Kizuna II von Salada (Verdammung) ================================================================================ Kapitel 4: Hysterie -------------------       Erst nachdem mich der Kappa einige Zeit lang verständnislos und dann mit plötzlich weit aufgerissenen Augen angestarrt hat führt er mich zurück zu meinen Räumlichkeiten. Wir sprechen kein Wort auf dem Weg dahin. Wieso auch? Die Situation war sowohl für ihn, als auch für mich, lediglich bekleidet in einem zerrissenen Kimono, mehr als unangenehm. Nachdem wir in einen Gang abgebogen sind erhasche ich Gesprächsfetzen. Es wäre mir nicht aufgefallen, wenn ich nicht diese unverkennbare und mir mittlerweile eingebrannte Stimme des Daiyoukais erkannt hätte. Er spricht ruhig und konzentriert, dennoch spüre ich seine abgrundtief angeschwollene Wut, die aus dem Raum quillt, als wäre dieser bereits am überlaufen. Auch wenn ich weiß, dass sich diese nicht gegen mich richtet, so kann ich dennoch nicht verhindern ein beklemmendes Gefühl in der Brust zu verspüren und meinen angesammelten Speichel lautstark herunter zu schlucken. "Wenn das so weiter geht, wird es kein gutes Ende nehmen." Die fremde Stimme klingt besorgt, doch Sesshoumarus deutlicher Missfallen verrät die Lüge dahinter. "Deine Truppen soll sich aus meinen Wäldern fern halten." "Es ist schwierig, wenn die Menschen so ungezügelten und unwissend agieren." Abermals Abneigung und Wut seitens des Hundedämons. Doch entgegen meiner Erwartungen prickelt sie nun scheinbar direkt auf meiner Haut. Verschwinde!, zischt mir Kizuna geradewegs zu und ich erinnere mich daran, dass der Lord meine Präsenz immer noch an meinem Geruch wahrnehmen kann. Verdammt. Für ihn ist es mehr als offensichtlich, dass ich lausche. Noch bevor sich Jaken suchend nach mir umblickt habe ich ihn bereits eingeholt...   Den ramponierten Kimono habe ich immer noch fest um meinen Körper geschlungen, als ich die Tür hinter mir schließe und das bedeutungslose Geplapper des kleinen Dämons damit cutte. Gequält lass ich alles auf den Boden fallen, suche mir einen der sündhaft teuren Kimonos aus der Truhe und starte die ellenlange Prozedur des Ankleidens, die ich mittlerweile schon fast jeden Morgen wie ein Mantra zu verfluchen beginne. Dabei gleitet mir unbeabsichtigt das kleine Töpfchen in die Hand, welches ich bereits fast zu vergessen gehabt schien. In Gedanken drehe ich es in meiner Hand hin und her. Selbst als ich meinem Unterbewusstsein auf dem Weg hier hin versucht habe klar zu machen, was ich für Sesshoumaru bedeute, scheint Kizuna dies alles nur grinsend abgeblockt zu haben. Stattdessen ersauft sie mich mit falschem Verlangen und gelogener Liebe. Diese Verbindung ist einfach grässlich! Aber hätte es dir nicht auch so gefallen? Ich schüttle diesen Gedanken beiseite und auch die Bilder eines „Was wäre, wenn’s“. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Kizuna sich in meinem Gehirn eingenistet hat und mir diese Sachen nur zu gerne zuflüstert. Das ist doch alles Wahnsinn. Was soll das Ganze schon bringen? Er und ich, das passt überhaupt nicht zusammen. Unweigerlich gleiten mir Bilder von ihm in den Kopf. Er, über dir gebeugt, ein betörender Duft umgibt dich und drängt deinen Verstand beiseite. Schluss damit! Ich erschrecke, als ich erst einen Moment später realisiere, dass ich die große Standvase zu meiner Linken mit einem heftigen Tritt zertrümmert habe. Dieses derartige Verhalten ist eigentlich nicht meinem Charakter verschrieben. Ich scheine mehr als den je einen Stressfilter zu benötigen, den ich hier einfach nicht finden kann. Gequält lehne ich mich an die Wand, rutsche diese herunter und ziehe die Knie an. In dieser Position wirkt der mehrschichtige Kimono wie eine große Decke, der mich schützend unter ihren Laken verstecken will. Ein weiterer Teil meines Lebens, den ich gerne ändern möchte. Diese Art von Kleidung ist einfach nicht meins. Es ist lediglich dazu da, mein Äußerstes zum Vorschein zu bringen, während mein Inneres zu verblassen scheint...       Mein Missmut nimmt um ein Vielfaches zu, als sich mir eine lodernde, als zu bekannt Aura in einem widersprüchlich ruhigem Tempo nähert.  Die Launen des Silberhaarigen sind das Letzte, was ich gebrauchen kann. Allem Anschein nach wird es in einer Strafe enden, die sich mehr als gewaschen haben wird. Eine Millisekunde später grinse ich verschwitzt, weil mir Kizuna zum ersten Mal wohl nicht widersprechen will. Das heißt nichts Gutes. Ich verstecke das Töpfchen rasch in der Truhe. Dann binde ich mir hektisch und unkonzentriert die letzten Schichten in einem ungeordneten Durcheinander an meinen Körper, ehe meine Schiebetür unangemeldet beiseite gezogen wird und mein Herzschlag mit seinem Anblick aussetzt.  Seine Augen leuchten bereits in einen schimmernden Rot und seine Krallen ragen eine Spur zu lang unter seinem Kimonoärmel hervor.  Das sieht nicht gut aus!   Instinktiv hebe ich die Hände, als allein seine Dämonenaura mit voller Wucht ausschert und mich sofort wegpustet. Mein Rücken knallt gegen die Wand und drückt mir die Luft aus meiner Lunge. Kraftlos sinke ich zu Bode. Dabei fühlt sich meine ganze Haut an wie Feuer, als sich sein Youki im meine Haut bohrt. Schützend kreuze ich die Arme vor der Brust und halte mich an den Schultern. Mir kommt es vor wie ein kläglicher Versuch sich vor dem Schmerz zu verstecken.  „Der Tod wird das einzige sein, was dir deine Neugier bringt.“ Seine Stimme ist die gewohnte Kälte, doch dieses Mal ruft sie dennoch einen Gänsehaut in mir hervor.  Unsicher, ob ich überhaupt sehen will, was er als nächstes vorhat hebe ich den Kopf und blicke ihm vorsichtig ins Gesicht. Jetzt bloß nichts Falsches machen...   Das Licht in seinem Rücken macht seine Mimik für mich unerkennbar, doch die farbige Aura hilft mir, ihn einschätzen zu können. Seine Figur schwingt in einem bedrohlich rotem Ton, durchzogen von einem etwas helleren Streifen, die mehr und mehr zunehmen, je länger ich in dieser Position verharre. Dann nehme ich seinen herben waldigen Geruch wahr und mir wird der Wandel seines Wesen mit einem Schlag klar. Noch bevor ich den Mund ansatzweise zum sprechen öffnen kann, packt er mich, zieht mich auf die Beine und drückt mich an seine stählerne Brust, um mir dann mit einem genauso hartem Griff in die Haare zu packen und meinen Kopf zu ihm hoch zu neigen. Der Schmerz betäubt kurz meine Gedanken, bis er plötzlich von dem Gefühl seiner Lippen an meinem Hals abgelöst wird. Bisher habe ich nichts weitere geschafft, als erschrocken und erschauert zu gleich nach Luft zu schnappen.    „Dieses Mal wird Betteln nicht notwendig sein.“   Wie jedes Mal erzeugt seine Stimme, so nah an meinen Ohr ein tiefes erregtes Prickeln in meinem Körper, welches sich langsam und dann doch immer schneller auszubreiten scheint. Kizuna reibt genüsslich die Hände zusammen, als sie aus ihrer Starre erwacht und anfängt meine Gedanken zu verpesten. Zähneknirschen registriere ich meine sich verabschiedenen Kimonoschichten, die ihm durch ihre unsaubere Art des Bindens zugute kommen. Nun bereue ich zutiefst mein schlunziges Arbeiten. Innerlich schwöre ich, mich mit dem Binden der Kimonos das nächste mal klüger anzustellen. Vielleicht so klug,dass ich ein Knoten erfinde, mit dem selbst der Lord Schwierigkeiten haben wird.   Schlagartig werde ich aus meinen abschweifenden Gedanken gerissen, als meiner Kehle plötzlich ein Laut entringt, den ich nicht gesteuert habe. Fast sinnlich und genussvoll rufe ich dem Daiyoukais damit mein Wohlwollen an seinen Gesten zu und fordere ungefragt nach mehr.  Ich beiß mir auf die Zunge und ärgere mich über meine Unachtsamkeit. Doch als der Silberhaarige ein zustimmendes Knurren von sich gibt schwangt mein Missmut und Widerwillen stark. Und wieder ärgere ich mich um meine allgemeine Schwäche und Kizunas Einfluss, der mich wie eine Lawine zu überrollen droht.   Lass doch einfach los. Nein! Sei doch mal ehrlich: Es gefällt dir. Das ist nur deine Schuld! Bist du dir da wirklich sicher?   Nein, ich bin es nicht, denn mittlerweile bin ich mir in fast Nichts mehr sicher.  Ich bin mir nicht sicher, wie das hier enden wird, egal für was ich mich entscheiden werde. Ich bin mir noch nichtmal sicher, inwieweit das hier alles real ist, ob das noch mein Körper ist den ich steuere, oder ich langsam aber sicher verband werde, hinter ein Gitter mit mageren Speisen, die mir Kizuna hässlich grinsen zuwirft. Nicht genug um gesund zu bleiben, aber genug um zu überleben und dennoch zu zerbrechen... Alles worin ich mir nur zu hundertprozentig sicher bin, ist, dass das hier nicht ich bin. Nicht ich allein. Und mehr als alles andere ängstigt mich diese Tatsache.     Wer bin ich?       Eine ungewohnte Stille holt mich aus meinen verstörenden Gedanken zurück und zögernd blicke ich den Hundedämon an. Sein Wesen hat sich abermals geändert, doch bleibt mir der Grund bisher verschlossen. Es ist schon fast nichts Ungewöhnliches für mich, nicht zu wissen, was in seiner Nähe als nächstes passiert. Seine Gedanken und Gefühle sind mir manchmal noch so fern, wie an dem Tag, als ich ihn zum ersten Mal sah. Damals empfand ich Ehrfurcht. Es war, als wenn sein ganzes Wesen pure Macht ausstrahlte. Erst später mischte sich nach den Vorkommnissen mit Inu Yasha Angst und Verachtung zu seinem Bild dazu. Aber hätte mich damals jemand gefragt, ob diese Person dem Bild eines Herrschers gerecht gekommen wäre, so hätte ich sofort mit ja geantwortet. Egal wie eiskalt oder skrupellos er mir am Anfang erschien. Doch wenn einer ein ganzes Reich regieren könnte, dann mit Sicherheit er. Denn während unserer ganzen Abenteuer konnte man eine Wandlung des Daiyoukais beobachten. Erst unscheinbar, doch hinterher klar wie ein Spiegel zeigen sich sehr wohl Eigenschaften, wie Güte, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit beim Hundedämon. Und das, obwohl er für die Meisten vorerst für ein gefühlslosen Krieger gehalten wird. Gerade jetzt nehmen mich seine ausdruckslosen Augen ins Visier, zeigen nichts von seinem Inneren und spiegeln somit den Fürsten wieder, der bedingungslos ein Land regieren könnte. Fast sanft streift er mit seiner Kralle über meine Haut, wischt das warme Salzwasser beiseite, welches ich zu meiner Verwunderung bisher gar nicht bemerkt hatte. Der Moment ist in einer schier wirren Form bedeutend. Nie zuvor standen wir uns so nahe, fast regungslos und haben uns einfach nur angesehen. Trotz dem Einfluss Kizunas würde ich jetzt zu gerne wissen, was er denkt. Doch nur seine sich wandelnde Form gibt mir Aufschluss darüber, dass überhaupt Irgendetwas in ihm vorzugehen scheint. Sein vor Lust triefender Geruch bekommt einen bitteren Beigeschmack, als er den Verlauf meiner Tränenspur nachzeichnet. Seine Augen verlieren den vor Verlangen verschleierten Glanz und kehren zu ihrer gewohnten Härte zurück. Und während er mit seinem Inneren zu hadert scheint entspanne ich mich, genieße schon fast den Augenblick, der so unwirklich in unsere bisherigen Geschichte einschwingt. Mit einer solchen Intensität hat er mich selten betrachtet und noch seltener war er mir dabei so nahe, dass ich seinen warmen Atem an meinen Lippen spüren konnte.  Und da begreife ich, dass mir zum ersten Mal seine Nähe unbeeinflusst von Kizuna nicht missfällt. Es ist wie ein langes, tiefes Ausatmen, ein so ersehnter Augenblick der Erholung. Und meine Entspannung vertieft sich noch ein klein wenig mehr, als er sich ein Stückchen zurücklehnt und vorsichtig meine letzten verbleibenden Kimonos richtet. Und abermals überrascht mich der dämonische Hund, als er mit geübten und schon fast routinierten Fingergeschick die Knoten bindet, meine Hand ergreift und mir aufhilft. Einen Moment verharren wir so, gefangen in den Augen des jeweils Anderen. Der Moment endet abrupt, als er sich umdreht und durch die Tür verschwindet.      ------------------------------------------------------------     Grimmig sprinte ich vorweg, immer mit einem Auge auf meine Freunde, die sich meiner Meinung nach wirklich etwas mehr beeilen könnten. Die Dämonenkatze saust mit einem etwas langsameren Tempo durch die Luft, als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Damals wurden wir regelrecht dazu gezwungen durch zahlreiche Situationen und hauptsächlich der Suche Narakus auf Trab zu bleiben. Nach dem Tod des Halbdämons spürt man der Katze nun deutlich an, dass das nebensächliche Training aus geblieben ist. Dennoch ist sie gerade jetzt eine große Hilfe. Ohne sie würden wir deutlich länger zum alten Baum brauchen. Der Ausflug dahin dauert natürlich länger, als ich mir gewünscht hätte. Ungefähr zehn Tage benötigen wir, bis wir die Moore durchquert und die großen Wälder erreicht haben, wo der Alte stehen soll. Der Schwertschmied meinte jedoch, das die eigentlich Aufgabe darin besteht, den Baum in seinen Wäldern überhaupt auszumachen. Wie lange das dauert kann natürlich keiner sagen. Schon bei dem Gedanken daran, dass ich diese Zeit mit meinen unbeantworteten Fragen für mich bleiben muss ist eine verdammter Mist. Ich war nie der Geduldigste. Gerade wenn es um Kagome ging.  Unweigerlich schweifen meine Gedanken zurück zu den unzähligen Malen wo wir uns gestritten hatten und sie danach nach Haue geflüchtet war. Ich konnte nie sehr lange böse auf sie bleiben, doch meine Sturheit stand mir im Weg. Heute hätte  ich ohne lange zu zögern gehandelt.  Gerade wenn ich gewusst hätte, wie sich die Situation entwickeln würde. Ich bereue die vielen Male, an denen ich Zeit verstrichen gelassen hatte, die ich hätte mit ihr verbringen können. Aber diese Gedanken sind sinnlos, da sie einen ständig heimsuchen und man doch nur in Angesichts dessen tatenlos bleiben kann. Schon damals hätte ich gerne meine und  Kikyous Vergangenheit geändert. Doch auch das wäre falsch gewesen. Somit hätte ich nämlich nie das Mädchen aus der Neuzeit getroffen, die mich zu dem machte, der ich heute bin. Einen Besseren.   Ich gebe ein lautloses Seufzen von mir, als Miroku von Hinten meinen Namen ruft. Zögernd komme ich zum stehen und kann nicht verhindern, wie mir nun doch ein genervtes Knurren über die Kehle gleitet.    „Was ist denn?“, spei ich verächtlich, wobei ich mir die Antwort schon denken kann. Dennoch will ich ihre Schwäche offensichtlich vor Augen geführt bekommen, um ihnen anschließend direkt ein schlechtes Gewissen einzureden.  Wir müssen diesen Baum finden. Wir können jetzt nicht Halt machen!   Er sieht mich erst verärgert, jedoch dann sehr besorgt an, ehe er von der Dämonenkatze absteigt und diese beginnt hinterm Ohr zu kraulen.   „Kiara ist völlig erschöpft. Mit Kohaku macht sie nie so lange Reisen ohne Pause. Sie ist es nicht mehr gewohnt dein Tempo mit zu halten. Lass uns für heute rasten.“   Shippo springt ebenfalls ab und blickt sich bereits für einen Schlafplatz um, noch bevor ich überhaupt widersprechen kann.  In mir scheint die Wut sich plötzlich schlagartig auszubreiten.   Bin ich hier der Einzige, der die Situation überhaupt ernst nimmt?        Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)