Animi Lingua von Duchess (Des Herzens Sprache) ================================================================================ Kapitel 1: Idylle in der Abgeschiedenheit ----------------------------------------- ~~~~~//I\\~~~~~//I\\~~~~~//I\\~~~~~ Nicht alles was glänzt ist Gold. Und nicht alles was Gold ist glänzt. ~~~~~\\I//~~~~~\\I//~~~~~\\I//~~~~~ Leise schickte die Sonne ihre wärmenden Strahlen über die Hangwiesen und strich den Gräsern die restlichen Regentropfen der letzten Nacht ab. Am Morgenhimmel färbten sich die kleinen Wolken in den schönsten pastellenen Rottönen und ließen zwischen sich immer genügend Platz um ein wundervolles Blau durchsickern zu lassen. Die Hangwiesen waren umgeben von einem dichten Nadelwald, nur ab und zu hatte es ein Laubbaum geschafft sich zwischen den Tannen hindurchzukämpfen. Ganz allmählich erwachten die Vögel und begannen ihre Lieder zu singen. Ein Kaninchen, welches sich an den Kräutern der Wiese gütlich getan hatte, stellte beim ersten Zwitschern sofort die Löffel auf. Als es aber sichergestellt hatte, dass keine Gefahr von Füchsen, Habichten oder Kindern gab beruhigte es sich wieder und widmete sich voll und ganz seinen Kräutern. Plötzlich kam ein leichter Wind auf und strich einer großen, alten Weißbirke durch die bereits gelb werdenden Blätter. Diese Birke stand mitten auf der Wiese und war der mit Abstand höchste Baum hier. Sein Stamm war bereits äußerst dick und knorrig und in seinen Ästen tummelten sich viele kleine Lebewesen, die auch bereits schon auf waren und ihren Geschäften nachgingen. Gegenüber der Birke am oberen Waldrand erhob sich fast majestätisch ein prachtvolles, altes Bauernhaus. Es hatte zwei Stockwerke und einen Dachstuhl. An seiner Wiesenseite befand sich ein Langer Balkon mit großen, weit ausladenden Geranien in den Balkonkästen. Noch waren die Fensterläden geschlossen und im Inneren des Hauses herrschte besinnliche Stille, doch dass würde sich gleich um Punkt 5:55 Uhr ändern. Ein schrilles Piepen durchriss plötzlich den Waldfrieden und veranlasste das Kaninchen dazu sofort reiß aus zu nehmen und sich im Schutz des Waldes zu verstecken. Dumpf rumpelte es plötzlich in der ersten Etage und ein vor ein paar Stunden erst eingeschlafener Kenny riss seine Zimmertür auf und stampfte wutentbrannt zu dem Zimmer aus dem dieses schreckliche Geräusch kam. Ohne zu zögern öffnete er auch diese und stellte zu aller erst einmal den Wecker aus. "TYSON!" schrie der kleine Kerl und rüttelte den immer noch schnarchenden Freund so kräftig er nur konnte. "Wach endlich auf!" Kein Schreien und kein Rütteln half, Tyson blieb unbeeindruckt liegen und schlief munter weiter. Doch Kennys Geschrei hatte zwei andere Mitbewohner aus den Betten gelockt. Max und Ray standen Schlaftrunken im Türrahmen und beobachteten die Szene. "Nimm Wasser" meinte Max gelangweilt und rieb sich die Augen. Ohne zu zögern befolgte Kenny diesen Ratschlag, griff nach der Sprudelwasserflasche auf dem Nachttisch, öffnete sie und ergoss den gesamten Inhalt auf Tysons nacktem Oberkörper. Mit einem schrillen "Iiiiiiiiiiiiiiiiiiiii" fuhr Tyson endlich aus dem Bett und sah den Braunhaarigen wütend an. "Du hättest mich auch anders wecken können!" beschwerte er sich und wischte das Wasser aus dem Gesicht. "Du wirst von nichts anderem wach, Tyson!" meinte Kenny mit Genugtuung in der Stimme. "Na, auf jeden Fall sind wir immer pünktlich wach" meinte Max gähnend und wandte sich zum Gehen. "Seht ihr, mein Wecker hat doch etwas Gutes!" grinste Tyson Kenny an. Doch dieser verdrehte genervt die Augen und ging dann auch zurück zu seinem Zimmer. "Beeil dich, Tyson! Du solltest Kai heute keinen weiteren Grund geben dich umzubringen" riet Ray und trotte ins Bad. Eine Dusche war jetzt genau das richtige um wach zu werden. Eine halbe Stunde später saßen Kenny, Max und Tyson bereits am Frühstückstisch im Erdgeschoss und unterhielten sich, als Ray die Treppe herunter gerannt kam. "Bin ich zu spät?" fragte er keuchend. "Nein bist du nicht. Es ist zwar bereits halb sieben durch, aber Kai ist noch nicht da" beruhigte Kenny ihn. "Das ist ja wohl mal wieder die Höhe! Wir dürfen nicht eine halbe Minute zu spät dran sein, aber er selbst kann sich Zeit lassen so lange er will" maulte Tyson. Ray setzte sich und schnappte sich auch gleich ein frisch aufgebackenes Brötchen. Eine weitere halbe Stunde später war Kai immer noch nicht aufgetaucht und die Vier aßen gerade ihre letzten Stücke. "Meint ihr wir sollten mal nach ihm sehen?" fragte Max besorgt in die Runde. "Bist du lebensmüde? Er wird uns umbringen sobald er einen Blick auf die Uhr wirft und erkennt, dass er verschlafen hat!" stellte Kenny fest, was Max allerdings zu überzeugen schien, denn er nickte lächelnd und schob sich den Rest des Brötchens in den Mund. "Und was machen wir, wenn er erst heute Mittag aufwacht und uns dann den Hals umdrehen will, weil wir ihn überhaupt nicht geweckt haben?" fragte Tyson schmatzend. "Tyson, warum musst du gerade jetzt anfangen deinen Kopf zu gebrauchen? Wenn er bis heute Mittag schlafen würde, ohne dass wir an so was denken würden, wäre es uns besser gegangen. Und wir würden jetzt nicht in einem solchen Dilemma stecken" seufzte Kenny. Max musste kichern und verschluckte sich dabei fast an seiner Milch. "Bleibt locker! Ich werde gehen" meinte Ray ruhig und trank den letzten Schluck. Drei verdutzte Augenpaare richteten sich auf ihn. "Bist du dir da sicher?" fragte Max besorgt und legte den Schwarzhaarigen eine Hand auf den Arm. "Keine Sorge, Max! Ich hab bei Kai noch ein paar Pluspunkte offen" zwinkerte er dem Blonden zu und stand auf um nach oben zu gehen. Im Obergeschoss befanden sich die Schlafräume. Da sie ja hier alleine waren konnte sich jeder ein eigenes Zimmer nehmen. Ray war sehr dankbar dafür, denn auch er brauchte ab und zu mal seine Privatsphäre und einen Ort an dem er wirklich alleine sein konnte. Die Türen von ihren Zimmern standen offen zum Durchlüften, nur Kais Zimmertür war noch verschlossen und es fiel auch kein Licht durch den Türschlitz. Also war Kai wohl noch am Schlafen und er hatte jetzt die wundervolle Aufgabe ihn zu wecken. Es war nun mal einfach Kais Art jeden einen Kopf kürzer zu machen, der seinen Anweisungen widersprach oder ihn auf einen seiner Fehler aufmerksam machte. Und wecken, weil er zu spät dran war fiel mit Gewissheit darunter. Aber andererseits freute sich Ray auch geradezu die nackte Haut seiner Arme berühren zu dürfen um ihn wach zu rütteln, und ihm dabei ganz leise einen "Guten Morgen" ins Ohr zu flüstern. Er hatte auch schon so oft gehofft, dass Kai dann einmal aufwachen würde, sich zu ihm drehen würde und ein sanftes, verschlafenes "Guten Morgen, Schatz" sprechen würde, doch das war nur Wunschdenken. Kai würde sich niemals auf so etwas einlassen und dazu noch mit einem Jungen. Als Ray an Kais Zimmertür angelangt war, war seine Stimmung bereits wieder auf dem Tiefpunkt. Verdammt, er dachte zuviel darüber nach. Er ballte kurz die Hände zu Fäusten, dann entspannte er seine Muskeln wieder und legte behutsam die Hand auf die Türklinke. Langsam drückte er sie herunter und schob die Tür auf. Schwere ausgelaugte Luft kam ihm entgegen. Leise betrat er das vollkommen dunkle Zimmer und tastete sich zum Fenster vor. So leise er nur konnte öffnete er das Fenster, stieß die Läden auf und stellte es dann wieder auf kipp. Trotz dem Unbehagen, welches er gerade noch hatte, drehte er sich mit Vorfreude auf das Privileg Kai wecken zu dürfen um. Doch das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und wandelte sich in Besorgnis um. Der junge Russe hatte sich die Bettdecke fast bis zur Nasenspitze hochgezogen und atmete schwer und flach. Er lag auf der Seite, Ray zugewandt und den Kopf tief ins Kopfkissen gesteckt. Als Ray näher trat erkannte er, dass sich auf Kais käseweißer Haut kleine Schweißperlen gebildet hatten und dass er seine Augen auf schlitzbreite zugekniffen hatte. "Kai?" begann er beunruhigt und legte seine Hand auf die Schulter. Bei der Berührung zuckte Kai kurz zusammen. Und öffnete die Augen etwas mehr um erkennen zu können wer denn da mit ihm sprach. "Ray?" flüsterte Kai kaum hörbar, sodass Ray sich ganz tief zu ihm herunterbeugen musste. "Ja, ich bin es" antwortete der Schwarzhaarige sanft und fühlte Kai die Stirn. "Wow, du verbrennst ja regelrecht!" musste Ray feststellen und lief sofort auf die Tür zu. Beim Hinausgehen rief er Kai noch kurz zu, dass er den Erste Hilfe Kasten suchen müsse und dass er so lange ruhig liegen bleiben solle. Doch Kai war momentan alles egal. Er konnte sich keinen Zentimeter mehr bewegen und war offenbar auf fremde Hilfe angewiesen. Nach ein paar Minuten kam Ray mit dem für diese Verhältnisse hier oben äußerst modernen Erste Hilfe Kasten und Kenny zurück. Ray zog einen Stuhl zum Bett und stellte darauf den Kasten ab. Schnell durchwühle er ihn und fand schließlich das Thermometer. "Er sieht wirklich schlimm aus" kommentierte Kenny und trat näher. "Mhm" machte Ray nur und begann sich die Bedienungsanleitung für das elektrische Thermometer durchzulesen. Nach gut zwei Minuten gab er nur ein sehr eindeutiges "Hä?" von sich. "Gib mal her!" seufzte Kenny und schnappte sich den Zettel. "Also..." begann der Braunhaarige auf den Zettel starrend "... du musst deine rechte Hand da so drum legen, dass du die Markierungen dort verdeckst. Dann musst du die silberne Spitze vorne in das Ohr des Patienten stecken und auf den roten Knopf links von dem Gerät drücken und zwei Minuten warten!" sich weiterhin die Anleitung durchlesend überließ er es Ray Kai die Temperatur zu messen. Vorsichtig, setzte Ray das Gerät an Kais Ohr, wobei dieser wieder zusammenzuckte und ein verbittertes, leises "Kalt" von sich gab. Ray legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Als der Graublauhaarige dann endlich wieder still lag drückte Ray auf den roten Knopf und strich Kai sanft über den Hinterkopf. "Ray" erklang Kennys Stimme wieder "auf dem Display vorne müsste jetzt so ein komisches Rechteck zu sehen sein und daneben ein blinkender Punkt, wenn dieser Punkt nicht mehr blinkt und nur noch leuchtet hat das Gerät gemessen und wir können die Temperatur ablesen" Ray tat wie ihm Kenny geheißen hatte und beugte sich nach vorne um den kleinen Bildschirm zu beobachten. Dabei merkte er zuerst nicht, dass seine Wange fast die von Kai berührte, erst der heiße Atem Kais in seinem Nacken ließ ihn einen Schauer über den Rücken laufen und sich bewusst werden in welcher verzwickten Lage er sich befand. Ray wurde heiß und kalt, sein Herz schien schneller und lauter zu schlagen als je zuvor. Er fragte sich warum es den anderen noch nicht auf gefallen war. Die zwei Minuten vergingen endlos langsam, doch endlich hörte es auf zu blinken und auf dem Display zeigte sich die genaue Temperatur. "38,5°C" sagte Ray und setzte sich so schnell wie nur möglich wieder aufrecht hin. Kenny starrte ihn an. "Was ist?" fragte Ray verwirrt. "Warum bist du so rot geworden? Geht es dir momentan etwa auch nicht so gut?" "Hä?" Ray war geschockt. Er war rot? "N... nein, mir geht's bestens" log er und gab sich alle Mühe Kennys Blicken auszuweichen. Kenny wollte gerade nachharken, als Kai plötzlich anfing laut zu stöhnen. Entsetzt rissen Ray und Kenny die Augen auf. "Kai, was ist?" fragte Ray ängstlich und drückte seine Schulter sanft. Der Graublauhaarige hatte sich total verkrampft und verspannt. Er zitterte heftig und hielt sich mit beiden Armen den Bauch. Seine Zähne knirschten aufeinander und zwischen den geschlossenen Augenliedern traten Tränen hervor. "Kai, was ist denn?" wiederholte Ray seine Frage und seine Stimme wurde immer zitteriger vor Sorge. "Chef, was können wir denn tun?" wandte er sich schließlich an den Braunhaarigen. "Äh, ich glaube du solltest jetzt einfach bei ihm bleiben und ihn beruhigen, ich werde Dizzy um Rat fragen" sagte er und verschwand schnell. Ray aber war damit nicht wirklich geholfen. Vor ihm krümmte sich Kai vor Schmerzen und er wusste nicht, was er tun konnte um ihm zu helfen. Wie ein schutzsuchendes, wehrloses, kleines Kind lag Kai vor ihm. Langsam beugte sich Ray über die zitternde Gestalt und schloss seine Arme um ihn. Er konnte Kais Schmerzen fühlen, die Hitze, die von ihm ausging, das Zittern und das Schweißnasse Bettzeug. Ganz sacht fuhr Ray ihm immer wieder mit beruhigenden Worten über den Rücken. Doch Kais Haut war momentan übersensibel und gab jede kleine Berührung als Schmerz weiter, sodass Kai immer wieder laut aufstöhnte. Ray merkte glücklicherweise schnell, dass sein Streicheln momentan falsch war und ließ seine Hände dann auf einer Stelle ruhen. "Ganz ruhig Kai es wird alles wieder gut!" flüsterte ihm Ray ins Ohr, doch plötzlich ging Kais leises, gequältes Stöhnen in einen unterdrückten Schmerzensschrei über. Ray gefror das Blut in den Adern. Doch so plötzlich wie es angefangen hatte, hörte es auch wieder auf. Kai entkrampfte sich wieder und lag schlaff und schwer atmend im Bett. Kai war froh, dass Ray da war. Auch wenn Ray offenbar nicht wusste, dass er so wie er ihn dort von der Bettkante aus nervös und ängstlich anstarrte, ihm doch so viel Trost spendete. Kai wollte nicht alleine sein, nicht jetzt wo es ihm so dreckig ging. Doch plötzlich hatte er das Gefühl, dass sich alles um ihn herum drehte und er ins Dunkel stürzte. Ihm wurde plötzlich eisig und Rays abermals geschocktes Gesicht verschwand in der Schwärze. "Ray, Ray bleib da! Ich will nicht alleine sein!" rief er zurück, doch ob Ray es noch hörte wusste er nicht. Er war allein. ~~~~Fortsetzung folgt~~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)