Engel von Adventshexen (2. Türchen Adventskalender 2017) ================================================================================ Kapitel 1: Engel ---------------- 02. Engel     „Wie ihr sicher schon mitbekommen habt, findet auch dieses Jahr wieder unser ‚weihnachtsorientierter Schultag‘ statt – oder unsere Weihnachtsfeier, wie es alle außerhalb der Hörweite unseres lieben Vizedirektors Sakazuki nennen.“ Shanks ließ den Blick über seine Schüler schweifen, die an diesem frühen Montagmorgen im Dezember noch recht unausgeschlafen wirkten, sodass selbst diejenigen, die sonst maßgeblich am hohen Lärmpegel beteiligt waren, vergleichsweise brav wirkten. Verübeln konnte er es ihnen nicht. Stockfinster war die Welt auf der anderen Seite der Fenster und er selbst hatte an diesem Morgen verschlafen – ein Blick nach draußen und aufs Thermometer hatte ihm jegliche Motivation zum Aufstehen geraubt – und es nur gerade so mit einer nicht all zu großen Verspätung an seinen aktuellen Platz vor seiner Klasse geschafft. „Und dieses Jahr fällt uns eine besondere Aufgabe zu.“, fuhr er fort, während er in seinen Händen den Plastikbecher mit lauwarmen Automatenkaffee hin und her drehte. Wie er erwartet hatte, schickte das Wort ‚Aufgabe‘ ein Raunen durch die Reihen und einige Köpfe drehten sich hellhörig zu ihm. „Das Geschenkeverteilen! Wir-“ „Woah! Wie cool!“ „Na, ob das bei diesem Chaotenhaufen was wird?“ „Ugh…müssen wir?“ „Das macht bestimmt Spaß!“ Eine kurze Unruhe entstand, als die Schüler alle gleichzeitig ihre Meinung kundtaten und ihrem Lehrer somit ins Wort fielen. Aus den Rufen war sowohl Zustimmung als auch Missmut über diese Offenbarung heraus zu hören. „Jetzt lasst ihn doch erstmal ausreden. Wir wissen doch noch gar nicht, was alles zu der Aufgabe dazu gehört.“, beendete die Klassensprecherin mit ihrem freundlich-energischen Ton die Diskussion. Shanks nickte ihr anerkennend zu. „Da muss ich Vivi recht geben.“, sagte er und begann sogleich mit der Erklärung, bevor die Jugendlichen erneut ihren Senf dazugeben konnten. Er war kein sonderlich strenger Lehrer und oft genug war er in organisatorischen Angelegenheit nicht besonders zuverlässig, doch zurzeit hatte er keinen Spielraum, es sich mit dem Vizedirektor zu verscherzen. „Also, wir brauchen einen Weihnachtsmann und zwei Engel, die den Tag über durch die Schule laufen und die Weihnachtsgrüße in Form von Schokoweihnachtsmännern verteilen, sowie den großen Sack Süßigkeiten, den die Lehrer gesponsert haben. Bei den Kostümen wird uns die Theater-AG zur Seite stehen, daher müssen wir zügig entscheiden, wer die Aufgabe übernimmt.“ In der vorletzten Reihe runzelte Bonney die Stirn. „Wenn nur drei Leute gebraucht werden, hat das ja wohl kaum was mit der Klasse zu tun. Freiwillige vor und dann ist die Sache gegessen und der Rest hat wieder seine Ruhe.“ „Ich dachte eher daran, die Klasse demokratisch entscheiden zu lassen. Ihr nennt ein paar Kandidaten und dann stimmen wir ab. Sonst ist ja von vornherein klar, welche Spezialisten sich wieder drücken.“, erklärte Shanks und beobachtete amüsiert, wie sich der Blick seiner Schülerin bei diesem Wink mit dem Zaunpfahl verfinsterte. Dann erhob er sich schwungvoll von seinem Platz und schritt zur Tafel, die Kreide in der Hand. „Vorschläge werden ab -jetzt! Entgegengenommen.“ „Oh! Darf ich Weihnachtsmann sein? Ich will die Süßigkeiten haben!“, rief Ruffy begeistert, dessen Augen bei der Erwähnung des Wortes ‚Süßigkeiten‘ tellergroß geworden waren und freudig funkelten und der aussah, als würde er jeden Augenblick anfangen, zu sabbern. Neben ihm rollte Nami eine Zeitschrift zusammen, mit der sie ihm keine Sekunde später eine runterhaute. „Vergiss es, Ruffy, so läuft das nicht. Das Zeug ist zum verteilen da, nicht zu selber essen.“ „Aber Nami-!“ BONK! „Nicht. Für. Dich.“ Schmunzelnd hatte Law den kurzen Schlagabtausch zwischen ihrem Lehrer und der Rosahaarigen beobachtet. Er selbst war zwar auch kein begeisterter Weihnachtsenthusiast, doch Bonneys Abneigung war dabei kaum zu übertrumpfen – außer, es ging ums Essen. Sofort wusste er, wie er, wie er seiner Kameradin die Weihnachtszeit noch versüßen konnte. Mit einem amüsierten Schmunzeln lehnte er sich langsam zu dem jungen Mann neben sich in der Reihe hinüber. „Hey, Eustass.“, wisperte er und stellte mit Genugtuung fest, wie der Angesprochene zusammenzuckte und ihn dann ärgerlich anschaute. „Was willst du?!“, zischte Kid misstrauisch zurück. Noch immer schmunzelte der Schwarzhaarige. „Jetzt hab dich nicht so.“, murmelte er mit einem Augenrollen und lehnte sich weiter zu dem anderen herüber, um ihm seine Idee zuzuflüstern. Ein stoischer Ausdruck lag auf dessen Gesicht, während er sich stillschweigend den Plan anhörte, der ihm schlussendlich ein diabolisches Grinsen auf die Lippen zauberte. „Ich geb’s ungern zu, aber dein Plan ist gut.“, brummte er und machte sich so gleich daran, andere für ihre Sache zu gewinnen. Zufrieden lehnte Law sich zurück. Nun brauchte er nur noch abzuwarten. „Ich hasse euch!“, fauchte Bonney, während zwei Personen mit Lockenstäben an ihr herumwerkelten und eine weitere mit einigen letzten Handgriffen dafür sorgen, dass ihre weißen, fluffigen Flügel an Ort und Stelle blieben. Sie funkelte jeden einzelnen von ihnen wütend an. Law und Kid – die Anstifter ihrer Misere – und Zorro – Mittäter und ihr Freund, der seit der Abstimmung zwei Wochen zuvor noch immer für diese Tat büßte – und Sanji – zwar hatte er an ihrer Wahl keine Schuld, da er für alle Mädchen abgestimmt hatte und dafür von der Abstimmung ausgeschlossen worden war, doch war er unverständlicher Weise zum Weihnachtsmann gewählt worden, wodurch sie nun den halben Tag mit ihm und seinen Avancen verbringen musste. Neben ihr lächelte Vivi ihr teils aufmunternd, teils mitleidig zu. „Ach komm, so schlimm wird es schon nicht werden.“, meinte sie zuversichtlich und betrachtete ihr weißes Kleid im Spiegel. „Ja, Bonney, es wird ganz wunderbar und herrlich weihnachtlich!“, mischte sich daraufhin Kid ein, der eher weniger erfolgreich versuchte, einen erneuten Lachanfall zu unterdrücken. Der rosahaarige Engel stierte ihn an, als wolle sie ihn mit ihrem Blick dazu bewegen, auf der Stelle tot umzufallen, doch zu ihrem Unmut geschah nichts dergleichen. Stattdessen kam nun auch der Weihnachtsmann mit seinem schwärmenden Blick auf sie zu. „Vivi-Schätzchen, Bonney-Mäuschen! Wir werden so viel Spaß miteinander haben!“, säuselte der Blonde, wurde jedoch sofort von Nami, der einzigen weiteren Anwesenden aus ihrer Klasse, am Kragen gepackt und zurückgezogen. „Hiergeblieben. Wir haben keine Zeit für sowas. Die beiden sind noch nicht fertig, und du auch nicht.“ Mit diesen Worten zerrte sie ihn zurück an seinen Platz, an dem die Mitglieder der Theater-AG sich sofort wieder daranmachten, ihm die Perücke und den Bart zu verpassen. Nach der Wahl hatte sie sich dazu bereit erklärt, die Organisation zu übernehmen. „Das ist doch reine Selbstsabotage…“, murmelte sie seufzend und beobachtete mit verschränkten Armen, wie Sanji der Bart angeklebt wurde. Wie diese ganze Aktion ein gutes Ende nehmen sollte, war ihr ein Rätsel. Währenddessen verabschiedeten sich am anderen Ende des Raumes zwei der Anwesenden. „Wir warten dann draußen auf unsere Süßigkeiten.“, sagte Law und ging mit Kid im Schlepptau auf die Tür zu. Bonney schnaubte verächtlich. „Rotzlöffel wir ihr bekommen nichts, höchstens einen Tritt in den Hintern.“ „Schade, dabei hab‘ ich überlegt, heut Abend fürs Zocken Pizza zu bestellen.“ „Hey! Die schuldet ihr mir nach der Aktion sowieso!“ „Frag doch deinen neuen Santa Claus, der macht dir bestimmt zehn wenn du nur lieb fragst.“ Mit diesen Worten verschwanden die beiden aus dem Raum. Bonney grummelte. Nicht, dass sie vorher besonders gut drauf gewesen wäre, doch nun hatte ihre Laune ihren Tiefpunkt erreicht. Stillschweigend ließ sie den Rest der Vorbereitungen über ich ergehen. „Das sieht doch albern aus..“, murrte sie, als sich schließlich im Spiegel betrachtete. Stirnrunzelnd bedachte sie die Flügel und den Heiligenschein, das weiße Kleid und die Locken. „Naja, es hat etwas von einem Wolf im Schafspelz.“, ertönte eine wohlbekannte Stimme hinter ihr. Als sie sich zu ihrem Freund umdrehte, musste sie aufpassen, ihn nicht mit den gefederten Monstren auf ihrem Rücken zu erschlagen. „Du findest das ganze wohl sehr witzig.“ „Etwas, ja.“ Gerade wollte sie etwas erwidern, ihm die Leviten lesen, da lehnte er sich auch schon zu ihr vor und ließ sie verstummen. „Aber ganz ehrlich?“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Es steht dir zwar, aber ohne das Kostüm würdest du mir wesentlich besser gefallen.“ Nach einem Kuss auf ihre Wange entfernte er sich auch schon wieder von ihr und bewegte sich sofort fluchtartig auf den Ausgang zu. Keine Sekunde zu spät, wie er feststellte, denn kaum hatte er die Tür erreicht, flog auch schon einer ihrer Schuhe auf ihn zu. Nicht zum ersten Mal dankte er seinen guten Reflexen, als der Schuh statt ihm nur das Holz traf. „Vollidiot!“, fluchte sie laut, nachdem ihr Wurfgeschoß sein Ziel verfehlt hatte. So selten wie der Grünhaarige solche Zweideutigkeiten verwendete, hatte es sie einen Moment gekostet, sie heraus zu hören, sodass er unbeschadet davonkommen konnte. Sie seufzte gedehnt, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich ein Schmunzeln auf ihre Lippen schlich. Vielleicht war die ganze Angelegenheit doch nicht ganz so unerträglich wie sie gedacht hatte.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)