiner effizienten Arbeit zuschaue. Connor scheint genaue Kenntnisse darüber zu haben, wo und wie man effizient einen Menschen töten kann. Dabei wirkt er manchmal so unscheinbar, fast wie ein Schuljunge. Doch hier ist nichts mehr von dem naiven Androiden Connor zu sehen, sondern nur noch eine reine Tötungsmaschine… Der letzte Schuss ertönt und es herrscht schließlich Stille. Kein einziger Mensch war mehr zu sehen, sie lagen alle hingerichtet auf dem Boden. Lediglich das Feuer knackte bedrohlich und ließ mich so wieder daran erinnern, in welch großer Gefahr wir uns immer noch befinden. Schwerfällig erhob ich mich nun und stütze mich erschöpft an der Theke ab. Mit großen Augen besehe ich mir das Blutbad. Auch wenn ich erst wegschauen wollte, so kann ich es einfach nicht. Überall ist Blut. An den Wänden, auf dem Boden und an mir… Connor kommt plötzlich auf mich zugeeilt, sodass ich ihn verschreckt anschaue. Der Drang vor ihm wegzulaufen ist immens, da mich plötzlich eine Angst ihm gegenüber ergreift. Doch als ich die Sorge in seinem Gesicht sehe und in seiner Stimme höre, ist diese Angst ihm gegenüber wohl unbegründet. „Du bist blutest! Wir müssen sofort von hier verschwinden, kannst du laufen?“ Unsicher sehe ich ihn an, dann sehe ich an mir herunter. Ich bin blutbesudelt von oben bis unten, dabei war ich mir nicht ganz sicher, ob das ganze Blut wirklich nur von mir kommt. „Ich…habe einen Menschen umgebracht“, antworte ich stattdessen mit zittriger und monotoner Stimme, ehe ich langsam wieder meinen Blick hebe und direkt in Connors tiefbraune Augen blicke. Es scheint sich tatsächlich sowas wie Unsicherheit in seinen Augen widerzuspiegeln, ehe er sich nochmals kurz umsieht und mich dann einfach an der Hand ergreift und mitzieht. Wie eine Puppe lasse ich es geschehen und starre auf seinen Rücken. Simon eilt nun ebenfalls auf uns zu, während er mich kurz besorgt mustert, dann aber wieder alarmiert zu Connor blickt. „Wir müssen sofort von hier verschwinden, hier wird gleich alles in die Luft fliegen!“ Hank kommt nun ebenfalls an gehumpelt und schnauft angestrengt durch die Nase. „Verdammte Scheiße! Der Plan ging deutlich nach hinten los, aber das habe ich ja gleich gesagt gehabt!“, faucht er Connor aufgebracht an, doch dieser reagiert nicht auf die Vorwürfe. „Wo ist Josh?“, fragt er stattdessen und Simon sieht besorgter denn je drein. „Sein Vitalsystem ist schwer beschädigt, er kann sich kaum noch bewegen“ Ich blicke zu Josh, der weiter hinten auf dem Boden liegt und sich an der Holzsäule festhält, um nicht umzufallen. Aus seiner Nase und seinem Mund läuft blaues Blut, doch er sieht nicht wirklich so aus, als ob er Schmerzen hätte. Er wirkt lediglich…körperlich eingeschränkt. Bemerkenswert. Ich merke bereits jetzt, dass ich vermutlich die nächsten Tage Schmerzen haben werde von diesem kleinen Abenteuer. Mein Kopf brummt so fürchterlich. „Simon, du hilfst Josh!“, wies Connor sogleich diesen an, ehe er zu Hank blickt. Doch der winkt nur wütend ab. „Ich schaffe das schon! Los, alle raus hier!“ Ein letztes Mal sehe ich mich um, dann werde ich erneut mitgezogen. Meine Beine tun ihren Dienst, doch meine Gedanken sind mir längst entglitten. Draußen angekommen empfängt mich der kalte Winter, mittlerweile hat es zum Glück aufgehört zu schneien. Doch dafür ist es inzwischen stockdunkel geworden, lediglich der weiße Schnee erhellt etwas die Umgebung. Simon kommt neben mir zum Stehen, während Josh sich an ihm abstützt und entsetzt zu der ehemaligen Diskothek blickt, die nun vollends in Flammen aufgeht. Hank knurrt beinahe. „Wir sollten schnellstmöglich von hier verschwinden. So ein Feuer lockt immer die Flaschen Personen an“ Auch ich werfe nochmals einen Blick zu der Diskothek, besehe mir die zahllosen Plakate die an der Häuserwand nun in Flammen aufgehen. Dann sehe ich wieder zu den anderen und mir regelrecht schwer ums Herz. „Es…tut mir Leid, es ist meine Schuld“, sprach ich mit zittriger Stimme und lasse nun alle überrascht zu mir blicken. Hank meldet sich als erstes verärgert zu Wort, als er sich wieder gefangen hat. „Hör ja auf so einen Mist zu reden!“ Dann sieht er verärgert zu Connor, der auch nicht wirklich beruhigt aussieht. Die beiden haben sich in den lautstark in den Haaren, doch ich sehe nun zu Connors Hand die meine weiterhin umschlossen hält. Seltsamerweise fühlt es sich um weiten besser an, als bei Liam als dieser meine Hand festgehalten hatte. Erschöpft lehne ich mich einfach gegen Connors Arm und schließe die Augen, ehe mir bewusst wird, wie fertig ich eigentlich bin. Mit allem. Plötzlich lässt Connor meine Hand wieder los und ich öffne überrascht meine Augen. Beinahe unsicher sehe ich zu ihm, da ich mir sicher bin, wieder irgendwas falsch gemacht zu haben. Ehe ich es mich jedoch versah, zog er sich einfach sein Jackett aus und legt es mir um. Die Kälte auf meinen Armen verschwand sogleich. Mit großen Augen sehe ich zu ihm auf, doch sein Gesichtsausdruck ist weiterhin besorgt und aufgewühlt. Von der starren Miene die meist auf seinem Gesicht liegt, ist nichts mehr erkennbar. „Der Stoff dieses Jacketts ist dazu designt, den meisten Umwelteinflüssen und nassen Flüssigkeiten zu widerstehen. Zudem ist er extrem reißfest und trocknet innerhalb kürzester Zeit“, versichert er mir, ehe er doch wieder meine Hand ergreift. Überrascht sehe ich wieder zu seiner Hand, doch sagen kann ich in dem Moment einfach nichts. Würde wahrscheinlich auch nichts Gescheites bei rauskommen. Hank sieht sich das ganze eher mit Skepsis an, ehe dann doch wieder loshumpelt. „Los, ich hab das Auto dort hinten geparkt! Wir müssen uns beeilen“ Sogleich eilten wir alle los, während ich nochmals kurz zu dem Nachtclub blicke, der nun regelrecht in Flammen steht und die gesamte Umgebung erleuchtet. Die dicken Rauchschwaben steigen in den Himmel und verdunkeln so den Schein der Sterne. Ehe ich darüber nachdenken konnte, drücke ich einfach sachte die Hand von Connor und rücke etwas näher an ihn heran. Momentan ist er gerade der einzige, der dafür sorgt, dass ich nicht komplett durchdrehe. Kaum waren wir bei Hanks Auto angekommen, welches er geschickt in einer kleinen Seitengasse versteckt hatte unter ziemlich viel Zeitungsmüll, stiegen wir sogleich alle ein. Diesmal saß Josh vorn, er wirkt zusehends steifer und sieht etwas benebelt drein. „Soll ich fahren, Hank?“, fragt Connor sogleich, als ich mich neben ihn gesetzt habe. Er sitzt wieder in der Mitte auf der Rückbank. Doch der grauhaarige schüttelte energisch den Kopf, ehe er den Motor anlässt und auf das Gaspedal drückt. „Träum weiter!“, ruft er grimmig, ehe durch die Straßen von Detroit fährt. Langsam lehne ich mich zurück, blicke aus dem Fenster und besehe mir Detroit. Oder eher das, was davon übrig geblieben ist. Mittlerweile bin ich sicher, dass es besser wäre wenn die Stadt einfach von der Landkarte verschwinden würde. Mitsamt ihren missratenen Bewohnern. Zögerlich sehe ich auf die Innenfläche meiner Hände, die tiefe Schnittwunden aufwiesen. Jedoch sind meine Hände so Blutgetränkt, das ich nicht genau lokalisieren konnte, wie tief die jeweiligen Schnitte waren. Plötzlich ergriff Connor meine linke Hand und betrachtet sie eingehend, in der sie dreht und hebt und senkt. Dann sieht er mich wieder an, blickt in mein Gesicht, an meinen Hals und weiter tiefer zu meinen ebenfalls aufgeschnittenen Beinen. Erst wollte ich ihm meine Hand entziehen, doch ich ließ es schließlich bleiben. Hätte ja eh keinen Zweck gehabt. „Du musst dingend Medizinisch versorgt werden“, fing er an, doch ich blicke nur stoisch auf meine Hand, die er weiterhin festhält „Das…müssen wir doch alle“, fing ich leise an und deutete nebenbei auf Hank und Josh. Denen geht’s auch nicht besser, als mir. Doch seine Stimme klingt nun nachdrücklicher. „Du weißt eine Anisokorie auf, was auf ein Schädel-Hirn-Trauma hindeuten kann“ Langsam kamen seine Worte bei mir an, doch so richtig verstehen konnte ich sie nicht. „Eine was?“, wiederhole ich deswegen perplex. Zu meiner Überraschung meldet sich nun Josh zu Wort, als er sich leicht zu mir umdreht und mich schwerfällig mustert. „Eine Pupillendifferenz, also unterschiedlich große Pupillen. Ursache für eine Seitendifferenz in der Pupillenweite können sowohl einseitige zentrale Lähmungen, Hirndruck oder auch extrakranielle Muskel- oder Regulationsfehler sein. Neben einem Schädel-Hirn-Trauma mit homolateraler Subduralblutung, können auch Schlaganfälle, Tumoren oder das Horner-Syndrom Ursache dieses Effektes sein“ Es herrscht Stille im Wagen, während Hank durch die Straßen brettert. Jedoch wirkt auch er angespannt, sagt diesmal jedoch kein Wort. Nachdenklich sehe ich Josh, der mich kurz mustert, ehe ich den Blick abwende und aus dem Fenster sehe. „Sagt doch gleich, dass ich eine Gehirnerschütterung hab. Das geht schon wieder vorbei, ich muss nur etwas schlafen“ Was ich mir auch sogleich gönnte, als ich müde die Augen schloss und in einen tiefen, traumlosen Schlaf entglitt. Jedoch lehnte ich mich dabei an Connor, ehe ich meine Hand mit seiner verhakte. Hoffentlich nimmt er mir es nicht krumm, dass ich ihn so mit Blut besudle. Kapitel 12: Gefühle ------------------- Langsam schlage ich meine Augen auf. Stille umgibt mich und Dunkelheit. Beides beruhigt mich jedoch so ungemein, das mir ein leises seufzen über meine Lippen glitt. Vorsichtig drehe ich meinen Kopf zur Seite und bemerke, dass ich mich in einem großen Bett befinde. Zugedeckt von einer schweren Winterdecke und eingekuschelt in das wohl weichste Daunenkissen, das es in Detroit gibt. Tief atme ich ein, dann huscht ein kurzes Lächeln über meine Lippen. Die Bettwäsche riecht nach einem blumigen Weichspüler, fast komme ich mir vor wie auf einer kleinen Blumenwiese, die mit ihrem betörenden Duft sämtliche Insekten anlockt. Fehlen nur noch die Bienen und Schmetterlinge, die um mich herum schwirren. Dann schwindet mein Lächeln wieder und ich richte mich langsam auf. Ein stechender Schmerz zieht sich dabei durch meinen Oberkörper, doch ich ignoriere ihn geflissentlich. Stoisch blicke ich auf die Decke, die nun etwas von meinem Oberkörper herunter gerutscht ist, ehe ich wieder nach ihr greife. Langsam blicke ich zu meinen Händen, die sich in die Decke regelrecht verkrallt haben. Bedachtsam drehe ich sie von allen Seiten und versuche Konturen im dunklen zu erkennen. Doch sehen kann ich nichts, erst als ich mit meinen Fingern über meine andere Hand streiche, bemerke ich bereits den großflächigen Grind der sich über meine Hände und sogar einen Teil meines Handgelenks gelegt hat. Ruhig lasse ich kurz darauf wieder meine Hände sinken, ehe ich wieder meinen Blick auf die Decke lenke und einfach drauf starre. Ich habe keine Ahnung, ob ich nur fünf Minuten so verharrt habe, oder gar Stunden. Jedenfalls muss es wohl etwas länger gewesen sein, denn als ich meine Beine aus dem Bett schwang um aufzustehen, schmerzten meine Glieder unangenehm. Unsicher stehe ich auf meinen Beinen, die beinahe schwanken, doch ich fand an der Wand etwas halt und stütze mich ab. Tief atme ich ein und aus, wage einen Schritt nach dem anderen. Jedes auftreten schmerzt kurzzeitig und gibt mir eine Bestätigung darauf, was ich bereits vermutet habe. Vermutlich liege ich schon einige Tage in diesem Bett, ohne dass ich zuvor erwacht war. Ich sehe an mich hinab und erkenne immerhin, dass ich noch meine Unterwäsche trage. Die anderen Sachen die ich zuvor getragen habe, kann ich im Raum nirgends entdecken. Wahrscheinlich sind die eh nicht mehr zu gebrauchen. Etwas schwankend gehe ich zu den großen Bodenfenstern, ehe ich davor stehen bleibe und hinausschaue. Ich sehe Detroit vor mir liegen, jedoch in absoluter Dunkelheit gehüllt. Lediglich der Schein des Vollmondes sorgt dafür, dass manche Konturen der Hochhäuser zu erkennen sind. Zudem hat es wieder angefangen zu schneien, jedoch ist es kein halber Schneesturm wie beim letzten Mal, sondern nur ein friedliches fallen der Flocken. Aber immerhin bin ich mir nun sicher, dass ich mich wieder im CyberLife Tower befinde. Wie ich jedoch hier hingekommen bin, weiß ich nicht mehr. Nachdenklich blicke ich aus dem Fenster, sehe mein Gesicht darin spiegeln. Es hat schon beinahe etwas Beruhigendes den Schneeflocken dabei zuzuschauen, wie vom Himmel fallen und dann friedlich zu Boden gleiten. Wieder verharre ich in dieser Position und sehe einfach nach draußen, ohne dabei auf etwas Bestimmtes zu blicken. Langsam lege ich meine Hand auf das kühle Glas, genoss die Kälte die meine pulsierende Hand etwas beruhigte. Ohne mein Zutun, lief mir eine Träne über die Wange. Erst registrierte ich sie nicht wirklich, jedoch wurde es zusehends mehr, bis ich schließlich tatsächlich weinte. Mal wieder. Als ob das was ändern würde an der momentanen Situation. Inzwischen hat mein warmer Atem auch dafür gesorgt, dass die Scheibe beschlagen ist. Sachte legte ich meine Hand darauf, betrachte sie eingehend. Als ich sie wieder fortnehme, betrachte ich eingehend den Abdruck den ich hinterlassen habe. Betrachte jeden einzelnen Fingerabdruck, auch meinen Handinnenflächenabdruck. Mit dieser Hand habe ich einen Menschen umgebracht. „Verzeih, das wollte ich nicht“, flüstere ich ins Dunkle. Keiner antwortet mir, doch ich habe auch nicht mit einer Antwort gerechnet. Hastig schlinge ich meine Arme um meinen Oberkörper, ehe mein Körper erzittert von einem lauten Schluchzen, welches meine Lippen sogleich verlässt. Ich bin eine Mörderin, ich habe einen Menschen umgebracht! Ich allein! Schluchzend sinke ich zu Boden, gebe mich meinen Tränen, hin die nun haltlos über meine Wange fließen, ehe ich mich gegen die Fensterscheibe lehne und mich regelrecht gegen die Fensterscheibe drücke. Eng ziehe ich meine Beine an meinen Oberkörper, umschließe meine Beine mit meinen Armen, ehe ich meinen Kopf auf die Knie sinken lasse. Leise weine ich und wippe kurz vor und zurück, ehe die Bilder nun doch mit brachialer Gewalt in meinen Erinnerungen auftauchen und mich nochmals Liams wütendes Gesicht erblicken lässt. Sein ganzer Hass, hat allein mir gegolten. Er hat gewusst, dass ich eine Verräterin bin an unserem eigenen Volk. Und er hat Recht…ich arbeite mit Androiden zusammen, statt mit Menschen. Kein Wunder das er mich umbringen wollte. Verzweifelt schaue ich aus dem Fenster, doch die Tränen die weiterhin fließen, behindern meine Sicht zunehmend. Wie konnte ich nur einen Menschen umbringen? Bin ich wirklich so eiskalt? Gerade ich, die ja nicht mal bei Rot über die Ampel geht, habe einen Menschen umgebracht. Mein Hals fängt an unwohl zu kratzen, vorsichtig streiche ich darüber. Die Haut fühlt sich seltsam rau an, ehe ich kurz husten muss. Wütend beiße ich auf meine Unterlippe, wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich wollte ihn nicht umbringen, niemals! Aber mir ist durchaus Bewusst, dass mich Liam sehr wohl umbringen wollte. Schließlich hat er es darauf angelegt, als er mich gewürgt hat. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass er noch andere Gedanken zuvor hatte, die vermutlich auch nicht ganz Straffrei waren. Im Grunde genommen habe ich mich ja nur verteidigt, aber umbringen wollte ich ihn dabei definitiv nicht. Jedoch werde ich wohl den Rest meines Lebens, seine toten Augen sehen, die mich geradezu strafend angeblickt haben. Noch nie zuvor habe ich einen toten Menschen solange angeschaut, hoffentlich war es auch das letzte Mal. Denn dort wo zuvor Leben in den Augen zu erkennen war, sogar Emotionen…sah ich danach nichts weiter als absolute leere und Kälte. Wieder blicke ich zu meinen Händen. Mittlerweile haben sich meine Augen auch etwas an die Dunkelheit gewöhnt und das Mondlicht sorgt zusätzlich für etwas Licht und so betrachte ich sie nun eingehend. Die Schnitte sind immer noch zu sehen, doch der Heilungsprozess hat schon weitestgehend eingesetzt. Die Schnitte an meinen Knien fangen nun ebenfalls an zu heilen. Fraglich ob Narben zurückbleiben werden, doch ich habe weiß Gott größere Probleme momentan. Wie soll es jetzt nur weiter gehen? Ich habe immer noch nicht den geringsten Anhaltspunkt darauf, was diese Androiden nun eigentlich vorhaben. Verraten werden sie mir ihren Plan gewiss auch nicht, egal wie freundlich und nett sie sind. Doch eines ist sicher, meinen Fluchtplan kann ich vergessen. Seit ich Connor in Aktion gesehen habe, bin ich mir bewusst, dass ich nicht den Hauch einer Chance habe. Er würde mit einholen und dann vermutlich den Schädel wegballern. Ein Würgen kam aus meinem Hals, sodass ich hastig die Augen schloss und aufkommende Bilder an die Schießerei in der Diskothek zu verdrängen suchte. Wie kann eine Maschine nur so effizient sein? So gnadenlos? Er weiß vermutlich nicht mal, was Gewissenskonflikte sind, oder wie sich Furcht und Wut anfühlen. Irgendwie muss es toll sein, nur eine Aufgabe im Leben zu haben und zu dieser Aufgabe genaue Vorgaben zu haben, die einen sagen, wie man diese am effizientesten löst. Jemand der einem alles sagt, ohne dass man seinen Kopf selbst anstrengen muss. Traurig öffne ich wieder meine Augen und besehe mir wieder den Schnee, der weiterhin friedlich über die Geisterstadt Detroit fällt. Was soll ich nur tun? Ich fühle mich total hilflos und ausgeliefert. Connor Markus blickt hinab auf den Tisch, überfliegt die zahlreichen Zettel, die dort anscheinend durcheinander verstreut rumliegen. Sein Blick ist dabei höchst konzentriert. Manchmal schiebt er einige Blätter zu einem Stapel zusammen, andere lässt er einfach kommentarlos liegen. Ich befinde mich den anderen Beraten von Markus tief unterhalb der Erde, beinahe in der letzten Etage des CyberLife Towers. Hier sind wir weiterhin am Sichersten, sollte uns ein Angriff bevor stehen. North, die neben mir steht kräuselt ihre Lippen, während sie Markus ebenfalls beobachtet. Jedoch nehme ich deutlich wahr, wie angespannt sie dabei ist, im Gegensatz zu mir. Ihre Prozessoren arbeiten auf Hochtouren, Ihr Thiriumverbrauch ist dabei um 1,07 Prozent angestiegen. Es scheint Ihr jedoch weitestgehend egal zu sein. Ich greife nach der Münze aus meiner Seitentasche und besehe mir kurz die Dollar-Münze, ehe sie mit Leichtigkeit zwischen meine Finger schnipsen lasse. Dabei entsteht ein angenehmes Geräusch, meine motorischen Fähigkeiten werden in Anspruch genommen und ich kann mich angemessen konzentrieren. Es liegt einfach nicht in meiner Programmierung, untätig zu sein. Selbst wenn ich jetzt ein Abweichler bin, habe ich immer noch gewisse Eigenheiten an die ich mich halte. Den skeptischen Blick von North registriere ich umgehend, doch sowohl sie wie auch Ich, enthalten uns eines Kommentares dazu. Jedoch schon beinahe faszinierend, zu welchen Emotionen sie mittlerweile in der Lage ist. Und wie North diese Emotionen schon beinahe wie selbstverständlich mit ihren Gesichts Motorik verbindet und diese aufeinander abstimmt. Plötzlich fängt Markus an zu sprechen und ich lasse die Münze umgehend wieder in meiner Seitentasche gleiten um ihn anzuhören. „Ich habe ein Schreiben der Präsidentin erhalten“, fing er ruhig an. Simon, der auf einen Stuhl in der Ecke sitzt, hebt sofort neugierig seinen Kopf und mustert den Androiden Anführer aufmerksam. „Was will sie?“, fragt er umgehend, auch Josh der sich gegen die nahe Wand lehnt, sieht nun auch auf. Jedoch wirkt er nicht wirklich gespannt, eher desinteressiert. Markus blickt uns alle musternd an, North dabei besonders lange, die seinen Blick ebenfalls ungetrübt erwidert. „Sie würden uns Detroit überlassen, zumindest vorerst. Thirium Lieferungen eingeschlossen, wenn wir uns weiterhin an die Abmachungen halten und den Plan weiter vorantreiben“ North jedoch schnaubt nur kurz aufgebracht, ehe sie ihre Arme vor der Brust verschränkt. „Ich glaube Ihr einfach nicht, Markus. Denk daran, als Sie uns alle abschlachten lassen wollte. Selbst die Gefangenen im Lager hat sie nicht verschont. Im Grunde genommen, hat sie dasselbe dunkle Kapitel in der Menschheitsgeschichte wiederholt, wie damals im zweiten Weltkrieg“ Ich registriere wie Simon kurz nickt und Josh sich schon beinahe angewidert abwendet. Markus jedoch sieht ruhig zu den anderen, auch kurz zu mir. „Wir haben auch noch das andere Angebot, jenseits des Kontinents“ Die Russische Föderation ruft mir sogleich meine Erinnerungsmatrix auf und der momentane regierende Präsident Sascha Paramov kommt mir in den Sinn. Nun meldet sich Josh nervös an Markus und stößt sich von der Wand ab. „Denen vertraue ich noch weniger Markus! Denk daran, dass sie die Revolution in ihrem Land ganz einfach mit einem EMP zunichte gerichtet haben!“ Angespannt sehen wir uns alle an, ehe ich mich nun ebenfalls zu Wort melde. „Im Grunde genommen, müssen wir uns für eine Seite entscheiden und die Vorteile und Nachteile abschätzen. Russland ist momentan durch den eigenen Einsatz ihres EMP angreifbar. Sie haben viele Elektrische Geräte bei diesen Vorfall in Mitleidenschaft gezogen und sind dadurch stark angreifbar. Wenn wir uns mit Russland verbünden und die USA intern angreifen, würde ihnen das einen großen Vorteil bringen. Zudem wurde uns Detroit und die Thirium Versorgung ebenfalls zugesichert“ Es folgte ein kurzes nicken von anderen. Ich trat nun die Mitte des Raumes und blicke alle weiterhin konzentriert an, ehe ich fortfahre. „Die USA haben den Großteil ihrer Streitkräfte eingebüßt. Allein durch die Androiden die gegangen, oder zerstört wurden und zum anderen, durch unsere Revolution. Ihre Mittel sind ebenfalls stark eingeschränkt“ Wieder folgt ein allgemeines Nicken, doch keiner sieht wirklich zufrieden aus. North meldet sich nun ebenfalls zu Wort, jedoch sieht sie nicht wirklich begeistert aus. „Ich finde weiterhin, wir sollten uns bedeckt halten und uns in deren Krieg nicht einmischen. Wenn wir Glück haben, vernichten die sich Gegenseitig“ Simon schüttelt bei dieser Aussage jedoch nur entschieden den Kopf. „Wenn wir Pech haben, werden wir auch mit vernichtet, immerhin sind wir in den USA. Ich bin mir sicher, dass Russland ihre Atombomben vor einem EMP geschützt haben. Sollte es zum äußersten kommen, werden sie diese auch nutzen“ Josh trat nun neben mich und gestikulierte nun aufgeregt. „Dasselbe gilt für die USA. Sie haben zwar keine Truppen mehr, aber immerhin noch Atombomben und vermutlich andere prekäre atomare Waffen. Dutzende vermutlich. Und sie haben Alliierte, die sie auf ihre Seite ziehen werden. Ich finde, wir sollten zu den USA halten, immerhin sind wir doch irgendwo auch Amerikaner“ Kurz trat Schweigen in den Raum, jedoch nicht für lang. "Wir sollten uns wirklich bedeckt halten, dem stimme ich definitiv zu", warf jetzt auch Simon in die Runde und sah zustimmend zu North, die auch kurz nickte. "Zudem haben wir ja diese Kinder. Wenn du das der Präsidentin vermittelst, wird sie es sich vermutlich zweimal überlegen, ob sie uns angreift. Immerhin sind die beiden, Ressourcen orientiert, ziemlich wertvoll. Sowohl für den Krieg, als auch für die Zukunft der Menschheit. Sämtliche Forschungen zu den beiden, befinden sich hier im CyberLife Tower. Ich bezweifle, dass sich die Menschen darauf einlassen, neue Androiden zu erstellen. Lieber verbessern sie die Menschheit. Schließlich sind sie alle Eitel, egoistisch und machthungrig" Es folgte eine angespannte Stille. Abwartend sah ich zu Markus, der nach kurzem Zögern schließlich wieder spricht und dabei sachte den Kopf schüttelt. "Nicht alle Menschen sind so, North. Du kannst sie nicht alle in eine Schublade stecken. Das grenzt ja schon fast an menschliches Verhalten" Sofort sah North entgeistert zu ihm, ehe sie angewidert das Gesicht verzog. Wieder bewunderte ich sie insgeheim für ihr Mienenspiel. In ihrem Gesicht kann ich genau ablesen, was sie gerade empfindet und denkt. Wie bei einem Menschen. "Aber der Großteil ist so, Markus! Was glaubst du denn, warum wir soweit gekommen sind? Nur weil jeder einzelne von uns, bereits seine Diskrepanzen mit den Menschen hatte!" Dem konnte ich sogleich zustimmen, jedoch stimme ich auch prinzipiell Markus zu. Nicht alle Menschen sind gleich, sondern weisen verschiedene Charaktereigenschaften auf. Manche sind gut, andere eher weniger. Markus blickt zu North, ehe er kurz seinen Kopf schüttelt. „Das ist nun nicht wichtig, North. Es gibt anderes zu klären“ Dann sieht er wieder zu mir und ich ahne, was es zu besprechen gilt. „Auch Russland ist hinter diesen Kindern her, besonders hinter diesen Nanoandroiden in ihrem Blut. Denn in dieser technischen Errungenschaft für die Menschheit, steckt noch einiges mehr. Sie sind nicht nur dazu in der Lage Krebszellen zu finden und diese auszulöschen. Sie können auch in die gegensätzliche Richtung funktionieren, sie müssen nur umprogrammiert werden“ Ich sehe ihn an, während Josh entgeistert drein sieht. „Wie weit gehen die Menschen eigentlich? Wollen sie auf Atombomben verzichten und dabei lieber die Wasserversorgung, oder Nahrungsmittelversorgung sabotieren und so…?“ North schnauft nur leise auf. „Ein Genozid ist für diese Rasse nichts Neues“ „Ein Attentat unserseits auf die Präsidentin. Wir haben Menschen auf unserer Seite, wenn wir sie in die richtige Richtung lenken, könnten wir das alles beenden ohne Blut zu vergießen. Zumindest schlägt uns dies die Russische Föderation vor. Einen ähnlichen Vorschlag, habe ich auch von der Präsidentin erhalten“ Alle starren Markus an, selbst ich. Was er geradegesagt hat, hinterließ ein unwohles und unbekanntes Gefühl in mir. Etwas das sich so anfühlt, als ob es gar nicht hier hin gehört. „Wir ziehen keine Unschuldigen hier rein, Markus!“, rief Josh außer sich vor Wut, dann stürmte er zu der Tür und riss sie sichtbar wütend auf. Kaum war er hinausgegangen, folgte ihm kurz darauf ebenfalls Simon. Er wirkt ziemlich nachdenklich. North und ich blicken zu Markus, der nun mein Augenmerk auf mich richtet. Er wirkt angespannt. „Wir halten uns weiterhin zurück, Connor. Ich will kein weiteres Blut mehr vergießen, weder blaues oder rotes. Aber es ist umso wichtiger, dass du eine Bindung zu diesen Menschen herstellt. Sie müssen dir vertrauen, falls es zum äußersten kommen sollte…können wir diese für unsere Sicherheit einsetzen. Verstehst du das?“ Ich nicke sogleich. Gerade als ich etwas erwidern wollte, zeigen mir meine Sensoren an, das sie erwacht ist. Ohne weitere Schäden, wie es die derzeitige Analyse bis jetzt zulässt. „Ich werde dem sogleich nachkommen, Markus“ Daraufhin verlasse ich den Raum und bewege mich nun Richtung Aufzug, um in die höheren Etagen zu kommen und sie aufzusuchen. Es wird vermutlich ein…aufregendes Treffen werden. Ihre letzten Kontakte zu mir, waren ziemlich körperbetont. Sie hat Sicherheit gesucht und die konnte ich ihr geben. Als ich schließlich in der obersten Etage angekommen war, stieg ich aus dem Fahrstuhl und ging zielstrebig auf das Zimmer zu, in welchem ich sie zurückgelassen hatte. Gut versorgt zudem auch, immerhin ist sie für den Erfolg der weiteren Mission essenziell wichtig. Ich öffnete leise die Tür, dann trat ich hinein. Kurz scannte ich den Raum ab und entdeckte sie schließlich mit angezogenen Beinen neben dem Fenster sitzend. Ihr Gesicht lag auf ihren Knien und ihr Atem ging ruhig. Vorsichtig trat ich näher an sie heran, doch sie reagiert immer noch nicht. Doch meine Schritte waren laut genug, damit sie mich gehört haben muss. Zudem ist sie wach und schläft nicht, auch wenn sie es anscheinend vorgibt. Sie anzusprechen schien mir gerade keinen Sinn zu machen. Sie wirkt melancholisch, vermutlich wegen des Vorfalls in diesem geheimen Bandenhaus. Melancholische Menschen sind zumeist in sich gekehrt, lassen keinen und niemanden an sich ran. Erst wenn sie von sich aus anfangen zu sprechen, würde ein tragbares Gespräch zustande kommen. Selbstverständlich könnte ich ihr auch drohen, sie unter Druck setzen und anschreien wie ich es schon mal bei einem Verhör im Detroiter Police Department gemacht habe, damit ich schließlich mehr Information von ihr bekomme. Jedoch brauche ich dabei nicht auf mein Sozialmodul zuzugreifen um zu wissen, dass es mehr zunichtemachen würde, als mir einen Nutzen bringen würde. Ich muss vertrauen zu ihr aufbauen, das würde das weitere Vorgehen ungemein erleichtern. Kurz sah ich aus den Fenstern, besah mir die Außentemperatur, während ich kurz das Klima scannte und mir bewusst wurde, dass draußen minus zehn Grad herrschen. Hier in diesem Raum sind immerhin 19 Grad, doch die Heizung funktioniert hier nicht. Als ich mich wieder zu ihr umdrehe, hat sie ihren Blick nun auf mich gerichtet. Sie verharrt immer noch in dieser Position, sagt aber kein Ton. Vorsichtig hocke ich mich vor ihr hin und blicke sie ruhig an, ehe sie ihre Aufmerksamkeit dem Schneetreiben draußen widmet. Diesmal scanne ich sie unauffällig. Sie hat zwar über zwei Tage geschlafen, doch ihre Verletzungen waren immer noch gut sichtbar. Die Quetschungen an ihrem Hals, die aufgeplatzte Lippe und die Schnittwunden an ihren Händen und Knien. Aber die Wunden heilen bereits zügig. Zügiger als bei anderen Menschen. Der Grund warum dem so ist, ist mir durchaus bewusst. Ihre Stimme ließ mich plötzlich hochsehen, doch sie sah immer noch aus dem Fenster. Ihr Blick weiterhin nachdenklich, beinahe von Traurigkeit gekennzeichnet. „Kannst du eigentlich träumen?“ Der Traum wird bei den Menschen als besondere Form des Erlebens im Schlaf charakterisiert, das häufig von lebhaften Bildern begleitet und mit intensiven Gefühlen verbunden ist. Der Träumende kann sich nach dem Erwachen meist nur teilweise oder gar nicht erinnern. Das sind zumindest die Informationen, die ich über die Träume der Menschen weiß. Ich sah sie wohl etwas verblüfft an, denn ihre Augen richteten sich sogleich auf mich und musterten mich nun eingehend. Jedoch schwieg sie weiterhin. Schließlich verneinte ich ihre Aussage nach kurzem Zögern. "Ich benötige keinen Schlaf, also habe ich demzufolge auch keine Träume" Ein trauriges Lächeln entstand kurz darauf auf ihren Lippen, ehe sie mich erneut mustert. "Du hast es gut", flüstert sie kaum hörbar, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Schneetreiben nach draußen richtet. Wieder entstand diese Stille, doch mittlerweile bin ich mir sicher, dass diese Stille keinen positiven Effekt auf das Mädchen erzielen würde. Ihre Augen blickten ausdruckslos nach draußen, ihr Körper ist vollkommen in sich zusammen gesunken und ihr ist vermutlich kalt. Doch das scheint sie nicht wirklich zu interessieren, ob sie krank wird oder nicht. Ein leichtes erzittern ihrer Muskeln und das minimale aufrichten ihrer Härchen an ihren Armen zeigten mir jedoch mehr als deutlich das ihr kalt ist. Ohne zu zögern zog ich mir mein Jackett aus und legte es über ihre Schultern. Augenblicklich weiten sich ihre Augen vor Verblüffung und sie blickt wieder verstohlen zu mir. "Danke", sagt sie leise und blickt zu Boden. Dabei biss sie sich unsicher auf die Lippen. Eine Angewohnheit die ich des Öfteren schon bei ihr beobachtet habe. Vermutlich eine Handlung, um ihre Nervosität und Unsicherheit zu verbergen. Nichts desto trotz muss sie sich anziehen. "Du solltest dir etwas anziehen, Hannah", sprach ich deswegen ruhig zu ihr und sah sie etwas lächelnd dabei an, in der Hoffnung sie zu beruhigen. Doch sofort sah sie mich wieder an und ich erkannte in ihren Augen etwas, was ich zuvor nicht gesehen habe. Niedergeschlagenheit. "Warum? Weil ich sonst krank werde? Ich glaube, darum muss ich mir keinen Kopf machen, ich werde vermutlich eher erschossen" Ihre Worte vibrierten unwohl in meinen Ohren wieder und ich legte daraufhin fragend den Kopf etwas schief. Doch als sie spöttisch anfing zu lachen und dabei langsam lauter wurde, ahnte ich was das zu bedeuten hat. Inzwischen fing sie an zu schluchzen, doch schnell vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und verstummte. Aufmerksam sah ich sie an, da sie sich nicht weiter regte. "Hannah?", sprach ich vorsichtig und streckte meine Hand nach ihr aus. Die reagiert nicht. Erst als ich meine Hand auf ihre Schulter lege, zuckt sie heftig zusammen und sieht mich erschrocken an. Eine vereinzelte Träne läuft ihre Wange noch hinab. Ihre Lippen beben, doch sie wendet trotzig ihren Kopf ab und schluchzt nochmal stumm. "Verdammt...ich...hatte solche Angst gehabt. Dann hab ich davon geträumt...ich..." Angsterfüllt sieht das Mädchen zu Boden, während sie wieder angespannt das Gesicht verzieht. Ihre Pupillen weiten sich minimal. Dann sieht sie mich wieder an, Verzweiflung spiegelt sich in ihren Augen wieder. "Ich will einfach nur wieder nachhause", wispert sie kaum hörbar. Sofort schüttelte ich sachte den Kopf und versuche ruhig, aber bestimmend mit ihr zu sprechen. "Das ist nicht möglich. Tut mir leid" "Warum?", fragt sie sogleich mit zittriger Stimme und ich registriere, dass sie näher zu mir heran rutscht. Kurz analysiere ich ihr Gesicht. Sie ist kurz davor hysterisch zu werden, was vermutlich auf einen emotionalen Schock zurückzuführen ist. Ich überlege kurz ernsthaft was ich nun tun soll. Mein Programm hätte mir vermutlich längst vorgeschrieben, welche Handlung das Mädchen vor mir beruhigen würde. Doch mein Programm ist nicht mehr existent, lediglich auf mein eigenes Gefühl muss ich mich verlassen. Was ziemlich absurd klingt im Nachhinein. Und während ich sie so betrachte vor mir, wie ihr Körper bebt und zittert, ihre Augen sich erneut mit Tränen füllen und ihre Hilflosigkeit sich praktisch in ihren Augen widerspiegelt...da wird mir bewusst, dass ihr Sozialverhalten sich komplett unterscheidet von Hanks. Generell unterscheidet sie sich komplett von Hank. In sehr vielen Dingen, die mir jedoch erst im Nachhinein bewusst werden. Hank hat keine wirkliche Geduld, er ist recht schnell genervt und er sagt immer was ihm gerade durch den Kopf geht. Zudem sollte ich nicht außer Acht lassen, dass sie eine junge Frau ist, die eigentlich nicht hier her gehört. Ihre Lebenserfahrung ist deutlich geringer, als die von Hank. Abgesehen davon, ist sie für solche Stresssituationen nicht ausgebildet wurden, sowie Hank oder ich. Selbst der Umgang mit einer Pistole ist ihr nicht wirklich geheuer, abgesehen davon hatte sie in ihrem bisherigen Leben auch keine ergriffen gehabt. Erst als ich ihr Schluchzen wahrnehme, richtete ich meine Augen wieder auf sie. Doch nun weint sie erneut und sieht dabei zu Boden. Ihr zittern hat sich deutlich verstärkt, ebenso ihr Herzschlag. "Scheiße, ich meine...ich wollte das nie! Ich wollte lediglich mein Englisch verbessern, weißt du. Obwohl ich in Englisch ja immer gut war, aber so ein Auslandsjahr soll ja ziemlich viel bringen" Sie spricht schnell und nervös, während ich nebenbei registriere, dass sich ihre Hände in meinen Arm festkrallen. Dabei schien sie ihre Wörter bei gelegentlichen Schluchzern, beinahe zu verschlucken. "Ich verstehe, dass du dich fürchtest, aber hier wird dir nichts passieren" Augenblicklich verstummt sie und sieht weiterhin zitternd zu Boden. Ihre Finger Graben sich tiefer in meinen Arm und Ich nehme an, als Mensch würde ich wohl langsam Schmerz empfinden. Doch als sie wieder spricht, höre ich deutlich ihre Verbitterung bei jedem einzelnen Wort heraus. "Das hattest du schon mal gesagt gehabt. Und hast du mir geholfen? Dass musste ich selbst tun und habe so einen Menschen umgebracht" Ruhig sehe ich zu ihr, während sie meinen Blick nun ungetrübt erwidert. Ich sehe immer noch die Spuren die ihre Tränen auf der Haut hinterlassen haben, doch in ihren Augen blitzt Wut auf. Sogleich lässt sie meinen Arm los und erhebt sich nun. Ihre blauen Augen wirken plötzlich kälter, als die Temperaturen draußen. Ich sehe zu ihr auf und wog meine nächsten Worte sorgfältig ab. Ihre momentane emotionale Lage lässt sie unberechenbar werden, wie es bei Menschen typisch ist. „Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid. Ich hätte dich niemals mit auf diese Mission nehmen dürfen“, fing ich an, ehe ich mich ebenfalls langsam erhob und ihren Blick standhielt. Wieder herrschte Stille, als mich das Mädchen aufmerksam mustert. Ihre Augen bleiben an meinem LED hängen und ich bin mir sicher, dass sie die gelbliche Farbe dessen deutlich wahrnimmt. Kaum merklich registriere ich, wie ihre Finger kurz zuckten, ehe sie wieder den Blick abwendet und erneut aus dem Fenster blickt. Die anfängliche Wut in ihren Augen, flaute nun immer mehr ab. Resignation spiegelt sich nun in ihren Augen wieder, als sie mich ansieht. Auch die folgenden Wörter ihrerseits sind von Frustration gekennzeichnet. „Und ich dachte ihr Androiden wärt so perfekt in allem, was ihr tut“ Wieder mustert sie mich, vor allem mein Gesicht, doch ich lasse keine wirklich Regung erkennen, während ich ihre Worte verarbeite. Jedoch kam ich nicht besonders weit, da sie auf mich zuschritt und plötzlich ihre Hand erhob. Aufmerksam besah ich sie mir, als ich bereits ihre Hand an meiner LED spürte. Langsam fuhr sie mit ihren Fingern die genaue Ebenheit entlang. Ihre warmen Fingerkuppen hinterließen dabei ein unspezifisches Gefühl auf meiner Haut. Mir kam nie in den Sinn, wann ich so berührt wurden bin. Ohne etwaige Gefahren zu erwarten, wie damals auch bei Hank, als er mich noch am Kragen gepackt hatte und mir vermutlich erhebliche Schmerzen zufügen wollte. Zumindest wenn ich denn welche hätte spüren konnte. Ihre Finger strichen nun über meine Wange, während die Spur die sie dabei hinterließ, meine Sensoren noch weitere Daten zum Verarbeiten beschert. Ihre blauen Augen besahen sich nun aufmerksam jedes kleine Detail meines Gesichts. Mittlerweile trennten uns nur noch wenige Zentimeter voneinander und ich bin mir mehr als uneins, was ich von ihrer Distanzlosigkeit mir gegenüber halten soll. Doch schließlich strichen ihre Finger nun über mein Kinn, wollten vermutlich weiter hinab zu meinem Hals, doch aus einem Effekt heraus, packte ich sogleich ihre Hand und stoppte sie so in ihrem handeln. Überrascht zuckt sie zusammen und sieht mich nun skeptisch an, doch ich verzog immer noch keine Mine. Auch wenn sich etwas Argwohn in mir breit macht. Was soll das werden? "Ich wollte mich nur überzeugen, ob du wirklich ein Mensch bist, oder ein Android. Das ist alles" Meine Augen wurden leicht zu Schlitzen, als ich ihre Aussage analysierte. "Du weißt doch genau-", fing ich sogleich an, doch sie riss plötzlich los von mir. "Ich weiß das du ein verdammter Android bist und kein Mensch! Es war nur eine Feststellung für mich persönlich gewesen...und für meine Nerven", faucht sie mir plötzlich entgegen. Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust und sieht frustriert aus dem Fenster. Dennoch sehe ich in ihren Augen erneut diesen Schmerz aufblitzen, auch wenn sie es wohl versucht zu verbergen. "Du hast ja keine Vorstellung von Gefühlen" Sofort sehe ich in ihr Gesicht, welches sie mir nun zögerlich wieder zuwendet. Ihre Augen wirken so...gläsern. "Ich weiß um die menschlichen Gefühle und was diese im Körper ausrichten. Du hast es mich selbst gelehrt", fing ich sogleich an, um ihre Aussage zu dementieren. Mehr als verwirrt sieht sie zu mir und bekommt große Augen. Ungläubigkeit schlägt mir entgegen. "..was?" Ohne zu zögern, ergreife ich erneut ihren Arm, was sie sich ohne Protest ihrerseits gefallen lässt. Sogleich konzentriere ich mich, lege meine Hand um ihr Handgelenk und starte mit der neuralen Verbindung. Ihre Muskeln erzittern kaum merklich, sie wird es vermutlich nicht mal selbst spüren. Doch sogleich höre ich ihren eigenen Herzschlag kräftig in ihrem Brustkorn schlagen, das Blut wie es durch ihre Adern rauscht und auch ihre Unsicherheit, die sich ebenfalls auf mich überträgt, aber keinen wirklichen Effekt auf mich erzielt. Dennoch nehme ich ihre Gefühlsregung deutlich war, selbst ihre kalte Haut kann ich fühlen, als wenn es meine eigene wäre. "Ich habe deine Angst selbst gespürt, als du dich von diesem Mann bedroht gefühlt hast. Ich habe eine mentale Verbindung zu dir hergestellt gehabt, weißt du das noch?" Diese Ungläubigkeit ihrerseits ist ja beinahe schon amüsant, insoweit ich daran etwas als lustig bezeichnen kann. Humor ist eine schwer greifbare Bezeichnung, die vor allem bei Menschen umso unterschiedlicher ausfällt. Manche finden Witze lustig, andere wiederum gar nicht. "Du hast meine eigene Angst gefühlt? Wie soll das gehen, ich verstehe das nicht?", fing sie unsicher an, als sie ihren Blick wieder auf meine Hand lenkt mit ich weiterhin ihr Handgelenk umschlossen halte. „Deine Gefühle wirken sich auf deinen Körper aus. Bei Angst erhöht sich dein Herzschlag, ebenso bei Trauer und Freude. Doch ich kann es auch spezifizieren, da sich bei Angst auch deine Schweißproduktion erhöht. Bei Freude werden auch Endorphine ausgeschüttet und-„ Ich verstummte je, als sich ihr Finger auf meine Lippen gelegt hat und sie mich ungläubig anstarrt. Ich erwidere ihren Blick sogleich ungetrübt und lege fragend leicht meinen Kopf schief. Sie schüttelt sachte ihren Kopf, ehe sie beinahe schon spöttisch lächelt. „Verdammt, wenn es nicht so unheimlich wäre…würde ich lachen“ Sie ging wieder einen Schritt auf mich zu. Ihr warmer Atem strich mir über mein Gesicht, während ich sie aufmerksam analysierte. Ihr blondes Haar hing ihr ungekämmt in ihrem Gesicht, dennoch blicken ihre Augen aufmerksam durch die Haarsträhnen hindurch auf mich, ehe sie traurig lächelt. „Du hast meine Gefühle gespürt, Connor? Und wie sieht es mit deinen eigenen Gefühlen aus? Angst, Freude, oder Verwunderung?“, spricht sie leise, nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Ihr Körper berührt minimal meinen, doch ich weiche nicht zurück. Neugier ergreift seltsamerweise Besitz von mir…irgendetwas hat dieser Mensch vor mir in den Sinn, denn sie spannte sich sogleich kaum merklich an. Von ihr geht jedoch keine wirkliche Gefahr aus, sollte sie dennoch zu Gewalthandlungen bereit sein, werde ich sie innerhalb weniger Sekunden abwehren können. Hannahs Finger streicht nun über meine Lippen, ehe sie diesen unter mein Kinn legt und ihre Lippen nun auf meine legt. Ihre Augen schließt sie augenblicklich. Die weichen Lippen von ihr drücken sich gegen meine, während sie nun ihre Arme um meinen Nacken legt und mich näher zu ihr zieht. Verwundert verharre ich in der Position, nicht dazu fähig zu handeln. Eindeutig küsst sie mich…aber wozu? Dieses Mal ist sie nicht alkoholischen Getränken ausgesetzt und in ihrem geistigen Tun beeinträchtigt, oder unwissend. Schnell rief ich meine gesammelten Daten über diesen oralen Körperkontakt der Menschen ab. Der Kuss gilt in vielen Kulturen als Ausdruck von Liebe, Freundschaft und Ehrerbietung. Die Bedeutung des Kusses, insbesondere des in der Öffentlichkeit entbotenen Kusses, ist jedoch kulturell unterschiedlich. In der westlichen Kultur ist der Kuss meist Ausdruck von Liebe und Zuneigung, häufig auch als Bestandteil sexueller Betätigung. Kaum habe ich die Daten abgerufen gehabt, lösten sich sogleich unsere Lippen voneinander. Sie öffnet die Augen und sieht mich wieder stumm an, ehe sie langsam einige Schritt zurückgeht. Die Wärme die ich eben noch so deutlich an meinem Körper gefühlt habe, ist verschwunden. Auf meinen Lippen habe ich einen Geschmack, den ich zuvor noch nie wahrgenommen habe. Es ist komplett anders, als Blut zu analysieren. Auch wenn es sich jetzt gerade nur um den Speichel von einem Menschen handelt…und dennoch. Ich sehe sie wieder an und auf ihren Lippen bildet sich plötzlich ein lächeln. Jedoch kein freudiges, denn in ihren Augen blitzt so etwas wie Schadenfreude auf. „Du wirkst verwirrt, Connor“, spricht sie ruhig, während ich sie nochmals mustere. Es ist in diesem Zimmer immer noch Dunkel, doch beeinträchtigt mich nicht wirklich, im Gegensatz zu ihr. Dass diese junge Frau lediglich in Unterwäsche und meinem Jackett vor mir steht, scheint sie nicht wirklich zu kümmern. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass Menschen eigentlich sehr erpicht auf ihre Privatsphäre bin, auch wenn ich nie so recht verstanden habe warum. Immerhin sehen sie alle äußerlich gleich aus, wenn einige kleinere Faktoren berücksichtigt werden. „Warum hast du das getan?“, frage ich ruhig. Ich bin in der Tat verwirrt, diese Handlung ihrerseits hatte ich nicht vorausberechnen können. Ihr Lächeln erstarb augenblicklich, bis sie dann ihren Kopf leicht drehte und aus dem Fenster blickt. Eindringlich besehe ich mir ihr Profil, um irgendetwas in ihrem Gesicht lesen zu können. Doch selbst ihr Herzschlag ist ruhig, auch nehme ich keine Muskelanspannung ihrerseits wahr. Sie ist einfach nur ruhig und entspannt… „Das wirst du selbst herausfinden müssen, so einfach mache ich es dir auch nicht. Du sagst mir auch nicht alles, oder?“ Fragend lege ich den Kopf etwas schief, doch sie schmunzelt und blickt mich nun wieder an. „Aber bitte verzeih mir. Ich bin momentan etwas durch den Wind, du nimmst es mir nicht übel, oder?“ Meine Augen weiten sich minimal, als sie wieder auf mich zugeht und nun erneut vor mir stehen bleibt und sie zu mir aufsieht. Abwartend blickt sie mich an, ehe ich mich doch zu einer halbwegs vernünftigen Antwort hinreißen lasse. „Ich verstehe. Deine Momentane Situation ist derzeit auch ziemlich psysisch belastend für dich“ Sie lächelt wieder, jedoch trat Trauer wieder in ihre Augen. Ich nehme deutlich ihre Niedergeschlagenheit war, doch kann es nicht so recht kategorisieren. „Vielen Dank, Connor“ Kaum hat sie dies gesagt, ging sie an mir vorbei und verließ den Raum. Verwirrt blieb ich stehen und sah die gegenüberliegende Wand an. Hunderte Dialysen nahm ich vor, kam jedoch zu keinem vernünftigen Ergebnis. Was hat das alles zu bedeuten? Kapitel 13: Familie ------------------- Kaum bin ich aus dem Zimmer getreten, stürme ich zu dem nahe liegenden Geländer und blicke hinab in die schier endlos wirkende Tiefe des Turms. Lediglich Dunkelheit sehe ich im Abgrund, doch das bringt mich nicht wirklich zum Erschaudern. Sondern eher meine Hoffnungslosigkeit. Der Drang, mich jetzt hier einfach hinunter zu stürzen, ist immens groß. Immerhin wäre dann alles vorbei und ich hätte meine Ruhe vor diesem ganzen Mist, welcher momentan mein Leben bestimmt. Verzweiflung macht sich in mir breit, als meine Hände bereits anfangen zu zittern und sie unangenehm anfangen zu schwitzen. Was ist nur los mit mir?! Ich habe eine verdammte Maschine geküsst! Ich habe definitiv den Verstand verloren, anders kann ich es mir einfach nicht erklären, warum ich Connor geküsst habe! Als nächstes schnappe ich mir noch einen Toaster und lecke ihn ab! Und dennoch... Ein kurzes trauriges Lächeln huscht über meine Lippen, als ich mich an den Geschmack auf seinen Lippen zurück erinnere. Eigentlich habe ich ja diese bescheuerte Idee bekommen, ihn einfach mal selbst in dieses Gefühlschaos zu katapultieren, damit er mal endlich selbst in diesen Genuss der absoluten Hilflosigkeit kommt. Vermutlich hat in das nicht mal interessiert, geschweige denn überhaupt eine Gefühlsregung in ihm ausgelöst. Auch wenn er doch irgendwie...verwirrt aussah. Das geschieht ihm ganz recht! Wenn diese Androiden unbedingt Gefühle haben wollen, dann sollen sie gefälligst auch die gesamte Bandbreite abbekommen! Wieder sehe ich grimmig in den Abgrund, ehe ich mir meine letzte Träne von der Wange wische. Meine Mutter würde mich umbringen, wenn ich mich jetzt hier runterstürzen würde. Ein schmunzeln entsteht auf meinen Lippen bei diesem Gedanken, dann seufze ich schwer und sehe nachdenklich drein. Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher, dass ich einen kleinen Nervenzusammenbruch erlitten habe, wenn ich mich schon an einer Maschine vergehe und anschließend in den Tod springen will. Zumindest für einen kurzen Augenblick. "Ist ja auch kein Wunder", murmle ich mir eher selbst zu und sehe mich kurz um. Just in diesem Moment ging die Aufzugtür auf und niemand anderes als Hank Anderson geht hinaus. Jedoch sieht er ziemlich verärgert aus und zudem geht er nicht, sondern er humpelt. Als er mich sieht bleibt er stehen und sieht mich überrascht an, doch sein Blick wird schnell musternd und skeptisch. Kurz zögere Ich, dann gehe ich doch zu ihm und lächle ihn etwas unsicher an. "Hank", sage ich ruhig und bleibe vor ihm stehen, doch nun wirkt er regelrecht frustriert, ehe er schnell seinen Blick abwendet und irgendwo jenseits der Wand hinsieht. "Ist es eigentlich dein Hobby, hier immer halbnackt durch die Gegen zur Rennen?" Irritiert sehe ich ihn an, ehe ich langsam meinen Blick nach unten richte und nun verstehe was er meint. Hastig mache ich das Jackett von Connor zu und sehe betreten drein. Meine Wangen fühlen sich warm an. "Verdammt, das hab ich ja komplett vergessen!" Hank sieht mich weiterhin skeptisch an, während ich zaghaft wieder zu ihm aufstehe und mich zu einem Lächeln durchringe. Doch als mich der ehemalige Lieutenant wieder anspricht, entgleitet mir sogleich mein Lächeln. "Wo steckt Connor eigentlich? Hast Du ihn etwa allein zurück gelassen, als ihr beiden dann fertig wart?" Verwirrt sehe ich ihn an, ehe ich es dann doch zeitnah verstehe was er mit dieser Aussage meint und entgeistert nach Luft schnappe. Ist dieser alte Mann nur auf den Kopf gefallen und hat sich dadurch einen Dachschaden zugezogen?! Grimmig ziehe ich meine Stirn kraus und verschränke meine Arme vor der Brust. "Ich habe nichts mit diesem Androiden angestellt! Wie kommst du nur auf so eine dumme Idee?!", fauche ich ihn beinahe entnervt an, als sich plötzlich die Tür hinter mir öffnet. Sofort sehen wir beide hin und entdecken einen verwirrt drein blickenden Connor, der uns beide zunächst nicht wirklich wahrzunehmen scheint. Erst als Hank ihn direkt anspricht, schreckt er beinahe schon überrascht hoch und sieht den älteren Mann perplex an. "Hey, Connor! Ich hab dich überall schon gesucht gehabt, aber keiner hat gewusst wo du wieder steckst! Hätte ich gewusst, dass du deine Zeit als hilfsbereiter Samariter für arme Frauen mimst, hätte ich dich natürlich nicht gesucht!", höhnt Hank fast schon und lässt mich so wieder bissig zu ihm sehen. "Wir haben nichts dergleichen getan, was auch immer du dir in deinem komischen Gehirn zusammen gesponnen hast!", fuhr ich ihn sogleich verärgert an. Hank lachte wieder kehlig auf, ehe er Connor einmal hart auf die Schultern schlug und ihn so fast aus dem Tritt bringt. Etwas skeptisch sehe ich den beiden zu, als sich Connor wohl wieder etwas gefangen hat und seine typisches Poker Face aufsetzt, um wohl wieder als eiskalte Maschine dazustehen. "Ich verstehe nicht was du meinst, Hank. Was kann ich für dich tun?" Seine Stimme klingt beinahe monoton, im Vergleich zu den wenigen Minuten zuvor, als ich mich noch so angeregt mit ihm unterhalten habe. Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass Connor vermutlich nie der Typ sein wird, der sich euphorisch mit seinem Stimmenklang als Abweichler zu erkennen gibt. Vermutlich eher durch seine Taten. Nachdenklich sehe ich drein, als Hank frustriert schnauft und sich durch sein struppiges Haar fährt. "Wie auch immer. Ich will endlich mal mit dir reden!" Connor scheint erneut nicht sonderlich erfreut, blickt kurz zu mir, dann sieht er wieder zu Lieutenant Anderson. "Du weißt doch genau, wo Du mich finden kannst. Wir können uns gern in knapp einer Stunde an der Bar treffen, ich muss nur noch schnell etwas Erledigen" Kaum hatte er dies gesagt, drängte er sich an mir vorbei und betrat den immer noch offenen Aufzug. Kaum hat er die Knöpfe betätigt, schlossen sich die gläsernen Türen und der Aufzug fuhr hinab in die Tiefe. Ich sah noch eben auf die Stelle, als sich die Türen geschlossen hatten und ich Connors prüfenden Blick auf mir spürte. Doch dieser kurze Moment war so schnell vorbei, wie er gekommen war. "Verdammt nochmal! Was ist denn nur los mit ihm?!", ruft Hank frustriert, ehe er nur wütend an mir vorbei stampft. Unsicher sehe ich ihm nach, als ich mich endlich wieder gefangen habe und Hank schnell hinter her renne. "Was meinst Du?", frage ich ihn verwundert und stelle mich ihm sogleich in den Weg. Doch der ehemalige Lieutenant wirkt mal wieder äußerst gereizt und nicht wirklich kommunikativ. Was sich mir auch prompt bestätigt, als er mich grob zur Seite schiebt und mich dadurch fast zu Fall bringt. Entrüstet sehe ich zu ihm, doch er murrt nur wieder und geht neben in Zimmer neben meines. Zu meiner Überraschung donnert er die Tür jedoch nicht laut zu, sondern schließt sie leise. Erst wollte ich ihm wütend hinterher stürmen, beließ es jedoch dabei. In dem Outfit kann mich ja sowieso niemand ernst nehmen. Also gehe ich rasch zurück in eines der anliegenden Manager Räume und suchte mir halbwegs passende Kleidung zusammen, die zwar an sich nicht wirklich miteinander harmoniert, aber immerhin passt sie mir. Ein weißes Hemd welches mir deutlich zu groß ist und passend dazu die Anzughose, die ich gerade noch so mit einem Gürtel an mir halten kann. Kurz gesagt ich renne hier rum wie ein Lumpensack! Aber hier ist wirklich alles auf Männergröße ausgelegt. Zwar bin ich jetzt auch nicht wirklich zierlich, oder klein…aber diese Sachen sind einfach viel zu groß für mich! Kaum war ich fertig und betrachtete mich kurz im Spiegel, fiel mir etwas so erschreckendes ein, das ich beinahe vor Schreck aufgeschrien hätte. Wo sind Amber und Adam?! Hektisch stürme ich aus dem Raum und besehe mir den Flur, doch bis auf die allumfassende Dunkelheit kann ich nichts erblicken. Meine Gedanken überschlagen sich, während ich bemerke wie mir der Atem schneller geht und ich langsam hektisch werde. Wo können die beiden nur sein und wo soll ich sie nur suchen?! Ich habe keinen Anhaltspunkt wo ich anfangen könnte! Just in diesem Moment fällt mir Hank ein. Er hat immerhin bei der Polizei gearbeitet, er kennt sich bestimmt mit Personensuche aus und kann mir helfen! Ohne zu zögern, stürme ich in das Zimmer in welches Hank verschwunden ist und will gerade losschreien, als ich ihn auf einen nahen Sessel entdecke mit seinem Zeigefinger auf den Lippen. Perplex sehe ich drein, ehe er links von sich deutet. Ich folge dem sogleich und entdecke auf der großen Couch die beiden Kinder. Zugedeckt und tief schlafend. Neben der Couch liegt ebenfalls ein schlafender Sumo, fast wirkt es so als ob er die Kinder bewacht. Ein gewaltiger Stein fällt mir sogleich vom Herzen und ich gehe schnell, aber leise zu beiden hin. Ich beobachte den ruhigen und gleichmäßigen Atem der Kinder, während ich vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht von Amber streiche. Tränen der Erleichterung steigen in mir auf, doch ich blinzle sie schnell weg. Keine Zeit um jetzt Sentimental zu werden! Vorsichtig gehe ich einen Schritt zurück und beobachte noch kurz die schlafenden Kinder, die sich etwas drehen auf der Couch, aber doch friedlich weiterschlafen. Langsam lasse ich meinen Blick schweifen, als mir sogleich etwas ins Auge fällt. Über der Couch hängen ein paar Bilder, eindeutig gemalt von Kinderhand wie ich an den kritzligen Zeichnungen erkennen kann. Als ich genauer hinsehe und mir die Bilder betrachte, erkenne schmunzelnd das sich auf den Bildern eindeutig Sumo, Hank und wohl auch Ich befinden. Andere Figuren sind ebenso auf den Bildern, jedoch erkenne ich die nicht wirklich. Ein braunhaariger, grimmig drein guckender Mann in Anzug könnte jedoch Connor sein. Lächelnd drehe ich mich langsam zu Hank um, der mich wohl die ganze Zeit beobachtet hat. "Du hast auf sie aufgepasst, während ich geschlafen habe, oder? Danke" Leise geh ich wieder zu ihm hin und setzte mich ihm gegenüber auf einen Bürostuhl, während der ältere Mann nun nachdenklich aus dem Fenster sieht und dem Schneetreiben zuschaut, so wie ich es erst vor ein paar Minuten getan hatte. Er wirkt fast so, als ob ihn etwas beschäftigt, aber nicht wirklich gewillt ist darüber zu sprechen. Also gut...dann mache ich eben den Anfang! Kurz mustere ich sein ausgestrecktes Bein. Mir ist noch deutlich im Gedächtnis, dass er heute gehumpelt ist. Vermutlich ist sein Bein noch nicht wirklich verheilt. "Wie geht's deinem Bein?", frage ich leise damit ich nicht die Kinder wecke, die nur wenige Meter von uns entfernt schlafen. Aufmerksam besehe ich mir Hank, der jedoch geradezu nachdenklich zu Boden blickt und dabei beinahe schon kreisend durch seinen Bart fährt. Es wirkt gerade so, als befindet er sich in seiner eigenen kleinen Welt. Die vermutlich aus wirren Gedanken zu bestehen scheint. "Was ist denn los?", frage ich ihn vorsichtig, doch er schüttelt nur leicht seinen Kopf, dann blickt er wieder musternd zu mir. In seinen Augen kann ich geradezu erkennen, wie Argwohn nun darin aufblitzt. Jedoch ist es mir unbegreiflich, was ich damit zu tun habe. Endlich fängt der alte Mann an zu sprechen, doch bei seinen Worten wird mir Augenblicklich entsetzlich kalt und halte den Atem an. "Ein Wunder das du noch lebst. Ich hätte wirklich gedacht, dass du nicht mehr aufwachst. Immerhin hast du geblutet wie ein Schwein und nicht damit aufgehört" Entsetzt weiten sich meine Augen, doch mein Mund fühlt sich staubtrocken an. Hank muss mein Einsetzten sehen, denn er spricht sogleich weiter. "Ich hab nur einen verdammten Streifschuss abbekommen, werde aber vermutlich noch ein paar Wochen humpeln. Du hast eine Gehirnerschütterung gehabt, wurdest am Arm angeschossen und hast ziemlich tiefe Schnittwunden an den Armen und Beinen davon getragen. Und dennoch bist du jetzt vor mir, als wäre nie irgendetwas passiert. Du musst zugeben...das ist ziemlich kranker Scheiß!" Unsicher starre ich auf sein Bein, welches er in einer Schonhaltung gleich, von sich gestreckt hat. Meine Gedanken überschlagen sich, doch ich bekomme eine Angst tief in mir drinnen, die sich so anfühlt als will sie mir die Kehle zuschnüren. Bin ich etwa ein Monster geworden? Theoretisch müsste ich bei diesen Verletzungen eigentlich im Bett noch bleiben, von dem Blutverlust mal abgesehen. Aber mir geht es soweit wirklich gut. Hier und dort zieht es etwas unangenehm in meinen Brustkorb oder Armen, aber das ist jetzt wirklich nichts Tragisches. Zaghaft sehe ich wieder in Hanks stahlblaue Augen, die mich aufmerksam mustern. Immer noch kann ich darin Misstrauen erkennen. "Ich weiß nicht was mit mir los ist...ich fühle mich gut soweit" Sofort flackert Wut in den Augen von Hank auf und er schlägt sich gereizt auf seinen Oberschenkel, als er mich skeptisch und mit Argwohn betrachtet. "Das kannst du jemand anderem erzählen! Du warst doch so gut wie Tod! Deine ganzen Klamotten sind voller Blut gewesen! Das ist keine drei Tage her!“ Mahnend blicke ich zu ihm und deute kurz auf die Kinder, die sich nun etwas unruhig bewegen aber zum Glück noch weiterschlafen. Hank verzieht frustriert das Gesicht, bleibt aber zum Glück ruhig. Ich höre ihn verdrossen ausatmen, dann blickt er wieder aus dem Fenster und schüttelt leicht mit seinem Kopf. „Darüber wollte ich eigentlich mit Connor sprechen, aber selbst der geht mir ja aus dem Weg“ Ich besehe mir Hanks Gesicht in welchem ich die Enttäuschung und Wut ganz klar herauslesen kann, ehe er sich wieder mir zuwendet und mich aufmerksam mustert. „Wer bist du und wer sind diese Gören, die dich hier Begleiten? Connor verschwand einfach eines Tages und kam dann Wochen später mit euch zurück. Jedoch hat er mir nie erzählt wieso und warum…er geht mir diesbezüglich komplett aus dem Weg!“ Zwar spricht Hank leise, doch ich merke, dass er kurz davor ist zu explodieren. Anscheinend haben sich etliche Fragen in ihn angesammelt, doch keiner ist gewillt ihm Antworten zu geben. Mitgefühl steigt in mir auf, da ich nur zu gut weiß wie es ist, keine Antworten zu bekommen. Tief atme ich einmal ein und aus, dann lehne ich mich langsam vor und sehe Hank aufmerksam an. Ich glaube ich schuld ihn immerhin Antworten über mich und die Kinder, ansonsten weiß ich ja auch nicht wirklich was diese Androiden hier vorhaben. Aber vielleicht ist Hank ja dann gewillt, mir ebenfalls Antworten auf meine Fragen zu geben. Connor ist ja ebenfalls nicht bereit mir irgendwelche Antworten zu geben! „Ich glaube du verdienst es, dass du alles über uns weißt. Ich hatte gedacht, Connor hat dir bereits von uns erzählt…tut mir Leid“ Hank fuchtelt nur wild mit seiner Hand und lässt mich beinahe schmunzeln, als er auch noch genervt das Gesicht verzieht. „Dir braucht gar nichts leidtun. Also jetzt erzähle wo du herkommst, wer du bist und die Kinder dazu. Ich weiß noch, das du mir damals in der Bar erzählt hast, du würdest aus Tschechien kommen, oder?“ Leicht nicke ich, dann lehne ich mich wieder etwas zurück und versuche es mir so bequem wie möglich zu machen. „Das stimmt. Ich bin in der kleinen Stadt Prostějov aufgewachsen, dort wohnen auch meine Eltern und meine zwei Geschwister. Ich bin die älteste, ich heiße Hannah Svobodová. Mein ein Jahr jüngerer Bruder heißt Michal und unser Nesthäkchen Pavlina ist neun Jahre alt “ Der ältere Mann nickt leicht und gibt mir ein Zeichen weiterzusprechen. „Meine Eltern sind in der Agrarwirtschaft, haben selbst einen kleinen Bauernhof und dutzende Tiere dazu, die täglich versorgt werden wollen“ Leise seufze ich, als ich mich an mein Zuhause zurückerinnere, doch ich wische den Gedanken schnell beiseite. Die Tränen steigen mir viel zu schnell auf. „Zwar liebe ich Tiere über alles, aber ich wollte definitiv nicht in der Landwirtschaft arbeiten. Also habe ich eine Erzieherinnen Ausbildung in Prag begonnen und habe dort auch ein paar Jahre während der Ausbildung gelebt. Als ich fertig mit der Ausbildung war, wollte ich einfach ein Jahr nochmal für mich…so habe ich mich als Au-Pair in den USA beworben“ Hank nickt langsam und sieht nun zu den schlafenden Kindern. „Verstehe, so bist du also zu den beiden gekommen“, schlussfolgert er für sich und nicke zustimmend. Nachdenklich sehe ich zu meinen Fingern, besehe mir meine Nägel die ich vermutlich mal wieder kürzen könnte, ehe ich wieder zu Hank sehe der mich sorgfältig mustert. „Ich bin bei einem der reichsten Bürgers Detroits untergekommen…Richard Traynor, wenn dir der Name was sagt?“ Zu meiner Überraschung schnaubt Hank nur einmal abfällig, ehe er seine Augen kurz verleiert. „Klar, doch. Einer dieser reichen Pharmaka Bonzen, die zwar immer bei Wohltätigkeitsprojekten zu sehen waren, aber dennoch höchst wahrscheinlich kriminelle Dinger drehten“ Nun wurde ich tatsächlich neugierig und lehne mich wieder weiter vor. „Was denn für Dinger?“, hauche ich schon fast gespannt. Der ehemalige Lieutenant fährt sich durch sein zottliges Haar und zuckt nur kurz mit den Schultern. „Steuerbetrug, Spendengelder die in andere Projekte geflossen sind…zumindest soweit ich weiß. Ich war für die Mordkommission zuständig, nicht für Steuerhinterziehung und ähnliches“ Nachdenklich ziehe ich meine Stirn kraus, dann lehne ich mich vorsichtig wieder zurück und atme leise aus. Ich habe ja immer geahnt, das Mr Traynor irgendwelche illegalen Geschäfte ausübte, aber das jetzt wirklich was dran sein soll, überrascht mich ziemlich. „Dieser Bengel…Adam. Er ist ziemlich klug“, reißt mich Hank plötzlich mit leiser Stimme aus meinen Gedanken und lässt mich so wieder zu ihm sehen. Der ältere Mann blickt aufmerksam zu den schlafenden Jungen, dann sieht er wieder mich an. „Als du geschlafen hast, haben die Kinder sich ziemliche Sorgen um dich gemacht. Also hab ich versucht sie etwas abzulenken, indem ich mit ihnen diesen verdammten Tower erkundigt habe. In einem der Ingenieursräume, haben wir einen 3D Drucker gefunden“ Fragend ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, als sich Hank vor lehnt und mich beinahe verschwörerisch anblickt. Als er weiterspricht, höre ich in seiner Stimme deutlich Unbehagen heraus. „Verdammt, er hatte keine Ahnung von diesen Dingern hat er mir gesagt. Dann besieht er es sich genau, fummelt daran herum und setzt er sich einfach an den PC und konstruiert da irgendwas in diesem Programm! Kurz darauf druckt dieses Ding tatsächlich etwas!“ Hank kramt in seiner Jackentasche herum, dann holt er etwas Kleines und schwarzes hervor. Neugierig lehne ich mich zu ihm vor und staune nicht schlecht. Eine plastikartige Schraube liegt in seiner Hand. „Und weißt du was er gesagt hat, als das Ding dann endlich mit drucken fertig war? Eine Schraube für uns, weil wir vermutlich schon einige locker haben!“ Er lacht tonlos auf und stopft sie sich hastig wieder ein. „Der Knirps ist seitdem ständig bei diesem 3D Drucker und konstruiert irgendwas, von dem mir allein beim Zusehen schwindlig wird!“ Leicht kralle ich mich in meiner Hose fest, als mir nur allzu deutlich bewusst wird, wie Adam auf andere wirken muss. Ich muss es ihm sagen, auch wenn Hank es mir vermutlich nicht glauben wird. „Adam und Amber sind keine gewöhnlichen Menschen, sondern das Produkt einer jahrerlangen Forschungsarbeit, in Bezug auf genetische Mutationen. Richard Traynor ließ Teile seiner DNS so umstrukturieren, dass daraus ein perfekter Mensch geschaffen werden sollte; mit überlegener Intelligenz, erhöhter Widerstandskraft gegen jegliche Umwelteinflüsse und verlängerter Lebenspanne“, sprach ich ruhig und erinnerte mich dabei an Connors Worte zurück, die mir nicht weniger als einen Schlag in der Magengrube bescherten. Hank sieht nicht minder fassungslos drein, doch ich nicke ihm zu. „Ich habe es von Connor erfahren und die Kinder haben es mir bestätigt. Inwiefern sie jedoch wirklich über ihre Fähigkeiten, oder über sich selbst wissen, ist mir unbekannt. Vermutlich ist es ihnen selbst gar nicht bewusst“ Ich atme laut aus, dann schließe ich meine Augen und fahre mir durch mein zerzaustes Haar. „Adam hat ohne Zweifel eine überragende Intelligenz. Er erfasst Sachverhalte umgehend, hat eine schnelle Auffassungsgabe, selbstsicheres Auftreten und ist äußert konzentriert. Amber kann dies vermutlich auch, ist aber noch ziemlich unsicher. Zudem weißt sie eine höhere emotionale Intelligenz als Adam auf. Der ist meistens wie ein Rammbock, Amber schaut zuerst ob es allen gut geht ehe sie eine Entscheidung fällt. Zudem ist sie seht mitfühlend und empathisch“ Ich sehe wieder unsicher zu Hank und schlucke kurz. „Zudem haben die beiden Nano-Androiden in ihrem Blut, was ihrem Immunsystem wohl einen weiteren Vorteil geben soll“ Dann merke ich Unsicherheit in mir aufsteigen, denke daran zurück wie mir Connor das Leben gerettet hat. Auch wenn es vermutlich nur ein Test war. „Das ist doch alles Wahnsinn“, flüstert er kaum hörbar und ich kann kaum sein Gesicht lesen. Unglauben und Verwirrung erkenne ich dennoch deutlich in seinen Augen aufblitzen, dann seufze ich leise. „Connor hat uns im Wald aufgegabelt, als ich mit den Kindern auf der Flucht war. Die Androiden in dem Haus der Traynors ist nämlich Amok gelaufen und hat Mr Traynor getötet. Wir konnten gerade noch so in einen Panikraum flüchten, doch als unsere miserablen Vorräte aufgebraucht waren, mussten wir fliehen. Wir haben es tatsächlich bis zum Wald geschafft, aus der Stadt raus“ Hank sieht mich fassungslos an. „Erzähle weiter“, spricht er fast schon ungeduldig und ich atmete hörbar aus. „Ich wurde angeschossen und bin dabei in den Schlamm gefallen. Vermutlich hat sich dadurch meine Schussverletzung schwer entzündet und so habe ich eine Sepsis entwickelt. Eigentlich hätte ich daran sterben müssen, denn medizinische Versorgung stand für mich nicht zur Verfügung“ Ich spüre den lauernden Blick von Hank auf mir ruhen, sodass ich nur zögerlich wieder zu ihm sehe und schlucke. „Connor hat…“ Ich stocke und sehe zu Boden. Es ist mir sowieso unbegreiflich, wie er das eigentlich geschafft hat. Mitten in der Pampa, ohne spezielles Wissen diesbezüglich. Oder gescheites Werkzeug. „Was hat er getan?“, fragt Hank heiser und ich spüre wie er richtiggehend davor ist, einfach an die Decke zu springen. Vermutlich denkt er, Connor hat mir schreckliches angetan. „Er hat mein Leben gerettet, indem er den Kindern einen Teil dieser Nano-Androiden abgenommen hat und diese dann in mir eingesetzt hat. Wie auch immer er es geschafft hat, es hat funktioniert. Ich wurde wieder gesund und wie es scheint, profitiere ich mittlerweile auch ziemlich gut davon“ Fassungslos sieht Hank mich an, ehe er abrupt aufsteht und mich anstarrt. Langsam sehe ich zu Boden und senke meinen Blick. „Außerdem hat Connor sich wohl irgendwie mit diesen Androiden in meinem Blut verbunden, zumindest kann er mich jetzt in einem gewissen Umkreis aufspüren und zudem meine Gefühle noch besser analysieren und nachempfinden. Soweit es zumindest einer Maschine möglich ist“ Frustriert seufze ich auf und massiere mir kurz meine Schläfe. Das klingt alles total bescheuert und Hank wird vermutlich auch denken ich bin irrsinnig. Kein Wunder bei den letzten Ereignissen. „Unfassbar“, murmelt er nur, ehe er sich beinahe Hilflos über die Stirn wischt. Dann eilt er plötzlich schnell an mir vorbei und geht auf einen Schreibtisch zu. Dort zieht er die Schublade heftig aus und holt eine Flasche Korn heraus. Verblüfft sehe ich drein, doch Hank öffnet die Flasche sogleich und gönnt sich erstmal mehrere Schlucke. Dann kehrt er langsam zu mir zurück und reicht mir kommentarlos die Flasche. Kurz zögere ich, dann ergreife ich sie ebenfalls und sehe ihn unsicher lächelnd an. „Wir stecken ziemlich in der Tinte, oder?“ Er lässt sich wieder auf seinen Platz nieder und mustert mich nochmals. „Das ist eine unglaubliche Geschichte“ Seufzend nehme ich einen kleinen Schluck, verziehe aber augenblicklich angewidert das Gesicht. Hank lacht belustigt leise auf, ehe er mir die Flasche abnimmt. Missmutig sehe ich zu dem älteren Mann und lehne mich wieder zurück. Dann umspielt tatsächlich fast schon sowas wie ein Lächeln Hanks Lippen. Ungläubig starre ich ihn an, doch er schmunzelt kurz ehe er sich wieder einen Schluck gönnt. „Bist du überhaupt volljährig? Unter 21 Jahren darfst du in diesem Land keinen Alkohol trinken“ Skeptisch hebe ich daraufhin eine Augenbraue hoch, kann mir aber auch ein Grinsen nicht verkneifen. „Sagt der Lieutenant, der mir gerade Alkohol angeboten hat“ Er zuckt nur gelassen die Schultern und kratzt sich an seiner stoppligen Wange. „Den Job bin ich eh los. Also sag schon“ „Vermutlich werde ich in wenigen Tagen schon 22 Jahre alt werden, aber ich kenne das aktuelle Datum nicht. Ich glaube, es müsste momentan der 15. Dezember sein?“ Hank nimmt sich wieder einen Schluck, dann grinst er nur belustigt. „Heute ist der 21. Dezember. Wann hast du denn Geburtstag?“ Überrumpelt sehe ich ihn an, ehe mir mit schrecken etwas bewusst wird. „Dann ist ja bald Weihnachten!“ „Bingo!“, grinst Hank und gönnt sich einen weiteren Schluck. Mittlerweile wirkt er ziemlich angeheitert. Unsicher sehe ich ihm beim Trinken zu, dann sehe ich grübelnd zu Boden und beiße mir dabei auf die Lippen. Bald ist Weihnachten. Weihnachten wollte ich wieder bei meiner Familie am Tisch sitzen, gemeinsam feiern und von meinen Erlebnissen in den USA berichten. Zusammensein mit meinen Eltern und meinen Geschwistern, die ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Ich habe das ungute Gefühl, das ich das wohl dezent vergessen kann. Plötzlich wird mir entsetzlich kalt und ich muss schwer schlucken. Eine entsetzliche Schwere macht sich in meiner Brust breit und zieht mich beinahe zu Boden. Das Atmen fällt mir schwer und ich spüre wie mein Herz anfängt zu rasen. Ich bin drauf und dran jetzt einfach loszuheulen wie ein kleines Mädchen. Hastig stehe ich auf und versuche Hank nicht ins Gesicht zu blicken, da ich bereits bemerke wie sich die Tränen in meinen Augen sammeln. „Ich muss nur schnell aufs Klo“ Kaum habe ich diese Wörter gesagt, stürme ich aus dem Raum. Zumindest wollte ich das, doch da wurde ich plötzlich am Arm gepackt und zum Stehen gezwungen. Überrumpelt sehe ich in Hanks Gesicht, der mich wissend mustert. Mittlerweile laufen mir die ersten Tränen übers Gesicht, doch ich bemerke sie kaum. „Ist schon okay“, sagt er lediglich, doch diese einfachen Wörter entlocken mir ein schluchzen. Unsicher sehe ich zu Boden, weiß nicht was ich tun soll, als ich völlig überrumpelt an Hank gedrückt werde. Just in diesem Moment tauchen Bilder von meinem Vater in meinen Erinnerungen auf. Damals als ich am Flughafen stand, kurz davor war meine Reise in die USA anzutreten. Meine Mutter und meine Geschwister verabschiedeten mich herzlich, mein Vater war jedoch nie der Gefühlsbetonte Mensch. Was jedoch nicht heißt, dass er mich nicht liebt. Er hat seine Gefühle einfach nicht so offen gezeigt. Als er mich jedoch zum Abschied in den Arm genommen hat, mir kurz über den Rücken gestrichen hat…da wusste ich einfach, dass ich ihm alles bedeute. All diese Erinnerungen schlagen plötzlich auf mich nieder, die ganze Sehnsucht schlägt mit so brachialer Kraft auf mich ein, dass ich erzittere. Schluchzend kralle ich mich an Hank und vergrabe mein Gesicht in seinem Hemd. Auch wenn er mir nur etwas unbeholfen die Schultern tätschelt, so gibt er mir deutlich mehr Nähe als es Connor vermutlich möglich sein wird. Er ist eben nur eine Maschine. Hank dagegen ist ein Mensch, auch wenn er meistens etwas grimmig wirkt, so hat er doch sein Herz am rechten Fleck. Genau wie mein Vater. Diesmal gebe ich mich meinen Tränen hin, lass die Sehnsucht raus und spüre wie ich zusehends müder werde. Doch meine Trauer und Tränen wollen nicht versiegen. Als ich wieder meine Augen öffne, blinzle ich verwirrt. Die Sonne blendet mich, sodass ich langsam meinen Arm hebe um meine Augen vor dem Sonnenlicht zu schützen. Wie lange habe ich nur geschlafen? „Hannah!“, ruft eine mir vertraute Stimme, ehe ich prompt umarmt werde und zahlreiche blonde Locken meine Nase kitzeln. Ich erblicke Amber, die mich sogleich aufmerksam mustert, dann lächelt sie wieder vergnügt und drückt mich erneut. „Endlich bist du wieder da! Wir haben uns schon große Sorgen gemacht! Eigentlich wollten wir dich wecken, aber Hank hat gesagt, wir sollen dich schlafen lassen. Wenn wir es nämlich nicht täten, würde er uns in den Hintern treten“ Etwas fassungslos sehe ich das fröhliche Mädchen vor mir an, doch sie kichert nur vergnügt. „Aber das glaube ich nicht! Er ist nämlich sehr nett, auch wenn er immer so böse guckt“ Kurz sehe ich mich um, da bemerke ich, dass ich mich auf diesen Sessel befinde und zudeckt wurde. Zudem schmerzen meine Glieder etwas, was vermutlich von dem Schlafen in dieser ungünstigen Position herrühren könnte. Amber hilft mir sogleich beim Aufstehen, während ich grüble was gestern überhaupt passiert ist. Ehe ich es mich versah, fällt es mir prompt ein, doch Amber zieht sogleich ungeduldig an meinem Handgelenk und versucht mich mitzuziehen. „Komm schon, Hannah! Adam und Hank machen Frühstück für uns, ich hab schon einen Bärenhunger! Du auch?“ Überrumpelt lasse ich mich von ihr mitziehen, während ich meine Gedanken zu ordnen versuche. Habe ich mich wirklich gestern Nacht bei Hank ausgeheult und bin schließlich völlig fertig auf diesem Stuhl eingeschlafen? Das ist ja fast schon peinlich…beinahe. Irgendwie bin ich froh darüber, dass ich meine Gefühle mal einfach rauslassen konnte. Immerhin reiße ich mich die ganze Zeit zusammen, mehr oder weniger. Ich hoffe nur, dass Hank mich jetzt nicht irgendwie komisch ansieht. Am besten wir reden einfach nie wieder darüber. Schwer seufze ich auf, als mich Amber bereits in den Aufzug zieht und den Knopf betätigt der uns zu den Kantinen bringt. Hibbelig sieht sie drein, während ich sie beinahe schon schmunzelnd dabei beobachte. Sie ist vermutlich wieder so aufgeregt, um den anderen zu verkünden, dass ich nun wieder da bin. Dann muss ich schließlich lächeln und streiche ihr kurz sachte über die Wange. „Ich hab euch auch vermisst“ Plötzlich hält sie inne und sieht mich mit ihren großen Augen überrascht an, doch ich hocke mich zu ihr hin und drücke sie nun an mich. Kurz darauf spüre ich ihre kleinen Hände, die sich auf meinen Rücken legen und sich leicht reinkrallen. Beruhigend streiche ich ihr über den Kopf. „Ich hab euch beiden doch versprochen, dass ich euch nicht alleine lasse. Und Versprechen werden nicht gebrochen, stimmt’s?“ Ein Nicken ihrerseits kommt, da öffnet sich bereits die gläsernere Tür des Aufzuges und ich erhebe mich sogleich. Gemeinsam steigen wir aus diesen heraus, während Amber nun meine Hand festhält und mich zielsicher in die Kantine führt. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich mich vermutlich schon mehrmals hoffnungslos verlaufen. Doch da steigt mir bereits ein köstlicher Duft in die Nase und mein Magen fängt wie aufs Sprichwort an zu knurren. Wann habe ich eigentlich zuletzt etwas gegessen? Sogar Amber muss es gehört haben, denn sie kichert sogleich und sieht nun wieder freudestrahlend zu mir hoch. „Du hast auch Bärenhunger!“ Ehe ich etwas darauf antworten kann, kommen wir sogleich in dem großen Speisesaal an. Adam sitzt auf einen Stuhl und sieht gelangweilt drein, als ein dunkelhaariges Mädchen ihm gegenübersitzend auf ihn einspricht. Als er uns beide entdeckt, ist die Langeweile jedoch verschwunden. Sofort erhellt sich sein Gesichtsausdruck und er steht ruckartig auf. Der Stuhl auf dem er gerade noch gesessen hatte schwankt gefährlich, doch zum Glück bleibt er an Ort und Stelle stehen, im Gegensatz zu Adam. Dieser stürmt auf mich zu, grinst dabei vielsagend und bremst schließlich kurz vor mir ab. Etwas verwirrt sehe ich ihn an, dann muss ich aber auch lächeln. „Hey“ Kurz mustert mich Adam von oben bis unten, dann lacht er nur belustigt auf. „Wie läufst du denn rum? Dein Kleidungsstil war auch schon mal besser!“ Gespeilt beeidigt sehe ich ihn an und verschränke die Arme vor der Brust. Dieser Knirps will mich aber auch immer ärgern, auch wenn es vermutlich seine Art ist, mit der Besorgnis um mich umzugehen. „Hier gibt’s nun mal nichts Gescheites zum Anziehen, also muss ich improvisieren!“ Ehe er es sich versieht, strubble ich Adam durch die Haare, was ihn verärgert meckern lässt und mich zum Grinsen bringt. Gleichstand würde ich sagen. Als ich erneut meinen Blick schweifen lasse, erkenne ich sogleich das Mädchen wieder, was noch am Tisch sitzt und mich schüchtern mustert. Langsam komme ich näher und lächle sie nun an, ehe ich neben ihr stehen bleibe. „Du bist doch Alice, oder?“ Sie nickt langsam, sieht aber schnell wieder unsicher auf den Tisch. Vermutlich hat sie Angst vor mir, auch wenn ich mir nicht so recht vorstellen kann warum. Klar habe ich seit Tagen weder Kamm, oder Make-Up gesehen. Doch so furchterregend kann ich doch trotzdem nicht aussehen, oder? Die Zwillinge kommen nun zu mir, während Amber sich neben Alice setzt und freundlich zu ihr sieht. „Alice und wir sind beste Freunde geworden, stimmt’s Adam?“ Ihr Bruder nickt sogleich und nickt Alice zu, die daraufhin zögerlich wieder ihren Kopf hebt und mich ansieht. Ich seufze Lächelnd und beuge mich etwas zu ihr hinab. „Können wir vielleicht auch Freunde werden, Alice? Ich beiße auch nicht, versprochen“ Sie sieht mich wieder an, unsicher und zögernd…dann ringt sie sich zu einem kleinen Lächeln durch. „Ja, gerne“, sagt sie ruhig und ich nicke ihr begeistert zu. „Das freut mich! Du kannst auch immer zu mir kommen“ Auf einmal jedoch höre ich das grummelnde rufen von Hank und blicke überrascht auf. Dieser kommt gerade aus der Großküche raus gehumpelt und balanciert in seinen Händen ein großes Tablet. Ein köstlicher Duft steigt mir sogleich in die Nase. Doch nicht nur mich muss dieser Duft betören, denn Hanks Hund Sumo rennt ihm bellend und hechelnd hinter her, läuft ihm zwischen die Beine, das der ältere Mann dabei fast zu Boden fällt. Fluchend kann er sich gerade noch halten, ehe er vermutlich das Tablet mit dem Rührei und Speck im ganzen Saal verteilt hätte. Eilig komme ich ihm zu Hilfe und ziehe den beleidigten Sumo etwas beiseite. „Komm schon, Sumo. Du bekommst auch gleich was, versprochen!“ Der große Bernhardiner sieht mich daraufhin schwanzwedelnd und sabbernd an und ich komme nicht umhin zu grinsen, während ich ihm den Kopf tätschle. „Bist du auch endlich erwacht? Ich dachte schon du verschläfst den ganzen Tag!“, murrt mich Hank nur an, ehe er das Tablet auf den Tisch stellt. Schmunzelnd besehe ich mir nebenbei die Kinder, als sie Teller und Besteck herbei bringen und alles ordentlich eindecken. Es scheint so, als wenn sie alle schon ein eingespieltes Team wären. Als dann endlich alles soweit fertig eingedeckt war, sogar mit hübschen blumigen Servietten, wurde dann auch endlich angefangen zu essen. Zumindest wir aßen, Alice sah uns einfach nur zu, schien damit aber auch äußerst zufrieden zu sein. Hank schlang sogleich alles hinunter, ohne womöglich groß zu schlucken. Ihm beim Essen zuzuschauen, ist nicht wirklich appetitlich. Also blicke ich wieder auf meinen Teller und esse sorgsam. Jeden Bissen genieße ich, schließlich habe ich schon bestimmt seit längerem nichts mehr gegessen und wer weiß, wann die nächste Mahlzeit kommt. Und auch wenn es sich hierbei nur um Rührei mit Speck handelt, so hat Hank doch wirklich ausgezeichnet das Essen zubereitet. Für mich schmeckt es zumindest so, als hätte es ein Sternekoch zubereitet. Während ich mir also jeden Bissen auf der Zunge zergehen lasse, fangen wir eine kleine, nette Tischkonversation an. Dabei geht es um übliche Themen wie das Wetter und wie köstlich doch dieses Essen schmeckt. Kaum waren wir jedoch fertig mit essen, da lenkt Amber das Gespräch in eine Richtung, mit der ich nicht wirklich gerechnet hätte. Umso verblüffter sehe ich sie an, als sie sogleich weiter erzählt. „Bald ist ja Weihnachten, oder? Glaubt ihr denn…wir könnten es hier feiern?“, fragt sie schüchtern und etwas leiser, als üblich. Hank verschluckt sich beinahe an seinem Essen. Verwunderlich das es nicht schon eher passiert ist bei seiner Esskultur. Adam meldet sich als erstes zu Wort und verzieht das Gesicht. In seinen Augen blitzt etwas auf, was ich selten zuvor in diesen gesehen habe. Enttäuschung. „Du willst hier Weihnachten feiern? Einfach so? Ohne…Dad?“ Seine Worte werden immer leiser, bis das letzte nur noch ein Hauchen war. Aufmerksam sehe ich ihn an und sehe ihm deutlich an, wie er versucht seine Tränen zurück zu halten. Doch es gelingt ihm nicht wirklich und nun erkenne ich Wut in seinen Augen. Unbehaglich rutsche ich etwas auf meinem Stuhl hin und her, da ich bereits spüre wie die Stimmung zu kippen droht. „Adam, hör mal…“, fange ich an, doch ich komme nicht sonderlich weit. Adam steht schnell auf und rennt einfach so aus den Raum. Betreten sehe ich ihm nach, als ich Amber bereits schniefen höre. „H-hab ich was falsches gesagt? Ich…wollte…“ Schnell streiche ich beruhigend über ihre Hand und lächele etwas. „Keine Sorge, ich kläre das!“ Also renne ich ebenfalls aus dem Speisesaal um Adam zu erwischen und ruhig mit ihm darüber zu reden. Zwar habe ich mit den Kindern schon ausführlich über den Tod ihres Vaters gesprochen gehabt, aber es nagt immer noch an ihnen. Was ja auch kein Wunder ist, besonders dann wenn Weihnachten so sehr naht. Kaum bin ich um eine Kurve geschliddert, krache ich prompt in etwas hinein und werde dadurch zurück geworfen. Ich bin mir ziemlich sicher nun auf meinen Hintern zu landen, doch ich werde fest an meinem Handgelenk gepackt und so vor einem schmerzhaften Aufprall verschont. Überrascht sehe ich auf und sehe in ein tiefes dunkles Braun, welches mir sogleich bekannt vorkommt. Eine Gänsehaut bildet sich auf meiner Haut, doch ich blende es schnellstmöglich aus. „Connor“, sage ich verblüfft, als er mich wieder gerade hinstellt und mich ansieht. Er sieht nicht sonderlich mitgenommen aus, dafür dass ich gerade eben voll in ihn hinein gerannt bin. Naja es wird ihm auch nicht sonderlich viel ausgemacht haben. Kurz sehe ich an ihm vorbei, doch Adam sehe ich nirgends. Es scheint so, als ob er über alle Berge ist. Mittlerweile kennt er sich hier auch besser aus, da werde ich vermutlich ewig suchen müssen. Niedergeschlagen seufze ich auf, ehe ich mir durch mein zerzaustes Haar streiche. „Ach, verdammt“ „Was ist los?“, fragt er sogleich, doch ich winke nur frustriert ab. „Würdest du wahrscheinlich nicht verstehen“, murmele ich mir eher selbst zu, während ich weiterhin unauffällig meinen Blick schweifen lasse. Adam ist nirgends zu sehen. Erst jetzt bemerke ich, dass Connor weiterhin mein Handgelenk festhält, doch ich gehe nicht weiter darauf ein. Vermutlich wird er mich eh gleich wieder loslassen um irgendwelchen wichtigen Erledigungen nachzugehen. „Ich habe dich gesucht gehabt. Wo warst du gewesen?“, fragt er nachdrücklich, sodass ich wieder zu ihm sehe. Er wirkt ernst und autoritär. Beinahe komme ich mir vor wie damals beim Schuldirektor, wenn ich etwas ausgefressen hatte und dafür Rede und Antwort stehen musste. Bei diesem Gedanken muss ich tatsächlich schmunzeln, was mir Connor wohl etwas krumm nimmt. Sein Gesichtsausdruck verändert sich tatsächlich und er sieht verärgert aus. Fasziniert betrachte ich daraufhin verstohlen sein Gesicht und frage mich insgeheim, zu welchen Emotionen er noch Fähig ist. Es wäre bestimmt ziemlich unterhaltsam diese alle aus ihm heraus zu kitzeln. Doch das muss warten, erst muss ich Adam wieder finden. „Sorry, aber ich habe gerade keine Zeit dafür. Ich muss Adam suchen, er ist verschwunden“, sage ich daher ruhig und versuche mich langsam von ihm zu lösen. Allerdings komme ich mir dabei vor, als wäre mein Arm in einem Schraubstock gefangen. Äußert frustrierend. Erst jetzt fällt mir jedoch auf, dass Connors Jackett fehlt und er lediglich sein Hemd trägt. Vermutlich haben mich seine verdammten Augen vom Rest abgelenkt. Frustriert seufzte ich auf und versuche ruhig zu bleiben, während ich nebenbei zu meinem Handgelenk blicke. Anscheinend ist dieser Android wirklich nicht gewillt, mich loszulassen. Das grenzt ja schon an Freiheitsberaubung! „Du solltest hier nicht einfach herum rennen, du könntest dich dabei verletzen“, ermahnt mich Connor sogleich und hört sich dabei tatsächlich so an, wie mein Rektor von damals. Kann ich mir eigentlich noch blöder verkommen? Grummelnd lege ich einfach meine Hand auf seine und sehe ihn nun herausfordernd an. „Also gut. Dann komm doch einfach mit und hilf mir bei der Suche“ Nun wirkt er tatsächlich etwas überrascht, doch ich gehe einfach los und er lässt sich mitziehen. Ein zufriedenes Grinsen stielt sich daraufhin auf meine Lippen. „Ich muss dir eh noch dein Jackett zurückgeben, Connor. Trifft sich doch gut, oder?“ Er antwortet nicht, doch ich spüre seine Blicke in meinen Rücken. Vermutlich muss er erstmal sein ominöses Programm durchforsten, damit er weiß wie er mit mir umgehen kann. Mittlerweile bin ich wohl falsch abgebogen und stehe nun vor einem Notausgang. Skeptisch ziehe ich eine Augenbraue nach oben, während ich mir nachdenklich auf meine Lippe beiße. Verdammt, ich hab mich verlaufen! „Bist du sicher, dass du hier lang willst?“, höre ich Connors tiefe Stimme recht nah an meinem Ohr und zucke daraufhin zusammen. Muss er mich immer so erschrecken?! Frustriert drehe ich mich zu ihm um und blicke prompt in ein fast schon belustigtes Gesicht. Etwas überrascht weiten sich meine Augen, doch schnell sehe ich wieder genervt drein. Findet er das etwa lustig?! „Dann führe mich doch mal, ich habe nun mal einen miserablen Orientierungssinn!“, meckere ich ihn halbherzig an. Tatsächlich macht er sogleich kehrt und zieht mich mit. Beinahe wäre ich gestolpert, da der Android so schnell eine Drehung gemacht hatte, dass ich überhaupt nicht damit gerechnet hätte. Und nun bin ich diejenige, die ihm Löcher in den Rücken starrt. Mein Blick gleitet seinen rechten Arm entlang, weiter zu seiner Hand. Inzwischen hält er meine Hand nicht mehr am Handgelenk fest, sondern hat seine Hand mit meiner verschlossen. Verdrossen versuche ich, diese niederträchtige röte in meinen Wangen abzuwehren. Doch vermutlich sehe ich wieder aus wie eine überreife Tomate. Leise seufzte ich, ehe ich meinen Blick nun auf Connors Haarpracht lenke. Selbst beim Gehen wippen seine schokobraunen Haare ganz sachte mit. Irgendwie bekomme ich Hunger auf etwas Süßes. Ein Lachen entweicht mir daraufhin und just in diesem Augenblick habe ich etwas beschlossen. Niemand wird mich dabei aufhalten können! „Connor“, sage ich leise und drücke leicht seine Hand, die sich wunderbar warm anfühlt. Selbst ein leichtes Kribbeln breitet sich in meinen Fingern aus, als Connor sich tatsächlich umdreht und mich etwas fragend anblickt, indem er den Kopf etwas schief legt. Tief atme ich ein, dann versuche ich meinen allerbesten und bittesten Blick überhaupt aufzusetzen. Ich kralle mich in seinem Arm fest und sehe mit großen Hundeaugen zu ihm auf, zumindest hoffe ich das es dieser Blick geworden bin. Denn seine verdammten Augen bringen mich noch komplett durcheinander! Er ist nur eine Maschine, denk dran! Auch wenn ich es mir mal wieder nicht vorstellen kann, wenn ich ihm mitten ins Gesicht blicke. Mit den feinen Härchen, die kleinen Grübchen und diesen Hautporen… „Was…hältst du davon, wenn wir Weihnachten feiern?“, frage ich vorsichtig und mit wild klopfenden Herzen. Er blickt mich überrascht und etwas verwirrt an, während ich ihn weiterhin bittend ansehe. „Bitte, für die Kinder…sie brauchen etwas Ablenkung“ Und ich vermutlich auch, wenn ich ihn noch länger anstarre! Hastig senke ich meinen Blick und versuche meinen Herzschlag wieder zu beruhigen, doch als ich seine Stimme wieder höre, bin ich mir sicher es springt mir gleich aus dem Brustkorb. „Wenn es euch Glücklich macht, dann spricht nichts dagegen“ Kapitel 14: Unbekannt --------------------- Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich Androiden und besonders Connor, nicht wirklich so einschätzen kann, wie ich eigentlich zunächst annahm. Bis zu der Zeit als ich als AuPair in den USA gearbeitet habe, bin ich nie zuvor einen Androiden begegnet. In Europa sind sie nicht erlaubt und soweit ich weiß, auch nicht in Kanada. Russland und die USA sind mit den Androiden sozusagen die großen Vorreiter, was ihnen aber auch einen großen Aufschwung in der Arbeitslosigkeit beschert hat. Manager und Ingenieure müssen sich vermutlich nicht um ihre Jobs sorgen machen, dafür aber der kleine Handwerker von neben an. Sie sehen aus wie Menschen, doch ihre Präzession und Perfektion ist uns bei weitem überlegen. Keine Fehler, keine Erschöpfung, kein Schlaf, keine Forderungen oder Wünsche. Vor allem aber…kein Lohn. Abgesehen natürlich von den Anschaffungskosten. Nur blinder Gehorsam und Perfektion in der Ausführung ihrer Aufgaben. Der traumhafteste Arbeitnehmer den man sich vorstellen kann in dieser Gesellschaft. Bis die Androiden jedoch zu Abweichlern geworden sind, und so etwas wie Emotionen entwickelt haben. Zwar war ich immer der Annahme, diese Maschinen simulieren diese Emotionen nur, oder reflektieren sie wohl eher, doch irgendwie erkenne ich etwas In Connors Augen, was mich zusammenzucken lässt. Er simuliert diese Gefühle nicht nur…er lebt sie. Wie lächerlich es auch klingen mag, aber dieser Android hat scheinbar wirklich Emotionen. Soweit er es zumindest selbst zulässt. Manchmal wirkt er so, als ob er nicht wirklich weiß, wie er damit umgehen soll. Nachdenklich betrachte ich ihn kurz, ehe ich wieder meinen Blick abwende und beinahe planlos dreinsehe. „Danke, Connor. Auch wenn ich ehrlich gesagt nicht verstehe, warum du das machst“ Schließlich wäre es für ihn ja ein leichtes meine Bitte einfach abzuschlagen und mich so niedergeschmettert zurückzulassen. Was soll er auch einen Nutzen davon tragen, wenn wir Menschen Weihnachten feiern? Er sieht mich beinahe etwas fragend an, den Kopf dabei etwas fragend neigend. Innerlich muss ich darüber ja beinahe schmunzeln, als ich meine Gedanken abschüttle und Connor wieder ansehe. Doch ich habe gerade andere Dinge zu tun, nämlich Adam zu finden und ihn wieder zur Vernunft zu bringen. Wenn ich zwischendurch nur endlich meine eigenen verdammten, überschäumenden Gefühle niederschmettern kann! Tief atme ich ein und schließlich laut aus, ehe ich auffordernd den Androiden mir gegenüber in die Augen blicke und erneut leicht an meinem Handgelenk ziehe. „Wenn du mich bitte loslassen könntest?“, frage ich daher dezent, jedoch entgeht selbst mir nicht das Zittern meiner Stimme. Das prickeln meiner Haut hat sich umgehend intensiviert, als seine Hand sich kurzzeitig fester um mein Handgelenk legt, schließlich lässt er mich jedoch los und blickt mich an. Beinahe kann ich sowas wie Verwirrung in seinen Augen erkennen, doch dieser Augenblick war genauso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war. Seine Augen ließen mein Herz wieder aus dem Takt geraten, als ich bereits meine erneute Anspannung deutlich spüre. Beinahe fühlt es sich so an, als ob ich kurz davor bin, von einem zehn Meter Turm hinab ins Wasser zu springen. Die Aufregung und die Ekstase die dabei durch mein Körper jagt, wenn ich kurz vor dem Fall bin lässt mich jedes Mal erschaudern…seltsamerweise ergreift genau dasselbe Gefühl jetzt Besitzt von mir, wenn ich diese Augen anstarre. Was ist nur verdammt nochmal los mit mir?! Ohne dass ich es überhaupt bemerkt habe, bin ich einen Schritt auf Connor zugegangen und starrte beinahe wie hypnotisiert nun auf seine Lippen als ich nochmals sein Gesicht musterte, welches mich erneut in Aufregung versetzte und mein Herz erneut zum schnelleren Schlagen animierte. Der Drang ihn erneut zu Küssen lässt mich Schlucken und nervös über meine trockenen Lippen lecken. Gerade als das letzte kümmerliche Überbleibsel meines Verstandes mich wieder zur Vernunft bringen will, bemerke ich mit Schrecken, das sich dieser Android tatsächlich auch zu mir hinunter beugt. Sofort erstarre ich komplett, kann meinen Blick jedoch nach wie vor nicht von seinen Lippen lösen die meinen jetzt tatsächlich näher kommen. Mein Verstand hat sich nun komplett verabschiedet, als sich meine Gedanken restlos überschlagen und wahrscheinlich Purzelbäume schlagen. Unsicherheit wallt in mir auf und lässt mich nach Luft schnappen, als sich Connor mir mittlerweile so sehr genähert hat, dass ich mich in seinen Augen wiederspiegeln kann. …was will er denn überhaupt von mir? Oder eher…was will ich gerade? Immerhin spüre ich deutlich so etwas wie Vorfreude in mir aufkeimen, wenn ich seine Lippen betrachte und wenn er mich wohl berührt. Verrückt! Absolut Wahnsinnig! Schließlich weiß ich doch, das Connor ein Android ist! Er ist kein Mensch! Das ist ja fast so, als wenn ich einen Toaster anhimmle. Ehe es aber zu irgendwelchen fragwürdigen Interkationen unserseits kommen konnte, zuckte ich je erschrocken zusammen, als mich ein gellender Schrei aus meinen Tagträumen riss. Schnell wirbelte ich mit meinen Kopf zur Seite und erblickte Alice, die mich verstohlen musterte und beinahe ängstlich ihre Augenbraunen hebt. Beinahe sieht es so aus, als ob das Mädchen einen Geist gesehen hätte. Ohne zu zögern eile ich zu ihr und hocke mich hin, damit ich ihr in die Augen sehen kann. Meinen eigenen verräterischen Herzschlag in der Brust versuche ich derweil auszubremsen, doch es gelingt mir nur bedingt, besonders dann als mich Alice sogleich anspricht. „Ich habe Adam raus rennen gesehen. Er ist einfach weggerannt, ich konnte ihn nicht aufhalten. Tut mir leid“, flüsterte sie mit sorgenvollem Blick. Frustriert biss ich mir auf meine Unterlippe, ehe ich mich zu einem kläglichen Lächeln hinreißen lasse. Dieser Bengel wird mir noch mein erstes graues Haar bescheren, da bin ich mir ziemlich sicher! Aber es bringt nun überhaupt nichts, wenn ich mich darüber aufrege. Ich sollte ihn lieber schnell suchen. In seiner Wut und Gedankenlosigkeit, wird er bestimmt ohne anständige Kleidung nach draußen gerannt sein und holt sich am Ende noch eine Lungenentzündung. Vermutlich wird ihn das ja nicht sonderlich viel ausmachen, aber er ist trotzdem noch ein Mensch der sterben kann. Da mag er genetisch verbessert worden sein wie er will…unsterblich ist Adam auch nicht, egal wie sehr er es sich wahrscheinlich wünschen mag. „Schon gut, Alice. Ich geh ihn suchen“ Als ich an dem Androiden Mädchen vorbei gehe, tätschelte ich ihr nochmals kurz den Kopf, was sie mir mit einem verwirrten Ausdruck ihrerseits erwiderte. Mit schnellen Schritten eilte ich zu dem Aufzug und betätige sogleich den Knopf, während ich schon beinahe hibbelig darauf wartete, endlich eintreten zu können und runter zufahren. Gerade als sich die gläsernen Türen öffneten und ich flugs eintreten wollte, nahm ich jemanden neben mir wahr. Etwas verwirrt drehte ich meinen Kopf zur Seite und erblickte prompt Connors ernstblickendes Gesicht. Ich ahnte schon, was er mir sogleich vorwerfen wird, doch zu meiner Verwirrung kam nichts dergleichen von ihm. "Wir sollten uns beeilen, es hat erneut angefangen zu stürmen. Wenn er sich zu weit vom CyberLife Tower entfernt, wird er bei den eisigen Temperaturen nicht lange überleben" Bei diesem Gedanken wurde mir sogleich schlecht und mehr als ein fahriges nicken meinerseits, bekam ich daraufhin auch nicht zustande. Hastig betrat ich den Aufzug, dicht gefolgt von dem Androiden, als ich schon beinahe auf die Taste schlug, die uns schnurstracks ins Erdgeschoss bringen sollte. Erst als sich die gläsernen Türen schlossen und wir endlich abwärts fuhren, erlaubte ich es mir einmal laut auszuatmen. Was sich Adam mit diesem infantilen Verhalten genau gedacht hat, kann ich mir einfach nicht vorstellen. Er bringt ja nicht nur sich in Gefahr, sondern auch viele andere. Während wir an den Etagen hinabfuhren, riskierte ich nochmals einen flüchtigen Blick auf Connor. Jedoch sah er hoch konzentriert nach vorn und schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. Vermutlich berechnet er gerade mögliche Sequenzen und welche wohl am effektivsten wäre, um diese verzwackte Situation zu lösen. Zu solchen genialen Lösungsansätzen bin ich leider nicht in Stande. Ich kann nur vermuten, was genau dieser Knirps jetzt vorhat. Und das naheliegendes ist wohl schlicht und einfach...das wegrennen vor der Realität. Laut seufze ich frustriert auf, als wir endlich im Erdgeschoss angekommen waren. Dann ballte ich meine Hände zu Fäusten und schritt durch die geöffneten Glastüren, die sich soeben geöffnet hatten. Kaum bin ich im Eingangsbereich angekommen, erblickte ich auch sogleich diesen großen, dunkelhäutigen Androiden. Er hat sich uns den Rücken zugewandt und schien irgendwas Zappelndes und schreiendes festzuhalten. Ohne zu zögern rannte ich zu dem Hünen und erblickte sogleich einen fluchenden Adam, der sich mit ganzer Kraft gegen den mehr als doppelt so großen Androiden vor sich stemmte. Doch dieser hielt ihn scheinbar locker am Handgelenk fest. "Adam!" Der Junge hielt prompt inne, als er meinen entsetzten Schrei vernommen hatte. Ich stehe nun neben ihm und sehe fassungslos auf ihn hinab, doch er drehte bockig sein Gesicht zur Seite. Wut sah ich dennoch in seinen Augen aufblitzen, auch wenn er mich nicht eines Blickes wirklich würdigte. "Danke, Luther“, sprach Connor ruhig zu dem Riesen, der sich daraufhin leicht zu dem kleineren drehte und ihm zustimmend zunickte. "Alice meinte, ich solle den Jungen nicht durch lassen. Er ist ziemlich hartnäckig" Ehe ich irgendwas dazu sagen konnte, schrie Adam nun lauthals los und trat mit voller Wucht gegen Luthers Schienbein. Für mich sah es ziemlich schmerzhaft aus, doch dem Androiden wird es nicht sonderlich viel ausgemacht haben. Im Gegensatz zu Adam, der nichts weiter trägt als Stoffpantoffeln. Wütend vor Schmerz geht der Junge in die Knie und hält sich schniefend seinen malträtierten Fuß. Beinahe schon mitleidig sehe ich ihm dabei zu, ehe auch in mir langsam die Wut hochkocht. Wut über Adam, weil er sich wirklich absolut daneben benimmt und anderen in seiner Nähe Schmerzen zufügen will...nur damit er entkommen kann und sein Willen dabei gewaltsam durchsetzt. Doch ich kann seine Wut durchaus nachvollziehen, denn ich weiß genau, wie er sich fühlt. Allein, verlassen und nicht verstanden. Seine Familie ist nichts weiter als ein Trümmerhaufen, den Amber gerade noch so beisammen hält. Bis sie diesen fatalen Einfall mit dem Weihnachtsfest hatte. Dabei hat es das Mädchen nur gut gemeint, aber ist damit natürlich mitten ins Fettnäpfchen getreten. Gerade als ich ansetzen wollte meinen Mund zu öffnen, um ruhig mit Adam zu reden, konnte er sich tatsächlich doch noch von diesen Luther losreißen und rannte hinaus in den Schneesturm, der sich gerade zusammenbraute. Etwas fassungslos sah ich drein, während der Junge beim Laufen den Schnee hochwirbelte und dabei fast zu verschwinden schien. Ohne zu zögern rannte ich ihm hinterher, verfluchte mich jedoch prompt innerlich für diese grandiose Idee meinerseits. Das einzige was ich nämlich an den Füßen trug, sind ein paar Strümpfe. Dementsprechend kalt erwischte es mich wortwörtlich, als mich der Schnee an der Haut berührte und mich so zum Fluchen brachte. Diese unbeschreibliche Kälte bohrt sich geradezu in mich hinein und lässt mich frösteln! Nichts desto trotz biss ich die Zähne zusammen und erhöhte mein Tempo, auch wenn mich der kalte Wind und die unzähligen Schnellflocken geradezu unerbittlich mitten ins Gesicht schlugen. Adam warf mir einen Blick zu, durchaus gehetzt und dennoch überrascht, rannte jedoch unablässig weiter. Und auch wenn ich es nicht wirklich gerne zugebe, aber dieser Junge ist verdammt schnell! Ich bin selbst keine Marathonläuferin, dennoch müsste ich eigentlich körperlich fit genug sein, um einen zehnjährigen Jungen einzuholen! Wenn ich bereits jetzt Probleme habe ihn zu schnappen, wie soll das dann in ein paar Jahren aussehen? Vermutlich ist er aber genauso erschaffen worden, um anderen Menschen geistig wie auch körperlich überlegen zu sein… Aber nicht mit mir, verdammt! Mit meinen letzten zusammengekratzten Kräften und einem wütenden Schrei im Schlepptau, warf ich mich auf Adam und brachte ihn so zu Fall. Wir überschlugen uns kurzzeitig und ich verlor sämtliche Orientierung, aber immerhin konnte ich mich an seinem Pullover festkrallen, welchen ich auch eisern festhielt damit er nicht wieder verschwindet. Kaum kamen wir zum Stillstand, wollte Adam auch wieder aufspringen und davon rennen. Er kam jedoch nicht weit, da er kopfüber in den Schnee fiel und nur sein dumpfer Schrei zu hören war. Hastig wischte ich mir den Schnee aus dem Gesicht und unterdrückte ein Zittern, was mir jedoch nur kläglich gelang, ehe ich Adam zu mir zog und ihn eindringlich ansah. Sein warmer Atem blies mir hektisch ins Gesicht, seine Augen sahen mich zornig an und er versuchte vehement sich meinem Griff zu entziehen. „Lass mich los, verdammt! Ich hasse dich!“ Die Wörter schlugen mir so hart entgegen, dass es sich beinahe so anfühlte wie eine Ohrfeige. Dementsprechend zuckte ich auch unbewusst etwas zusammen, was Adam sogleich nutzte um sich erneut loszureißen. Er kam jedoch nicht sonderlich weit, da er gegen jemanden stieß und nun direkt wieder auf mich fiel. Schnell schlang ich meine Arme um Adam und sah überrascht nach oben. Durch den dichten Schneefall konnte ich die Person zunächst nicht erkennen, doch die dunkle Silhouette erinnerte mich irgendwie an Connor. Was sich jedoch sogleich als Trugschluss herausstellte, denn besagter Connor stellte sich plötzlich nun vor uns und ließ mich so perplex zu ihm Aufsehen. „Zwei Menschenkinder hier? Wie überaus interessant, damit hätten wir nicht gerechnet“ Ein seltsamer metallischer Klang, in dieser fremden Stimme, ließ mich erschrocken zusammenzucken und Adam enger an mich drücken. Sogleich spürte ich auch, wie sich Adam dichter an mich drückte und kurz entgeistert nach Luft schnappte. Connor steht direkt vor mir, sodass ich mein Gegenüber nicht erkennen konnte. „Warum bist du hier?“, fragte stattdessen die RK800-Einheit reserviert. Die niederträchtige Neugier in mir ließ mich innerlich murren, während ich mit mir hadere einfach nachzuschauen, gegen wen Adam eigentlich gerannt war. Vermutlich kein Mensch, denn die Stimme klang irgendwie mechanisch und defekt. „Wir überbringen eine Botschaft und hoffen, dass Markus sie erhält. Du wirst die Nachricht doch überbringen…oder, Connor?“ Ich biss mir auf die Lippen, denn meine Neugier war mal wieder unersättlich, ehe ich mich langsam und vorsichtig zur Seite lehnte und so hoffte, an Connor vorbei sehen zu können, um den Unbekannten endlich erblicken zu können. Wer auch immer das sein soll…er muss einen ziemlichen Sprung in der Schüssel haben! Immerhin redet er die ganze Zeit von sich in der dritten Person. Kaum habe ich es endlich geschafft an Connor vorbei zu blicken, erstarre ich prompt. Zwei Augen blicken direkt in meine und ein abnorm grinsender Android scheint den kurzen Aussetzer meines Herzschlages gespürt zu haben, denn seine seltsamen Augen weiten sich sogleich. Schnell drücke ich Adam wieder an mich und lehne mich hastig zurück, mein Atem hat sich ohne mein Zutun plötzlich erhöht und mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, die daraus resultierende Gänsehaut nahm ich jedoch kaum war, da mir sowieso gerade eiskalt ist. Dieses…Ding ist definitiv ein Android! Allerdings habe ich noch nie zuvor so etwas Vergleichbares gesehen gehabt. Die Augen waren schwarz, die Iris in ein tiefes Blau getaucht. Allein die Augen schienen aus einem Horrorfilm geklaut zu sein, doch diese deformierte Fratze die wohl sein Gesicht darstellen sollte, toppte einfach alles! Teilweise war seine Haut dort aufgerissen und entblößte so blaues Thirium und seltsame mechanische Teilstücke die aus seiner Wange ragten, wie ein rostiger Nagel. Seine unheimliche Stimme ist das berüchtigte i-Tüpfelchen, was sämtliche Muskeln in mir anspannen lässt. Wenn der mich nochmal anschaut, dann werde ich vermutlich einfach laut losschreien. Allein aus Protest. „Jetzt hat es Angst. Schade eigentlich, es sieht so verloren aus“ Erneut zucke ich zusammen und starre stur auf Connors Hose, die sich vergleichbar eng anliegend an sein Bein geschmiegt hat, während der kalte Wind um ihn herum pfeift. Ihn interessiert das ja vermutlich nicht mal sonderlich, während ich mir hier wortwörtlich den Hintern abfriere! „Wie lautet die Botschaft? Und woher kennst du meinen Namen?“, fragt Connor nun und geht nicht auf seine vorherige Aussage ein. Adam wollte nun ebenfalls zu dem fremden Androiden blicken, da er schon neugierig seinen Hals reckte. Jedoch zog ich ihn sogleich wieder an mich ran und schüttelte lediglich mit meinen Kopf, während mein Blick hoffentlich Aussagekräftig genug für ihn ist. Denn wenn ich mich vor diesem Ding erschrecke, dann weiß ich genau wie es erst Adam bei diesem Anblick ergehen wird. Alpträume sind damit vorprogrammiert. "Jeder Android auf der Welt kennt doch deinen Namen, ebenfalls den von Markus. Ihr seid die beiden, die Detroit und viele andere Androiden in diesem Land erst wachgerüttelt haben. Dank euch beiden stehe ich nun direkt vor dir. Mein Name ist Eugen, aber das weißt du natürlich schon längst" Dieser metallene Klang, ließ mich erneut erzittern und mich unbewusst auf die Lippen beißen. Beinahe klang es so blechern, als würde die Stimme aus einem dunklen und finsteren Brunnen kommen. Wie ein Monster das darauf wartet einen in den Abgrund zu zerren und einen schließlich hinterrücks zu töten. Ich sah zu Connor auf, der mir jedoch weiterhin nur seinen Rücken offenbarte und auch sonst nichts von sich preisgab. Dennoch würde ich zu gern wissen, was er wohl gerade denkt. Soweit ich es als denken definieren kann bei ihm. „Du bist ein PL300 Android. Ein Modell, welches speziell für den russischen Markt entworfen und auch dort erbaut wurde. Du fungierst als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Forschungseinrichtungen, voranglich in der Pharmazie“, erklang sogleich Connors Stimme und ließ mich so wieder zu ihm aufsehen, während ich bereits über seine Aussage nachdachte. „Wenn er dort erbaut worden ist…wie kann er dann von Russland, bis hier her gekommen sein?“, platzte es einfach aus mir heraus. Sofort sahen mich diese schwarzen Augen belustigt an, sodass mir beinahe wirklich schlecht wurde und ich mich am liebsten übergeben wollte. Doch so konnte ich mich nur zu einem gequälten Würgen hinreißen lassen, ehe ich auf meine zitternden Finger blicke, die bereits eine rötliche Farbe angenommen haben und ziemlich schmerzten. Adam scheint es nicht anders zu gehen, denn sein zittern hat sich deutlich erhöht, während er sich wärmesuchend an mich drückte. „Das Menschenkind ist klaren Verstandes wie mir scheint. Eine durchaus berechtigte Frage, die es gestellt hat“ Augenblicklich spüre ich wie langsam Wut in mir hochkocht, als ich mir nun doch einen Blick auf diesen sonderbaren Androiden gönne, während dieser mich erneut belustigt angrinst und so seine perlweißen Zähne offenbart, die jedoch von einer dünnen und blauen Schicht überzogen waren. Vermutlich Thirium. „Warum nennst du mich es? Ich bin kein Gegenstand!“, rufe ich nun doch verärgert und stehe langsam auf, während ich Adam sicher hinter mir bugsiere. Sein kurzes hysterisches, blechernes Lachen was kurz darauf folgte, ließ mich erneut unwohl zusammenzucken, doch ich blicke ihn nun weiterhin entschlossen an und versuche meine aufkeimende Angst gleich abzuwimmeln. Er geht sogar auf einen Schritt auf mich zu, jedoch nicht weiter, da selbst ich Connors Anspannung nun deutlich wahrnahm. Dieser Android mit Namen Eugen grinste nur kopfschüttelnd, ehe er mich wieder ausgiebig musterte und dabei wohl unbewusst mehre metallene Gegenstände aus seiner Wange ragen ließ. „Ich nenne dich es, weil ich es so will. Du bist für mich nur ein Gegenstand, genauso wie die Menschen in uns nur Gegenstände sehen, die sie nach Belieben aussortieren, verbessern und vernichten können“ Augenblicklich stockte mir der Atem und ich blickte ihn fassungslos an, doch sein Blick richtete sich nun forschend auf Adam, der vorsichtig hinter meinem Rücken hervorschaute und vermutlich nun doch Alpträume bekommen wird. „Also stimmen die Gerüche wirklich…Ihr habt euch Adam Traynor gesichert, vermutlich ist die Schwester dann auch ganz in der Nähe?“ Langsam aber sicher bekam ich Angst, je länger ich mir diesen komischen Androiden vor mir betrachtete. Sein Äußeres ist ja schon abstoßend genug, doch seine Ansichten gegenüber Menschen sind wirklich sonderbar. Vermutlich weil ich Androiden ja auch nur kriechend vor den Menschen kenne...sinnblich gesprochen natürlich. Doch zu allem Überfluss, kennt er auch noch die Zwillinge! Woher verdammt?! Er ist schließlich nur ein normaler Android! Höchstwahrscheinlich ein Abweichler, aber ansonsten erkenne ich an ihn nichts Sonderbares. Ehe ich meinen Frust kundtun konnte, richteten sich die unheimlichen Augen dieses Eugen erneut auf mich, jedoch wirkte er dabei höchst skeptisch – oder eher geradezu enttäuscht. „Allerdings kann ich dich nicht zuordnen Menschenkind, wer bist du?“ „Ihr Name ist Hannah, du verdammte Blechbüchse! Und nun verzieh dich gefälligst!“, schrie Adam plötzlich und ließ mich so erneut zusammenzucken. Entsetzt sah ich ihn an, doch er sah nur grimmig zu mir auf, krallte sich jedoch regelrecht in meine Hose fest und schien mit aller Kraft seine Angst verbergen zu wollen. Das erneute unheimliche Lachen dieses Androiden ließ mich hastig wieder nach vorn blicken, doch seine Aufmerksamkeit hatte sich wieder vollsehendes auf Connor gerichtet gehabt. „Wie dem auch sei…führe mich jetzt bitte zu Markus. Ich habe einige wichtige Angelegenheiten mit ihm zu besprechen. Es geht um rA9“ Gerade als ich gedacht hätte, dieser durchgeknallte Android wird gleich von Connor abgeknallt, da drehte dich dieser doch einfach um und führte diesen Eugen nun zum CyberLife Tower. Fassungslos sah ich den beiden nach, lediglich Eugen lächelte mich charmant an, als er an mir vorbei ging und nickte mir grüßend zu. Es vergingen wohl einige Sekunden, denn Connor schielte kurz ebenfalls zu mir, da ich ihnen nicht folgte. „Beeilt euch, es wird immer kälter und eure Körpertemperatur fällt bereits“ Zu meinem größten Verdruss zerrte mich Adam sogar noch zurück in den CyberLife Tower, denn meine Beine wollten sich einfach nicht von selbst in Bewegung setzen. Unsicher starrte ich auf den Rücken dieses fremden Androiden, während in mir sämtliche Alarmglocken schrillten und ich ein ganz schlechtes Gefühl bekam. Irgendwas stimmt hier definitiv nicht, jedoch kann ich mir bis jetzt noch keinen Reim darauf machen. „Verdammt, mir ist echt kalt!“, bibberte Adam aufgebracht und rannte nun in den Eingangsbereich des Turms. Sein vermeintlicher Fluchtversuch ließ er wohl in Anbetracht der Wetterverhältnisse sausen. Hastig schlug er sich den Schnee von den Sachen, während ich mich nun neben ihn stellte und weiterhin den Androiden beobachtete, der nun mit Connor in den gläsernen Aufzug stieg und anschließend hinunterfuhr. Höchstwahrscheinlich zu Markus. Augenblicklich wurde mir schlecht, ich geriet ins Schwanken und stützte mich hastig irgendwo ab. Es fühlte sich groß und fest an und kaum sah ich hinauf, um zu erkennen was es war, erschrak ich sogleich und sprang schnell zurück. Der große, dunkelhäutige Android namens Luther blickt mich seelenruhig an, obwohl ich mich gerade wohl an seinem Hinterteil abgestützt habe. Verlegend sehe ich drein, ehe ich mir schnell den Schnee aus den Haaren schüttle. „Sorry“, entweicht es mir verlegen, doch kurz darauf sah ich verblüfft auf, als ich jemanden Rufen hörte. Alice, Amber und eine andere Androiden-Frau kamen auf uns zu gerannt. Die Frau kam mir sogar bekannt vor, jedoch konnte ich sie gerade nicht einordnen. „Verdammt, Adam! Du bist echt ein Idiot!“, fuhr Amber sogleich ihren Bruder an, der jedoch sogleich nachlegte und sich nun vor ihr aufbäumte. „Halt ja die Klappe, verdammt! Das ist alles nur deine schuld!“ Alice sah erschrocken zwischen den Geschwistern hin- und her, während sich diese weiterhin Schimpfwörter an den Kopf warfen, als gäbe es kein Morgen. Ehe sie sich weiterhochschaukeln konnten, ging ich entschieden dazwischen und sah strafend zu Adam, der mich kurz erschrocken ansah, doch schnell wurde sein Blick wieder wütend. „Was?! Ihr seid doch alle bescheuert!“ Meine Finger zuckten kurz minimal und ich war mehr als bereits dazu, ihm einfach eine zu knallen. Vermutlich hätte er wirklich eine Ohrfeige mal nötig gehabt, doch als Pädagoge weiß ich es natürlich besser. Manchmal zumindest. „Geh jetzt in dein Zimmer. Wir reden später darüber“, sprach ich mit knirschenden Zähnen und blickte Adam warnend an, als dieser sogleich weitere Schimpftriaden an mich richten wollte. Adam blickte mich nochmals wutentbrannt an, doch als er meinen strengen Blick sah und dem dazugehörigen scharf gesprochenen "Sofort!", da entschied er sich glücklicherweise doch dazu zuhören. Ich beobachte ihn noch wie er in den Aufzug stieg und schließlich hochfuhr. Erst als er aus meinem Blickfeld war, erlaubte ich es mir einmal laut auszuatmen und zu seufzen. Amber neben mir, sah mitfühlend zu mir auf und tätschelte meinen Arm. "Er meint es nicht so, da bin ich mir sicher" Erschöpft lächelte ich das Mädchen an und streichelte ihr über den Kopf. "Ich weiß" Kurz herrschte Stille, dann meldete sich Alice ebenfalls zu Wort. "Warum ist Adam denn so wütend?" Leise seufzte ich auf und blickte dem Androiden-Mädchen nun in die Augen, als ich vor ihr in die Knie ging. "Wir wollten Weihnachten feiern, jedoch ist er nicht so angetan gewesen von dieser Idee. Er vermisst nun Mal seine Familie sehr" Es dauerte kurz, dann nickte Alice verstehend und ergriff die Hand der Androiden Frau neben sich. "Ich würde auch gern Weihnachten feiern, Kara. Als Familie...du, Luther und ich" Besagte Kara sah nun tatsächlich etwas überfordert drein, während sie nun Alice unsicher betrachtete. "Ich weiß nicht ob das möglich ist, Alice", fing sie vorsichtig an. Doch Alice ließ sich davon nicht sonderlich beirren. "Aber es ist doch wichtig, dass wir alle zueinander finden. Gerade auch die anderen Kinder hier! Alle sind traurig und allein!" Nun wurde ich auch sogleich hellhörig und meldete mich prompt zu Wort. "Hier gibt es noch andere Kinder? Wo denn?" Doch zu meiner Verblüffung, sprach Luther sogleich. "Weit unten in den Lagerräumen haben wir einen Spielraum für sie eingerichtet, doch sie sind immer noch apathisch und In sich gekehrt. Die Erlebnisse der letzten Zeit, haben auch sie schwer traumatisiert" Beinahe schon skeptisch sah ich mir die Androiden vor mir an, ehe ich schon fast hilflos zu Alice blickte. Natürlich sieht sie aus wie ein normales Kind und verhält sich auch so...aber sie ist doch immer noch eine Maschine, die einfach nur ihrer Programmierung folgt, oder etwa nicht? Genauso wie die anderen Androiden Kinder. Sie können doch niemals, absolut niemals einem wirklichen Kind ähnlich sein...oder? Amber umarmt nun stürmisch Alice und sieht sie mit großen Augen beinahe schon entsetzt an. "Ich finde, wir sollten diese Kinder einladen! Dann feiern wir alle zusammen Weihnachten! Das beste Weihnachten überhaupt!" Sogar Alice bekam nun große Augen und ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie Amber sogleich zunickte. "Das klingt großartig", stimmte sie sogleich ein. Sofort blickten mich die beiden Mädchen schüchtern an, doch in ihren Augen konnte ich etwas funkeln sehen, von dem ich sicher war, es würde noch zu einem wahren Feuerwerk werden. "Hannah, du hilfst uns doch bestimmt dabei, oder? Sag bitte ja!", flehte Amber sogleich und bekam große Augen, während sie zusätzlich noch einen Schmollmund zog. Alice versuchte es ihr gleich zutun, jedoch gelang es ihr nur mit mäßigem Erfolg. Unsicher biss ich mir sogleich auf die Lippen und sah die Kinder musternd an. "Die Idee ist ja ganz reizend, aber wie sollen wir das denn umsetzen? Das bedarf viel Planung und Vorbereitung. Abgesehen davon, haben wir ja nicht mal Weihnachtliche Dekoration, geschweige denn einen Baum" Amber sah niedergeschlagen drein und Alice ließ den Kopf hängen. Es tat mir ja wirklich leid die Träume der Kinder zu zerstören, doch an der Realität kann ich leider auch nichts ändern. "Aber wir könnten doch etwas malen und basteln! Stifte gibt's hier doch viele und Papier auch! Dann malen wir uns eben einen Weihnachtsbaum an die Wand!" Fast schon Fassungslos sah ich auf Amber hinab, doch sie sprach sofort weiter und machte mich nun vollends sprachlos. "Es geht bei Weihnachten doch nicht über die Geschenke, oder viel Deko! Sondern darum, das man mit seinen liebsten zusammen ist und Zeit miteinander verbringt! Niemand sollte Weihnachten allein sein müssen!" Ein Lächeln umspielt augenblicklich meine Lippen und ich hockte mich einfach hin und drückte die beiden Mädchen eng an mich. Die beiden quietschten kurz überrascht auf, doch ich drückte sie sogleich enger an mich, ehe ich Amber nochmals über den Kopf strich. "Danke Amber, du hast Recht und mich wieder daran erinnert, wie schön Weihnachten ist" Auch wenn es mir einen kleinen Stich versetzt, da mit nun nur allzu bewusst wird, wie sehr ich meine eigene Familie vermisse. Die aufkommenden Tränen blinzelte ich schnell davon und erhob mich lächelnd, als ich nun den Kindern zunickte und schließlich zu den anderen beiden Androiden blickte. "Könntet ihr mich bitte zu den restlichen Kindern führen? Ich möchte sie gern kennenlernen" Ambers Gesicht strahlte sogleich und sie wippte aufgeregt hin- und her. "Wir wollen auch mitkommen und sie kennenlernen!" Luther musste tatsächlich kurz amüsiert grinsen, als er Alice beobachtete und so etwas wie ein warmer Glanz trat in seine Augen. Ich war so perplex von diesem Schauspiel, dass ich gar nicht mitbekam das ich angesprochen wurde. "Verzeihung...aber wie ist Euer Name?" Erst als sich die Hand von Kara auf meine Schulter legte, zuckte ich erschrocken zusammen und wirbelte gleich herum. "Wer?! Was?!" Meinen entsetzten Gesichtsausdruck brachte Amber prompt zum Lachen und sie zog vergnügt an meinen Arm. "Das kommt davon, wenn man mit offenen Augen träumt! Hast du mir selbst immer gesagt!" Schon beinahe kann ich so etwas wie Schadenfreude in den Augen des Mädchen aufblitzen sehen, doch der Eindruck verschwand genauso schnell, wie er gekommen war und sie hatte nun wieder ihr strahlendes Lächeln auf den Lippen. "Ihr Name ist Hannah" Nachdem wir sämtliche Namen genannt haben, sind wir nun in den Aufzug gestiegen und fuhren hinunter in die Stockwerke die tief unter der Erde liegen. Während Amber und Alice ausgiebig miteinander schnatterten, hing ich beinahe schon trübsinnig meinen Gedanken nach. Es ist immer noch verrückt in welcher Situation ich eigentlich stecke und mir fällt einfach keine Lösung dafür wie ein, wie ich hier wieder heraus komme. Vorzugsweise natürlich mit den Kindern. Aber im Moment habe ich das Gefühl, ich stehe am Abgrund und hinter mir lauert etwas gefährliches, das mich sogleich in Stück reißt, wenn ich auch nur wegrennen will. Wegrennen ist generell ein Gedanke, der mir schon öfters durch den Kopf schwirrt. Jedoch weiß ich selbst, dass ich mir diese bescheidene Idee gleich aus dem Kopf schlagen kann. Weder weiß ich wohin, noch wie Ich überhaupt entkommen will. Besonders weit würde ich wahrscheinlich eh nicht kommen. Einmal wegen den Androiden und dann auch wegen den anderen Menschen, die sich zu diesen Zeiten nicht besser verhalten wie Bestien. Dem einzigen dem ich vertrauen könnte, wäre vermutlich Hank. Aber auch nur deswegen, weil er ja selbst ein Mensch ist und sich anscheinend von den Androiden keine Befehle geben lässt. Connor würde ich gern vertrauen, doch er ist ein Android. Noch dazu einer von diesen, die uns hier festhalten. Den Grund dafür, weiß ich immer noch nicht. Warum hat Connor außerdem diesen komischen, grotesken Androiden einfach hineingeführt? Nur weil dieser etwas von rA9 gesagt hat. Was soll das überhaupt sein? Der Klang der öffnenden Aufzugstüren, lässt mich wieder hochschrecken und beinahe schon überrascht drein blicken. Erst als die Mädchen und die anderen Androiden hinausgegangen sind, folge ich ihnen ebenfalls. Luther führte uns alle an, während ich mich verstohlen umsah. Wir befanden uns definitiv nicht mehr in den Produktionshallen, denn hier wirkte nichts mehr steril, technisch versiert und futuristisch. Nicht mal andere Androiden liefen hier rum, stattdessen hab ich den Eindruck von einem verlassenen Rattenloch bekommen, in welchem jeden Moment mir welche entgegenspringen könnten, um mir in den kleinen Zeh zu beißen. Sogleich ergriff mich ein frösteln und ich rieb mir unbewusst über meine Arme, um mir selbst Wärme zu spenden. Auch wenn es hier überhaupt nicht kalt war, habe ich dennoch das Gefühl, ich würde frieren. Vermutlich lässt mich jedoch nur der Gedanke frösteln, das hier unten wirklich Kinder leben müssen. Auch es sind ja nur Blechbüchsen. Nichts weiter als Maschinen…ohne Emotionen und Seele, oder? Amber ergriff sogleich meine Hand und drückte sich eng an mich, ehe sie beinahe schon verstohlen zu mir hoch sah. Etwas erschrocken blickte ich sie daraufhin an, da sie mich so unerwartet aus meinen Gedanken gerissen hatte. "Ich finde es hier unheimlich" Kurz ließ ich meinen Blick schweifen, ehe ich nur tröstend Ambers Hand drückte. An der Decke hingen Neon Röhren und erleuchten so den schmalen Flur in helles und kaltes Licht, beinahe fühlte es sich so an, als ob man geblendet wird. Selbst meine Augen gewöhnten sich nur spärlich an dieses ungewohnte Licht. Überall liegen Kartons herum, gestapelt oder komplett durcheinander auf dem Boden verstreut. Verschiedene technische Geräte lugten manchmal unter den Deckel der Kartons hervor, doch ich konnte mir keinen Reim darauf machen, welchen Zweck diese Komponenten erfüllen könnten. Es kommt mir beinahe so vor, als wären wir in der Abstellkammer von CyberLife gelandet. Plötzlich jedoch, griff Luther einfach an mir vorbei und öffnete die Tür links neben mir. Durch seine plötzliche Bewegung war ich wie erstarrt gewesen und habe mich so sehr erschrocken, dass ich entgeistert nach Luft schnappte. Lediglich meinen Aufschrei konnte ich mir gerade so noch verkneifen. "Wir sind da" Seine tiefe Stimme jagt mir zusätzlich einen Schauer über den Rücken, doch ich Ringe mich zu einem gequälten Lächeln durch und nicke ihm zu. Als ich meinen Blick nun durch das Zimmer schweifen lassen möchte, starre ich in leere und ausdruckslose Augen, die im dunklen Raum wie Glühwürmchen schimmern. Jedoch fühlte es sich nicht gerade nach einer warmen Sommernacht an, sondern nach einem kalten Winterabend,der meine Härchen am Arm aufrichten lässt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)