Ein anderer Strang der Zeit von Ruka_S_Orion (Erster Teil - Das Ende einer Ära) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- „Ich wusste es!“ Endymion seufzte der Tür, die er gerade verschlossen hatte, entgegen. „Unterschiedliche Zeitstränge hin oder her, er ist immer noch derselbe!“ „Findest du nicht, du interpretierst zu viel in seine Worte hinein, Serenity?“ „Aha! Du denkst also, ich übertreibe?“ „Das sagte ich nicht.“ „Wäre es übertrieben, zu sagen, er hätte uns bedroht? Wäre es eine Übertreibung, zu sagen, er habe uns nach dem Leben getrachtet? Er hat deine Tochter entführt, Mamoru! Und all unsere Freundinnen! Und sogar mich! Und er hat…“ Serenity zögerte kurz. „Nur weil er nicht mehr die Macht Nemesis‘ nutzen kann, heißt das noch lange nicht, dass seine Einstellung uns gegenüber eine andere ist.“ Trotzig stapfte die Königin an ihrem Thron vorbei, hin zu den weiten Fenstern, die den Blick in den Palastgarten freigaben. Lächelnd schüttelte Endymion seinen Kopf. In ruhiger Tonlage erklärte er: „Ich meinte nicht, dass er ein gänzlich anderer Mensch ist. Nur weiß er nichts von dem, was er in einer anderen Dimension getan hatte. Du kannst ihn nicht für etwas verantwortlich machen, das er getan hätte, wenn. Genauso gut kannst du einer Katze die Schuld am Tod einer Maus geben, nur weil sie eine Katze ist, auch wenn sie zu faul und zu verwöhnt ist, um je einen Nager gejagt zu haben. Wir lernten eine andere Zukunft kennen, Usa. Alles, was wir davon haben, ist die Chance, aus ihr zu lernen.“ „Ich habe aus ihr gelernt. Ich lernte, dass Prince Diamond und seiner Familie nicht zu trauen ist.“ Damit war das Thema für Neo Queen Serenity beendet. Ohne ihm eines weiteren Blickes zu würdigen, schritt sie an Endymion vorbei, hinaus in die bereits fast verlassenen Korridore des Crystal Palace. Sie war unzufrieden mit dem Verlauf der Audienz, enttäuscht, dass Endymion sie nicht verstand, und gleichzeitig verwirrt, warum sie sich überhaupt so aufregte. Zu lange regierte sie nun schon, um sich so leicht aus dem Takt bringen zu lassen. Zu viel hatte sie erlebt, um Angst vor Hirngespinsten wie dem Prinzen unter dem Einfluss dunkler Mächte zu haben. Wieso also hatten seine Worte sie derart die Fassung verlieren lassen? Ohne es zu bemerken, hatten ihre Schritte Serenity in den Palastgarten geführt. Die Sonne war gerade erst hinter dem Horizont verschwunden. Nur ein paar wenige Sterne schafften es bereits, aus ihrem dämmrigen Licht herauszustechen. Sie reckte ihr Gesicht dem Himmel entgegen. Bald würde der Vollmond aufgehen, der seit ihrer Krönung alle vier Wochen heller noch schien, als in den schönsten Sommernächten ihrer Kindheit. Berührte sein Licht ihre Haut, wurden ihre Sorgen, ganz gleich wie groß, beinahe fortgespült. Genießend sog Serenity die frische Abendluft ein, bevor sie langsam weiterlief. Sie schlug den Weg zum großen Brunnen ein, doch noch bevor sie den erreicht hatte, hörte sie vertraute Stimmen, ein melodisches Lachen. Vielleicht war diese Gesellschaft genau das, was sie jetzt brauchte. „Bist du sicher, dass du nicht willst? Ich würde dich auch hinterher wieder aufwärmen.“ „Ruka, lass das! Hast du vergessen, wo wir sind?“ „Das ist mir egal. Ich bin mir sicher, niemand würde sich daran stören.“ Enger noch schmiegte sich Uranus an den Rücken ihrer Geliebten, während sie ihr zärtlich über den Hals küsste. „War mir klar, dass du dir keine Sorgen machst. Ich werde es nicht tun! Es gehört sich nicht, samt Abendkleid in fremde Brunnen zu springen.“ „Wer sagt, dass du das anbehalten sollst?“ „Ruka!“ „Außer uns ist doch sowieso niemand da.“ „Als einen Niemand würde ich mich nicht gerade bezeichnen“, warf Serenity, die sich dem Paar unbemerkt genähert hatte, plötzlich ein. Hektisch versuchte Michiru, sich aus ihrer Lage zu befreien, aber ihre Partnerin ließ nicht locker. Der Königin zugewandt wünschte diese nur: „Guten Abend, Hoheit. Ganz allein wagt Ihr einen Spaziergang durch den Park, zu so später Stunde? Das ist gefährlich. Ihr solltet Euch wenigstens von Eurer Leibgarde begleiten lassen. Bedenkt nur, Euch lauerten liebestolle Lustmolche auf. Oder verwirrte Frauenjäger.“ „Und als was würdet Ihr Euch dann einordnen, Princess Uranus?“ Serenity gab sich größte Mühe, eine besorgte Miene zu dieser Spielerei aufzusetzen. „Ist das nicht offensichtlich?“ Endlich gab die Kriegerin des Windes ihre Gefangene frei, nachdem sie ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange gehaucht hatte. Dann verbeugte sie sich übertrieben tief vor der Königin, wobei sie ihr direkt in die Augen sah und zwinkerte: „Ich bin schon ganz verrückt vor Tollheit.“ Bei diesem Anblick der Prinzessin des Uranus in ihrer schwarzen kurzen Hose und dem wie üblich nur dürftig zugeknöpften weißem Hemd verlor Serenity doch ihre Fassung. Lachend machte sie einen Knicks. Charmant bot ihr Uranus ihre Hand an und führte die Majestät zu der weißen Bank, wo Neptun schon wartete und sich elegant und förmlich verbeugte. „Ich sagte doch, ihr müsst das nicht machen, Michiru. Ich bin aus keinem offiziellen Grund hier.“ „Trotzdem bist du unsere Königin“, bemerkte Neptun lächelnd. „Und immer noch Usagi“, gab Serenity zurück. Mit dem Rücken zum Brunnen setzte sie sich. Wieder sah sie zum Abendhimmel. Uranus ließ sich ihr gegenüber am Rand des gepflasterten Weges nieder und lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen gegen einen größeren Stein. „Was bedrückt dich, Mondhäschen?“ Serenitys Mundwinkel zuckten. Wie viel Zeit auch verging, Uranus und Neptun würden sich nie verändern. „Ich bin mir nicht sicher“, murmelte sie zur Antwort. Neptun setzte sich zu ihr auf die Bank. „Sprich es nur aus. Vielleicht können wir dir ja helfen, deine Gedanken zu ordnen.“ „Bin ich denn so offensichtlich zerstreut?“, fragte Serenity verlegen. Sie wartete jedoch keine Antwort ab. Stattdessen fuhr sie fort: „Es ist wegen… Einer meiner Untertanen ersuchte eine Audienz. Natürlich habe ich ihn empfangen. Nicht ganz freiwillig, zugegebenermaßen. Mamoru hatte mehr oder weniger darauf bestanden. Und jetzt… Meine Vergangenheit, die einst Zukunft werden sollte, trifft mich nun in der Gegenwart. Und das… Ich weiß, dass Endymion Recht hat. Was einst Zukunft werden sollte, spielt heute keine Rolle mehr. Dadurch, dass wir früher kämpften, haben wir alles verändert. Trotzdem verunsichern mich die Schatten einer nicht eingetretenen Wirklichkeit.“ „Himmel, ich verstehe kein Wort!“, stöhnte Uranus sich die Haare raufend. „Sprich Klartext, Usagi! Wer hatte eine Audienz bei dir?“ Anstelle der Königin antwortete Neptun nachdenklich: „Diamond…“ Überrascht blinzelnd sah Uranus zu ihrer Partnerin. Neptun antwortete auf den fragenden Blick augenrollend: „Ist doch klar. Die dunkle Zukunft hatten Death Phantom und Black Moon hervorgerufen. Das Phantom wurde aber ausgelöscht. Die Black Moon Familie lebt allerdings wie gehabt, weil sie nicht mit der Vergangenheit verknüpft war. Und da ich nicht glaube, dass Diamond seinen kleinen Bruder zu einer Audienz schickt und Usagi von einem „Er“ gesprochen hat, kann es nur der Prinz selbst gewesen sein.“ „Klar“, nickte Uranus mit gehobenen Brauen. „Und was wollte er?“ „Er sagt, die Ländereien, die ihm und seiner Familie unterliegen, hätten wirtschaftliche Probleme“, sprach Serenity weiter. „Er meint, meine Macht würde sich auf sein Land weniger positiv auswirken, als auf die anderen Regionen unseres Reiches. Er zweifelt an meiner Macht. Dabei ist der Silberkristall mächtig genug, auf der ganzen Erde zu wirken!“ „Wenn du mich fragst, sind die Probleme eines Landes zuerst bei der regionalen Regierung zu suchen“, knurrte Uranus schlicht. „Er kann nicht den Silberkristall dafür verantwortlich machen, dass er seinen Job nicht richtig erledigt.“ „Ich glaube, er ist neidisch. Was, wenn er wieder versucht, meine Macht an sich zu reißen?“ „Das soll er nur wagen!“ Plötzlich stand Uranus wieder auf den Beinen, die Hände bereit zum Kampf zu Fäusten geballt. Doch Neptun besänftigte ihre Freundinnen: „Das wird er schon nicht. Im Gegensatz zu ihm kennen wir die parallele Zukunft. Wir kennen ihn und wissen, wie er tickt. Machen wir das Beste daraus. Lassen wir ihn lieber nicht aus den Augen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)