O(h) und A(h) Romanze von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 23: Folge 23 (Die Kettenaffäre) --------------------------------------- Es regnete noch immer. Oscar kam aus dem Gefängnisgebäude und hüllte sich in ihren Regenumhang ein. André stand mit beiden Pferden am Tor und reichte ihr die Zügel ihres Schimmels. „Und hast du Rosalies Ring zu ihrer Schwester überbringen können?“ Oscar nahm die Zügel und dabei berührte sie unbeabsichtigt die nassen und kühlen Finger von André. Sie dachte sich nichts dabei und dennoch stieg für einen kurzen Moment ein warmes Gefühl in ihr hoch. „Ja.“ Sie schob ihren Fuß in den Steigbügel und stieg auf ihren Schimmel. „Jeanne wollte den Ring nicht haben, aber ich habe ihn ihr trotzdem in der Zelle gelassen.“ „Ich verstehe nicht, wie kann man so gefühlskalt sein? Schließlich ist das der Ring von ihrer verstorbenen Mutter.“ André verstand es wirklich nicht. Er stieg auf sein Pferd und zusammen mit Oscar ritten sie durch den Regen in Richtung des Anwesens. Oscar gab ihm keine Antwort, aber das erwartete er auch nicht. Er würde sich jedenfalls für immer diese unauffällige und doch kostbare Berührung ihrer zartgliedrigen Finger in Erinnerung behalten, als ihre Hände sich für einen kurzen Moment berührten und er ihr die Zügel ihres Pferdes überreicht hatte. Er stellte sich dabei einen anderen Tag vor. Ein Tag der niemals passieren würde, aber träumen dürfte man ja... Ein Sommer und Sonnenschein. In Gedanken umschloss er ihre Hand fester, ihre wunderschöne blauen Augen glänzten und ihre Wangen waren leicht gerötet. Oscar war so schön, dass er nicht anders konnte, als ihre liebreizende Lippen zu küssen und diesen Moment so lange wie möglich im Kopf festhalten. Nicht einmal der reale Regen störte ihn bei diesen warmen Gedanken. Die Straße durch den Wald waren nicht wie in der Stadt mit Pflastersteinen ausgelegt, sondern bestand aus Erde und das machte sie in Regenfällen um so matschiger wie Schlamm. Oscar gab ihrem Pferd noch mehr die Sporen. Sie wollte nur noch nach Hause, ins Trockene und saß schon in Gedanken gemütlich vor dem Kamin mit einem Glas Wein oder einer heißen Tasse Schokolade in ihrem Salon. Aber... „Brrr!“, befahl sie auf einmal und zügelte ihren vierbeinigen Gefährten. „Was ist passiert, Oscar?“ André bewog seinen Braunen neben ihr zum Stehen. „Mein Pferd lahmt.“ Oscar stieg aus dem Sattel und untersuchte die Beine ihres Schimmels. Auch André stieg ab und begutachtete die andere Seite. Bei dem rechten Hinterbein wurde er schnell fündig. „Er hat sein Hufeisen verloren.“ „Was machen wir jetzt?“ Regen hin oder her, aber reiten konnten sie nicht mehr. Das Pferd brauchte ein neues Hufeisen und nach dem alten zu suchen wäre in dem Regen auch sinnlos oder auch schlicht unmöglich. André war auch der gleichen Meinung wie sie. „Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zu Fuß weiter zu gehen. Aber ich denke, es ist nicht mehr weit bis zum Anwesen.“ „Also gut.“ Was blieb ihnen denn auch anderes übrig? Sie nahmen die Pferde bei den Zügeln, hüllten sich noch mehr in ihre Regenumhänge ein und machten los. Der Regen war unerträglich, die Gedanken an ein warmes, gemütliches und trockenes Plätzchen schienen nun in einer weiteren Ferne gerückt zu sein. Oder vielleicht doch nicht? „André!“ „Ja, Oscar?“ „Siehst du auch, was ich sehe?“ Oscar blieb unvermittelt stehen und ihr Blick richtete sich in den Wald. „Dort steht eine Hüte.“ „Du hast recht.“ André schmunzelte, die Hüte kam wie eine Rettung und bescherte ein gutes Gefühl. „So können wir dort wenigstens den Regen abwarten und wenn es aufgehört hat, suche ich nach dem verlorenen Hufeisen und auf dem Anwesen werde ich dein Pferd neu beschlagen, Oscar.“ Oscar war mit ihm voll und ganz einverstanden. Auch wenn es bis zum Anwesen der de Jarjayes nicht mehr weit war, aber trotzdem viel besser als sich noch länger unter diesem grässlichen und unerträglichen Regen aufzuhalten. Die Hüte war mehr eine alte, kleine und verlassene Scheune, aber hatte auch genug Platz für zwei beinahe durchnässte Reiter und deren Pferde, von denen eines noch dazu wegen dem verlorenen Hufeisen lahmte. „Auf jeden Fall besser als im Regen.“, meinte Oscar, band ihren Schimmel an einem der Balken fest und schaute zu André. „Ja, das stimmt.“ André machte das Gleiche bei seinem Pferd und untersuchte das Bein von Oscars Schimmel genauer. „Er hat keine weiteren Verletzungen. Nur der Hufeisen fehlt.“ „Das ist gut.“ Oscar atmete auf. „Besser ein verlorener Hufeisen als ein verletztes Bein.“ Hufeisen konnte man ersetzen, aber ein verletztes Bein nicht. Denn, je nachdem wie schlimm die Verletzung war, würde das für ein Pferd trotzdem nichts Gutes bedeuten und im schlimmsten Fall wäre das Tier dann nicht mehr fürs Reiten zu gebrauchen. Das wäre jammerschade, denn Oscar hatte ihren Schimmel seit sie ein Kind war und er war ihr schon sehr ins Herz gewachsen. „Ich danke dir, André“, sagte sie im nach hinein. „Wofür denn?“ André ließ das Bein des Pferdes los und richtete sich auf, mit einem fragenden Blick auf Oscar. Diese schmunzelte etwas. „Dafür, dass du dich so gut um die Pferde kümmerst. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, was ich ohne dich täte.“ Zugegeben wüsste er auch nicht, was er ohne Oscar tun würde. Seit klein auf, war er nur mit ihr zusammen und neben der Aufgabe eines Stallburschen, kümmerte er sich auch um Oscar. In all den Jahren, war sie ihm sehr ins Herz gewachsen. Vielleicht sogar zu sehr, sodass er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen konnte. „Für dich tue ich alles, Oscar, sogar mein Leben werde ich für dich geben“, dachte er schwermütig und wunderte sich mit einem mal, warum Oscars Augen immer größer wurden und sie ihn fast erschrocken ansah. „Sag doch so etwas nicht!“, sagte sie innehaltend und kam auf ihn zu. André begriff nun, dass er seine Gedanke laut geäußert haben musste und biss sich zu spät auf der Zunge. Was konnte er ihr schon darauf erwidern? Eine Entschuldigung? Dass er das niemals mehr sagen würde? Es war aber die Wahrheit, seine ehrliche Worte und er bereute sie nicht. „Es stimmt aber...“, murmelte er und sah mehr Fassungslosigkeit in Oscars Augen. „Wenn dir etwas passiert, werde ich es mir nie verzeihen. Deswegen werde ich lieber für dich in den Tod gehen, als dich leiden zu sehen.“ „Hör auf, André!“ Was redete er denn da? Sie wollte nicht, dass jemand für sie starb, vor allem nicht ihr Gefährte und Freund seit Kindertagen! Für einen kurzen unwillkürlichen Moment stellte sie sich ein Leben ohne ihn vor und das schmerzte ihr mehr an der Seele als seine Worte. „Warum sagst du das?“, verlangte sie von ihm mit Nachdruck zu wissen und André schaute ihr so tief in die Augen, sodass es ihr ein Schauer über den gesamten Körper bescherte. Aber seine nächsten Worte stießen sie vor den Kopf und brachen ihre Gefühle durcheinander: „Weil du mein Leben bist, Oscar... und weil ich dich aus tiefstem Herzen liebe...“ Es war nun raus! Sie wusste nun, was er für sie empfand, konnte es bestimmt kaum fassen und wollte am liebsten weglaufen, denn sie hatte ja ihr Herz an Graf von Fersen verloren... Dieser aber war schon seit etwa sechs Jahren in Amerika und es war ungewiss, ob er jemals zurückkommen würde... Oscar hoffte darauf natürlich sehr, aber jetzt vergaß sie ihn für einen kurzen Augenblick. Der Geständnis von André warf sie aus der Bahn und jagte ihr dabei ein Dolch mitten durchs Herz. Das konnte doch nicht wahr sein! Doch das wahr alles wahr, das sah sie André an. Zum ersten Mal entdeckte sie in seinen grünen Augen den Schmerz der Liebe und gleichzeitig eine Sanftheit und Zärtlichkeit, die ihr beinahe die Luft zum Atmen wegnahm. „André...“ Mehr brachte sie nicht heraus. Eine schwere Stille legte sich zwischen ihnen und nur das Rauschen des Regens von Draußen drang zu ihren Ohren vor. Aber vielleicht war das nicht nur der Regen. Denn in ihrem Kopf rauschten die Gedanken wie ein Pfeil und ihr Herz beschleunigte immer mehr seinen Schlag. Sie dachte an all die verbrachte Zeit mit ihm, an ihre gemeinsame Kindheit und wie schön es damals war. Nun aber waren sie erwachsen! André liebte sie! Oscar konnte es kaum glauben, aber dennoch verstand sie ihn und seine Liebesqual gut. Das schmerzte ihr sogar selbst zu tiefst, denn sie hatte davon nichts gewusst. „Oscar, sag doch etwas...“ Seine leise Stimme riss sie aus dem Sturm der Gedanken und das einzige was ihr von den Lippen kam, war ein leises: „Seit wann?“ Diese Frage war vollkommen unpassend, das war ihr bewusst, aber ihr fiel nichts mehr anderes ein. „Seit ich dich kenne, seit ich nur mit dir zusammen bin...“ André antwortete jedoch geduldig und ruhig, als wäre ihre Frage nichts ungewöhnliches und etwas ganz normales auf der Welt. „Ich liebe dich mein leben lang, nur dich...“ Etwas zögernd und ganz vorsichtig berührte er ihr vom Regen feuchtes Haar, strich mit seinen Fingern daran entlang und legte seine Hand zärtlich an ihre Wange. Oscar schluckte hart. Dennoch durchströmte eine Wärme ihren Körper, lähmte ihr Denken und brachte ihre Gefühle ins straucheln. Warum war das so angenehm und warum fühlte sie sich dabei so wohl? Oder hatte sie etwa die ganze Zeit einen falschen Mann geliebt? Oscar öffnete ihre Lippen, um etwas zu sagen, aber erneut hauchte sie nur seinen Namen aus und als wäre das ein Zeichen für ihn, senkte er seinen Mund über ihre Lippen. Warm und trocken waren seine Lippen, weich und lieblich die ihre. Der Kuss wurde inniger, Oscars Arme legten sich wie von alleine um seinen Nacken und seine Arme umschlossen sachte ihren zierlichen Körper. Es bedurfte keine Worte mehr, um dieses Gefühl nach Liebe und Zuneigung zu beschreiben, welches sie beide gerade durchströmte und sie für immer unzertrennlich machte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)