Hundstage von Hotepneith (Kein Hund wie jeder andere) ================================================================================ Kapitel 35: Genki ----------------- Der Inu no Taishou verließ das Schlafzimmer seiner Ehefrau mehr als nachdenklich. So erleichtert er war, dass sie nicht sterben musste, wohl nicht einmal verunstaltet worden war – was war nur passiert? Langsam ließ er sich nieder, spürte dabei nur zu deutlich seine eigenen Verletzungen. Ja, was nur war geschehen? Waren Izayois unbekannte magische Fähigkeiten auch schuld … nun ja, das war das falsche Wort … aber hatten ihr Schutz gegen das Drachenfeuer gegeben? Die Tokos hatten nie … Gedankenfehler, dachte er plötzlich ärgerlich. Er musste müder sein als er schon angenommen hatte. Natürlich. Das kam nicht von der mütterlichen Seite, sondern von der des unbekannten Vaters. War der ein Priester gewesen, möglichst verheiratet, und Miharu hatte ihn schützen wollen, darum so stur seine Identität verschwiegen? Das hätte ein sehr mächtiger und berühmter Priester sein müssen, wenn er selbst aus Jahrhunderten Krieg mit Menschen und Drachen davon ausging, dass es garantiert nicht jedem Menschen gelang einen Drachenprinzen zu verletzen. Ryuutsubasa war schließlich kein Niemand gewesen. Nun ja, er selbst hatte zumindest noch nie davon gehört, dass das möglich sei. Nächster Logikfehler. Miharu Toko, eine hochgeborene Prinzessin aus gutem Haus, war sicher nicht im Stande gewesen irgendwann unbeaufsichtigt auf die Straße zu gehen oder sonst wohin. Da brauchte er nur an Izayoi und ihre Freundinnen denken. Ihre Mutter war vor fünfundzwanzig Jahren eher noch strenger beaufsichtigt worden und hatte, außer der Tatsache, dass sie in eine reine Mädchenschule und privat gegangen war, sicher nur mit ihrer Mutter das Haus verlassen. Jemanden, noch dazu männlich, kennen zu lernen, war fast unmöglich – außer bei den Veranstaltungen der vornehmen Gesellschaft, wo die Mädchen schon ab fünfzehn, sechzehn, mitgenommen wurden, um sie als potentielle Heiratskandidatinnen zu präsentieren. Genau. Bei solch einem Fest musste Miharu Izayois Vater kennengelernt haben. Daraus folgte, der stammte aus guter Familie und war wohlhabend – und er war alt oder zumindest respektheischend genug, dass die Fürstin Toko ihn mit ihrer Tochter allein irgendwohin im Ballsaal ließ. Umgedreht war dieser Mann wohl zumindest sehr nett zu der jungen Prinzessin gewesen, so dass sie, selbst als er sie folgenreich verführt hatte, noch immer seinen Namen verschwieg, statt ihren Vater zu bitten Unterhalt einzuklagen. Natürlich. Mächtige Magie, ein Mann, verheiratet, von so hohem Ansehen, dass sich das Fürstenpaar eher geschmeichelt fühlte und auf seine Vermittlung bei einer Heirat ihrer Tochter hoffte – und den Fürst Toko selbst wohl nie als Vater seiner Enkelin in Betracht zog. In jeder Familie kam es manchmal zu Rückschlägen auf die Ahnen. Izayois so langes, auffälliges, Haar, ihre eigenartige Magie ... Sie war nicht eigenartig. Sie war nur nicht menschlich. Seit langen Jahren leitete stets einer der verschiedenen kaiserlichen Prinzen den Chrysanthemenball oder andere Veranstaltungen. Das war auch schon vor fünfundzwanzig Jahren so gewesen. Sie waren alle verheiratet und es hätte einen ziemlichen Skandal verursacht. Miharu wusste, warum sie schwieg. Und in den Adern der kaiserlichen Familie floss, wenngleich verdünnt durch endlose Generationen Menschen, noch immer das Blut von Jimmo Tenno, dem Urururenkel der Sonnengöttin Amaterasu. Keine menschliche Läuterung hatte Ryuutsubasas Schnauze so verbrannt, sondern ein Funken des Genki, der göttlichen Energie, Omikami Amaterasus. Kein Wunder, dass das solche Folgen gehabt hatte. Youki und Genki waren zwei entgegengesetzte Richtungen und konnten sich gegenseitig aufheben. Und dieser Funken Genki in Izayoi hatte auch ausgereicht das Drachenfeuer zumindest abzumildern. Genki. Anscheinend konnte sie es nicht immer abrufen, es erwachte unbewusst, wenn sie in Panik war, um sie zu schützen. Was natürlich zu der Frage führte, warum er selber das nicht zu spüren bekommen hatte. In ihrer Hochzeitsnacht hatte sie ja wohl genug Angst vor ihm gehabt. Ja, erkannte er dann, aber er hatte Izayoi nie gegen ihr Einverständnis auch nur an der Hand berührt. Er musste daran denken, was geschehen wäre, hätte er sich einfach gegen ihren Willen sein eheliches Recht genommen. Unwillkürlich zuckten seine Klauen zwischen seine Oberschenkel. Auweia. Abgesehen natürlich davon, dass er auch nicht unbedingt einer wutentbrannten Sonnengöttin, die sowieso nicht gerade viel von Youkai hielt, wegen der Vergewaltigung einer entfernten Verwandten gegenüberstehen wollte, und Nummer zehntausend oder so auf ihrer Liste der täglich erledigten Kleinigkeiten zu werden. Es war in jeder Hinsicht gut gewesen sich auf Izayoi und den langsamen Weg einzulassen. Garantiert eine der besten Ideen seiner letzten Jahrhunderte, in jeder und aller Hinsicht.   Was zu etwas anderem führte: wenn Izayoi gesund werden würde – und Hotaru schien sich sicher zu sein – veränderte das die Lage bezüglich eines Kindes noch einmal fundamental. Sein Youki, da war er sicher, war zu groß für einen menschlichen Körper und er hatte geglaubt, das würde seine Ehefrau umbringen. Besaß sie selbst Genki, wenn auch nur einen Hauch, würde das sie schützen. Nur: brachte das dann das Kind um, oder war alles dann überhaupt kein Problem? Vermutlich hatte das noch nie jemand ausprobiert, immerhin waren Liebschaften zwischen Göttern und Youkai streng verboten. Da konnte ihm wohl auch kaum jemand Rat geben. Oder doch? Bei den Besprechungen der erweiterten Regierung ging es ja meist um Schwierigkeiten und anderes zwischen den Arten. Und es war eigentlich immer ein Mitglied der kaiserlichen Familie dabei. Natürlich, ohne Izayois Herkunft anzudeuten, aber da könnte man einmal nachfragen, zumindest, was die Wirkung von Genki auf menschliche Nachkommen betraf. Halbgötter hatte es in der langen Geschichte ja auch schon so einige gegeben. Vielleicht gab es eine Lösung, vielleicht wurde alles wieder gut.   Der Taishou blickte auf, als er bemerkte, dass sein Sohn eintrat. „Er war da?“ „Ja. Wie Sie wünschten hielten wir uns im Hintergrund, aber er wusste natürlich, dass wir da waren. Er nahm seinen Bruder nicht mit, sondern verbrannte ihn zu Asche.“ „Trauer nach Drachenart. - Und eine Ansage, dass er ihn rächen will.“ Er würde sich künftig gut in Acht nehmen müssen. Ryuukossusei war niemand, den man ignorieren sollte. „Glauben Sie, verehrter Vater, dass er wusste, was sein Bruder vorhatte?“ „Ich vermute es, aber es könnte auch sein, dass sich Ryuutsubasa solcherart das Wohlwollen seines Bruders wieder erkaufen wollte. Immerhin hatte Ryuukossusei ihn auf die Vulkaninseln verbannt. Ich persönlich bin auch überzeugt, dass es wahrlich Naraku selbst war, der Izayoi anrief. Nur: freiwillig? Was hätte er davon? Also dürften ihn ein oder mehrere Drachen unter Druck gesetzt haben. Gleich. Es gibt keine Beweise. Ich werde diese Zwei künftig allerdings gut im Auge behalten.“ Er blickte zu Sesshoumaru auf. „Izayoi wird sich erholen. Der Grund, warum sie offenbar ohne größere Schäden Drachenfeuer überlebt und auch Ryuutsubasa überleben konnte, ist natürlich ausschließlich für deine Ohren bestimmt.“ Der junge Inuyoukai sah ihn ehrlich neugierig an. „Irgendwo in ihrer Vorfahrenreihe liegt ein Gott. Sie besitzt, wenngleich nur einen Funken, Genki. Und so, wie sie mit Drachen und Feuer umgehen kann, tippe ich auf unsere hochgeschätzte Omikami.“ „Faszinierend,“erwiderte Sesshoumaru höflich, ahnungslos, was er dazu sagen sollte. In jedem Fall war sie nicht nur ein jämmerlicher Mensch, das war bewiesen. Und er durfte davon nichts Mutter erzählen! Nun ja, immerhin war es wohl gut gewesen, dass er höflich zu der Ehefrau seines Vaters geblieben war. Genki war noch einmal etwas anderes, vor allem, wenn die ehrwürdige Ahnin in dieser Liga spielte. „Weitere Befehle, verehrter Vater?“ „Ich werde morgen früh, als sei nichts geschehen, in das Büro fahren. Bis dahin übernimm du. Ich muss doch mein Youki etwas aufstocken.“ Das war ein Geständnis, das Vater nie einem anderen gegenüber gemacht hätte, erkannte Sesshoumaru stolz. „Es kam eine Nachfrage aus Yokohama. Ich werde mich natürlich an die Sprachregelung halten, dass Sie mit Ihrer Gemahlin nur spazieren gingen. Eine Erklärung diesem Veranstalter gegenüber?“ „Nicht notwendig, aber höflich. Bitte in meinem Namen um Entschuldigung, meine Gemahlin wünschte mich dringend zu sprechen. Lass dabei offen, welche.“ „Medienanfragen werden von Myouga nach Ihrer Sprachregelung bearbeitet.“ „Gut. Du darfst gehen.“   Alleingelassen dachte der Herr der Hunde erneut nach. Genki hin oder her – Izayoi würde Wochen brauchen um sich zu erholen. Dazu sollte sie zum einen Ruhe haben, und nicht unbedingt einen Kimono anziehen müssen, zum Anderen sollte auch niemand sonst ihre Verletzungen mitbekommen, um nicht die Sprachregelung zu gefährden. Zugleich sollte sichergestellt sein, dass der Ort, an dem sie weilte, sicher war, denn weder dem Herrn der Drachen noch ihrem so genannten Halbbruder war offensichtlich über den Weg zu trauen. Er musste gut nachdenken, denn der einzige Ort, der sowohl sicher als auch protokollgerecht wäre, war das Schwebende Schloss – und er hatte seine beiden Ehefrauen eigentlich auseinander halten wollen. Natürlich würde ein Befehl genügen, aber er hatte in den letzten wenigen Monaten einiges über Frauen gelernt. War das wirklich sinnvoll? Er besaß auch andere Schlösser – nun ja, aber die waren weder mit elektrischem Licht noch Dusche versorgt und lagen ziemlich in den Einöden. Er sollte unbedingt eines davon renovieren lassen, schon, falls Izayoi einmal krank wurde oder sonstiges. Am Besten vielleicht das Zedernschloss. Und dahin dann auch Krieger abkommandieren, natürlich nur menschliche, da es ja auch einer Menschenfrau zur Verfügung stehen sollte. Wie hieß nur der eine Chauffeur, der militärische Ausbildung hatte und aus einer alten Familie stammte? Ahja, Takemaru Setsuna. Der könnte das dann doch machen. Er war intelligent und ein guter Organisator. Nun, zunächst die behutsame Modernisierung, wenn er sich recht entsann, stand das Zedernschloss unter Denkmalschutz, dann Setsuna damit beauftragen sich Leute zu suchen, die dort Wache gegen die immer wieder in diesen Wäldern lästig werdenden Wurmyoukai schieben konnten und wollten. Dieser an sich gute Plan half nur nichts, wenn er Izayoi, sobald sie sich einigermaßen ankleiden konnte, von hier wegbringen wollte, schon um neugierige Reporter beider Arten von ihr fernzuhalten. Zwei Ehefrauen waren schwieriger zu behandeln als eine, erkannte er. Vermutlich mit ein Grund, warum sich die Mehrehe überlebt hatte bei Menschen. Befehlen konnte er beiden, das war nicht die Sache, aber seine erste Ehe hatte er bereits in der ersten Nacht ziemlich ruiniert und Jahrhunderte benötigt Vertrauen wieder aufzubauen, die zweite mit sehr viel Mühe besser in die Bahn gebracht … Das wollte er keinesfalls aufs Spiel setzen. Verräter im eigenen Haus waren stets eine üble Sache – aber bislang waren beide Ehefrauen mehr als loyal zu ihm gestanden, auch das musste man berücksichtigen und irgendwie honorieren. Was jetzt, Heerführer, dachte er zynisch. Lieber ein anstrengendes Schwerterduell als so etwas. Aber womöglich war er einfach auch noch zu erschöpft. Er dachte stetig im Kreis. Er sollte sein Youki erholen und – ja, warum nicht. Morgen früh, ehe er in den Konzern fuhr, sollte er einen Boten in das Schwebende Schloss schicken und sich ankündigen. Formell, um sie um Rat zu fragen. Das war sicher nicht falsch. Gut. Jetzt sollte er Zugriff auf die Quelle seiner Energie, sein Youketsu, suchen und sich regenerieren.   Als der Herr der Hunde am nächsten Morgen im Konzern Myouga einen ausführlichen Bericht ablieferte, da er aus Erfahrung wusste, dass ein Berater nur dann auch guten Rat geben konnte, wenn er Bescheid wusste, sah er, dass der kleine Flohgeist gar nicht so viele Hände hatte, wie er über dem Kopf zusammenschlagen wollte. Natürlich wagte es dieser nicht tatsächlich, aber der Taishou kannte ihn seit Jahrhunderten. „Es wird noch ein Nachspiel haben, dass sich Ryuutsubasa so unbemerkt nähern konnte,“ meinte er darum. „Und, was sagst du zu meinem Plan, Izayoi sicher und ruhig unterzubringen?“ Myouga brach der Schweiß aus, aber er verschränkte zwei seiner vier Arme. Er war nicht umsonst Berater eines Daiyoukai geworden, trotz seiner Feigheit bei Kämpfen, die ihm den Spott schon manches Kriegers eingetragen hatte – der selbst freilich nie den Mut aufgebracht hätte einem Fürsten die Wahrheit zu sagen. „Ich bin ehrlich erfreut, dass Izayoi-sama dieses Abenteuer doch relativ glimpflich hinter sich gebracht hat. Ihre Vermutung mit dem Genki, oyakata-sama, möchte ich nur bestätigen. Nichts anderes würde einen Drachen dieser Macht verletzen – außer ein Daiyoukai, selbstverständlich. Dennoch – wollen Sie das ihr mitteilen?“ „Nein. Sonst müsste ich ihr auch sagen, dass Onigumo gar nicht ihr Vater war. Das sollte in sehr engem Kreis bleiben. Und ich fürchte, die Wahrheit würde ihr nur wieder Schmerz zufügen.“ „Wollten Sie das der Dame im Schwebenden Schloss mitteilen?“ „Ich dachte, es wäre eine gute Möglichkeit. Immerhin schätzt sie Menschen gar nicht.“ Myouga rieb seine Stirn vergeblich um die Schweißperlen zu entfernen. „Ihr Plan, oyakata-sama, ist intelligent, eines Strategen würdig.“ „Aber?“ „Die Damen.“ „Izayoi kann sich in Ruhe und Sicherheit erholen, meine erste Gemahlin wird sich kaum meinem Willen widersetzen und mit dem Hinweis auf Genki auch kaum vermuten, dass ich ihr ein, wie sie es sieht, minderwertiges Wesen ins Haus bringe …“ Nun ja, er hatte ja selbst schon gedacht, dass es keine gute Idee wäre, aber wo lag der eigentliche Fehler? Schön, wie erklärte man einem Daiyoukai, der einen mit einer Handbewegung umbringen konnte, dass er zwar ein genialer Kriegsführer war, in Punkto Frauen jedoch Amateur? Myouga beschloss, dass er eigentlich lange genug Erfahrung hatte, aber noch nie in derart heiklen Lagen befragt worden war. „Äh, ich bitte Sie zu bedenken, oyakata-sama, dass es Izayoi-sama vielleicht als Bestrafung empfinden könnte, als Verbannung.“ Da ihn der goldene Blick des Herrn der Hunde nur musterte, das Youki verborgen blieb, redete er tapfer weiter. „Sie selbst sagen, sie habe sich eines Drachenprinzen erwehrt – und dann wollen Sie sie aus Ihrer Nähe schicken, so, meine ich, könnte sie das empfinden.“ Hm. Das konnte sogar stimmen. Immerhin hatte sie auch seine Telefonnummer gewollt, sehnte sich nach ihm, ihm selbst. Ja, da hatte der Flohgeist wohl recht. So hatte er das noch gar nicht gesehen. Menschen waren doch deutlich emotionaler als Youkai. „Und meine erste Gemahlin?“ „Zunächst erlauben Sie mir bitte noch etwas zu Izayoi-sama zu sagen. Bedenken Sie ebenfalls, dass sie, obwohl in Ihrem Schloss ja durchaus auch Menschen leben und arbeiten, noch immer im Pavillon wohnt. Im Schwebenden Schloss gibt es nicht einmal einen einzigen Menschen.“ Puh, dachte der kleine Berater, das schien schon einmal zu sickern, denn der Daiyoukai schloss kurz die Augen. „Zur Herrin des Schwebenden Schlosses … ich meine, die Dame wird sich Ihrem Befehl nicht widersetzen, aber sie würde es, Genki hin oder her, sicher auch als Strafe empfinden. Izayoi-sama ist nun einmal ein Mensch. Und überdies, Damen sind da eigen, ihre Rivalin.“ Der Herr der Hunde zog unwillkürlich, wenn auch unnötigerweise, sein Haarband zurecht und streifte den Zopf über die Lehne des Bürosessels. „Kaum. Selbst wenn es Izayoi gelingen würde einen Sohn von mir zu bekommen, bliebe Sesshoumaru doch immer der vollblütige Erbe.“ „Äh, natürlich, Herr, natürlich. Aber womöglich um Ihre Gunst?“ So viele Haken in einem einfachen Plan? Der Taishou hätte fast geseufzt. „Und was hast du gegen das Zedernschloss einzuwenden, das natürlich erst einmal ein wenig modernisiert gehört, das wird Monate dauern.“ „Nein, ein netter Sommersitz, falls sich Izayoi-sama aus dem einen oder anderen Grund zurückziehen will vom Trubel. Überdies könnten auch Sie dort mit ihr Urlaub machen.“ „Das ist wahr.“ Ruhige Flitterwochen, oder wie man das nannte? Das klang hübsch. Natürlich erst, wenn sie sich wirklich erholt hatte und die Renovierung abgeschlossen war. Da Myouga sah, dass er nicht Gefahr lief auch nur weggeschnippt zu werden, geschweige denn platt gedrückt, ergänzte er: „Und, soweit ich mich entsinne ist dieser Takemaru Setsuna ein fähiger Organisator, da haben Sie selbstverständlich recht. Außerdem ist er aus Familientradition auch im Kampf gegen Wurmyoukai ausgebildet. Als Schlossverwalter verdient er überdies mehr als als Chauffeur. Ich denke nicht, dass er sich weigern wird.“ „Schön. Ich habe mich heute Abend im Schwebenden Schloss angemeldet.“ Da der Konzernchef sah, dass sein kleiner Freund ihn misstrauisch beobachtete, lächelte er: „Ich werde mir einen Rat einholen, diesmal von einer Frau, mein Berater. Ansonsten werde ich wohl einmal wieder auf dich hören.“ Seine alten Freunde, Myouga, Bokuseno und Toutousai, die seit Jahrhunderten wahrlich seine Freunde waren, ihm auch Wahrheiten sagten, die er nicht unbedingt hören wollte – und wie oft hatten sie damit richtig gelegen, da musste er nur an Bokuseno und Izayoi denken. Er konnte sich glücklich schätzen sie zu haben. Eines Tages würde bestimmt auch Sesshoumaru lernen, wie wertvoll zumindest offenherzige Berater waren. Momentan glaubte der Welpe alles zu wissen – ein Fehler, der wohl allen jungen Youkai unterlief, ihn selbst eingeschlossen. Bis zu jenem Tag, an dem er zufällig einen kleinen Flohgeist traf und dem aus einer ihm damals unerklärlichen Stimmung das Leben vor einer Spinenndame rettete. Myouga hatte sich in der langen Zeit danach nicht nur als fähiger Berater, sondern als treuer Freund erwiesen – ein Glücksfall für einen Kriegsherrn, nun, eigentlich für jeden.   Als der Taishou abends seiner ersten Gemahlin in deren Schlafzimmer gegenüber kniete, berichtete er ebenso wahrheitsgemäß von der Entführung, den so seltsam abgemilderten Verbrennungen und seinem Verdacht auf Genki. Er schloss: „Izayoi wird selbst so gewiss Wochen benötigen um sich zu erholen und viel Ruhe in dieser Zeit. Hotaru wird sich um sie kümmern, immerhin muss kein menschliches Krankenhaus eingeschaltet werden.“ Die Dame senkte den Kopf. „Ich werde Ihrem Befehl gehorchen.“ Oh, dachte der Taishou. Myouga hatte wahrlich recht. Ein Glück, dass er nicht mit der Tür ins Haus gefallen war. „Natürlich werden Sie das, Teuerste – nur, habe ich überhaupt einen geäußert?“ Jetzt sah sie ihn doch wieder an. „Verzeihen Sie, oyakata-sama.“ Es war äußerst unhöflich und mehr als ungeschickt einem Fürsten vorzugreifen. Ihr Vater hatte Youkai für so etwas tagelang kopfüber in Bäumen aufhängen lassen. „Ich sagte, ich käme um einen Rat. Und den möchte ich von Ihnen. Ich beabsichtige das Zedernschloss renovieren zu lassen, um Izayoi dort eine Rückzugsmöglichkeit zu geben. Das wird allerdings Monate dauern. Sie sind eine Frau, meine Frau. Wie kann ich die Erholung beschleunigen, wenn Izayoi im Pavillon ist – unter Wahrung der Geheimhaltung, natürlich.“ Ein gewisses Aufblitzen in ihren Augen verriet ihre Erleichterung, aber sie strich nur nachdenklich über ihre weiße Boa. „Ich entnahm Ihrem Bericht, dass die menschliche Familie nicht in Betracht kommt.“ „Ja. Niemand soll von ihren Verletzungen erfahren.“ „Die Menschenfr... Ihre Gemahlin lebt gewöhnlich mit ihren zwei Damen im Pavillon und erledigt von dort aus auch die anfallende Post. Kaum jemand besucht sie.“ „Sie hat Freundinnen, mit denen sie allerdings mehr telefoniert. Worauf wollen Sie hinaus?“ „So wird es doch auch kaum auffallen, wenn sie gar nicht hinausgeht. Diese Telefone und sonstigen Dinge, die Menschen benötigen, funktionieren doch nur nach dem Gehör. Wenn es ihr etwas besser geht, soll sie wieder wie gewöhnlich arbeiten und telefonieren – so kann sie sich jederzeit zurückziehen, wenn ihr danach ist, und durchaus auch nachlässiger gekleidet sein.“ „Reporteranfragen oder ähnliches?“ „Oh … Dann benötigt sie eben etwas Ruhe.“ Um den Mund der Inuyoukai glitt ein fast zartes Lächeln. „Das sollte genügen, zumal wenn ihre Zofe in einem Geschäft, oder wie das heißt, für Kindermoden gesehen wird. Ich entsinne mich, dass die Gerüchte um meine Schwangerschaft durchaus Aufsehen erregten, nur, weil meine Hofdame jede Menge Seidentücher besorgte.“ „Eine sehr interessante Idee, Teuerste. Und es sind nur Gerüchte, also kann es auch später als solches deklariert werden.“ Die Hundedame, die nie an seinen Fähigkeiten gezweifelt hätte, legte ein wenig den Kopf schief. „Glauben Sie, dass es wegen des Genki unmöglich wäre? Davon weiß niemand.“ „Ich glaube, eben wegen des Genki ist es möglich, aber ich muss dazu noch jemanden befragen. Und natürlich Izayoi sich erholen. Drachenfeuer ist nicht ohne. - Danke für Ihren Rat. Ich freue mich, dass ich mich stets auf Sie verlassen kann.“ Er erhob sich. „Danke für das Lob, mein Gebieter.“ Als er ging, sah sie ihm nach, diesmal ein wenig zwiegespalten. So froh sie war, dass er nicht sein eheliches Recht wollte, sich an sein Wort hielt – irgendwie störte es sie, dass er so besorgt um dieses Menschenetwas war. Nun ja. Diese jämmerlichen Wesen benötigten auch Fürsorge. Überdies – wenn da ein Funken der Sonnengöttin drinsteckte, war es auch nur ratsam, sogar für einen Daiyoukai. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)