Modifizierte Gefühle von Kai_Tsukishima ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Fernab der menschlichen Zivilisation befand sich eine Unterkunft in mitten einer Wüste. In Zeiten des Krieges zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz war jener Ort eine Zuflucht für die Sicherheit vor genau jenen. Nach aussen hin sah diese nicht ungewöhnlich aus, mehr wie ein ganz normales Einfamilienhaus. Doch mitten im Nirgendwo würde niemand einfach so leben wollen. Unterhalb der Erdoberfläche war ein komplexes Untergrundsystem eingerichtet und fungierte daher als Basis für wissenschaftliche Forschungen. „Tachibana-san, ich habe Ihnen etwas zu berichten.“ Ein Mann mittleren Alters in einem weissen Kittel betrat einen Raum, gefüllt mit verschiedensten Elektronikgeräten und Kabeln, ging auf eine jüngere Frau mit langen braunen Haaren und ebenfalls einem weissen Kittel zu, welche mit diversen Dokumenten beschäftigt schien, sich jedoch die Zeit für den Herren nahm. „Worum geht es denn, Kaname-san?“ Ihr Blick blieb auf ihren Dokumenten, doch ihre Aufmerksamkeit ruhte ruhig auf den Worten des Gegenübers. Dieser überbrachte die Nachrichten von oberster Dringlichkeit, sorgte dafür, dass sie von ihren Unterlagen aufsah, gar sich von ihrem Stuhl erhob. Sie schickte ihn weg, raus aus der Unterkunft, weit weg von diesem Ort. Die junge Frau verliess den Raum, in welchem sie sich befand und betrat einen Nebenraum. In jenem ging sie auf einen Operationstisch zu, auf dem sich ein Körper eines jungen Mannes befand. Der lange Körper dessen füllte den Tisch komplett aus, seine kurzen blonden Haare schienen perfekt, nicht zerzaust. Eine schmale, schwarze Brille zierte sein Gesicht, seine Augen. Er schien zu schlafen. Sie beugte sich zum Körper herunter, direkt neben sein Ohr. „Kei, wach auf…“, flüsterte sie leise in dieses, hielt dabei seine rechte Hand. Der Angesprochene öffnete wie auf Befehl langsam seine Augen, blickte in das Gesicht der jungen Frau. Diese lächelte sanft entgegen, bat ihn sich aufzusetzen. „Was gibt es denn, Tachibana-sama?“, wollte er von ihr wissen, den Blick nicht abwendend. Sie setzte sich ebenfalls auf den Tisch, direkt neben ihn, seine Hand weiter haltend. In seinem Gesicht war keinerlei Interesse zu sehen, trotzdem schien sie wie gebannt von jenem zu sein. „Würdest du mich, nur dieses eine Mal, Yuzuru nennen?“ Er verstand den Sinn dahinter nicht. Doch auch diesmal gehorchte er dem Befehl. Er drückte ihre Hand etwas, nicht über seine Kräfte kontrolliert. Leicht verzog sie das Gesicht, lächelte jedoch weiter. „Yuzuru.“ Sie bedankte sich dafür, dass er ihrem Wunsch nachkam, sprach daraufhin einen weiteren aus. „Weisst du, wie man küsst, Kei?“ Erneut verstand er nicht, was sie wollte, doch antwortete er ihr. „Nur in Ihren Manga davon gelesen, Erfahrungen habe ich da nicht.“ Sie musste kichern. Diese Antwort hätte sie sich auch selber geben können. Trotzdem wollte sie es aus seinem Mund hören. Die Hand, welche sie hielt, liess sie los um sich auf seinen Schoss zu setzen. Auch wenn ihre Knie davon schmerzten, sie wollte ihm nur in diesem einen Augenblick so nah wie noch nie sein. „Würdest du es dann mit mir ausprobieren?“ Auch wenn das für den Grösseren seltsam war, so liess er sie machen. Er nickte etwas, legte seine rechte Hand auf ihre Wange, näherte sich ihrem Gesicht und legte seine Lippen auf die ihrer. Beide schlossen ihre Augen, verharrten einige Sekunden in dieser Haltung, bevor sie sich wieder voneinander lösten. Die schmalen Augen, welche durch die Brille direkt in die ihrer sahen, schienen emotionslos. Sein Gegenüber kicherte leise vor sich hin, während er ihr Gesicht musterte. Sie schien amüsiert darüber zu sein, was er nicht nachvollziehen konnte. „Heute haben Sie seltsame Befehle, Tachibana-sama.“ „Das sind keine Befehle, Kei. Das sind ‚Bitten‘.“ „… Bitten?“ Erneut entfuhr ihr ein Kichern, strich ihm währenddessen durch die blonden Haare. „Irgendwann wirst du es vielleicht verstehen.“ Er verstand nicht, was sie ihm damit sagen wollte, doch fragte er nicht weiter nach. „Könntest du mir noch eine letzte Bitte erfüllen?“ Ohne zu zögern nickte er. Nie schlug er ihr einen Befehl aus. So würde er auch keine dieser ‚Bitten‘ ausschlagen. Sie liess ihre Arme auf die Schultern seiner sinken, rückte noch etwas näher an ihn heran. „Umarme mich.“ Seine Augen weiteten sich ein Stück. „Aber, dass…-“, begann er, wurde jedoch von einem Kopfschütteln unterbrochen. Sie bestand darauf, dass er dieser Bitte nachkam. Langsam legte er seine Arme um ihre Hüfte, drückte ihren Körper etwas mehr an seinen eigenen. Er schien behutsam zu sein, wissend, dass er nicht zudrücken durfte. Durch das immer feste zusammendrücken ihrer Arme an seinen Schultern wollte sie ihm zu verstehen geben, dass er sie eng an sich drücken sollte. Der Forderung kam er, wenn auch sehr widerwillig entgegen. Sie forderte ihn erneut auf, noch fester zuzudrücken – so fest er nur konnte. Kurz stoppte er, hinterfragte für einen Moment diese Handlungen, ging der Forderung aber nach. Leise bedankte sie sich, drückte sich ein letztes Mal fester an ihn. Kurze Zeit später bebte die Erde, die Lautsprecher erklangen: *BEEP BEEP BEEP BEEP* SELBSTZERSTÖRUNG AKTIVIERT. SELBSTZERSTÖRUNG AKTIVIERT. DIE BASIS WIRD IN DREISSIG MINUTEN DEN SELBSTZERSTÖRUNGSPROZESS DURCHLAUFEN. DIE BASIS WIRD IN DREISSIG MINUTEN DEN SELBSTZERSTÖRUNGSPROZESS DURCHLAUFEN. DATEN WERDEN UNWIDERRUFLICH GELÖSCHT. WIEDERHOLE. Verwirrt löste er die Umarmung, wollte wissen, was vor sich ging. Doch er erhielt keine Antworten seitens der jungen Frau. Er drückte sie leicht von sich weg, blickte in ihr Gesicht. Ihre Arme fielen leblos von seinen Schultern runter, am Mundwinkel lief Blut heraus, die Augenlieder umschlossen die Augen. Sie schien ein friedliches Gesicht zu machen. „Tachibana-… sama? … Yu…zuru…?“ Er konnte dem Geschehen nicht ganz folgen. Verstand nicht, wieso sie nun leblos in seinen Armen lag. Da seine Kraft nicht einschätzbar war, konnte er nicht erahnen, dass er sie mit dieser Umarmung um ihr Leben bringen würde. Er legte ihren leblosen Körper auf den Operationstisch, nicht wissend, was er tun sollte. Als er sie so betrachtete, fiel ihm in ihrer linken Hand etwas auf. Es schien wie ein kleiner Brief zu sein. Dieser nahm er ihr vorsichtig aus der Hand, öffnete diesen und begann zu lesen. Kei, Wenn du diesen Brief liest, werde ich bereits das Diesseits verlassen haben. Entschuldige meine feige und egoistische Art, einfach zu verschwinden und dich alleine zurück zu lassen. Kaname-san hat den Ort bereits verlassen und wird sich in Sicherheit bringen. Für seine Hilfe all die Zeit über bin ich sehr dankbar. Falls du ihn also irgendwann wiedersehen solltest, richte ihm das bitte aus. Ich bin unheimlich schlecht mit Worten. Falls du die Wahrheit über das alles hier… Über dich wissen möchtest, findest du die Unterlagen in meinem Büro. Nimm sie mit und verschwinde von hier. Hasse mich dafür, was ich getan habe. Irgendwann kannst du es, bestimmt. Lebwohl. Den Brief legte er ihr auf die Brust, emotionslos blickte er ihr ins Gesicht. Wollte er wissen, worum es hier ging? War es das, was er wissen wollte? Keiner der Fragen konnte er sich selber beantworten, doch er ging in ihr Büro, um die Unterlagen zu dieser „Wahrheit“ zu finden. Dennoch würde er die Basis nicht verlassen. Er hätte nicht gewusst wohin er hätte gehen sollen. Im Büro fand er auf dem Tisch eine Art Tagebuch, mit der Aufschrift ‚Kei Tsukishima‘. Als er diese las, verspürte er ein leichtes Stechen an der linken Schläfe. Verwirrt über den Schmerz, welchen er bisher nie kannte, nahm er das Buch, setzte sich auf den Stuhl und öffnete jenes. Dieses blätterte er kurz durch. Sehr viele Einträge waren es jedoch nicht gewesen. Kopfschütteln schlug er die erste Seite auf und begann zu lesen. Tag X Wir haben es geschafft! Wir konnten den Affen so modifizieren, dass er zwar aussieht wie einer, sich aber nicht so verhält wie seine Artgenossen. Zwar mussten viele ihr Leben während den Experimenten lassen, doch es diente alles zu einem guten Zweck! Vater sagte, dass es nicht mehr lange dauern würde, dann könnten wir Menschen so das Leben retten! Tag XX Vater sagte, dass wir sofort das Labor verlassen müssten. Die Geheimdienste würden uns verfolgen und unsere Arbeit zunichtemachen wollen. Ich kann aber nicht verstehen, was falsch an unserer Arbeit ist?! Wir möchten eine Möglichkeit erschaffen, Menschenleben zu retten. Ich werde nochmals mit ihm sprechen müssen. Tag XXX Der Affe hat Vater getötet. Er ist völlig ausgerastet. Es war doch ein fehlgeschlagenes Experiment. Daher musste ich ihn ebenfalls töten. Den Selbstzerstörungsknopf, welchen wir ihm unter die Haut implantiert hatten, war nicht einfach zu betätigen. Und die Sauerei danach war auch alles andere als angenehm. Ich muss da unbedingt noch einiges ändern, wenn ich Erfolge erzielen will. Tag XXXX Ich habe ihn gefunden… Den Jungen, welchen ich für immer an meiner Seite haben möchte! Doch er ist stur, widerspenstig und alles andere als bereitwillig mitzukommen. Vater sagte immer, dass ich alles bekommen würde, wenn ich mich anstrenge. Also werde ich auch ihn bekommen. Auf meine Art! Tag XXXXX Endlich ist der Tag der Erwachung gekommen… Kei hat die Modifizierung gut überstanden. In ihm ist nichts menschliches mehr. Weder Gefühle noch Schmerzen. Zwar benötigen wir enorm viel Strom um seine Reserven aufzuladen, aber es war es allemal wert! Seine Erinnerungen sind auch erloschen, das macht das Ganze noch viel einfacher. Tag XXXXXX Kaname-san sagte, ich wäre krank. Dass ich einen gesunden Menschen so modifiziere, damit er mir gehorcht und bei mir bleibt. In meinem Inneren habe ich das Gefühl, dass er Recht hat. Doch ich kann nichts mehr rückgängig machen. Ich versuche nun ihm ein schönes Leben zu ermöglichen. Ich habe mir selber einen Selbstzerstörungsmechanismus eingebaut. Sobald ich sterbe, wird auch die ganze Basis in die Luft gejagt. Ebenfalls werden sämtliche Dokumente unwiderruflich gelöscht, so das weder FBI, CIA oder was es da sonst noch für Geheimdienste gibt, an jene Daten kommen können. Tag XXXXXXX Es war ein Fehler ihn zu modifizieren. Nichts an ihm erinnert an den Kei, den ich kennengelernt habe. Er ist jemand ganz anderes. Er ist… Nichts weiter als ein Roboter. Ich mag ihn schon, aber das war nicht das, was ich mir erhofft hatte. Modifikationen bringen niemals das gewünschte Resultat. Wir müssen noch daran arbeiten den Modifizierten Gefühle einzuhauchen. Vielleicht kann ich Kei dann auch lieben? Wir werden daran arbeiten… Patient 439 – Kei Tsukishima Der Blonde schloss das Buch, legte es auf den Tisch. Er konnte nicht zuordnen, wie er das aufgefasste registrieren sollte. Da keinerlei Gefühle da waren, war ihm nichts weiter als Gleichgültigkeit vergönnt. Auch mit dem Wissen, welches er nun über sich und über sie in Erfahrung gebracht hatte, konnte er dieses Gefühl von Hass und Wut nicht aufbringen. Die Leere in ihm war noch genau so gross, wie zuvor. Nicht wissend, was er mit den Informationen anstellen sollte, begab er sich wieder zurück zum Nebenraum, steuerte geradewegs auf den Tisch mit ihrem leblosen Körper zu. *BEEP BEEP BEEP BEEP* UNBEFUGTE HABEN DAS LABOR BETRETEN. UNBEFUGTE HABEN DAS LABOR BETRETEN. SELBSTZERSTÖRUNG WIRD SOFORT EINGELEITET. SELBSTZERSTÖRUNG WIRD SOFORT EINGELEITET. IN 3… 2… 1… Bevor die ganze Basis in die Luft ging, griff er nach der Hand ihrer, lächelte das erste und auch das letzte Mal, als er diese fest zudrückte. Alles, was einst in dieser Unterkunft war, stattfand, wurde mit nur einem Mal komplett ausgelöscht. Nichts war mehr übrig, nicht einmal die Überreste ihrer… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)