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Wolf im Schnee

von

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Das kleine Werwolf-Ein-Mal-Eins

„Schnell! Ab in den Keller mit dir!“ flüsterte Emma und versuchte den Werwolf in die entsprechende Richtung zu schieben. Dieser weigerte sich jedoch und als die Frau erkannte, in wessen Richtung sein Blick deutete, befahl sie: „Du begleitest ihn, Stiles! Er braucht dich jetzt. Danny und ich werden unterdessen eure `Besucher´ los!“
 

Stiles spürte nicht die geringste Lust mit einem nackten WERWOLF in einem dunklen, engen, kalten Kellerraum eingesperrt zu sein, doch das schien in diesem Moment keinen zu interessieren. Danny beförderte ihn nicht eben sanft zur Kellerluke und dort angekommen zog Miguel ihn hinter sich her, die steilen Stufen hinab. Die Klappe fiel zu und dann herrschte um sie herum nichts als Finsternis.
 

Stiles versuchte immer noch, gedanklich hinterher zu kommen.

Werwölfe gab es wirklich.
 

WERWÖLFE GAB ES WIRKLICH?
 

Was war das denn bloß für ein Wahnsinn?
 

Und der noch größere Wahnsinn: Er selbst war in diesem Moment auf engstem Raum mit einem von ihnen eingesperrt!

Stiles drängte sich an die eisige Wand in seinem Rücken, um wenigstens noch ein paar Zentimeter zwischen sich und dieses formwandelnde... Ding zu bringen.
 

„Ich tue dir nicht weh, Stiles!“ flüsterte der Werwolf in diesem Moment, als hätte er Stiles Gedanken gelesen. Es klag ein wenig verletzt und der Mensch schämte sich ein klein wenig. Er rief sich die vergangenen Wochen mit dem Wolf in Erinnerung: Miguel hatte sein Leben gerettet und Stiles hatte die Chance bekommen, sich zu revanchieren. Sie waren Freunde geworden, hatten alles geteilt und für Stiles war durch die Freundschaft zu dem Tier ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen.
 

Aber das war ja alles lediglich eine Lüge gewesen, nicht wahr?

Gab es das Wesen, für welches er so liebevolle Gefühle entwickelt hatte überhaupt wirklich? Oder war das alles nichts als eine listige Täuschung gewesen?

Und wenn ja, welchem Zweck diente das ganze Theater? All das bloß, um sein Vertrauen zu gewinnen? Wieso?
 

Und nun tobte da oben in Stiles Haus ein Kampf, welcher mit Waffen ausgetragen wurde und wenn es richtig schlecht lief, dann würde Stiles zunächst seine zwei neuen Freunde verlieren und dann würden die Jäger Miguel und ihn irgendwann finden und sie ebenfalls abknallen, richtig?

Dann wäre es vorbei und die vielen Fragen, die er hatte würden auf ewig unbeantwortet bleiben.
 

Stiles versuchte herauszubekommen, was da oben gerade vor sich ging. Zuerst hörte er rein gar nichts. Dann klang es, als würde krachend die Tür aufgestoßen. Es fielen die ersten Schüsse und Stimmen waren zu hören. Dann gab es Kampfgeräusche, welche sich nach einer Weile seltsamerweise entfernten und irgendwann war es schließlich wieder vollkommen still.

Stiles hatte Angst, seinen Freunden könnte etwas zugestoßen sein, doch er wusste nicht, wie er ihnen zu Hilfe kommen sollte, ohne auch noch Miguel und sich selbst in Gefahr zu bringen.
 

Der Werwolf schien es jedoch zu wissen, denn er setzte sich nach einer Weile einfach in Richtung Treppe in Bewegung:

„Hey! Was tust du denn?“ zischte Stiles und hielt ihn an der Schulter fest, doch Miguel behauptete:
 

„Es ist sicher!“ stieg die Stufen hinauf und öffnete die Falltür.
 

Stiles folgte ihm vorsichtig, tastete nach einem Lichtschalter und machte sich erst einmal ein Bild von der Verwüstung. Wie durch ein Wunder war nichts Wertvolles zu Bruch gegangen. Seine Ausrüstung war intakt, denn bis ins Labor hatte der Kampf sich nicht ausgedehnt. Die Wand im Flur wies einige Einschusslöcher auf, etliche Möbel waren umgekippt und am Boden verstreut lagen unterschiedliche Gegenstände. Es war eiskalt im Haus, denn die Eingangstür stand sperrangelweit offen.

Von Danny und Emma, oder aber auch von den Angreifern war weit und breit nichts zu sehen.
 

Stiles zog sich eine Jacke an, schnappte sich eine Taschenlampe und schaute sich rings um das Haus herum um. Da waren die Fußspuren von mehreren Personen im Schnee und auch ein wenig Blut, doch nicht genug, als dass man annehmen musste, jemand sei tödlich verletzt worden.

Der Biologe folgte den Abdrücken ein ganzes Stück bis in den Wald hinein, doch dann hatte er plötzlich das starke Gefühl, er dürfe Miguel nicht so lange allein lassen, also kehrte er wieder um.
 

Der Werwolf hatte sich in seine Decke eingewickelt, wie in einen Kokon. Er zitterte ein wenig und seine Miene war elend:

„Ist kalt ohne das ganze Fell was?“ stellte Stiles überflüssigerweise fest, doch Miguel würdigte ihn keiner Antwort, sondern schenkte dem Menschen bloß einen finsteren Blick.
 

Stiles legte dem Werwolf einen Pullover und Socken, eine Boxershorts und eine Trainingshose hin, doch er erntete lediglich ein unzufriedenes Schnauben.
 

„Als Wolf hattest du irgendwie bessere Laune!“ stellte der Mensch fest.
 

Es folgte ein weiteres Schnauben, also fügte Stiles hinzu:

„Und gesprächiger warst du da irgendwie auch!“
 

Daraufhin zog Miguel sich die Decke über den Kopf und es war an Stiles, genervt zu schnauben.
 

Dem Menschen war klar, dass er dringend wieder für Wärme im Haus sorgen musste, wenn er nicht wollte, dass sein Gast mit der eigenartigen Allergie gegen Textilien erfror. Er machte sich also zunächst einmal mit klammen Fingern daran, dass Türschloss wieder festzuschrauben. Dann drehte er die Heizanlage hoch, begann, die umgestürzten Möbel wieder aufzurichten und aufzuräumen. Miguel rührte sich währenddessen keinen Millimeter und blieb unter seiner Wolldecke versteckt, wie ein schmollendes Kind.
 

Als das Haus wieder einigermaßen in seinen Urzustand versetzt worden war, setzte Stiles einen Kräutertee auf, brachte dem Werwolf eine Tasse davon und erklärte:

„Ich hab´ hier was für dich, damit dir wieder warm wird!“
 

Miguel unter seiner Decke rührte sich immer noch nicht und so begann Stiles vorsichtig daran zu zupfen, bis wenigstens der Kopf des Werwolfs wieder zum Vorschein kam. Der Mensch reichte ihm das dampfende Trinkgefäß und Miguel griff schnell danach und umschloss es mit seinen großen, kraftvollen Händen.

Diese erinnerten Stiles frappierend an die riesigen Tatzen des Wolfes, welche er so sehr geliebt hatte.
 

Es war wahrscheinlich lächerlich, dass der Wolf ihm fehlte, oder nicht? Immerhin hatte es ihn niemals wirklich gegeben. Es war ja bloß eine Täuschung gewesen.

Eine Lüge!
 

Miguel trank die heiße Flüssigkeit schluckweise und als der Becher geleert war, reichte er ihn mit großen, fragenden Kinderaugen an den Menschen zurück, welche so gar nicht zu einem Kerl passen wollten, der gebaut war wie ein Preisboxer.
 

„Du kannst doch jetzt sprechen! Warum sagst du denn nicht, wenn du noch mehr willst?“ brummte Stiles übellaunig.
 

Und tatsächlich kam eine Erwiderung, bestehend aus einem einzelnen Wort:

„Bitte?“
 

Der Mensch rollte mit den Augen, nahm das Gefäß, füllte es ein weiteres Mal und reichte es dem Werwolf.
 

Da begann es unvermittelt an der Tür zu pochen. Stiles zuckte heftig zusammen, doch ein Blick in Miguels Gesicht verriet ihm, dass keine Gefahr drohte. Es mussten demnach wohl seine Freunde sein, die zu ihnen zurückgekehrt waren.

Gott sei dank!
 

Der Biologe hastete zur Tür, um zu öffnen und erkannte sofort, dass etwas nicht stimmen konnte, da Emma von Danny gestützt werden musste :

„Verdammt! Was ist denn passiert?“ fragte der Biologe alarmiert und half dabei, die Frau hinüber zum Sofa zu schaffen, wo sie neben den Werwolf platziert wurde:
 

„Die Schweinehunde haben Emma erwischt, kurz bevor ihnen die Flucht gelungen ist!“ knurrte Danny gleichermaßen erbost wie besorgt, doch seine Freundin behauptete:
 

„Süßer, ich sage dir doch, dass es nur halb so schlimm ist. Ich werde schon wieder!“
 

Da erst bemerkte Stiles das Blut, welches aus ihrem rechten Hosenbein quoll:

„Scheiße! Sie haben dich angeschossen?“ rief er entsetzt aus.
 

„Streifschuss!“ erwiderte Emma tapfer, doch Danny beharrte:
 

„Das müssen wir dringend behandeln!“ und machte sich an ihrer Hose zu schaffen:
 

„Verdammt! Da warte ich so viele Jahre darauf, dass mir endlich mal wieder ein Kerl die Klamotten vom Leib reißen will und dann ist es bloß eine eine übereifrige, schwule Krankenschwester!“ seufzte Emma selbstmitleidig:
 

„Klappe!“ forderte die übereifrige, schwule Krankenschwester und zog der Freundin mit einem Ruck die Thermohose und auch gleich noch die darunter getragene Jeans von der Hüfte.
 

Emma fluchte leise vor Schmerz.
 

Stiles hatte unterdessen Verbandszeug geholt und Miguel, der sich das Ganze bislang nur von der Seitenlinie angeschaut hatte, griff nun unvermittelt nach Emmas Hand.
 

Auf das, was dann geschah, konnten sich die beiden anderen Männer zunächst keinen Reim machen, denn über den Arm des Werwolfs zogen sich mit einem Mal seltsame schwarze Linien.
 

Danny, der gerade die Wunde inspizierte, begann schon ein wenig besorgt auszusehen, doch Emma versicherte:

„Keine Sorge! Er nimmt mir lediglich die Schmerzen. Das kann seine Art nämlich! Es sind sehr soziale und fürsorgliche Wesen!“ An den Werwolf gewandt sage sie: „Danke, Miguel! Das ist lieb von dir!“
 

„Derek!“ sagte der Angesprochene beinahe zu leise, als das man ihn verstehen konnte:
 

„Derek?“ wiederholte Emma: „Ist das dein richtiger Name, Süßer?“
 

Der Werwolf nickte und die ältere Frau erklärte lächelnd: „Es freut mich, dich kennenzulernen, Derek! Ich bin Emma!“ Sie drückte die große Hand, welche die ihrige hielt herzlich.
 

„Du hast Glück gehabt!“ erklärte Danny und begann seiner besten Freundin einen Verband anzulegen: „Es ist tatsächlich bloß ein Streifschuss! Doch eigentlich sollte es trotzdem genäht werden! Nun wirst du bestimmt eine hässliche Narbe zurückbehalten!“
 

Emma zuckte mit den Achseln und entgegnete:

„Na und? Es ist mit Sicherheit nicht meine Erste. Das Leben hinterlässt nun einmal seine Spuren!“
 

„Nun erzählt doch endlich mal, was nun eigentlich passiert ist!“ forderte Stiles ungeduldig aus dem Hintergrund: „Müssen wir damit rechnen, dass diese Jäger gleich wieder hier vor der Tür stehen, oder wie?“
 

„Also das bezweifle ich! Meine liebe Freundin hat den alten Mann zweimal mit `L´il Emma´ erwischt!“ erwiderte Danny und deutete auf eine Schrotflinte, welche in einer Zimmerecke stand und offensichtlich auf diesen putzigen Spitznamen hörte: „Als die Zwei hier ins Haus gekommen sind, haben wir zunächst mit ihnen gekämpft. Damit haben diese beiden Figuren scheinbar gar nicht gerechnet. Dachten wohl, das Haus stünde leer. Seit heute weiß ich übrigens, dass unsere Emma hier einen wirklich tödlichen rechten Haken hat und in Zukunft werde ich darum noch sehr viel lieber zu ihr sein als früher, um niemals ihren Zorn auf mich zu ziehen! Emma hat dieser Jägerin mit ziemlicher Sicherheit Nase und Jochbein gebrochen, so wie es gekracht hat, als sie ihren Treffer gelandet hat. Ich habe mich währenddessen um den Kerl gekümmert und ich muss sagen, dass ist wirklich ein zäher alter Sack! Trotzdem ist es uns irgendwann gelungen, die beiden aus dem Haus zu treiben und wir haben uns im Wald eine kleine Verfolgungsjagd inklusive Schusswechsel geliefert. Der Opa wird an seinen Schussverletzungen zwar sicherlich nicht gleich sterben, aber die Zwei werden Zeit und medizinische Versorgung brauchen, ehe sie überhaupt wieder darüber nachdenken können, euch anzugreifen. Sie haben dann irgendwann ihren Schlitten erreicht und sind davon gebraust, als sei der Teufel hinter ihnen her, so dass wir sie zu Fuß nicht mehr erwischen konnten!“
 

„Danke, euch! Das habt ihr gut hinbekommen und ich bin bloß froh, dass euch nichts Schlimmeres zugestoßen ist.“ erklärte Stiles erleichtert, als Danny geschlossen hatte.

Er warf einen auffordernden Blick auf Miguel slash Derek, doch der hatte während seiner Zeit als Wolf offensichtlich seine gute Kinderstube vergessen! Obwohl das ganze doch schließlich bloß seinetwegen passierte, hatte der Werwolf offensichtlich nicht weiter zu sagen; nicht einmal ein Dankeschön!

Und so fragte Stiles schließlich; nicht eben feinfühlig:

„Sag´ mal, was hast du eigentlich angestellt, dass diese Typen so sauer auf dich sind und dich unbedingt kriegen wollen, Mig... uhm, ich meine Derek? Irgendwas musst du doch getan haben? Raus mit der Sprache!“
 

Der Werwolf zuckte bei der scharfen Ansprache ein klein wenig zusammen und ließ dann niedergeschlagen den Kopf hängen.
 

Es war Emma, die ihm nun zu Hilfe kam. Sie legte einen Arm um Derek und antwortete:

„Diese beiden sind Werwolfjäger! Die brauchen keinen Grund, um Jagd auf ihn zu machen. Für die ist es bereits ausreichend, dass er ist, was er ist. Willst du wissen, woher ich das weiß, Stiles? Dieser alte Mann und ich, wir sind uns nicht zum ersten Mal begegnet! Ich denke nicht, dass er mich wiedererkannt hat, aber ich werde dieses Gesicht mit Sicherheit nie vergessen. Immerhin hat er die große Liebe meines Lebens auf dem Gewissen!“
 

Stiles und Danny blickten Emma verblüfft an und selbst Derek hatte nun den Kopf wieder erhoben.
 

„Ich habe euch habe ja bereits von Jessie erzählt, nicht wahr? Ich bin damals fünfzehn Jahre alt gewesen und bin von zuhause ausgerissen, um in Woodstock dabei zu sein. Ich hatte mein gesamtes Erspartes bereits für den `Greyhound´ und die Eintrittskarte ausgegeben. Nun hatte ich nichts zu essen, keinen Platz zum schlafen und ich war mutterseelenallein in der Fremde, denn ich hatte die ganze Sache nicht sehr gut durchdacht. Aber genau in diesem Augenblick traf ich IHN. Er war wunderschön und sah aus, wie ein Engel: Lange, blonde Haare, strahlende, türkisfarbene Augen, groß, athletisch... ich war auf der Stelle total verknallt! Und Jessie hat mein Dilemma erkannt und hat mich gerettet! Er hat mich durchgefüttert, mich bei sich in seinem VW-Bus schlafen lassen und er hat sogar sein Gras mit mir geteilt! Wobei seine Thai-Sticks zusätzlich immer noch mit einem besonderen Kraut gewürzt waren und bei ihm ziehen durfte ich nie.“ Emma lächelte versonnen: „Ich habe zunächst nicht gewusst, wieso, denn ich hatte ja keine Ahnung, dass er ein Werwolf war, doch bei seinesgleichen wirkte all´ das, was uns Menschen Spaß macht nicht, wie etwa Drogen, oder Alkohol, wenn nicht eine Prise Wolfswurz dabei ist. Werwölfe haben nämlich eine unglaubliche Konstitution, müsst ihr wissen! Sie sind beinahe unverwüstlich; wahnsinnig stark, wenn sie sich verletzen heilen sie um Nu wieder und sie können außerdem sehr alt werden, stimmt´s nicht Süßer?“

Emma kraulte Derek durch das verfilzte Haar und der große, muskulöse Werwolf ließ sich das überraschenderweise klaglos gefallen.
 

Stiles musste daran denken wie rasch der Wolf nach seiner Schussverletzung wieder auf den Beinen war. Er berichtete den Anderen davon und wollte wissen:

„Gibt es ein Gift, das Werwölfe töten kann? Oder war es einfach bloß das Silber, das Derek so zugesetzt hat?“
 

Emma schüttelte den Kopf und erwiderte grimmig:

„Das einzige Silber, welches Werwölfen schaden zufügt, sind diese Jäger!“

Als sie die irritierten Blicke ihrer Zuhörer sah, erläuterte die Frau:

„Es ist ihr Name! Dieser alte Mann heißt Gerard ARGENT; das ist französisch und bedeutet ganz schlicht Silber! Aber das Gift an der Kugel, welche Derek getroffen hat, wird mit Sicherheit ebenfalls Wolfswurz gewesen sein. Es ist nämlich die einzige Substanz, die einem Werwolf wirklich schaden kann, doch während es für Menschen bereits in kleinsten Mengen tödlich ist, macht bei einem Wolf die Dosis das Gift! Eine Spur davon in einem Glas Alkohol beispielsweise schwächt das Abwehrsystem des Werwolfes so weit, dass er betrunken werden kann. Ansonsten würde sein Körper die Wirkung des Gesöffs sofort neutralisieren. Wenn du aber beispielsweise eine Gewehrkugel damit präparierst und auf einen Werwolf schießt, wird es ihn langsam und qualvoll in spätestens achtundvierzig Stunden töten. Insofern hat Derek großes Glück gehabt und du hast alles richtig gemacht Stiles, als du die Wunde ausgebrannt hast, so dass das Gift sich nicht weiter ausbreiten konnte.“
 

Derek zuckte bei der Erinnerung an den Schmerz, den er bei dieser Prozedur empfunden haben musste noch einmal zusammen und Emma streichelte ihm beruhigend Wange.
 

Danny forderte von seiner besten Freundin:

„Erzähl weiter! Was ist damals mit deinem Freund Jessie passiert, Emma? Was haben die Jäger mit ihm gemacht?“
 

Emma seufzte schwer und es wirkte, als müsse sie sich zunächst einmal ein wenig sammeln, ehe sie in ihrer Erzählung fortfahren konnte:

„Nach dem Festival hat Jessie mich wieder nachhause gefahren. Natürlich waren meine Eltern stinksauer auf mich. Und obwohl er mir geholfen und mich heimgebracht hat, waren sie alles andere als einverstanden mit meinem neuen Freund. Er war damals immerhin schon einundzwanzig Jahre alt und ich war vor dem Gesetz noch ein Kind. Mein Vater hat sogar eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch gegen Jessie erstattet, doch damit ist er zum Glück nicht durchgekommen, weil ich den Beamten versichert habe, dass alles, was zwischen uns beiden geschehen war einvernehmlich passierte und weil ich, wie eine ärztliche Untersuchung gezeigt hat, auch noch Jungfrau gewesen bin. Mein Jessie war nämlich ein perfekter Gentleman, der mich niemals zu etwas gedrängt hätte; eher im Gegenteil: Er war dieser altmodische, ritterliche Typ, was eigentlich so gar nicht in die wilden siebziger Jahre zu passen schien. Er war ein echter Anachronismus! Ich habe ihn dafür geliebt. Und manchmal habe ich ihn auch genau dafür gehasst!“ Emmas Miene war tief bewegt und sie blinzelte ein paar Tränen fort, atmete tief durch und fuhr fort: „An meinem sechzehnten Geburtstag musste ich schließlich alle Register ziehen, damit er dann endlich mit mir schläft, denn ich wollte einfach nicht mehr die einzige Jungfrau in meiner Klasse sein! Er war so wahnsinnig sexy und ich war verrückt nach ihm! Jessie hatte allerdings wahnsinnig große Angst, es könne zu früh für mich sein, oder dass er mir irgendwie weh tun könnte, dabei wollte ich ihn von der ersten Sekunde an. Und soll euch etwas verraten Jungs: Unser erstes Mal war wie aus dem Märchenbuch! Wir haben es auf einer Waldlichtung unter den Sternen getan, haben uns viel Zeit gelassen, es war eine von diesen lauen Sommernächten....“ Emma seufzte tief: „Ich habe nie wieder einen Liebhaber wie Jessie gehabt. Er war unglaublich aufmerksam, vermutlich auch aufgrund seiner überlegenen Sinne, aber auch deswegen, weil er mich wirklich geliebt hat! In einer Zeit in der es hieß: `Wer zweimal mit demselben pennt, gehört schon zum Establishment!´ haben Jessie und ich unsere wunderbare, innige, romantische und mongame Liebesgeschichte gehabt. Wir waren sieben unglaublich schöne Jahre zusammen, hatten gerade ein Haus gekauft und wollten heiraten, als Gerard Argent kam und... und die große Liebe meines Lebens...“

Emmas Stimme brach und sie verbarg ihr Gesicht hinter ihren Händen, damit niemand sah, dass sie weinte.
 

Danny hockte sich an die Seite seiner Freundin und nahm sie in die Arme.
 

Etwa eine Minute lang konnte Emma es ertragen, sich trösten zu lassen, ehe sie ihre Fassung wiedererlangte, Danny abschüttelte und ihre Erzählung beendete:
 

„Nach Jessies Tod wollte ich einfach nur noch so weit weg, wie nur irgend möglich und gelandet bin ich schließlich hier in Alaska. Ich habe nie wieder zurückgeblickt!“

Sie straffte sich, ergriff Dereks Hand und erklärte fest:

„Aber diesen Werwolf bekommt Gerard Argent nicht; das schwöre ich dir, Süßer! L´il Emma und ich werden dich beschützen, hörst du?“
 

Derek blickte sie an, wie ein zerzaustes, kleines Lämmchen und da stieß Emma ein kleines, gutmütiges Lachen aus und drückte dem Werwolf ein Küsschen auf die Wange.
 

Stiles beobachtete das Ganze skeptisch und brummte dann:

„Du magst ja gute Erfahrungen mit Werwölfen gemacht haben, Emma, aber ich weiß immer noch nicht genau, was ich von dieser ganzen Sache halten soll. Miguel... uhm... ich meine Derek hat mir über Wochen vorgemacht, dass er ein Tier sei! Er hat sich mein Vertrauen erschlichen und ich will wissen WIESO! Warum hast du das gemacht, Derek! Warum hast du mich derart angelogen?“
 

Die Verletzung in Stiles Stimme war nicht zu überhören, doch seine einzige Antwort war der gleiche scheue Lämmerblick, den zuvor bereits Emma erhalten hatte, nur dass der Biologe sich davon nicht einfach so einwickeln lassen würde. No Sir!

„Nun schau nicht so, sondern antworte mir lieber? Was willst du von mir? Ist das irgendein Trick? Willst du mir vielleicht etwas antun?“ bellte er.
 

Noch mehr vom `Schweigen der Lämmer´, doch nun mischte Danny sich ein:
 

„Jetzt sei doch nicht so hart zu ihm, Stiles! Du siehst doch, dass Derek das Sprechen nicht so leicht fällt und er sich erst wieder an das Menschsein gewöhnen muss!“
 

„Ich muss aber wissen, was hier gespielt wird!“ beharrte Stiles: „Ich habe ihm vertraut! Ich dachte, er wäre mein Freund und nun weiß ich gar nichts mehr!“
 

„Ich BIN dein Freund!“ flüsterte Derek und sah dabei aus, wie ein geprügelter Hund.
 

„Dann beweis´ es! Erzähl´ mir etwas von dir! Und ich rate dir, sag´ lieber die Wahrheit!“ bellte Stiles erbost.
 

Nun schaltete Emma sich ein:

„Halt die Klappe, Stiles! Brüll´ ihn nicht so an! Spürst du denn nicht, dass der arme Kerl total traumatisiert und verwirrt ist? Aber ich denke, ich weiß vielleicht, was mit ihm los ist.“ schalt sie den Biologen, wandte dann ihre gesamte Aufmerksamkeit dem Werwolf zu und fragte sanft:

„Wie alt bist du, Süßer?“
 

„Ich bin sechzehn, Ma´am!“ behauptete Derek, obwohl jeder, der Augen im Kopf hatte sehen konnte, dass dies nicht stimmen konnte.
 

Stiles wollte gerade Protest einlegen, doch Emma brachte ihn mit einer gebieterischen Geste zum Schweigen und fragte stattdessen weiter:

„Und weißt du auch, welches Jahr wir haben, Derek?“
 

Der Werwolf schaute sie verdutzt an und antwortetet dann wie selbstverständlich:

„Zweitausendsieben, Ma´am!“
 

Emma seufzte traurig, nahm liebevoll das vollbärtige Gesicht des Werwolfs in ihre Hände und erklärte so sanft, wie möglich:

„Du bist sehr, seeehhr lange ein Wolf gewesen, mein Kleiner! Du bist nicht sechzehn, sondern sechsundzwanzig! Wir schreiben das Jahr Zweitausendsiebzehn!“
 

Dereks Augen weiteten sich vor Schreck und dann behauptete er:

„Das ist nicht wahr! Das ist eine Lüge! Das ist einfach nicht wahr!“
 

Emma schickte Danny los, einen Spiegel zu besorgen und als Derek sich darin betrachtete, schien er sich selbst nicht zu erkennen. Er berührte seinen Bart, fuhr die eigenen, unbekannten Gesichtszüge nach und blickte dann fassungslos zu Emma hinüber.
 

„Das muss sehr verwirrend für dich sein, richtig?“ stellte die Frau mitfühlend fest: „Wo ist denn dein Rudel? Wo bist du zuhause, Derek?“
 

Es war nicht zu übersehen, dass diese Frage ein Wespennest war und um den Werwolf abzulenken, schlug Emma vor:

„Was hältst du denn davon, wenn ich mich erst einmal um das Chaos auf deinem Kopf kümmere? Stiles hat bestimmt irgendwo Kamm, Bürste und Schere für uns, nicht wahr?“
 

Der Biologe nickte und lief los, um die geforderten Gegenstände zu besorgen.
 

Emma machte es sehr gut mit Derek. Sie entwirrte das Haar mit sanfter Hand, streichelte den Werwolf zwischendurch gelegentlich, schenkte ihm ein mütterliches Lächeln ab und an und in der Summe bewirkte dies, dass Derek wieder ganz ruhig wurde.
 

Das Haar war letztlich zu verfilzt, als dass Emma viel davon retten konnte, doch sie verpasste dem Werwolf letztlich einen sehr annehmbaren Kurzhaarschnitt und hielt ihm anschließend den Spiegel vor, damit er sich darin bewundern konnte:

„Und was ist mit dem Bart, mein Hübscher? Soll er so lang bleiben, willst du ihn kürzen, oder ganz und gar abrasieren?“ wollte die Frau wissen.
 

Derek zuckte ratlos mit Schulter, also mischte Danny sich ein:

„Ich wette, mit einem gepflegten Drei-Tage-Bart würdest du richtig heiß aussehen!“

Er holte sich Stiles Rasierer aus dem Bad, nahm Emma Schere und Kamm ab, hockte sich vor Derek und fragte:

„Darf ich?“
 

Der Werwolf schenkte dem Lieferanten einen finsteren Blick und gab ein leises Knurren von sich, doch davon ließ Danny sich nicht beirren:

„Stell´ dich nicht so an, Grummelwolf! Ich weiß was ich tue! Und wehe, du beißt mich! Da kann ich sehr ungemütlich werden!“

Nachdem das gesagt war, machte Danny sich ans Werk.
 

Stiles musste zustimmen, dass Haarschnitt und Bartfrisur Derek wirklich ausgezeichnet standen. Ja, er würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er ein ziemlich attraktiver Mann war!

Und der Biologe wusste selbst nicht genau, warum ihn das auf einmal so nervös machte.

Er bestimmte:

„Jetzt wird es aber auch Zeit, dass du dir endlich etwas anziehst. Du hast schließlich kein Fell mehr, also los! Mach schon!“
 

Emma und Danny lachten und der Lieferant kommentierte:

„Also, ich habe gegen diesen Anblick wirklich absolut nichts einzuwenden! Bleib ruhig so, Derek!“
 

Stiles stellte fest, dass er ärgerlicherweise knallrot wurde, als er hilflos erwiderte:

„Aber es gehört sich nicht, nackt herumzulaufen! Außerdem ist immer noch Winter und es gibt an den Sachen, die ich ihm hingelegt habe doch überhaupt nichts auszusetzen!“
 

Danny warf einen Blick auf den Kleiderstapel und urteilte:

„Na ja, es ist nicht wirklich seine Farbe!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YumeKahoko
2018-02-21T10:40:35+00:00 21.02.2018 11:40
Huhu!
Hab mich mal wieder zu Sterek verirrt. Du bist schuld du schreibst einfach zu gut XD
Ehrlich ich hab die Ff gestern in einem durchgezogen, weil es einfach so toll war und ich konnte nicht aufhören<3
Deswegen hoffe ich natürlich, dass es schnell weitergeht hihi :D
Und zu der Nacktheit von Derek...Also Ich frag mich dann eher, wie die beieinander schlafen...ob Derek so überhaupt noch zu ihm ins Bett darf XP
Also ganz toll mach weiter so :)

LG Yume-chan
Antwort von:  GingerSnaps
21.02.2018 12:13
Fortsetzung kann ein bisschen dauern, weil ich gerade ein bisschen an Bronchitis sterbe! ;-) Schreiben ist gerade leider nicht.
Das ist übrigens der Plan: Ich gebe mir beim Schreiben ganz viel Mühe, ihr werdet alle süchtig und dann übernimmt Sterek die Weltherrschaft (Aber pst! Nicht weitersagen!;-)
Nein, Blödsinn! Ich freue mich sehr, dass es dir gefallen hat und vielen Dank für den Favoriteneintrag!
Lustig, dass du nach der Bettenregelung fragst, denn genau dazu werde ich natürlich auch etwas Schreiben. :-DD
LG, Ginger
Von:  CharlieBlade1901
2018-02-15T23:15:10+00:00 16.02.2018 00:15
Charlie: „Sein wir doch mal ehrlich zu uns selbst. Wer hat schon was dagegen, dass Derek nackt rum läuft? Ich mit Sicherheit nicht. Ggggggrrrrr.“
Danny: „Stimme zu.“
Emma: „Bin dafür.“
Stiles: „Ihr verschwört euch echt gegen mich?“
Charlie: „Un diesen wundervollen Anblick bei zubehalten? Jjjjjaaa!“
Antwort von:  GingerSnaps
16.02.2018 06:18
Vielleicht hat Stiles ja nur etwas dagegen, dass sie Anderen Derek nackt sehen. Schon mal darüber nachgedacht? :-D
Antwort von:  CharlieBlade1901
16.02.2018 09:40
Nö! Ist doch egal. Wäre gutes Aussehen ne Folter, könnte er mich ruhig Stunden lang an die wand ketten.
Antwort von:  GingerSnaps
16.02.2018 13:52
Ich nehme aber an, Stiles denkt, der Anblick gebührt nur ihm allein, also wendet gefälligst alle drei euren Blick ab!
Antwort von:  CharlieBlade1901
16.02.2018 16:18
Charlie: „Aber meine Fans verlassen sich auf solche Bilder.“
Derek: „That is corect.“
Stiles: „Hör auf ihn in Schutz zu nehmen.“
Derek: „Würdest du auch wenn du wüsstest, dass er dich immer und jederzeit Boxen würde.“
Charlie: (Zunge raus Streck.)


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