Married with Child von DoD ================================================================================ Kapitel 4: Idol --------------- Sie hatte nicht geweint an seiner Beerdigung, nicht aufgrund irgendwelcher Regeln, sondern weil sie in einem so grossen Schockzustand war, dass sie sich schlicht leer fühlte. Und in ihrem leeren Kopf gab es keine Synapse, die funktionierte und das Signal zum Weinen auslöste. Also hatte sie nicht geweint. Die ersten Wochen waren bleiern und auch wenn sie es versucht hätte, erinnern konnte sie sich nicht. Nicht das sie glaubte, dass sie etwas getan hätte, was erwähnenswert wäre. Sie hatte wohl einfach funktioniert, zumindest war sie aufgestanden und hatte, ja was eigentlich. Trainiert nicht, weil Lee hauptsächlich im Spital war, um am Krankenbett ihres gemeinsamen Senseis zu warten, dass dieser sich erholen würde. Dass er nie wieder als Ninja arbeiten würde war schnell klar, doch hinter sein überleben stellten die Ärzte unerträglich lange ein Fragezeichen, auch wenn Tenten beim besten Willen nicht sagen konnte, wie lange sie im Unklaren gewesen waren oder wie sich die erlösende Nachricht angefühlt hatte. Oder wie sie reagiert hatte. Sie wusste, wie sie nach aussen freudig gelächelt hatte und Lee umarmt hatte, als dieser ihr Bescheid gegeben hatte, aber wie es sich angefühlt hatte, wusste sie nicht mehr. Es war, als wäre ihr die Fähigkeit sich selbst zu spüren, komplett abhanden gekommen. Ihr Team hatte die meisten Verluste hinnehmen müssen und es gab nicht wenige Tage, an dem sie das mit Wut erfüllt hatte, weil es einfach so verdammt unfair war. Doch irgendwann ging es aufwärts, irgendwie zumindest. Maito Gai kam aus dem Krankenhaus, gebunden an den Rollstuhl, doch das hielt Konohas grünes Biest nicht davon ab, wahnwitzige Trainings anzusetzen. Und so trainierte Tenten wieder mit Lee. Sie war physisch anwesend und machte Fortschritte. Doch in ihrem Kopf war dies kein Training, weil etwas essentielles fehlte: Neji. Ohne ihn schien alles irgendwie nicht so viel Sinn zu machen. Wie alles irgendwie nicht so viel Sinn machte. Aber das Leben ging weiter. Irgendwie. Als sich sein Todestag das erste Mal jährte, war sie um vier Uhr morgens wach. Sie starrte die Decke an, unfähig sich zu bewegen. Sie wollte nicht an sein Grab und dennoch zog sie alles dorthin. Sie wollte seiner Familie nicht begegnen, daher beschloss sie in einem Moment von Motivation, dass es durchaus Sinn machen würde, zu dieser Unzeit zu gehen. Aufstehen, sich ankleiden, Schuhe anziehen, Schriftrolle auf den Rücken schnallen,Türe schliessen. Jeder der sie gesehen hätte wäre wohl der Meinung gewesen, sie ginge auf eine Mission. Nur jenen, die sie wirklich kannten vermochten zu sehen, wie leer ihr Blick war und wie ungewöhnlich und anders ihre Haare ihr über den Rücken fielen. Es dämmerte, als sie den Friedhof betrat. Langsam, fast bedacht schritt sie die Reihen ab, bis sie schliesslich an die Gedenktafel kam. Nejis Name stand neben vielen anderen, beinahe so, als wäre er nur irgendjemand gewesen, der leider im Krieg gefallen war. Sie schüttelte verstimmt den Kopf und ging weiter. Jeder Schritt der sie näher an sein Grab brachte war schwerer als der vorherige. Für jemand, der sich normalerweise durch die Bäume schwang brauchte sie eine Ewigkeit. Und dann stand sie da, die Sonne ging auf, es nieselte leicht und die Luft war noch klamm. Andächtig kniete sie sich nieder und legte ihre Hand auf den Grabstein. Der Stein war kühl und nur die eingravierten Schriftzeichen gaben Aufschluss darauf, wer hier lag. Sie hatte ihn nie besiegen können. Schon als er gerade eben den Kinderschuhen entwachsen war schien er schon besser zu sein als jeder, den sie kannte. Sie wusste wie er auf andere gewirkt hatte, unnahbar, kalt, arrogant, stolz, asozial. Doch sie wusste auch, sie war einige der einzigen Menschen, die ihn wirklich gekannt hatten. Er hatte zugelassen, dass sich zwischen ihnen eine Nähe aufbaute, die sie mit Stolz erfüllt hatte. Sie war die Auserwählte gewesen, die seine Schwächen und seinen trockenen Humor gekannt hatten. Die wusste wie er aussah, wenn er erschöpft war von der Last, die er zu tragen hatte. Die seine Mimik durchschauen konnte, wusste was in ihm vorging. Sie erkannte, wenn er besorgt war. Mehr noch als Lee lernte sie über die Jahre den Menschen hinter der Maske kennen. Und Neji war mehr als die Summe der Vorurteile ihm gegenüber. Sie versuchte, in sich hinein zu hören, suchte nach einem prägenden Gefühl, vielleicht nach einem Impuls zu weinen. Doch da war nichts und alles, eine undefinierbare Masse an Gefühlen, die ausbrechen wollten und gleichzeitig doch nur in ihr tobten. Tenten wusste nicht, wie lange sie stumm da sass und den Grabstein betrachtete. Aus einem Gefühl heraus zog sie ein Kunai aus ihrer hinteren Tasche und steckte es neben dem Grabstein in die Erde. Es war ihr egal, ob die Familie es entfernen würde oder nicht goutierte, es war ihr wichtig. Vielleicht weil sie hoffte, dass es abgewehrt werden würde, vielleicht, weil dies der Grund war, dass sie überhaupt eine Bindung zu ihm aufgebaut hatte: Ihr Training war perfekt aufeinander abgestimmt gewesen. Und plötzlich verstand sie, welches Gefühl in ihr am stärksten war: Vermissen. Im kommenden Jahr fand sie ein wenig ins Leben zurück. Sie lachte, wenn auch nicht aus vollem Herzen, aber sie lachte wieder. Sie ging aus, obwohl sie meistens die einzige Frau ohne Freund war. Sie redete und hörte zu, doch merken konnte sie sich nichts. Sie nahm Missionen an, meistens mit Lee oder Kiba, doch es verschaffte ihr keine Befriedigung, Nuke Nins zur Strecke zu bringen. Aber immerhin nahm sie Dinge wieder wahr, der Regen auf ihrer Haut, die Sonne, die ihren Hinterkopf erwärmte. Der Wind, der an ihren Kleidern zerrte, Sie war noch nicht imstande, dies mit einem Gefühl zu verbinden, aber es ging aufwärts. Als sich sein Todestag dass zweite Mal jährte wachte sie auf, als die Sonne schon aufgegangen war. Das Aufstehen fiel ihr leichter, war aber immer noch anstrengend. Wieder zog sie sich wie automatisch an, schnallte sich die Schriftrolle auf den Rücken, zog ihre Schuhe an. Ihre Haare, ein Stück länger, fiel über die Schulter über ihren Oberkörper und doch hätten jene, die sie kannten in ihren Augen eine beängstigende Leere gesehen. Es war warm an diesem Tag, aber nicht heiss. Sie sah aus, als würde sie vor einer Mission einen Kaffee mit Freundinnen, vielleicht einem Verehrer oder ihrem Freund, trinken gehen. Als sie die Friedhofstüren passierte, wurden ihre Schritte langsamer und der Kloss in ihrem Hals grösser. Sachte tastete sie sich vor, abschätzend wie viel sie sich zumuten konnte. Als sie den Grabstein vor sich hatte, fielen ihr mehrere Dinge auf: Erstens, die Schrift glänzte beinahe und der Stein sah aus, als wäre er neu. Zweitens, es waren Räucherstäbchen entzündet worden und drittens, und sie war wirklich überrascht, in der Erde, oben rechts Steckte ein verwittertes Kunai. Ihr Kunai. Warum es noch nicht entfernt worden war, war ihr mehr als schleierhaft. Sie nahm ganz automatisch den Seiza ein und legte ihre Hand zitternd auf den Stein. Es schien wohl bereits ein Ritual geworden zu sein, doch sie bemerkte gar nicht, wie sie die Prozedur jedes Jahr wiederholte. Sie tat es einfach. Neji hatte sie manchmal dafür belächelt, dass sie ihren Impulsen nachging. Natürlich wusste sie, dass sie von all ihren Freundinnen die grösste Beherrschung und Stoigkeit an den Tag legte, Ino hatte einmal darüber gewitzelt, dass Neji wohl abfärben würde. Tenten hatte es auf den Altersunterschied geschoben und grosszügigerweise Temaris Temperament übersehen, die, obwohl sie gleich alt war, keinen Wert darauf legte dieses nur irgendwie zu zügeln. Zwei Jahre. Sie begann sich zu fragen, was sie in diesen zwei Jahren erreicht hatte und die Antwort war ihr klar: Nicht besonders viel in seinen Augen. Doch sie hatte überlebt, irgendwie. Sie machte weiter, obwohl ihr etwas fehlte, dass sie auch nach all der Zeit die vergangen war nicht besonders gut definieren konnte und vor allem nicht wollte. Unwirsch steckte sie ein Kunai in die Erde und erhob sich, sie war wütend darüber, dass sie seinen Ansprüchen in ihren Vorstellungen nicht genügen würde. Der Gedanke, wie er sie missbilligend ansah verstimmte sie und so beschloss sie, eine neue Tradition einzuführen. An seinem zweiten Todestag betrank sie sich. Das dies passierte, war eher einem Zufall zu verdanken. Sie hatte erst als sie den Friedhof verliess gemerkt, dass sie vergessen hatte zu essen. Deswegen beschloss sie, etwas bei Ichirakus zu besorgen. Und wie es immer war, traf sie dort Naruto, notabene in Begleitung von seiner Freundin Hinata und Sakura. „Oi, Tenten, setzt dich zu uns“; rief Naruto ihr zu, bevor sie umdrehen konnte um ihren Wunsch, alleine zu sein, nachzukommen. So setzte sie ein falsches Lächeln auf und begab sich zu der Gruppe, die nicht am Tresen, sondern an einem der grösseren Tische sass. Eher ungewöhnlich, da noch ziemlich viele Sitzplätze übrig waren und kaum hatte sie ihre Bestellung aufgegeben, drangen mehrer Stimmen an in Ohr. Eine davon war schrecklich bekannt und als sie sich umdrehte, sah sie Lee, der seinen grünen Strampler gegen einen nicht minder hässlichen, aber immerhin dezenteren schwarzen Onesie eingetauscht hatte. Sie fühlte Hinatas Blick auf ihr und bevor ihr wirklich gewahr wurde, in was für eine Veranstaltung sie gerade hineingeraten war, sass Sai zu ihrer rechten, Lee zu ihrer Linken und am Tisch hatte sich offenbar die ganze Gang versammelt, die junge Elite Konohas. Zumindest die, die noch lebten. Sie spürte eine gewisse Bedrücktheit und selbst Akamaru, der neben seinem Herrchen sass, liess die Ohren hängen. Ihr fiel auf, dass sie neugierig gemustert wurde, dezent, doch sie spürte die Blicke und am schlimmsten waren die von Hinata, nicht weil sie musternd waren, sondern weil diese Augen, die sie ansahen und in die sie selbst jetzt, wo sie den Blick erhoben hatte, starrte Nejis so ähnlich waren. Und doch so anders. Den Neji hatte sie selten mit soviel Mitgefühl angesehen und die Traurigkeit, die in dem Blick lag, war eine, die er nie zugelassen hätte, dass sie so öffentlich gesehen wurde. Wobei sich Tenten fragte, ob nur sie und gegenbenfalls Naruto wirklich in diesen Augen lesen konnten, die so ausdrucksvoll waren, wenn man sie erst durchschaut hatte. Es war Shikamaru, der sein Schälchen erhob und Tenten fragte sich, wann genau der Sake auf den Tisch gestellt worden war, wann genau ein Schälchen vor ihr platziert und gefüllt wurde. Und erst als Shikamaru ansetzte zu sprechen wurde ihr klar, warum sich alle versammelt hatten. „Wir trinken heute auf die, die uns begleitet haben, aber nicht mit uns an einem Tisch sitzen können. Wir gedenken jenen, die uns beschützt und gefördert haben. Mögen sie da, wo sie jetzt sind wissen, dass wir sie jeden Tag bei uns haben. Auf die Toten. Auf Asuma. Auf Neji.“ Shino, Kiba, Lee, Naruto, Sakura, Hinata, Ino, Sai, Choji und Shino erhoben ihr Glas und erhoben ihre Stimme erstaunlich synchron. „Auf die Toten.“ Und dann tranken sie. Tenten war baff. Und so bemerkte sie auch nicht, wie alle ausser ihr ihre Schälchen ausgetrunken hatten und sich die Ernsthaftigkeit des Treffens verflüchtigt hatte. „Nanu, Tenten, willst du nicht trinken?“ Lee riss sie aus ihrer Starre, er grinste sie an. Und so setzte Tenten das Schälchen an seine Lippen und trank den Reiswein. Sie sah, wie sich Ino vertrauensvoll an Sai wandte, Naruto den Arm um Hinata legte, was sie leicht erröten liess und Sakura nach der Flasche griff, um sich nachzuschenken. Ohne zu fragen füllte sie Tentens Schale neu auf und sah sie dabei verschwörerisch an. Ganz so, als ob sie verstehen würde, was grad in ihr vorging. Nun, dann war Sakura wirklich schlauer als sie, denn Tenten war immer noch nicht sicher, was sie gerade dachte oder fühlte. Vielleicht würde der Sake helfen. und so setzte sie an und stürzte das Getränk hinunter. „Es ist schön, dass du da bist Tenten“, meinte Lee und legte ihr den Arm um die Schulter. „Wir wussten nicht, ob du das gutheissen würdest, aber wir machen das jetzt schon zum zweiten Mal um den Toten zu gedenken. Tut mir leid, dass ich dich bisher nicht gefragt habe ob du mitkommen willst.“ Tenten nickte bloss, weil sie gar nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie wusste allerdings eins mit Sicherheit: Er hätte es nicht goutiert, dass sie sich betrinken würde um ihn zu gedenken. Aber da er nicht da war und der Sake nach mehr schmeckte, was auch Sakura lag, die wohl verhindern wollte, dass ihr Glas leer war, blieb sie sitzen. Und als die Suppen kamen, genoss sie es beinahe. Sie sah Choji, der seine Suppe ohne Bedacht hinunterstürzte, Shikamaru, der sich nonchalant die dadurch verursachten Spritzer von der Weste wischte, Ino, die gekonnt die Haare zurückwarf, Hinata, die kicherte, während Naruto ihr irgendetwas erzählte, Kiba, der Akamaru mit Fleisch fütterte und Shino er das missbilligend betrachtete. Und dann fiel ihr Blick auf Sakura. Sie hatte sie immer beneidet, hauptsächlich deswegen, weil sie Tsunades Schülerin war. Und während sie ihr Sakeschälchen leerte dachte sie darüber nach, dass das einzige, was sie mit ihrem Idol verband der Verlust eines geliebten Menschen war und die Tatsache, dass sie wohl beide Sake mochten. Doch auch Sakura schien der allgemeinen guten Stimmung nicht soviel abgewinnen zu können, zwar lachte sie und scherzte mit Lee, der sie zum einem Date überreden wollte. „Na Sakura-chan, lass das bloss nicht Sasuke hören“, warf Naruto grinsend ein und Tenten begriff: Sakura trank, weil sie an diesem Tag jemanden vermisste. Und das verband sie an diesem Abend mehr als alles andere. Ihre Aufmerksamkeit wurde von Kiba verlangt. „Tenten, ich muss dir echt sagen, offene Haare stehen dir unwahrscheinlich gut“, meinte er und grinste sie an und Tenten, die in diesem Kontext nicht begriff, dass er mit ihr flirtete, strich sich verlegen über ihre Mähne und lächelte. Doch bevor Kiba ihr Gespräch aufnehmen konnte, wandte sich Lee an sie. „Ich finde deine normale Frisur besser. Sie erinnert mich an früher, weisst du.“ Das Lee ebenfalls trauerte wusste sie, auch wenn er es auf seine Art tat. Aber beiden musste bewusst werden, dass es früher nicht mehr gab, dass war die Essenz der Sache. Rational betrachtet war dies das Problem, dass sie lösen mussten, auch wenn sie keine Ahnung hatten wie. Doch gerade im hier und jetzt wurde ihr alles zu fiel. Sie stand auf, stammelte einige Abschiedsfloskeln und trat durch den Vorhang in die Kühle Nacht. Sie wusste nicht, wo sie hin wollte, sie wollte einfach weg. Zurück zu dem Zustand, der solange Status Quo gewesen war. Sie eilte, rannte beinahe und blieb doch stehen, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. „Tenten!“ Als sie sich umdrehte, starrte sie in grüne Augen und erkannte die Leere, die sie sah. Es war ihre eigene. „Lass uns ein Stück gehen.“ Sakura hatte aufgeschlossen und Tenten folgte ihr einfach. Sie fragte sich, wann sie aufgehört hatte selbständig zu denken, bewusst zu handeln. Sakura lief in eines der neuen Viertel von Konoha und öffnete die Tür zu einem Restaurant, dass Tenten noch nie gesehen hatte. Sie setzten sich in eine Ecke in dem halb gefüllten Raum und Sakura bestellte für beide. Als die Kellnerin Schälchen und die Sakeflasche brachte, schenkte Sakura rigoros ein. „Trink. Rede.“ Tenten sah sie an. „Über was?“, fragte sie mit kratziger Stimme. „Darüber wie es dir geht. Wir machen uns Sorgen Tenten. Seit zwei Jahren läufst du rum wie ein Geist und niemand kommt an dich ran. Ich glaube nicht, das Neji dass gewollt hätte.“ Der letzte Satz machte Tenten wütend. „Ich glaube, du weisst nicht, was er gewollt hätte. Du kanntest ihn gar nicht.“ Sakura nahm ihr den Wind aus den Segeln, als sie lächelte. „Nein, das tat ich nicht. Und ich finde es schade. Aber das ist wohl so, ich habe immer gedacht ich hätte noch ein ganzes Leben um ihn kennen zu lernen.“ Ein ganzes Leben. Tenten schluckte. Das hatte sie auch gedacht. „Tenten, ich habe die Autopsie gemacht. Ich habe den Ring gefunden.“ Etwas in ihr zerbrach. Und gleissendes Licht durchfuhr ihren Kopf, das Atmen viel ihr schwer. Sie starrte die junge Frau vor sich an, die sie mitfühlend ansah. Es gab einen Ring. Es hätte sein können, dieses Leben. Tenten zog den Arm weg, bevor Sakura sie berühren konnte. „Keine Angst, ich habe mit niemandem darüber geredet.“ Das war gut, glaubte sie. Und als sie den Mund aufmachte um etwas zu sagen, spürte sie, wie eine einzelne Träne über ihre Wange floss. Langsam, als hätte sie alle Zeit der Welt. „Ich, also ich, also. Danke.“, murmelte sie. Und Sakura sah sie an. „Erzähl mir von ihm Tenten. Bitte.“ Und Tenten erzählte. Sie erzählte, wie sie unspektakulär zusammen gekommen waren nach seiner Chunninprüfung, wie sie immer sehr diskret damit umgegangen waren, dass sie ein Paar waren. Das sie nie ein Fangirl war, sondern dass sie sich einfach verliebt hatten. Wie sie zusammen gelacht hatten, er eher still, sie laut und frei. Wie besorgt er gewesen war, als sie verletzt wurde auf einer Mission. Wie sehr sie seine Haare gemocht hatte, wie er ihre liebte und sie sie für ihn offen trug. Wie oft sie sich darüber lustig gemacht hatte, dass er nie dreckig wurde. Wie sie immer wieder über eine Zukunft nach dem Krieg geredet hatten, ihr gemeinsames Leben auf später verschoben hatten. Wie sie nicht wusste, was sie jetzt zu tun war, da sie alleine war, wie sie dass Gefühl hatte nicht wirklich zu leben, sondern zu überleben. Und Sakura hörte zu, fragte nach und war da, bis der Wirt sie bat, zu gehen, damit er schliessen konnte. Die Jahre vergingen und Tenten war froh, dass sich Zeit nicht an die Launen der Menschen hielt. Der Schmerz und die Teilnahmslosigkeit blieben, doch sie wurden weniger. Es war mehr eine Begleiterscheinung, doch sie hatte verstanden, dass sie ihr Leben nutzen musste. Als ihre Freundinnen Mütter wurden und Lee Vater wurde (Tenten kannte Metal Lees Mutter, doch auf Bitte von Lee hielt sie dicht, auch wenn ihr die Spekulationen auf die Nerven gingen, besonders weil sie offenbar in Betracht gezogen wurde, etwas, dass sie immer noch nicht wirklich verstand), wusste sie, dass sie eine neue Aufgabe brauchte. Zwar schienen alle Kunochis ihres Jahrgang mit dem Wechsel zur Hausfrau Mühe zu haben, Hinata ausgeschlossen, doch die Zeit, die sie früher zusammen verbracht hatten, war definitiv weniger. Ausnahme bildete hier nur Sakura, die, als Sarada alt und Tsunade nüchtern genug war um auf den Uchiha Spross aufzupassen, sich regelmässig Zeit nahm für Tenten, wohl auch weil der Vater ihres Kindes nicht da war. Gleich und gleich gesellt sich gern und Tenten wusste manchmal nicht, wer die grössere Arschkarte gezogen hatte: sie, die wusste das Neji tot war und damit umgehen konnte, meistens zumindest, oder Sakura, die ein Kind hatte, dessen Vater auf der immer währenden Mission mit sich selbst ins Reine zu kommen und Konoha zu beschützen unterwegs war und von dem Sakura nicht wusste, ob er noch lebte. Die Antwort änderte sich immer wieder, doch als Sasuke für einige Zeit im Dorf war, wusste sie, dass sie gewonnen hatte auch wenn sie diesen Sieg gerne gegen eine Niederlage eingetauscht hätte. Wie das Schicksal manchmal so spielt kam sie an einen kleinen Laden, in dem sie ihr Waffengeschäft eröffnete. Zwar lief es nicht besonders, weil Frieden herrschte, doch Konohamaru schaute regelmässig vorbei um sich neue Kunais zu besorgen und ein Pläuschchen zu halten. Hätte es Tenten nicht besser gewusst, hätte sie gedacht er flirtete mit ihr. Auch Moegi kam, wann immer sie auf Missionen aufbrach, genau so wie andere Ninjas sich immer wieder gerne mit den neuen Produkten in Tentens Laden ausrüsteten. Und Kiba, dessen Ego seit er bei der Polizei war noch unermesslich grösser geworden war, kam regelmässig und bei ihm war sich Tenten sicher, dass er mit ihr flirtete. Für sie war es eine Aufgabe, denn was sich erst spät herausgestellt hatte, war, dass sie in Nejis Testament bedacht gewesen war. Zwar fiel ein Grossteil an seine Famillie, doch mit der Erbschaft musste sie sich zuerst einmal keine Gedanken machen. Tenten lächelte, als sie sich daran erinnerte, wie Hiashi Hyuuga himself sie aufgesucht hatte und sie gefragt hatte, warum sein Neffe sie in seinem Testament bedacht hatte. Als Tenten ihm von ihren Plänen erzählt hatte, hatte Hiashi zufrieden gewirkt. „Ich bin froh dass Neji jemanden geliebt hat“, hatte er mit Blick auf den Ring gesagt, der, so erzählte das Hyuuga Oberhaupt ihr, seiner Mutter gehört hatte. Tenten lächelte. Wenn man Hinata glauben schenken konnte, hatte Hiashi sich seit Nejis Tod stark verändert und war völlig vernarrt in Boruto. Er hatte seiner Tochter auch gesagt, dass er hoffe, dass ihre zweite Schwangerschaft ein Mädchen werde. Tenten lächelte still vor sich hin. Es wäre schön gewesen, wenn Hiashi auch die Möglichkeit gehabt hätte, so auf ihre und Nejis Kinder zu reagieren. Die Sonne brannte und sie wusste, heute würde es ein kurzer Besuch werden, denn sie hatte eine Verabredung. So stand sie an Nejis Grab, vier Kunais steckten in der Erde neben dem Stein und ohne grosse Zeremonie steckte sie ein fünftes hinein. Es war ok. Irgendwie hatte sie sich daran gewöhnt, dass er nicht mehr da war. Sie trauerte noch, sie vermisste ihn - doch ihr Leben ging weiter. Irgendwie. Sie wusste, er würde ihr immer fehlen, doch sie konnte sich nicht dazu durchringen, sich auf jemand anderes richtig einzulassen. Es ging ihr gegen den Strich, etwas, was mit Tsunade verband. Wenn die grosse Liebe im Krieg starb, dann war ein Leben alleine ein adäquater Weg, um nicht nur diese Liebe zu ehren, sondern auch um sich selbst zu verwirklichen. Tenten hatte zwar nicht vor, Hokage zu werden, besonders nicht weil Naruto seinen Job nie aufgeben würde, dennoch hatte sie einen Sinn gefunden, mit ihrem Laden und dem neuen Training, dass genau zur richtigen Zeit gekommen war. In den Himmel blickend stand sie auf, verabschiedete sich von Neji und begab sich in Richtung des Hyuuga Anwesens. Es war ein langweiliger Tag gewesen, als die Türe klingelte und Tenten hatte enorm schlechte Laune. Sie hatte am Morgen festgestellt, dass sich das gemütlichere Leben auf ihre Hüften niederschlug und ihre Lieblingshose zwickte. Als sie, schlecht gelaunt und in ihrer Arbeit des Waffenpolierens unterbrochen, an die Theke trat, blickte sie in bekannte, fliederfarbene Augen, was ihre Laune noch einmal in Richtung Tiefpunkt brachte. „Hanabi, was kann ich für dich tun?“ Die Frage war höflicher als der Tonfall, zwar hegte sie keinen Groll gegen die Hyuuga, aber die Gesamtsituation machte sie gerade stinkig. Besonders weil sie wusste, dass die Besitzer des Byakugans eigentlich keine Waffen brauchten. Umso überraschter war sie, als sie in den Augen einen Schimmer von Scheu sah. Sie setzte ein Lächeln auf, dass ermutigend wirken sollte, doch Hanabi sah eher zu Boden. „Hanabi, wie kann ich dir helfen? Ist alles in Ordnung, ist etwas passiert?“ Tenten war hinter der Theke hervor getreten und fasste Hanabi an die Schulter, worauf diese sie ansah. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe bloss eine Bitte.“ Tenten lächelte, dieses Mal echt. Hyuugas und bitten war ein schwieriges Thema, weil es etwas war, was die ganze Familie - Hinata mal wieder ausgenommen, doch die war sowieso seit Geburt mehr Uzumaki, daher passte das schon - nicht besonders gut konnte. Tenten schwieg, sie wollte Hanabis Situation nicht schwieriger machen, als diese für die Jüngere schon war. „Ich wollte dich bitten, mit mir zu trainieren, damit ich mein Byakugan perfektionieren kann.“ Tenten hatte zugestimmt, auf ein Bauchgefühl hörend. Sie vermisste das Training und auch wenn sie nicht mehr regelmässig im Dienst war, es war wichtig in Form zu sein, wenn sie gebraucht wurde. Und so lief sie wie jetzt eben dreimal zur Woche zum Hyuuga Anwesen. Sie stellte sich auf den Trainingsplatz, machte ihre Schriftrolle bereit, Hanabi stand ihr gegenüber, ihr Kekke Genkai aktiviert. Und als Tenten ihren Agriff startete, hallte Hanabis Stimme über den Platz: „Kaiten.“ Und Tenten wusste, dass es sich gelohnt hatte, weiter zu machen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)