Leere Stille von Roter_Panda ================================================================================ Kapitel 1: I - November 2000 ---------------------------- November 2000. Es geschah ganz unvermittelt. Das Geräusch dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde und riss sie dennoch aus dem Schlaf. Sofort war sie hellwach – fast, als hätte sie die ganze Nacht nur darauf gewartet. Sie drehte sich um, legte ihm eine Hand auf die schweißnasse Stirn und schaute ihn an. Er atmete schwer und starrte an die dunkle Zimmerdecke. Die Laterne auf der Straße warf den schwankenden Schatten eines Baumes auf das blasse Grau. Die Blätter müssten rauschen und doch hörte man ihr Lied nicht bis ins Zimmer. Denn die Fenster waren stets geschlossen. Nur Harrys Keuchen durchbrach die unwirklich erscheinende Stille. „Wo warst du dieses Mal?“ Harry antwortete nicht sofort. Seine Augen lösten sich von ihrer Starre und er folgte den Bewegungen der Schattenblätter. Ginny wartete und streichelte ihm derweil durch das nasse Haar. Im dunklen Zimmer wirkte es tiefschwarz. So schwarz, wie sie es aus ihrer gemeinsamen Schulzeit kannte. Einer Zeit, die ihnen nun so vorkam, als stammte sie aus einem anderen Leben. „Auf dem Friedhof. Mit Cedric.“ Ginny seufzte. „So weit zurück?“ Er warf ihr einen müden Blick aus dem Augenwinkel zu. Aufmunternd lächelte sie ihn an. Sie musste nichts sagen. Sie verstanden sich auch ohne Worte. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und schmiegte sich an seine Brust. Sein Brustkorb hob sich, als er einmal tief durchatmete. „Hast du morgen Training?“, fragte er und legte seinen Arm um sie. „Ja, aber erst am Nachmittag.“ Gedankenverloren strich sie ihm über die Brust, während der Schlaf langsam zurückkam. „Luna kommt morgen vorher zum Kaffee vorbei“, murmelte sie leicht unverständlich, als sie ein Gähnen unterdrückte. Auch Harry gähnte nun. „Schön. Grüß sie von mir.“ Kurze Zeit später wurde Ginnys Atem gleichmäßiger und tiefer. Es war das einzige Geräusch, das die vollkommene Stille durchbrach, in der Harry stets das Gefühl hatte Watte in den Ohren zu haben. Derweil starrte er weiter auf die Schattenbewegungen des Baumes. Ohne seine Brille nahm er sie lediglich als verschwommene Schemen wahr. Langsam glitt sein Blick nach rechts zum Fenster. Er konnte die im Wind sich wiegenden Äste sehen. Das Flattern der Blätter. Das kurze Beben, wenn der Wind stärker wurde und das Zittern, wenn er nachließ. Es schien ihm, als würde der Baum sich in Wehklagen wiegen und winden. Er konnte sich das Rauschen der Blätter in der nächtlichen Stille vorstellen. Er wusste wie es klang. Ein beruhigendes, friedliches Wispern. Und doch wollte er es nicht hören. Er konnte das Geräusch nicht ertragen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)