My Love Is Your Love von May_Be (- Blind Date -) ================================================================================ Kapitel 10: Unsere glücklichen Gesichter für immer verewigt ----------------------------------------------------------- Das Eiscafé war sehr beliebt. Zu dieser Jahreszeit gingen die Leute besonders gerne Eisessen. Da konnte es schon vorkommen, dass man länger auf seine Bestellung warten musste. Für Hitomi war das alles ziemlich neu, so viele Leute um sich herum zu wissen. Aber vor allem die Auswahl an Eissorten und -kreationen überforderte sie. „Welches nimmst du?“, fragte sie den Jungen ihr gegenüber, der die Karte bereits zur Seite gelegt hatte. „Ich denke, einen Erdbeerbecher.“ So einfach war das also, sich zu entscheiden. Vielleicht hatte er bereits alle Sorten ausprobiert und diese gefiel ihm am besten? „Und du?“, fragte Iji zurück. Hitomi verzog nachdenklich das Gesicht. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie gequält, „alles hört sich so gut an.“ Wahrscheinlich konnten sie noch Stunden lang hier sitzen, Hitomi würde sich nicht entscheiden können. „Gibt es etwas, was du davon nicht magst?“, fragte Iji nach einer Weile, als sie immer noch verzweifelt in die Karte starrte. Hitomi schüttelte den Kopf, woraufhin er ihr die Karte aus der Hand nahm. Iji hatte eine Idee, wie er ihr die Entscheidung erleichtern konnte. Außerdem war die Kellnerin in der Nähe. Wenn sie jetzt ihre Chance verpassten zu bestellen, würden sie garantiert noch länger ohne Eis hier hocken. „Dann entscheide ich für dich“, schlug er vor und warf noch einmal einen Blick auf die verschiedenen Eiskreationen. Hitomi blinzelte überrascht, doch im nächsten Moment hellte sich ihr Gesicht auf. „Tolle Idee! Welches empfiehlst du?“ „Lass dich überraschen.“ Er zwinkerte ihr über die Karte hinweg zu. Als die Kellnerin an ihren Tisch kam, bestellte Iji einen Erdbeerbecher und zeigte mit dem Finger auf die Karte, um Hitomis Bestellung aufzugeben. Die Kellnerin notierte sich alles und eilte davon. Das Warten hatte sich gelohnt. Hitomi bekam einen großen Eisbecher, der aus einer Waffel bestand, gefüllt mit Vanilleeis, Käsekuchenstückchen, frischen Erdbeeren, Krokant und Erdbeersoße. Eine hauseigene Kreation, die den Namen Easy Cheesy trug. Genauso lecker wie es klang und aussah, schmeckte es auch. Hitomi schmolz vor Genuss dahin. „Und?“, fragte Iji neugierig, während er ihr strahlendes Gesicht betrachtete, „hab' ich deinen Geschmack getroffen?“ Hitomi nickte mehrmals. „Und wie! Ich sollte dich öfters Entscheidungen treffen lassen.“ Iji lächelte zufrieden. Es freute ihn irgendwie, dass er es wenigstens einer Frau recht machen konnte. Sie aßen genüsslich ihr Eis, unterhielten sich über Belangloses und alberten herum. Iji klaute sich ein bisschen von ihrem Vanilleeis mit einem Stückchen Käsekuchen und steckte sich den Löffel grinsend in den Mund. Hitomi beschwerte sich nicht, sondern lachte nur darüber. Sie war ein unkompliziertes Mädchen, das war Iji bereits bei ihrem ersten Treffen aufgefallen. Sie schien stets fröhlich zu sein und vor Energie zu strotzen, was einen wirklich anstecken konnte. Nachdem sie fertig gegessen hatten, wollte Iji die Rechnung übernehmen. Doch das erwies sich nicht als einfach. „Ich lade dich ein“, sagte Iji bestimmt und zählte bereits den passenden Betrag zusammen. „Du hast schon letztens für mich bezahlt“, erwiderte Hitomi ebenso entschieden und holte ihr Portemonnaie hervor. „Hitomi, wenn du mich nicht zahlen lässt, werde ich sauer“, sagte er nachdrücklich und das schien endlich Wirkung zu haben. Sie steckte langsam ihr Geld weg und bedankte sich für die Einladung. „Du darfst einem Mann nicht dazwischen funken, wenn er dich einladen will“, erklärte er ihr, als sie Richtung Innenstadt liefen. Auch wenn er gestehen musste, dass er lieber Frauen mochte, die ihm dazwischen funkten, als diejenigen, die es als selbstverständlich ansahen, wenn er immer für sie bezahlte. „Das ist ein ungeschriebenes Gesetz.“ „Tut mir leid. Diese Regel kannte ich nicht.“ „Schon gut. Merk dir das für's nächste Mal.“ „Ok. - Aber wenn der Mann immer zahlt, wird er dann nicht irgendwann pleite gehen?“ Iji dachte einen Augenblick darüber nach. „Passiert schon nicht. Dafür gehen wir ja arbeiten.“ Er tat es mit einem Grinsen weg, obwohl an ihrer Vermutung etwas dran war. Wenn Frauen gierig wurden und Männer sich ausnutzen ließen, konnte das sicher schon mal vorkommen. „Wo wollen wir jetzt hin?“, fragte Iji nach und überlegte gleichzeitig selbst, was sie heute noch unternehmen konnten. Hitomi hatte sich für heute noch nichts überlegt. Es war Samstag und ihnen standen alle Türen offen. Aber im Moment war sie ratlos. Sie ließ ihren Blick schweifen und entdeckte zwei Mädchen an einem Fotoautomaten. Hitomi hatte diese altmodischen Fotoautomaten schon früher gesehen, jedoch nie einen ausprobiert. Ehrlich gesagt hatte sie nicht einmal geahnt, dass es sie immer noch gab. Die beiden Mädchen standen davor und sahen sich lachend ihre Bilder an. „Ich weiß, was wir machen.“ Hitomi wies mit ihrem Zeigefinger in die Richtung des Fotoautomaten. Beim Anblick ihres nächstens Ziels, war Iji nicht sonderlich begeistert. „Also... du kannst gerne welche machen, aber ohne mich, ok?“ „Ach komm schon! Nur einmal“, flehte sie. „Nein, ehrlich nicht. Ich bin nicht fotogen.“ Hitomi wollte ihm das nicht abkaufen, aber zwingen konnte sie ihn natürlich auch nicht, oder? Der Fotoautomat war mittlerweile frei und Hitomi warf noch einen letzten Blick zu ihm. „Bitte. Das würde mir viel bedeuten.“ Iji musste gestehen, dass es ihm schwer fiel, nein zu sagen. Ihre großen, bittenden Augen ließen ihn letztendlich doch schwach werden. Verdammt... „Ok, überredet. Aber nur ein Foto!“ In der Fotokabine war es ganz schön eng, selbst für zwei Leute. Sie setzten sich nebeneinander auf die schmale Bank und sahen sich die Optionen auf der gegenüberliegenden Wand an, die man auswählen konnte. Daneben waren ein paar Beispielfotos von diversen Leuten aufgeklebt, die entweder ganz normal lächelten oder witzige Grimassen schnitten. „Wie wollen wir gucken? Erst lächeln und danach Grimassen?“ Iji runzelte skeptisch die Stirn, willigte dann aber ein. Ach was soll, dachte er bei sich und steckte ein paar Yen Münzen in den Automaten. Sie mussten ihre Köpfe näher zusammenstecken, um besser auf das Foto zu kommen. Ihre Wangen berührten sich fast, wohingegen sich ihre Oberschenkel direkt aneinander drückten. Iji spürte die Wärme, die von ihrem Körper ausging. Er schielte kurz zu ihr und schluckte. Von hier aus konnte er direkt in ihren Ausschnitt gucken. Das war gar nicht seine Absicht gewesen, nur ein Versehen. Aber dieses Versehen brachte ihn ein wenig ins Schwitzen. Iji wandte seinen Blick wieder ab und richtete ihn auf den kleinen Monitor vor ihnen, auf dem ihre eigenen Gesichter angezeigt wurden. „Lächeln“, meinte Hitomi noch schnell zu ihm, bevor das erste Foto geschossen wurde. Iji hatte noch rechtzeitig gelächelt. Die nächsten Fotos wurden gleich hinterher aufgenommen und gedruckt. Mit nur einem Foto, so wie Iji es gewollt hatte, wurde es nichts, denn der Fotoautomat schoss gleich vier Fotos hintereinander und druckte sie in einer Reihe aus. Hitomi nahm die Fotoreihe an sich und betrachtete sie. Sie mochte die Bilder, aber sie wollte noch mehr. „Und jetzt Grimassen?“ Sie drehte sich erwartungsvoll zu ihm um. Iji hatte nicht genug Platz um zurückzuweichen. Sie war ihm heute fast genauso nah wie letztens in der U-Bahn. Sein Herz klopfte einen Takt schneller. Warum wurde er auf einmal nervös? In der Regel konnte er mit hübschen Frauen problemlos umgehen, keine machte ihn je nervös oder verursachte Herzklopfen. Iji beschloss, dem nicht auf den Grund gehen, sondern verdrängte seine Gedanken wieder und entspannte sich langsam. „Grimassen willst du?“ Er grinste schelmisch, sodass Hitomi eine böse Vorahnung bekam. Doch es war zu spät, ihm zu entkommen. Iji kniff ihr leicht in beide Wangen und zog diese etwas auseinander. „So etwa?“ Ihr verzerrtes Gesicht sah echt witzig aus, sodass er unweigerlich lachen musste. Diese Gelegenheit, in der er etwas unachtsam wurde, machte Hitomi sich zu Nutze und tat dasselbe bei ihm. „Ja, genau so“, meinte sie. Ihre Aussprache klang unnatürlich und komisch zugleich, sodass beide noch mehr lachen mussten. Hitomi liebte es, mit ihm herumzualbern. Mit ihm zusammen zu sein war wundervoll. Sie fühlte sich sorglos und unbeschwert. Sie konnte alles sagen, alles tun, was ihr gerade in den Sinn kam, und wurde von ihm nicht verurteilt oder zurückgewiesen. Sie war unglaublich glücklich darüber, ihn kennengelernt zu haben. Iji warf weitere Yen Münzen hinein, legte einen Arm um Hitomis Schulter und formte seine andere Hand zum Peace-Zeichen. Er grinste lässig in die Kamera. Hitomi tat es ihm nach. Die coole Pose brachte sie zum Lachen, was die Kamera auf dem nächsten Foto verewigte. Sie hatten solchen Spaß, dass es drei weitere Fotoserien mit je vier Bildern wurden. Lachend verließen sie die Kabine und merkten erst jetzt, dass sich vor dem Fotoautomaten eine kleine Schlange gebildet hatte. Hitomi entschuldigte sich bei den Leuten für die lange Wartezeit und verbeugte sich leicht. Als sie ein wenig abseits standen, sahen sie sich die Fotos noch einmal genauer an. Lachende Gesichter, die auf einigen Bildern versuchten ernst oder cool zu gucken, herausgestreckte Zungen, Peace- oder Rock'n'Roll-Zeichen. Glückliche Gesichter für immer verewigt auf diesen Fotos. „Ich möchte die beiden behalten!“ Hitomi suchte sich zwei von vier Fotoreihen aus. „Und die sind für dich.“ Iji hätte ihr am liebsten alle überlassen, aber das würde wahrscheinlich nicht nett rüberkommen, wenn er keine Fotos annahm, und er wollte kein Arsch sein. Deswegen nahm er diese, die sie ihm reichte, an sich. „Und du hast gesagt, du bist nicht fotogen! Ich finde, die Kamera liebt dich.“ Iji betrachtete noch einmal die Fotos, die er in den Händen hielt. Sie waren wirklich gut gelungen. „Ja, das tut sie“, stimmte er ihr zu und fuhr sich grinsend durchs Haar, „ich bin der geborene Shootingstar!“ Seine gespielt eingebildete Ansprache entlockte ihr ein aufrichtiges Lachen. „Wir melden dich sofort für ein Magazin an!“ „Ähem. Willst du meine Managerin sein, Hitomi Higashino?“ Iji legte, ohne sich etwas dabei zu denken, seinen Arm um ihre Schulter. Hitomi hatte nichts gegen seine Nähe einzuwenden, obwohl diese Nähe seit neustem ihr Herz zum Rasen brachte. Sie verstand selbst nicht, warum er diese Wirkung auf sie hatte. Als sie vorhin in der Fotokabine ziemlich nah nebeneinander saßen, hatte ihr Herz so heftig angefangen zu klopfen, als würde es ihr gleich aus der Brust springen. Zum Glück konnte sie ihre innere Nervosität gut mit ihrem Lachen überspielen. „Das wäre mir eine Ehre, Ryoske Kagawa!“ Als sie den Namen seines Bruders aussprach, verging ihm auf einmal das Lachen. Ihm wurde schlagartig bewusst, weshalb er überhaupt hier war. Für einen kurzen Moment hatte er es nämlich vergessen. Für sie war er Ryoske und würde es immer bleiben. Iji war so sehr in Gedanken vertieft, dass er die Person auf der gegenüberliegen Straßenseite erst realisierte, als es bereits zu spät war. Iji wandte sich ruckartig ab, ergriff Hitomis Hand und zog sie mit sich in die entgegengesetzte Richtung. „Was hast du? Wieso laufen wir?“ Hitomi war ganz irritiert von seinem plötzlich merkwürdigen Verhalten, ließ sich jedoch ohne großen Aufstand mitziehen. Iji hörte von Weitem, wie sein Name gerufen wurde. Sein richtiger Name. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)