"Was wäre, wenn..." - Ein Miraculous-Adventskalender von Bloonaa ================================================================================ Kapitel 24: Vierundzwanzigstes Türchen -------------------------------------- Was wäre, wenn Ladybug ein kleines bisschen eher am großen Weihnachtsbaum gewesen wäre? „Plagg? Plagg was hab ich getan!“, rief Adrien entsetzt über seine eigene Dummheit. Er kniete im Schnee, der ihm bereits begann die Hosen aufzuweichen und hatte weder eine Jacke für sich, noch Käse für Plagg eingepackt, als er überstürzt und enttäuscht von zu Hause aufgebrochen war. Von seinem Vater vernachlässigt zu werden, war ja beinahe schon ein Dauerzustand bei ihm geworden, seit seine Mutter verschwand, aber ihn an Weihnachten auch noch im Stich zu lassen, hatte das Fass für den Teenager zum Überlaufen gebracht. Mit der Kraft seines Kwamis hatte er als Cat Noir einen übereilten Streifzug durch das nächtliche, verschneite Paris unternommen, nur um nun zitternd vor Kälte und ohne die Möglichkeit auf dem Weg zurückzukehren, auf dem er gekommen war, hier zu sitzen. Plötzlich fühlte er sich noch einsamer als vorher, da er nun auch seinen kleinen Freund verloren hatte. „Warte, ich helf dir.“ Er tastete hektisch seinen Körper ab, aber das Einzige was er fand, war das liebevoll verpackte Geschenk, das ihm sein Bodyguard vorhin zugesteckt hatte. In Ermangelung einer besseren Idee, riss er das Papier ab und zum Vorschein kam eine offensichtlich selbst gestrickte Weihnachtsmütze in rot, mit weißen Schneeflocken darauf, buschigen Fellbommeln an der Spitze und Fellbesatz am Rand. Vor Verwunderung weiteten sich seine Augen und er fragte sich, von wem er das wohl bekommen hatte. Auch wenn er wusste, dass Plagg eigentlich Nahrung brauchte, um seine Energiespeicher aufzufüllen, legte er den kleinen erschlafften Körper seines Kumpels liebevoll auf die flauschige Mütze. Dabei entdeckte er eine Karte, die in die Öffnung der Kopfbedeckung geschoben worden war. Verwundert öffnete er sie und las die Inschrift. „Fröhliche Weihnachten, schreibt Marinette“, flüsterte er vor sich hin und er musste schmunzeln. „Sie ist wirklich toll.“ Der Gedanke an seine Klassenkameradin wärmte ihn besser, als jede Daunenjacke und tiefer aus dem Inneren heraus, als ein warmer Kakao es vermocht hätte. Sie war immer so nett und fürsorglich zu ihm. Es überkam ihm beim Anblick des schönen Geschenkes und der Karte sogar hier draußen ein Anflug von Weihnachtsstimmung. Gedankenverloren hatte er sich aufgerichtet und begann seinen einsamen Heimweg. Er hatte einen Fehler gemacht und wollte nun nur noch eins, so schnell es ging nach Hause. Plagg schlief im Rand der kuscheligen Mütze, die sich der Junge nun aufgesetzt hatte. Plötzlich wurde Adrien aus seinen verworrenen Gedanken gerissen, denn er vernahm ganz in der Nähe das Knirschen von Schnee. Er war noch nicht weit gekommen, gerade hatte er eine Seitengasse des Marktplatzes erreicht, auf dem der große prächtig geschmückte Weihnachtsbaum stand, den er um ein Haar mit dem Kataklysmus zerstört hätte. Er wand sich um und starrte überrascht zurück in die Richtung der funkelnden bunten Lichter, die zwischen dem frischen Tannengrün leuchteten. Dort stand eine Person, die er sofort erkannte, mit der er aber absolut nicht gerechnet hätte. Ladybug, sie sah sich um, wirkte unruhig und sogar etwas besorgt und dann erklang ihre traurige Stimme, die leise zu ihm herüber schwang. Er lauschte wie verzaubert ihrem Lied und mit jeder Silbe steigerten sich seine Überraschung und seine Verwunderung. Sie liebte ihn! Sie erwiderte tatsächlich seine Gefühle! Diese fuhren augenblicklich beim Klang ihrer Worte zunehmends Achterbahn und es kribbelte heftig in seinem Bauch, während sein Herz so laut schlug, dass er fürchtete, man könne es in ganz Paris hören. So merkte er kaum, dass sie ihr Lied beendete und nun seine Fußspuren im frisch gefallenen makellosen Schnee entdeckt hatte. Er vermochte nicht sich zu rühren, sondern starrte einfach ungläubig das Mädchen im Heldenkostüm an, für das er so viel empfand und die nun mit erleichtertem Gesichtsausdruck vor ihm stand. „Adrien!“, rief sie glücklich und überwand die letzten Schritte zu ihm ebenso rasch wie ungestüm. Und bevor er es sich versah, hatte sie ihn in eine innige Umarmung gezogen. Er erstarrte erst, bevor er schüchtern die Arme um ihren Rücken legte und die Zuneigung und ihre Nähe zu genießen begann. Kurz darauf spürte er, wie ihr Körper schwach bebte und sie mühsam die Schluchzer der Erleichterung unterdrückte. „Alle haben sich solche Sorgen um dich gemacht und ich auch. Ich dachte, du wurdest entführt oder angegriffen…“ Ihre Stimme versagte ihr jedoch, entgegen aller Vorsätze vor ihm stark zu bleiben, den Dienst. Er lächelte gerührt und schob sie sanft von sich, damit er ihr ins Gesicht schauen konnte. Er legte seine Hand an ihr Kinn und hob ihren Kopf etwas an. „Vielen Dank…!“, war alles, was er zunächst hervorbrachte. Er war so beseelt und glücklich bei dem Gedanken daran, dass seine Ladybug ihn liebte und nach ihm gesucht hatte, dass ihm die Worte fehlten. Doch das wenige, was er gesagt hatte, reichte bereits, um der Heldin die Röte auf die Wangen zu treiben. Sie rechnete doch nicht mit seinen nächsten Worten. „…für deine Fürsorge, dafür, dass du mich gesucht hast und für das wundervolle Geschenk.“ Er deutete mit dem Zeigefinger auf die Mütze auf seinem Kopf und zwinkerte ihr wissend zu. Nun gefror das Lächeln auf ihrem Gesicht und sie starrte ihn zunächst fassungslos an, bevor sie begriff. Sie schluckte ihre Panik und den Kloß in ihrem Hals herunter, dann erst gelang es ihr, ihm zu antworten. „Du… du hast es gehört?“, fragte sie mit zittriger Stimme. „Ja“, sagte er schlicht, überlegte einen Sekundenbruchteil, dann ergänzte er noch. „Das ganze Lied.“ Mit rasender Geschwindigkeit durchfuhr sie noch einmal alles, was sie mit dem kleinen Ständchen offenbart hatte und so wurde ihr nach und nach erst so richtig bewusst, dass sie ihm nicht nur gestanden hatte, dass sie ihn liebte, nein, auch ihre wahre Identität war nun kein Geheimnis mehr. Kurz überlegte sie alles abzustreiten, zumindest die Sache mit ihrer wahren Ich, aber sie realisierte schnell, dass das keinen Sinn haben würde. „Nun, ich…“, begann sie unschlüssig, aber eigentlich wusste sie nicht, was sie nun sagen sollte. „Hey“, sagte Adrien und veranlasste Ladybug somit, ihren Blick wieder zu heben und in seine Augen zu schauen. „Es ist ok. Mehr als das, weil… weißt du… ich bin auch in dich verliebt.“ Nun erschien auch auf seinen Wangen ein schwacher rosa Schimmer, der nichts mit der Kälte zu tun hatte. „Und jetzt weiß ich auch, warum ich dich als Marinette so furchtbar gern hatte und nun kann ich mir auch diese verwirrenden Gefühle in deiner Gegenward erklären.“ Ungläubig stand der Heldin der Mund offen. Damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet. Sie hatte geglaubt, sobald er ihre wahre Identität kennen würde, würde er schnell von seinem Interesse an Ladybug abkommen, aber, dass er ihre Gefühle erwiderte, machte sie sprachlos, verlegen und verwandelte ihre Knie in weiches Gummi. Dann fuhr er fort. „Und weißt du noch was?“ Er griff dabei in die Krempe der Mütze auf seinem Kopf und in seiner geschlossenen Hand konnte sie erst nicht erkennen, was er ihr zeigen wollte, bis er sie ihr hinhielt und die Finger ausstreckte. Auf seiner Hand lag ein kleines, schwarzes Wesen, dass sie, bis auf die Farbe, stark an Tikki erinnerte. Dann erkannte sie, was er ihr damit zeigen wollte und begann zu stottern, wie sie es vorher immer in seiner Nähe getan hatte. „D-du…d-du bi-bist….“ „Ja, ich bin Cat Noir.“ Er lächelte über ihre Verblüffung und begann zu kichern, während er seinen Kwami zurück an seinen warmen Schlafplatz legte. Ihr Gesichtsausdruck war einfach göttlich. Er hatte sie damit überrumpelt, das war ihm klar, aber er empfand es nur als fair, jetzt, da er auch von ihrer Identität wusste. Aber wenn er daran dachte, dass er nicht damit gerechnet hätte, dass Marinette hinter seiner Lady steckte, konnte er sich ehrlich vorstellen, dass sie ebenso wenig mit ihm als Cat Noir gerechnet hatte. Sie stieg jedoch in sein Lachen nicht mit ein, sondern blieb erstaunlich ernst, während sie ihn plötzlich wieder besorgt anschaute. „Und warum hast du dich verwandelt, warum bist du verschwunden und hast die Litfaßsäule zerstört? Ich versteh das nicht…“ Er sah verlegen nach unten und überlegte wirklich lange, wie er ihr das erklären konnte. „Mein Vater…“, begann er bedrückt. „Er hat nicht einmal an Weihnachten Zeit für mich gehabt, das hat mich wahnsinnig enttäuscht und ich war auf einmal so wütend, weißt du? Mit Maman haben wir Weihnachten so gern gefeiert, aber dieses Jahr…“ Traurig brach er ab und Ladybug bereute sofort ihn darauf angesprochen zu haben. „Er liebt dich Adrien, er lässt überall nach dir suchen und seine Assistentin hat unsere ganze Klasse angerufen und nach dir gefragt. Er macht sich große Sorgen. Es wird für ihn genauso schwer sein, wie für dich und er weiß sicherlich auch nicht, wie er damit umgehen soll, aber nichts wird etwas daran ändern, dass er dein Vater ist und dich liebt, auch wenn er wahrscheinlich etwas eingerostet darin ist, es dir zu zeigen.“ „Wirklich?“, fragte Adrien etwas ungläubig. Er konnte sich das wahrlich nicht vorstellen, aber wie hätte sie sonst von seinem Verschwinden erfahren sollen? Er vertraute ihr, wie er es immer getan hatte und nickte ihr leicht zu. „Natürlich“, sagte Ladybug ihn jetzt aufmunternd anlächelnd und nahm seine Hand. „Komm, du bist schon viel zu lange hier draußen in der Kälte, nicht, dass du dir hier noch den Tod holst.“ Ihr kam spontan eine Idee und sie murmelte: „Tikki, Verwandlung lösen.“ In diesem Moment fiel ihre Maske und ihr kleiner Kwami erschien neben ihr, der Adrien kurz zuwinkte und ein schüchternes „Hey“ piepste. Während Adrien sie verblüfft musterte, obwohl er ja soeben erfahren hatte, dass seine tollpatschige Klassenkameradin Marinette in Wahrheit die starke und mutige Ladybug war, zuckte er kurz überrascht zusammen, als er etwas auf seiner Schulter spürte. Marinette hatte ihren großen Schal abgenommen, ihn auseinandergefaltet und ihm, wie eine Decke um die Schultern gelegt. „Damit dir wenigstens etwas wärmer ist“, nuschelte sie dabei. „Ich ruf dann mal meine Eltern an, dann holen sie uns sicher ab.“ Sie wollte gerade nach ihrem Handy greifen, als er sie aufhielt. „Mir ist nicht kalt“, sagte er, schenkte ihr ein warmes Lächeln und blickte sie liebevoll an. „Wollen wir nicht zusammen nach Hause gehen?“ Mit hochrotem Gesicht nickte sie und spürte sofort, was er gemeint hatte. Auch sie durchfuhr eine unglaubliche Wärme, die sie jegliche Kälte und den Schnee vergessen ließ und sie schob ihren Arm um seinen angewinkelten Ellenbogen, den er ihr daraufhin anbot. So untergehakt schlenderten sie durch das verschneite Paris, redeten lange und intensiv über alles Mögliche und verbrachten das wohl schönste Weihnachten, dass sie sich hätten vorstellen können - gemeinsam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)