Wolf im Schnee von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 17: Feuer und Eis ------------------------- Sie waren etwa eine Stunde mit dem Schlitten unterwegs gewesen und hatte damit die Hälfte des Weges hinter sich gebracht, als es zu Schneien begann. Anfänglich waren es lediglich einzelne Schneeflocken, doch es wurde von Minute zu Minute mehr und in kürzester Zeit sahen sich die drei Reisenden einem ausgewachsenen Blizzard gegenüber: „Es hat keinen Zweck!“ brüllte Emma gegen das Heulen des Sturmes an und wischte über ihre Skibrille: „Ich kann überhaupt nichts mehr sehen! Wir müssen dieses Unwetter erst einmal aussitzen, ehe wir weiterfahren können. Es tut mir leid.“ Derek knurrte unzufrieden, als Emma den Schlitten in ein kleines Wäldchen steuerte: „Alles in Ordnung, Süßer! Wir machen es uns einfach ein bisschen gemütlich, bis es vorbei ist!“ versicherte die Frau besänftigend und breitete dann mit Dannys Hilfe eine Plane über den gesamten Schlitten, unter welcher es, dank der Körperwärme der drei Reisenden, welche nun nicht mehr entweichen konnte schnell vergleichsweise warm wurde und unter welcher sie es trocken hatten. Nachdem die Anderen abgefahren waren, war Stiles unzufrieden und ziellos im Haus auf und ab gelaufen. Er hatte keine Angst um sich selbst. Ihm würde schon nichts passieren, aber was, wenn die Jäger Derek und seine Freunde nun zufällig da draußen erwischen würden? Zumal sie ja jetzt möglicherweise auch noch Verstärkung bekommen hatten? Stiles begann, ein wenig aufzuräumen, um sich abzulenken, doch als er an das `Nest´ kam, welches Derek sich aus seinen zerkauten Kleidern gebaut hatte, als er noch Miguel gewesen war, hielt er inne und lächelte in sich hinein. Das große, schwarze Schmusemonster fehlte ihm! Er ließ den Kleiderhaufen also wie er war und begab sich ins Labor, um dort ein wenig zu arbeiten. Nach einer Weile nahm er den Wetterwechsel wahr und stellte sich ans Fenster, um sich das Treiben draußen anzuschauen. Dann blickte er auf die Uhr, nur um festzustellen, dass seine Freunde es noch längst nicht nach Miners Creek geschafft haben konnten, selbst wenn sie sehr schnell gewesen wären und nun machte er sich ganz offiziell Sorgen! Das da draußen war wohl der heftigste Schneesturm, den Stiles erlebt hatte, seit er in Alaska angekommen war. Er versuchte sich damit zu beruhigen, dass Danny und Emma beide viel Erfahrung mit dem Wetter hier draußen hatten und sicher wissen würden, was in diesem Fall zu tun wäre, doch es gelang ihm nicht wirklich. Am Abend aß er ohne großen Appetit eine Tomatensuppe und eine Weile später legte er sich ins Bett, welches ihm riesig und auch kalt vorkam, ohne dass sich ein Derek, in welcher Gestalt auch immer darin unverschämt breit machte. Das Wetter hatte sich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht wesentlich beruhigt und der sorgenvolle Stiles brauchte daher auch eine Weile, bis er Schlaf endlich fand. Derek wurde unruhiger, je länger das Unwetter anhielt und er mit den beiden Menschen festsaß. Emma tat ihr Möglichstes, um ihn zu beruhigen, hatte damit jedoch lediglich mäßigem Erfolg. Irgendwann verwandelte sich der Werwolf in seine Betaform. Seine Augen glühten blau und er knurrte: „Stiles! Ich will zu Stiles!“ „Der hat es jetzt besser, als wir! Er sitzt im Warmen, hat etwas zu essen... du musst dir keine Sorgen um ihn machen, Süßer!“ versicherte Emma sanft, doch Derek blieb beunruhigt. Es war bereits spät in der Nacht, als sich das Wetter endlich beruhigt. Es war beinahe ein wenig unheimlich, wie still es urplötzlich war, nachdem der Sturm nachgelassen hatte. Es war zwar eiskalt, aber bis auf ein paar vereinzelte Wolkenfetzen war es nun sternenklar, was das navigieren erleichtern würde: „Und jetzt bringen wir dich nach Miners Creek in Sicherheit, richtig Derek! So, wie wir es Stiles versprochen haben!“ erklärte Emma. Der Werwolf knurrte leise: „Ich will zu Stiles!“ wiederholte er noch einmal trotzig. Stiles hatte einen Traum. Er lag an einem Strand und die Sonne brannte ihm heiß auf den Pelz. Neben ihm lag Lydia, herrlich im Schatten, unter einem Sonnenschirm, doch wann immer er ihr ins Kühle folgen wollte, trat die Erdbeerblondine mit den nackten Füßen heftig nach ihm, bis er sich irgendwann wütend erhob und zum Wasser hinüberging, um sich dort ein wenig abzukühlen. Zu spät bemerkte er, dass auch der Ozean ebenfalls kochend heiß war! In diesem Moment wachte er auf. Der Biologe brauchte ein wenig, um zu begreifen was um ihn herum vorging. Ihm war immer noch heiß und das Atmen viel ihm schwer. Er tastete nach der Nachttischlampe und machte Licht, doch die Sicht wurde dadurch auch nicht viel besser. War das Rauch? Verdammt! Irgendwo im Haus brannte es! Stiles begann zu husten und versuchte, nicht vollkommen in Panik zu geraten. Er musste hier raus, aber er hatte wohl noch etwas Zeit, denn er sah keine Flammen. Draußen waren Minusgrade, also musste er sich etwas überziehen, auch wenn hier im Haus gerade einen Affenhitze herrschte. Er zog sich also in Windeseile seine Thermohose über seinen Pyjama, schlüpfte in seine Stiefel, ohne sich die Zeit zu nehmen, sie zuzubinden und dann nahm er sich die Flasche Wasser, die glücklicherweise auf seinem Nachttisch stand und tränkte ein herumliegendes T-Shirt mit der Flüssigkeit, welches er sich dann als Schutz vor dem Rauch vor Mund und Nase band. Nun musste er nur noch seine Jacke finden, doch leider konnte er kaum etwas sehen und Hitze und Rauch brannten ihm böse in den Augen. Fieberhaft versuchte er sich zu erinnern, wo er sie gelassen hatte. Dann fiel es ihm wieder ein. Er hatte sie an den Kleiderschrank auf einen Bügel gehängt, also begann er sich nun dorthin vorzutasten. Als er sie endlich hatte, klemmte er sie sich unter den Arm und versuchte, sich zur Haustür vorzuarbeiten. Er war diesen Weg hunderte Male gegangen, doch durch den Qualm war alles anders. Die Hitze und die giftigen Dämpfe verwirrten Stiles den Kopf. Er fühlte sich atemlos und schwindelig. Zu allem Überfluss hatte sich das Feuer im Wohnbereich bereits viel weiter ausgebreitet, als Stiles zunächst angenommen hatte und wilde Flammen schlugen ihm entgegen. Stiles konnte sich zunächst nicht erklären, wie das Feuer entstanden sein konnte. Hatte er etwa in der Küche den Herd angelassen? Dann nahm er trotz des Brandgeruches noch etwas anderes wahr. Das war irgendein Brandbeschleuniger! Benzin vielleicht? Dieses Feuer hatte jemand gelegt! Und es war nicht schwer zu erraten, wer das gewesen sein konnte. Es mussten dieselben Leute gewesen sein, die auch keine Skrupel gehabt hatten, Dereks gesamte Familie zu verbrennen. Endlich hatte Stiles die Haustür erreicht. Gleich wäre er frei und konnte wieder durchatmen, sagte er sich selbst zur Beruhigung. Er fragte sich lieber nicht, was ihn draußen erwartete, aber immerhin würde er nicht in den Flammen sterben. Stiles drückte also den Türgriff herunter, nur um festzustellen, dass sich gar nichts tat. Die Tür war ganz offensichtlich manipuliert worden und ließ sich nicht öffnen. Nun geriet Stiles wirklich in Panik! Er begann wie wild an der Tür zu rütteln und sich schließlich mit seinem gesamten Gewicht hineinzuhängen, mit dem einzigen Ergebnis, dass irgendwann der Türgriff abbrach. In seiner Aufregung blickte Stiles sich hektisch nach etwas um, womit es ihm gelingen könnte, die Tür aufzubrechen und schließlich fand er einen großen Schraubenzieher, den er wie einen Hebel ansetzte, doch leider ohne den gewünschten Erfolg. Stiles musst einsehen, dass dies hier nicht sein Weg in die Freiheit war. Er wusste auch, dass seine Zeit knapp wurde, denn mit einer Rauchvergiftung dauerte es unter Umständen nur Minuten, ehe man das Bewusstsein verlor. `Das Fenster!´ sagte er sich also, doch das einzige Fenster, welches er noch erreichen konnte, ohne zu verbrennen war jenes in der Küche, also schleppte der Biologe sich dorthin. Zweimal knickten auf dem Weg seine Beine unter ihm weg, denn er drohte bereits jetzt, ohnmächtig zu werden, doch er war noch nicht bereit aufzugeben. Er erreichte den Fenstergriff, doch natürlich ließ auch dieses sich nicht öffnen, entweder, weil es paradoxer Weise zugefroren war, oder weil auch hier, ebenso wie an der Eingangstür eine Manipulation vorgenommen worden war. Aber es war bloß ein Fenster und das würde sich doch einschlagen lassen, richtig? Stiles nahm also einen der Küchenstühlen hoch und schlug ihn mit voller Wucht gegen die Scheibe, mit dem Ergebnis, dass der Stuhl zu Bruch ging, wohingegen die Scheibe nicht den kleinsten Riss aufwies. Die Thermofenster waren aus Kunststoff und höchstwahrscheinlich mit bruchsicherer Folie überzogen, denn immerhin war dies hier eine Forschungsstation und hier wurden hochwertige Ausrüstunggüter gelagert. `Hättet ihr Idioten dann nicht auch eine bessere Tür einbauen sollen? Immerhin ist hier bereits eingebrochen worden!´ dachte Stiles finster und begann damit, mit allem, was er finden konnte und was schwer genug war, um Schaden anzurichten, auf das verdammte Fenster einzuprügeln. Unterdessen wurde der Schwindel schlimmer, die Hitze war kaum noch zu ertragen und Stiles hustete und würgte. Nach einer Weile wurde ihm klar, dass es nun wirklich vorbei war. Er war in der Falle und es gab einfach keinen Weg hinaus! Ihm wurde schummrig und er fiel um, wie ein gefällter Baum. Im Sturz dachte er an Dereks Familie, der ihr Haus ebenfalls zu einem brennenden Gefängnis geworden war. Das Letzte, was Stiles hörte, war ein lautes Krachen und er dachte noch `Nun stürzt auch noch das Haus über mir ein.´ Dann schlug er mit dem Kopf irgendwo auf und die Welt versank in Schwärze. Zunächst war Derek einfach bloß umgekehrt, weil er ein ungutes Gefühl hatte, doch nun konnte er das Feuer bereits aus mehreren Meilen Entfernung riechen. Er hatte sich verwandeln wollen; wollte wieder ein Wolf sein, in der Hoffnung, dass ihn das schneller machen würde, doch es wollte ihm einfach nicht mehr gelingen, wie er verzweifelt feststellte. Dennoch hatte er sich auf alle Viere begeben und rannte in großen Sprüngen durch die verschneite, nächtliche Landschaft auf die Forschungsstation zu. Nach einer Weile konnte er sogar schon den orangefarbenen Schimmer am Horizont sehen, welcher die Nacht erhellte. Der Werwolf hatte keine Ahnung, ob die beiden Menschen mit ihrem Schlitten ihm immer noch folgten, denn das einzige, was er hörte, war das rasende Hämmern seines bangen Herzens und sein eigener, keuchender Atem, doch es war ihm auch egal. Der Gedanke, dass er zu spät kommen könnte war das Einzige, was zählte und er trieb ihn zu Höchstleistungen an. Es durfte einfach nicht sein! Der Mensch in Derek begriff nun, was der Wolf von der ersten Minute an gewusst hatte: Stiles war sein Gefährte! Er war der Eine, zu dem er gehörte! Und wieder war es das Feuer, welches ihm alles nahm, was zählte. Endlich konnte er die Forschungsstation sehen. Und sie brannte bereits lichterloh. Kate lächelte in sich hinein. Das war einfach nur perfekt! Hätte sie ein Drehbuch für diese Situation geschrieben, dann würde es genau so ablaufen, wie in dieser Minute. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass Derek sich ebenfalls im Haus befände und jeden Augenblick aus dem flammenden Inferno hervorbrechen würde, weshalb sie hier mit ihrem Gewehr und ihrem Nachtsichtgerät saß und wartete, aber das, was gerade geschah, war ja so viel besser! Derek war aus der Dunkelheit herbeigerannt gekommen, um seinen kleinen Freund zu retten und nun begann er mit lautem Gebrüll die Tür einzureißen, wie die wilde Bestie, die er nun einmal war. Kate hatte freies Schussfeld und hätte nun einfach abdrücken können, doch es war viel spaßiger, ihn noch einen kleinen Moment in der Hoffnung weiterleben zu lassen, dass am Ende doch noch alles gut werden könnte. Ein erregter Schauer lief der Jägerin über den Rücken. Dies hier war ihre Show! Sie zog die Strippen! Leben und Tod; es lag allein in ihrer Hand! Die Tür der Forschungsstation ging krachend zu Bruch. Ehe Derek sich in die Flammen stürzte, rieb er seinen Schal mit reichlich Schnee ein und band ihn sich vor das Gesicht, um sich vor dem Rauch zu schützen. Die Flammen brüllten und griffen mit gierigen Fingern nach allem, dessen sie habhaft werden konnten: „Stiles! Stiles, wo bist du?“ rief der Werwolf gegen das Feuer an und bezahlte dies mit einem heftigen Hustenanfall. Er lauschte, doch er erhielt keine Antwort; nicht einmal ein leises Wispern! Seine menschlichen Augen konnten in diesem Qualm überhaupt nichts erkennen, doch mit seinem Wolfsblick entdeckte er es schließlich: Stiles lag reglos auf dem Küchenfußboden und um seinen Kopf herum hatte sich eine kleine Blutlache gebildet. Dereks Eingeweide zogen sich schmerzhaft zusammen, denn er konnte nicht erkennen, ob der Mensch noch lebte, oder nicht. Der Werwolf ging auf alle Viere hinunter, um der Hitze und dem Rauch ein wenig zu entkommen und kroch dann auf Stiles zu, griff unter seine Achseln und zerrte ihn, gemeinsam mit seiner Jacke, welche neben ihm am Boden lag in Richtung Tür. Der Qualm machte, dass ihm übel und schwindelig wurde, doch da erreichte er glücklicherweise auch schon den rettenden Ausgang. Er entfernte sich mit Stiles ein paar Meter von dem brennenden Gebäude, ehe er den leblosen Menschen in seine Jacke einwickelte und sanft hochnahm. Er trug ihn ein paar Schritte und in diesem Moment zerriss ein Schuss jäh die Stille der Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)