Spätsommernächte von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Die Nacht war fast unangenehm warm. Zumindest empfand Kakashi dies so, als er seinen Kopf gegen die Rückenlehne seines großen Schreibtischstuhls lehnte. Nachdem Shizune ihm am späten Abend gesagt hatte, dass der verwundete Shinobi zwar durchkommen würde, aber noch nicht wieder bei Bewusstsein war, hatte er beschlossen, die Nacht in seinem Büro zu verbringen. Denn erstens würde er sowieso nicht schlafen, wenn ihn etwas beschäftigte und zweitens hatte er dieses ungute Gefühl, dass noch etwas passieren könnte und er daher am besten direkt an Ort und Stelle blieb. Yamato hatte er – ungeachtet seines Protests – nach Hause geschickt. Der Hokage schloss erschöpft die Augen. Um sie fünf Sekunden wieder aufzureißen, als Shizune entgeistert ins Zimmer gestürmt kam. „Schlechte Nachrichten?“, fragte Kakashi die Antwort schon kennend. „Mein Patient ist wieder zu sich gekommen“, sagte sie noch außer Atem. „Aber?“ „Aber … aber er war sobald er das Bewusstsein erlangt hatte, äußerst aggressiv und hat trotz seiner Wunde wild um sich geschlagen und einen Pfleger und eine Schwester gebissen.“ „Gebissen?“, wiederholte Kakashi, als es ihn fast wie einen Blitzschlag traf. „Ja. Wir haben ihn aber wieder ruhig gestellt. Wir haben dafür die dreifache Dosis an Medikamenten benötigt.“ Shizune blinzelte ihn fragend an, als sein Blick sich verfinsterte. „Würdest du sagen, dass er einen leeren Blick hatte?“ „Ja, schon, ich würde sagen, fast unhei-“ „Unheimlich“, vervollständigte er für sie. „Hast du irgendwo bei ihm auch eine Bisswunde bemerkt?“ Die Kunoichi überlegte kurz. „Ja, da war eine blutige Wunde an seiner Hand, die nach einer Bisswunde aussah. Kakashi, hast du etwa eine Ahnung, was hier los ist?“ „Noch nicht ganz.“ Er stand auf. „Shizune, bist du auch gebissen worden?“ „Nein, ich-“ „Gut! Hol bitte sofort Tsunade. Sie soll die beiden Leichname obduzieren.“ „Soll sie auf etwas Bestimmtes dabei achten?“ „Sie wird wissen, wonach sie sucht, wenn sie es gefunden hat. Auch wenn ich hoffe, dass sie nichts findet. Und der Pfleger und die Schwester müssen in Quarantäne. Ich schick dir ein paar Anbu zu ihrer Überwachung.“ „Du denkst doch nicht etwa, das hier ist eine-“ „Beeil dich!“ Shizune sah definitiv so aus als hätte sie noch ein paar Fragen, aber Kakashis Tonfall machte deutlich, dass die Zeit drängte. Sie lief los und rannte dabei fast in Yamato, der offensichtlich von draußen gelauscht hatte und nun ins Büro trat. „Du denkst, es handelt sich hier um etwas Ansteckendes?“ „Ich will es wirklich, wirklich nicht hoffen.“   Tsunade war absolut kein Fan davon, von einer aufgeregten Shizune mitten in der Nacht aus dem Bett geholt zu werden und eigentlich hatte sie gehofft, dass dies auch nie wieder passieren würde, jetzt, da sie kein Hokage mehr war. Doch trotzdem eilte sie jetzt an der Seite ihrer ältesten Schülerin in die Pathologie und hörte sich auf dem Weg dorthin alles an, was Shizune zu den Vorfällen zu sagen hatte. Ihr dämmerte schon, was Kakashi wohl durch den Kopf gegangen war, während sie die Körper aufdeckte und die Tische auf denen sie lagen, parallel zueinander platzierte, um mit vergleichendem Blick die Untersuchung vorzunehmen. Sie war erleichtert, als sie an der ersten Leiche nichts entdeckte, was auf diesen Verdacht hinwies. Beim zweiten Leichnam jedoch wurde sie fündig. „Oh nein“, murmelte sie und zeigte Shizune, die neben ihr stand, die Bisswunde am Unterarm des Getöteten. Die Jüngere hielt den Atem an. „Das würde ja heißen, dass-“ „Hol Sakura her“, unterbrach Tsunade sie. „Wir brauchen Hilfe beim Labor.“   Sakura schwirrte der Kopf, als sie fünf Minuten nachdem sie aus dem Tiefschlaf gerissen worden war, von einer regelrechten Informationsflut überrollt wurde. Und nachdem sie zwei Stunden lang Proben unter einem Mikroskop beobachtet hatte und dabei etwas entdeckt hatte, was weder ihr, noch Tsunade oder Shizune gefallen hatte, drehte sich ihr auch ein bisschen der Magen. Mit schnellen Schritten liefen die drei – Tsunade vorne weg- in das Zimmer des Hokage, während draußen der Morgen graute. Dieser sah seine ehemalige Schülerin für einen flüchtigen Augenblick überrascht an, als sie eintraten; er hatte wohl nicht mit ihr gerechnet. Ohne darauf einzugehen, wandte er sich direkt an Tsunade. „Und?“ Tsunade verzog das Gesicht und Sakura schwor, dass sie für den Bruchteil einer Sekunde sehen konnte, dass Kakashi besorgt dreinblickte. „Wir haben einen uns unbekannten Mikroorganismus im Blut der beiden Toten finden können“, begann Tsunade. „Und auch im Blut von dem, der noch im Krankenhaus ist.“ „Das heißt … eine Art Erreger?“, hakte Yamato nach. „Nicht nur eine Art“, erwiderte Tsunade. „Es ist ein Erreger. Vermutlich wird er durch die Bisswunden übertragen. Und da der erste Infizierte keine derartige Wunde hat, liegt der Verdacht nahe, dass ihm der Erreger injiziert worden ist.“ Kakashis Blick verfinsterte sich wieder. „Was darauf schließen lässt, dass jemand den Mann absichtlich auf Konoha losgelassen hat.“ „Warum sollte jemand-“, wollte Sakura einwenden, doch ihr alter Lehrer beantwortete ihre Frage, ehe sie sie zu Ende stellen konnte. „Weil uns jemand schaden … oder sogar auslöschen will, Sakura.“ „Du meine Güte“, entfuhr es Yamato plötzlich. „Wenn die Übertragung durch Bisse geschieht … was ist mit den ganzen Leuten, die gestern gebissen wurden?“ „Könnt ihr etwas zur Inkubationszeit sagen?“ Sakura fand es immer wieder faszinierend, wie Kakashi in ernsten Situationen von seiner sonstigen entspannten und zurückgelehnten Art zu dieser anderen Persönlichkeit wechseln konnte, die schnell klare Entscheidungen traf und ihr selbst schon immer mindestens drei Schritte voraus war. Das machte ihn wohl zu einem guten Hokage. Sie empfand sich selbst immer noch als zu zögerlich. „Es scheint davon abzuhängen, wie viele der Erreger übertragen wurden“, antwortete derweil Shizune. Kakashi gab sich nur einen knappen Moment Zeit, diese Information zu verarbeiten. „Yugao!“ Die Anbu erschien keine zwei Sekunden später. „Das Tor muss geschlossen werden. Niemand darf mehr rein oder raus.“ „Ja! Aber … was genau ist los?“ „Wir haben eine gefährliche Epidemie im Dorf und sie darf sich nicht noch in der Umgebung ausbreiten. Wir müssen verhindern-“ Dieses Mal kam Kakashi nicht zum Ende seines Satzes, denn Izumo kam ins Zimmer gestürmt. „Meister Hokage! Im ganzen Dorf drehen Leute durch!“ Innerlich ließ Kakashi einen genervten Seufzer von sich. So viel dazu, die weitere Ausbreitung im Dorf vielleicht noch eindämmen zu können. „Yugao, du mobilisierst alle Anbu. Izumo, du informierst alle Jonin und Chunin. Die angreifenden Personen müssen eingefangen und in Quarantäne gebracht werden. Niemand sollte verletzt oder getötet werden, wenn es sich verhindern lässt. Und vor allem: Lasst euch nicht von ihnen beißen.“ Izumo blinzelte Kakashi noch kurz fragend an, ehe er und Yugao sich auf den Weg machten, um seinen Befehl auszuführen. „Tsunade, wie schnell werden wir ein Gegenmittel haben?“ „Hah“, erwiderte sie, „ich kann auch nicht zaubern, Kakashi. Wir hatten es noch nie mit so etwas zu tun. Das wird Zeit brauchen.“ „Die haben wir nicht.“ Dieses Mal seufzte Kakashi hörbar. Tsunade, Shizune und Sakura waren momentan ihre einzige Chance, vor dem Untergang bewahrt zu werden. Aber da sich das Virus nun sicher weiter ausbreiten würde, waren sie hier in Gefahr. Doch wo sollte er sie verstecken? Sie brauchten ja sehr wahrscheinlich einen geeigneten Platz für ihre Arbeit. „Was braucht ihr, um an einem Gegenmittel zu forschen?“ „Ein Labor natürlich“, antwortete Sakura noch unwissend, auf was die Frage abzielte. „Mit einer Laborausstattung. Und natürlich die Proben und all unsere Chemikalien und Tinkturen und Kräuter.“ „Gut, packt eure Sachen so schnell wie möglich zusammen. Ihr könnt nicht im Krankenhaus bleiben.“ „Was? Wieso nicht?“, entgegnete Sakura. „Kakashi hat Recht“, warf Yamato ein. „Wenn ihr infiziert werdet, ist alles verloren.“ Die Jüngste im Raum schluckte. Das war ja überhaupt kein Druck, der ihnen hier aufgebürdet wurde. „Und wo sollen wir deiner Meinung nach hin?“ Tsunade verschränkte stur ihre Arme vor der Brust. „Hmm“, Kakashi lächelte verschmitzt, „ich weiß da schon was.“ Sakura musste den Gesichtsausdruck ihrer Vorgesetzten gar nicht erst sehen, um zu wissen, dass es ihr ganz und gar nicht gefiel, was Kakashi vorschlagen würde. Egal, was es wäre. Der Hokage formte währenddessen Fingerzeichen, durch die Pakkun ins Zimmer gerufen wurde. Kakashi flüsterte dem Mops etwas ins Ohr und warf dabei einen kurzen Blick auf Yamato, der allerdings ebenso fragend dreinblickte wie die anderen. Sakura fragte sich, ob sie das beunruhigen sollte, dass der Hund skeptisch eine Augenbraue hob. „Wirklich?“, hakte Pakkun nach. „Dahin? Na, ich weiß nicht, Kakashi, aber du bist der Boss.“ „Wohin?“, fragte Tsunade zähneknirschend. „Pakkun wird euch den Weg zeigen. Vorher verrate ich es niemandem, denn wenn einer von euch auf dem Weg infiziert würde, wäre die ganze Mühe umsonst.“ Tsunade grummelte nur. Sie hasste es, wenn sie nicht Herrin der Lage war. „Also dann, macht euch auf den Weg, wenn ihr fertig seid.“ Er hielt kurz inne und sah alle drei eindringlich an. „Passt auf euch auf.“ „Ja!“, riefen Sakura und Shizune gleichzeitig. „Ihr auch auf euch“, entgegnete Tsunade, drehte sich um und verließ mit ihren beiden Schülerinnen und einem sich an die Spitze setzenden Mops den Raum. Kakashi erlaubte es sich, einmal hörbar auszuatmen und innerlich den Umstand zu bedauern, dass Shikamaru momentan nicht im Dorf war. In solchen Krisen war er immer eine große Hilfe. Aber er war der Hokage, ob er wollte oder nicht; er musste mit der Situation fertig werden. Kakashi wandte sich an Yamato. „Du holst Sai und Naruto her.“ Mit einem kurzen Nicken verschwand dieser, um seinen Auftrag auszuführen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)