Der Kompass zeigt nach Norden von Saddun (von der Zelle in den Krieg) ================================================================================ Prolog: Der Kompass zeigt nach Norden ------------------------------------- Laute Schritte in einem dunklen Gang, erhellt nur von einer einzelnen Fackel. Getragen wurde diese Fackel von einer Wache. Die eine Konstante in diesem Gefängnis. Es war immer eine Wache in Hörweite. Die zweite Person war ungewöhnlicher. Es war ebenso ein Soldat, aber... hochrangig, und irgendwie nervös. Owen strich sich über den grauen Offiziersmantel. Nicht, dass es irgendetwas zu glätten gäbe, es war immerhin nicht nur ein Kleidungsstück, sondern auch Rüstung. Seine Finger konnten die Platten; die in dem Mantel verborgen waren, ertasten. Hart. Kalt. Nein. Er war einfach nervös, und wenn er nervös wurde begann er seine Finger zu beschäftigen. Der Gang war muffig und feucht. Er hatte es schon immer gehasst in den Katakomben der Festung zu sein, er war einfach zu sehr an die Sonne gewöhnt. An frische Luft und Wind. Die Finger seiner linken Hand fanden das im Takt seines Schrittes hüpfende Schwert an seiner Seite, den ledernen Griff mit dem verzierten Metallgeflecht, das seine Hand im Kampf schützen würde. Seine Pistole hatte er abgeben müssen, eigentlich waren hier unten keine Waffen erlaubt, aber ein Rang kommt eben auch mit Vorteilen. „Wir sind da. Zelle 87“ Die Stimme des Wächters unterbrach seine Gedanken. Die blauen Augen des Wächters suchten nach dem richtigen Schlüssel an seiner Hüfte. Methodisch, ein intelligenter Blick. Welch eine Verschwendung eines Soldaten. „Sie kennen die Regeln, Kommandant. Sie haben fünf Minuten.“ Mit diesen Worten war der Schlüssel gefunden und die schwere Metalltür öffnete sich mit einem schmerzhaften quietschen. Zusammenreißen. Er trat in die Zelle ein, es gab nur eine spärliche Beleuchtung. Mondlicht durch ein kleines Fenster kurz unter der Decke. Seine grauen Augen suchten die Zelle ab. Der Häftling war kaum zu sehen, war er doch nur ein zusammengesunkener Haufen in einer Ecke. Doch der Haufen kam schnell in Bewegung und ein Kopf wurde sichtbar. Lange Haare, verfettet und dreckig, die sonst so kastanienbraune Farbe nicht mehr zu erkenne. Doch die Augen, sie waren wiederzuerkennen. Das eine in einem rötlichen braun, Das andere...mechanisch, ein eisblaues Leuchten in der Hülle aus Stahl. „Welch hohe Ehre“ Die Stimme war schwach, aber er hatte den schneidend sarkastischen Tonfall nie verloren. „Kommandant Conroy, was verschafft mir Euren Besuch?“ Ja dieses Grinsen würde er auch im Tod noch mit sich tragen. Der Offizier musste erst einmal durchatmen. „Darkmore. Wir haben uns lange nicht gesehen.“ „Das stimmt, Kommandant. Seit meiner Verurteilung habt Ihr mich hier alleine verrotten lassen.“ Das Grinsen wurde etwas schwächer, die Augen verrieten Bosheit. „Ja das stimmt, doch auch Ihr solltet wissen, dass ein Mann meines Ranges... Verpflichtungen hat. “ Er versuchte immer noch den autoritären Tonfall zu behalten, doch es schwang auch Sympathie mit, er hatte seinen alten Freund im Stich gelassen. „Die Verpflichtung nicht aufzufallen“ hätte er gerne gesagt, doch die Wache konnte hören, was sie sprachen. „Natürlich, das Wohl des Landes geht natürlich vor. Aber nun denn, was treibt die Welt so ohne den besten Kapitän, der je im Himmel schwebte?“ Die gefesselten Hände gestikulierten theatralisch nach oben. Owen musste grinsen. „Sagt der Mann der betrunken von seinem eigenen Schiff gefallen ist.“ „Hey!“ Darkmore war sichtlich nicht erfreut. „Das war ein Mal. Nur ein verdammtes Mal! und wir waren noch am Dock,“ verteidigte er sich „Ich kann doch nichts dafür, dass diese verdammte Adlige so viel verträgt...“ hörte man den Haufen mit zwei Augen murmeln. „Das die Tochter des Bier-Barons nichts verträgt denkst auch nur du... aber schieben wir dein Ego mal beiseite. Es gibt tatsächlich Neuigkeiten“ Der Haufen verkniff sich sichtlichen einen weiteren Kommentar und richtete sich nun in etwas auf, das man tatsächlich einen Menschen nennen konnte. „Der Krieg steht bevor. Dieser neu entdeckte Kontinent bekommt die volle Armee des Reiches zu spüren. Wir starten in einem Monat.“ Beide waren nun ernst. Darkmore hatte eine Vermutung was gespielt wurde. Conroy setzte einen neckischen Tonfall auf. „Ein wirklich guter Kapitän könnte sicher eine Menge Geld dabei machen. Schmuggel, Waffenhandel... Krieg macht Geld“ Die Augen des Gefangenen verengten sich zu Schlitzen. „Ein wirklich guter Kapitän? Huh ...wo will man den denn finden, ich sitze ja immerhin hier in diesem Loch und kann nur Ratten Befehle erteilen!“ „Das du vom Himmel in die Hölle gefallen bist ist nicht mein Problem, du kannst dir ja Flügel wachsen lassen und wieder aufsteigen.“ Der Tonfall den Owen ansetzte war beleidigend, aber sein Augenzwinkern verriet... andere Aussichten. „Aber naja, das ist natürlich unmöglich. Genauso unmöglich wie dein Plan bei der Verteidigung von Lisoran.“ Nun war Darkmores Neugier geweckt. „Lisoran...ja das war ein...spannendes Unternehmen. Ich erinnere mich noch an den Ort an dem wir uns damals verabschiedeten. Ich dachte es würde das letzte Mal sein, dass wir zusammen trinken...“ Er suchte in Owens Gesicht nach Zeichen und ein Lächeln verriet im alles was er wissen musste. „So ist es dann ja auch gekommen. Aber naja, der Kompass zeigt immer noch nach Norden.“ Mit diesen Worten drehte sich der Kommandant um und verließ den Raum. Schwere Schritte erfüllten den Gang, als Darkmore sich zurücklehnte und zu denken begann. Doch dann fiel ihm ein Schimmern an der Stelle auf, an der Owen gestanden hatte. Drei Stunden später sah der Kapitän zum ersten Mal seit zwei Jahren eine Taverne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)