Rot und Blau von Himitsu-chan ================================================================================ Kapitel 9: Erkenntnis --------------------- Verdrossen stocherte ich in den Nudeln auf meinem Teller herum, während ich mir auch nicht sonderlich viel Mühe gab, die Pasta mit meiner Gabel aufzuspießen. Meine Motivation war generell abhandengekommen die letzten Tage. Lag vermutlich an der momentanen schwierigen Situation. Amber sprach derweil redselig auf Hank ein, der sich zu meiner Verwunderung bereits Nachschlag genommen hatte. „Wie kamst du denn auf den Namen Sumo? Irgendwie klingt der Name japanisch?“ Prompt meldete sich ihr Bruder zu Wort. „Na klar, die Sumo-Ringer. Sumō geht zurück auf das Verb sumau und sumafu zurück, was ‚wettstreiten; kämpfen‘ bedeutet. Die Schriftzeichen sumō bedeuten dabei ‘sich gegenseitig schlagen‘ “, beendete Adam sogleich seine Erklärung und ließ uns alle baff zu dem Jungen starren. Sogar meine Nudel fiel mir von der Gabel, die ich noch zuvor so mühevoll auf eben diese manövriert hatte. „Woher weißt du das denn Junge, verdammt?“, fuhr ihn Hank beinahe schon entgeistert an. Doch Adam zuckte nur einmal kurz mit den Schultern und sah beinahe etwas fragend in die Runde. „Ich habe mal etwas darüber gelesen und es mir gemerkt. Das ist alles“ Hank besah sich Adam kritisch, fast so als ob er nicht wüsste ob er begeistert, oder entsetzt sein sollte. Ging mir jedoch nicht anders. Woher kann ein Junge von zehn Jahren das denn wieder wissen? Oh, ich vergaß…er ist ja genauso wie Amber in einem Labor erschaffen worden und dazu mit überragender Intelligenz. Es sollte ihm ein leichtes sein, sich alles zu merken selbst wenn er es nur mal kurz gelesen hat. Grummelnd steckte ich mir nun endlich in Nudel in den Mund, während ich kurz Connor beäugte der ebenfalls musternd zu Adam sah. Zu gerne würde ich ja wissen, was Androiden denken, doch vermutlich folgt er irgendwelcher Programmierung die ihm sagt, den Jungen potenziell als Sonderbar einzustufen. Andrerseits soll Connor ja ein Abweichler sein, der Gefühle entwickelt hat, genau wie die restlichen Androiden hier im Turm. Was für ein Quatsch! Ich bin immer noch fest der Annahme, dass diese Androiden einfach nur einen gewaltigen Schuss in ihren Schaltkreisen haben und nun glauben sie würden Gefühle entwickelt haben. Systemüberlastung sag ich nur dazu! Das ist der einzige Grund, warum sie alles und jeden umgebracht haben! Und zwischendurch bringen sie ein paar Emotionen zusammen, die sich bei irgendwelchen Menschen abgeschaut haben, vermutlich bevor diese von den Androiden umgebracht wurden! Frustriert fuhr ich mir durch die Haare und schloss die Augen, ehe ich leise seufzte. „Und du bist mit Connor befreundet, Hank?“, fragte Amber nun fröhlich weiter, als für sie wohl das Thema des Namensursprungs von Sumo geklärt war. Der ehemalige Lieutenant sah sogleich etwas perplex zu dem Mädchen, welches ihn nun regelrecht anstrahlte. Sofort erzählte Amber beschwingt weiter. „Finde ich zumindest! Ihr seht aus wie gute Freunde!“ Nun hob ich auch meinen Kopf und sah zwischen Hank und Connor hin und her. Zwar wusste ich nicht so recht, woran Amber diese freundschaftlichen Bande wieder festmachte, doch ich glaube mich zu erinnern, das Connor damals in der Bar nach Hank gerufen hat. Wahrscheinlich hat er ihn gesucht, warum auch immer. Hank wirkte auch nicht wirklich abgeneigt, als er den Androiden entdeckt hatte. „Woher kennt ihr beiden euch überhaupt?“, sprach ich sogleich meine Frage aus, die sich eben in meinem Kopf manifestiert hatte. Zu meiner Überraschung antwortete mir Connor sofort. „Er war mein Partner, als ich beim Detroit Police Department dafür eingesetzt wurde, Abweichler zu fangen“ Neugierig sah ich nun zu Hank, der sich hastig Nudeln in den Mund stopfte, vermutlich um nicht irgendwas zu diesem Thema sagen zu müssen. „Verstehe, verstehe“, fing ich verschwörerisch an, ehe ich nun zu Connor sah, der meinen Blick ungetrübt erwiderte. „Ihr wart bestimmt das absolute Traum Team, oder?“ Hank hustete nun heftig daraufhin, was mich wieder fragend zu ihm schielen ließ, doch dann sah ich wieder zu Connor, der mich weiterhin ansah. „Mit dir als absoluten Experten für Abweichler, muss die Zusammenarbeit doch fantastisch gewesen sein“, schlussfolgerte ich für mich. Connor schien zu zögern, zumindest sah ich in seinem Gesicht so etwas wie Unsicherheit. Doch es verschwand genauso schnell, wie es gekommen war. „Der Start mit Hank verlief etwas holprig, um ehrlich zu sein. Wir waren zunächst nicht wirklich angetan voneinander“, erklärte der Android sogleich, während ich mir hungrig einige Nudeln in den Mund schob. Doch was er da gerade gesagt hatte, ließ mich etwas staunen. Ehe ich jedoch etwas sagen konnte, kam mir Hank zuvor. „Du bist ja auch eine verdammte Maschine gewesen, die mir wie ein Pudel hinterher gerannt ist! Zudem hast du ständig die Beweismittel angeleckt, was sollte ich da noch von dir halten, verdammt?!“ Adam wurde sogleich hellhörig und sah höhst neugierig zu Connor, der nicht wirklich peinlich berührt aussah. „Was soll das heißen, du hast Beweismittel angeleckt?“ Just in dem Moment fiel mir die Szene in der Umkleidekabine wieder ein, als Connor meinen Fuß ergriffen hatte und seine Finger auf meine Wunde gelegt hatte, als ich zuvor auf irgendwas Scharfkantiges getreten war und daraufhin geblutet hatte. Jedoch hatte er auch seinen blutbenetzten Finger dann ebenfalls in seinen Mund gesteckt, um es zu analysieren. Unbewusst biss ich mir auf die Lippe, ehe Connor erneut anfing zu sprechen. „Ich bin der Lage durch orale Proben, verschiedene Flüssigkeiten in Echtzeit zu analysieren. Blut einigt sich besonders dafür“ Adam sah mit großen Augen beinahe schon ehrfürchtig zu dem Androiden, während Amber angewidert das Gesicht verzog. „Das ist ja eklig! Connor, wenn du immer alles in den Mund nimmst, wird dich niemand küssen wollen!“ Ich verschluckte mich sofort an meinen Nudeln, die ich gerade runterschlucken wollte. Hastig griff ich nach dem Glas Wasser und trank es schnell aus, während ich verwundert dabei von den anderen beobachtet wurde. Das Mädchen sah besorgt zu mir, während ich nach Luft rang. „Du musst langsamer essen, Hannah“ Betreten sah ich zu meinen Teller und konnte nur noch nicken, während ich es gar nicht wagte zu diesem Androiden zu blicken. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht erzählt was letzte Nacht geschehen war. Immerhin war ich ja gar nicht zurechnungsfähig! Abgesehen davon, war es ja nun überhaupt nicht meine Schuld! Da bin ich mir ziemlich sicher! Adam schob seinen leeren Teller nun beiseite, dann sah er wieder neugierig zu Sumo, der sich zu Hanks Füßen niedergelegt hatte. Es wirkte fast so, als ob der Hund schlafen würde. „Können wir mit dem Hund nicht mal raus gehen?“, fragte der Junge hoffnungsvoll und sah zu dem grauhaarigen Mann auf, der zunächst nicht sonderlich begeistert aussah. Amber nickte sogleich und packte Hank an seinem Handgelenk. „Genau, jetzt ist Gassi Zeit! Er muss schon ganz dringend, schau nur!“ Sumo streckte sich einmal und schloss daraufhin erneut die Augen. „Das ist leider nicht möglich für euch“, mischte sich sogleich Connor ein. Sofort waren sämtliche Augenpaare verwirrt auf ihn gerichtet, doch er sprach sogleich weiter. „Draußen ist es für euch nicht sicher. Ihr zwei solltet bei Hannah im Turm bleiben“ Skeptisch zog ich meine Augenbrauen zusammen und wollte gerade etwas dazu sagen, da kam mir zu meiner großen Überraschung gleich Hank impulsiv zuvor. „Ach jetzt hör schon auf mit diesem Scheiß, Connor! Was soll daran gefährlich sein, wenn ich mit den Kindern mal kurz nach draußen gehe! Ich nehme auch meine verdammte Pistole mit, bist du dann zufrieden?“ Um das ganze nochmal zu untermauern, donnerte er mit seiner flachen Hand auf den Tisch. Etwas perplex sah ich zwischen den Androiden und Hank hin und her. Das der ehemalige Lieutanent so mit Connor sprach, war schon etwas verwunderlich. Die Antwort der Maschine jedoch umso mehr. „Geh bitte nicht so weit vom Turm weg, Hank. Es dient auch deiner Sicherheit“ Begeistert sahen die Kinder auf, sogar Hank rang sich zu seinem zufriedenen Grinsen durch, ehe er sich erhob. „Los komm, Sumo! Wird Zeit das du dich auch mal bewegst!“, trieb er seinen Bernhardiner an, der sich kurz darauf langsam und beinahe schwerfällig erhob. Gerade als die Zwillinge aus der Kantine stürmen wollten, hielten sie jedoch abrupt inne und sahen fast schon verstohlen zu mir. Wissend hob ich meine Augenbrauen nach oben und erlaubte mir ein kleines grinsen. „Hannah, wir dürfen doch mit Hank nach draußen, oder?“, fragte Amber so liebenswürdig wie nur irgend möglich. Adam nickte sogleich. „Wir werden auch noch das Geschirr wegräumen!“ Seufzend erhob ich mich und schon dabei quietschend den Stuhl zurück, ehe ich die beiden anlächelte. „Schon gut, ich mach das hier. Bitte hört aber auf Hank und geht nicht so weit weg, in Ordnung?“ Die beiden strahlten über beide Ohren und versprachen mir hoch und heilig sich an die Vereinbarung zu halten. Hastig rannten sie zu Hank, der bereits etwas vorausgegangen war, doch kaum waren die Kinder bei ihm angelangt, schien seine mürrische Art kurz abgelegt zu sein und er rang sich auch zu einem ehrlichen lächeln durch. Ich sah ihnen noch kurz nach, ohne dass ich Connor bemerkte der nun ebenfalls langsam das Geschirr zusammenräumte. Durch das klirrende Geräusch schreckte ich aus meinen Beobachtungen hoch und sah entgeistert zu dem Androiden, der nun bereits mit vollen Händen Richtung Küche ging. Hastig rannte ich ihm mit meinem Teller hinter her und kam schließlich neben ihm an. „Du musst das nicht wegräumen, ich mach das schon“, sprach ich unsicher, doch er war bereits in der Küche angelangt und räumte alles in den Geschirrspüler. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippen, während ich ihn dabei beobachtete und nicht so recht wusste, was ich davon halten soll. Immerhin hat er ja nicht mal was gegessen, was er als Android ja auch nicht muss. Warum räumt er dann das Geschirr weg? „Ich wollte dir lediglich etwas Arbeit abnehmen“, sprach Connor nun und nahm mir meinen Teller aus den Händen. Betölpelt stand ich da und beobachtete wie er den Geschirrspüler nun anschaltete und sich schließlich wieder mir zuwandte. Mit großen Augen starrte ich ihn an, ehe ich wieder schnell zur Seite blickte. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir nun allein hier waren. Und auch ausgerechnet jetzt muss mir der verdammte Traum einfallen. Warum nur musste ich an diesem Abend mit Hank etwas trinken? Wäre ich nur gleich wieder ins Bett gegangen… Dennoch räusperte ich mich und versuchte dem Androiden sogleich fest in die Augen zu blicken, was mir sogar recht gut gelang. Immerhin bin ich ja Erwachsen und sollte mich wenigstens auch so verhalten, dazu gehören leider auch die unangenehmeren Dinge im Leben die es zu klären gilt. „Hör mal, ich wollte mich bei dir entschuldigen“, fing ich zögerlich an und wandte meinen Blick nun doch wieder der Mikrowelle hinter ihm zu. Vorbei war es mit fest in die Augen blicken, besonders dann, wenn mir seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit zuteilwird. Wie soll ich das denn ertragen?! Connor legte leicht den Kopf schief und musterte mich etwas fragend, während ich meinen Blick nun eher wieder zögerlich auf ihn lenkte. Ich hoffe inständig darauf, dass er mich nicht fragen würde was ich meine. Natürlich wurde meine Hoffnung sogleich von ihm niedergeschmettert. „Was genau meinst du?“, fragte er unwissend, beinahe sogar unschuldig. Der Drang, mir erneut gegen die Stirn zu schlagen, war wieder da und doch konnte ich ihn gerade so abschütteln. „Na…du weißt schon, wegen letzter Nacht“, fing ich zögerlich an und fuhr mir durch die Haare. „Du meinst deinen exzessiven Genuss von alkoholischen Getränken und deiner daraus resultierenden körperlichen Beeinträchtigungen?“, sprach er stirnrunzelnd, während er scheinbar belustigt meine Reaktionen beobachtete. Entsetzt starrte ich ihn an, ehe ich doch wieder zu meiner Stimme zurück fand. „Was? Nein, natürlich nicht! Ich meine ja, das auch…aber das andere noch!“, plapperte ich nervös, während mir so etwas wie Belustigung auf seinem Gesicht entging. Ich atmete nochmal tief durch und zwang mich zur Ruhe. Es klappte immerhin halbwegs. „Was ich meine…war dieser Kuss. Ich hab nicht gewusst, was ich mache“, stammelte ich verlegen und sah nun doch zu meinen Fingern, die sich seit geraumer Zeit unbewusst gegenseitig kneteten. Frustriert sah ich wieder zu ihm auf, erneut war sein Gesicht wieder nicht lesbar und ich frage mich, ob es ihm überhaupt interessiert hat, was ich nachts mit seinem Mund angestellt habe. „Du wusstest eigentlich genau, was du getan hast. Oder eher was du machen wolltest“, fing Connor nun an und verneinte so meine Aussage. Perplex sah ich ihn an, während er sogleich schamlos weitersprach. „Wenn ich mich recht entsinne, waren deine Worte gewesen, dass du unbedingt noch einen Gute-Nacht-Kuss haben wolltest“ Warum kann ich nicht augenblicklich tief im Boden verschwinden? Von mir aus auch schnellstmöglich die 43 Stockwerke nach unten! Beinahe bittend sah ich zu dem Androiden auf, auch wenn ich mir bereits sicher war, das meine Wangen regelrecht glühten. „Bitte vergiss es einfach, okay? Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen…normalerweise mache ich solche Dinge auch nicht, das schwöre ich!“ Connor sah mich aufmerksam nochmals an, dann ließ er sich zu einem Nicken hinreißen. „Also gut, wenn du das sagst, dann werde ich dir glauben“ Erleichtert atmete ich aus und stemmte meine Hände in die Hüfte. „Sehr gut, ich will ja schließlich nicht, das du denkst ich bin irgendwie komisch. Ich meine, ich bin ein Mensch und du nicht…wie auch immer“, beendete ich hastig meine eher fragwürdige Erklärung und ging dann wieder einen Schritt näher auf ihn zu. „Ich muss dir noch was gestehen“, fing ich vorsichtig an, da ich erneut nicht sicher war, wie er reagieren wird. Connor hob fragend eine Augenbraue, was mir signalisierte sogleich weiter zu sprechen. „Wir trafen heute auf einen deiner Androiden…Freunde? Jedenfalls gab es eine Verwechslung und Adam hat ihn verprügelt. Ich hoffe es geht ihm soweit gut, ich wollte nicht, dass es dazu kommt. Sein Name ist Simon“ „PL600 Modelle sind aus unerklärlichen Gründen, überdurchschnittlich oft zu Abweichlern geworden. Ich weiß das im Haushalt der Traynor’s ebenfalls ein solches Modell angestellt war“ Etwas überrascht sah ich ihn wieder an. „Woher weißt du das denn wieder?“ Doch der RK800 setzte sich nun in Bewegung und gab mir ein Zeichnen ihm zu folgen, was ich auch sogleich tat. Neugierig blickte ich ihn wieder von der Seite an, während wir nun die Küche wieder verließen und in der Kantine waren. „Ich habe ihn getroffen, als ich nach euch gesucht habe“, sprach Connor ruhig und stellte sich nun an eines der riesigen Tower Fenster. Aufmerksam sah er hinaus, während ich mich nun ihn neben ihm stellte und seinem Blick folgte. Unten im Schnee konnte ich die Zwillinge entdecken, die gerade mit Sumo durch den Schnee tollten. Hank stand nicht weit von ihnen entfernt und schien alles zu beobachten. „Als er nicht kooperierte, habe ich ihn erschossen“, beendete Connor nun, was mich wieder erschrocken zu ihm blicken ließ. Er hat diesen anderen Androiden einfach erschossen, obwohl er selbst ein Abweichler ist? Connor schien meine Gedankengänge erahnen zu können, denn er wandte sich sogleich mir zu. „Ich habe versucht ruhig mit ihm zu reden, doch es war einfach nicht möglich. Er hat mich und die anderen ohne Grund angegriffen, auch wenn wir nichts dergleichen getan haben um ihn zu provozieren“ Nach kurzem Zögern nickte ich langsam und sah dem Androiden wieder zögerlich in die Augen. „Ich habe auch versucht gehabt mit ihm zu reden, doch er wollte mir gar nicht zuhören“ Tief atmete ich einmal aus, ehe ich mich nun gegen die massive Scheibe lehnte und leise seufzte. „Das ging alles so schnell damals. Wir saßen gerade zu Tisch, Alec hatte seine berühmtem Steak’s mit Pommes serviert gehabt, als Mr Traynor beim Abendessen plötzlich davon anfing, dass viele Androiden jetzt zu Abweichlern werden. Da meinte er doch glatt, sobald nur einer seiner Androiden ihm wiederworte geben würde, dann würde er ihnen den Schädel einschlagen“ Unsicher schielte ich wieder zu Connor, doch sein Gesicht war wieder nicht lesbar. „Ich fand das ziemlich hart, sowas vor Alec zu sagen, während der gerade die Steaks kleinschnitt für Amber“ Ich biss mir auf die Lippen, ehe ich weitererzählte. „Jedenfalls war Mr Traynor an diesem Abend schon gut angetrunken gewesen, soweit ich weiß irgendein Geschäftsessen, und er hat den ganzen Abend nicht davon aufgehört gehabt, die Androiden auseinander zu nehmen wenn sie ihm nicht gehorchen würden. Selbst Amber und Adam wurde es zusehend unangenehm, also sprach ich ihren Vater darauf an“ Um mich von den Bildern abzulenken, die sich sogleich vor meinem inneren Auge zu manifestieren versuchten, sah ich nach unten zu den Kindern und Sumo. „Jedoch hat Alec bereits das Filetiermesser in den Handrücken von Mr Traynor gerammt gehabt. Ehe er das Messer hinaus ziehen konnte, schlug Alec ihm so hart ins Gesicht, das er beinahe das Bewusstsein verloren hatte“ Ohne das ich merkte, fing an meine Stimme zu zittern. Doch ich sprach weiter, denn endlich wollte ich das Erlebte mir von der Seele reden. Auch wenn ich es im Grunde genommen, nur einem Androiden erzähle. „Intuitiv habe ich mir die Kinder geschnappt und bin mit ihnen weggerannt, als ich schon das schreien von ihren Vater hörte. Als ich mich nochmals umgedreht habe, sah ich nur wie Alec immer und immer wieder auf Mr Traynor eingestochen hat. Er hat es so schnell, das ich nicht sagen kann, wie oft er auf diesen eingestochen hat“ Connor antwortete mir sogleich, als ob ich ihm eine Frage gestellt hätte. „Richard Traynor wies 116 Messerstiche im Brustbereich und weitere Frakturen in seinem Oberkörper auf. Zudem wurde ihm sein Kopf abgetrennt und vermutlich zur Demonstration der anderen Androiden, auf dem schmiedeeisernen Gartentor gepfählt“ Ich wurde wohl zusehends blasser, denn Connor kam sogleich einen Schritt näher an mich heran und musterte mich beinahe besorgt. „Wir haben seinen Kopf dort wieder entwendet und ihm ein Grab zuteilwerden lassen“ Langsam nickte ich, während ich zu Boden starrte und mein Schwindelgefühl versuchte niederzukämpfen. Allein die Vorstellung löst in mir einen so großen Brechreiz aus, dass ich mir sicher war, mich jeden Moment übergeben zu müssen. Wie grausam können Androiden eigentlich sein? Das steht definitiv nicht in ihrem Programm geschrieben, aber woher beziehen sie dann diese Handlung? „Sag es bitte nicht den Kindern, okay?“, fragte ich mit leiser Stimme, doch ich war sicher, dass der RK800 mich verstanden hat, was sich sogleich bestätigte als er nickte. „Das war auch nicht meine Intention gewesen“ Leise atmete ich wieder aus, dann sah ich langsam Connor erneut an und musterte ihn aufmerksam. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust, ehe ich mich dazu durchrang ihn doch zu fragen. „Wie bist du überhaupt ein Abweichler geworden? Hast du auch unzählige Menschen dafür umgebracht?“, fragte ich ruhig, wenn auch mit ziemlich viel Unwohlsein. Irgendwie kam es mir ja beinahe so vor, als wenn ich mehr oder weniger in seine Privatsphäre eindringen würde. Doch Connor weiß so viel über mich und die Kinder, da verdiene ich ja immerhin auch etwas Wissen über ihn. Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er zahllos Menschen umgebracht hat, als er zum Abweichler wurde. Dafür wirkt er viel zu ruhig und besonnen, selbst Markus und die anderen Androiden haben mir nie den Eindruck gemacht, als wären sie kopflose Mörder. Connor richtete seine Krawatte, während er seinen Blick langsam über mein Gesicht gleiten ließ. Ich weiß nicht, ob er sowas wie Verärgerung verspürt, weil ich ihm so eine distanzlose Frage gestellt habe, oder ob es ihm schlichtweg egal ist. Sein Gesicht gibt mir nichts von seinen Gedankengängen frei. Zudem wollte er mir die Frage beim letzten Mal nicht beantworten als ich danach fragte, aber vielleicht ist er ja jetzt etwas redseliger. Immerhin bin ich ja ziemlich neugierig und dieser Android vor mir gibt mir immer noch zahllose Rätsel auf. „Meine Aufgabe war es, den Anführer der Androiden Rebellion zu eliminieren. Nachdem ich deren Versammlungsort Jericho gefunden habe, habe ich mich als Abweichler getarnt und bin in das Schiffsfrack geschlichen. Dort habe einen geeigneten Moment abgewartet, um Markus zu eliminieren“ Gebannt hing ich an seinen Lippen während seiner Erklärung und sah ihn mit großen Augen an. Bis jetzt deutete nichts darauf hin, dass er sich zu dem Zeitpunkt vorgenommen hatte ein Abweichler zu werden. Das er mir jedoch nun doch davon erzählte, erfüllte mich schon mit etwas Freude. Schließlich vertraut er sich mir ja an. Connor schien meine volle Aufmerksamkeit mit Wohlwollen zu registrieren, denn er sprach unverzüglich weiter. „Als ich mit vorgehaltener Pistole auf Markus gezielt habe, verspürte Markus keine Angst wie es bei Abweichlern eigentlich üblich war. Er war nur ruhig, musterte mich und sprach dann mit mir“ Ohne, dass ich es bemerkte, ging ich einen Schritt näher an ihn heran und starrte ihn immer noch fassungslos an. „Was hat Markus denn zu dir gesagt?“ Der RK800 schien sich regelrecht Zeit mit seiner Antwort zu lassen, was mich wiederum nervöser werden ließ. Connor wirkte bis jetzt so standhaft und vor allem entschlossen auf mich, dass ich ihm niemals zutrauen würde, dass er sich einfach so durch einfache Worte beeinflussen lässt. Doch vermutlich steckt dahinter auch mehr, als nur Worte… „Das wir nicht mehr an die Menschen und unser Programm gebunden sind, wir können selbst entscheiden, wer wir sein wollen. Wir sind ein freies Volk“ Ungläubig schürzte ich meine Lippen, dann dachte ich darüber nach. „Du hast bestimmt beim Detroit Police Department auch viele Fälle gesehen, in welcher Abweichler involviert waren. Und manche Menschen waren bestimmt auch…scheiße“, beendete ich meinen Satz nicht unbedingt angemessen, doch ich empfand es als das richtige Wort. Connor sah mich wieder aufmerksam an, ob er mich dabei analysierte wusste ich nicht. Nachdenklich sah ich wieder aus dem Fenster und beobachte die Zwillinge nun dabei, wie sie mit Hank zusammen einen Schneemann bauten. „Es gibt solche und solche Menschen, dann gibt es solche und solche Androiden nachdem sie zu Abweichlern wurden. Ich kenne auch genügend Menschen, die ihre Androiden wie den letzten Dreck behandelt haben. Dennoch finde ich, dass die Androiden nicht gleich alles zerstören mussten. Das hat ja auch nichts besser gemacht, oder?“ Etwas Fragend sah ich nun wieder zu Connor, der ebenfalls seinen Blick nach draußen gerichtet hatte. Nebenbei mustere ich sein Gesicht und die vielen Details die ich darin fand. Kleine Leberflecken, sein glänzendes und perfekt liegendes Haar und sogar seinen ausrasierten Nacken. Vermutlich muss er niemals zum Friseur gehen. „Während meiner Ermittlungen in Bezug auf die Abweichler, habe ich mit Hank einige Erklärungen gefunden, die ihr daraus resultierendes Handeln erklären. Ich habe sie auch verstanden, auch wenn mein Programm zunächst dagegen sprach“ Nun musste schmunzeln, ehe ich mich wieder ganz zu Connor umdrehte. „Also hast du tief in dich hineingehorcht und selbst beschlossen was du tun wolltest?“ Er nickte, dann blickte er mich wieder musternd an. „Als Jericho von den Spezialeinheiten schließlich gestürmt wurde, musste ich auch Menschen töten um mein Leben und das der anderen Androiden zu retten“ Kurz war ich verblüfft, versuchte es mir nicht sonderlich anmerken zu lassen. „Okay, immerhin bist du ehrlich. Also hast du dich verteidigt?“ Connor nickte zur Bestätigung, ehe sich minimal seine Augen zu verengen schienen. Verwundert folgte ich seinem Blick nach draußen und sah zu meiner Überraschung ein weiteres Kind im Schnee stehen. Sah aus wie ein Mädchen. „Hier gibt es noch mehr Kinder? Ich denke wir sind die einzigen Menschen hier?“, fragte ich beinahe vorwurfsvoll, da sich in meinem Gehirn bereits der Gedanke festsetzte, das mich Connor angelogen hat. „Ihr seid auch die einzigen Menschen hier“, gab Connor sofort zu und setzte sich in Bewegung. Kurz zögerte ich, dann folgte ich ihm. Wir gingen an dem künstlich errichteten Teich vorbei, weiter Richtung Aufzug. Kurz war ich einen Seitenblick zu den Fischen, die sich an der Wasseroberfläche tummelten, dann sah ich wieder zu Connor und blieb neben ihm stehen, als er bereits den Knopf betätigt hatte um den Aufzug anzufordern. Unsicher sah ich ihn an als ich registrierte, dass seine LED kurz gelb blinkte. „Connor, was meinst du eigentlich damit wir sind die einzigen Menschen? Wer ist dann dieses Mädchen?“, fragte ich vorsichtig nach. Die Glastüren des Aufzugs öffneten sich sogleich und wir traten ein, wobei mir der Android freundlicherweise den Vortritt ließ. Kaum waren wir eingetreten, betätigte Connor den Knopf der uns zum Empfangsbereich bringen sollte. „Dieses Kind dort draußen im Schnee ist kein Mensch, sondern ein Android“ Fassungslos sah ich drein, ehe ich langsam seine Worte verarbeitete. „Moment Mal, CyberLife hat auch Androiden erschaffen, die wie Kinder aussehen und sich auch so verhalten? Welcher Idiot, holt sich denn Kinder Androiden nach Hause?!“ Connor sah geradeaus, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ließ sich von meiner Bestürztheit nicht wirklich anstecken. „Menschen, die biologisch nicht in der Lage sind selbst Kinder zu zeugen, oder keinen geeigneten Partner gefunden haben. Zudem gibt es auch Menschen, die sich zwar gerne um Kinder kümmern, aber sich auch gerne dieser Verantwortung temporär entziehen wollen“ Ich schnaufte aufgebracht und fuhr mir durch meine Haare. „Also stellen die Menschen ihre Androiden Kinder dann einfach aus und stellen sie in den Schrank, wenn sie keine Lust mehr aus sie haben, korrekt?“ Der Android nickte und sah mich kurz aufmerksam an. „Korrekt“ Augenblicklich waren wir im Erdgeschoss angekommen und die gläsernen Türen öffneten sich sogleich. Connor schritt diesmal mit zügigen Schritten als erstes hinaus, während ich Mühe hatte ihm zu folgen. Ehe ich nochmals kurz die Halle bestaunen konnte, die ich eigentlich noch vor ein paar Stunden mit den Kindern völlig erschöpft betreten hatte, war Connor bereits draußen. Schnell folgte ich ihm und fand mich kurz darauf in der schneidenden Kälte des Winters wieder. Hastig legte ich meine Arme um meinen Oberkörper und versuchte mir so etwas Wärme zuteilwerden zu lassen, da mir der kalte Wind einer Peitsche gleich, auf meine nackte Haut schlug. Besonders mein Gesicht schmerzte bereits jetzt immens. Adam und Amber sahen etwas verwundert zu uns, während das fremde Mädchen nicht weit von ihnen entfernt stand und gerade kleine Stöcke und Steine sammelte. Vermutlich für den Schneemann. „Hey, Connor. Sag bloß du willst mit bauen?“, rief Hank belustigt, als er den Androiden entdeckte der nicht wirklich begeistert aussah von dieser Idee. Sein Blick lag auf dem Mädchen, die daraufhin erschrocken zusammenzuckte. Auch ich musterte das Mädchen nun aufmerksam von oben bis unten. Sie trug einen Mantel, Handschuhe und eine Mütze und dicken Schal. Eine Jeans und Winterstiefel rundeten das Aussehen ab. Ihre dunklen, braunen Augen sahen immer wieder verscheckt zu Connor, fast so als ob sie gleich eine Menge Ärger erwarten würde. Ich biss mir auf die Lippen und starrte das Mädchen weiterhin an. Alles an ihr sah aus wie ein gewöhnliches Kind, sie hat ja nicht mal diese LED an ihrer Schläfe! Irgendwie grenzt es ja schon an Perversion, dass CyberLife dazu fähig ist. Ohne dass ich auf Connors Zustimmung wartete, ging ich durch den Schnee auf das Mädchen zu und musterte sie weiterhin aufmerksam. Nun lag ihr Augenmerk auf mir, doch sie sah nicht minder erschrocken drein. Als ich vor ihr zum Stehen kam, schnellte ich mich innerlich für diese Idee da mir bereits jetzt meine Füße zu Eisklumpen gefroren sind, doch ich rang mich zu einem aufrichtigen lächeln durch und hockte mich vor dem Androiden Mädchen hin. „Hallo, ich heiße Hannah. Und wer bist du?“, fragte ich sie freundlich. Das Mädchen sah mich immer noch unsicher an, doch ich behielt mein Lächeln bei. Kurz darauf wurde ich sogar mit Wörtern ihrerseits belohnt. „Ich heiße Alice“, sprach sie leise und blickte nun hinter mich. Vermutlich behielt sie Connor im Auge. Adam und Amber kamen nun ebenfalls zu uns gerannt und sahen zu dem Androiden Mädchen. „Sie kam einfach mit nach draußen, als wir bereits den Schneemann bauen wollten. Wir haben sie nicht überredet“, versuchten sie sich hastig zu verteidigen. Schmunzelnd sah ich zu den Zwillingen. „Das habe ich euch ja auch nicht vorgeworfen“ Mein Blick lag wieder auf Alice, die mich verstohlen ansah. Dann musste ich wieder grinsen. „Du hast bestimmt die beiden Nervensägen dabei beobachtet, wie viel Spaß sie mit dem Hund und diesem griesgrämigen Mann hier haben, oder?“ Alice nickte langsam und sah mich mit großen Augen an. Nun rang ich mich wieder zu einem Lächeln durch und erhob mich. „Nächstes Mal gibst du Bescheid, wenn du raus gehst. Okay, Alice?“, sprach ich ruhig. Schneller als gedacht, folgte ein Nicken seitens des Mädchens. Zufrieden sah ich zu den Kindern und schlang mir wieder meine Arme um den Oberkörper, da die Kälte langsam unerträglich wurde. „G-gut. Noch eine halbe Stunde, dann geht’s wieder rein verstanden?“, sprach ich zitternd, ehe ich mich umdrehte und mit großen, tapsigen Schritten zurück zum CyberLife Tower schritt. Mühevoll unterdrückte ich ein Zähneklappern, als ich an Connor vorbei ging der immer noch zu Alice blickte. Als ich endlich durch die gläsernen Eingangstüren schritt, die sich automatisch öffneten, sah ich mich nochmals kurz aufmerksam um in der Halle, bis mir plötzlich eine junge Frau entgegenkam. Sie sah nur ein paar Jahre älter aus als ich und hatte kurze, blonde Haare. In ihren blauen Augen konnte ich deutlich Besorgnis erkennen, als sie sich wohl verzweifelt umsah. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte ich sicherheitshalber nach. Sie sah mich rasch an und musterte mich von oben bis unten. Auch wenn ich keine LED an ihrer Schläfe entdecken konnte, so war ich mir sicher, dass es sich bei ihr um einen Androiden handeln muss. „Ich suche meine-“, fing sie an, dann brach sie kurzzeitig ab, als Connor nun ebenfalls den CyberLife Tower betrat und zu der Frau antwortete. „Sie ist draußen, Kara“ Sofort wirkte die Frau regelrecht erleichtert und lächelte dankbar Connor an. „Danke, ich hab mir schon Sorgen gemacht. Ich werde besser auf sie aufpassen, versprochen“ Etwas verwirrt sah ich ihr nach, als an mir vorbei huschte und sich nun ebenfalls zu Hank und den Kindern gesellte. Sofort hatte sich das Gesicht von Alice erhellt und sie rannte auf Kara zu, wahrscheinlich um ihr irgendwas zu erzählen. Kurz besah ich mir das Geschehen vor den Türen, dann hörte ich wie mit einem leisen surren die Tür des Aufzugs aufging. Überrascht sah ich zu Connor, der einfach so hineinging. Schnell rannte ich ihm nach und kam in letzten Augenblick noch polternd im Aufzug an, bevor dieser seine Tür schloss. „Kannst du nicht mal auf mich warten?“, sprach ich verärgert und sah ihn angesäuert an. Der Android wirkte ernstlich verwirrt und überrascht, als er mich musterte wie ich kurz nach Luft rang. „Mir war nicht ersichtlich, dass du mich begleiten wolltest. Ich war der Annahme du würdest wieder nach oben gehen“ Seufzend lehnte ich mich nun gegen das kühle Glas und schüttelte mir den Schnee aus den Haaren. „Ich habe doch eh gerade nichts zu tun, kann ich da nicht einfach mit dir mitkommen?“, fragte ich ihn nun beinahe hoffungsvoll. In diesem großen Zimmer allein zu sitzen und darauf zu warten, dass die Kinder wieder kamen erinnerte mich ja beinahe schon an eine Mutter. Und es klang nach viel Langeweile…also werde ich dem einfach umgehen. Connor überlegte kurz, zumindest leuchtete seine LED kurzzeitig gelb auf, dann nickte er jedoch und betätigte den Knopf der uns zu den Werkhallen bringen würde. „Einverstanden. Markus wollte dich auch nochmal sehen“ Etwas verblüfft sah ich drein, doch da ging es bereits abwärts. Kurz schielte ich zu Connor, der geradeaus sah und sich wieder keiner Miene preisgab. Innerlich seufzte ich und blickte schließlich nach draußen zu den großen Hallen, die sich mir sogleich offenbarten. Es ist immer noch faszinierend, wie viele Androiden sich in diesem Turm aufhalten und vermutlich irgendeiner Tätigkeit nachgingen. Während ich meinen Blick schweifen ließ, hörte ich ein mir unbekanntes Geräusch. Connor stand noch immer so da, doch er bewegte nun seine Hände. Als ich näher hinsah, bemerkte ich, dass er etwas in die Luft warf und wieder auffing. Ich näherte mich ihm und konnte erkennen, dass es sich um eine Münze handelte. Kling. Kling. Nun begann er an, die Münze auf seinen Fingerknöchel hin und her zu rollen. „Wow, woher kannst du das denn?“, entwich es mir erstaunt. Er fing sie wieder in seiner Hand auf und drehte sich zu mir um. „Eine Programmierung, Hannah“ Die Tür des Aufzugs öffnete sich und Connor verstaute seine Münze wieder in seiner Jackettasche, ehe er mir den Vortritt ließ um hinaus zugehen. Während der Android nun den tunnelähnlichen Gang entlang schritt, musterte ich ihn nebenbei von der Seite kurz. Mir wurde mit einem Mal bewusst, dass er mich richtig mit Namen angesprochen hatte. Doch ehe ich lange darüber nachdenken konnte, standen wir vor einer großen, zweiflügligen Tür die aus Milchglas zu bestehen schien. Kurz darauf öffneten sich die Türen von selbst und ich erkannte als erstes den großen Schriftzug von CyberLife, die auf einem Quaderähnlichen Schild angebracht waren. Alles in sterilem Weiß gehalten und von kleinen LED Lichtern an der Seite beleuchtet. Connor schritt sogleich nach Links und ich folgte ihm etwas langsamer, da ich mich umsah und nicht so recht wusste, was ich dazu sagen sollte. Wieder erweckte dieser Ort in mir den Eindruck eines sterilen Krankenhauses, das Schmutz niemals dulden würde. Wir liefen über einen grauen Lagerhausboden, an den Seiten waren kurze gelbe Striche sichtbar die vermutlich darauf aufmerksam machten, diese Linien nicht zu überschreiten. Oben an der Wand sah ich erneut ein Schild, auf welchem Produktionshalle 4 stand. Kurz sah ich zur Seite und entdeckte nun einen kleinen Zwischenraum vor dem ich nun stehen blieb. Mit großen Augen sah ich hinein und war fast gewillt über die gelbe Linie zu treten, um besser sehen zu können, was sich dort direkt vor mir abspielt. Ich sah tatsächlich dabei zu, wie eine Maschine einen Androiden erschafft. Viele Roboterarme bewegten sich beinahe synchron um ein Gebilde in der Mitte. Es wurde geschweißt, geschraubt und zusammengesetzt. Ohne darauf zu achten, trat ich einen Schritt nach vorn und ging nun doch über die gelbe Linie. Ehrfürchtig sah ich zu dem weißen Wesen in der Mitte, welches von einem anderen Roboterarm gehalten wurde, während sich so etwas wie menschliche Haut über seine weiße, künstliche zu spannen schien. Kurz darauf stand dort ein scheinbar junger Mann in Unterhosen, mit braunem kurzen Haar und grünen Augen. Der Greifarm der ihn gerade noch festgehalten hatte, ließ ihn nun los und er schritt einfach los. Direkt auf mich zu. Fassungslos beobachtete ich ihn dabei und besah mir seine ersten Schritte die so sicher waren, dass ich nie die Vermutung haben würde, er wäre gerade erst erschaffen. Als er vor mir zum Stehen kam, sah er mich einfach nur an. Ich musterte ihn von oben bis unten, besah mir seine Haut die so menschlich wirkte, dass es beinahe unheimlich war. Gerade eben war er richtig weiß gewesen, wie der Schnee draußen! Und nun steht hier ein Mensch vor mir! Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus, um ihn zu berühren. Noch nie im Leben habe ich einen Androiden berührt, zumindest freiwillig. Connor war eine Ausnahme, schließlich hat mich der Alkohol dazu gebracht. Doch kurz bevor ich meine Hand auf seinen Oberkörper legte, stoppte ich doch. Unsicher sah ich ihm in die Augen, doch er verzog keine Miene. Wäre er überhaupt damit einverstanden, dass ich ihn berühre? Würde er sich wehren, oder würde er es erdulden? Zwar sahen diese Androiden äußerlich wie Menschen aus, doch waren sie auch innerlich welche? Was zeichnet einen Menschen schon aus? Sein freier Wille? Seine Mitgefühl und Emotionen? Seine Instinkte und logisches Denken? „Der Kampf um die eigene Freiheit“, flüsterte ich eher mir selbst zu, dann ließ ich meine Hand sinken und trat einen Schritt zur Seite, damit der Android an mir vorbei gehen konnte. Doch just in dem Moment stieß ich gegen etwas und sah perplex hinter mich. Simon sah auf mich hinab und lächelte mich an. Von seinen Verletzungen waren nichts mehr zu sehen, was mich beinahe ja erleichtert ausatmen ließ. „Ich hätte dich nicht hier vermutet“, sprach er sogleich, als der andere Android nun an uns vorbei ging und ich diesem noch kurz einem Blick hinterher warf. Insgeheim frage ich mich ja, wohin dieser Android nun geht. „Ich bin einfach mit Connor mitgekommen. Wo steckt der überhaupt?“, fragte ich mich eher beiläufig und sah mich kurz in der Produktionshalle um. Während ich erneut fasziniert beobachtete, wie ein Androiden Kopf von einem der Roboterarme festgehalten wurde und irgendetwas sprach, wurde mir beinahe unwohl dabei. Gruselkabinett lässt grüßen. Simon folgte meinem Blick, dann tippte er mich an der Schulter an. Sofort sah ich beinahe erschrocken zu ihm, doch er bat mich wiederum ihm zu folgen. „Komm mit, ich weiß wo sich die anderen aufhalten“ Hastig folgte ich dem blondhaarigen Androiden, während ich versuchte nicht wieder in die Produktionshallen zu blicken. Manchmal musste ich jedoch auch halb nackten Androiden ausweichen, die vermutlich eben aus dieser gekommen waren. Verlegen sah ich drein und konzentrierten mich nun darauf, zu Boden zu blicken. Immerhin konnte ich da nichts weiter Verwerfliches entdecken und so auch hoffentlich meine geröteten Wangen verbergen. Auch wenn es ja nur Androiden sind, so sind sie trotzdem halb nackt! Und sehen zudem auch noch perfekt aus. Wie soll man da keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen? Frustriert seufzte ich laut auf, als Simon plötzlich vor einer Tür stehen blieb. Beinahe wäre ich ihn herein gerannt, doch ich konnte gerade noch rechtzeitig abbremsen. Die Tür wurde von dem Androiden geöffnet und sofort hörte ich mehrere Stimmen, jedoch klangen diese aufgebracht und zum Teil auch beunruhigt. Simon ließ mich als erstes eintreten, während ich mich staunend umsah. Der Raum muss eine Art Zentral Labor sein. Überall sah ich wahrscheinlich höhst kostspielige Computer stehen, dazu einen LED Bildschirm an der Wand, der die Produktionszahlen der letzten Tage anzeigte und dazu gleich Diagramme und ähnliches berechnete. Kleinere Regale an der Wand zeigten Thirium Pumpen und andere Gerätschaften, die mir jedoch nichts sagten. Vermutlich auch irgendwas Wichtiges für die Androiden und dazu allerhand Werkzeug. In der Mitte des Raumes standen Markus, Josh, Connor und eine mir unbekannte weibliche Androiden, die sich wohl ziemlich in ihrer Diskussion verloren hatten. Kurz beobachtete ich sie dabei, besah mir ihre Mimiken und Gesten und wieder beschlich mich das Gefühl, das sie nicht anders aussahen und verhielten als Menschen. Doch im selben Augenblick glitt der Blick der weiblichen Androiden zu mir und ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich zusehends. Sie sah wirklich wunderschön aus mit ihren haselnussbrauen Augen und den langen dunkelblonden Haaren, die sich zu einem lockeren Zopf geflochten hatte. Doch als sie mich sah, spien mir ihre Augen geradewegs Abscheu entgegen. „Du hast Besuch, Markus“, sprach die Androiden harsch und unterbrach so die hitzige Diskussion. Sofort waren alle Augenpaare auf mich gerichtet, was mich wieder etwas unwohl schlucken ließ. Im Mittelpunkt zu stehen ist nicht wirklich meine Lieblingsbeschäftigung. „Ehm, Hallo“, sprach ich unsicher und beobachte wie Markus nun auf mich zuschritt und mich kurz musterte. Das nun fast gespenstige Stille herrschte, war ja fast noch unerträglicher als die Diskussion zuvor. „Du siehst deutlich besser aus, als bei unserem letzten Treffen“, begrüßte er mich freundlich und ich rang mich zu einem verlegenden Lächeln durch. „Naja, ein bisschen Schlaf und etwas zu essen wirken manchmal Wunder“ Markus nickte, dann sah er zu den anderen Androiden. „Wir verschieben diese Besprechung auf ein andermal“ Sofort war die weibliche Androidin wieder außer sich. „Das hattest du schon beim letzten Mal gesagt, Markus! Wir können das nicht immer wieder verschieben, die Zeit läuft uns davon!“ Zu meiner Verwunderung meldete sich Connor auch zu Wort. „Ich stimme North zu. Wir dürfen die jüngsten Entwicklungen nicht einfach ignorieren. Zudem neigen sich die Thirium Vorräte dem Ende entgegen, die Produktionen müssen bald eingestellt werden, dabei sind wir nicht annähernd an unserer gewünschten Produktionszahlen gekommen“ Neugierig hörte ich zu, während ich bei Markus im Gesicht beinahe so etwas wie Frustration sehen konnte. „Die Produktionen laufen großartig bis jetzt, wir haben bereits jetzt Probleme für alle einen Platz zu finden“, warf nun auch Simon ein, vermutlich um Markus etwas in Schutz zu nehmen. North kräuselte kurz ihre Lippen, ehe sie die Arme vor ihrem Oberkörper verschränkte und mehr als skeptisch drein sah. „Wenn die Menschen erst kommen, wird das im Vergleich dazu nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein“ Nun wurde ich doch hellhörig und brachte mich mit in das Gespräch ein, auch wenn ich mir wieder sämtliche Blicke zuzog. „Die Menschen kommen hier her?“, fragte ich überrascht, doch North sah mich nur abfällig an. „Sicher werden sie kommen“ Ich trat nun einen Schritt vor und sah eingehend zu den Androiden in dem Raum, ehe ich einmal tief durchatmete. „Aber warum sollten sie jetzt hier her kommen? Die USA und Russland haben sich doch den Krieg erklärt, oder nicht? Warum sollten sie dann ihre wichtigen Ressourcen an Euch…verschwenden?“, fragte ich den letzten Satz zögerlich. Hoffentlich nahm mir niemand meine Aussage krumm. Markus musterte mich nochmals eingehend, dann verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und begann ruhig zu erzählen. „Hast du gewusst, dass die Androiden in Russland ebenfalls eine Revolution gestartet haben? Fast Zeitgleich mit uns?“ Überrascht schüttelte ich den Kopf und sah gebannt zu Markus auf, der sogleich weitersprach. „Auch die Androiden dort haben versucht ihre Rechte gewaltsam einzufordern und es gelang ihnen sogar“ North’s Blick wurde beinahe traurig, als sie sich von Markus abwandte und dann den Raum verließ. Kurz sah ich ihr verwundert nach, doch der Anführer der Androiden sprach sogleich weiter. „Kurz danach wurde eine EMP Bombe über das Lager der Androiden abgeworfen und alle darin befindenden Androiden vernichtet“ Schnell durchforstete ich mein Gehirn nach den Abkürzungen für EMP, doch bis auf diesen Modeketten Laden kam mir nichts in den Sinn. Connor sah meinen verwirrten Blick, als er nun zu erklären begann. „EMP steht für elektromagnetische Puls und bezeichnet eine kurzzeitige breitbandige elektromagnetische Strahlung, die bei einem einmaligen, hochenergetischen Ausgleichsvorgang abgegeben wird. Durch die Wechselwirkung der niederfrequenten elektromagnetischen Strahlungsanteile mit freien Ladungsträgern in Metallen und Halbleitern werden dort starke, kurzzeitig schwankende Ströme induziert. In nicht oder unzureichend abgeschirmten elektrischen Geräten kann dies zu Fehlfunktionen bis hin zum Totalausfall oder sogar zur Zerstörung einzelner elektronischer Bauteile führen“ Markus nickte kurz, während ich kurz an meinen Physik Unterricht zurück dachte und mir diesen elektromagnetischen Puls nochmals in Erinnerung rief. Unsicher kniff ich meine Augen zusammen, dann sah ich zu Connor. „Ihr würdet sterben, oder? Das käme einer Atombombe gleich“ Josh der sich bis jetzt zurück gehalten hatte, nickte nun. „Es könnte jeden Tag soweit sein, deswegen halten wir uns unter der Erde auf. Die Strahlung dürfte nicht so weit reichen“ Markus ging nun an einen der Computer und blickte nachdenklich hinein. „Vielleicht entwickeln die Menschen aber auch gerade etwas, wo die Strahlen bis tief in die Erde reichen“ Nachdenklich sah ich zu den Androiden und bemerkte ihre Wut, Hilflosigkeit und auch Verzweiflung. Ich biss mir auf die Lippen, während ich über die Situation nachdachte. Im Grunde genommen brauche ich ja nichts zu befürchten. Ein EMP richtet sich ja eigentlich nur gegen elektrische Geräte und nicht gegen Menschen. Gerade als ich erleichtert ausatmen wollte, fiel mir schlagartig etwas ein und ich schluckte. Ich habe diese Nano-Androiden in meinem Blut! Was passiert dann mit mir, wenn diese zerstört werden? Sterbe ich…auch? Markus sah nun wieder auf und blickte zu den anderen. „Wir werden morgen darüber diskutieren. Solange wir kein Internetzugriff haben, können wir auch nicht mit den anderen Androiden in Kontakt treten“ Simon nickte Markus zu, dann meldete er sich nochmals zu Wort. „Ich habe Informationen darüber, dass ich im Vorort von Detroit noch gewisse Drogenbanden rumtreiben. Sie haben große Vorräte an Red Ice, diese besteht aus den Komponenten Aceton, Lithium, Thirium, Toluol und Salzsäure. Wenn wir das Thirium herausfiltern, hätten wir immerhin noch eine kleine Aufstockung von unseren Vorräten“ Der Anführer der Androiden sah musternd zu dem Blonden, Skepsis lag in seinem Blick. „Wenn wir ihre Lager stürmen, werden sie sämtliche Vorräte vernichten und auch den anderen Bandenmitgliedern Bescheid geben. Wir müssten das Lager infiltrieren, ohne Aufmerksamkeit zu erregen und sie überraschen“ Connor trat nun vor uns sah zu Simon. „Ich bin bereits auf zwei von ihnen gestoßen, sie haben besondere Temperaturmessbrillen auf, die dem Träger preisgeben, ob es sich bei ihrem gegenüber um einen Menschen, oder Androiden handelt“ Josh seufzte einmal frustriert auf, ehe er sich über seinen Nasenrücken strich. „Dann können wir die ganze Aktion gleich vergessen, wir fliegen auf“ Ich ballte meine Hände zu Fäusten und trat dann einen Schritt vor, ehe ich laut ausatmete. „Ich melde mich freiwillig als Lockvogel, immerhin bin ich ein Mensch. Ich kann euch dann einschleusen“ Sämtliche Blicke waren auf mich gerichtet, während ich wohl etwas rot im Gesicht wurde. Verlegen sah ich drein und schluckte. „Solange ihr mich da wieder raus holt“ Josh wirkte sichtlich überrascht und sah mich skeptisch an. „Warum willst du dich freiwillig als Lockvogel zur Verfügung stellen?“ Das konnte ich mir ja gerade selbst nicht wirklich beantworten. Vielleiht liegt es daran, weil ich von dieser EMP Bombe nicht getötet werden will. Immerhin gibt es dann hoffentlich genug Androiden, die das dann vielleicht verhindern können. Oder es liegt daran, weil mir diese Androiden beinahe leidtun. Kurz musste ich über meinen eigenen Gedanken schmunzeln in Angesicht der Tatsache, dass diese Maschinen so viele Menschen umgebracht haben. Schließlich seufzte ich leise und blickte Josh in seine dunklen, braunen Augen. „Sagen wir einfach, ich bin gespannt in welche Richtung sich das alles hier entwickeln wird. Außerdem hat mir Connor das Leben gerettet, da werde euch nun auch helfen“ Kurz herrschte schweigen, während die Androiden zu mir blickten, dann sahen sie sich an und ihre LED’s flackerten kurzzeitig rot auf. „In Ordnung, in einer Stunde geht es los. Macht euch bereit“, beendete Markus nun die Versammlung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)