Remember Our Love von blackNunSadako ================================================================================ Kapitel 4: Home bittersweet Home -------------------------------- 5 Jahre ist es nun her... 261 Wochen... 1827 Tage... als wir uns zum ersten Mal begegnet sind.   Vollends alkoholisiert und übersät mit Wunden, bist du mitten in der Nacht in mein Behandlungszimmer gestürzt... Die Tür dabei beinahe aus ihren Angeln reißend, hast du wie ein verletztes Wildtier dein Knurren verlauten lassen. Mit einem geräuschvollen Knall, von dem dich stets begleitenden Chaos, bist du in mein Leben getreten.   Wie selbstverständlich, als ob alles und jeder dir gehöre, hast du dich lässig auf die Liege gelegt; „Flick mich, Doc“, hat deine vom Alkohol verdunkelte Stimme mir befohlen, in ein obszön-dunkles Lachen übergehend.   Die lasziven Blicke, welche du mir aus verschleierten Bernsteinen hast zugeworfen, gepaart mit der anzüglichen Mimik deiner sich hebenden Augenbrauen... haben mich an den Rande des Wahnsinns getrieben.   Du bist der außergewöhnlichste Patient meiner gesamten Laufbahn als Mediziner gewesen... Als egoistisch, unkultiviert und... faszinierend habe ich dein Auftreten empfunden.   Dich erforschen ist es, was ich gewollt habe. Nach dem Ergründen deines Charakters strebend.   Du hast mir dein Wort des Wiedersehens gegeben und es gehalten. Bist immer und immer wieder zu mir gekommen, bis du meine inneren Mauern zertrümmert hast.   Dein flammendes Temperament hat mein erkaltetes Herz zum Schlagen gebracht.   Wie Sekunden sind die Tage vergangen... Wie Minuten die Wochen... Der Augenblick, welcher uns in Zwei gerissen hat, ist zeitgleich der Wendepunkt unserer Ära gewesen.     Was für eine Rolle spielt die Zeit? Sie ist unbedeutend, solange man den Moment lebt...   Welches Gefäß kann den Wert unserer Erinnerungen messen? Keines, unser gemeinsames Andenken ist unerschöpflich...   Und dennoch frage ich mich; Warum ist es das deinige Gesicht, welches in meinem Geiste in durchsichtigen schwarz-weiß Pigmenten verblasst.   Ich finde keine Antwort darauf... Kann den Grund nicht nennen... Weiß nicht, wo ich das Puzzleteil, welches deinen Namen trägt, suchen muss...   Ich brauche dich. ...Ohne dich schaffe ich es nicht, Kid...       ~♡~       In Begleitung eines stummen Seufzens zog ich mir meinen gelb-schwarzen Kapuzenpullover über meinen Kopf, ehe ich meine Armen nacheinander durch die Ärmel des selbigen steckte. Meine blaue, schwarz-gesprenkelte Beinbekleidung und meine dunklen Schuhe trug ich bereits. Meine unentwirrbaren Gedanken blieben bei meinem farblosen Traum, welcher sich nicht illustrieren wollte.   Letztlich setzte ich mir die gefleckte Mütze locker auf meinen Kopf und positionierte mich abermals in dem blassbläulichen Rollstuhl. Beziehungsweise: Einer exakten Nachbildung des zuvor zertrümmerten Modells. Der Stand meiner Beine war noch zu unsicher, als dass ich über längeren Zeitraum hätte selbständig gehen können.   Ich bin es leid, von Ungewissheit geplagt zu sein... Und kann dennoch nichts dagegen ausrichten...   Penguin reichte mir daraufhin mit einem leisen Knurren die Unterlagen, welche ich für meine Entlassung benötigte. Seine dunkelgrünen Augen spiegelten dabei Zweifel und Sorge wider.   „Bist du dir auch wirklich sicher, Law?", fragte er mich zum dritten Male und erhielt abermals ein stummes Nicken Meinerseits als Antwort, was ihn sichtlich unzufrieden stimmte. Als ich die Papiere an mich nehmen wollte, hielt er das andere Ende der Schriftstücke beharrlich fest. „Du weißt, dass du jederzeit wieder zu uns zurückkommen kannst. Versprich uns, dass du auf dich aufpassen wirst."   So sehr ich die Fürsorglichkeit auch schätze... Geht sie mir zunehmend auf meine strapazierten Nerven...   Hinter mir, mit seinen Fingern eisern die Griffe des Rollstuhls umklammernd, nickte Shachi eifrig, der Aussage seines besten Freundes zustimmend. Beide wollten sie mich unter keinen Umständen gehen lassen.   „Und wenn du dich einmal einsam fühlst, Law, dann komm einfach zu uns. Wir sind immer für dich da", flüsterte Shachi traurig und senkte seinen Kopf, seine orangenen Haarsträhnen streiften dabei sanft über meinen Nacken. „Menno, ich hasse Abschiede... Die sind total blöd und bringen nichts als Traurigkeit mit sich."   Dass die beiden einen solchen Aufruhr veranstalten würden, war mir nicht bewusst gewesen. Abermals fragte ich mich, in welcher Verbindung ich zu ihnen stand. Ihr Verhalten konnte meine Entscheidung jedoch in keinster Weise beeinflussen. Überall war es besser, als in dieser eintönigen Einrichtung, in welcher ich nicht mehr sein wollte. Mit ihr verband ich äußerst unliebsame Erinnerungen, welche ich zu verdrängen versuchte.   Schließlich gab ich mich seufzend geschlagen und versprach ihnen, sie zu kontaktieren, falls mein gesundheitlicher Zustand sich verschlechtern sollte. Shachi gab mir noch einen Zettel, auf welchem die Adresse der Beiden, mitsamt einer Handynummer notiert war, und schob mich dann langsam aus meinem Zimmer, während Penguin die gepackte Tasche meiner Habseligkeiten hinter uns hertrug.   Am Eingang des Gebäudes empfing mich mein Abschiedskomitee, bestehend aus Ace und Ruffy. Ersterer hatte allem Anschein nach seinen Bruder herbeigeholt und wartete mit ihm zusammen ungeduldig auf meine Entlassung. Mister Eustass und Mister Smoker befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in Behandlung ihrer zugezogenen Wunden.   „Traffy!“, brüllte der Strohhut nun mit ohrenbetäubender Lautstärke durch das sämtliche Untergeschoss und zog mit seinem unüberhörbaren Stimmorgan jegliche Blicke umherstehender Patienten und Besucher auf sich. Als mein Rollstuhl vor den beiden Brüdern zum Stehen kam, lächelnden sie mich unisono an und stellten sich mit wenigen Zentimetern Abstand je Links und Rechts neben mich. Das Wort `Distanzzone´ schien für sie schlichtweg nicht zu existieren.   Gleich zwei hochbeglückte Gesichter in doppelter Ausführung zu sehen, erträgt mein mitgenommenes Gemüt nicht... In solchen Momenten wünsche ich mir die einsame und ruhige Isolation zurück-   Noch im selbigen Atemzug sprang Ruffy mich mit offenen Armen freudestrahlend an. Seine aufbrausende Umarmung hätte ihn, mitsamt mir selbst beinahe aus dem rollenden Gefährt gerissen. Fünf endlos anhaltende Sekunden drückte er mich an sich, an den roten Stoff seiner offenen Weste, mit einer Kraft, welche niemand dem schmächtig aussehenden Jungen jemals zugetraut hätte. Ehe er mich mit seinen Händen an meinen Schultern packte und mich teils frohmütig, wie auch todernst anschaute.   „Dir geht’s ja schon viel besser! Du hast dich nicht verändert: Waschbär-Augenringe, Pusteblumen-Mütze und immer noch keine einzige Lachfalte, Shishishi! “, erkannte er in gleichbleibend lautem Tonfall, ohne sich selbst zu dämmen, bis sein erheiterter Gesichtsausdruck sich schlagartig verfestigte.   „Hast du auch genug Fleisch gegessen?“, fragte er mich, seine Stimme bei dem Wort `Fleisch´ voller Ernsthaftigkeit und träumerischer Abschweifung. Bei dem Gedanken an deftiges Essen leuchteten seine Rehbraunen Augen auf und nahmen die Intensität einer frisch gebratenen Fleischkeule an, während er einmal deutlich schluckte.   Für den Strohhut ist Nahrung das Heilmittel gegen jedwede Erkrankung...   Mit meiner flachen Hand drückte ich den Strohhut-Jungen sanft von mir weg, woraufhin er meine Schultern losließ und mich leicht beleidigt ansah. Dabei schob er seine Unterlippe nach vorne, was mir ein amüsiertes Schmunzeln auf meine Lippen brachte. Doch hielt sein getrübter Gemütszustand nicht lange an, bevor wieder ein freudiger Ausdruck auf seinen Gesichtszügen einkehrte, als sein Bruder ihm mehrmals lachend mit seiner flachen Hand auf seinen Rücken schlug.   „Haha! Du weißt doch, wie er ist, Ruff: Viel zu schüchtern um zu zeigen, dass er sich freut uns zu sehen“, schmunzelte Ace mich an und erhielt einen minder angesäuerten Ausdruck Meinerseits als Antwort.   Einerseits erfreulich, größtenteils als nervenzehrend, empfand ich den stürmischen Empfang der Brüder. Zum Beantworten seiner Aussage fühlte ich mich nicht verpflichtet und ließ sie daher offen stehen. Mit aufgeschlossenen und unverblümten Personen wusste ich schlichtweg nicht recht umzugehen, weswegen ich den direkten Kontakt zu solchen Menschen vorzugsweise mied.   Der orangehaarige Pfleger scheint die einzige Ausnahme zu sein, welche ich über die Jahre in mein Leben gelassen habe, wenn ich der Aussage Penguins Glauben schenken kann... Der Grund bleibt mir jedoch schleierhaft...   Als zufällig im nächsten Augenblick ein Essenswagen des Krankenhauses von der Küche im Untergeschoss Richtung Aufzug geschoben wurde, rümpfte Ruffy augenblicklich seine geschulte Nase. Er roch den Geruch nach fleischhaltigen Gerichten vom hintersten Flur aus bis zu unserer Position. Woraufhin er ungehindert losrannte; „Fleisch!“, hörten wir ihn noch jubelnd rufen, ehe er auf den langen Gängen verschwunden war. Im Anschluss ertönte das Klappern diverser Metall-Tabletts, sowie das empörte Rufen einer weiblichen Küchenhilfe.   Ace strich sich verlegen über seinen Nacken, ein wissendes Schmunzeln seine sommersprossigen Wangen zierend, während er unentschlossen zwischen dem linken Flur und mir hin und her schaute. Letztlich verbeugte er sich entschuldigend vor uns und rückte dann mit einer Handbewegung seinen Cowboyhut auf seinem Kopf zurecht.   „Ruff ist wirklich unverwechselbar... Als großer Bruder muss ich für seine Fehler einstehen und auf ihn aufpassen“, schmunzelte Ace mit einem müden, doch brüderlich stolzen Lächeln. Und verabschiede sich dann winkend von uns, bevor er dem Strohhut nachjagte. Meine Augen verfolgten seine rennende Figur, Penguin und Shachi taten es mir gleich.   „Hey, lass' mir auch noch was übrig!“, vernahmen wir Ace' lachende Rufe im Gang, sowie das deutliche Magenknurren, welches seine hastigen Schritte begleitete. Einige Sekunden später hallten die scheppernden Geräusche weiteres Geschirrs nur noch lauter durch die ruhige Krankenhaus-Kulisse.   Law, du möchtest nicht wissen, was genau sich dort hinten abspielt... `Law´... Dieser Name klingt in meinen Ohren immer vertrauter...   Ein einvernehmliches Schweigen breitete sich zwischen unserer kleinen Drei-Mann-Gruppe aus, welches äußerst beruhigend auf mich wirkte. Dann kehrte die Stille ein... Bis das Klingeln des Fahrstuhls hinter uns erschallte. Begleitet wurde die schrille Tonfarbe durch die kraftvolle Stimme Eustass Kids, noch bevor die metallischen Türen sich vollends geöffnet hatten. Dazu dröhnten zwei paar Stiefel über den laminierten Boden des Eingangsbereiches.   „Mit dem Sitzpisser da“, zeigte Eustass laut murrend mit seinem Daumen auf den neben ihm laufenden Officer, „steig ich nie wieder freiwillig in so'n Teil. Da geb' ich mir lieber 'ne Kugel! Ist echt ätzend, die grimmige Visage der Stummheit in 'ner knallengen Metalldose für mehr als 2 fucking Sekunden zu ertragen.“   Und damit ist die kurzweilige Ruhe dahin gewesen...   Ohne seine schnellen, aufstampfenden Schritte zu verlangsamen, griff Eustass in seiner laufenden Bewegung nach der gepackten Tasche, die er Penguin entriss, und zeitgleich über seine Schulter warf. Voller Dreistigkeit hob er mich anschließend ohne meine Erlaubnis aus dem Rollstuhl, trug mich auf beiden Armen vor sich und steuerte frei von Umschweifen mit mir die Eingangstür an. Sein entschlossener Blick war stur geradeaus gerichtet, während der Meinige sich nicht zwischen Bestürzung und Erbostheit entscheiden konnte.   „Lass uns endlich hier abhauen“, sprach er grummelnd, mich nicht ansehend, und durchschritt, mitsamt meiner Wenigkeit die gläserne Doppeltür. Er achtete auf nichts und niemanden, keinen der aufdringlichen Blicke fremder Menschen, da sie ihm schlichtweg gleichgültig zu sein schienen und sie an seinem starken Selbstbewusstsein abprallten.   `Geduld´ und `Schamgefühl´ kennt dieser Mann nicht...   Der locker anliegende Verband um seine Brust bestätigt mir, dass er ebenso wenig Duldsamkeit für seine Behandlung hat aufbringen können..., erkannte ich nachdenklich und betrachtete mir die weißen Bandagen, welche bis zu seinem Hals reichten. Unbewusst strich ich mit meinen kühlen Fingerkuppen über die verheilte Brandnarbe an seiner linken Halsbeuge, deren dunklere Pigmentierung sich leicht abhob und wärmer wirkte, als die umliegenden Hautpartien. Wo er sie wohl her hat...?     Vor dem Krankenhaus parkte ein gelbfarbenes Taxi, welches Eustass zuvor bestellt haben musste. Direkt vor der rechten Hintertür des Autos stoppte er, öffnete die selbige mit einem groben Ruck und setzte mich auf der Sitzbank ab, die Tür hinter mir wieder lautstark zuschlagend. Nachdem er mein Gepäck im Kofferraum verstaut hatte, begab er sich auf die andere Seite der Hintersitze.   Überaus missgelaunt von seinem kompromisslosen Verhalten, warf ich ihm einen gereizten Blick zu, verschränkte meine Arme vor meiner Brust und entschied mich dazu, ihn mit über die Stirn gezogener Fellmütze zu ignorieren. Meine Augen richtete ich ausschließlich auf das Fenster zu meiner Rechten.   Durch die Scheibe sah ich den wütenden Officer, welcher soeben seinen Wagen entdeckt hatte und so laut fluchte, dass manche seiner Worte selbst zum Taxi-Inneren durchdrangen. Als Smoker, mit einer pulsierenden Wutader auf seinem Hals, auf unser Gefährt zustürmen wollte, trat der Fahrer eilends auf das Gaspedal. Woraufhin ich kurz aus meinen Augenwinkeln zu eben diesem sah.   Hat Eustass ihm bereits die Adresse verraten? Oder woher weiß er, wohin-?   „Die Wahrscheinlichkeit einer unproblematischen Fahrt liegt bei achtundneunzig Prozent“, begann der blondhaarige Taxifahrer mit vollends gelangweiltem Gesicht und gezackten Tätowierungen über seinen müden Augen zu sprechen, seine Stimme voller Eintönigkeit und ohne jeglichen Ausdruck. Desinteressiert fuhr er sein Selbstgespräch weiter fort. „Eine sechzig prozentige Chance für Stau... vier Prozent für einen Unfall. Die Fahrtzeit beträgt 23 Minuten.“   Ihn ein letztes Mal mit einer hochgezogenen Augenbraue musternd, tat ich sein seltsames Verhalten gedanklich als leicht umnachtet ab, bevor ich mich abermals auf das Fenster konzentrierte. Was ich dann erblickte, war noch viel fragwürdiger, als unser ominöser Fahrer. Meine Augen verengten sich währenddessen sichtlich.   Sehe ich Geister...?   Im Schatten, hinter der Ecke des Krankenhausgebäudes hervorschauend, stand eine Figur, deren Augen einzig und allein auf mich gerichtet waren. Das Auftreten der männlichen Gestalt wirkte überaus suspekt und zwielichtig.   Ich konnte von meiner sich bewegenden Position lediglich seine verdunkelten Gesichtszüge sehen. Ein goldenes Piercing in Form eines Rings zierte seine Nase, spitze Zähne seine verärgerten Mundwinkel. Das auffälligste Merkmal waren seine weit abstehenden, hellgrünen Haare.   Als wir beinahe außer Sichtweite waren, bewegte sich seine Lippen, langsam und jede Silbe beim Flüstern betonend. Er schien eine Drohung auszusprechen, doch konnte ich nur ein einziges Wort von ihnen ablesen: `S.e.n.p.a.i.´   Was oder wen der Fremde meinte, wusste ich nicht. Jedoch beschlich mich ein ungutes Gefühl, welches ich beschloss für mich zu behalten.   Zwei merkwürdige Begegnungen an einem Tag, von welchen ich mir mit einer ein Auto teilen muss... Ich bin von Glück gesegnet... Fortuna ist mir wieder hold...   Während der Fahrt murmelte der Fahrzeuglenker weiter vor sich hin, erzählte von den Wetterprognosen der nächsten Tage, sowie den kriminellen Geschehnissen. Eustass trat irgendwann genervt gegen den Fahrersitz; „Keiner will deinen Scheiß hören, komm in die Gänge, Hackspaten! Noch 'nen Ticken langsamer, und du fährst rückwärts!“, knurrte er und ließ sich schnaufend wieder in den Rücksitz fallen, mit seiner Muskelmasse die hintere Sitzbank zum leichten Vibrieren bringend.   Im Anschluss wickelte er die gelockerten Bandagen grob von seinem Oberkörper, fuhr die Fensterscheibe links neben sich mit eiligem Knopfdrücken herunter und warf das weiße Stoff-Bündel in Begleitung eines gefluchten: „Das beschissene Teil geht mir auf den Sack!“, während der Fahrt durch das offene Fenster, mitten in den Berufsverkehr. Dass sein Verband einen Sinn und Zweck besaß, interessierte ihn wenig, bis gar nicht, was mich abermals stumm seufzen ließ.   Ohne Worte... Mein innerer Mediziner rauf sich die Haare bei solch einer Unverantwortlichkeit...   Den Rest des Fahrweges verbrachten wir schweigend. Eustass bernsteinfarbene Augen ruhten indessen ausschließlich auf mir. Er machte sich nicht im Geringsten die Mühe, sein aufdringliches Starren zu verbergen und trieb seine Aufdringlichkeit auf ein neues Höchstmaß.   Das vorfreudige Funkeln in seinen Augen deutlich in seinen leuchtenden Iriden sichtbar, erinnerte er mich an einen hungrigen Raublöwen, welcher seine gejagte Beute mit Nachhause nahm. Der Gedanke daran, wer dieser jemand zwischen seinen Fängen war, behagte mir nicht. Weswegen ich meine Mütze etwas tiefer über meine Augen zog.   Ob es eine meiner geistreichsten Ideen gewesen ist, mit ihm mitzugehen...? Ich habe das Gefühl, dass mich eine weitere, unerfreuliche Überraschung erwarten wird, wenn-   „Eine vierzig prozentige Wahrscheinlichkeit auf einen spontanen Fahrziel wechsel.“   …?, warf ich dem blonden Fahrer einen minder verstörten Blick zu, Er hat doch nicht etwa...?   Ausgeschlossen, das ist ja lächerlich..., redete ich mir gedanklich meine Vermutung augenblicklich wieder aus und rollte meine Augen hinter dem gefleckten Stoff meiner Kopfbedeckung. Ich weigere mich, einen Gedanken an Aberglaube zu verschwenden...   In den letzten Schweigeminuten, bis zu unserem Ziel, überlegte ich mir einen möglichen Fluchtplan, falls ich unerwarteterweise in eine missliche Situation geraten sollte, in welche Eustass mich gegebenenfalls locken wollte. Zur Sicherheit speicherte ich die Nummer des Klinik-Duos in mein Handy ein und spürte sogleich, wie der Wagen langsamer wurde, bevor er schließlich vor einem mir fremden Wohnhaus zum Stehen kam.   Eustass stieg ohne Überlegung aus, nahm die gepackte Tasche aus dem Kofferraum und öffnete mir dann die Tür mit einem dunklen Grinsen auf seinen roten Lippen. Da ich mich unter keinen Umständen ein weiteres Mal von ihm tragen lassen wollte, zwang ich die geschwächten Muskeln meiner Beine zum Laufen. Mein Wille verdrängte jedwedes Schwächegefühl.   Als Eustass die Autotür wieder schloss und sich von dem Taxi entfernte, ohne zu bezahlen, seufzte der Fahrer ein leises: „Das habe ich kommen sehen...“, ehe er erneut das Gaspedal betätigte und wegfuhr.   Argwöhnisch wanderte mein Blick nun an dem modernisierten, rein-weißen Gebäude hinauf, während ich den stummen Eustass aus den Augenwinkeln beobachtete. Er zog einen Schlüsselbund aus der Innentasche seines Umhangs und steuerte selbstsicher auf die Haustür zu. Sein sonst so vorlautes Verhalten schien kurzzeitig eingedämmt, was ich ihm hoch anrechnete. Ich brauchte einen Moment der Ruhe, welchen er mir gab, um mich auf den nächsten Schritt vorzubereiten.   Einer mir befremdlichen Person, die ich seit einer halben Woche kenne, folge ich in deren Wohnung... Was ist nur aus meinem menschlichen Misstrauen geworden...? Ich muss verrückt geworden sein...   In der geöffneten Tür warf Eustass mir einen ungeduldigen Blick zu, deutete mir an einzutreten und schritt voraus in das Treppenhaus. Für Zweifel war es nun zu spät, weswegen ich ihm wortlos folgte, mir dabei meine von geschlossenen Türen gekennzeichnete Umgebung eingehendst betrachtend. Nichts erkannte ich wieder.   Meine Wissbegierde siegte schlussendlich über meine Bedenken. Ich wollte wissen, was mich mit diesem Mann verband und wo ich ab nun wohnen sollte.   Vor der Wohnungstür hielt Eustass ein letztes Mal an, versicherte sich, dass ich hinter ihm war, und schloss diese dann ebenfalls auf, das leise Klicken des Schlosses die Geräuschlosigkeit füllend... Indessen ich interessiert auf das Türschild zu meiner Linken blickte und unwillkürlich ein leichtes Schmunzeln meine Lippen umspielte.   Folgende Zeile waren dort in schwarzer Schriftfarbe ornamentiert:   [ Eustass Kid & Trafalgar Law ]           ###           Versautes Heim, alles Mein... Oder wie auch immer der ausgelutschte Spruch geht...   Als ich die Suff-Bude – wie ich unsere Luxus-Behausung liebevoll nannte – betrat, musste ich zwei Dinge feststellen: Erstens hatte sich der muffige Geruch nach herber Biernote und gammeligen Klamottenbergen in Luft aufgelöst. Und Zweitens war es hier so sauber, dass man vom Boden hätte essen können.   Warum? Tja, weil Eustass Kid einen wahrhaftigen Plan gehabt hat, der ihm obendrein den Arsch rettet!   Der auf den letzten Drücker Notfall-Plan hieß: `Operation blonder Wischmop´, wie ich ihn gedanklich mit einer edlen Flasche Rum taufte. Auf meinen besten Mann war halt immer Verlass, was meine Brust mit Stolz erfüllte.   Mit einem selbstüberzeugten Grinsen auf meinen roten Lippen drehte ich mich zu Trafalgar um, forderte ihn mit einem schnellen Handschwenken zum Eintreten auf. Und pfefferte zeitgleich seine mit Backsteinen gefüllte Tasche in die nächste Ecke, neben das rechts im Flur stehende Schuhregal, sodass zwei Stiefel aus diesem polterten.   Meinen Mantel hing ich mit einem Schwung fast ordentlich auf den linken Kleiderständer und schob den unschlüssig vor der Wohnungstür rumstehenden Law eigenhändig in die Wohnung. Als er seine interessierten Augen auf die Flureinrichtung tackerte, schloss ich sicherheitshalber hinter seinem Rücken die Tür ab - Zweimal, um auf Nummer sicher zu gehen.   Erst dann atmete ich erleichtert aus, ließ dabei meine gestrafften Schultern nach unten sacken und konnte meinen Sieg in vollem Maße auskosten.   Ich hab Trafalgar dahin gebracht, wo er hingehört: Hier bei mir, an meine Seite..., dachte ich grinsend und lobte mich selbst anerkennend, mir in Gedanken auf die Schulter klopfend. Nach 2 fucking Monaten ist er endlich wieder mit seinem Arsch Zuhause!   Mit meinem Blick verfolgte ich den durch die Wohnung geisternden Chirurgen, dessen Gesicht keinerlei Regung zeigte, während er sich in seinem neuen, alten Heim genauestens umsah. Nachdem er mit der Untersuchung des langen Flurs fertig war, wanderte er in Richtung Küche, dem ersten Raum Links von uns, woraufhin meine Beine sich ebenso in Bewegung setzten. Selbst die Fressalien-Stube war blitzblank geleckt; die schwarz-weißen Kacheln klebten nicht mehr unter meinen Sohlen und die marmorierte Küchenzeile strahlten in einem Licht, das sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte.   Und ich hab uns're Fliesen bis gestern für grau gehalten...   Als Trafalgar gedankenversunken mit seinen Fingern über die geputzte Theke strich, klingelte mein Handy und spielte dabei laut dröhnend den Klingelton: `Arschloch und Spaß dabei´ Eine schnelle Handbewegung in meine gefleckte Hose – Nein, nicht um meinem besten Stück meinen Dienst zu erweisen, knapp daneben - dann scrollte ich durch die Mitteilungen meines Handys. Um genau zu sein waren zwei Nachrichten vom selben Absender geschickt worden.   Nummer Eins bestand aus einer Bild-Mitteilung. Es war ein Foto von der wütenden Dampflog und seinem fucking einmaligen Gesichtsausdruck zwischen `Ich-reiß-jemandem-den-Arsch-auf´ und `Vor-Pissigkeit-fast-platzend´, während er seine verschönerte Karre mit Blicken zu Tode dolchte.   Nummer Zwei war eine Textnachricht, die kurz darauf gesendet wurde:   Killer an Kid (15:08 Uhr)   Rauchflotte ist mit deinem Kulturdenkmal in den Krieg gezogen – Wette gewonnen. Der nächste Kasten geht auf deine Rechnung.   P.s. Halte dich fern von der Abstellkammer.   Wir hatten gewettet, ob die Duftschwade des Gesetzes meine Deko vor der Abfahrt auf dem öffentlichen Krankenhausparkplatz abschrubben würde oder nicht. Der Einsatz war ein Bierkasten. Nachdem ich Killer mit einem kurzen: `Geht klar´ geantwortet hatte, schob ich mein Handy wieder zurück in meine Hosentasche.   Ego gepuscht, Selbstvertrauen gestärkt... Was will Mann mehr? Die paar Kröten für den Kasten, den ich sowieso allein leersaufen werd, kann mir die Laune nich' versauen...   Trafalgar war mit seiner Besichtigung durch die Küche fertig, woraufhin ich ihn ins gegenüberliegende Wohnzimmer führte. Kamin, Schneeleoparden-gemusterte Eckcouch, gläserner Wohnzimmertisch und Flachbildfernseher wurden ebenso genau von ihm inspiziert, bevor er sich ausgepumpt und seufzend auf die Polsterung setzte. Seine silbernen Augen waren nachdenklich nach Rechts, auf den hinter Glasscheibe verborgenen Balkon gerichtet.   Solange er in seinen Gedanken herumgeisterte, konnte man eh nichts mit ihm anfangen und um ihm das Eingewöhnen zu erleichtern, zeigte ich mich heute von meiner besten Seite. Ich, Eustass Captain Kid, ging freiwillig zu der okkulten Apparatur namens `Kaffeemaschine´ und brühte Law die stärkste Dröhnung, die er nach 2 Monaten Entzug mit Sicherheit nötig hatte.   Meine perfekte Wenigkeit stand auf starke und herbe Getränke. Die braune Brühe des Todes roch für mich nach übersäuertem Schmieröl, weswegen ich Energydrinks als Antriebsstoff favorisierte.   Soll nicht heißen, dass ich von Laws Kaffeenote abgeneigt bin... Fuck, ein Kuss seiner bitter-süßlichen Lippen pustet mir alle Licht- Da dran darf ich echt nich' denken, sonst wird’s ungemütlich in meiner Hose...   Zehn knatternd-ratternde Minuten in der Küche, mitsamt sexueller Frustration später, hielt ich die dampfende Kaffeetasse in meinen Händen und brachte sie zurück ins Wohnzimmer. Der Chirurg hatte sich keinen Millimeter gerührt. Sein Kinn auf seinem Handrücken bettend und seinen Ellenbogen auf seinen überschlagenen Beinen abgelegt, starrte er immer noch aus dem Balkonfenster...   Bis ihm ein wohlbekannter, bitterer Geruch um seine Nase wehte und er seinen Kopf sofort zu mir drehte. Bloß richtete er seine kurzzeitig funkelnden Augen nicht auf mich, sondern das dampfende Objekt seiner Begierde in meiner Hand.   Ist ja klar gewesen.... Den Prachtkerl von Mann, der vor ihm steht, ignoriert er, die Schmieröl-Brühe natürlich nicht...   Dass ihm die dunkle Dröhnung gefehlt hatte, merkte er wohl erst jetzt, nachdem sie in unmittelbarer Reichweite seiner tätowierten, fast zitternden Finger war, die er vom Sofa aus nach der Tasse streckte. Mit einem wissenden Grinsen überbrückte ich die wenigen Meter von Wohnzimmertür zur Couch, setzte mich locker auf den Platz neben ihm und gab ihm seinen Lebensgeister weckenden Stoff, den er dankend annahm. Einen kurzen, skeptischen Blick silberner Iriden in die schwarze Flüssigkeit später, trank er die ersten Schluck in Begleitung eines wohligen Seufzens.   Seinen Blick hab ich genau gesehen! Ich hab das Zeug schon nich' vergiftet, verdammt!   Dass er das Zeug trotzdem trank, erleichterte mich, was ich mir niemals eingestehen würde. So hielt das Schweigen, das mich langsam nervte, länger an, während Trafalgar die Tasse ohne jedes Schlürfgeräusch stumm leerte. Bloß ruhten seine interessierten Augen jetzt auf mir. Den intensiven und zugleich fragenden Blickkontakt hielt ich mit dem Meinen aufrecht, auf ein Wort Seitens des Eiswürfels wartend.   Und das Wundermittel holte den Chirurgen doch ernsthaft zurück unter die Lebenden...   „Eustass-ya, wäre ein trinkbarer Kaffee wirklich zu viel verlangt gewesen? Dieses zähflüssige `Getränk´ ist eine Abscheulichkeit, welche im höchsten Maße verboten gehört.“   ...mit all seiner sarkastischen Arroganz und respektlosen Hochnäsigkeit.   Und schon is' meine gespielte Gastfreundlichkeit über'n Jordan gegangen... Damit hat er meine Laune von einer auf die and're Sekunde wieder auf 180 gebracht!   In Begleitung eines Knurrens verzog ich meine roten Lippen zu einem pissigen Ausdruck, verschränkte zeitgleich meine Arme vor meiner freien Brust und warf ihm einen tödlichen Seitenblick zu, meine goldenen Augen dabei gefährlich aufblitzend.   „Hackt's bei dir?! Beweg' deinen Arsch gefälligst selbst in die Küche, wenn's dir nicht passt!“, knurrte ich ihm zwischen knirschenden Zähnen zu. Und wurde allen Ernstes von dem Penner ausgelacht! Meine verschränkten Fäuste ballten sich, während ich nochmals tief Luft holte, um ihm in voller Lautstärke entgegenzubrüllen... Doch blieben meine Lippen wortlos geöffnet, als mein Blick seine leise lachende Figur musterte.   Law wirkte völlig befreit und sorglos, wie schon lange nicht mehr. Mit geschlossenen Augen hielt er sich eine Hand vor seinen Mund, um sein Auflachen zu dämmen und schüttelte dabei leicht seinen Kopf, sodass seine gepunktete Fellmütze ein Stück weit von seinem rabenschwarzen Haar rutschte. Nachdem er sich wieder gefangen hatte, flüsterte er in seine vorgehaltene Handfläche.   „Dies ist der Mann, den ich vor wenigen Tagen kennengelernt habe... Berechenbar, impulsiv und vorlaut“, wisperte er zu sich selbst redend, mied meinen blinzelnden Blick und lehnte sich lässig zurück in die Sofalehne, mit seinen amüsierten Augen die Wohnzimmerdecke anvisierend. Ich hätte seine Worte fast nicht verstanden, wäre ich nicht direkt neben ihm gewesen.   Was ist denn jetzt kaputt? Hab ich planlos 'nen ordentlichen Schuss in seinen Kaffee gekippt...?   Was soll's... Law hat ja immer schon 'ne Schraube locker gehabt, für 'ne Reparatur ist's eh zu spät..., grinste ich, fuhr mir abwesend mit meiner Hand durch meine rote Mähne und ließ mich ebenso in die Lehne zurückfallen, meine Arme Links und Rechts auf dem Polster ablegend. Ihm mit schief gelegtem Kopf einen letzten, prüfenden Blick zuwerfend, zuckte ich locker mit meinen Schultern. Wenigstens hat er seine kritische und distanzierte Art mir gegenüber endlich in den Wind geschossen...   Wir saßen noch einige Minuten hier, uns wie totale Vollidioten schweigend anblickend, mein Grinsen mit seinem Schmunzeln erwidernd. Die Stimmung um uns schien sich mit einem Mal völlig entspannt zu haben und der Normalität zu entsprechen. Keiner von uns brauchte ein Wort loszuwerden.   Law ließ mich sogar für kurze Zeit den Rücken seiner tätowierten Hand mit meinen Fingern streifen, sodass sich unsere Hände auf der Sofalehne berührten, ohne dass er sich dem Körperkontakt entzog. Ich wollte testen, wie weit ich gehen konnte, doch näher als auf einen halben Meter Abstand auf der Couch konnte ich nicht rutschen, bevor er aufstand, um sich zufällig in dem Moment die Wohnung weiter anzusehen.   Da kommt noch 'n hartes Stück Arbeit auf mich zu, bis ich seine kalte Nussschale geknackt hab... Umso besser... Ohne Herausforderung macht das Jagen auch keinen Spaß...     Die nächste Tür an der linken Flurseite, neben der Küche, war das große Badezimmer, mit Dachfenster, schwarzer Eckbadewanne und zwei Ganzkörper-Spiegeln. Trafalgar musterte sein zerstreutes Spiegelbild, das er seit seinem Erwachen noch nicht im Gesamtpaket begutachten konnte und schmunzelte sich selbst eingebildet entgegen. Trotz Müdigkeit und Erschöpfung sah er immer noch rattenscharf aus, was ich nicht leugnen konnte. Ich selbst bewunderte für mehrere Augenblicke meinen stählernen Körper, mitsamt meinen hart verdienten Muskeln in dem großen Spiegel neben ihm.   Tja, ich bin und bleibe halt unwiderstehlich...   Der nächste Halt war unser Schlafzimmer, gegenüber dem Bad. Als ich das große Doppelbett in Rot- und Schwarztönen sah, kam ich nicht drumherum, mir vorzustellen, die ordentlich zusammengelegte Bettwäsche mit unseren Körpern wieder in Chaos zu stürzen, wie wir es in heißen Nächten nicht selten getan hatten. Ich schluckte deutlich, während ich die Bilder aus meinem Kopf wegjagte. Es war noch zu früh, um meinen dreckigen Fantasien nachzugehen... Dafür würde ich sie versauter denn je ausleben, wenn es soweit war.   Vielleicht sollte ich davor 'nem Sexshop 'nen Besuch abstatten und-   Von meinen nicht jugendfreien Gedanken abgelenkt, merkte ich das Umherstreunen des leichtfüßigen Chirurgen nicht, der in die beiden übergroßen Kleiderschränke hineinsah, die an je einer Wandseite standen. Doch waren die zusammengeworfenen Klamotten da drin nicht das größte Übel... sondern die Tür der Abstellkammer, die sich rechts daneben befand. Eigentlich wurde die von uns kaum benutzt, weswegen ich nicht erwartet hatte, dass er nach dem Griff dieser greifen würde, um 'reinzusehen.   `Halte dich fern von der Abstellkammer´, erinnerte ich mich an Killers Warnung und schluckte einmal, bevor ich meinen Arm in Laws Richtung ausstreckte, eins meiner Beine dabei nach Vorne bewegend. Shit... zu spät...   Noch bevor ich ihn davon abhalten konnte, riss er die Kammertür mit einem Ruck auf... und wurde polternd unter allen möglichen Dingen, wie fleckiger Wäsche, alten Pizzakartons und leeren Pfanddosen begraben, die Killer in Hetze dort gebunkert hatte. In Zeitlupe beobachtete ich Trafalgars nach hinten fallenden Körper und wie er seine Augen vor Erkenntnis aufriss - der bekannte Moment des `Oh Shit's´ - bevor er unter dem Müllberg begraben wurde.   Mein schadenfrohes, dreckiges Lachen war das Nächste, was nach dem lauten Poltern durch den Raum hallte. Mich für die Unordnung schämen? Pah, als ob! Aber ich war so freundlich und zerrte ihn an seinem Oberarm lachend aus dem Gerümpel raus, woraufhin er mir einen durch und durch angepissten Blick zuwarf, den ich mit einem unschuldigen Schulterzucken quittierte.   Ist er doch selbst dran schuld, wenn er so neugierig is'...     Daraufhin zeigte ich ihm stolz meinen Hobbyraum, der sich in der linken Tür am Ende des Wohnungsflurs befand. Mein bester Freund wusste, dass absolut niemand einen Finger an meine Sachen legen durfte, weswegen Killer meine Ordnung so beließ, wie sie war. Meine Trainingsgeräte standen unberührt an der linken Zimmerseite, die Wand dahinter aus Spiegeln bestehend, in denen ich meinen Körper beim Sport begutachten konnte. Rechts war meine Werkstatt, inklusive mit Kleinteilen überfüllter Werkbank zu sehen.   „Wie nett... und staubig“, konnte der Chirurg sich seinen Kommentar nicht verkneifen. Lediglich einen flüchtigen Blick warf er in den Raum. Sein Desinteresse verbarg er in keinster Weise und war obendrein immer noch mächtig angepisst.   Abwarten, bis ich meine Trainingsstunden hier drin abhalte, dann wird er mit Sicherheit wieder auf der Matte stehen und auf der hintersten Bank hocken, um mich dabei zu begaffen...     Die letzte Station unserer Roomtour war Laws geheimnisvolles Privatzimmer, dessen Zutritt er mir bisher streng verweigerte. Ich hatte es auch über die Zeit vergessen, so wichtig ist es schließlich echt nicht. ...Dachte ich. Und sollte meilenweit daneben liegen.   Naja, wenn ich meine grauen Zellen mit Peitsche und Springerstiefeln antreib' kommt eben nix Gesundes bei raus...   Irgendwas schaltete in Trafalgar, als ich auf die Tür zu seinem Hobbyraum zugehen wollte. Seine Augen weiteten sich urplötzlich und sein Gesicht verlor alle Farbe. Er erinnerte sich. An etwas, woran er sich nicht erinnern wollte.   Sofort stellte er sich mit dem Rücken abwehrend vor die verschlossene Stahltür, seine Arme Links und Recht an das Metall pressend, während er mich zuerst verschreckt, dann bestimmend ansah. Den Blickkontakt seiner dunkel silbernen Iriden nicht von meinen ungläubigen eigenen ablassend, schüttelte er leicht seinen Kopf.   „Tu es nicht“, flüsterte er mir mit dünner Stimme zu, die in der plötzlichen Stille beinahe unterging, während er sich kräftig auf die Unterlippe biss, seine unnötigen Höflichkeiten unbewusst übergehend. Ehrfurcht und Realisation begleitete seine sonst so feste und dominierende Stimmfarbe, was mich meine nicht vorhandenen Augenbrauen kritisch zusammenziehen ließ.   Ich hab ja schon immer gewusst, dass Law ein Rad ab hat... Aber sein jetziges Verhalten übertrifft echt alles...   Sekundenlang starrten wir uns an, keiner den Blick des anderen unterbrechend. Trafalgar bewegte sich keinen einzigen Millimeter weg, klammerte seine Finger fester an den Stahl der Tür, gegen die er sich drückte. Und schürte damit meine Ungläubigkeit, wie auch Interesse bloß noch mehr.   Ich musste wissen, was er vor mir geheim hielt. Sofort.   Also tat ich das, was ich immer tat, wenn ich den Chirurgen um den Finger wickeln wollte. Schließlich hatte ich jahrelange Erfahrung mit ihm und wusste, welche Knöpfe ich drücken brauchte. Locker mit meinen Schultern zuckend, unterbrach ich unser Blickduell und drehte ihm meinen Rücken zu, bevor ich mich langsamen Schrittes von ihm entfernte.   „Juckt mich eh nich'“, schnaufte ich gelangweilt und erhielt die Reaktion, auf die ich gewartet hatte. Misstrauisch und fragend sah Law mir hinterher, seine angespannte Körperhaltung währenddessen einen Ticken herunterfahrend. Nach zwei weiteren Schritten drehte ich mich nochmals zu ihm, über meine Schulter schauend, und einen meiner roten Mundwinkel gekränkt nach oben ziehend.   „Du vertraust mir halt immer noch nicht...“, wurde meine leise raunende Stimme mit schmerzlicher Wahrheit untermalt, die ich nicht verbergen konnte. Der unüberhörbare Ton der Verbitterung traf ihn genauso wie mich, weswegen er jetzt schuldbewusst seinen Kopf senkte, nachdenkend.   „Ich-“, begann er nach einigen verstrichenen Sekunden geschlagen zu wispern, doch führte er seinen Satz niemals zu Ende. Den zu Boden gesenkten Blick seiner reuevollen Silberbrillianten erneut auf mich richtend.   Du was, Traf? Entweder, Oder... Keine feigen Ausflüchte mehr...   Statt zu sprechen, entschied er sich für eine ganz und gar andere Methode, um mir seine Antwort zu geben.   Langsam ging er schweigend von der Tür weg, zum Schlafzimmer, und holte letzten Endes den Schlüssel für die Tür. Ich ließ ihn währenddessen nicht aus den Augen, bis er wieder zurückkam und sich entschlossen vor mich stellte.   Mit einem Arm um seinen Körper geschlungen, hielt er mir den metallischen Gegenstand in seiner offenen Hand hin. Seinen Kopf hatte er dabei von mir weggedreht, meinen Blick entschieden meidend.   „Ich habe dich gewarnt“, zischte er mit knirschenden Zähnen und biss sich weiterhin in seine Lippe, während er seine Augen schloss. Die Überwindung und sein innerer Kampf stand ihm regelrecht ins Gesicht geschrieben.   Jetzt war ich aber echt gespannt, was mich da drin erwartete.   Schnell hatte ich mir den Schlüssel gekrallt, ihm beim Vorbeigehen einmal dankend auf seine angespannte Schulter klopfend, und öffnete keine Sekunde später das Schloss mit einem deutlichen Klacken. Die Stille um uns war von Spannung und Erwartung gefüllt.   In Begleitung eines leisen Quietschen schob ich die langzeitig unbenutzte Tür schließlich auf. Seit einer halben Ewigkeit war Trafalgar nicht mehr in dem Raum gewesen. Ich seit unserem Einzug vor über einem Jahr nicht.   Es dauerte einen kurzen Moment, bis das Licht des Flurs die verdunkelte Kammer erhellte und ich erkennen konnte, was Laws großes Geheimnis war. Mehrmals blinzelte ich, während mich zeitgleich ein Ekel erregender Geruch erschlug.   „Scheiße...“, war das Einzige, was ich über meine leicht geöffneten, roten Lippen brachte, „...in uns'rer Wohnung liegt 'ne fucking Leiche.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)