Nimm meine Hand von mickii-K (Der Weg aus der Einsamkeit) ================================================================================ Kapitel 5: Konohas Stirnband ---------------------------- Eine gefühlte Ewigkeit lang war Yukiko im Dorf umhergeirrt. Sie konnte nicht nach Hause, denn sie hatte das Gefühl dort möglicherweise zu ersticken. Alles was sie im Moment wollte, war, alleine zu sein. Sukiko wollte sich den Luxus gönnen und in Selbstmitleid baden, denn ihr war das vorhin definitiv zu viel geworden. Tsunades Worte hatten sie verletzt und daran erinnert, dass sie nicht normal war. Dass sie nie normal sein würde. Egal wie sehr sie sich auch bemühte. Wie ein Giftnebel schlich sich das Gefühl der Einsamkeit in ihr hoch und infizierte ihr Herz. Schwer atmend krallte ihre Hand sich in den dunkelblauen Stoff über ihrem Herzen. Es schlug viel zu stark gegen die Brust, als würde es gegen die aufkommenden Gefühle ankämpfen. Vergeblich. Yukiko hatte schon zu oft diesen Kampf gegen die Dunkelheit in ihrem Inneren verloren. Im Grunde war sie damit aufgewachsen. Ihre Lippen verzogen sich zu einem verbitterten Lächeln. Man könnte fast meinen, sie hätte vor fünf Jahren einen alten Feind wiedergefunden. Jemanden, bei dem man sich wünschte, ihm eigentlich nie zu begegnen und doch war er seit jeher ihr treuer Begleiter. Kurz schüttelte sie den Kopf in der Hoffnung, dass ihre Gedanken somit verschwanden. Erst jetzt, wo sie auf die Straße achtete, bemerkte sie, dass sie vor dem großen Haupttor stand. Mit einem gezwungenen Lächeln grüßte sie die zwei Aufpasser in der Holzhütte und ging weiter. Kurz sah sie sich um und überlegte, wo sie nun hingehen sollte. Irgendwo, wo ihr mit Sicherheit keine Menschen über den Weg laufen würden. Sie entschied sich, in den Wald zu gehen. Mit viel Schwung sprang sie hoch auf einen Ast und machte sich auf die Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Yukiko brauchte Zeit zum Nachdenken, um ihre Entscheidung, hierher zu ziehen, zu überdenken. Im Moment verlief ihr Leben nicht so, wie sie es geplant hatte. Seit Juni haderte sie mit sich, ob sie ihren Freundinnen hätte folgen sollen. Die Nachricht, dass ihre Mentorin nun Hokage geworden war, hatte sie überrascht. Denn Yukiko wusste, dass Tsunade es in Konoha nicht aushielt. Zu viele scheußliche Erinnerungen hatten an diesem Ort ihre Wurzeln. Und doch hatte die Hokage sich entschieden, einen Neustart zu versuchen. Einen Neustart, den sich auch Yukiko sehnlichst wünschte. Sie hatte es satt, immer nur von einem Ort zum anderen zu ziehen. Sie hatte es satt, für ein bisschen Geld immer irgendwo auszuhelfen, statt einer richtigen Arbeit nachzugehen. Vor ungefähr einem Jahr hatte sie beschlossen, sich von Tsunade und Shizune zu trennen, um zurück ins Wasserreich zu gehen. Zurück nach Kirigakure. Nur um sich und ihre Familie für tot erklären zu lassen. Als entfernte Verwandte hatte sie behauptet, dass sie seit dem Angriff von Iwagakure nichts mehr von ihnen gehört hatte. Eine Aussage, die nach einem Kriegszustand und der Dauer von vier Jahren, ausreichte, um jemanden für tot zu erklären. Yukiko hatte gehofft, dadurch eine Art Schlussstrich ziehen zu können. In der Hoffnung irgendwie dieser Vergangenheit zu entfliehen – einfach irgendwie damit abzuschließen.! Doch seit sie beschlossen hatte, wieder in einem Shinobidorf sesshaft zu werden, plagten sie die Träume von jenem Tag. Bilder flackerten erneut vor ihrem Auge auf, die sie mit einem Kopfschütteln versuchte abzuschütteln. Warum nur machte sie sich überhaupt die Mühe und kämpfte für ein besseres Leben? Dais Worte echoten in ihrem Kopf wieder, dass sie leben musste. Er hatte es gewollt und sie brachte es nicht übers Herz, ihn zu enttäuschen. Sie schnaubte bei diesem Gedanken. Als ob man einen toten Menschen verletzten könnte. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor war aufzugeben, konnte sie es nicht. Denn genau wie jetzt plagte sie das schlechte Gewissen, nur weil sie über ihre Kapitulation nachdachte. Wenn sie aufgeben würde, wäre sein Tod umsonst gewesen. Tsunades und Shizunes Bemühungen wären unnötig und dieser Neuanfang eine totale Energie- und Zeitverschwendung. Das konnte sie nicht zulassen! Plötzlich rutschte sie auf einem Ast aus und fiel unsanft auf den Boden. „Verdammt!“, zischte sie genervt und verzog schmerzverzerrt ihr Gesicht. Heute war echt nicht ihr Tag. Müde lehnte sie sich an den Baumstamm und ließ ihren Blick umher wandern. Ihre Augen blieben an einem kleinen Felsvorsprung hängen. Davor war ein kleiner Teich, auf dem wilde Wasserrosen blühten. Dieser wurde von einer grünen Wiese umrahmt, auf welcher vereinzelte Blümchen zu entdecken waren. Es war wunderschön und erfüllte die Luft mit einem angenehmen Duft. Bei dem Anblick, der sich ihr bot, bildete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Mit einem leisen Keuchen stand sie auf und ging näher zum Teich. Ein paar orange Fische schwammen herum und auch zwei Frösche konnte sie am Rande erkennen. Ja! Hier könnte sie sich von ihren Strapazen erholen. Lächelnd legte sich Yukiko hin und reckte ihren Kopf gegen das bisschen Sonnenlicht, welches durch das bunte Laub der Baumkronen durchschien und genoss das Kitzeln der Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Sie schielte zum Himmel über dem Felsvorsprung. Er war blau, doch an den Rändern konnte sie dunkle Wolken erkennen. Yukiko schloss ihre Augen und versuchte der Natur zu lauschen und sich zu entspannen. Dieser Tag hat erst vor kurzem angefangen und schon war sie vollkommen erschöpft. Natürlich hatte sie überreagiert, aber war es ihr zu verübeln? Tsunade wusste nur allzu gut, wie sehr sie ihr Kekkei Genkai verabscheute. Gedankenverloren hob sie ihre Hände in die Luft und musterte sie. Yukiko war sich sicher, dass diese Gabe ein Fluch war. Es gewährte ihr kein normales Leben. Schon von klein auf nicht. Arisu hatte damals schon panisch reagiert, als Yukiko zum ersten Mal im Bad mit dem Wasser gespielt hatte. Bei dem Gedanken an Arisu stahl sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel. „Ach verflucht.“, brummte sie genervt und schloss die Augen. Heute war wirklich nicht ihr Tag. Es war gut, dass sie alleine war. So konnte sie ihren aufgestauten Gefühlen endlich mal freien Lauf lassen. Eine kühle Brise ließ sie frösteln, weshalb sie verwirrt blinzelte. Sie war tatsächlich kurz eingenickt. Mit einem Seufzen setzte sie sich auf und sah zum Himmel. Es waren dunkle Wolken aufgezogen, weshalb sie nicht erahnen konnte, wie spät es war. Nicht, dass sie schon zurück wollte. Das konnte sie sich selbst noch nicht zumuten. Just in dem Moment hörte sie einen kleinen Ast neben sich knacksen. Entsetzt überschlug sich ihr Herz. Sie fühlte, wie es wild gegen ihren Brustkorb trommelte und jede Zelle ihres Körper vor Nervosität zu kribbeln anfing. Ein merkwürdiges Rascheln zu ihrer Rechten zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Doch statt einem farbenreichen Wald, sah sie in das Gesicht eines Shinobi. Erschrocken schnappte sie nach Luft und spürte, wie ihre Instinkte die Steuerung über ihren Körper übernahmen. Geschwind trat sie dem Mann an das rechte Schienbein, dass er überrascht nach hinten fiel. Schnell setzte sie sich auf ihn drauf und bildete in der Luft ein Kunai aus Eis. In dem Moment wurde sie herumgewirbelt. Schwer presste sich ihr Angreifer auf sie und hielt ihre beiden Hände über ihrem Kopf. Verzweifelt zerrte sie gegen seinen festen Griff und starrte wutentbrannt in das Gesicht des Shinobi. Plötzlich stockte sie und hielt mit der Abwehr inne, als ihr klar wurde, wer auf ihr lag. Ihr Burstkorb hob und senkte sich schnell, während sie um Atem rang. Fassungslos sah sie in die dunkle Iris ihres Gegenübers. Er hatte die Augenbraue zusammengezogen und beobachtete sie mit Argusaugen. Yukiko spürte seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht, fühlte das Gewicht seines Körpers, unter dem er sie fixiert hatte. Kurz hielt sie die Luft, in der Hoffnung das Tempo ihres Herzens zu drosseln. Doch als sie erneut einatmete und der Sauerstoff mit seinem Geruch nach Moos und Minze vermischt wurde, überschlug sich ihre kleine Pumpe erneut. Wie gebannt sah sie zu ihm auf. Seine Iris war so dunkel, dass sie den Übergang zur Pupille gar nicht ausmachen konnte. Doch es war die Tatsache, dass sie keine Emotionen in seinem Opal erkennen konnte, der ihren Adrenalinspiegel wieder in die Höhe trieb. Wenn ein Shinobi einen so kalt musterte, wusste man, dass sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Man konnte auf ihn einreden, doch er hätte all seine Gefühle isoliert. Unnahbar. Unmenschlich. „Verdammt, das war knapp“, seufzte er und riss sie aus ihren Gedanken. Seine tiefe Stimme bescherte ihr eine Gänsehaut. Verwirrt über die Reaktion ihres Körpers runzelte sie die Stirn. „Hätte nicht gedacht, dass du angreifst“, meinte er unberührt und ließ langsam ihre Hände los, als würde er abschätzen, ob er ihr trauen könnte. Nachdenklich runzelte sie ihre Stirn und richtete sich langsam auf, als er von ihr runterrollte und sich neben sie setze. Warum hätte es knapp sein sollen? Nie und nimmer war sie so gut, um ihn in Bedrängnis zu bringen. So viel Unglaubliches hatte sie von ihm gehört. Er war angeblich einer der besten hier in Konoha. Konohagakures Kopierninja. Kakashi Hatake. Gai hatte ihr von ihm erzählt. Ihr Nachbar hatte ihr nämlich empfohlen sich einen Rivalen zu suchen, um ihre Leistung zu steigern, wenn sie zu einer Kunoichi ernannt wurde. Denn so hatte es Gai auch zu etwas gebracht. Dank seinem Erzrivalen Kakashi hatte er stets ein Ziel vor Augen. „Was wollen Sie hier?“ Sie rutschte ein wenig von ihm weg und massierte sich nachdenklich die Handgelenke, wo er sie festgehalten hatte. Es fühlte sich so an, als würden tausende Ameisen über diese Hautstellen laufen. Ein Prickeln, was sie nicht richtig einordnen konnte. „Bitte duz mich. Wir sind ja nun Kollegen. Ich bin Kakashi Hatake.“ Er schien sie anzulächeln, wenn sie die Falten an seinem Augenwinkel richtig einordnete. Langsam beruhigte sich Yukikos Puls und sie lächelte ihm entschuldigend zu. „Tut mir wirklich leid, Kakashi. Ich wollte dich nicht angreifen. Ich … ach ich weiß auch nicht.“ Peinlich berührt sah sie zu ihren Füßen. Ein leichtes Ziehen an ihrem Kopftuch ließ sie überrascht zu Kakashi schauen. Erschrocken weiteten sich ihre Augen, als sie nur ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. Was war denn nur mit diesem Shinobi los? Er jedoch hatte seinen Fokus auf etwas anderes gelegt. Neugierig folgte sie seinem Blick und erkannte den Grund für das Zupfen an ihrem Kopftuch. Mit seinen Fingern zog er am Eiswürfel, der das angebrachte Glöckchen umschloss, und drehte es musternd herum. „Ehm …“ Yukiko wollte ihn eigentlich fragen, was das sollte. Doch als er ihr wieder in die Augen sah, verschlug es ihr die Sprache. Sein schwarzes Auge war unergründlich. Sie hatte das Gefühl von einem schwarzen Strudel angezogen zu werden. Ihr Magen zog sich nervös zusammen, während ihr Herz erneut zu einem schnelleren Tempo ansetzte. Vollkommen gebannt musterte sie ihn. Yukiko hatte das Gefühl in seinem dunklen Opal zu versinken. Kurz schüttelte sie den Kopf, um zur Besinnung zu kommen und entriss dabei das Glöckchen aus seiner Hand. Verlegen fuhr sie sich mit der linken Hand über den Nacken und massierte ihn leicht. Was um alles in der Welt war da gerade passiert? Sie verstand es nämlich nicht. Nachdenklich musterte sie den kleinen Teich vor ihr und versuchte ihre innere Ruhe wiederzufinden. Kakashi räusperte sich neben ihr und brachte erneut ihr Herz dazu, aufgeregt Purzelbäume zu schlagen. „Hyouton?“, fragte Kakashi, um vermutlich dieser peinlichen Situation zu entgehen. Yukiko schmunzelte dankbar und schielte zu dem Mann neben ihr. „Ja“, nickte sie darauf hin und löste den Würfel auf. Sie wollte auf keinen Fall, dass er noch einmal auf die Idee kam, ihr so nahe zu kommen. Das helle Klirren der Glocke erfüllte die Luft. Yukiko sah wieder zum Teich und schloss die Augen. Sie genoss diesen Klang sehr. Er erinnerte sie an ihren Kater, den sie als Kind gefunden und adoptiert hatte. Es war eine schöne Erinnerung an damals. Wo die Zeit noch unbeschwerlich war, und ihr größtes Problem aus Hausaufgaben und Arisu bestand. „Darf ich mal?“ Seine tiefe Stimme riss sie aus den Gedanken. „W..Was?“ Verwirrt sah sie ihn an, da sie nicht verstand, was er wollte. Kleine Falten bildeten sich um sein rechtes Auge, als er sie belustigt musterte. „Das Kunai! Darf ich es mir mal ansehen?“, wiederholte er seine Frage und deutete auf die Waffe in ihrer Hand. „Ja.. Klar. Hier!“ Sie reichte es ihm, darauf bedacht ihn nicht noch einmal zu berühren. Ihr gefiel es nicht, wie ihr Körper auf ihn reagierte. „Dieses Eis schmilzt nicht und ist dichter als normales Eis. Deshalb auch bestandsfähiger. Ich habe das nur einmal gesehen“, murmelte er vor sich hin, während er es in seinen Händen hin und er wiegte. „Ach, du kennst es?“ Neugierig sah Yukiko zu ihm. Sie war noch nie jemandem begegnet, dem ihre Gabe bekannt war. Er nickte. „Ich habe einmal gegen jemanden gekämpft, der auch dieses Kekkei Genkai hatte. Nur verwendete er eine spezielle Technik. Nicht so wie du, die das Eis in gefährliche Waffen formt.“ Zum Ende hin triefte seine dunkle Stimme vor Schalk. Peinlich berührt biss Yukiko sich auf die Unterlippe und sah weg. „Mir tut das von vorhin wirklich leid. Du brauchst es mir nicht auch noch vorzuhalten. Ja?“, murmelte sie verlegen. Kakashi kicherte dunkel. Er schien sich über ihre Reaktion prächtig zu amüsieren. „Werde ich nicht mehr. Versprochen.“ „Du kennst also jemanden, der auch das Hyouton beherrscht! Erzähl mir bitte mehr“, forderte die weißhaarige ihn auf, da sie wirklich mehr erfahren wollte. „Hmn. Der bekannteste Clan, der dieses Kekkei Genkai hatte, war der Yuki-Clan aus Kirigakure. Zu denen gehörte auch der Junge, den ich kannte“, erzählte er. Verwirrt zog Yukiko die Augenbrauen in die Höhe. Wieso hatte sie noch nie davon gehört? Warum hatte ihr Dai nicht erzählt, dass es diesen Clan gab und sie nicht alleine damit war? Wusste Arisu auch davon? Hat sie ihr deshalb den Namen Yukiko geben? Yukiko erinnerte sich noch genau, wie sie sich als Mädchen bei Arisu beschwert hatte, weil sie keinen süßen Namen, wie die anderen im Dorf, hatte. Doch Arisu hatte gemeint, dass er zu ihr passen würde. Immerhin hatte sie weiße Haare, die die alte Frau an frisch gefallenen Schnee erinnerten. „Gibt es den Clan noch?“, fragte Yukiko ihn. Selbst Tsunade und Shizune hatten ihr nichts davon erzählt gehabt. Warum? Doch die Frage konnte sie sich selbst beantworten, als Kakashi schwach mit dem Kopf schüttelte. Niemand wollte, dass sie sich Sorgen machte. „Wieso?“, bohrte sie weiter nach. Sie wollte die ganze Wahrheit erfahren. „Nun …“, setzte er an und sah zum Felsvorsprung, „Kirigakure ist ein sehr … düsterer Ort. Es gibt kein vergleichbares Dorf, das so blutrünstig war wie das im Wasserreich. Durch ihre recht spezielle Hierarchie und dem Auswahlverfahren in der Akademie hatte das Land den Bezug als Gemeinschaft verloren. Nach etlichen Kämpfen, auch unterhalb der eigenen Leute, wurde der Hass zu den Menschen mit besonderen Kräften geschürt. Die Bewohner hatten Angst vor dem, was sie nicht kannten und dadurch, dass der Yuki-Clan immer wenige Verluste bei den Kämpfen erlitt, hatte es sich herumgesprochen, wie furchterregend und stark sie waren. Plötzlich spaltete sich die Gesellschaft noch mehr. Die Menschen machten regelrecht jagt auf jene, die ein Kekkei Genkai besessen haben. Unter anderem auch auf den bekanntesten Clan.“ Fassungslos sah sie ihn an. Nun verstand sie endlich die Panik von Arisu, wenn sich Yukiko nicht an die Geheimhaltung hielt und ihre Gabe herzeigte. Erst jetzt konnte sie die Angst nachvollziehen und verstehen, warum sie immer quer durchs Wasserreich gezogen waren. „Jemanden aus dem Yuki-Clan zu begegnen, grenzt nahezu an ein Wunder. Die wenigen Überlebenden sind nämlich aus Angst gänzlich untergetaucht“, murmelte Kakashi leise. Ein eiskalter Schauer rieselte Yukiko über den Rücken. Auf ihren nackten Arme breitete sich eine Gänsehaut aus, die Kakashi zu registrieren schien. Sein Auge durchbohrte ihre regelrecht, als würde er in ihren Kopf blicken wollen. Sie schmeckte die bittere Galle, die ihre Zunge benetze, als sich ihr Magen zusammenzog. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass ihre Gabe tatsächlich ein Fluch war. Dass sie zu jenen Menschen gehörte, die anderen Leid brachten. Dass sie ein Monster war, welches in ihrer Heimat gejagt wurde. „Nun denn“, riss sie seine tiefe Stimme aus den Gedanken. Verlegen sah Yukiko zu ihm hoch. Er schloss sein Auge und es wirkte erneut so, als ob er lächeln würde. „Jetzt brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Du bist jetzt eine von uns hier. Hier schätzen wir Menschen mit außergewöhnlichen Kräften sehr“, versuchte er sie zu trösten. Doch seine Worte bohrten sich tief in ihr Herz. Sie wollte nicht, dass man sie als eine Waffe sah. Dass man sie genau dafür einsetzte, wovor sich ihre Landsleute fürchteten. „Ich hab gehört, dass du jetzt ein Genin bist. Ich sollte dir das vorbeibringen.“ Er reichte ihr das Konoha Stirnband. „Deshalb bist du hier?“ Aus irgendeinem Grund war sie enttäuscht. Aber sie wusste nicht warum. Yukiko nahm das Stirnband an sich und betrachtete es wehmütig. Ihr erstes Stirnband. Nun war sie es doch, eine Kunoichi. Es versetzte ihr einen Schlag in die Magengrube. Ihr Blick verschleierte sich, als sie an das viele Leid dachte, welches die Shinobi über die Menschen gebracht hatten. Sie wollte nicht so werden! Bebend sog sie die Luft ein und blinzelte die Tränen weg. Kurz schielte sie hoch zu Kakashi, um sicherzugehen, dass er nichts bemerkt hatte. Das Letzte, was sie wollte, war vor ihm wie eine Heulsuse dazustehen. Deshalb grinste sie ihn an und hielt sich das Stirnband demonstrativ an die Stirn. „Und, steht es mir?“ Yukiko glaubte ein Schmunzeln zu erkennen, aber sie war sich nicht sicher, da er fast das ganze Gesicht verdeckt hatte. „Naja …“, er schien nach den richtigen Worten zu suchen und kratze sich an der Wange. Sie kicherte über seine Reaktion. „Und hier, so am Hals?“ Schnell band sie es um ihren Hals und sah ihn neugierig an. „Steht mir richtig toll, nicht? Ich sehe furchteinflößend aus, oder?“, plapperte sie drauf los. Irgendwie machte es sie nervös, dass er sie so anstarrte. „Besser, als auf der Stirn. Doch furchteinflößend … Nein, wohl eher nicht.“ Seine Stimme klang belustigt und kleine Falten bildeten sich wieder am Rande seines Auges. Plötzlich sah sie ihn verwirrt an und weitete übertrieben ihre Augen. „Was ist?“, fragte er sichtlich verwirrt über ihren plötzlichen Stimmungswandel. Sie hatte wirklich damit zu kämpfen nicht loszulachen. „Kein – Willkommen im Klub – oder etwas dergleichen?“, fragte sie entrüstet. Als er sie dann ansah, als wäre sie von allen guten Geistern verlassen, prustete sie laut los. „War ein Scherz“, sie wischte sich theatralisch die Tränen weg, die ihr vor Lachen gekommen waren. Kakashi schnaubte bloß und schüttelte mit dem Kopf. Sie konnte nicht anders, als sich über seine Reaktion zu amüsieren. Es war merkwürdig und vollkommen unlogisch, denn obwohl er einer der gefährlichsten Shinobi in Konoha war, fühlte sie sich in seiner Nähe wohl. Ohne weiter darüber nachzudenken, sprang sie auf und zog ihn mit sich hoch. Naja, eigentlich war er selbst aufgestanden, nachdem er gemerkt hatte, was sie wollte. „Komm. Wir essen jetzt etwas zur Feier des Tages.“ Sie grinste ihn über die Schulter an, während er ihr sichtlich überrumpelt hinterher ging. Wie auf ein Kommando setzte ihr Magen zu einem lauten Knurren an, was beide zum Lachen brachte. 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