Dreams of Gold von -Red-Karasu ================================================================================ Kapitel 7: Kazoku ----------------- 07. Kazuko   Auch den weiteren Abend hatten sie lediglich damit verbracht, sich gegenseitig große und kleine Dinge aus ihren Leben zu erzählen. Und selbst, wenn es ihr zunächst ein bisschen merkwürdig vorgekommen war, Die und Toshiya schienen von ihrem Aufwachsen ebenso fasziniert zu sein, wie sie von dem der Nixen. Es fiel ihr schwer, sich vorzustellen, wie die beiden als Kinder ausgesehen hatten, die über eine kleine, abgelegene Insel irgendwo im südjapanischen Meer tollten, noch bevor sie mit ihren Eltern durch dessen leuchtende Weiten hatten schwimmen können. Oder wie es war, einen ganzen Schwarm von Nixen auf Wanderschaft zu sehen: Dutzende von agilen, goldenen Fischschwänzen, die kraftvoll durchs klare Wasser schnellten und in deren Schuppen sich tausendfach das Sonnenlicht brach.   Als Ataru sich schließlich irgendwann ihrem Schlaf ergeben musste, tobte der Sturm draußen unvermindert weiter. Die Geräuschkulisse verstärkte auf eine merkwürdig beruhigende Art und Weise das Gefühl der Sicherheit, das sie in den Armen ihrer Partner empfand und das sie so entspannt schlafen ließ, als sei sie von einer langen Reise endlich nach Hause zurückgekehrt. Allein deshalb wunderte es sie nicht im Geringsten, dass sie wieder von den Tiefen des Meeres träumte, nach denen ein Teil von ihr sich so sehnte. Von den reflektierenden Blautönen, die sie zu sich lockten und dem goldenen Glanz, der nun, da sie die Wahrheit kannte, von nichts anderem kommen konnte, als den schillernden Schuppen einer Nixe. Oder vielmehr von ihren Nixen, mit denen sie jetzt unbeschwert durch die unendlichen Welten unter der Meeresoberfläche tanzen konnte, als wären sie auch ihr Zuhause. Es erinnerte sie wieder eher an die ersten Male, die sie vom Meer geträumt hatte, als an die wiedergekehrten Erinnerungen, die sie seit einigen Tagen so beschäftigten. Selbst im Schlaf stellte sie sich die Frage, ob das alles nicht mehr zu bedeuten hatte. Ob es nicht doch mehr war, als bloße Träumerei.   Schöner als ihr Traum, so sehr sie ihn auch genoss, war es dann nur, am Morgen ebenso geborgen wieder zwischen Die und Toshiya aufzuwachen. Selbst wenn ihr Gesicht halb von Dies hellem Haar bedeckt war, das sich in wirren Strähnen, die wie Karamell im Morgenlicht glänzten, um ihn herum ausbreitete. Denn, wenn sie ehrlich war, hatte ein kleiner Teil von ihr befürchtet, dass sie verschwunden sein würden, wenn der neue Tag anbrach. Aber Die hielt sie noch immer genauso sicher im, wie am Abend zuvor und anscheinend hatte sie im Schlaf eine Hand im Stoff seines Yukatas vergraben, so wie sie es sonst mit ihrem Kopfkissen tat. Toshiya hingegen hatte sein Gesicht irgendwo zwischen ihren Schulterblättern und dem Futon verborgen und seinerseits von hinten einen Arm um ihre Taille geschlungen. Ganz als wollten die beiden ebenfalls sichergehen, dass sie bei ihnen wäre, wenn sie erwachten. Im Moment aber schienen sie noch zu schlafen, was für Ataru hieß, dass sie dieses Gefühl, hier einfach nur zu existieren, sich mit der Nähe ihrer Männer so unglaublich wohlzufühlen, weiter genießen konnte. Mit einem leisen, entspannten Seufzen schloss sie ihre Augen wieder und lauschte den Geräuschen des beginnenden Sonntagmorgens, der nach dem Toben des Sturms in der letzten Nacht fast schon unnatürlich still war. Das Rauschen der Wellen wurde sanft über den Strand zum Haus getragen, schien ihr versichern zu wollen, dass nun alles Unheil vorbei war. Dass sie jetzt wieder darauf vertrauen konnte, dass das Meer ihnen wohlgesonnen war. Die schrillen Rufe der Möwen ließen sie ein wenig lächeln. Vor ihrem geistigen Auge entstand unweigerlich das Bild eines strahlenden Sommertags, selbst wenn sie wusste, dass nach dem vorübergezogenen Taifun wohl in der ganzen Stadt einiges an Aufräumarbeiten nötig sein würde. Aber darüber konnte sie sich später noch Gedanken machen. Irgendwann, wenn sie sich wieder mit dem Alltag beschäftigen musste, statt sich einfach von der Ruhe, die sie gerade umgab, treiben zu lassen. Es dauerte noch einige Minuten, bis Toshiya sich langsam neben ihr zu regen begann. Er gab ein müdes Murren von sich, löste schließlich seinen Griff um Ataru und rückte ein wenig von ihr ab, um sich zu strecken, was seine Schulter mit einem deutlichen Knacken quittierte. „Guten Morgen“, flüsterte sie in den bisher so stillen Raum, drehte sich vorsichtig ein wenig zu ihm um, um Die nicht zu wecken. „Hey.“ Mit einem noch durch und durch verschlafenen Lächeln kam er wieder näher, schmiegte sich eng an ihre Seite, bevor er sein Gesicht einmal mehr in ihrer Halsbeuge vergrub. Seine Lippen waren rauer als sonst und schickten ein prickelndes Gefühl durch Atarus Körper, das ihre Augen zufallen und sie hörbar einatmen ließ. Gleichzeitig konnte sie gar nicht anders, als ihren Kopf zu neigen, sodass Toshiya ein wenig mehr Spielraum hatte, und eine Hand in seinem dunklen Haar zu vergraben, um zu verhindern, dass er es bei dieser kleinen Geste beließ. Allerdings hatte er dies anscheinend ohnehin nicht vor. Stattdessen spürte sie, wie sich sein Mund an ihrer Haut zu einem Grinsen verzog, bevor er sich weiter nach oben vortastete. „Daran, so aufzuwachen, könnte ich mich gewöhnen“, murmelte er leise in ihr Ohr. Er begann kleine Küsse entlang ihres Unterkiefers zu verteilen, arbeitete sich so ganz und gar nicht unauffällig bis zu ihrem Mundwinkel vor. „Ich auch.“ Ihre Erwiderung war so atemlos, wie sie sich fühlte. Fast schon überwältigt von den Empfindungen, die die Zärtlichkeiten ihres Freundes gerade in ihr hervorriefen. Erleichterung durchflutete sie, als sich ihre Lippen endlich trafen und sie es schaffte, ihn noch ein wenig näher an sich zu ziehen. Vielleicht lag es daran, dass sie eben erst aufgewacht war und nicht wirklich darüber nachdachte, was sie tat. Sonst hätte ihr sicher der Mut dazu gefehlt sich Toshiya ein wenig entgegen zu wölben und sich voll und ganz in diesen Kuss fallen zu lassen, der kaum etwas Unschuldiges an sich hatte. Ataru erschauderte, als er seine Position etwas veränderte, sie sein Gewicht, das sie so angenehm erdete, noch besser spüren konnte und ertappte sich dabei, sich zu wünschen, dass die Decken der Futons jetzt nicht zwischen ihnen wären. Während sie eine Hand weiter in Toshiyas Haar vergraben hatte, ließ sie die andere nun über seinen Rücken wandern, konnte sich der Vorstellung nicht erwehren, wie es sich wohl anfühlen musste, in diesem Moment seine Haut berühren zu können. Aber noch bevor sie sich in diesen Fantasien verlieren konnte, löste Toshiya ihren Kuss, ging erneut dazu über, mit seinem Mund jeden Zentimeter ihres Halses zu erforschen. „Kann es sein, dass du das gern tust?“, wollte Ataru wissen, konnte sich bei all den Glückshormonen, die gerade durch ihren Körper schwirrten, nicht einmal darüber ärgern, wie heiser ihre Stimme klang. „Mhh … Vielleicht?“ Die Antwort war undeutlich, da er es offensichtlich nicht für nötig hielt, für die wenigen Silben von ihr abzulassen. Stattdessen entlockte er ihr ein leises Lachen, indem er mit der Zungenspitze die Kontur ihres Schlüsselbeins nachzeichnete. „Glaub mir, man gewöhnt sich daran“, erklang plötzlich Dies schlaftrunkene Stimme, der sie, wenn auch sichtlich müde und das Gesicht halb von seinen Haaren bedeckt, angrinste. „Ich hab bisher noch keine Beschwerden von dir gehört, mein Lieber.“ „Würde mir auch nie einfallen.“ Etwas umständlich richtete Die sich so auf, dass er sich auf einen Ellenbogen stützen konnte, und wischte sich in einer nachlässigen Geste das lange Haar aus dem Gesicht. Dann griff mit er nach dem Kragen von Toshiyas Yukata, um ihn näher zu sich zu ziehen. „Die Tatsache, dass du morgens eine außerordentliche Kuschelbedürftigkeit entwickelst, ist einer deiner größten Vorzüge, wenn man mich fragt.“ „Nur weil du es hasst zeitig aufzustehen.“ Toshiya grinste, lehnte sich dann noch etwas weiter zu ihm, um auch den Ältesten in ihrer Runde mit einem Guten-Morgen-Kuss zu beglücken, während Ataru erneut nicht anders konnte, als sie zu betrachten. Dabei war es eben nicht einmal nur die grundsätzliche Attraktivität der beiden, die sie so faszinierte, sondern vielmehr die Art und Weise, wie sie miteinander umgingen. Schließlich vergingen an einem durchschnittlichen Tag gefühlt nie mehr als zehn Minuten, ohne, dass sie sich gegenseitig liebevolle Sticheleien an den Kopf warfen. Diese fast schon unheimliche Harmonie zwischen den beiden schien das jedoch in keinster Weise zu stören. Aber womöglich war das einfach so, wenn man sein Gegenüber mindestens genauso gut kannte, wie sich selbst. Und vielleicht, wenn sie viel, viel Glück hatte, würde es irgendwann zwischen ihnen allen dreien der Fall sein. Allerdings war ein Morgen wie heute definitiv nicht der richtige Moment, um über solch tiefgreifende Dinge nachzudenken. Nicht, wenn sie stattdessen Die liebevoll in die Schulter knuffen konnte, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass sie ebenfalls nichts gegen einen oder auch ein paar mehr Küsse nach dem Aufwachen hatte. Damit, dass er sie einfach wieder mit sich in die Waagerechte zog, hatte sie allerdings nicht gerechnet, sodass sie, statt Dies Kuss zu erwidern, ihren Kopf lachend zur Seite drehte und über seinen Körper drapiert liegen blieb. Sie wollte sich gerade darüber beschweren, dass sie eigentlich etwas anderes im Sinn gehabt hatte, als sie in die relative Stille des Zimmers hinein die Haustür ins Schloss fallen und die Stimmen ihrer Großeltern im Flur hören konnte. Sofort schnellte Ataru hoch, sah fast schon panisch zwischen ihren Partnern und der Zimmertür hin und her. Sie hatte es tatsächlich geschafft, vollkommen zu vergessen, dass sie nicht allein hier wohnte. Und auch wenn sie wollte, dass ihre Familie Die und Toshiya kennenlernte, hatte sie das definitiv anders vorgestellt. „Ataru, ist alles okay?“ Sorge schwang deutlich in Dies Stimme mit, als er sich ebenfalls etwas aufsetzte, aber sie konnte nur abgehackt mit dem Kopf schütteln. „Meine Großeltern“, brachte sie flüsternd hervor, da klopfte es auch schon an der Tür. Aus Reflex startete sie den fruchtlosen Versuch, ein wenig Abstand zwischen sich und den beiden Männern zu schaffen, als ihre Großmutter im nächsten Moment den Kopf ins Zimmer steckte. „Ataru, bist du denn-“ Die ältere Frau hielt inne, sichtlich geschockt von dem unerwarteten Bild, das sich ihr bot. „Was bitte ist hier los?“ „Oma …“Ataru biss sich auf die Unterlippe, um ein Fluchen zu unterdrücken. Ihre Großmutter hob jedoch nur eine Hand, bedeutete ihr so stumm, dass sie gerade nichts hören wollte, atmete dann deutlich sichtbar durch. „Wir reden darüber. Unter uns“, bestimmte sie nur, ehe sie sich in einer steif wirkenden Bewegung umdrehte und die Tür ohne einen weiteren Blick ins Zimmer hinter sich schloss. „Verdammte Scheiße.“ Atarus Stimme klang selbst in ihren eigenen Ohren tonlos und hohl, als sie sich wieder in die Waagerechte sinken ließ und sich mit beiden Händen übers Gesicht fuhr. Sie kniff die Augen zusammen, unterdrückte einen ganzen Schwall weiterer Flüche. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Warum eigentlich immer sie? Und warum immer, wenn gerade alles gut lief? „Ataru?“ Diesmal war es Toshiya, der sie ansprach. Zwischen ihren gespreizten Fingern hindurch konnte sie sehen, wie er sie mit zusammengezogenen Augenbrauen ansah, während Die ganz ungewohnt ein bisschen verloren wirkte, als wäre er ebenso nervös, wie sie selbst gerade. „So hab ich mir das nicht vorgestellt, als ich gesagt hab, ich will, dass ihr meine Familie kennenlernt“, nuschelte sie gegen ihre Handflächen. „Ich kann ja noch nicht mal mir selbst erklären, was das mit uns ist und wie es überhaupt passiert ist. Wie soll ich es da meinen Großeltern klarmachen? Vor allem, wo meine Oma jetzt vermutlich sonst was denkt, nachdem sie uns so gesehen hat.“ Am liebsten wäre sie aufgesprungen und ziellos durch ihr Zimmer getigert, um ein wenig ihrer nervösen Energie abzubauen, aber gleichzeitig konnte sie nicht die nötige Kraft aufbringen, um überhaupt auf die Beine zu kommen. „Was meinst du, wie sie reagieren wird?“, wollte Die wissen und sie hatte schon zu einer Antwort angesetzt, als sie bemerkte, dass er nicht sie ansah, sondern Toshiya. Der jedoch zuckte nur mit den Schultern. „Kann ich dir nicht sagen.“ „Aber-“ „Die“, nun war sein Tonfall fast schon mahnend. „Ich weiß es wirklich nicht.“ Er griff nach der Hand seines Freundes und drückte sie sanft, wandte sich dann an Ataru. „Was denkst du?“ „Keine Ahnung. Sie werden ausrasten.“ Mit einem abgrundtiefen Seufzen schaffte sie es zumindest, sich in eine sitzende Position aufzurichten, vergrub ihre Hände jetzt in ihrem offenen Haar. „Okay, nein, werden sie vermutlich nicht. Sie werden es nicht verstehen, selbst wenn sie es versuchen. Sie werden sich tierische Sorgen um mich machen und darum, ob ihr gut für mich seid oder nicht. Sie werden …“ Ataru ließ ihre Stirn auf die angestellten Knie sinken, schüttelte langsam den Kopf. „Vielleicht will ich es gar nicht wissen … Vielleicht sollte ich einfach jetzt gleich zusammen mit euch abhauen oder so.“ „Würde sie das nicht in allem bestätigen, was du gerade gesagt hast?“ „Ja, aber ich bräuchte mich nicht mehr damit auseinanderzusetzen.“ Sie hob den Kopf wieder und warf Die ein schiefes Lächeln zu. „Ich hatte vor, mich irgendwann mit den beiden hinzusetzen und mit ihnen über uns zu sprechen. Irgendwann, nachdem ich für mich selbst die richtigen Worte dafür gefunden habe, was wir sind und was es mir bedeutet, mit euch zusammen zu sein. Ich wollte in Ruhe mit ihnen reden und sie an die Idee heranführen, dass eine Beziehung auch aus mehr als zwei Personen bestehen kann. Und stattdessen?“ Sie machte mit einer Hand eine unwirsche Geste, die sie alle einschloss. „Stattdessen erwischt meine Großmutter uns im wahrsten Sinne des Wortes zusammen im Bett.“ „Auch wenn ich das ungern sage, Ataru“, begann Die, sah Toshiya abermals kurz aus den Augenwinkeln an, „aber dann wäre es vielleicht besser, wenn wir erst mal gehen?“ Sie stieß ein tiefes Seufzen aus. „Da hast du vermutlich recht. Auch wenn das gerade das Letzte ist, was ich will.“ „Das wird schon werden.“ „Es muss.“Ataru unterdrückte ein neuerliches Seufzen, kam dann etwas umständlich auf die Beine, um die Sturmsicherung der Verandatür zu lösen. Es musste tatsächlich werden, ihre Großeltern mussten das alles einfach irgendwie verstehen, sonst wusste sie nicht, was sie tun sollte. Verlieren wollte sie schließlich weder ihre Familie, noch ihre beiden Nixen, jetzt, wo sie endlich so weit war, sich wirklich auf sie einlassen zu können. Als sie die Tür beiseiteschob, wehte ein Schwall kühler Morgenluft in ihr Zimmer, ließ sie in ihrem Schlafshirt erschaudern. Es gab ihr beinahe das Gefühl der Situation schutzlos ausgeliefert zu sein. Doch kaum hatte sie diesen Gedanken, traten Die und Toshiya neben sie, verschränkten jeweils eine Hand mit ihren und verharrten an ihrer Seite. „Wir bringen die Yukatas einfach beim nächsten Mal wieder mit, okay?“, sagte Toshiya leise, strich mit dem Daumen beruhigend über ihren Handrücken. „Du meinst, in der Hoffnung, dass es ein nächstes Mal gibt?“ „Da bin ich mir sicher.“ Ein leises Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er sich zu ihr herunterbeugte und ihr einen kleinen, liebevollen Kuss gab. „Du schaffst das schon.“ „Und wenn nicht, kommst du einfach mit zu uns ins Meer“, schlug Die vor, bevor er ihr, den etwas zerknirschten Blick seines Lebensgefährten ignorierend, ebenfalls einen Kuss aufdrückte. Fast schon wider besseres Wissen stieß Ataru ein kleines Lachen aus. „Na, wenn das so einfach ist, dass du es einfach entscheiden kannst.“ Sie warf über ihre Schulter hinweg einen Blick zu ihrer Zimmertür. Im Inneren des Hauses konnte sie die Stimmen ihrer Großeltern hören. Es klang nicht nach einer Diskussion, auch wenn dies für das Gespräch, das ihr noch bevorstand, nichts heißen musste. „Sehen wir uns morgen?“ Statt nach einer Frage klangen die Worte eher wie eine Bitte, aber sie musste einfach wissen, dass es ein Morgen geben würde, selbst wenn ihre Partner es nicht garantieren konnten. „Natürlich.“ Beide drückten sie noch einmal in einer festen Umarmung an sich, bevor sie hinaus auf die Veranda traten und von dort aus langsam den Strand entlang gingen. Mehrmals sah Die zu ihr zurück, schien ihr mit einem letzten Lächeln stumm Mut zusprechen zu wollen, bevor sie aus ihrem Blickfeld verschwanden. Und auch, wenn es im Moment ihr wahrhaft kleinstes Problem war: Sie hoffte, dass sie die Yukatas tatsächlich bald wiederbringen würden, sonst wäre es um die Gnade ihrer Oma eher schlecht bestellt. Ataru wandte sich erst von der offenen Tür ab, als sie es vor sich selbst nicht mehr rechtfertigen konnte, noch mehr Zeit zu schinden. Ohne groß darüber nachzudenken, griff sie nach einigen Kleidungsstücken, um sie mit ins Bad zu nehmen. Wenn sie sich dieser Sache schon stellen musste, dann zumindest nicht im Pyjama. ~*~ Als sie schließlich die Küche betrat, herrschte Schweigen. Ihre Großeltern saßen sich am Esstisch gegenüber, sahen beide wortlos auf ihren Kaffee hinab. Sie schienen darauf zu warten, dass sie etwas sagte, während Ataru selbst sich am liebsten umgedreht und das Haus verlassen hätte, nur um dieses Gespräch nicht führen zu müssen. Stattdessen goss sie sich ebenfalls Kaffee ein und nahm Platz. Starrte ebenso schweigend auf die schwarzbraune Flüssigkeit in ihrer Tasse. Sie wusste einfach nicht, wie sie dieses Gespräch beginnen sollte. Natürlich hatte sie mit ihrer Großmutter schon über die beiden geredet, und zu dem Zeitpunkt schien alles in Ordnung gewesen zu sein – aber das war eben auch vor heute Morgen gewesen und damit wesentlich weniger konkret.   „Hattet ihr gestern einen schönen Abend?“, startete sie schließlich einen schwachen Versuch überhaupt eine Unterhaltung in Gang zu bringen.   „Ja, es war sehr schön. Wir sollen dich von den Takahashis grüßen.“ Auf ihr eher abgehacktes Nicken hin lächelte ihr Großvater schwach, schien fast dankbar für den kleinen Aufschub zu sein, den dieser Versuch von Small Talk ihnen allen lieferte. Aber ihre Großmutter wäre nicht sie selbst, hätte sie ihnen das durchgehen lassen.   „Ataru, warum waren heute Morgen zwei Männer in deinem Zimmer, die wir noch nicht einmal kennen?“   „Oma …“ Sie warf der Älteren einen geradezu flehenden Blick zu, der aber nur fordernd erwidert wurde. Als hätte sie nicht auch so gewusst, dass sie durch dieses Gespräch nun eben durch musste. „Ich weiß, dass es ein totales Klischee ist, das zu sagen, aber es ist wirklich nicht so dramatisch, wie es vorhin aussah.“   „Du lagst mit zwei fremden Männern im Bett, das finde ich irgendwie schon dramatisch.“ Ihre Großmutter sah sie mit nach oben gezogenen und wie immer fein säuberlich gezupften Augenbrauen an. Aber zumindest war ihr Blick nicht mehr ganz so finster wie eben noch. Stattdessen meinte Ataru, so etwas wie Sorge darin ausmachen zu können.   „Ich hab dir doch von ihnen erzählt.“ Gerade fühlte sie sich in etwa so kleinlaut, als wäre sie wieder zwölf oder dreizehn und eben erst bei ihren Großeltern eingezogen. „Es war nicht geplant, dass sie hier sind, ganz ehrlich.“ Unter dem Tisch ballte sie unwillkürlich ihre Hände zu Fäusten, für den Moment unfähig anders mit der Anspannung in ihrem Inneren umzugehen. „Ich will nicht, dass ihr denkt, dass ich eure Abwesenheit ausgenutzt habe, oder so. So war es nicht.“   „Wie war es dann?“, wollte nun ihr Großvater wissen. Und wie immer begleitete eine stetige Wärme in seinen Worten.   „Sie haben sich Sorgen gemacht. Um mich. Wegen des Taifuns.“ Und auch wenn es wieder einmal ein eher unangebrachter Moment war, konnte sie nicht verhindern, dass sich ein gesundes Rot auf ihren Wangen ausbreitete. „Sie wollten mich bei dem Sturm nicht allein lassen und standen einfach irgendwann auf der Veranda. Da konnte ich sie ja schlecht da draußen stehen lassen, oder?“   „Sie sind während einer Taifun-Warnung hierhergelaufen?“   „Ja.“ Obwohl sie wusste, dass dies die Wahrheit war – zumindest zu einem Teil, schließlich waren die beiden das letzte Wegstück über den Strand gelaufen –, klang die Geschichte selbst in ihren Ohren haarsträubend. Ataru hob ihre Hände über die Tischplatte, schloss sie jetzt fest um ihre Tasse, benutzte die Hitze, die der Kaffee abstrahlte, um sich zu erden. Erst nach einem tiefen Atemzug sah sie ihre Großmutter wieder an. „Ich konnte sie nicht einfach wieder wegschicken.“   Die Ältere sah sie einen Moment lang nachdenklich an, stieß dann einen Laut aus, der vieles hätte bedeuten können, ehe sie sich mit einem Seufzen gegen die Lehne ihres Stuhls sinken ließ. Als würde sie einen gewissen Widerstand aufgeben.   „Aber musstet ihr euch deswegen ein Bett teilen?“, stellte sie die Gegenfrage, musterte ihre Enkelin eindringlich. „Hätte es nicht gereicht, wenn sie im Gästezimmer geschlafen hätten?“   „Daran … hab ich nicht gedacht.“ Ihr Großvater bedachte diese Aussage mit einem leisen, glucksenden Lachen, bei dem sie gern das Gesicht verzogen hätte, wäre sie sich nicht tatsächlich selbst gerade ziemlich dumm vorgekommen.   „Du hast nicht daran gedacht, dass wir ein Gästezimmer haben?“, hakte ihre Großmutter noch einmal nach, klang dabei so ungläubig, dass Ataru nur vage mit den Schultern zucken konnte.   „Ich wollte nicht, dass sie wieder raus in den Sturm gehen und-“ Sie hielt inne, biss sich unsicher auf die Unterlippe. „Ich wollte Zeit mit ihnen verbringen. Bei ihnen sein.“ Ihre Stimme war bei diesen letzten Worten kaum mehr als ein Flüstern, drohte zu brechen. So gern sie etwas dagegen getan hätte, sie konnte nicht verhindern, dass ihr erste Tränen in die Augen schossen.   Einfach, weil sie Angst hatte. Angst, dass ihre Großeltern, die sie immer verstanden hatten und für sie da gewesen waren, nun ihre Grenze erreicht hatten und eben kein Verständnis mehr würden aufbringen können. Angst davor, dass man sie daran hindern könnte, Toshiya und Die wiederzusehen, jetzt, wo doch alles hätte leichter werden sollen. Und schließlich schlicht und ergreifend die Angst davor, am Ende ganz allein dazustehen. Sie spürte, wie sie begann zu zittern, versuchte, gleichmäßig zu atmen, um sich nicht in der aufsteigenden Panik zu verlieren. Was wäre, wenn sie niemanden mehr hätte? Wenn ihre Familie sie verstoßen würde und sie ganz auf sich allein gestellt wäre? Wenn sie hier wegmüsste, ohne eine Möglichkeit ihren Partnern zu sagen, wohin sie verschwand?   In ihre immer mächtiger werdende Gedankenspirale versunken, hatte sie die Augen geschlossen, riss sie nun auf, als sie eine warme, raue Hand auf ihrem Unterarm spürte. Deutlich hörbar sog sie Luft in ihre Lungen. Die schwieligen Finger ihres Großvaters strichen beruhigend über ihre Haut und alles, was sie tun konnte, war sich an seinen dunklen Augen festzuhalten, die sie ebenso liebevoll wie besorgt ansahen. Sie brauchte mehr Kraft, als sie hätte zugeben wollen, um ihre bebenden Hände von der Kaffeetasse zu lösen und zuzulassen, dass der Ältere sie mit seinen umschloss. Am liebsten hätte sie sich in irgendeiner Ecke zusammengekauert.   „Es ist alles gut, Ataru.“ Sein Tonfall war beinahe beschwörend und er sprach erst weiter, als sie zögerlich nickte, vielleicht ein bisschen mehr so wirkte, als würde sie nicht vollkommen in ihrer Panik untergehen, auch wenn sich ihr Brustkorb noch schmerzhaft zugeschnürt anfühlte. „Wir wollen dich nicht bestrafen oder verurteilen. Wir wollen nur verstehen, was passiert ist. Weil wir uns Sorgen machen. In Ordnung?“   Erneut konnte sie nur nicken, wandte den Kopf dann etwas zu Seite, um sich mit dem Ärmel ihres T-Shirts die Tränen von den Wangen zu wischen, die sie bisher nicht bemerkt hatte. Aber sie konnte nichts dagegen tun, dass sie noch immer zitterte.   „Ich …“ Zweifelnd sah sie zwischen ihren Großeltern hin und her, versuchte die richtigen Worte zu finden, um sie verstehen zu lassen. „Bitte verbietet mir nicht sie zu sehen“, platze es dann atemlos aus ihr hervor und allein diese Worte auszusprechen, schien diese Angst in ihr weiter zu verstärken.   „Ach Ataru…“ Nun legte auch ihre Großmutter eine Hand auf ihren Unterarm, drückte leicht zu. „Darum geht es doch gar nicht. Ganz abgesehen davon, dass du erwachsen bist und wir dir nichts verbieten könnten, selbst wenn wir das wollten.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. „Es hat mir einfach einen riesigen Schrecken eingejagt nach Hause zu kommen und dich … euch so zu sehen.“ Sie hob ihre Hand, strich sacht durch Atarus Haar, als wolle sie sie beruhigen. „Du hast uns bisher nie davon erzählt, dass du für jemanden geschwärmt hast oder mit jemanden ausgegangen wärst und dann liegen da zwei Männer in meinen Gästefutons und meinte Enkelin zwischen ihnen.“ Sie wartete ab, bis Ataru ihr Lächeln erwidere, auch wenn ihre Lippen dabei bebten. „Ich wusste nicht, dass es für dich so etwas Ernstes ist?“ Die letzten Worte wurden zu einer Frage, die sie die Augen niederschlagen ließ.   „Ist es. Aber es ist auch noch so neu und ich weiß nicht wirklich, wie ich es erklären kann.“ Sie stieß ein erschöpftes Seufzen aus, versuchte bewusst, ihre Muskulatur etwas zu entspannen. „Ich weiß, dass du immer sagst, dass man über die Dinge reden muss, aber ehrlich gesagt bin ich von der ganzen Sache selbst noch ein bisschen überwältigt.“   „Das ist nicht ungewöhnlich, wenn man seinen ersten Freund hat“, versuchte ihre Großmutter Ataru weiter zu beruhigen, was aber nur dazu führte, dass sie noch ein wenig mehr in sich zusammensank.   „Freunde.“ Die beiden Silben verließen nur als leises Murmeln ihren Mund.   „Was?“   „… Freunde. Plural“, erklärte stockend. „Ich hab … Ich mag sie beide. Und sie mich auch.“   Wieder herrschte Stille in der kleinen Küche und wieder traute sie sich nicht so recht, ihre Großeltern anzusehen, auch wenn sie deren Blicke auf sich spüren konnte.   „Als ich dich neulich gefragt habe, ob du verliebt bist …“, begann ihre Großmutter schließlich, klang noch vorsichtiger als bisher. „Konntest du deswegen nicht richtig antworten?“   „Auch.“   „Wie soll so etwas denn funktionieren?“, fragte nun ihr Großvater, klang dabei aber eher überrascht oder verwundert und nicht angewidert, wie sie es insgeheim befürchtet hatte.   „Ich weiß nicht. Das … werden wir sehen. Denke ich. Hoffe ich.“ Sie hob den Kopf, gab sich Mühe, seinen Blick zu erwidern. „Die und Toshiya … die beiden sind schon lange zusammen, sie kennen sich ihr ganzes Leben lang. Und sie sagen beide, dass sie auch Gefühle für mich haben, dass das an ihrer Beziehung zueinander nichts ändert.“ Sie unterbrach sich selbst, musste schlucken, um gegen den Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, anzukommen. „Sie sagen, dass sie mit mir zusammen sein wollen … und ich … Keine Ahnung wann oder wie es passiert ist, aber ich könnte mich nie für einen von ihnen entscheiden. Ich hab einfach Gefühle für sie beide.“   „Versteh mich nicht falsch Ataru.“ Ihr Großvater drückte kurz ihre Hände, die er noch immer hielt. „Ich möchte ihnen nichts unterstellen, ich kenne sie nicht. Aber das klingt für mich nach einer Situation, in der sie dich sehr leicht ausnutzen könnten. Oder verletzen.“   „Das würden sie nie tun.“ Ihr war bewusst, dass sie bei diesem Satz wie ein trotziges Kind klang, aber dennoch war sie sich absolut sicher, dass es die Wahrheit war. Weder Die noch Toshiya würden sie je wissentlich verletzen, das stand für sie fest. Egal wie naiv es vielleicht war.   „Aber du hast doch selbst gesagt, dass du nichts über sie weißt. Und, dass sie auf Fragen seltsam reagieren. Woher willst du wissen, dass sie das, was sie sagen, auch ernst meinen?“   „Weil wir viel geredet haben, Oma.“ Ein kleines, warmes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Genau so, wie du es immer sagst. Und ich weiß jetzt, warum sie anfangs so verschlossen waren, sie hatten einen guten Grund dafür.“ Für einen Augenblick schloss sie die Augen, atmete bewusst tief durch, bevor sie ihre Großeltern wieder ansah. „Ich weiß, dass das für euch schwer zu verstehen ist. Ich verstehe es ja selbst nicht wirklich, aber das ändert nichts an dem, was ich fühle. Deswegen … Ihr müsst es nicht verstehen. Aber könntet ihr versuchen, es zu akzeptieren?“   Sie wusste, dass selbst das viel verlangt war. Vor allem, wenn sie bedachte, wie viel die beiden in den letzten Jahren für sie getan hatten. Und wie schwer es für sie gewesen sein musste, plötzlich noch einmal ein Kind im Haus zu haben. Dazu eines, das in den Augen der Gesellschaft so anders war, als es hätte sein sollten. Vielleicht also war diese eine Sache einfach zu viel verlangt.   „Bist du glücklich?“, fragte ihre Großmutter da schon, bevor sie sich erneut in ihren Überlegungen verstricken konnte. Zumindest diese Frage konnte sie mit absoluter Sicherheit beantworten, obwohl dies nichts an ihrer Nervosität änderte.   „Ja. Sehr sogar.“   Ihre Großeltern wechselten einen Blick, bevor ihr Opa mit den Schultern zuckte, als würde er sich den Tatsachen ergeben, oder dem folgen, was seine Frau für richtig hielt. Diese setzte sich nun wieder etwas aufrechter hin, legte eine Hand flach auf die Tischplatte, während sie die andere hob.   „Dagegen kann ich dann wohl nichts sagen“, stellte sie fest und Ataru hätte am liebsten aus purer Erleichterung erneut angefangen zu weinen, nickte aber nur mit Tränen in den Augen, als die Ältere weitersprach. „Aber ich möchte zwei Regeln aufstellen, ja? Zum einen: Wer sich meine einzige Enkelin angeln möchte, hat sich bei uns vorzustellen-“   Das Geräusch, dass sie vor lauter Erleichterung von sich gab, lag irgendwo zwischen einem Schluchzen und einem verunglückten Lachen.   „Okay. Und die andere?“   „Keine nächtlichen Besuche ohne Vorwarnung mehr. Sonst kann ich nicht garantieren, dass ich keinen Herzinfarkt erleide, wenn ich dich morgens wecke.“   „Versprochen!“   Das kleine Lächeln, das an Atarus Lippen gezupft hatte, war binnen Sekunden zu einem breiten Grinsen geworden, als sie aufsprang und den kleinen Tisch umrundete, um ihre Großeltern nacheinander in eine feste Umarmung zu ziehen, und ihnen beiden einen dicken Kuss auf die Wangen zu drücken. Ihr war klar, dass das Thema damit längst nicht erledigt war – das wäre einfach unrealistisch. Aber allein die Tatsache, dass ihre Großeltern ihr soweit vertrauten, dass sie es ihr überließen, war ihr unglaublich viel wert.   ~*~   „Meinst du, dass das alles gut gehen wird?“   „Ich hoffe es zumindest.“ Toshiya sah auf den groben Sand, über den sie gingen, hinab, konzentrierte sich für einen Moment auf das Gefühl, wie er mit jedem Schritt gegen seine Fußsohlen rieb. Er musste es nicht aussprechen, damit Die wusste, wie er diese Ungewissheit hasste. Auch, weil sie ihm zeigte, dass er sich manchmal eben doch zu sehr auf seine Gaben verließ.   „Nach dem, was Ataru uns von ihrer Familie erzählt hat, kann ich mir eigentlich nicht wirklich vorstellen, dass ihre Großeltern irgendwie katastrophal reagieren.“ Die klang ein wenig nachdenklich, aber dennoch so, als hätte er den Schrecken von vorhin mittlerweile hinter sich gelassen.   Toshiya hob seinen Blick, um ihn anzusehen, und stellte wieder einmal fest, dass der andere alles in allem auch jetzt noch wesentlich entspannter wirkte, als er selbst es war. Er wünschte sich, nicht zum ersten Mal in seinem Leben, über Dies Fähigkeit zu verfügen, Dinge einfach anzunehmen.   „Das kann gut sein. Ich glaube, Ataru hatte einfach Angst vor ihrer Reaktion, weil sie ihr so wichtig sind“, meinte er schließlich, hielt dann inne, um sich an dem menschenleeren Strand umzusehen. „Aber einfach zu akzeptieren wird es für ihre Großeltern vermutlich trotzdem nicht.“   „Stimmt.“ In Dies Stimme, schwang ein ‚aber‘ mit, das jedoch vorerst unausgesprochen blieb, als der Ältere ihn an sich zog und seine Arme fest um ihn legte. Aus reiner Gewohnheit schmiegte Toshiya sein Gesicht in seine Halsbeuge, wurde durch die Geste allerdings sogleich wieder an Ataru erinnert.   „Es war schön, so mit ihr aufzuwachen, oder?“, murmelte er in Dies helles Haar, erwiderte nun endlich die Umarmung und fühlte beinahe, wie seine Anspannung allein durch diese Nähe ein Stück weit von ihm abfiel.   „War es.“ Er konnte das Schmunzeln in Dies Stimme hören, ließ sich davon selbst zu einem Lächeln hinreißen. „Und ich lehne mich mal sehr weit aus dem sprichwörtlichen Fenster und gehe davon aus, dass das nicht das letzte Mal gewesen sein wird.“ Die trat wieder einen Schritt zurück, sah ihn mit leicht schief gelegtem Kopf an, bevor er ihm einen Zeigefinger zwischen die Augenbrauen drückte. „Und jetzt hör auf so die Stirn in Falten zu legen, sonst bleibt das noch so.“   „Du bist furchtbar.“   „Ich weiß, ich weiß. Aber diese Diskussion haben wir, seit wir uns kennen, und sie hat bisher nie zu irgendwas geführt.“   Das Grinsen, zu dem sich Dies Lippen verzogen, konnte man mit Fug und Recht als ‚absolut dreist‘ bezeichnen. Aber leider wirkte es auf nicht eben wenige Leute – ihn selbst eingeschlossen – auch sehr anziehend und war einer der Gründe, warum der Ältere fast immer seinen Willen bekam, wenn er es nur darauf anlegte. Und da ihm diese Tatsache absolut bewusst war, legte er es oft darauf an, ohne das man es ihm wirklich übel nehmen konnte. Auch jetzt konnte er Die nur hinterhersehen, als er sich gänzlich umdrehte, weiter in Richtung Meer ging und sich noch im Laufen daran machte, den Gürtel seines Yukatas zu öffnen. Einige Sekunden lang verharrte Toshiya wo er war. Mit Blicken verfolgte die Bewegungen seines Geliebten, als dieser sich aus dem geliehenen Kleidungsstück schälte und es dann fein säuberlich über einem Arm zusammenlegte. Seine nackte Haut schien die Sonnenstrahlen förmlich einzufangen. Erst als Die sich nach ihm umsah und ihm einen auffordernden Blick zuwarf, setzte er sich wieder in Bewegung, um es ihm gleichzutun.   Wenn sie Ataru morgen trafen – und das mussten sie einfach – könnten sie die Yukatas hoffentlich aus ihrem Versteck holen und ihr zurückbringen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)