LABELS von Renalanfordgirl (SasuSaku | NaruHina | NejiTen | ShikaTema | InoSai) ================================================================================ Prolog: Streber --------------- Es klingt alles immer ein bisschen falsch. Dieses soziale Gleichgewicht, in dem wir fünf uns bewegen, erscheint im ersten Moment aus einem High School Film zu stammen. Zwei von uns, sind die Mädchen, die du noch vor dem Unterricht auf dem Gang triffst und die dich lächelnd nach deinem Wochenende fragen. Zwei von uns sind immer zu spät im Unterricht und ziehen alle Blicke auf sich. Eine von uns rollt nur mit den Augen und konzentriert sich wieder auf die Tafel vor sich.             Streber. Tussi. Spaßbremse. Mannweib. Miststück. Klischees, Klischees und doch funktioniert ist. Wie sieht die schon wieder aus?, fragen wir uns selbst, während wir in unseren Köpfen eine nach der anderen runter machen, weil sie anders ist. Und doch wie alle anderen, denn in unseren Köpfen sind wir das einzige Mädchen, welche nicht wie andere Mädchen ist. Die Eine. Die Protagonistin aus jedem High School Film.             So einen Rock würde ich niemals anziehen. Merkt ihr was?             Er ist viel zu… [] lang [x] kurz. Die Rechnung geht auf, eben weil sie nicht stimmt. Weil wir uns immer im gleichen Kreis bewegen, fühlen wir uns wie in einer Nische, wie die Ausnahme – und alle ,die nicht zu uns passen, sind Die Anderen, der Mainstream. Jeder spielt dieses Spiel mit. Jeder ist Teil des Mainstreams für die einen, Teil der Außenseiter für die anderen. Wir fünf sind nicht einmal befreundet. Wir reden kaum miteinander, weil unsere Kreise sich nicht überschneiden – und das ist, wo unsere Geschichte beginnt. Denn wenn eine Komponente sich ändert, bricht die gesamte Rechnung in sich zusammen und muss geändert werden. In unserem Fall hieß diese Komponente Sakura – 18 Jahre alt, Lehrerliebling, blond. Einser-Durschnitt. Streberin. Jemand, von dem Lehrer blinden Gehorsam erwarten und es gewohnt sind ihn zu bekommen. In unserer zweiten Woche passierte jedoch das unmögliche,             „Das ist niemals im Leben meine Arbeit. Das habe ich nicht geschrieben und Sie wissen das, Herr Mizuki.“ Sakura fiel durch unsere erste Englischarbeit.             „Vielleicht hätten Sie ein bisschen mehr lernen sollen, anstatt ihre Energie daran zu verschwinden mich anzuschreien.“ Sakura macht einen Aufstand vor der gesamten Klasse.             „Vielleicht sollten Sie einfach ihre verfickte Arbeit machen anstatt mich zu verarschen.“ Sakura zerriss ihre Arbeit vor den Augen unseres Lehrers und stapfte wütend aus dem Klassenzimmer. Der Streber hatte so eben seinen Thron verlassen und Raum für jemand anderen gemacht. In jenem Moment, an dem sie nicht einmal teilhaben konnte verlor Sakura alles…             Ihren guten Ruf bei den Lehrern. Das Ansehen der „Intellektuellen“. Und, zu guter Letzt ihren Titel, der sie bis dahin durch das Leben gebracht hatte. Nicht länger würden wir sie mit Büchern und Fleiß in Verbindungen bringen.             „So eine Zicke.“ Streber. Tussi. Spaßbremse. Mannweib. Miststück. Nein. Sakura Haruno war von nun an als die Zicke bekannt – und das ganze Gleichgewicht der Konoha Oberschule musste nun geändert werden. Und wir fünf? Wir würden aufeinander knallen ,wie es nur eine Naturkatastrophe tat. Kapitel 1: Spaßbremse I ----------------------- Spaßbremse I Oder: Was innerhalb von 35 Minuten auf dem Mädchenklo passieren kann   Die Toilettenkabine ist so aufgeheizt, dass ein kleiner Teil von mir die Tür wieder aufstoßen möchte. An sich ist das gar kein Problem, schließlich befinde ich mich im vierten Stock und der ist eigentlich wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Ein perfekter Rückzugsort, wenn man einen Nervenzusammenbruch hat. Schluchzend versuche ich das nächste Wimmern zu unterdrücken und merke, wie mir die Tränen wieder die Wangen herunterlaufen. Das Mädchenklo ist nicht besonders groß. Fünf Toilettenkabinen stehen auf der einen Seite der Wand, dem gegenüber drei Waschbecken und Spiegel.   „M-mist!“, fluchend greife ich nach der Rolle Klopapier und wische mir die Tränen ab. Ich habe noch  genau 45 Minuten bevor die nächste Stunde losgeht und mein Herz schlägt momentan so schnell ,dass ich bezweifle es rechtzeitig zu schaffen. Mein Handy halte ich zitternd in meiner Hand, ich drücke immer wieder den Home Button, um zu sehen, ob Neji mir nicht vielleicht noch einmal schreibt. Mir vielleicht doch zuhört.               Es ist nur eine Party. Das heißt nicht, dass du dran teilhaben musst. Ich habe Sasuke bereits unser Haus zugesagt.   Unser Haus! Nur, weil mein Vater gerade auf Geschäftsreise ist, schafft Neji es, sich so aufzuspielen. Als ältester und einziger Mann im Haus, hat mein Vater ihn beauftragt auf Hanabi und mich aufzupassen und hier sehen wir, was passiert – er sagt Sasuke zu, dass er die größte Party des Jahres in unserem Wohnzimmer halten kann.               Reiß dich zusammen! Kein Wunder, dass du keine Freunde hast.   Mein Blick haftet an seiner letzten Nachricht und meine Sicht verschwimmt erneut. Vielleicht weil es wahr ist? Ich weiß selber, dass ich meinen Mund nicht aufbekomme. Das Ergebnis? Niemand möchte wirklich etwas mit mir zu tun haben.               „Mist!“, fluche ich erneut und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Die Hitze der Kabine macht es noch schwerer zu atmen. Der Regen prasselt laut gegen die Fenster. Seit heute früh regnet es wie in Strömen, dass ich es auf meinem Fahrrad nicht wirklich trocken zur Schule geschafft habe. Selbst jetzt sind meine beiden Zöpfe noch klitschnass. Wimmernd beiße ich mir auf die Lippe, als ich plötzlich höre, wie die Tür lautstark geöffnet wird.   Ich presse die Hand gegen meinen Mund und warte ab. Jemand atmet laut aus, läuft an meiner geschlossenen Tür vorbei. Das Rascheln einer Tüte macht mich hellwach und noch mehr aufmerksam darauf, dass ich gerade versuche, die Luft anzuhalten. Nichts geschieht, die Tür neben mir wird nicht geöffnet, der Wasserhahn nicht betätigt. Ich wage es nach der Tür zu greifen und sie nur einen Spalt aufzuschieben.   Vor einem der Spiegel steht Sakura. Mein Magen dreht sich um, als ich sehe wie sie eine kleine Schachtel vor sich hinstellt und sich die Haare beginnt zu kämmen. Sie trägt ein Paar einfache Handschuhe. Ich runzle die Stirn und blinzle einige Tränen weg, um besser sehen zu können. Ist sie…ist sie etwa dabei sich die Haare zu färben? Tatsächlich zieht sie wenig später eine knallpinke Tube hervor und beginnt sich damit die langen Haare einzustreichen. Während sie großzügig den Oberkopf behandelt, scheint sie weniger und weniger Farbe für den hinteren Teil übrig zu haben.   Ich schäme mich ein bisschen, ihr einfach so zuzusehen. Aber was soll ich sonst machen? Wenn ich die Kabine verlasse, weiß sie, dass ich mich hier verstecke. Seit gestern habe ich wirklich nicht vor, es mir mit ihr zu verscherzen. Ich hätte nie gedacht, dass jemand wie Sakura so ausrasten kann.   Die Tür wird ein weiteres Mal geöffnet. Ich ziehe meine Kabinentür etwas mehr zu mir, klammere mich zitternd an den Türgriff.             „Was zum Teufel machst du hier?“   Es ist nicht schwer, die Stimme jemanden zuzuordnen. Temari ist erst dieses Schuljahr in unsere Klasse gekommen und ich habe eine Heidenangst vor ihr. Auch heute trägt sie wieder einen viel zu kurzen Rock, der mit jedem Schritt beinahe hochzurutschen und ein paar kaputter Netzstrümpfe. Sakura hingegen scheint sich nicht von ihr einschüchtern zu lassen, oder es besser runterzuschlucken. Sie strafft den Rücken und dreht sich demonstrativ wieder zum Spiegel,             „Das geht dich gar nichts an.“   Ein leises Lachen verlässt Temari’s Kehle, als sie an ihr vorbeigeht und eine Zigarettenschachtel aus ihrer Rocktasche zieht,             „Noch immer so zickig wie gestern? Mensch, da bekommt man ja fast Angst“, selbstbewusst setzt sich auf das Fensterbrett und beginnt ohne mit der Wimper zu zucken sich ihre Zigarette anzuzünden, „Mach ruhig weiter, lass dich von mir nicht stören.“               „Mach das aus“, Sakura lässt den Farbpinsel ins Waschbecken fallen, „Hast du eine Ahnung, was passiert, wenn man uns hier erwischt und das ganze Bad nach Rauch stinkt?“               „Die werden uns nicht erwischen“, Temari bläst entspannt den Rauch aus, „Was meinst du, warum du und ich hier beide sind? Weil wir wissen, dass hier niemand reinkommen wird.“   Mein Handy beginnt genau in diesem Moment zu klingeln. Chopin klimpert fröhlich vor sich hin, während Sakura sich umdreht und genau in meine Augen blickt. Nervös versuche ich das Handy abzuschalten, aber natürlich geht in dieser Sekunde alles zu schnell – ich weiche von der Tür zurück, welche aufschlägt, um noch mehr zu zeigen, dass ich gerade alles belauscht habe. Laut fällt das Handy auf den Boden. Eine Sekunde später tönt Tentens Stimme laut durch das geflieste Schulklo, was ihre Stimme nur noch mehr hallen lässt,             „Hinata, wo bist du verdammt nochmal? Neji kann dich nirgendwo finden und-“   Sakuras Augen sind geweitet, eine ihrer Augenbrauen huscht nach oben an ihren klebrigen Haaransatz. Vorsichtig beuge ich mich nach unten.               „Das lässt du schön liegen“, summt Temari und steht aus ihrer Ecke auf. Sie streckt mir ihre Hand entgegen und wortlos reiche ihr mein Telefon. Mit einem süßlichen Lächeln nimmt Temari den Anruf an,             „Mach dir keine Gedanken, Tenten, Hinata ist bei mir und Sakura in den besten Händen. Sie wird nach der Pause schon wieder da sein und Neji ist hier eindeutig nicht erwünscht. Liebe Grüße“, mit der Zigarette in der einen, meinem Handy in der anderen Hand, sieht sie mir kalt in die Augen und legt auf,             „Kleines, Lauschen geht bei mir gar nicht“, sie gibt mir mein Handy zurück. Ich habe vieles von Temari gehört und all diese Gerüchte klingeln jetzt wild durcheinander durch meinen Kopf. Ich habe gehört, sie hatte etwas mit drei Kerlen gleichzeitig, welche sich um sie geprügelt haben. Ich habe gehört, sie ist sitzen geblieben, weil sie einem anderen Mädchen das Leben zur Hölle gemacht hat. Ich habe gehört, sie nimmt Drogen. Ich habe gehört, dass, sobald sie dich nicht leiden kann, sie dich dazu bringen kann es zu bereuen, dass du geboren wurdest. Nicht, dass sich Temari bei mir da groß anstrengen müsste. Das schaffe ich auch ganz alleine.               „E..es tut mir leid, ich…ich wollte nur alleine sein und…und dann hab ich mich nicht rausgetraut und…“, ich klammere mich nervös an mein Handy und weiche etwas mehr in die Kabine zurück.               „Kommt mal bitte beide runter“, seufzt Sakura und versucht sich durch die Haare zu fahren. Ich versuche ihr nicht zu sagen, dass die untere Hälfte ihrer Haare zum Teil noch immer blond ist, „Hinata, Temari hat sicher nicht vor, dich zu verprügeln oder so. Und Temari, du kennst Hinata. Sie kann niemanden was zu leide tun. Wem soll sie das denn bitte stecken? Einem der Lehrer?“   Kein Wunder, dass du keine Freunde hast.   Nejis Nachricht erscheint erneut vor meinem inneren Auge. Wie ein Versager beginne ich zu weinen und presse meine Hand erneut gegen den Mund. Für eine Sekunde schauen mich beide Mädchen nur verdutzt an.   Warum hab‘ ich mich auch nicht im Griff? Warum schaffe ich es nicht, diese dummen Tränen abzustellen?               „H-hey, jetzt heul doch nicht gleich los, das bringt doch nichts“, für einen Moment wirkt es, als hätte Temaris Stimme an Härte verloren. Ihre grünen Augen springen von einem Fokuspunkt zum nächsten, aber sie schafft es partout nicht, mich wieder anzusehen. Was mir ganz lieb ist, denn nichts ist schlimmer, als beim Heulen auch noch angestarrt zu werden,             „Du hättest sie halt nicht so anpöbeln sollen“, feixt Sakura zurück, „Ist doch klar, dass Sie da Angst kriegt!“   Die Unsicherheit verschwindet aus Temaris Blick. Sie rutscht von lauwarm wieder zurück auf eiskalt und tritt einen Schritt auf Sakura zu,             „Kannst du vielleicht mal aufhören dich für was Besseres zu halten? Du kannst dir ja nicht mal die Haare ordentlich färben!“   Sakura wird totenblass und fasst sich an den Kopf,             „Fuck!“   Sie rennt zum Spiegel zurück, während Temari ihre Zigarette austritt und die Sache grinsend betrachtet. Meinen Tränen wird dem Himmel sei Dank keine Beachtung mehr geschenkt. Viel eher konzentrieren wir beiden uns darauf, wie Sakura panisch beginnt ihre Haare auszuwaschen.  Die Tür wird ein weiteres Mal aufgestoßen. Sowohl Temari als auch ich bleiben überraschend ruhig.   Das ganze Drama eben hat mir für einen Moment gereicht.   Tenten ist die Erste, die hereinstürmt und niemand anderem als Temari ihre Beachtung schenkt. Ihre Schultern sind komplett gerade, doch ich bemerke, wie sie ihre Hände zu Fäusten ballt. Tenten und ich sind nicht wirklich befreundet, doch sie ist oft bei uns zu Hause. So ein bisschen als sei sie Nejis Schatten, wo er ist, findet man sie ebenfalls in der Nähe. Mit Mädchen gibt sie sich nicht wirklich ab.             „Ich hoffe mal, dass du Hinata nichts angetan hast, denn sonst bekommst du es mit mir zu tun.“               „Tenten, mach mal langsam“, hinter ihr betritt Ino das verlassene Badezimmer. Wie jeden Tag ist sie perfekt geschminkt und kommt auf hohen Schuhen zum Unterricht. Nach Ino sehen sich fast alle Kerle um. Selbst Neji kommentiert ab und an, dass er sie heiß findet. Allerdings ignoriert sie mich meistens, während sie mich heute sofort ansieht,             „Was auch immer dich so aufregt, sie sieht weder verletzt aus, noch verängstigt. Obwohl…“, mit einer Selbstverständlichkeit berührt sie meine Wange und betrachtet dann ihren Finger,             „Geweint hast du schon. Brauchst du ein Taschentuch?“   Eine neue Art der Stille beginnt sich zwischen uns zu verbreiten. Vielleicht, weil den anderen, genauso wie mir auffällt, wie absurd das hier alles ist. Hier stehen wir – Miststück, Streber, Mannweib, Tussi und Spaßbremse, alle zusammen auf dem Mädchenklo, welches gerade geschlossen ist. Wütend, aufgewühlt, verwirrt, amüsiert.  Ich schüttle langsam den Kopf,             „Nein, danke.“   Mit einem zufriedenen Grinsen dreht sich Ino zu den anderen herum, nur um in Gelächter auszubrechen. Tenten, Temari und ich folgen ihren Blick, um Sakura entgegen zu blicken. Das Pink hat es etwa bis zu ihren Schultern geschafft gleichmäßig verteilt zu bleiben.  Der Rest ihrer Haare ist nur teilweise gefärbt, einige Strähnen durch den ganzen Aufruhr sind sogar hellblond statt pink geblieben. Allerdings passt Pink auch nicht mehr richtig. Bonbonrosa trifft es da eher.               „Was hast du denn hier veranstaltet, Stirnie?“, lacht Ino schadenfroh und geht an ihr vorbei. Gelassen lässt sie ihre Hand an den dreckigen Kacheln vorbei gleiten, ehe sie links neben dem Spiegel stehen bleibt. Hinter ihrer Hand gibt die Fliese nach und fällt nach hinten. Ohne auch nur den Blick von uns abzuwenden zieht Ino eine Lidschattenpalette hervor. Bunkert sie hier ihr gesamtes Make-Up?,             „Sollte das Ombré werden? Wenn ja, hast du da leider sehr ins Klo gegriffen. Hoffentlich nicht wirklich.“   Sakura dreht sich nervös zum Spiegel zurück und beginnt auf ihre Unterlippe zu beißen. Wieder und wieder beginnt sie sich mit ihren Händen durch die Haare zu fahren. Ein leichtes Lachen entweicht Temari nun ebenfalls. Neben mir beginnt Tenten zu Seufzen und zieht ihr Handy hervor.               „Es sollte Pink werden“, Sakura scheint mehr mit sich selbst als mit uns zu sprechen, „Warum ist es nicht pink?“               „Zu früh ausgewaschen, Püppchen“, zwinkert Temari ihr zu, während Ino beginnt sich im Spiegel neben Sakura zu schminken, „Du hast es nicht lange genug einwirken lassen. Statt Pink nur rosa.“   Tenten räuspert sich,             „Du hast übrigens noch zehn Minuten, bis es klingelt. Danach müssen wir zurück in den Unterricht. Vielleicht solltest du das noch aufräumen. Und die Haare trocknen. Nur so nebenbei.“               „So kann ich doch nicht in den Unterricht!“, Sakuras Stimme bebt nun fast. Ich erkenne sie seit zwei Tagen sowieso nicht wieder aber das ist fast zu viel. Normalerweise hat sie immer so kühl gewirkt und gefasst. Jetzt ist sie ein Bad der Emotionen, „Die werden mich alle anstarren!“               „Tun sie eh schon. Sieh es als Kompliment“, aus dem Loch in der Wand zieht Ino etwas Puder hervor, „Seit gestern bist du eh das Gespräch der Klasse.“               „Na super.“               „Selbst Schuld“, stimmt Temari Ino zu. Letztere hebt verdutzt eine Augenbraue an und sieht über ihre Schulter hinweg, nur, um sicherzugehen, dass sie sich nicht verhört hat, „Warum ziehst du auch so ein Drama wegen einer schlechten Note ab?“               „Es ist unser Abschlussjahr, Temari. Jede Note zählt.“               „Dann fang den Streit mit Herrn Mizuki im Privaten an und nicht vor allen. Und färb dir nicht die Haare in der Hofpause, sondern beim Friseur oder zumindest zu Hause“, mit einem genervten Stöhnen beugt sie sich nach vorne und hebt den Zigarettenstummel auf. Zumindest denkt sie daran, ein paar ihrer Beweise zu vernichten.   Das Herz in meiner Brust zieht sich nervös zusammen und mein Hals beginnt wehzutun. Mir ist bewusst, dass ich schon eine Weile nichts mehr gesagt habe. Je länger ich mit anderen Leuten zusammen bin, umso mehr fühle ich mich fehl am Platz. Weiß nicht richtig, was ich groß sagen soll, um zum Gespräch beizutragen, bin mir aber auch sicher, dass still bleiben genauso falsch ist,             „D-..du könntest zumindest die blonden Strähnen wegschneiden?“   Vier Augenpaare scheinen auf mich gerichtet zu sein und ich möchte mich wieder einschließen. Ich kann diese Blicke nicht lange ertragen. Wahrscheinlich denken sich mindestens zwei von ihnen schon, dass ich besser die Klappe halten sollte.             „Also…ein Bob oder sowas?“, fragte Sakura stattdessen, „Dass es gleichmäßig ist?“               „Ich hab sogar eine Schere“, grinst Ino und zieht diese ebenfalls aus ihrem Geheimfach.   Tentens Augen weiten sich ein wenig, während sie ihr Handy zurück in ihre Hosentasche gleiten lässt,             „Wenn du aus deinem Geheimfach jetzt noch einen Föhn ziehst, bist du in meinem Kopf gerade noch höher im Ansehen gestiegen.“               „Ein Föhn passt nicht wirklich in das Loch rein. Und alles, was ich nicht wirklich schließen kann, möchte ich da auch nicht liegen lassen.“               „Wenn ihr jetzt alle hier Friseur spielt“, zischt Temari und lässt ihren ausgebrannten Zigarettenstummel in den Mülleimer fallen, „Kann ich mich ja inzwischen verziehen. Auf solche Teekränzchen habe ich nicht wirklich Bock. Aber danke für das Gespräch“, von der Unsicherheit, die sie vorhin an sich zu haben schien, ist nichts mehr zu erkennen, stattdessen macht sie sich bereits Richtung Ausgang auf.               „Tatsächlich gehe ich denke ich auch lieber“, gesteht Tenten und wirft mir ein schiefes Grinsen zu, „Neji und ich wollten nur sehen, ob es dir gut geht, also sage ich ihm lieber Bescheid. Ich hab nicht wirklich Lust mir Ärger einzuhandeln“, sie schließt nicht zu Temari auf, sondern wartet, bis diese den Türrahmen erreicht hat.               „Ja klar, lasst uns einfach zusehen, wie Sakura sich alleine die Haare abschneidet“, rollt Ino mit den Augen, „Stirnie, setz dich einfach kurz hin und ich kümmere mich rum.“               „Ich lasse mir garantiert nicht von dir die Haare schneiden.“               „Gut, dann sehe ich eben doch zu, wie du es alleine machst.“   Ich weiß nicht, ob ich verletzt oder beruhigt darüber sein soll, dass sie nicht mal daran denken, dass ich vielleicht auch helfen könnte. Ich habe noch niemanden die Haare geschnitten und möchte heute nicht damit anfangen, aber es scheint, dass ich nach meiner kleinen Sprechrolle sofort wieder in den Hintergrund treten kann. Selbst Tenten war schließlich nur wegen Neji hier. Nicht meinetwegen.               „Scheiße, Herr Sarutobi ist hier!“, keucht Temari und rennt wieder zu uns zurück. Sie schubst Tenten beinahe in mich hinein, welche einen Fluch geradeso unterdrück. Reflexartig wirft Sakura ihre Utensilien in den Mülleimer und sieht uns auffordernd an,             „In die Kabinen, sofort!“, sie packt mich an meinem Handgelenk und zieht mich in meinen Rückzugsort zurück. Links und rechts von uns schlagen die Türen ebenfalls zu, das Echo von Inos Absätzen schallt durch den Raum. Gemeinsam klettern Sakura und ich auf den Toilettendeckel und pressen uns an die Kabinenwände. Mir fällt erst jetzt auf, wie dünn sie sind, als mein Ohr an ihnen anlegt   Herr Sarutobi tritt hörbar in den Raum. Er gibt sich nicht sonderlich mühe leise zu sein, aber er läuft langsam. Ich mag den Unterricht bei ihm eigentlich sehr gerne – er ist hart, aber fair und überraschenderweise doch noch irgendwie entspannt.   Mir fällt auch jetzt erst auf, wie scheußlich es hier stinkt – eine merkwürdige Mischung aus Inos Vanille-Parfüm, Sakuras Haarfärbemittel und Temaris Zigarettenqualm. Herrn Sarutobi scheint dies ebenfalls aufzufallen. Er bleibt stehen. Sakura deutet mir zu Schweigen, als ob ich nicht selbst darauf kommen würde. Zum zweiten Mal halte ich den Atem an, während die Schritte an den Kabinen vorbei und Richtung Fenster ziehen,             „Es ist viel zu stickig hier drinnen“, murmelt unser Lehrer zu sich selbst und öffnet eines der Fenster. Draußen schüttet es noch immer so stark, dass ich es bis hier hören kann. Die drängende Hitze presst sich an meinen Körper und macht die Angst nur größer,             „Zu dumm, dass wir hier nicht abschließen dürfen.“   Die Schritte gehen ein weiteres Mal an den Kabinen vorbei und entfernen sich mehr uns mehr von uns. Wahrscheinlich denkt er, er hätte uns gerade verpasst – schließlich beginnt der Unterricht in wenigen Minuten. Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf Sakuras Lippen.   Und in diesem Moment beginnt Chopin ein weiteres Mal zu spielen. Die Schritte halten ein. Ich schaue auf mein Display. Neji. Natürlich.   Der Blick, den Sakura mir zuwirft ist schwer zu deuten. Ich weiß nicht, ob sie wütend ist oder Mitleid mit mir hat, denn gerade ist es schwer einen Gedanken zu fassen. Das Einzige was mir durch den Kopf schwirrt, ist Nejis Nachricht vom Pausenbeginn.               Kein Wunder, dass du keine Freunde hast.                 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)