Spaceapes von Gamesh ================================================================================ Kapitel 7: Aftershocks I ------------------------ Trunks riss die Tür auf. Er war auf einem Zerstörungsmarsch. Seine Route führte langen Schrittes aus dem Wohnhaus der Briefs über die mit Rabatten gesäumte Straße des Capsule Corporation Geländes. Die Automatiktür des Studiogebäudes öffnete sich gerade schnell genug, damit er nicht mit der Schulter dagegenrammte. Der Teenager hörte seinen Puls rauschen. Kein anderes Geräusch war in der Lage, die Barriere der Wut um sein Hirn zu durchdringen. Die Empfangsdame setzte zu einem Gruß an, sie kannte den Jungen seit Jahren. Er war ob seines freundlichen Wesens ein gern gesehener Besucher. An diesem Tag genügte jedoch ein Blick, damit die Frau hinter dem Tresen vor Überraschung verstummte. Trunks brannte förmlich. Sein kompletter Körper war auf Hochspannung, sein Mund eine schmale Linie. Mit der Stirn voran schritt er durch ein Wartezimmer mit Ledergarnitur, in den Flur mit den Auszeichnungen seiner Mutter an der Wand. Seinem Tunnelblick folgend, stapfte er an den drei Studios und dem Flügelzimmer vorbei. Sein Ziel war der Meetingraum am Ende des Ganges. Als er vor der Tür stand, fühlte sich sein Herz wie eine Kriegstrommel an. Seine Mutter war hier, das wusste Trunks ganz genau. Eigentlich sollte er zu irgendeinem Termin bei ihr erscheinen, den sie als sehr wichtig bezeichnet hatte, aber das war ihm in diesem Moment egal. Der Teen ballte die Fäuste. Seine Mutter hatte schon immer merkwürdige Erziehungsansichten gehabt, aber dieses Mal war sie zu weit gegangen. Er würde ihr das klar machen, egel welche Kollateralschäden er dadurch verursachte. Mit einem Ruck öffnete er die Tür und schritt über die Schwelle. „Mutter, wir müssen reden!“ Allein die Anrede verhieß nichts Gutes. Bulma vor von jeher 'Mama' oder 'Mum' gewesen. Trunks helle Brauen berührten sich fast über seiner Nasenwurzel. Die Tür warf er hinter sich mit einem Knallen zu. Bulma stand ihrem Sohn direkt gegenüber. Getrennt waren sie nur durch die Breite eines Marmorkonferenztisches. Sie trug eine Skinnyjeans mit schwerem Gürtel, dazu ein Oberteil in obskurem Grünton und ihr Markenzeichenbandana um den Hals. Trunks klatschte beide Handflächen lautstark auf den Tisch. „Jetzt gleich!“ Seine Mutter hob eine Braue. Einen Augenblick lang hatte sie den Eindruck gehabt, Trunks würde mit seiner Wutgeste die Marmorplatte spalten. Ein rascher Blick auf selbige bewies, dass sie sich das nur eingebildet hatte. Bulma verstand, dass ihr Sprössling weiß vor Wut war, doch sie ging nicht drauf ein. Sie hatte Gründe für ihr Handeln und würde sich nicht derartig von ihrem Sohn bloßstellen lassen. „Gut, dass du hier bist. Etwas zu früh, aber das wird schon gehen.“ Das machte Trunks rasend: „Es wird definitiv gehen, ob die Zeit hast oder nicht! CTV-the band, um mir meinen Vater zu enthüllen!? Ernsthaft?! “ „Dein Ton, Trunks.“, Bulmas Stimme barg eine Warnung. „Mein Ton...?!“ Der Teenager konnte es nicht fassen! Also volle Konfrontation! Keine Gnade! Nicht, wenn seine Mutter ein ganzes Interview produzieren und nachbearbeiten ließ, welches nicht einmal gesendet werden würde! Nur um ihm nicht ins Gesicht sagen zu müssen, dass sie etwas nicht auf die Reihe bekommen hatte! UND dann tat sie auch noch so, als sei das total nebensächlich! „Ja, dein Ton, Trunks Briefs!“ „Deine Art und Weise, Mutter“, erwiderte er eisig und zeigte mit dem Finger auf sie. „Du bist diejenige, die Mist gebaut hat!“ Vom Panoramafenster zu Trunks' linker Seite hörte man ein „Tssss...“ Der Teen wandte sich mit einem Knurren zum Urheber des unerhörten, wörtlosen Kommentars. Wer wagte es, sich einzumischen?! Da stand er: Trunks' musikalisches Vorbild, sein Idol... sein Erzeuger. Vegeta Jin! Der Frontmann der Spaceapes trug eine matte Lederhose, Schnürstiefel mit Stahlkappe, ein marineblaues T-Shirt und darüber seine Tour-Lederjacke. Die Hände hatte er in den Taschen, sein Gesichtsausdruck zeugte von bösartigem Interesse. „Nur weiter, Junge!“, forderte der Sänger den Teen auf. Trunks hatte das Gefühl, sein Schädel würde gleich platzen. Die Härchen an seinem Nacken richteten sich auf. „Das ist eine Sache zwischen mir und meiner Mutter!“, knirschte er. Vegetas Brauen zogen sich zusammen. „Dann solltest du das lösen wie ein Mann, nicht wie eine greinende Bratze.“ Trunks starrte den Sänger vernichtend an. „Für Erziehungsversuche ist es ein bisschen spät.“ Die gleiche Ader, an seiner Schläfe pochte, wurde bei Vegeta sichtbar. Doch wieder reagierte der Mann ganz anders, als Trunks es erwartet hätte. „Du hast hier was zu klären, Bulma. Ich warte draußen.“ Der Sänger musste nah an seinem Sprössling vorbei. Er musterte den Jungen. Dann klappte die Tür zum Zeichen dessen, dass er fort war. Trunks konnte nur daran denken, dass sein sehnlichster Wunsch nach einem Vater auf so wundervolle, grausame Art in Erfüllung gegangen war. Er blinzelte Wuttränen fort. „Warum hast du das gemacht?“, fragte er seine Mutter. Ein fahriges Ein- und Ausatmen später hatte er mehr Kraft: „Warum hast du das gemacht?! SO EINE BESCHISSENE AKTION HABE ICH NICHT VERDIENT!“ ______________________ Vor der Tür des Konferenzraumes konnte Vegeta das Geschrei der Beiden hören. Es schien ziemlich zur Sache zu gehen. Der Sänger verharrte und hörte zu. Der Junge schrie seiner Mutter genau die Fragen entgegen, die Vegeta auch hatte. Bulma antwortete in der gleichen Lautstärke, aber unerwartet defensiv. Der Musiker sah ihr typisches Wutgehabe direkt vor sich: Weit aufgerissene Augen, zusammengezogene Schultern, geballte Fäuste...Damals hatte er immer den Eindruck gehabt, ihre Zähne hätten während ihrer Launen an Schärfe und Länge gewonnen. „Heh.“ Vegetas Mundwinkel zogen sich nach oben. Diese Frau. Der Adrenalinschub bei dem Streit, den er selber gerade mit ihr geführt hatte bevor der Junge kam, war durch die Situation maximiert worden...wahlweise lag es auch an den Umständen...dem Jungen...der Frau...! Verdammt. Wie gern wäre er jetzt im Meetingraum, um ihr zu zu zeigen, wie sehr ihn alles ankotzte! Nur leider hatte in diesem Fall der Junge ein Vorrecht auf dieses Gefecht. Drinnen eskalierte einzig die Lautstärke. Kleingegenstände, Möbel oder Menschen schienen nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Bevor Vegeta der Versuchung erlag zu intervenieren, um Bulma selbst zu zerfleischen, setzte er sich in Bewegung. Sein Ziel war der Raum mit dem Konzertflügel, denn jetzt gerade war ihm jedes Mittel recht, um Stress abzubauen. ____________________ „ICH HAB DAS ALLES NUR GETAN, UM DICH ZU SCHÜTZEN! UND WENN DIR MEINE ANTWORT NICHT PASST, DANN FRAG DOCH DEINEN VATER!“, schrie Bulma. „ICH HATTE NIE EINEN VATER, DAFÜR HAST DU GESORGT!“, Trunks Stimme überschlug sich fast. Bulma verstummte. Fahrig griff sie nach dem Päckchen Zigaretten auf dem Tisch und zündete sich einen Glimmstängel an. Mit einem Mal herrschte beklemmendes Schweigen. Die Producerin nahm einen tiefen Zug, blies dann Rauch fort. Ihr Blick war starr auf die Marmorplatte gerichtet. „Vegetas und mein Verhältnis war nie einfach. Das Beste wird sein, du fragst wirklich ihn.“ Ihre Augen glänzten verräterisch, aber Trunks hatte gerade keinen Sinn dafür. „Der ist doch weg“, erwiderte er tonlos. Bulma sah auf. „Hörst du die Musik?“ Erst jetzt wurde Trunks sich der gedämpft erklingenden Melodie gewahr. Er nickte. „Das ist Vegeta.“ Bulma nahm einen weiteren Zug. Ihre Finger zitterten. Der Teenager betrachtete seine Mutter. So in der Defensive gab sie ein ungewohntes Bild ab. Abrupt wandte er sich um und verließ sie. ________________________ Trunks folgte der Musik in den Raum mit dem Konzertflügel der Firma Albert Schwerkraft. Ein Name, der ihn und Goten schon immer zu allerlei Späßen verleitet hatte. Letztendlich hatten die beiden das Zimmer mit der großartigen Akustik Schwerkraftraum getauft. Wie immer hörte man die Musik durch sämtliche Räume. Wenn Trunks ehrlich war, wusste er nicht, wann das Instrument von seiner Mutter angeschafft worden war. Es war schon immer da gewesen und auch wenn Bulma selten darauf spielte, hatte sie es nie aus diesem Zimmer entfernt. Vegeta saß auf dem breiten Schemel vor dem Flügel und spielte. Er wirkte, als gehöre er hierher. Der Blick des Sängers war auf die Tasten gerichtet, zwischen seinen Brauen stand eine tiefe Falte, sein Mund zeigte Anspannung. Die Handschuhe, die er seit seinem Unfall häufig trug, lagen auf dem Vorderdeckel. Die Melodie war von Grund auf ungeduldig und so wie Vegeta spielte, von Aggression unterlegt. Trunks kannte sie nicht, aber sie war vielfältig. Die Art und Weise wechselte dabei drastisch: Mal bestand das Musikstück aus dunklen Tönen mit einfacher Tastenfolge, die eine düstere Stimmung erzeugten, mal aus auspruchsvolle Fingerbewegengen im höheren Notenbereich, die einen chaotischen Eindruck hinterließen. Das Musikstück musste inzwischen schon fünf Minuten andauern und es waren keine Notenblätter zu sehen – Vegeta konnte es aus dem Gedächtnis! Trunks zögerte erst, trat dann aber doch näher. Die Intensität des Spiels verstärkte sich, als er einen Blick auf Vegetas Hände warf. Dessen rechte Hand bewegte sich problemlos, aber er zwang seine von Narben überzogene Linke gerazu zum Funktionieren. Die Finger an dieser Hand waren steif und anspruchsvolle Tonkombinationen klangen trotz des perfekten Timings dementsprechend abgehackt. Vegetas Einschränkung zeigte sich mit der Zeit deutlicher, sodass Trunks unbewusst den Atem anhielt, als das Stück endete. Der Sänger nahm die Finger von den Tasten und begann seine linke Hand zu massieren. Er hatte bisher nicht ein Mal aufgesehen. Nun richtete Vegeta seinen Blick auf das Gesicht seines Sohnes. Neben ihm auf dem Schemel war noch reichlich Platz. „Setz dich.“ Trunks tat wie ihm geheißen. Er wusste selbst nicht so recht warum. „Spielst du?“ „Nicht so wie du.“ „Versuch's.“ Vegeta machte mehr Platz, sodass Trunks Zugriff auf die gesamte Klaviatur hatte. Der Teenager zögerte. Er war sich nicht sicher, warum er den Anweisungen seines Erzeugers Folge leistete. Aber es schien auf eine verquere Art nicht richtig zu sein, ihn warten zu lassen. Trunks setzte an und begann das einzige Stück, das er neben dem Flohwalzer auswendig konnte. Die letzten Noten würden schwerig werden, er erinnerte ich kaum daran. Aber vielleicht wollte Vegeta gar nicht so lange zuhören. „Edvard Griegs 'In den Hallen des Bergkönigs'“, kommentierte der Sänger, während Trunks spielte. In seiner Stimme schien Zufriedenheit mitzuschwingen. Er betrachtete Trunks' Finger und Gesichtsausdruck. Der Teenager spürte, wie die Ärger in ihm hochkochte. Was bildetet sich Vegeta eigentlich ein, ihn derartig zu testen?! Bewies das irgendetwas?! Trunks' Spiel wurde kraftvoller, weil sein Aufbrausen in die Musik einfloss. Er endete ohne sich verspielt zu haben, mit vor Wut strotzenden Noten. Seine Brauen waren zusammengezogen, als ihre Blicke sich trafen. Der Sänger schmunzelte. Er hielt Trunks' Starren Stand. „Warum dieses Stück?“ „Ein Insiderwitz. Mum hasst es. Ich spiele es immer dann, wenn sie mir gegenüber ungerecht war.“ Vegeta legte unerwartet den Kopf in den Nacken und lachte schallend. „Was ist so witzig?“, Trunks fand es nicht sonderlich erwachsen von Vegeta, sich darüber lustig zu machen. „Mein Stück eben war von Holst. Es heißt 'Mars-bringer of war'. Dein Großvater verabscheut es von jeher. Immer wenn ich mich als Teenager für seine Tyranneien revanchieren wollte, habe ich es gespielt. Eine Zeit lang jeden Tag.“ „Ernsthaft?!“ Vegeta nickte. Er zog seine Handschuhe wieder an, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Trunks' Wut legte sich. Er sah auf die Tasten herab. „Hast du dich mit deiner Mutter versöhnt?“ „Nicht wirklich.“ Vegeta nickte. Schweigend saßen die beiden nebeneinander. „Ich denke, deine Mutter hat dich mir verschwiegen, weil ich ein schlechter Vater gewesen wäre.“ „Was...?!“ „Du hast mich gehört, Junge. Ich werde es nicht wiederholen.“ Wieder herrschte Stille. Trunks rang mit sich. „Ich will mehr über dich wissen“, erklärte er dann so fest wie möglich. „Tsk! Deine Mutter hat mir gesagt, du seist mein größter Fan. Gibt's denn überhaupt was, was du nicht über mich weißt?“ Der Teen errötete. Es war unerwartet peinlich, derartig geoutet zu werden. Schon wieder. Vegeta bemerkte seinen Fehler. „Was willst du wissen?“ „Erzähl mir etwas über deine Familie und woher sie stammt. Ein grober Überblick reicht.“ Trunks fand, das war eine gute Eisbrecherfrage. Nervös klappte er den Klaviaturdeckel des Flügels zu. Vegeta schnaubte. „Da hast du dir ja gleich das richtige Thema ausgesucht!“ Er stellte die Ellenbogen auf dem lackierten Untergrund ab, der nun die Tasten bedeckte, und flocht seine Finger ineinander. Nachdenklich starrte er über den Klangkörper des Flügel hinweg. „Die Jins stammen aus einem kleinen Königreich auf der Halbinsel Sinai, das es seit etwa 100 Jahren nicht mehr gibt. Es wurde dort eine sehr von Mystizismus geprägte Religion gelebt – Magie zum Zwecke des Schaffens einer legendären Armee...ich überlasse dir, ob du das glauben willst oder nicht. Einen religiösen Genozid an seinem Volk später, floh König Vehbiya Al Jinn mit Hilfe einiger niederer Soldaten und einem Koffer voller Wertpapiere in die Staaten. Nach einigen gescheiterten Rückkehrversuchen gab dein Urgroßvater auf und ließ sich nieder, heiratete und gründete eine Familie. Name und Titel wurden in den letzten zwei Generationen weitergegeben, aber einamerikanisiert und verkürzt. Mein Vater heißt Vehbita Jin, bei mir war es dann schon nur noch Vegeta Jin.“ „Soll das heißen, du bist ein König?!“, unterbrach in Trunks. „Nein, mein Vater ist theoretisch der König, ich wäre in diesem Szenario nur der Kronprinz“, berichtigte Vegeta ihn. Der Junge hatte große Augen bekommen. „Und bringt dir der Titel was?“ „Abgesehen davon, dass ich mich von meinem Vater losgesagt habe, sind nur noch ein oder zwei versprengte Nomadenstämme in Saudi Arabien übrig, die dieser Titel interessieren würde. Aber vermutlich könnte ich Kakarot Saiyan und seine Familie zu den Waffen rufen, wenn ich Krieg führen wollte.“ Trunks blieb die Spucke weg: „Wie geht das denn?!“ „Die Unterklassesoldaten, die ich vorhin erwähnt habe, blieben ebenfalls hier in den Staaten. Alle aus einem Familienclan mit dem Namen „Shayan“. Ich meine mich zu erinnern, das bedeutet auf persisch 'verdienstvoll'. „Was bedeutet dann Al Jinn?“ „Sohn der Dschinn – der Geister, Dämonen, Schutzgötter.“ „Glaubst du an all diese Dinge?“ „Ich kann wieder mit Magie, noch mit Religion oder theoretischem Adel etwas anfangen. Aber die Wertpapiere im Koffer sind ziemlich real gewesen und inzwischen in hohe Geldwerte verwandelt worden. Du hättest sogar Anrecht darauf. Damit bist du von beiden Seiten aus ein begüterter Erbe.“ „Weiß Mum das alles?“ „Nur zu gut. Ich habe es ihr vor der Hochzeit erzählt.“ Trunks erstarrte. „Ihr seid verheiratet?!“ Vegeta bekam große Augen. Er stand abrupt auf, hob abwehrend die Hände: „Klär' das erstmal mit deiner Mutter! Dann reden wir weiter.“ „Die hat mich zu dir geschickt!“, begehrte Trunks auf. Hier lief das reinste Ping-Pong-Match mit ihm als Ball und das war einfach unfair! Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und blickte Vegeta in die Augen: „Ich bin nicht euer Spielball – ich will das wir gemeinsam über alles reden. Jetzt.“ Der Sänger lieferte sich mit dem Teenager ein Duell der Blicke. Schließlich zog sich, aus für Trunks nicht nachvollziehbaren Gründen, einer von Vegetas Mundwinkeln nach oben. „Na schön.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)