Reversed: Mit Liebe Gekocht re-loaded von tobiiieee (Aus Genesis' Perspektive ;D) ================================================================================ Kapitel 1: Je ne sais quoi -------------------------- Angeal schaute ihn wissend lächelnd an, es war nicht auszuhalten. Schon seit sie an diesem Abend ins Hauptquartier zurückgekehrt waren, war ihm dieses Lächeln nicht aus dem Gesicht zu wischen. Genesis versuchte zunächst noch eine Weile, diesen bohrenden Blick zu ignorieren und mit ausgesuchten anderen Themen abzulenken, vorzugsweise Loveless, aber Angeals übermütiger Gesichtsausdruck störte ihn nun doch zu sehr. „Was?!“, fragte er schließlich gereizt, als sie den Aufzug zur Wohnetage betraten. Angeal schien durch seine Reaktion noch bestätigt und sah nur noch unerträglicher drein. „Er gefällt dir“, antwortete er dann. „Ich kenn dich gut genug, um das zu merken.“ Genesis verdrehte die Augen, in erster Linie weil er nicht wusste, was er antworten sollte. „Und?“ Angeal zog leicht die Schultern hoch. „Na ja, zumindest wüsste ich nicht, dass er je eine Freundin gehabt hätte.“ Erneut verdrehte Genesis die Augen. „Und wenn schon.“ Er konnte Angeal im Moment einfach nicht mehr ertragen und wimmelte ihn schnell ab, sobald sie aus dem Aufzug heraus waren. Zurück in seiner kleinen Wohnung, kam er, während er seine Stiefel abstreifte, nicht umhin, Angeal zuzustimmen. Natürlich gefiel ihm Sephiroth. Wem würde er nicht gefallen? Wie hatte es überhaupt so lange dauern können, dass sie sich endlich kennenlernten? Was ein glücklicher Zufall, dass er sich entschlossen hatte, sein Buch draußen auf einer Bank zu lesen, bevor wenig später Angeal und Sephiroth unvorhergesehenerweise vorbeigekommen waren. Er seufzte und legte sein Buch auf dem Tisch neben der Küchenzeile ab, bevor er geistesabwesend ins Schlafzimmer wandelte und seinen Mantel über einen Stuhl hängte. Allerdings war Angeals Information, dass Sephiroth noch nie eine Freundin gehabt hatte, interessant – aber auch aussagekräftig? Es hätte ihn nicht überrascht, wenn ein Mann in Sephiroths Position einfach nicht dazu kam, sich Leben und Liebe hinzugeben. Er ließ sich auf sein Bett fallen und streckte sich auf dem Rücken aus. Was hatte ihm an Sephiroth überhaupt gefallen? Keine Frage, er sah gut aus mit diesen grünen Augen, die seinem Gesicht etwas Katzenhaftes verliehen, groß war er auch, er bewegte sich dennoch beinahe elegant, seine Stimme, wenn er denn etwas sagte, war angenehm, sicherlich. Und es war Sephiroth. Einfach Sephiroth. Das mochte alles faszinierend sein, dachte Genesis, den Blick gen Zimmerdecke gerichtet, aber über das Stadium, Männer zu mögen, weil sie gut aussahen, war er schon seit ein paar Jahren hinaus. Sephiroth hatte in der Tat wenig gesagt, sondern stattdessen eher leicht verstimmt seine Augen gemieden; verstimmt hatte er schon vorher immer ausgeschaut, wenn Genesis ihn zufällig einmal irgendwo von Weitem gesehen hatte. Ohne Grund jedoch, Sephiroth anzusprechen, hatte er nur zu dem Schluss kommen können, dass es ihn nichts anging und ja auch sowieso nichts mit ihm zu tun hatte. Nein, was ihm an Sephiroth gefallen hatte, musste etwas anderes sein. Am Ende hatte auch Sephiroth ihn fast schon schüchtern gefragt, wie es sein konnte, dass sie sich nie über den Weg liefen; dabei hatten sie sich zum ersten Mal an diesem Abend in die Augen geschaut. Genesis lächelte. Er wusste ja, dass er schon immer jemand gewesen war, der sich schnell, dafür aber unrettbar verliebte. Kapitel 2: Intermezzo --------------------- Genesis wünschte sich nichts sehnlicher, als dass der Kaffee schneller durchliefe; er war um halb fünf aufgestanden und hatte sich nun, sechs Stunden später, in seiner ersten Pause an diesem Tag, doch wirklich einen Kaffee verdient. Warum nur musste das mit dem Filterkaffee immer so lange dauern? In der Zwischenzeit hätte er die Hälfte der weltweiten Probleme im Alleingang lösen können – wenn er nur nicht so müde wäre … Aber was? Waren das Schritte auf dem Gang? Genesis spitzte die Ohren: Eine einzelne Person schien den Flur entlangzukommen, aber er entschied, sie fürs erste zu ignorieren, und schaute weiter dem Kaffee beim Durchlaufen zu. „Hier hältst du dich also immer auf.“ Diese Stimme kannte er. Er wandte den Kopf zur Seite. Kein Zweifel, da stand Sephiroth im Türrahmen und ließ seinen Blick durch den Pausenraum schweifen. Er runzelte leicht die Stirn. „Ich hatte keine Ahnung, dass es einen solchen Raum gibt, bevor du mir davon erzählt hast.“ „Und genau deswegen haben wir uns vor ein paar Tagen das erste Mal getroffen“, entgegnete Genesis leicht mürrisch. „Du hast dir übrigens ziemlich viel Zeit gelassen, hierher zu finden.“ Sephiroth schaute ihn überrascht an, mit einem Ausdruck im Gesicht wie ein scheues Reh, und Genesis überdachte seine aggressive Kommunikationsform. Er seufzte, warf Sephiroth einen entschuldigenden Blick zu und sagte: „Du kannst auch reinkommen, weißt du.“ Kapitel 3: Wiedersehen? ----------------------- „Also eigentlich ... nichts, nein.“ Genesis spürte, dass irgendwo auf seiner Stirn, etwa an der Augenbraue, ein Muskel zuckte, aber er hielt sich mit höchster Konzentration davon ab, jetzt Tränen zu vergießen. Er mochte schwul sein, aber er war immer noch ein Mann. Wo er schon so sehr auf sein Äußeres achtete, musste er nicht auch noch jedes andere Klischee erfüllen. Nein, Weinen war keine Option. Genesis atmete tief durch und schloss angestrengt die Augen. Er musste jetzt logisch denken. Denn in erster Linie hatte er ein Problem. Er hatte Sephiroth geküsst. Er war derjenige, der Sephiroth geküsst hatte. Sephiroth hingegen hatte keinerlei Reaktion gezeigt. Er war wie versteinert gewesen – vor Schock? Abscheu? Ekel? War er so angewidert von dem Gedanken, dass ein Mann ...? Wofür Genesis jetzt sorgen musste, war, dass sein Geheimnis ein Geheimnis blieb. Seit Jahren lebte er, was das anging, unterm Radar. Der einzige, der Bescheid wusste, war Angeal. Niemand sonst im Heimatdorf – nicht einmal seine eigenen Eltern – hatte es erfahren dürfen, das Risiko war zu groß. Gerade bei Shin-Ra hütete sich Genesis, sich irgendetwas anmerken zu lassen. Die Prügel in seinem ersten Ausbildungsjahr, als man ihm nur ohne jeden Beweis unterstellt hatte, nicht auf Frauen zu stehen, war ihm Lehre genug gewesen. Auch wenn er damals der Jüngste und der Kleinste gewesen war, durfte er, jetzt der große SOLDAT erster Klasse, auch heute niemals den Eindruck erwecken, Männer zu mögen. Obwohl dem natürlich so war. Was auch immer er Angeal hatte erzählen wollen, er hatte sich Hals über Kopf in Sephiroth verliebt. Hatte er dessen Zeichen so falsch gedeutet? Hatte Sephiroth nicht zunehmend seine, Genesis‘, Nähe gesucht, was laut Angeal wirklich ungewöhnlich war? Nun wirkte Sephiroth wenigstens nicht wie jemand, der plauderte. Also würde er vermutlich nicht absichtlich gegenüber einer wichtigen Person aus den oberen Etagen etwas erwähnen. Oder doch? War er nicht nach dem kurzen Kuss, den er kaum erwidert hatte, zur Salzsäule erstarrt? Was, wenn er, sobald der Schock vorüber war, Alarm schlug? Jemanden wie ihn, der das Bett mit Männern teilte, wollten sie bei Shin-Ra sicher nicht behalten. Oder hatte Sephiroth ihn mit seiner verneinenden Antwort vorhin auf dem Gang darauf hinweisen wollen, dass sein Geheimnis bei ihm sicher war? Genesis schlug die Augen auf. Weswegen war Sephiroth überhaupt auf ihn zugekommen? Jetzt, wo er darüber nachdachte, ergab die ganze Situation von vorne bis hinten keinen Sinn – außer Sephiroth stand ihm doch wohlwollend gegenüber. Womöglich hatte er ihm seinen offensichtlichen Fehler verziehen. Womöglich war sein Geheimnis tatsächlich weiterhin sicher. Wenn sie das Thema einfach ruhen ließen, wie Sephiroth subtil durch sein schweigsames Übergehen der Angelegenheit angedeutet hatte, würde sich vielleicht alles klären. Vielleicht könnten sie sogar „Freunde bleiben“, selbst wenn Genesis das mit Männern, für die er mehr als Freundschaft empfand, eigentlich noch nie so gehalten hatte. Nun etwas erleichterter, stand er vom Schreibtisch in seinem Büro auf und machte sich auf den Weg zur Küche auf einer anderen Etage, um sich auf den Schreck erst mal einen Kaffee zu genehmigen. Kapitel 4: Naked ---------------- Als Genesis am Abend zu Bett ging, war er sich nicht sicher, ob er sich freuen sollte oder nicht. Seit er sich jenen unverzeihlichen Fehltritt geleistet hatte, waren ein paar Tage vergangen – für ihn fühlten sie sich wie Jahre an – und er hatte Sephiroth sogar noch zweimal angetroffen, ohne jedoch irgendein gescheites Wort aus ihm herausbekommen zu können. So war zwar offensichtlich jede Chance vertan, aber immerhin war kein Drama daraus geworden, an dessen Ende sowieso nur sein Outing und ein achtkantiger Rausschmiss gestanden hätten. Mit einem Seufzen schlüpfte er ins Bett. Er lag noch lange wach und starrte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen an die Zimmerdecke. Der vernünftige Teil, der irgendwo ganz hinten in seinem Bewusstsein saß, sah ein, dass er mit dem Verlauf der Dinge zufrieden sein sollte. Etwas Schreckliches war passiert und er war glimpflich davongekommen. Er konnte seinen Job und zumindest so viel seiner Integrität behalten, wie nicht von Sephiroths Gnaden abhing. Immerhin konnte er also weitermachen wie vorher. Und doch war da etwas, das ihn störte. Und zwar gewaltig. Und er glaubte, dieses Etwas hatte stark mit Sephiroths Verhalten zu tun, auf das er sich nicht den geringsten Reim machen konnte. Genesis hätte auf alles, was ihm heilig war, von den Äpfeln Banoras über die wertvolle LOVELESS-Ausgabe, die er sein Eigen nannte, schwören können, dass Sephiroth interessiert war. Anfangs war er sich nicht absolut sicher gewesen, ob Sephiroth überhaupt schwul sein mochte, aber mit der Zeit war es Genesis vorgekommen, als wenn ... Als wenn was? Als wenn Sephiroth – der Sephiroth, der große Sephiroth? – gesteigertes Interesse an ihm gehabt hätte? Nun fiel auch Genesis auf, wie schwachsinnig das klang. Er musste sich damit abfinden, dass sie nur Kollegen – horch? Genesis hatte sich nie überwinden können, sich eine Uhr ins Schlafzimmer zu hängen oder einen Wecker hineinzustellen, aber auch ihm war trotzdem klar, dass es weit nach Mitternacht sein musste. Was mochte Angeal so wichtig sein, dass er um eine solche Uhrzeit bei ihm klopfte? Sicher war es schon mal vorgekommen, aber ungewöhnlich war es dennoch. Widerwillig stand Genesis aus den Laken auf und warf sich ein Hemd über, machte sich aber nicht die Mühe, es zuzuknöpfen. Es war ja bloß Angeal. Sich das Hemd trotzdem wegen der plötzlich fehlenden Wärme des Bettes etwas um den Körper schlingend, machte er sich auf den kurzen Weg durch das kleine Wohnzimmer, das ihm in seiner Shin-Ra-Wohnung zur Verfügung stand, und während er sich noch durch die Haare fuhr, öffnete er die Tür. Angeal war es aber nicht. Angeal war etwas kleiner als Genesis. Sephiroth hingegen war größer als er, sodass Genesis, gewöhnt daran, etwas nach unten zu sehen, zunächst nur Sephiroths Hals und Schlüsselbein zu sehen bekam. Mit der Erkenntnis, wen er vor sich hatte, wanderte Genesis‘ Blick nach oben zu Sephiroths grünen Augen, die, wie seine eigenen, in der Dunkelheit deutlich auszumachen waren. Es mochte der späten Stunde geschuldet sein oder dem Überraschungsmoment, das eindeutig auf Sephiroths Seite lag – Genesis brauchte eine Weile, um zu verdauen, dass Sephiroth ihn mitten in der Nacht aufsuchte. Erst dann fiel ihm ein, dass sie stillschweigend Stillschweigen vereinbart hatten. Er musste das hier cool spielen. Ganz natürlich sein. Solche Szenen waren nicht selten. Für gewöhnlich fragte man Folgendes: „Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?“ Genesis hörte sich das selbst wie aus einiger Entfernung sagen. Es klang missbilligend und leicht verschlafen. Gut gemacht. Außer einem Nein hatte Sephiroth nichts zur Antwort. Er schob sich selbst in den Raum hinein und schloss die Tür hinter sich. Als Genesis gerade die Idee kam, dass Sephiroth wohl doch nicht mehr schweigen konnte, sondern besprechen wollte, was passiert war und wie sie weiter vorgehen sollten, spürte er schon Hände an seinen Seiten und Lippen auf seinen eigenen. Damit hatte er nun nicht mehr gerechnet. Er hatte es nicht einmal zu träumen gewagt. Und da stand er nun, ließ sich von Sephiroth noch näher ziehen und begann endlich den Kuss zu erwidern. Erneut war es nur ein kurzer Kuss, nur eine kurze Berührung. Genesis atmete kurz durch, um wieder zur Besinnung zu kommen, und merkte, dass Sephiroths Augen noch immer genießend halb geschlossen waren. Genesis hätte laut lachen können, so viele Gefühle strömten aus ihm heraus und in ihn hinein. Vorbei die Beklemmung, die immerwährende Angst, aufzufliegen; Erleichterung machte sich breit, und Glück. Glück über das Interesse, das er sich doch nicht eingebildet hatte. Glück, jemanden zu haben. Trotzdem konnte er nicht anders, als Sephiroth zu necken, hatte der ihn doch so lange schmoren lassen. „Dafür kommst du extra mitten in der Nacht her, ja?“, fragte er ihn beinahe herablassend. Sephiroth öffnete die Augen nun wieder ganz und wirkte jetzt ganz verschüchtert. „Offensichtlich schon“ erwiderte er entschuldigend. Genesis konnte ihm nicht mehr böse sein. Er nickte mit dem Kopf in Richtung Schlafzimmer. „Komm mit“, wies er ihn an, während er sich sanft aus der Umarmung löste und sich wieder in Richtung Bett zu bewegen begann. Dann fiel ihm doch noch etwas ein; er wandte sich halb um: „Und ausziehen.“ Sephiroth, der ihm nur schüchtern folgte, wirkte kurz vor den Kopf gestoßen, tat dann aber wie geheißen. Genesis befand, dass er Sephiroth dabei nun nicht beobachten musste, ging schon vor, zog das übergeworfene Hemd wieder aus und legte sich ins Bett, darauf wartend, dass Sephiroth zu ihm stieß. Mit einem verstohlenen Seitenblick begutachtete er ihn, als er schüchtern zur Tür hereinkam, und wies mit der Hand neben sich. Sephiroth verstand offensichtlich, kletterte ins Bett und legte sich zu Genesis unter die Decke. Dem gefiel es, endlich wieder von starken Armen umschlossen zu werden. Ihre Lippen berührten sich mehrmals für Sekundenbruchteile, als sie sich aneinanderschmiegten; Genesis kam in einer sehr angenehmen Position mit dem Kopf an Sephiroths Brust zur Ruhe. Er schloss die Augen. Wärme umfing ihn. Die Atemzüge, die Sephiroth neben ihm tat, während er ihm durchs Haar fuhr, waren alles, was er hörte. Daran könnte er sich wieder gewöhnen. Nicht mehr allein zu sein. Epilog: Epilog -------------- Am nächsten Tag stellte sich Genesis wieder seinem alten Feind – dem Filterkaffee. Lustlos seufzend stand er im Pausenraum vor der Maschine, durch die der Kaffee Tropfen für Tropfen quälend langsam durchlief. Wenn er da an die letzte Nacht zurückdachte, in der ohne Vorwarnung alles plötzlich unheimlich schnell gegangen war ... Als hätten ihn diese Gedanken gerufen, erschien, wie Genesis aus den Augenwinkeln erkannte, Sephiroth im Türrahmen; doch beide verharrten in ihren Positionen. Genesis wollte sich nur nichts anmerken lassen, aber er hatte die Vermutung, dass Sephiroth aus Unsicherheit wie angewurzelt stehen geblieben war. Mit einem erneuten Seufzen wandte er sich halb in Richtung Tür. „Rein oder raus?“, fragte er Sephiroth, der, wenn auch kurz verschüchtert, der Einladung folgte und sich zu Genesis gesellte. Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander, in der Genesis weiterhin den Kaffee beobachtete. Schließlich entschied er, subtil zu handeln; er wandte den Kopf ein wenig zur Seite und schaute Sephiroth so endlich direkt an. Der schien etwas aufzutauen und rückte einen Schritt näher; jedoch bestand zwischen ihnen, zumindest nach den Maßstäben der letzten Nacht, immer noch eine beträchtliche Entfernung. Genervt seufzend packte Genesis Sephiroth, der damit offensichtlich nicht gerechnet hatte, unsanft an der Hand und zog ihn näher zu sich, sodass sie sich nun sehr nah waren. Und während Genesis so tat, als wäre überhaupt nichts geschehen, und sich wieder dem Kaffee zuwandte, legte Sephiroth, der sich bestärkt zu fühlen schien, nun von hinten liebevoll die Arme um Genesis. Das hatte er nun nicht beabsichtigt. Immerhin befanden sie sich in einem öffentlichen Raum, wo jeder vorbeigehen und sie sehen konnte. Als er sich allerdings umwandte, um Sephiroth zurechtzuweisen, konnte er nicht anders, als ihn doch gewähren zu lassen, als er den friedlichen Ausdruck auf dessen Gesicht sah. Er seufzte leise und legte eine Hand auf Sephiroths starken Arm über seiner Brust. Im nächsten Moment jedoch schloss Sephiroth seinen Griff um Genesis‘ Oberkörper fester; zu fest. „Seph, du bist stark“, stieß er gepresst hervor. „Oh.“ Sephiroth ließ locker, aber nicht los. Genesis schob ihn weg. Sephiroth schaute ihn beinahe erschüttert an. „Seph“, entgegnete Genesis verständnislos, „dir ist doch wohl klar, dass niemand hiervon erfahren darf.“ Sephiroths Augen weiteten sich ungläubig. „Was?“ „Niemand. Niemand darf davon wissen.“ Sie starrten sich mehrere Momente lang sprachlos an. Genesis verstand nicht, was es daran nicht zu verstehen gab, dass absolut niemand von ihrer Beziehung auch nur etwas ahnen durfte. Er unterbrach den Blick erst, als der Kaffee endlich fertig war. „Auch?“, fragte er. Sephiroth lehnte ab. „Nein.“ Genesis füllte Kaffee in eine Tasse und setzte sich auf eines der Sofas neben dem runden Tisch. Sephiroth, mit geistesabwesendem Blick, folgte ihm nur langsam und setzte sich gegenüber auf das andere Sofa. Ohne eine Idee, was er sagen konnte, um die gekippte Stimmung wieder zu retten, nahm Genesis einen Schluck Kaffee und schaute missmutig in die Tasse. Irgendwie schmeckte der Kaffee jetzt nicht mehr so gut, wie er erwartet hatte. Kaffee. Hatte er nichts als Kaffee im Kopf? Nun hatte Sephiroth endlich den Weg zu ihm gefunden und da saß er, Trübsal blasend, unglücklich. Wie konnte er ihn ablenken? Sein Blick fiel wieder in die Kaffeetasse. „Ich hab von deiner Arbeitsmoral gehört.“ Sephiroth schaute ihn interessiert aus seinen grünen Augen an. „Und da trinkst du keinen Kaffee?“ „Nein“, antwortete Sephiroth immer noch verstimmt. „Es geht auch ohne. Kaffee sollte man sich gar nicht erst angewöhnen.“ „Hm“, machte Genesis anerkennend, „ganz Unrecht hast du da sicher nicht ...“ Dann fiel ein Schweigen zwischen sie wie ein dicker Vorhang. Es vergingen Minuten, in denen Genesis lustlos an seinem Kaffee nippte und Sephiroth beobachtete, wie sich sein Gesicht immer mehr verfinsterte. Sicherlich hätte man eine Stecknadel fallen hören können, als endlich Rettung nahte: Schritte auf dem Gang. Genesis war in seinem Leben bisher selten so dankbar gewesen, Angeal auftauchen zu sehen; der füllte sich ebenfalls eine Tasse mit dem Kaffee aus der Kanne und setzte sich neben Genesis aufs Sofa. Er schaute zwischen den beiden hin und her. „Hier herrscht ja Stimmung“, kommentierte er sarkastisch. Genesis entschied, dass es das Beste war, mitzuspielen. „Ach, eben ging es noch.“ „Ich kann euch auch wieder allein lassen“, sagte Angeal mit einem wissenden Blitzen in den Augen. Nein, er weiß nichts, schoss es Genesis durch den Kopf. Er musterte Sephiroth. Es schien ihm aber nicht der richtige Moment zu sein, mit der Sprache herauszurücken. Er seufzte. „Jetzt erklär mir doch noch mal, was genau du vorhin meintest.“ Sephiroth schien am Abend, als sie gemeinsam Genesis‘ Wohnung betraten, immer noch höchst verstimmt. Genesis ging auf die Küchenzeile zu, nahm zwei Gläser aus dem Schrank und befüllte sie mit Wasser. Etwas genervt wandte er sich anschließend Sephiroth zu, der ihm gefolgt war. Er verstand einfach nicht, was es da zu erklären gab. „Seph, der Gedanke muss dir doch früher schon mal gekommen sein.“ Es verging eine Sekunde, in der Sephiroth offensichtlich ernsthaft darüber nachdachte. „Inwiefern das?“ Genesis sah ihn ungläubig an. Wie konnte ein Mensch sich so anstellen? Musste Sephiroth sich derart verweigern? Er war doch eigentlich ein ganz kluger Mann. Genesis seufzte ermattet und setzte gerade zu einer Antwort an, als ihm eine Idee kam. Ja – war es denn die Möglichkeit? Er schaute Sephiroth an. Nein, das konnte doch nicht sein. Oder doch? „Sag mal, Seph ...“ Er stockte. Wie sollte er seinen Verdacht aussprechen, ohne taktlos zu sein? Sephiroth sah ihn an und erweckte nicht den Eindruck, dass er ihm irgendwie entgegenkommen wollte. Genesis fiel schließlich keine elegantere Art ein, also vervollständigte er gezwungenermaßen seine begonnene Frage: „Wie lange genau weißt du eigentlich, dass du auf Männer stehst?“ Sephiroth war genauso vor der Kopf gestoßen, wie er es erwartet hatte. Er runzelte leicht die Stirn. „Ähm ...“ Genesis versuchte, der Situation die Spannung zu nehmen. „Also ungefähr seit gestern.“ Sephiroth schaute ihm nicht in die Augen, als er zustimmend nickte. Genesis seufzte. „Ich glaube, ich muss dir da mal was erklären.“ Sie setzten sich mit den Gläsern gegenüber voneinander an den Tisch und redeten. Lange. Eigentlich war es größtenteils Genesis, der redete, während Sephiroth aufmerksam zuhörte. Als Genesis das Gefühl hatte, nicht mehr erzählen zu können, ohne ernsthaft Gefahr zu laufen, sein Mittagessen hochzuwürgen, seufzte er erschöpft und stützte das Gesicht in der Hand. Er registrierte am Rande, dass Sephiroth ihn immer noch neugierig taxierte, ignorierte ihn aber. Er fühlte sich angestrengt und fiebrig. Menschen konnten so schlecht sein. All diese Geschichten mit einem Mal zu erzählen erinnerte ihn wieder daran, dass man besser dran war, so wenigen Leuten wie möglich zu vertrauen. In Gedanken versunken merkte er erst nicht, dass Sephiroth um den Tisch herum näher an ihn herangerückt war, bis er anfing, über seine Hand zu streichen. Genesis machte ein missbilligendes Geräusch, duldete Sephiroths Berührung dann aber augenrollend. Offenbar hatte ihr Gespräch auch Sephiroth angestrengt, denn er legte seinen Kopf an Genesis‘ Arm auf den Tisch und schloss halb die Augen. Genesis betrachtete Sephiroth und erkannte in ihm seinen Leidensgenossen. Armer Junge, bis vor Kurzem hatte er keine Ahnung ... War noch nie in einer Beziehung, nein? Da erschlug Genesis die Erkenntnis nahezu. Fast wäre ihm der Mund offen stehen geblieben. Verständnisvoll fuhr er Sephiroth durchs Haar – dieses wunderbare lange Silberhaar, das sicher jeder in Midgar gerne einmal berührt hätte –, wie es vor ihm noch niemand getan hatte. Es machte ihn beinahe selbst traurig. Denn gerade war ihm klar geworden, dass Sephiroth bis zu ihrem ersten Kuss – seinem ersten Kuss – in seinem ganzen Leben, das hieß in ganzen 20 Jahren, noch von niemandem auch nur die geringste liebevolle Berührung erfahren haben konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)