Der Farn von Kim_Seokjin (Urs Crackpair WB) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Heute kommen die Neuzugänge von der Polizeischule. Freust du dich schon Iwaizumi-san?“, wollte Akamiya Shotarou, ein älterer Kollege mit hoher Stirn und Geheimratsecken, wissen. Er grinste breit und legte eine Hand auf die Schulter seines Kollegen. Iwaizumi stieg der Geruch von Zigarettenrauch in die Nase. Früher fand er ihn unangenehm, doch mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie du vor drei Jahren hierhergekommen bist und mir als Unterstützung zugeteilt wurdest.“ „Versuchst du mich gerade aufzubauen, Akamiya-san?“, brummte Iwaizumi und sah skeptisch in das Gesicht des Älteren, der so wirkte, als wäre er gerade in einer anderen Hemisphäre. Früher hatte er ihm geglaubt. Akamiya war ein guter Schauspieler und zu Iwaizumis Leidwesen war er ihm mehr als einmal auf dem Leim gegangen, doch nach fast drei Jahren kannte er die kleinen Anzeichen. Das kurze Zucken der Mundwinkel, der viel zu scharfe Blick, wenn er glaubte, man sah nicht hin. „Oder nie-derzumachen, weil ich nicht ambitioniert genug war?“ Sein ehemaliger Kollege lacht laut und schlug ihm kameradschaftlich und etwas zu hart auf den Rücken. Oikawa hatte sich darüber schon mehr als einmal beschwert, wenn Akamiya dies bei ihm getan hatte. Iwaizumi war sich sicher, dass er dies jedes Mal bei seinem besten Freund tat, weil er genau wusste, wie Oikawa darauf reagierte. Den würde er allerdings in der nächsten Zeit nicht allzu oft sehen. Er hatte tatsächlich einen Vertrag bei einem Profiverein angeboten bekommen und war nach Osaka gezogen, während Iwaizumi weiterhin in Sendai lebte. „Ambitioniert warst du schon, nur sehr streng mit dir und das bist du immer noch.“ Akamiya zwinkerte ihm zu. „Nimm es deinem Schützling also nicht so übel, wenn er dies nicht so sieht.“ Iwaizumi runzelte über den Rat nachdenklich die Stirn. Natürlich war er streng mit sich. Er wollte immerhin ein guter Polizist sein. Er war niemand, der Dinge nur halbherzig tat oder unüberlegt handelte. Dafür hatte er genug Freunde in seinem Umfeld, die dies taten. Er schnaubte und wollte gerade et-was darauf erwidern, als sich die Türen zum Büro öffneten und die frischgebackenen Polizisten hinein-kamen. Angeführt wurden sie vom Polizeichef, der jedem seinem Platz und zugehörigen Kollegen zuwies. Iwaizumi hatte ganz automatisch seine Arme vor der Brust verschränkt und seine typische grimmige Miene aufgesetzt. Natürlich hatte er dafür einen spitzen Kommentar von Akamiya bekommen, als dieser sich mit seinem neuen Kollegen an den Tisch setzte. „Goshiki Tsutomu, dein Kollege wird Iwaizumi Hajime sein“ Die Worte sorgten dafür, dass er sich von seinen ehemaligen Kollegen abwandte und zum Polizeichef und dem Frischling sah. Seine Miene verzog sich nicht, als er seinem Chef zunickte. „Auf gute Zusammenarbeit!“, brummte er. Sein neuer Kollege, der ihn eben noch mit seinem Blick fixiert hatte, strahlte mit einem Mal über das ganze Gesicht und verbeugte sich hektisch, wobei er fast die kleine Pflanze in seinen Händen fallen gelassen hätte. Er hatte also einen Tollpatsch bekommen, na super! Als der Frischling den Gruß erwiderte, war seine Stimme viel zu laut und enthusiastisch. „Ich werde mein Bestes geben und dich nicht enttäuschen, Iwaizumi-san!“, sprach er weiter, als er einen Platz für seine Pflanze suchte. Es war ein Farn. Kindaichi hatte ihm mal erzählt, dass Yahaba auf die glorreiche Idee gekommen war, Kyotani so einen zu schenken. Das man diesem keine Pflanzen anvertrauen sollte, war offensichtlich. Sie war eingegangen und Yahaba hatte wohl einen Aufstand gemacht, weil diese Pflanze ein Symbol ihrer Liebe hätte sein sollen. Iwaizumi hatte das Drama nicht verstanden und erst recht nicht, wie Yahaba überhaupt darauf gekommen war. Kindaichi hatte darauf-hin nur etwas von einer amerikanischen Romanze genuschelt und er war nicht weiter darauf eingegangen. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass wir mal zusammenarbeiten würden, standen wir uns doch immer als Gegner auf dem Spielfeld gegenüber“, plapperte Goshiki fröhlich weiter und strahlte, als er einen Platz für die Pflanze gefunden hatte. Genau zwischen ihren Bildschirmen. Er würde also nun immer mit seinem Stuhl zur Seite rollen oder aufstehen müssen, damit er Goshiki ins Gesicht sehen konnte. Unzufrieden darüber und weil er nicht wusste, woher er ihn kennen sollte, zogen sich Iwaizumis Brauen weiter zusammen. „Auf welcher Schule warst du?“, fragte er dann nach. Einen anderen Zeitpunkt gab es nicht, wann sie sich auf dem Spielfeld getroffen haben. Danach hatte er damit aufgehört, weil die Ausbildung ihn zu sehr eingenommen hatte. Nur manchmal hatte er noch mit Oikawa gespielt, wenn dieser zu sehr gequengelt hatte. Jetzt blickten ihn zwei riesengroße dunkle Augen an. Sie erinnerten ihn an die eines Hundes. „Oh, du erinnerst dich wahrscheinlich nicht gerne daran. Ihr habt nie gegen uns gewonnen“, sprach Goshiki weiter. Er schien dabei aber keineswegs verlegen zu sein, sondern nur überrascht. „Ich war auf der Shiratorizawa.“ Iwaizumi schloss kurz seine Augen und zählte bis zehn. Die Schulzeit lag schon eine Weile zurück und es sollte ihn gar nicht ärgern, was Goshiki da von sich gab. Tat es aber. Es war bitter, dass sie nie gegen die Shiratorizawa gewonnen haben und auch wenn er ohne Reue seine Schulzeit abgeschlossen hatte, ärgerte ihn diese Erinnerung. Er schnaubte, ehe er grimmig grinste. „Ich habe damit abgeschlossen, als ich die Schule verlassen habe.“ „Du spielst gar nicht mehr?“ Iwaizumi hatte geglaubt, dass die Augen nicht noch größer hätten wer-den können, aber da hatte er sich getäuscht. „Nein, dafür habe ich keine Zeit mehr. Aber...“ „Das ist wirklich Schade, aber vielleicht kannst du mit zu einem unserer Treffen können. Tendou ist immer ganz begierig darauf, dass wir uns mindestens zweimal im Jahr treffen und zusammen spielen“, unterbrach ihn Goshiki und wurde rot, als er bemerkte, was er getan hatte. Vielleicht lag es auch an Iwaizumis wütenden Blick, der sich noch etwas verfinstert hatte. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht unterbrechen.“ „Wir sollten arbeiten!“, entschied Iwaizumi und musste erstaunt feststellen, dass er den Frischling damit wohl mehr getroffen hatte, als er erwartet hätte. Goshiki ließ seine Schultern hängen, als er sich setzte. Iwaizumi atmete tief durch. Das würde noch anstrengend werden. *** Die erste Woche war überstanden. Sie war turbulent gewesen und dabei hatten sie nicht einmal einen gefährlichen Außeneinsatz mitgemacht. Iwaizumi fuhr sich durch die schwarzen Haare und seufzte. Goshiki war nicht so schlimm, wie er erwartet hatte - zumindest nicht durchgehend. Er war ambitioniert und bestrebt, das Richtige zu tun, allerdings schoss er manchmal über da Ziel hinaus. Wie zum Beispiel, als er der festen Überzeugung war, einem Jungen zu helfen, der von zwei Älteren hin und her geschubst wurde. An und für sich war es eine gute Tat, hätte er nicht getönt, dass er den Kleinen immer beschützen würde. Iwaizumi hatte ihn danach zur Seite genommen und darauf hingewiesen, dass er dies gar nicht konnte und den Kleinen dadurch möglicherweise in größere Schwierigkeiten gebracht hatte. Wie wollte er ihn schützen, wenn sie noch einmal kommen würden? Die Frage hatte dafür gesorgt, dass Goshiki die Gesichtszüge entglitten waren und er den Rest des Tages geknickt gewesen war. „Das kann ja noch heiter werden“, brummte Iwaizumi, als das Polizeipräsidium verließ und sich fragte, wie es erst werden würde, wenn sie zu einem gefährlicheren Einsatz gerufen würden. „Du bist also der Senpai von Goshiki“, wurde er überfallen, als er gerade die Straße zwischen Präsidium und U-Bahn Station überqueren wollte. In sein Blickfeld schob sich ein rothaariger Typ, den er im Gegensatz zu Goshiki nicht vergessen hatte. Der scharfe Blick und das verrückte Grinsen, ließen Iwaizumis Mundwinkel nach unten zucken. Tendou Satori. Gott, wie hatte er ihn auf den Platz gehasst. Hinter ihm folgte ein Mann mit aschblonden Haaren, strengem Blick und schrecklichem Kleidungsstil. Wer hatte ihm gesagt, dass ein pflaumen-farbener Pullover zu einer roten Karottenjeans passte? „Nimmst du unseren ehemaligen Kouhai auch nicht zu hart ran?“ „Es würde ihm nicht schaden, wenn dem so wäre!“, mischte sich die Geschmacksverirrung ein. Iwaizumi durchforstete noch sein Gedächtnis, wie der Name war. Er war der vorige Setter der Shiratorizawa. „Natürlich würde es ihm nicht schaden, Eita-kun“, mischte sich Tendou wieder ein und wedelte mit einem seiner langen Finger vor dem Gesicht von Eita herum. „Aber man muss ihn auch immer wieder loben, damit er Feuer und Flamme ist.“ „Meinst du nicht, dass du dies schon genug tust?“ Tendou lachte und sein ganzer Körper schüttelte sich dabei. Iwaizumi verdrehte die Augen. Die Zwei konnte er nun ehrlich nicht gebrauchen. „Entschuldige, wenn ich euch unterbreche“, ging er dann grimmig dazwischen. Sofort richteten sich die beiden Augenpaare auf ihn. „Aber es geht euch nichts an, was ich mit Goshiki tue. Wartet ihr auf ihn?“ „Uh, es geht uns nichts an?“, echote Tendou amüsiert und kam näher. Wenn es nach Iwaizumi ging, viel zu nah! War dem Typ bewusst, dass es einen persönlichen Raum gab und er diesen gerade über-haupt nicht beachtete? „Tut es nicht oder habt ihr Ahnung von der Arbeit als Polizist?“, knurrte Iwaizumi und unterdrückte das Bedürfnis, einen Schritt zurückzuweichen. „Soweit ich weiß nicht! War das alles?“ „Sei doch nicht so ruppig, Iwaizumi-san“, ermahnte ihn Tendou. Auch wenn seine Stimme streng klang, hatte er dabei dieses gemeine Grinsen auf den Lippen. Iwaizumi sah sich schon seine Geduld verlieren, wenn es so weiterging. Das war sicher genau das, was dieser rote Teufel von ihm wollte. „SEMI-SAN!“, hörte er die viel zu laute Stimme von Goshiki. „Oh man...“, murmelte der Angesprochene und bei Iwaizumi machte es auch endlich Klick. Semi Eita. Genau! „Jetzt weiß jeder, wie du heißt. Freu dich doch, dass dich dein Kouhai so enthusiastisch begrüßt!“, neckte ihn Tendou, während Goshiki auf sie zugelaufen kam. Je näher er kam, desto langsamer wurde er und auf seinem Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab. „Tendou-san und Iwaizumi-san“, murmelte er und sah zwischen allen Drei hin und her, als wüsste er nicht, was er davon halten sollte. „Freust du dich nicht, mich zu sehen?“, beschwerte sich Tendou sofort und Goshiki wehrte dies ab. „Natürlich freue ich mich, dich zu sehen. Aber warum seid ihr hier?“ Man sah ihm an, dass er eigentlich etwas Anderes fragen wollte. „Ahhh~ wir wollten sehen, wie es dir geht“, grinste Tendou breit. Iwaizumi brummelte leise etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und Semi schüttelte den Kopf. „Wir wollten dich abholen, weil wir uns heute spontan zu einer Runde Volleyball verabredetet haben.“ „Du bist doch nicht zu platt von der anstrengenden Arbeit als Polizist, oder?“ Tendou turnte jetzt direkt von Goshiki herum. „Natürlich nicht!“ Goshiki grinste breit und schien sich an der Nähe des Rothaarigen gar nicht zu stören. Iwaizumi seufzte und bemerkte den Blick von Semi auf sich. Fragend blickte er zu ihm. „Sie sind immer so. Nicht daran stören. Einfach machen lassen. Beruhigen werden sie sich vorerst nicht.“ „Warum hast du eigentlich so lange gebraucht, Goshiki?“ Tendou wackelte wild mit seinem Kopf hin und her. „Ich habe mich noch um den Farn gekümmert, den ihr mir geschenkt habt. Er soll doch weiterwachsen und für meine gute Arbeit stehen. Er ist schon ganze 2,7 Millimeter größer geworden“, erklärte er stolz und wuchs dabei selber um ein paar Zentimeter. Iwaizumi glaubte seinen Ohren nicht zu trauen und suchte dieses Mal den Blick von Semi. „Frag nicht, es war eine Schnapsidee!“ kam es genervt und kopfschüttelnd von diesem zurück. „Das ist gar nicht wahr, Eita-kun! Der Farn der Arbeit ist unwahrscheinlich wichtig. Er zeigt nämlich, wie gut unser Goshiki sich im Dienst der Polizei macht. Lass ihn ja nicht eingehen.“ „NIEMALS!“, brüllte er und Tendou schien über diese Reaktion äußerst zufrieden zu sein. „Das ist ein guter Zeitpunkt, um mich zu verabschieden“, entschied Iwaizumi. Mehr von solch einem Mist, musste er sich wirklich nicht geben. Nächste Woche würde er Goshiki den Kopf waschen und daran arbeiten, dass er nicht auf alles hörte, was seine ehemaligen Senpais zu sagen hatten. „Viel Spaß!“ Semi nickte ihm zu und Goshiki wollte sich wahrscheinlich auch verabschieden, aber da platzte natürlich Tendou dazwischen. „Du kannst auch gerne mitkommen, wenn du möchtest. Es ist einfach nur zum Spaß, Iwaizumi-san!“ „Natürlich!“, brummte dieser und hob die Hand zum Gruß. „Vielleicht ein anderes Mal. Ich habe heute etwas vor.“ *** Goshiki Tsutomu schrieb: Hallo Iwaizumi-san! Wie geht es meinem Farn? Hast du ihn schon gegossen und ist er gewachsen? Tendou-san meinte, ich solle lieber mal nachfragen, dabei glaube ich nicht, dass du es vergessen würdest. Viele Grüße aus Fukuoka Goshiki Wütend starrte Iwaizumi sein Handy an. Am liebsten hätte er es zurück in die Schublade geschmissen, statt noch einmal die Nachricht von Goshiki zu lesen. Natürlich tat er es nicht. Insgeheim freute er sich nämlich darüber, dass sich er sich bei ihm gemeldet hatte. Wenn er ehrlich war, dann vermisste er seinen Kollegen sogar. Zugegeben: Sein Blutdruck war froh darüber, etwas Ruhe zu bekommen. Es gab weniger Aufreger und er musste weniger aufpassen, dass nichts Unüberlegtes an-gestellt wurde. Theoretisch war es eine gute Zeit, um Dinge, die liegen geblieben waren, zu erledigen. Iwaizumi hatte dies auch getan, aber er ertappte sich immer wieder dabei, wie er zu dem verlassenen Schreibtisch sah und ihm das Grinsen und die aufmerksamen Augen fehlten. Er hätte nicht erwartet, wie still es ohne ihn wäre. Die Klimaanlage machte wieder diese komischen Geräusche wie die einer Eiswürfelmaschine und lenkte ihn damit ab. Sein Blick wanderte nach oben. Natürlich rieselte es keine Eiswürfel, dass wusste er. Es klang dennoch jedes Mal so, als würde es passierten. „Sie sollte mal wieder gewartet werden“, murmelte er und rieb sich seinen Nacken. Es brachte ja doch nichts. Der Gedanke an Goshiki würde ihn nicht in Ruhe lassen und so blätterte in seinem Notiz-block bis er die Seite gefunden hatten. Iwaizumi Hajime schrieb: Natürlich gieße ich ihn. Er ist bis jetzt um 3 Millimeter gewachsen. Gruß Iwaizumi Schnell war die Nachricht abgeschickt und er legte sein Handy wieder in die Schublade. Er hatte alles, was mit seinem Partner zu tun hatte, erledigt und sollte sich nun wieder auf dem vor ihm liegenden Bericht kümmern, aber seine Gedanken kreisten immer noch um ihn. Oikawa würde sich köstlich über ihn amüsieren, wenn er davon erfahren würde. Es war schon schlimm genug, dass er ihn beim letzten Telefonat aufgezogen hatte. Iwaizumi hätte ihm einfach nicht erzählen sollen, dass er sich um die Pflanze kümmerte. Er hatte schon viel zu viel Spaß daran, ihn mit Goshiki aufzuziehen. Er erinnerte sich noch zu gut an eines der letzten Gespräche. “Aw! Wie lieb von dir Iwa-chan, dass du dich um die Pflanze kümmerst! Lass sie ja nicht eingehen!“ hatte ihn Oikawa ermahnt. Iwaizumi hatte darauf nur seine Augen verdreht und sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank geholt. „So schnell geht ein Farn nicht ein! Ich habe mich darüber informiert.“ Er hatte einen Schluck aus der Dose genommen und war zurück ins Wohnzimmer gegangen. „Das ist sehr lobenswert. Goshiki wäre sicherlich traurig, wenn er in seinem Urlaub eingehen würde. War er nicht schon niedergeschmettert, als das Ding braun geworden ist?“ Das Rascheln am anderen Ende der Leitung hatte ihm verraten, dass es sich Oikawa auch bequem gemacht hatte. „Ja, er hatte es ein paar Mal vergessen. Ich hab ihm dann eine Erinnerung geschickt. Das Gesicht war nicht auszuhalten!“ Und die hängenden Schultern auch nicht. Goshiki hatte ausgesehen wie ein getretener Hund, aber das musste Iwaizumi ja nicht erwähnen. „So viel wie du über ihn sprichst und schimpfst, kann es da nicht sein, dass du dich in das kleine Schwänchen verliebt hast?“ „Halt die Klappe, Shittykawa!“ Iwaizumi schnaubte wütend und spürte eine verräterische Wärme auf seinen Wangen. Oikawa hatte nur gelacht und ihn weiter aufgezogen. „Tz!“ Er schob den Block beiseite und nahm sich die Unterlagen vor, doch auch dann kam er noch nicht dazu, weiter zu arbeiten. „Du scheinst ja noch unzufriedener zu sein, jetzt wo er nun nicht da ist.“ Akamiyas Hand lag auf seiner Schulter und der ältere Kollege sah ihn amüsiert an. „Ich bin genervt, weil ich einen ganzen Haufen Arbeit hier liegen habe“, widersprach er und es war nicht einmal gelogen. Trotzdem bezweifelte Iwaizumi, dass sein Kollege ihm Glauben schenken würde. Er hatte dieses wissende Lächeln aufgesetzt. „Dein Berg ist schon weniger geworden. Gönn' dir eine kleine Pause.“ Iwaizumi kannte die Phrase. Es bedeutete, dass er mit ihm reden wollte. Früher hatte er ihn auf ein Problem hingewiesen oder etwas, woran er arbeiten musste. Er hatte keine Ahnung, worum es ihm jetzt ging, aber er folgte ihm hinaus aus den Büros und in die Raucherecke im Freien. „Was gibt es?“, wollte Iwaizumi wissen, während er Akamiya dabei beobachtete, wie er sich die Zigarette anmachte und einen tiefen Zug einatmete. „Dir ist bewusst, dass eine Beziehung unter Kollegen nicht erlaubt ist, nicht wahr?“ Langsam atmete sein Kollege den Rauch wieder hinaus und hatte dabei etwas von einem Drachen. „Wie kommst du darauf, dass wir...“ Iwaizumi brach ab und schüttelte den Kopf. „Zwischen uns läuft nichts. Ich weiß nicht, wie du auf die verrückte Idee kommst, aber schlag sie dir aus den Kopf, alter Mann!“ „Dann ist ja gut“, grinste er. Iwaizumi erschien es nicht so, als würde er ihm glauben. „Ich hatte mir schon Sorgen gemacht und wollte dich darauf hinweisen, dass es gesünder für euch wäre, wenn ihr andere Partner habt. Ich hätte mich sogar angeboten.“ „Ganz uneigennützig natürlich. Was für ein Problem hast du mit deinem Partner?“ Iwaizumi verschränkte die Arme vor der Brust und war froh darum, nicht weiter über sich und Goshiki zu reden. „Er datet meine Tochter“, war die knappe und grimmige Antwort. Iwaizumi lachte bellend auf, beruhigte sich aber schnell wieder, als sein Kollege ihm einen finsteren Blick zu warf. Iwaizumi wusste noch aus seiner Zeit als Partner von Akamiya, dass man dann nicht mit ihm scherzen sollte. „Du weißt, dass ich sie wie meinen Augapfel hüte und jetzt hat sie sich in diesen Idioten verguckt.“ „Ist er wirklich so schlimm oder findest du es nur nicht gut, dass es ein Polizist ist, den sie datet?“, wollte Iwaizumi wissen. „Er ist nicht verkehrt, dennoch hat er an sich zu arbeiten und im Moment sollte er nicht an meine Tochter denken. Sie ist dabei, ihre Masterarbeit zu beenden.“ Akamiya schüttelte den Kopf und inhalierte drei Mal, ehe er wieder zu sprechen begann: „Ich kann sie nicht daran hindern, aber ich fände es besser, wenn er nicht mein Partner wäre.“ „Und du willst nicht einfach mit irgendjemanden tauschen“, führte Iwaizumi den Satz weiter. Er nickte. Es klang logisch. „Ich weiß, dass er in guten Händen bei dir ist und du ihn in die richtige Richtung schubsen wirst. Um-gekehrt solltest du wissen, dass ich auf deinen stürmischen Welpen aufpasse.“ „Er ist nicht mein Welpe!“, widersprach er sofort und spürte wie seine Ohren zu glühen begannen. „Ich bin zwar alt, aber nicht dumm und blind schon gar nicht. Ich weiß, dass du den Kleinen gern hast. Du musst nur deinen Hintern hoch kriegen und auf ihn zu gehen. Überleg es dir!“ „Mache ich!“, versprach Iwaizumi, ehe sich Kollegen zu ihnen gesellten und das Thema eh vorbei war. Zurück an seinem Platz schaute er auf sein Handy und sah eine weitere Nachricht von Goshiki. Goshiki Tsutomu schrieb: Danke, Iwaizumi-san! Ich hab dir ein paar Bilder geschickt. Vielleicht magst du ja beim nächsten Training mitkommen. Er hatte ein Foto geschickt, das zeigt, wie einige am Strand Volleyball spielten. Sein Herz setzte einen Moment aus, als er ihn in Badeshorts sah und er schaute sich schnell das nächste Bild an. Es war ein wütender Shirabu. Iwaizumi Hajime schrieb: Ich bin beim nächsten Mal dabei. *** „Das war großartig, Iwaizumi-san!“, jubelte Goshiki, obwohl er eben verloren hatte. Iwaizumi sah verwundert zu dem Jüngeren, der auf ihn zu rannte und ihm dann stürmisch um den Hals fiel. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen und so strauchelte er zuerst einen Schritt zurück und verlor dann das Gleichgewicht. Ungeschickt fielen sie Beide zu Boden. Iwaizumi ächzte unter dem Aufprall auf den Boden und Goshikis Gewicht. „Oh... uhm... entschuldige!“ „Schon gut“, murmelte Iwaizumi. Es wunderte ihn nicht, dass sein Kollege keine Anstalten machte aufzustehen. Sicherlich dachte er da gar nicht dran. Stattdessen sah er ihn nur besorgt und mit großen Augen an. „Mir ist nichts passiert.“ Iwaizumi schnaubte und zog seine Brauen zusammen, dass sich die Falte zwischen der Stirn bildete. Die Besorgnis wandelte sich in Nervosität und er spürte nur zu genau, wie der Andere sein Gewicht veränderte. Es war nicht so, dass er sich unwohl fühlte bei der Nähe des Jüngeren, aber es würde sicherlich nur blöde Sprüche hageln, wenn jemand sie mitbekam, sollte das nicht schon der Fall sein. Er traute Tendou zu, dass er still in einer Ecke stand und nur auf den perfekten Moment wartete, um sich über sie lustig zu machen. Dabei hatte Iwaizumi mittlerweile wirklich etwas für den Jüngeren übrig. „Würdest du...“ Die weiteren Worte gingen unter, da Goshiki ihn einfach küsste. Es war kein sanfter Kuss, wie man es sich von einem ersten Kuss vorstellte. Goshiki war zu stürmisch gewesen und so trafen nicht nur ihre Lippen hart aufeinander, sondern auch ihre Zähne. Iwaizumi war zu überrascht, um schnell genug darauf reagieren zu können, da löste sich Goshiki mit hochrotem Kopf schon wieder von ihm. Er stammelte mehrmals etwas, das allerdings überhaupt keinen Sinn ergab. Iwaizumi griff nach dem Gesicht des Jüngeren und hielt es fest. „Idiot! Sei still und lass dir zeigen, wie man jemanden küsst“, brummte Iwaizumi nicht weniger verlegen, ehe er den Jüngeren zu sich zog. Dieses Mal trafen sich ihre Lippen nicht ganz so hart. Auch wenn dieser Kuss nicht sonderlich sanft war, ihre Zähne klapperten nicht aneinander und Goshiki überließ tatsächlich Iwaizumi die Führung, der aufpassen musste, dass er nun nicht zu stürmisch wurde. Sie lösten sich nach kurzer Zeit atemlos voneinander. „Verstanden?“ Iwaizumis Stimme war etwas rauer als normalerweise. Goshiki schien nur nicken zu können, da aus seinem Mund weiterhin kein passabler Satz kommen wollte. Es war niedlich und ließ Iwaizumi schmunzeln. „Es wäre trotzdem besser, wenn du mich jetzt aufstehen lassen würdest. Ich möchte nicht, dass man uns so sieht“, versuchte Iwaizumi ihn ein zweites Mal dazu zu bewegen, dass er aufstand. „Aber warum nicht? Ich dachte, wir wären nun... na ja... zusammen?“ Hastig und übereilig rappelte sich Goshiki auf. „Halt warte! So war das nicht gemeint.“ Iwaizumi seufzte. Warum hatte er sich nicht besser ausgedrückt. „Ich möchte nur nicht, dass jeder gleich davon Wind bekommt, dass etwas zwischen uns läuft. Ich mag dich - mehr als gut für mich ist, Tsutomu.“ Sofort erschien ein kleines Lächeln, welches sich zu einem glücklichen Grinsen ausweitete, auf dem Gesicht des Jüngeren. „Ok, dann bleibt es vorerst unser Geheimnis.“ Iwaizumi genoss das leichte Gefühl, welches sich in ihm breit gemacht hatte. Auch wenn ihm bewusst war, dass es vielleicht noch einiges zu klären gab. Wie beispielsweise die Sache, ob sie Partner bleiben könnten. Er würde das Thema ansprechen müssen, aber nicht gleich jetzt und hier. „Tz! Ihr Geheimnis! Das hätten sie wohl gerne!“ Tendou verschränkte die Arme und drehte sich in einer ungesunden Haltung zu Semi, der nur die Augen verdrehte. „Und ich dachte, du wärst nun endlich froh, dass es zwischen ihnen geklappt hat.“ Semi schüttelte seinen Kopf und zog sich seine orangefarbene Jacke an. „Lass ihnen vorerst ihre Zweisamkeit!“ Tendou schnaubte unzufrieden, aber Semi ging in die andere Richtung und ließ ihn einfach stehen. So blieb dem Rotschopf nichts anderes übrig, als zu folgen. Er hatte den Schlüssel für die gemeinsame Wohnung nicht. „Aber nur ganz kurz. Ich will immerhin wissen, wie sich unser Welpe macht und wir müssen uns überlegen, wem wir jetzt einen Farn schenken. Es soll weitere glückliche Paare geben, findest du nicht?“ „Ich bezweifle, dass es noch einmal klappt.“ „Findest du nicht, Shirabu hätte auch etwas Glück verdient?“ Tendou summte vergnügt, als er Semi schimpfen hörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)