Wolf im Schnee von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 20: Wachwölfe schlafen niemals! --------------------------------------- Derek war schwerer zu bändigen, als ein aufgekratztes Kleinkind, allein schon deshalb, weil ER ein riesiger, muskulöser Brocken mit übernatürlichen Kräften war und so beschränkte Emma ihre Bemühungen lediglich darauf, dafür zu sorgen, dass der Werwolf wenigstens nicht vom Schlitten fiel, solange sie sich bewegten. Im Krankenhaus lief Derek einfach voran, ohne eine Ahnung zu haben, in welche Richtung sie überhaupt mussten und rannte dabei beinahe eine ältere, finster dreinblickende Krankenschwester über den Haufen: „Hier wird nicht gerannt, junger Mann!“ herrschte der alte Stationsdrachen Derek wenig amüsiert an: „Das hier ist ein Krankenhaus und keine Sporthalle!“ Derek knurrte und Emma, eine Entschuldigung murmelnd, schnappte sich den Werwolf und zog ihn in die richtige Richtung, ehe dies hier noch aus dem Ruder laufen konnte: „Versuch´ dich ein bisschen zusammenzureißen, Derek! Du willst doch nicht, dass sie dich aus der Klinik werfen, oder?“ forderte sie und packte ihn im Nacken wie eine Wolfsmutter ihren Welpen: „Dies hier ist Stiles Zimmer.“ erklärte sie vor dessen Tür: „Wirst du dich benehmen? Versprichst du mir, dass du ganz ruhig bleiben wirst?“ Derek nickte und versicherte artig: „Versprochen Ma´am!“ „Guter Junge!“ erwiderte sie und öffnete die Tür zum Krankenzimmer. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, ehe Derek in die Haut des großen, stattlichen Mannes hineinwachsen würde, nach welchem er zumindest äußerlich aussah, dachte Emma, nicht ohne eine gewisse Besorgnis. Er hatte das Gemüt eines sechzehnjährigen Teenagers, wies immer noch viele Wesensmerkmale eines wilden Tieres auf, doch heute, in seiner Aufregung verhielt Derek sich sogar eher wie ein Fünfjähriger. Stiles Augen waren geschlossen und er regte sich nicht. Derek schritt aufgeregt auf das Bett zu, begann den Ruhenden zu beschnuppern und mittels seiner Wolfsohren in dessen Körper hinein zu lauschen und schließlich drehte er sich zu seinen beiden Begleitern um und fragte ungehalten: „Was ist mit ihm? Wieso wacht er nicht auf? Wieso liegt er denn bloß so da?“ Danny, der vorhin noch einmal kurz mit dem Chefarzt gesprochen hatte berichtete: „Sie haben ihm ein Medikament gegeben, um ihn noch eine Weile ruhig zu stellen, damit sie ihn leichter behandeln können. Durch den Rauch ist sein Körper voller Gift, welches sie auszuleiten versuchen. Außerdem ist er doch auf den Hinterkopf gefallen. Sein Schädel ist zum Glück nicht gebrochen, aber er hat eine schwere Gehirnerschütterung und möglicherweise eine Hirnschwellung. Morgen wird er noch einmal geröntgt und wenn dann alles gut aussieht, werden sie die Medikamente absetzen und nach einer Weile wird er dann wieder aufwachen. Mach´ dir keine Sorgen, Derek! Alles wird gut werden.“ Doch Derek machte sich Sorgen, das war nicht zu übersehen. Seine grünen Augen wirkten riesig und ungewöhnlich dunkel. Er stierte eine Weile angestrengt hinab auf den bewusstlosen Stilesund schien innerlich mit sich zu ringen, doch dann schien er irgendwann eine Entscheidung getroffen zu haben und legte sich sehr vorsichtig an Stiles Seite, jedoch ohne diesen in irgendeiner Weise zu berühren, beinahe so, als sei der Wissenschaftler eine zerbrechliche Porzellanfigur. Und genau das würde auch ein Wolf mit einem verletzten Rudelmitglied tun; er würde nicht von dessen Seite weichen, bis es ihm wieder besser ginge. In diesem Moment kam Doc Pritchett zur Visite ins Zimmer, sah den fremden Kerl im Bett seines Patienten liegen und wollte wissen: „Was ist denn hier los, zum Teufel!“ „Die beiden stehen sich sehr nahe, Doc!“ erklärte Emma schnell. „Ist der junge Mann ein Familienmitglied des Verletzten?“ erkundigte sich der Mediziner streng: „Der Patient hat in dieser Gegend keine Familie!“ erwiderte Emma: „Die beiden sind einfach nur sehr gute Freunde, das ist alles.“ „Aha!“ machte Pritchett mit wissendem Blick: „Dann sind die Herren wohl Bekannte von ihnen, was Mr. Mahealani?“ „Ja klar, wir gehören alle zum selben Verein!“ brummte Danny genervt. Was dachte sich dieser Kerl? Der Mediziner ignorierte den Sarkasmus und richtete sein Wort stattdessen nun direkt an Derek: „Haben sie denn eigentlich gar nichts dazu zu sagen, junger Mann!“ Derek hob den Kopf und knurrte den Arzt böse an, so dass dieser von den anderen Anwesenden wissen wollte: „Was ist den mit dem los, zum Teufel? Ist er vielleicht ein bisschen zurückgeblieben, oder so?“ Emmas Kopf wurde hochrot vor Ärger: „ZÜRÜCKGEBLIEBEN?“ kläffte sie: „Halten sie dass etwa für einen medizinischen Fachterminus, Doc? So redet man doch nicht über Menschen! Dieser Junge hat einfach bloß viel durchgemacht und ist schwer traumatisiert. Und dann findet hier auch noch seinen Freund schwer verletzt vor. Da ist sein Verhalten ja wohl vollkommen angemessen, oder nicht. Entschuldigen sie sich gefälligst für diese Beleidigung!“ „Das kann ich doch alles gar nicht wissen!“ murmelte der Arzt kleinlaut: „Tut mir ja leid, aber der junge Mann kann nicht bei dem Patienten im Bett liegen. Das verstößt gegen die Krankenhausstatuten. Ich könnte es ihm jedoch gestatten, dass er hier einen Stuhl an das Bett bekommt, in dem er warten kann, bis der Patient wieder aufwacht, einverstanden?“ „Machen sie es so!“ herrschte Emma ihn noch ein wenig verstimmt an: „Denn das Eine sage ich ihnen: Sie werden Derek mit Sicherheit nicht los, ehe er nicht vollkommen sicher ist, dass es Stiles gut geht!“ „Verstehe!“ erklärte der Mediziner Augen rollend und tat wofür er gekommen war; er untersuchte seinen Patienten, soweit Derek dies zuließ. Als der Arzt endlich wieder gegangen war, brachte ein Pfleger wie versprochen einen weiteren Stuhl herein und die nächsten fünfzehn Minuten verbrachte Emma damit, mit Engelszungen auf Derek einzureden, um ihm klar zu machen, dass er das Bett verlassen müsse, von seinem Stuhl aus aber ebenso gut über Stiles wachen könne. Schließlich gab Derek grimmig nach und nahm in dem Stuhl Platz. Emma blieb noch einen Augenblick hinter ihm stehen, streichelte beruhigend seine Schultern, seinen Rücken und sein Haar, bis sie restlos überzeugt war, dass Derek sich mit der Situation arrangiert hatte, ehe sie wieder in ihrem eigenen Stuhl Platz nahm. Sie harrten eine ganze Weile in dem Krankenzimmer aus. Geredet wurde in dieser Zeit kaum und als für Danny und Emma der Moment gekommen war heimzukehren, trat sie noch einmal an Derek heran und fragte: „Und du bist dir sicher, dass du nicht mit mir zurückkommen willst, Süßer? Du kannst hier doch gar nichts tun und das wird eine lange, unbequeme Nacht für dich werden! Warum schläfst du nicht bei mir und ich bringe dich gleich morgen früh wieder hier her?“ „Ich bleibe!“ erklärte Derek, ohne den Blick von Stiles zu nehmen. Emma seufzte, gab dem Werwolf einen Kuss auf den Scheitel und versprach: „Ich komme dann morgen früh mit Frühstück wieder, in Ordnung Süßer? Und nun sei schön lieb und lass´ das Krankenhauspersonal seine Arbeit machen, ja? Sie wollen nämlich nur das Beste für Stiles und ich will morgen keine Beschwerden hören.“ „Verstanden!“ erwiderte Derek und damit war das Gespräch für ihn ganz offensichtlich beendet. Emma und Danny zogen sich mit einem mulmigen Gefühl zurück und ließen den Werwolf mit seinem Gefährten zurück. Als Emma am folgenden Morgen ins Krankenhaus zurückkehrte, folgte sie seufzend ganz einfach dem Tumult bis zu Stiles Krankenzimmer. Eine kleine, zierliche, verschreckt aussehende Krankenschwester versuchte Stiles Bett wegzurollen und Derek schien damit alles andere als einverstanden zu sein: „Was ist denn hier los?“ schimpfte Emma: „Was habe ich dir denn gesagt, Derek? Du sollst die Leute hier ihren Job machen lassen!“ „Sie sagt mir nicht, wohin sie Stiles bringen will!“ rechtfertigte sich Derek. „Es gehört aber nicht zur Familie, also muss ich ihm gar nichts sagen!“ beharrte daraufhin die Schwester. Emma schüttelte genervt den Kopf und hakte sich bei Derek unter: „Das hat de Arzt uns doch gestern schon erklärt. Sie müssen noch einmal Stiles Kopf röntgen, um zu sehen, ob darin alles in Ordnung ist. Und jetzt beruhige dich wieder. Dein Freund ist ja gleich wieder bei dir. Ich habe hier Bagels für dich, Süßer. Wir frühstücken jetzt erst einmal!“ Tatsächlich entspannte sich Derek ein wenig und die Schwester beschwerte sich: „Dieser Kerl ist ja komplett verrückt!“ „Er ist NICHT verrückt!“ schimpfte Emma erbost: „ Sie hätten ja schließlich auch einfach mit ihm sprechen können, anstatt sich hier wichtig zu machen, indem sie so ein Geheimnis aus dem machen, was sie tun. Angehörige machen sich eben Sorgen. Das ist doch ganz normal. Und nun gehen sie schon und erledigen ihren Job. Ich kümmere mich um meinen Freund hier, was sie ja scheinbar nicht für nötig halten“ Emma wunderte sich über sich selbst. Sie war nie eine Mutter gewesen, doch scheinbar hatte sie neuerdings ein hundertfünfundsiebzig Pfund schweres Baby, auf welches sie gut acht geben musste. Kopfschüttelnd schob die Schwester nun das Krankenbett den Gang hinunter und murmelte irgendetwas zweifellos Unfreundliches vor sich hin, während Emma Derek wieder zurück ins Krankenzimmer auf seinen Stuhl schob und ihm sein Frühstück kredenzte: „Hast du überhaupt geschlafen?“ wollte sie von ihm wissen. Derek zuckte mit den Schultern: „Nö!“ brummte er und biss in seinen Bagel. Es dauerte über eine Stunde, ehe Stiles wieder bei ihnen war, doch niemand hielt es für nötig, ihnen etwas zum Zustand des Patienten zu erklären. Als Emma danach fragte, erwiderte die Krankenschwester, eine andere dieses Mal, dass sie sich noch bis Mittag gedulden müssten. Dann sei die Ärztekonferenz vorüber und sämtlich Untersuchungsergebnisse ausgewertet. Emma seufzte und stellte sich innerlich darauf ein, hier noch eine Weile festzusitzen und die Werwolf-Bändigerin zu spielen: „Wir gehen jetzt ein klein wenig spazieren, denn du brauchst ein wenig frische Luft.“ bestimmte sie also, doch Derek machte ein unwilliges Gesicht und hielt sich an den Gitterstäben von Stiles Bett fest, ganz so, als könne die humpelnde, ältere, menschliche Frau tatsächlich einfach so einen imposanten Werwolf wie ihn gegen seinen Willen nach draußen schleifen. Natürlich tat Emma nichts dergleichen. Sie kannte dafür andere Mittel und Wege: „Also los, aufstehen junger Mann!“ sagte sie streng: „Du wirst dich doch wohl wenigstens mal für fünf Minuten von Stiles trennen können! zumal ich wette, dass du seinen Herzschlag sogar noch von draußen hören kannst, wenn du dich konzentrierst, stimmt´s nicht? Und jetzt beweg´ dich!“ Sie streckte Derek eine Hand hin und tatsächlich ergriff dieser sie und folgte ihr brav nach draußen. Eine endlos erscheinende Viertelstunde lang ließ der Werwolf sich von der Bettseite seines Gefährten weglotsen und Emma wusste, dass dies wohl eine persönliche Bestleistung sein musste. Das Vertrauen welches dadurch ihr gegenüber zum Ausdruck kam, schmeichelte Emma ein klein wenig. Als sie wieder ins Krankenzimmer zurückkehrten, hatte Derek bereits schon wieder eine deutlich gesündere Gesichtsfarbe. Mission erfolgreich, beglückwünschte Emma sich selbst! Gegen Mittag stieß Doc Pritchett ein weiteres Mal zu ihnen, um ihnen endlich zu verraten, wie Stiles Zustand war: „Gute Neuigkeiten! Im zweiten Röntgenbild hat sich keine Hirnschwellung gezeigt. Wir werden den Medikamentencocktal, welcher das künstliche Koma bewirkt nun absetzen. Der Patient wird wieder aufwachen, allerdings können wir vorher nie so genau sagen, wann das sein wird. Es könnte heute geschehen, oder erst in einer Woche. Wir müssen es abwarten!“ Emma atmete erleichtert auf. Dereks Blick blieb hingegen skeptisch. Er würde der Sache höchstwahrscheinlich erst dann trauen, wenn Stiles wieder seine Augen aufschlug, ahnte Emma. Bis zum Nachmittag änderte sich nichts an Stiles Zustand und Derek und Emma harrten einfach still aus. Emma hatte den Fernseher leise eingeschaltet und folgte mit mäßigem Interesse einer Talkshow, als es plötzlich klopfte, Danny den Kopf zur Tür hereinsteckte und wissen wollte: „Wer hat Appetit auf Hühnchen?“ Er trat ein und hielt eine riesige Schachtel von `Kentucky Fried Chicken´ in Händen: „Du bist ein Engel! Genau die Art Soul-Food, die wir jetzt brauchen, richtig Derek?“ rief Emma erleichtert aus. Sie machten sich über das Essen her und Danny ließ sich berichten, wie es dem Patienten mittlerweile ginge. Gegen sieben am Abend hatte Emma dann endgültig kein Sitzfleisch mehr. Sie erklärte, dass sie dringend mal wieder in ihren Diner nach dem Rechten sehen müsse, denn ihre Stellvertreterin Lucy sei zwar ein wirklich nettes Ding, doch leider nicht das hellste Birnchen am Christbaum und Emma habe immer ein wenig Angst, dass Lucy den Laden in den Ruin trieb, oder ihn versehentlich niederbrannte, wenn man ihr nicht hin und wieder auf die Finger schaute. Nur der Form halber fragte Emma Derek, ob er nicht mit ihr kommen und bei ihr in einem richtigen Bett schlafen wolle, doch das wollte er natürlich nicht, denn er durfte schließlich den Moment nicht versäumen, da Stiles die Augen aufschlug. Danny verabschiedete sich ebenfalls. Er habe heute den ganzen Tag gearbeitet und sei froh, wenn er ins Bett fallen könne. Derek blieb also ein weiteres Mal allein zurück, um Stiles zu bewachen. Im Hintergrund murmelte immer noch leise der Fernseher und gegen zehn am Abend war der Werwolf endgültig so müde, dass er sich einfach nicht mehr wach halten konnte. Er richtete sich in dem verdammten Krankenhausstuhl, der ihm nach der langen Zeit mittlerweile wie ein Folterinstrument vorkam so bequem ein, wie nur irgend möglich und war bald darauf eingeschlafen. Als Stiles erwachte, hatte er keine Ahnung, wo er war und was ihm zugestoßen sein mochte. Irgendetwas in seiner unmittelbaren Nähe piepte leise und regelmäßig. Dann war da das leise Geplapper aus einem Fernseher, Schritte in der Ferne auf Linoleum und etwas, das klang, wie eine Bohnermaschine. Stiles öffnete Augen. Das Licht war gedämpft. Über ihm war ein Fenster mit Jalousien davor. Es war Nacht. Neben seinem Bett standen Maschinen und sie waren es, welche die Pieptöne verursachten. Da wurde Stiles auch bewusst, dass mit seinem Körper etwas nicht stimmte? Da war ein Tubus, welcher aus seinem Mund ragte, eine Nadel, die in seiner Hand steckte und an welcher ein Schlauch befestigt war. Er war in einem Krankenhaus! Und da kamen nach und nach die Erinnerungen zurück: Das Feuer, alle Ausgänge versperrt und dann die Erkenntnis, dass er sterben würde. Nur, dass er immer noch hier war? Er hob leicht den Kopf, blickte sich um und da entdeckte er auch den Grund dafür: einen großen, kräftigen Kerl, welcher sich in unbequemer Haltung in einem Stuhl an seiner Bettseite zusammengerollt hatte. Es war Derek Hale, sein Retter und Held und er schlief! Stiles lächelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)