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Fallende Blüten

von

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Erkennen

Endlich ist es Frühling. An diesem Morgen springe ich geradezu den Schulweg entlang. Dass ich mich so freue liegt aber nicht nur an den warmen Temperaturen, die nach den frostigen Wintermonaten eine willkommene Abwechslung sind, sondern auch daran, dass Malik ab heute endlich wieder von seinem Gips und den Krücken befreit ist. Zur zweiten Stunde werde ich ihn in der Schule sehen. Das ist auch der einzige Grund, warum ich an einem Montagmorgen so gut drauf bin.

Die erste Stunde kann gar nicht schnell genug vorbei gehen. In der kurzen Pause zur zweiten Stunde laufe ich zu Maliks Klasse, vor der bereits der breit grinsende Junge auf mich wartet. Kaum komme ich bei ihm an, fallen wir uns kurz um den Hals. Malik mag vielleicht Bakuras bester Freund sein, doch wir verstehen uns mindestens genauso gut. Außerdem habe ich den Vorteil, dass ich auf die selbe Schule wie der Junge gehe, was mir genug Zeit mit ihm alleine verschafft. Da wir nicht in die gleichen Klassen gehen, opfert Malik sogar manchmal seine Pausen, nur um sie mit mir anstatt seiner Freunde zu verbringen. Denn was das anbelangt, teile ich ganz klar Bakuras Meinung, dass manche seiner Freunde kein guter Umgang, zumindest aber unheimlich sind.
 

„Und, genießt du deine Freiheit?“ Kurz mustere ich seinen Fuß, der wieder vollkommen normal zu sein scheint.

„Ich befürchte, jetzt wird mich keiner mehr bedienen.“ Er zuckt mit den Schultern, was mir ein leichtes Grinsen auf die Lippen zaubert.

„Och“, teile ich ihm mein Mitleid mit, das sich stark in Grenzen hält.

Dann klingelt es auch schon zur nächsten Stunde und ich gebe mir alle Mühe, nicht allzu spät in meine Klasse zurückzukommen.

Als ich am Nachmittag das Schulgelände verlasse, um nach Hause zu gehen, gesellt sich Ryuji am Schultor zu mir. Seit er und mein Bruder sich näher gekommen sind, hat er schon öfter den Schulweg mit mir geteilt, und das nicht nur von der Schule zu unserer Wohnung.

Unser Plan hatte tatsächlich funktioniert. Es war noch während der ersten Tage gewesen, die Malik im Krankenhaus gelegen hatte, als er mich eines Abends angerufen hatte. Ryuji hatte sich scheinbar sofort in Bakura verguckt, und da wir beide der Meinung waren, dass die beiden sich gut verstehen könnten, haben wir Ryuji so gut geholfen, wie es eben ging. Dass letztendlich nur etwas Alkohol fehlen würde, damit Bakura auch auf ihn anspringen würde, hatte ich jedoch nicht gedacht. Eigentlich kann ich es jetzt immer noch nicht wirklich glauben, für meinen Bruder freue ich mich trotzdem.
 

Zuhause angekommen, verschwinde ich kurz in meinem Zimmer, wo ich meinen Rucksack in eine Ecke fallen lasse und mir eine große Leinwand schnappe.

„Ich bin dann mal bei Malik“, verabschiede ich mich von Bakura und Ryuji, die in der kurzen Zeit noch nicht in Bakuras Zimmer verschwinden konnten. Vor mir vermeidet es mein Bruder Ryuji näher zu kommen, obwohl ich genau weiß, dass die beiden zusammen sind.

„Du bist doch gerade erst angekommen.“ Fragend schaut mich Bakura an.

„Ich hab dir doch gesagt, dass er mir bei einem Projekt hilft. Aber ich kann die Leinwand ja schlecht den ganzen Tag in der Schule mit mir herumschleppen.“ Kurz hebe ich das unhandliche Teil, das ich neben mir an die Wand gelehnt habe, um meine Schuhe anziehen zu können, hoch.

„Viel Spaß dabei“, wünscht mir Ryuji.

„Euch auch.“ Wissend grinse ich sie an, ehe ich meine Leinwand schnappe und aus der Wohnung verschwinde. Ich weiß genau, wie sehr Bakura diese Andeutungen hasst.
 

Auf meinem Weg von der Bushaltestelle zu Maliks Haus spüre ich noch einmal deutlich, dass nun wirklich der Frühling angefangen hat. Ein kleiner, orangefarbener Schmetterling mit schwarzen Flecken auf den Flügeln flattert munter an mir vorbei. Sofort hellt sich meine Laune noch etwas weiter auf und wie heute Morgen hüpfe ich geradezu das letzte Stück zu Maliks Haustür, an der ich sogleich klingel.

„Was ist denn mit dir los?“, fragt der Junge, kaum dass er mir die Tür geöffnet hat. „Ich dachte du hast so gar keine Lust auf dieses Projekt.“

„Hab ich auch nicht“, stimme ich ihm zu, während ich an ihm vorbei in das Haus komme. „Aber der Frühling ist da, dass ist doch Grund genug, um gut drauf zu sein.“ Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen habe, gehe ich Malik voran auf sein Zimmer.

„Und ich dachte schon, du freust dich, mich zu sehen.“ Malik setzt seinen besten Schmollmund auf, was mich kurz Kichern lässt.

„Das natürlich auch“, versichere ich ihm grinsend, ehe ich mich inmitten seines Zimmers auf den Boden sinken lasse. Meine leere Leinwand vor mir liegend. „Und jetzt erklär mir, wie genau ich diese blöde Perspektive hinbekomme.“ Immerhin ist dies der Grund meiner Anwesenheit.
 

Es vergeht eine Woche, in der ich jeden Nachmittag mit Malik zusammen an meiner Leinwand arbeite. Letztendlich habe ich ein mehr oder weniger perspektivisch gutes Bild von einem Wasserfall vor mir, mit dem ich hoffentlich eine gute Note bekomme.

"Danke Malik, du warst wirklich meine Rettung."

"Ach was, hab ich doch gern gemacht", versichert er mir. Trotzdem hat er deswegen nun etwas gut bei mir. "Was machen wir jetzt mit dem restlichen Sonntag?" Gute Frage. Eigentlich ist Malik niemand, der viel Freizeit hat, alleine schon, weil Bakura diese immer beansprucht hat.

"Du weißt mal nicht, was zu tun?", ziehe ich ihn sogleich auf.

"Tu nicht so, als hätte ich immer einen vollen Terminkalender. Ich hätte schon genug zu tun, aber ich möchte jetzt einfach Zeit mit dir verbringen, falls dich das nicht stört."

"Ach was", entgegne ich schnell. Eigentlich freut mich diese Tatsache total. Früher hat er solche Ausnahmen fast nur für Bakura gemacht. Doch dieser hat in den letzten Monaten auch noch genug mit anderen zu tun und deswegen weniger Zeit für Malik. Zum einen ist da Miho, mit der er hin und wieder mal ausgeht und seit Neujahr verbringt er die meiste Zeit mit Ryuji. Ob Malik meinen Bruder wohl etwas vermisst?
 

"Also?" Die kurze Frage holt mich aus meinen Gedanken zurück. Für einen Moment schaue ich den Jungen irritiert an. "Möchtest du was machen?"

"Einfach nur rumsitzen und vielleicht etwas spielen?" Ich werde das Gefühl nicht los, dass er eine besondere Antwort von mir erwartet.

"Oder aber, ich lade dich auf eine Pizza ein." Malik lächelt so breit, dass ich kurz zögere.

"Wie komme ich denn zu dieser Ehre?" Außer im Sommer hin und wieder mal ein Eis zu essen, sind wir noch nie nur zu zweit ausgegangen. Natürlich freue ich mich trotzdem über dieses Angebot, besonders weil ich Hunger habe, und werde es bestimmt nicht ablehnen.

"Ich dachte, wir könnten eine kleine Feier zu Ehren deines beendeten Projektes machen."

"Mit Pizza?" Kurz lache ich, ehe ich vom Boden aufstehe, wo die Leinwand noch vor sich hintrocknet. Eigentlich malt man an einer Staffelei, ich bevorzuge jedoch eine horizontale Lage meiner Leinwände. Staffeleien darf ich in der Schule zu Genüge nutzen. "Na dann mal los", fordere ich Malik zum Gehen auf.
 

Der gemeinsame Abend ist wirklich schön und vor allem lustig. Als ich endlich meine Wohnung betrete, ist es bereits lange dunkel. Im Wohnzimmer sitzt Bakura alleine auf dem Sofa und schaut fern. Als ich den Raum betrete, blickt er zu mir auf.

"Das hat heute aber lange gedauert", stellt er fest. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist es heute wirklich spät geworden.

"Wir haben das Projekt fertig gemacht und waren danach Pizza essen", erkläre ich meine Verspätung kurz und lasse mich dann neben meinem Bruder aufs Sofa fallen.

"Pizza?"

"Pizza", bestätige ich. "Du solltest dich mal wieder öfter um Malik kümmern, der Arme sieht dich ja kaum noch."

"Ich bin oft genug bei ihm." Was im Grunde ja auch stimmt. Nur im Vergleich zu damals ist es nun einmal viel weniger geworden. "Außerdem bist du in letzter Zeit doch ständig bei ihm." Verwundert schaue ich den Jungen an, als sich auf einmal der Unterton ändert. Ist ihm das etwa nicht recht?

"Natürlich habe ich die letzte Woche viel Zeit mit ihm verbracht, immerhin musste ich das Projekt fertig bekommen." Bakura sagt nichts weiter dazu, weshalb ich ihm lediglich eine gute Nacht wünsche und danach in meinem Zimmer verschwinde.
 

Aber auch nachdem mein Projekt, das meiner Lehrerin sehr zuzusagen scheint, fertig ist, treffe ich mich weiterhin viel mit Malik. Es macht einfach Spaß, Zeit mit ihm zu verbringen und so kommt es, dass wir einige Wochenenden später eine Übernachtungsparty machen. Nun gut, eine wirkliche Party ist es nicht, da wir neben Maliks Geschwistern alleine bei ihm sind.

Trotzdem bin ich mir sicher, dass es lustig werden wird.

"Also, was machen wir zuerst?", frage ich Malik, während ich mich neben ihn auf sein Bett fallen lasse. Ich bin gerade erst bei ihm angekommen, es ist also noch früh am Abend.

"Wie wärs, wenn wir zuerst unsere Schlafanzüge anziehen? Immerhin ist es sonst keine richtige Übernachtungsparty." Ich verdrehe nur die Augen auf seinen Vorschlag. Ist ja klar, dass so etwas von Malik kommt.

"Als ob du einen Schlafanzug hast." Ich bin mir ziemlich sicher, dass er wie Bakura auch einfach nur in Shorts uns vielleicht noch einem T-Shirt schläft.

"Du etwa nicht?" Überrascht schaut er mich an, während er aus dem Schränkchen neben seinem Bett tatsächlich einen Pyjama zaubert. Er ist weiß mit lila Punkten und ich kann nicht anders, als in lautes Gelächter auszubrechen. "Was ist so lustig daran?", fragt er mich ebenfalls lachend und schuppst mich auf sein Bett um.
 

"Du bist echt doof." Malik hilft mir, mich wieder aufzusetzen, während mein Blick noch einmal zu dem schrecklichen Zweiteiler huscht.

"Keine Angst. Ich habe den gestern in der Stadt gesehen und dachte, so würde der Abend sicher noch lustiger werden." Na ja, zum Lachen hat er mich immerhin gebracht. Nun macht sich jedoch die Sorge in mir breit, dass er mir ebenfalls so ein Teil besorgt hat.

"Du hast nur den einen gekauft?", frage ich vorsichtig, was er scheinbar besonders lustig findet. Der Junge lacht kurz auf, ehe er den Kopf schüttelt.

"Tut mir leid, ich dachte du willst vielleicht keinen. Aber ich kann dir gleich morgen auch einen kaufen."

"Nein danke!", erwidere ich schnell, was sein Grinsen nur noch breiter werden lässt.

"Aber sag mir bescheid, wenn du deine Meinung änderst." Ihm macht das scheinbar ziemlich Spaß und langsam frage ich mich, wie mein brummiger Bruder, es nur so lange mit ihm ausgehalten hat.

"Werde ich", entgegne ich nur, schaue Malik dann aber fragend an, als dieser auf einmal sein Shirt auszieht. "Was ist jetzt los?"
 

"Na wir wollten doch schon unsere Schlafsachen anziehen." Zuerst will ich etwas erwidern, sage dann aber doch nichts und beginne stattdessen in meiner Tasche nach meinen Schlafsachen zu kramen. Gemütlicher als meine Jeans ist die kurze Stoffhose auf jeden Fall. In der Zwischenzeit hat sich Malik vollkommen umgezogen. Kurz mustere ich ihn schweigend, ehe ich meinen Kopf schüttele.

"Du siehst echt bescheuert aus."

"Du bist doch nur neidisch." Wir grinsen uns gegenseitig an, bis ich schließlich meine Schlafsachen leicht hochhalte, um zu zeigen, dass ich mich gerne umziehen würde. Auch wenn wir ziemlich gute Freunde sind, umziehen will ich mich nicht vor Malik. Wäre er ein Mädchen, wäre das etwas anderes. "Ich bin kurz draußen", erklärt er, steht dann auf und verlässt sein Zimmer, damit ich mich in Ruhe umziehen kann. Schnell mach ich das und warte dann erstaunlich lange auf den Jungen. Vor dem Zimmer steht er nicht, was ich nach kurzem nachschauen feststellen muss. Also lasse ich mich wieder auf sein Bett fallen und beginne damit, meine Haare zurechtzuzupfen. Als ich schließlich doch aufstehen will, um nach ihm zu schauen, taucht er wieder auf.
 

"Ah, du bist schon fertig", stellt er erfreut fest.

"Ja, umziehen geht schnell." Ich glaube kaum, dass er so lange gewartet hat, damit ich mich umziehen kann. Allerdings frage ich auch nicht nach, wo er war. Immerhin ist das ja seine Angelegenheit. "Und was steht jetzt an?" Schlafsachen anzuziehen war nicht gerade sehr spannend, auch wenn es ein guter Auftakt zur lustigen Übernachtung war.

"Wir könnten nach Äpfeln tauchen, oder blinde Kuh spielen, oder..."

"Ich bin doch keine zwölf mehr", entgegne ich schnell, damit er nicht noch mehr solcher Kindergeburtstagsbeschäftigungen aufzählt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er Spaß macht, oder es ernst meint.

"Ach nicht? Wie wärs dann mit zocken?" Dieser Vorschlag gefällt mir schon besser, weshalb ich erleichtert nicke. "Mit dir kann man auch keine traditionellen Pyjamapartys machen", beschwert sich Malik, während er den Fernseher anschaltet und seine Konsole anschließt.

"Hast du das immer so mit Bakura gemacht?" Meine Frage entlockt ihm ein kurzes Lachen. Die Vorstellung ist aber auch zu lustig.

"Leider nicht."
 

Nach einer Weile klingelt es an der Tür, was Malik eilig aufspringen und das Zimmer verlassen lässt. Überrascht schaue ich ihn an, als er mit zwei Tüten in den Händen zurückkommt.

„Du hast Essen bestellt?“

„Asiatisch“, bestätigt er mir meine Frage und stellte eine der Tüten vor mir ab. „Ich habe dir einfach das bestellt, was du sonst auch immer nimmst.“ Es wundert mich, dass er überhaupt weiß, was das ist. Dass wir das letzte Mal zusammen asiatisch gegessen haben, ist schon ein ganzes Weilchen her.

„Danke.“ Wir beenden das Spiel, werfen stattdessen eine DVD ein, um dazu in Ruhe essen zu können. „Ich habe das viel zu lange nicht mehr gegessen“, merke ich an, nachdem ich mit essen fertig bin.

„Ich auch, deswegen hab ich es ja bestellt.“ Malik räumt die leeren Tüten beiseite, ehe er eine Brettspielsammlung hochhält. „Na, was meinst du?“ Die guten alten Brettspiele. Kurz nicke ich, ehe wir uns daran machen, jedes Spiel der Sammlung mindestens einmal durchzuspielen. Die meisten Spiele gewinne ich auch, wobei ich mir nicht sicher bin, ob Malik mich absichtlich gewinnen lässt. Trotzdem schiebe ich es einfach auf mein Können.

Als wir damit durch sind, kramt Malik ein Monopoly aus, das wir tatsächlich bis halb zwei spielen.
 

„Schon so spät?“ Verdutzt schaue ich auf die Uhr, nachdem wir das Spiel wieder eingepackt haben.

„Wie die Zeit vergeht, wenn man Spaß hat.“

„Aber echt.“ Einen kurzen Moment bin ich mir nicht einmal sicher, ob die Uhr überhaupt richtig geht, aber immerhin würde das meine Müdigkeit erklären.

„Na komm, lass uns schlafen gehen“, schlägt Malik vor und gähnt, wie um seine Worte zu unterstreichen, anschließend.

„Wir müssen ja auch noch die Decken raus räumen.“ Wir haben uns den ganzen Abend nicht um meine Schlafmöglichkeit gekümmert.

„Schlaf doch einfach hier“, schlägt der Junge vor, wofür ich ihn überrascht anschaue. Bisher habe ich immer im Wohnzimmer geschlafen, wenn ich hier übernachtet habe. Wenn einer bei Malik im Zimmer geschlafen hat, dann war das Bakura. Zudem bin ich mir ziemlich sicher, dass es diesem so gar nicht passen würde, wenn ich bei Malik im Bett schlafe. „Wir können auch beide im Wohnzimmer schlafen, wenn dir das lieber ist“, fügt er schnell hinzu, worauf ich einfach abwinke.

„Ach was, hier ist schon in Ordnung.“ Bakura muss es ja nicht erfahren. „Ich bin kurz im Bad.“ Und schon verschwinde ich aus dem Zimmer, um mich schnell fertig zu machen. Auf einmal bin ich doch etwas unruhig.
 

Als ich wieder zurückkomme, ist das Licht bereits ausgeschaltet und nur noch Maliks Nachtlampe neben seinem Bett brennt. Der Junge hat es sich bereits auf dem Bett bequem gemacht, wo eine zusätzliche Decke für mich liegt. Mit ein paar kurzen Schritten durchquere ich den Raum und geselle mich zu meinem Kumpel aufs Bett, wo ich mich sogleich in meiner extra Decke einrolle.

"Besser wir lassen Bakura nichts hiervon wissen", merke ich an, nachdem Malik auch die Lampe ausgeschaltet hat. In dem Zimmer gibt es keine andere Lichtquelle, so dass ich erst einmal blind bin.

"Meinst du es würde ihn so sehr stören?" Malik scheint sich da keine so großen Sorgen zu machen.

"Na ja, er will eben nur das beste für mich." Sofort merke ich, dass das eine sehr ungeschickte Formulierung war. Noch bevor ich sie abändern kann, antwortet Malik aber schon, der mir keineswegs böse deswegen zu sein scheint.

"Deswegen denke ich ja, dass er kein Problem damit haben wird." Ich kann sein Grinsen geradezu hören. Das ist so typisch Malik. Ich sage nichts weiter dazu, da es sowieso ein sinnloses Gespräch ist. Immerhin sind wir nur Freunde und kein Paar. Und selbst dann, würde es meinen Bruder nichts angehen mit wem ich zusammen bin. Nur weil Malik gerne mal mit fremden Frauen anbändelt heißt das nicht, dass er dies auch in einer Beziehung tun würde. Als mir meine Gedanken klar werden, beginnt mein Herz kurz etwas unruhiger zu schlagen. Was ist nur los mit mir?
 

"Oder hast du ein Problem damit?" Seine Worte lenken mich zum Glück etwas ab.

"Natürlich nicht", entgegne ich schnell. "Vergiss einfach, was ich eben gesagt habe. Ich mache mir nur wieder unnötige Gedanken."

"Na gut." Ich spüre, wie sich Malik neben mir umdreht.

"Schlaf gut", wünsche ich ihm eine gute Nacht, ehe ich es mir ebenfalls gemütlicher mache.

"Du auch." Eine Zeitlang bleibt es ruhig und ich bin schon halb am schlafen, als ich auf einmal wieder seine Stimme höre. "Amane?" Ich brumme lediglich, da ich mich nicht im Stande dazu fühle, ein Wort herauszubringen. "Bitte sei mir nicht böse." In meinem müden Kopf ist die1 Verwirrung darüber, warum ich böse mit ihm sein sollte, nur noch größer. Als Malik sich dann aber zu mir umdreht und mir seine Lippen auf die Wange drückt, bin ich mit einem Schlag wieder hellwach.

"Wa... was machst du?" In der Dunkelheit kann ich nur seine Umrisse vor mir erkennen, doch diese schaue ich überrascht an.

"Es tut mir leid." Seine Entschuldigung ist mir egal, immerhin bin ich ihm nicht böse, überhaupt nicht. Ich bin verwirrt, überfordert, immerhin hat diese Berührung ein völlig unbekanntes Gefühl in mir ausgelöst.

Ohne noch etwas zu sagen, drehe ich mich von Malik weg und versuche so schnell wie möglich einzuschlafen, was bei meinem schnell schlagendem Herz vollkommen unmöglich ist. Gerade kann ich mit dieser Situation nicht umgehen. Malik bedrängt mich danach zum Glück auch nicht weiter.

Mitteilen

Am nächsten Morgen werde ich durch ein undefinierbares Geräusch geweckt. Müde setze ich mich in dem leeren Bett auf, schließlich habe ich die Nacht kaum und dazu auch noch schlecht geschlafen. Neben mir ist Maliks Zimmer leer. Woher das Geräusch gekommen ist kann ich nicht feststellen. Kurz strecke ich mich auf dem Bett, ehe ich aufstehe und in die Küche gehe. Ich habe Hunger, außerdem möchte ich mit Malik reden. Heute Nacht habe ich immerhin genug Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Bevor ich aber eine Entscheidung fällen kann, will ich erst einmal Maliks Sicht der Dinge erfahren.

In der Küche stoße ich auf Ishizu, die gerade den Frühstückstisch vorbereitet.

"Guten Morgen", grüße ich sie, bleibe aber erst einmal vor dem Tisch, auf den sie gerade frische Brötchen legt, stehen.

"Guten Morgen, Amane." Kurz lächelt sie mich leicht an. "Hast du Malik gesehen?"

"Nein. Ich dachte eigentlich, er wäre hier."

"Na ja, zumindest ist er dann schon wach", spricht sie eher an sich selbst gerichtet, ehe sie sich wieder an mich wendet. "Setz dich doch."

"Ich schau lieber noch nach Malik, nicht dass er noch das Frühstück verpasst", erkläre ich schnell. Ich habe keine Lust mir das Frühstück durch eine seltsame Stimmung vermiesen zu lassen, immerhin könne wir nicht reden, wenn seine Geschwister dabei sind.

"Mach das", nickt Ishizu mir zu. Ich verlasse die Küche wieder und steuere das Badezimmer an. Wenn er hier nicht ist, dann hat er sich wohl in Luft aufgelöst. Etwas zu energisch klopfe ich an die hölzerne Tür seines Badezimmers.
 

"Ja?" Kaum dass ich seine Stimme höre, schwankt meine Entschlossenheit etwas, was mich kurz mit meiner Antwort zögern lässt.

"Es gibt Frühstück", teile ich ihm mit, obwohl das eigentlich gar nicht der Grund ist, weswegen ich nun hier stehe.

"Ah, Amane! Komm doch rein." Nur zögerlich komme ich seiner Aufforderung nach, aber schließlich öffne ich die Tür und trete ins Bad ein. Am Waschbecken steht Malik, frisch geduscht, aber angezogen. Scheinbar hat er sich gerade die Haare fertig geföhnt. Fragend mustert er mich, als ich die Tür wieder hinter mir schließe. "Alles okay bei dir?" Er wirkt auf einmal so besorgt. Etwas, was man von dem Jungen nicht gerade gewohnt ist.

"Ja. Also, ich meine... wir müssen reden." Bei meinen Worten verzieht der Junge kurz seine Lippen.

"Natürlich müssen wir das." Er seufzt. "Es tut mir leid was passiert ist, wirklich."

"Wieso hast du es dann gemacht?" Ich meine es keineswegs als Vorwurf, trotzdem klingt es vermutlich so.

"Ich weiß auch nicht. So wie du über Bakura und uns geredet hast, habe ich wohl einfach gedacht, dass du es in dieser Hinsicht meinst. Da sind meine Gefühle einfach mit mir durchgegangen. Er streicht sich kurz durch sein sandfarbenes Haar, wobei er einen Punkt irgendwo neben mir fixiert.

"Deine Gefühle?", frage ich vorsichtig nach. Ich kann mir schon denken, worauf das hinausläuft, trotzdem will ich es von ihm hören. Vor allem auch, weil ich es nicht so recht glauben kann. Doch anstatt zu antworten, winkt Malik ab.
 

"Es ist nicht so wichtig, vergiss es einfach, bitte."

"Warum sollte ich das?", entgegne ich nun etwas verärgert.

"Weil es unwichtig ist." Malik bleibt so ruhig bei seinen Worten, dass ich mir gar nicht mehr so sicher bin, ob ich die Situation wirklich richtig eingeschätzt habe.

"Es ist sicher nicht unwichtig, wenn es um deine Gefühle geht." Ich versuche ebenfalls wieder etwas meine Stimme zu senken. Für einige Sekunden mustert mich Malik einfach nur schweigend.

"Was bin ich für dich?" Seine Frage überrascht mich doch etwas.

"Du bist mein bester Kumpel", gebe ich wie selbstverständlich von mir.

"Und das soll ich doch auch bleiben, oder?" Mit einem Mal wird mir klar, worauf er mit seiner Frage hinaus will.

"Solange wir zusammen bleiben, ist es mir egal wie unsere Beziehung aussieht. Ich schätze dich sehr als Freund, aber wenn du mir jetzt sagst, dass von deiner Seite mehr da ist, als das, dann -" Weiter komme ich nicht, da er mich auf einmal bei den Händen packt und zu sich zieht. Überrumpelt lande ich an seiner Brust, an die er mich fest drückt.

Genau das ist mir heute Nacht nämlich klar geworden. In mir sind durchaus noch andere Gefühle als pure Freundschaft für den Jungen. Jetzt, da ich es weiß, verstehe ich gar nicht, wie ich es bisher nicht habe bemerken können.

"Lass uns nichts überstürzen", flüstert mir Malik ins Ohr, als ich mich fester an ihn drücke. Kaum schließe ich meine Augen, drückt mich der Junge leicht von sich. "Na komm, ich habe etwas von Essen gehört?" Sein Grinsen ist so breit und fröhlich, dass ich nicht anders kann, als es zu erwidern. Ich nicke nur, worauf wir uns gemeinsam in die Küche begeben.
 

In den darauffolgenden Wochen gehen wir es wirklich langsam an. So langsam, dass ich mir nicht einmal sicher bin, dass ich es richtig verstanden habe, dass wir nun zusammen sind. Es ist ein Mittwochnachmittag, den wir alle zusammen im Park verbringen. Malik hat eine Decke mitgebracht, während Miho und Ryuji für Essen gesorgt haben. Sozusagen ein richtiges Picknick. Gerade sitzen wir auf der Decke, essen und genießen die Kirchblüten, die überall um uns herum blühen.

Malik und ich nutzen die ausgelassene Stimmung nach dem Essen, um etwas anzukündigen, das wir die letzten Tage geplant haben.

"Hört mal zu", beginne ich, wobei ich Bakura geflissentlich übersehe. "Nächste Woche sind ja Ferien." Nachdem ich die Aufmerksamkeit meiner Freunde habe, spreche ich weiter. "Malik und ich wollten für eine Woche ans Meer fahren." Das soll keine Einladung an unsere Freunde sein. Auch wenn wir gerne mit ihnen zusammen sind, so wollen Malik und ich diese Reise für einen gemeinsamen Urlaub nutzen, von dem zumindest ich mir etwas erhoffe. Bescheid sagen sollten wir ihnen trotzdem, und wenn schon mal alle so beisammen sind, dann nutze ich diesen Augenblick auch. Außerdem habe ich etwas Angst davor, es Bakura alleine zu sagen.
 

"Etwa ohne uns?", ergreift Ryuji meine Worte sofort richtig. Vermutlich aber auch nur, weil er bereits über uns bescheid weiß.

"So ist es", bestätigt Malik, was Bakura augenblicklich zwischen uns hin und her schauen lässt.

"Ich hätte sowieso nicht mitgekonnt", teilt uns Miho mit. "Viel Spaß euch beiden." Obwohl ich sicher bin, dass sie auch gerne mitgekommen würde, lächelt sie uns fröhlich an. Ihre Eltern erlauben ihr wirklich nicht allzu viel, dennoch beneide ich sie um diese.

"Was soll das heißen?", mischt sich nun auch Bakura ein, der alles andere als fröhlich darüber zu sein scheint. Ab hier übernimmt Malik, wofür ich ihm sehr dankbar bin.

"Ich hätte ja schon eher mit dir darüber gesprochen, aber in letzter Zeit bist du ziemlich verplant." Dass es kein Vorwurf sein soll, ist deutlich herauszuhören. Wirklich zu beruhigen scheint es meinen Bruder jedoch nicht.

"Was willst du mit meiner Schwester alleine am Meer?" Seine Frage ist eindeutig von Misstrauen getränkt. Dass er mein Wohlergehen über die Bindung zu seinem besten Freund stellt sollte mich eigentlich freuen, gerade nervt es mich jedoch einfach nur.

"Bakura, ich bin wirklich alt genug, das selbst zu entscheiden." Ich habe wenig Lust, die gute Stimmung noch weiter durch diese unnötige Diskussion zu zerstören.

"Genau. Außerdem kannst du mir doch trauen, dass ihr nichts passieren wird." Scheinbar steht es außer Frage, dass es hier um eine Beziehung geht. Bakuras Widerwillen ist ihm deutlich anzusehen, während er scheinbar über eine gute Wortwahl nachdenkt. Diese Zeit nutzen Miho und Ryuji, um ebenfalls auf ihn einzureden.
 

"Lass die beiden doch. Sie kennen sich doch schon lange genug, um auch zusammen Urlaub zu machen", beginnt Miho.

"Aber echt, warum stellst du dich so an?" Ryuji ist nicht annähernd so einfühlsam wie das Mädchen. "Dafür, dass du Malik sonst mit deinem Leben beschützen würdest, machst du es ihm jetzt ziemlich schwer." Seine Worte scheinen Bakura kurz zum Nachdenken zu bringen. Schließlich steht er auf und schaut dann zu Malik.

"Ich will keinen Streit und es dir schon gar nicht schwer machen. Aber dann mach du es mir auch nicht schwer." Mit diesen Worten dreht er sich um und geht einfach.

"Was ist denn mit dem los?" Verdutzt schaut Ryuji ihm hinterher.

"Er findet es wohl nicht gut, wenn sich jemand für seine Schwester interessiert." Malik schaut ihm nicht ansatzweise so geknickt hinterher, wie ich mich fühle.

"Er soll doch froh sein, dass es sich dabei um jemanden wie dich handelt, dem er sein volles Vertrauen schenkt."

"Scheinbar ja nicht", murmle ich so leise, dass ich mir nicht sicher bin, ob Ryuji es überhaupt gehört hat. Zumindest geht er nicht weiter darauf ein.

"Macht euch keine zu großen Gedanken", versucht Miho uns wieder aufzumuntern. "Wir werden ihn schon wieder beruhigen, nicht wahr?" Scheinbar voller Tatendrang blickt sie zu Ryuji, der nur zustimmend nickt.

"Danke ihr beiden." Obwohl ich froh über solche Freunde bin, kann ich die aufsteigende Traurigkeit in mir nicht verhindern.
 

Noch an diesem Abend spreche ich mit Malik alleine, der meine Laune noch weiter herunterzieht. Wir stehen gerade vor dem Wohnkomplex, in dem ich wohne, als er mich bei meiner Hand packt und ungewohnt ernst anschaut.

"Hör zu, Amane. Ich mag dich wirklich gern, aber wir sollten den Urlaub besser sein lassen." Und so wie er es sagt, bin ich mir sicher, dass er damit nicht nur den Urlaub meint.

"Warum das denn jetzt?" Für seinen Sinneswandel habe ich wirklich kein Verständnis.

"Bakuras Freundschaft ist mir sehr wichtig und ich kann durchaus verstehen, was ihn stört. Ich will das wirklich nicht wegen so etwas kaputt machen?"

"Wegen so etwas?" Meine Stimme wird lauter, was aber angesichts der Situation durchaus angebracht ist. Dass Bakura dafür verantwortlich ist, dass meine erste Beziehung gerade scheinbar den Bach runtergeht, macht mich wirklich wütend.

"Du weißt, wie ich das meine. Es tut mi -"

"Komm, lass gut sein", winke ich verärgert ab. Ohne ihm eine weiter Möglichkeit zur Erklärung zu lasse, drehe ich mich um und verschwinde durch die Haustür. Während ich das Treppenhaus hinauflaufe, lege ich mir die Worte zurecht, die ich meinem Bruder an den Kopf werfen will. Als ich jedoch die Wohnungstür aufschließe, finde ich lediglich eine verlassene Wohnung vor. Innerlich vor mich hinkochend ziehe ich mich in mein Zimmer zurück, wo ich meine Gefühle auf ein leeres Blatt Papier bringe.
 

Erst am Freitag bekomme ich Bakura wieder zu Gesicht. Mir ist klar, dass er die letzten beiden Tage bei Miho verbracht haben muss. Wie auch immer er das angestellt hat, immerhin lassen ihre Eltern für gewöhnlich niemanden unter der Woche bei ihr übernachten.

Doch ich komme gar nicht erst dazu, irgendeine Diskussion mit ihm anzufangen. Kaum hat er die Wohnung betreten, klingelt es nämlich an der Tür und kurz darauf steht auch Malik in der Wohnung. Unsicher schaue ich zu dem Jungen, immerhin habe ich ihn seit Mittwoch weitestgehend gemieden.

"Störe ich?" Bakura hat lediglich kurz zwischen uns hin und her geschaut.

"Nicht doch", vergewissert Malik ihm. "Immerhin bin ich nur deinetwegen hier." Malik schenkt ihm ein schiefes Lächeln, doch in seinen Augen ist noch etwas zu erkennen, das ich nicht ganz zuordnen kann. Bakura verschränkt lediglich die Arme vor der Brust und signalisiert Malik, dass er ihm zuhört. "Ich habe wirklich versucht mich von Amane fernzuhalten, aber es geht einfach nicht. Ich will mit ihr diesen Urlaub machen, ich will mit ihr mehr als nur einfach befreundet sein und ich würde mir wünschen, wenn du uns deinen Segen gibst." Verwundert schaue ich zu Malik, auf den ich nun nicht mehr sauer sein kann.

Bakura gefallen diese Worte natürlich ganz und gar nicht und ehe ich mich versehe, hat er Malik mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Erschrocken schreie ich auf und eile dann sofort zu Malik, der gegen die Tür gelehnt seine blutige Nase hält.

"Spinnst du?" Während ich meinen Bruder anschreie, versuche ich irgendwie Malik zu helfen. "Verdammt, du blutest. Komm mit ins Bad." Der Junge lehnt jedoch meine Stütze ab.

"Es geht schon." Spätestens als die ersten Tropfen auf den Boden fallen, begibt sich Malik dann aber doch ins Badezimmer. Ehe ich ihm folge, werfe ich Bakura noch einmal einen bösen Blick zu.

"Was ist nur los mit dir? Das ist doch kein Grund seinen besten Freund zu schlagen." Da ich mich nun aber erst einmal um Malik kümmern will, gehe ich nicht weiter darauf ein und mache mich ebenfalls zum Bad auf. Bevor ich es aber betrete, drehe ich mich noch einmal zu meinem Bruder um. "Und mach die Blutspur weg."
 

"Wie gehts dir?" Mit gesenkter Stimme trete ich an Malik heran, der gerade mit reichlich Toilettenpapier das ganze Blut aus seinem Gesicht wegwischt. "Tut mir leid, dass er so etwas gemacht hat."

"Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Mir tut es leid, dass ich mich so doof verhalten habe." Nun tut es mir doch leid, dass er sich scheinbar gegen seinen Kumpel entschieden hat. Ich will nun wirklich nicht dafür verantwortlich sein, dass die beiden sich nicht mehr verstehen. Malik hat meinen Blick scheinbar richtig gedeutet. "Keine Angst. Ich kennen Bakura, der fängt sich schon wieder ein."

"Hoffentlich", ist alles, was ich dazu über die Lippen bringe. Danach helfe ich ihm, seine blutende Nase zu versorgen. "Das hört ja gar nicht mehr auf. Leg am besten den Kopf nach hinten, ich hol dir einen nassen Waschlappen." Das hat Bakura ja echt klasse gemacht.

Es dauert eine gefühlte Stunde, ehe Maliks Blutung vollkommen gestoppt hat. Als wir das Bad schließlich wieder verlassen ist nicht nur Bakura, sondern immerhin auch das ganze Blut am Boden verschwunden.
 

"Da hab ich ja für ein ziemliches Chaos gesorgt." Verlegen kratzt sich der Junge am Hinterkopf. Ich kann wirklich nicht verstehen, wie er bei dem Geschehenen so gelassen bleiben kann. "Amane, willst du überhaupt noch was mit mir zu tun haben? Ich würde wirklich gerne mit dir Urlaub machen", wendet sich Malik auf einmal wieder vollkommen ernst an mich.

"Natürlich will ich das." Wie kann er nur das Gegenteil vermuten? "Ich will aber nicht, dass ihr euch deswegen streitet."

"Mach dir darum keine Sorgen, ich kläre das schon wieder. Okay?" Wenn das jemand schaffen kann, dann Malik. Also nicke ich zögerlich. "Gut, und jetzt denk nicht mehr daran." Kurz lächelt er mich aufmunternd an, ehe er erneut das Thema wechselt. "Was meinst du, sollen wir schon mal nach einem Hotel schauen?"

"Ein Hotel? So viel Geld habe ich nicht." Außerdem finde ich es seltsam, sich jetzt um so etwas zu kümmern. Sollten Malik nicht nun andere Sachen im Kopf herumschwirren? Meiner ist auf jeden Fall voller Gedanken.

"Ich hab doch schon gesagt, dass ich das zahle", versichert mir Malik.

"Und du hast so viel Geld?" Soweit ich weiß hat der Junge keinen Nebenjob und ich bezweifle auch, dass er das Geld von seinen Geschwistern nimmt. Malik grinst nur und nimmt dann meine Hand.

"Kommst du mit zu mir? Dann können wir in Ruhe schaun." Einen Moment zögere ich. Eigentlich will ich hier sein, wenn Bakura zurück kommt, immerhin habe ich ein Wörtchen mit ihm zu reden. Die Frage ist nur, ob er heute überhaupt noch zurück kommt. Ich kann mir gut vorstellen, dass er, wie immer bei Stress, zu Miho abgehauen ist.

"Na gut", stimme ich Malik schließlich zu. "Aber ich würde gerne hier schlafen."

"Kein Problem." Gemeinsam verlassen wir die Wohnung und machen uns zur Bushaltestelle auf.
 

Bei Malik Zuhause finden wir im Internet schnell ein günstiges Hotel, in dem sogar noch ein kleines Zimmer frei ist, welches wir sofort buchen. Ich frage den Jungen nicht noch einmal, woher er das Geld hat. Vielleicht ist es auch einfach sein Erspartes, auch wenn ich mir nur schwer vorstellen kann, dass Malik so etwas hat. Schließlich geht er meist sehr großzügig mit seinem Geld um.

Danach sind wir noch etwas produktiv und machen tatsächlich ein paar Hausaufgaben für die Schule. Erst als es schon längst dunkel ist, beschließe ich, wieder nach Hause zu fahren. Entweder ist Bakura dort und ich werde ihn zu einem ernsten Gespräch zwingen, oder er ist eben nicht da. Dann werde ich schon eine andere Beschäftigung finden.

„Soll ich dich nach Hause bringen?“ Seit wir uns näher gekommen sind, ist Malik so viel aufmerksamer mir gegenüber. Das freut mich zwar, aber manchmal ist es einfach nur überflüssig.

„Ach was, das schaff ich schon alleine“, lehne ich sein Angebot lächelnd ab.

„Na gut, aber dann lass mich dich zumindest bis zur Bushaltestelle bringen.“

„Okay.“ Ich kann mir ein leises Kichern nicht verkneifen. Dass er es tatsächlich geschafft hat, mich zumindest etwas auf andere Gedanken zu bringen und mich aufzumuntern, ist einfach nur schön.

An der Bushaltestelle angekommen, wartet Malik mit mir auf den nächsten Bus. Wir verabschieden uns mit einem flüchtigen Kuss auf die Lippen, ehe ich einstige. Weiter als das sind wir bisher leider noch nie gegangen. Manchmal frage ich mich, wie Malik das nur aushält. Ich würde ihn am liebsten ständig küssen und das nicht nur so flüchtig. Leider bin ich in der Hinsicht viel zu schüchtern, um die Initiative zu ergreifen.
 

Als ich in der Wohnung ankomme ist Bakura tatsächlich nicht da. Etwas ärger ich mich schon darüber, doch ich lenke mich schnell damit ab, die ersten Sachen für meinen Urlaub nächste Woche zu packen. Zwar habe ich noch das ganze Wochenende, aber besser ich fange früh damit an, und jetzt habe ich gerade Zeit. So packe ich bis spät in die Nacht Kleidung und Schuhe ein, aus und um. Nicht nur habe ich eine überaus große Auswahl, auch möchte ich die schönsten Teile mitnehmen, was mir wirklich nicht leicht fällt.

Immerhin lenkt mich diese Tätigkeit aber noch weiter ab und beschäftigt mich auch noch, als ich bereits im Bett liege, so dass ich erstaunlich schnell einschlafe.

Durchsetzen

Der Montag, an dem ich mit Malik losfahre, kommt viel zu langsam, schließlich stehe ich aber mit meinem Freund am Bahnhof. Obwohl wir diese Reise geplant und auch das Hotel gebucht haben, bin ich mir bis zum Schluss nicht sicher gewesen, ob wir auch wirklich fahren. Umso glücklicher bin ich nun, als endlich unser Zug kommt und wir einsteigen.

„Und Bakura?“ Kaum sitzen wir erkundigt sich Malik nach meinem Bruder. Eigentlich möchte ich meine Gedanken für diese Woche davon fernhalten. Doch Malik hat auch ein Recht, über Neuigkeiten auf dem Stand gehalten zu werden, auch wenn er sich eigentlich denken kann, dass ich meinen Bruder das restliche Wochenende nicht mehr gesehen habe. Ich habe sogar bei Miho und Ryuji angerufen, immerhin hätte ich es gerne vor unserem Urlaub geklärt, doch die haben ihn seit Freitag auch nicht mehr gesehen. Mein Bruder ist einfach verschwunden, was mich nicht gerade ruhiger schlafen lässt.

„Immer noch weg“, beantworte ich Maliks Frage.

„Ach, der wird schon auftauchen. Ich schätze er braucht einfach etwas Zeit für sich.“ Zwar bin ich Malik dankbar dafür, dass er mich aufmuntern will, leider mindert das nicht meinen Ärger.

„Trotzdem hätte er bescheid sagen können. Wenn nicht mir, dann zumindest Miho oder Ryuji. Der denkt wohl auch, dass sich niemand Sorgen macht.“ Mache ich meinem Zorn etwas Luft. Genau deswegen habe ich nicht darüber reden wollen.

„Du kennst ihn doch. Versuch dir den Urlaub dadurch nicht verderben zu lassen.“

„Werde ich schon nicht“, versichere ich dem Jungen.
 

Am späten Nachmittag kommen wir am Meer an, oder zumindest in der Stadt, in der unser Hotel steht und die nicht allzu weit vom Meer entfernt ist.

„Na gut, mal schauen wo wir jetzt hin müssen.“ Malik kramt einen kleinen Zettel, auf dem er die Hoteladresse notiert hat, aus seiner Hosentasche. Nach kurzem Umschauen läuft er dann in eine Richtung los.

„Malik“, spreche ich den Jungen an, als wir schon einige Minuten unterwegs sind. „Ich möchte nicht deinen Orientierungssinn in Frage stellen, aber bist du sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“ Ich kenne mich hier genauso wenig aus, und genau deswegen würde ich eher jemandem nach dem Weg fragen. Malik scheint meine Frage hingegen zu amüsieren.

„Keine Angst, ich habe bis jetzt noch alles gefunden.“ Das zweifle ich auch gar nicht an. Allerdings habe ich keine Lust ewig lange durch die Stadt zu irren, habe ich bis jetzt immerhin das Gefühl, dass wir im Kreis laufen. Zumindest zieht Malik aber meinen Koffer.

Tatsächlich finden wir, wenn auch über Umwege, schließlich das Hotel, in dem wir sogleich einchecken.
 

„Sollen wir schon mal kurz ans Meer?“ Wir sind gerade erst auf dem wirklich kleinen Zimmer angekommen und haben nicht einmal richtig unsere Taschen abgestellt, als Malik scheinbar schon wieder weg will.

Mit dem Bus sind wir in 15 Minuten am Meer, zu Fuß wird es deutlich länger dauern. Nach der langen Zugfahrt habe ich nichts gegen Bewegung, doch die habe ich eben schon gehabt.

"Klar, wenn ich eben noch schnell duschen darf." Eine Erfrischung wird mir sicher gut tun.

"Na gut. Soll ich mitkommen?", bietet er mir an. Doch ich sehe bereits an seinem Grinsen, dass es nicht allzu ernst gemeint ist.

"Danke, aber das schaffe ich schon alleine", entgegne ich.

"Ruf einfach, wenn was ist. Ich packe in der Zeit schon mal unsere Sachen aus." Zwar frage ich mich, wo er in dem kleinen Raum, in dem neben dem Bett nur noch ein kleines Schränkchen steht, irgendetwas auspacken will, aber ich sage nichts weiter dazu. Ich schnappe mir neue und vor allem kürzere Kleidung, da es heute doch sehr warm ist. Dann verschwinde ich in dem Badezimmer, in dem es nur eine öde Dusche und keine Badewanne gibt, und dusche möglichst schnell.

Als ich wieder rauskomme, liegt Malik mit geschlossenen Augen auf dem Doppelbett und scheint zu schlafen. Doch kaum dass ich mich ihm genähert habe, schnappt er nach meiner Hand und zieht mich zu sich aufs Bett, wo ich halb auf ihm lande.

"Du Spinner." Ich will ihm in die Seit pieksen, doch er hält weiterhin meine Hand fest. "Wolltest du nicht ans Meer?" Malik grinst mich breit an. Was mich aber wesentlich stärker in seinen Bann zieht, sind seine lavendelfarbenen Augen, die so viel Wärme ausstrahlen.

"Es ist so schön, mit dir hier zu sein." Bei seinen Worten macht mein Herz einen Hüpfer. Wann hat sich die Stimmung so schlagartig geändert?

"Ich bin auch froh, mit dir hier zu sein." Sein Grinsen wandelt sich in einen zufriedenen Gesichtsausdruck um, der mich definitiv schwach werden lässt. Bevor meine Wangen noch röter werden können, vergrabe ich mein Gesicht an Maliks Hals, der unwiderstehlich gut riecht.

"Was hast du?" Ich spüre, wie er seinen Kopf zu meinem dreht und mir einen Kuss auf die Haare haucht.

"Gar nichts." Mal abgesehen davon, dass ich auf einmal sehr nervös bin, geht es mir wirklich bestens.
 

Nachdem wir uns noch eine gefühlte Ewigkeit in die Augen geschaut haben, machen wir uns schließlich doch noch auf den Weg zum Strand. Obwohl es zu Fuß länger dauert, fahren wir nicht mit dem Bus. So haben wir gleich die Gelegenheit, uns die Stadt anzuschauen. Hier gibt es wirklich ein paar schöne, alte Gebäude, deren Zahl besonders zunimmt, als wir in Strandnähe kommen. Mittlerweile ist es bereits am Dämmern, so dass ich mich umso mehr freue, endlich das Meeresrauschen hören zu können.

"Endlich!" Begeistert laufe ich bis zum Rand der Promenade, von wo aus ich eine fantastische Sicht über das endlos wirkende, ruhige Wasser habe.

"Du warst noch nie am Meer?" Malik, der gerade neben mich tritt, scheint lieber mich anzuschauen, als das Meer vor uns.

"Nein, noch nie." Ein Grund mehr, warum ich mich so sehr auf diesen Urlaub gefreut habe.

"Na dann genieß die Aussicht." Er legt einen Arm um mich und schaut dann mit mir zusammen aufs Meer hinaus, in dem gerade die Sonne zu versinken scheint.

"Ich wäre aber viel lieber direkt am Wasser." Da an dem Strand unter uns noch vereinzelt Leute sitzen, bin ich mir ziemlich sicher, dass auch wir irgendwie da runter können.
 

"Na gut, mal schauen." Malik schaut sich kurz um, ehe wir die Promenade entlang flanieren, bis wir eine Steintreppe erreichen, über die wir zum Strand kommen. "Willst du etwa schwimmen gehen?", fragt Malik noch während wir über den sandigen Strand zum Wasser runter gehen.

"Dafür ist es jetzt nicht mehr warm genug." Um das zu wissen muss ich nicht einmal erst die Temperatur des Wassers fühlen. Kaum dass die Sonne am Horizont verschwindet, fallen auch die Temperaturen schnell ab, so dass es mittlerweile angenehm lauwarm ist. "Außerdem habe ich keine Schwimmsachen dabei."

Ungeachtet meiner Worte zieht Malik im nächsten Moment seine Schuhe aus, bindet sie zusammen und hängt sie sich so über die Schulter.

"Herrlich", meint er nach ein paar wenigen Schritten. "Na komm schon, der Sand fühlt sich einfach toll an. Und wenn wir schon nicht schwimmen, dann können wir zumindest unsere Füße etwas abkühlen." Ohne groß zu zögern ziehe ich meine Schuhe ebenfalls aus. Der Sand ist wirklich sehr angenehm unter den Füßen und noch wärmer, als ich gedacht habe.

So laufen wir am Strand entlang, bis die Sonne vollkommen am Horizont verschwunden ist. Malik läuft die meiste Zeit nahe am Wasser, so dass die sanften Wellen, die über den Strand rollen, seine Füße immer wieder kurz bedecken. Ich laufe, seine Hand haltend, neben ihm und bin froh, dass meine Füße größtenteils trocken bleiben. Zwar sorgt das Wasser für ein tolles Gefühl, doch mittlerweile ist es schon ziemlich kalt, so dass ich auf diese Abkühlung lieber verzichte.
 

„Malik, mir wird langsam kalt“, teile ich ihm schließlich mit, als wir bereits ein ordentliches Stück gelaufen sind. Sofort bleibt er stehen und schaut mich musternd an. Obwohl es längst dunkel ist, können wir uns dank der vielen Laternen, die in regelmäßigen Abständen die Promenade erhellen, bestens erkennen.

„Ich habe leider keine Jacke dabei, die ich dir umhängen könnte.“ Ihm scheint es beinahe leid zu tun, dass er sich nicht dicker angezogen hat. Ich kann nicht anders, als breit zu lächeln.

„Das macht nichts, lass uns einfach zurück gehen.“

„Na gut.“ Ohne weiter zu zögern, dreht sich Malik mit mir an seiner Hand um und tritt den Rückweg an. „Ich habe schon lange keinen so schönen Sternenhimmel mehr gesehen“, merkt er nach einigen Minuten des Schweigens an. Augenblicklich folgt mein Blick dem Seinen zum dunklen Himmel, der tatsächlich von scheinbar unendlich vielen leuchtenden Punkten bedeckt ist.

Das letzte Mal, dass ich so einen Himmel gesehen habe, ist an Silvester gewesen. Denn selbst wenn ich mal Nachts unterwegs bin, ist das immer nur in der Stadt, wo man niemals eine solche Sicht auf die Sterne bekommt.

„Du hast Recht“, stimme ich ihm zu und werde sogleich mit einer hellen Sternschnuppe überrascht. „Hast du das gesehen?“ Es muss schon Ewigkeiten her sein, dass ich eine gesehen habe, umso mehr freue ich mich nun.

„Klar.“ Kurz drückt Malik meine Hand, ehe er weiter spricht. „Vergiss nicht, dir etwas zu wünschen.“ Tatsächlich habe ich das beinahe vergessen. Nicht aber, weil ich nicht dran gedacht habe, sondern einfach, weil ich an so etwas nicht glaube. Trotzdem mache ich nun eine Ausnahme, vor allem, da Malik sich auch etwas zu wünschen scheint. Während der Junge gebannt zum Himmel schaut, schließe ich für den Wunsch kurz meine Augen.
 

„Und, was hast du dir gewünscht?“ Maliks fragender Blick richtet sich sogleich auf mich, kaum dass ich meine Augen wieder geöffnet habe.

„Das werd ich dir sicher nicht sagen.“ Nicht dass ich Angst habe, dass sich mein Wunsch dann nicht erfüllen könnte. Viel eher liegt es daran, dass die Vorstellung, wie wieder Frieden in unsere kleine Gruppe einkehrt, zu schön ist, als dass ich sie laut äußern möchte.

„Also ich habe mir gewünscht, dass wir bald alle zusammen so einen Ausflug machen können“, teilt mir der Junge bereitwillig mit.

„Du weißt schon, dass das mit den Wünschen so nicht funktioniert?“ Ich kann mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Es ist einfach schön, dass sich unsere Wünsche so ähneln.

„Ach was, ich bin mir sicher, dass es so kommen wird.“ Kurz verdrehe ich die Augen, jedoch so, dass Malik es nicht sehen kann. Trotzdem lacht dieser kurz, als hätte er es doch gesehen. „Ich muss mit meinen Wünschen doch realistisch bleiben.“

„Natürlich.“ Da wir nun lange genug den Nachthimmel angeschaut haben, ziehe ich Malik endlich mit mir weiter. Würde ich nicht so frieren, würde ich nur allzu gerne noch länger den Sternen dabei zuschauen, wie sie sich im ruhig vor uns liegenden Meer spiegeln. So aber müssen wir diese Beobachtungen auf einen anderen Abend verschieben. Immerhin sind wir noch eine Woche da, da lässt sich sicherlich ein genauso schöner Abend wie dieser finden, an dem ich dann auch nicht frieren muss.
 

„Wie wärs, sollen wir noch etwas essen?“ Nur noch wenige hundert Meter vor unserem Hotel bleibt Malik auf einmal stehen und schaut mich fragend an.

„Ähm, klar.“ Jetzt wo der Junge es sagt, spüre ich erst, wie hungrig ich eigentlich bin. Und nun fällt mir auch das kleine Restaurant auf, vor dem wir gerade stehen und auf das Malik sogleich zusteuert.

„Sehr gut, ich bin nämlich halb am Verhungern.“ Drinnen lässt er uns einen Tisch für zwei Leute geben. Obwohl es erstaunlich voll ist, bekommen wir noch einen schönen Tisch im hinteren Bereich des Lokals, wo uns sogleich zwei Speisekarten in die Hand gedrückt werden. Nach einem kurzen Blick in diese schaue ich unsicher zu meinem Freund auf. „Was ist denn?“ Gerade will er seine Karte ebenfalls aufschlagen, als er meinen Blick bemerkt.

„Das ist ziemlich teuer.“ Ich weiß zwar, dass Restaurants nicht gerade günstig sind, doch dieses hier scheint noch teurer zu sein. Dabei wirkt es nicht einmal besonders nobel auf mich. Wie um meine Worte zu prüfen, wirft nun auch der Junge einen kurzen Blick in die Karte. Nachdem seine Augen kurz prüfend über die erste Seite geschweift sind, hebt er seinen Blick wieder zu mir, wobei er mich schief anlächelt.

„Die sind doch vollkommen normal.“

„Aber das kann ich mir nicht leisten.“ Zumindest keine ganze Woche lang. „Ich war schon mal in einem Restaurant, das war günstiger.“ Vielleicht sind die Preise seitdem aber auch einfach nur gestiegen.

„Wir sind hier am Meer, da ist alles etwas teurer. Mach dir keine Sorgen darum, ich lad dich ein.“ Prüfend mustere ich den Jungen. Zu gerne würde ich wissen, woher er so viel Geld hat. Außerdem wird es mir langsam unangenehm, dass er alles mögliche zahlt, immerhin habe ich auch Geld dabei.
 

Für heute lasse ich mich jedoch noch einmal einladen. Und obwohl das Essen etwas überteuert ist, so schmeckt es doch sehr gut. Dieses Abendessen ist ein schöner Ausklang für diesen doch sehr anstrengenden Tag. Nichts desto trotz bin ich froh, wenn ich erst einmal in meinem Bett liege und schlafen kann.

Wie angekündigt zahlt Malik schließlich für uns beide. Danach verlassen wir das Lokal wieder und machen uns endgültig zum Hotel auf, dieses Mal jedoch nicht mehr ganz so gemütlich. Es ist in der Zwischenzeit verdammt kalt geworden. Bei den im Vergleich hohen Temperaturen heute Mittag habe ich fast schon vergessen, dass es eigentlich noch Frühling ist. Ich hoffe einfach mal, dass die nächsten Tage ebenso angenehm bleiben, so dass wir vielleicht sogar einmal im Meer schwimmen gehen können.

Zurück im Hotel wird mir heute zum ersten Mal richtig bewusst, dass ich wirklich vollkommen alleine mit Malik bin. Kaum haben wir unser Zimmer betreten, macht sich ein nervöses Gefühl in meinem Magen breit, das ich bestmöglich ignoriere. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass wir alleine zusammen sind. Der Ort spielt da nun wirklich keine Rolle, oder?
 

„Willst du dich schon schlafen legen?“ Nur einen Schritt vor mir bleibt Malik stehen und dreht sich zu mir um.

„Hast du denn noch was vor?“ Obwohl wir heute kaum etwas gemacht haben, bin ich schon ziemlich erschöpft. Wenn wir früher schlafen gehen, stehen wir morgen auch früher auf, so dass wir mehr Zeit haben. Außerdem gibt es hier in dem kleinen Zimmer kaum etwas zu tun.

„Nein, eigentlich nicht. Ich will nur eben noch schnell duschen.“ Diesen Wunsch kann ich ihm nicht verweigern, so dass ich zustimmend nicke.

„Mach nur.“ Und schon verschwindet der Junge im Badezimmer. Ich nutze diese Zeit, um mich schon einmal umzuziehen und warte dann nur noch darauf, dass ich kurz auf Toilette kann, um meine Abendroutine zu beenden.

Malik braucht nicht lange, so dass er nach fünf Minuten frisch geduscht und umgezogen wieder in dem Schlafraum steht. Lediglich seine nassen Haare zeugen davon, dass er überhaupt geduscht hat.

„Das Bad ist frei“, teilt er mir überflüssigerweise mit. Trotzdem nicke ich kurz und verschwinde dann zum Zähneputzen in dem gefliesten Raum.
 

Als ich zurückkomme, liegt Malik, wie am Mittag schon, bereits im Bett. Dieses Mal schaut er mich jedoch an und tut nicht so, als würde er schlafen. Nach kurzem Zögern, bei dem ich mir nicht so sicher bin, was ich genau machen soll, schalte ich schließlich das Licht aus und geselle mich zu dem Jungen aufs Bett. Unweigerlich beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Dieses Mal kann ich gegen die unangenehme Nervosität jedoch nichts unternehmen.

Kaum habe ich es mir unter der großen Decke, die wir uns teilen müssen, bequem gemacht, zieht mich Malik auch schon näher an sich. Diese Nähe genieße ich eine Weile, bis sich mein Herz etwas beruhigt hat. Erst dann wage ich es wieder, zu sprechen.

"Danke für den schönen Tag." Ich habe einfach das Verlangen, ihm diesen Dank mitzuteilen. Immerhin wäre dieser Urlaub ohne Malik nicht möglich. Bakura und mir würde zu so etwas schlicht und ergreifend einfach das Geld fehlen.

"Ach was", tut der Junge es ab, als wäre es gar nichts. "Ich bin nur froh, dass es dir hier gefällt." Ich bin mir ziemlich sicher, dass er mir bei diesen Worten in die Augen blickt. Doch es ist so dunkel, dass ich lediglich die groben Umrisse seines Kopfes vor mir ausmachen kann.

Ohne groß darüber nachzudenken, entscheide ich mich dazu, dass nun genau der richtige Moment ist, um einen Schritt in unserer Beziehung nach vorne zu tun. Meine Augen schließen sich wie von selbst, während meine Lippen die Stelle ansteuern, an der sie die Maliks vermuten. Und tatsächlich treffen sie nach wenigen Augenblicken, die mir jedoch wie eine kurze Unendlichkeit erscheinen, auf die warmen, weichen Lippen des Jungen. Als hätte er es erwartet, bricht sofort ein leidenschaftlicher Zungenkuss aus, der meinen gesamten Körper zum Kribbeln bringt und den ich mit jeder Faser genieße.

Erleben

Der nächste Morgen ist unglaublich schön. Wohlbehütet wache ich in Maliks warmen Armen auf, in die ich mich sogleich möglichst vorsichtig, um den Jungen nicht zu wecken, noch enger kuschel. Nur allmählich kehren meine Erinnerungen an den vergangenen Abend zurück, was mir spürbar das Blut in die Wangen schießen lässt. Nicht nur habe ich den ersten Schritt gemacht, so dass wir endlich unseren ersten richtigen Kuss hatten. Danach haben wir uns immer wieder geküsst, wobei auch unsere Hände nicht ganz anständig geblieben sind. Dass ich mit Malik, dem besten Freund meines Bruders, mal so eine Beziehung haben werde, hätte ich wohl nie gedacht. Nun ist es aber so und ich bin mehr als nur glücklich darüber. Ich brauch nur an den Jungen zu denken und schon breitet sich ein wohliges Gefühl in meinem Inneren aus. Zufrieden schmiege ich mich an Maliks Brust und entschließe mich dazu, diese Nähe noch für ein paar Minuten zu genießen, wofür ich kurz die Augen schließe.

Als ich sie das nächste Mal öffne, fällt bereits helles Sonnenlicht geradewegs durch unser Fenster. Die lavendelfarbenen Augen, die mich gleichzeitig anschauen, sorgen dafür, dass diese Information langsamer zu meinem Gehirn durchdringt. Schließlich wird mir aber klar, dass es bereits Mittag sein muss, damit die Sonne hier hereinscheinen kann. Dieser Schreck hilft mir, mich von seinen nahezu hypnotisierenden Augen zu lösen. Um mich nicht sofort wieder in ihnen zu verlieren, setze ich mich lieber auf.
 

"Wie spät ist es?" Und wie lange ist Malik schon wach. Er wirkt zumindest nicht ansatzweise so verschlafen, wie ich mich fühle.

"Dir auch einen wunderschönen guten Morgen", grinst er mich als Antwort an. Sofort fühle ich mich etwas schlecht, dass ich das vergessen habe. "Oder Mittag", fügt der Junge hinzu, noch ehe ich antworten kann.

"Mittag?" Eigentlich wollte ich seinen Gruß erwidern, mit dieser Anmerkung hat er mich jedoch wieder aus dem Konzept gebracht. Wenn das stimmt, dann haben wir den gesamten Morgen verschlafen, was wiederum bedeutet, dass der halbe Tag bereits vorbei ist. „Wieso hast du mich denn nicht geweckt?“

„Ich bin doch auch gerade erst wach geworden. Außerdem kann ich dich doch nicht einfach wecken, dafür siehst du beim Schlafen viel zu schön aus.“ Verlegen ob dieser Bemerkung schaue ich zur Seite. Ich will nicht, dass Malik sich deswegen rechtfertigen muss, so dass ich nicht weiter darauf eingehe.

„Frühstück wird es wohl keines mehr geben?“ Wie erwartet schüttelt er auf meine Frage den Kopf.

„Aber in der Stadt werden wir schon etwas finden.“ Er braucht mir nur kurz in die Augen zu schauen, um zu erraten, was ich denke. „Auch etwas günstiges.“ Schließlich ergebe ich mich seufzend.

„Na gut, aber dieses Mal möchte ich zahlen.“ Malik zuckt nur mit den Schultern.

„Da will ich mich mal nicht beschweren.“
 

Es ist tatsächlich bereits kurz nach zwölf. Wir kämpfen uns gerade auf der Suche nach einem günstigen Café, in dem wir frühstücken können, durch die gut gefüllte Stadt, wobei mir dieser Gedanke einfach keine Ruhe lässt.

"So verschlafen habe ich ja schon lange nicht mehr", teile ich Malik schließlich mit. Vermutlich erhoffe ich mir, dass er mein Gewissen irgendwie etwas beruhigt. Und tatsächlich sorgt seine Antwort genau dafür.

"Mach dir doch nichts daraus. Gestern war ein anstrengender Tag, wir waren lange wach und außerdem ist es Frühling."

"Hä?" Was hat denn nun der Frühling damit zu tun? Verständnislos schaue ich den Jungen an, der dicht neben mir durch die schmale Gasse läuft, in die wir soeben eingebogen sind, um den strömenden Massen an Menschen etwas zu entkommen.

"Na die Frühjahresmüdigkeit, bestimmt hat uns nur die erwischt. Morgen wird wieder alles normal sein." Zwar bin ich mir sicher, dass es dafür nun schon etwas zu spät ist, trotzdem reicht mir diese Antwort vollkommen aus, um erst einmal etwas beruhigt zu sein.

"Trotzdem doof, dass wir nun nur so wenig vom Tag haben." Dabei habe ich mich gestern doch gerade deswegen früher schlafen legen wollen.

"Es ist jetzt nun mal so, mach dir keine weiteren Gedanken deswegen." Kurz schaut er mir in die Augen, bis ich zustimmend nicke. Dann deutet er auf einen der Läden links vor uns. "Das sieht doch gut aus, oder?" Über meine Gedanken habe ich doch tatsächlich vollkommen vergessen, nach einer verspäteten Frühstücksmöglichkeit Ausschau zu halten. Umso erleichterter bin ich darüber, dass Malik sich nicht so hat ablenken lassen und scheinbar einen wirklich netten Laden gefunden hat.
 

Dort essen wir jeder nur ein Sandwich, das allerdings nicht nur ungewöhnlich groß, sondern auch noch gut belegt ist. Und zu meinem Erstaunen haben sie tatsächlich einen annehmbaren Preis, den ich nur allzu gerne zahle.

Als wir das Café wieder verlassen, steht die Sonne bereits hoch über uns. Trotzdem ist es heute nicht ansatzweise so heiß, wie am gestrigen Tag.

„Schwimmen gehen wird heute wohl nichts“, stelle ich sogleich fest. Zumindest ich würde bei diesen Temperaturen erfrieren.

„Wir könnten uns die Stadt etwas anschauen. Im Norden soll es einen schönen Tempel geben.“ Zustimmend nicke ich. Alte Gemäuer sind genau das, was mich inspiriert. Ich hoffe nur, dass uns der verbleibende Tag dazu auch ausreicht.

Bloß mit einem Rucksack beladen steigen wir in den nächsten Bus, der zu dem Tempel fährt. Entgegen meiner Befürchtungen ist dieser Ort kein Besuchermagnet. Der Bus dorthin ist fast vollkommen leer und auch die wenigen Menschen, die wir vor Ort antreffen, scheinen eher Einheimische zu sein. Dementsprechend bin ich auch kaum überrascht, als sich der Tempel lediglich als etwas größerer Schrein herausstellt.

Trotz allem ist er sehr schön anzuschauen und ich bereue es sehr schnell, dass ich keine Kamera dabei habe. Wir haben den Schrein so schnell besichtigt, dass uns noch genügend Zeit bleibt, die wirklich schöne Umgebung zu erkunden. Schließlich bleiben wir vor einer Tafel, auf der die Umgebung abgebildet ist, stehen.
 

„Hier kann man ja ordentlich wandern“, merkt Malik an, als wir die vielen, unterschiedlich gefärbten Linien sehen.

„Ist das da ein See?“ Ich deute mit dem Finger auf einen grau eingezeichneten Fleck, der nicht allzu weit von unserem rot markierten Standpunkt entfernt liegt.

„Sieht ganz so aus.“ Scheinbar habe ich sofort Maliks Interesse geweckt. „Sollen wir dorthin gehen und nachschauen?“ Bis zum späten Abend, an dem der letzte Bus in die Stadt zurückfährt, ist noch genügend Zeit, weshalb ich zustimmend nicke. Wenn wir schon mal hier sind, dann sollten wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Und so laufen wir eine gute halbe Stunde, bis wir tatsächlich an einem See ankommen. Der Weg auf dem wir dorthin kommen, führt an dem See vorbei. Allerdings gibt es einen extra Rundweg um das Wasser herum, den wir auch sogleich einschlagen. Auf der linken Seite von uns haben wir eine gute Sicht über das weite, ruhige Gewässer, rechts wird der Wanderweg von einem dichten Wald eingegrenzt.

"Wir fahren ans Meer und landen in einem Wald", merke ich amüsiert an. Damit habe ich bei der Planung dieses Urlaubs nun wirklich nicht gerechnet.

"Reise mit Malik und du erlebst eine Menge Abenteuer."

"Ich merke schon." Wir lösen kurz unsere Blicke von der idyllischen Landschaft, um uns kurz anzugrinsen. Dass Malik durchaus spontan ist und dadurch schon das ein oder andere erlebt hat, weiß ich bereits von Bakura. Stören tut es mich jedoch gewiss nicht, immerhin macht es so alles interessanter und schön ist es hier auf jeden Fall. "Du darfst gerne öfter solche Orte finden."

"Kein Problem. Was meinst du, was ich dir alles zu Hause zeigen kann." Das zweifel ich keine Sekunde an.
 

Wir laufen, bis ein Steg in Sichtweite kommt, an dem ich stehen bleibe.

"Was ist denn?" Malik schaut sich kurz um, scheint an dem Steg jedoch nichts interessantes zu finden.

"Lass uns hier eine kurze Pause machen." Wir laufen angenehm, so dass ich noch lange nicht erschöpft bin. Jedoch können wir während des Laufens den schönen Anblick kaum so genießen, wie wenn wir uns kurz setzen. Die Gelegenheit, direkt am, beziehungsweise über, dem Wasser zu sitzen, kann ich mir daher nicht entgehen lassen.
 

„Gute Idee.“ Ohne weiter zu zögern lässt Malik meine Hand los und geht mir voraus auf den Steg. Am Ende angekommen dreht er sich zu mir um. „Schade, dass hier keine Boote anliegen.“ Ich kann mir nur zu gut vorstellen, dass Malik sich sofort eines kapern würde, um über den See zu fahren. Umso froher bin ich darüber, dass es hier eben keines gibt.

Als ich bei ihm ankomme, setzen wir uns nebeneinander ans Ende des Stegs. Sofort zieht der Junge seine Schuhe aus, um seine Füße im kühlen Wasser baumeln zu lassen.

„Es ist doch auch so schön.“ Meinen Blick lasse ich über die ruhige Wasseroberfläche gleiten. Vielleicht bekomme ich ja einen Fisch zu Gesicht. Leider ist das nicht der Fall, dafür bekomme ich etwas ganz anderes zu sehen. Nicht unweit von uns in Ufernähe bedecken eine Menge Pflanzen das Wasser, die ich schnell als Seerosenblätter ausmache. „Wenn ich nur meinen Skizzenblock dabei hätte“, merke ich an, als ich einige Wasserlilien, die in schönem Rosa blühen, entdecke.

„Du solltest den Urlaub nutzen, um dich etwas auszuruhen, in der Schule kannst du noch genug zeichnen.“ Malik scheint sich ziemlich über meine Aussage zu amüsieren.

„Ich mach das eben gerne."

"Ah, deswegen bist du mit deinem Wasserfall erst kurz vorher fertig geworden", zieht der Junge mich auf. Er weiß genau, dass ich mit Perspektiven noch meine Probleme habe und es deswegen vor mir hergeschoben habe.

"Das hier würde ja auch nicht benotet werden", erkläre ich mich, obwohl es gar nicht nötig ist.

"Na komm her", beendet Malik diese Unterhaltung und zieht mich sogleich mit seinem Arm an seine Seite. Ohne es zu wollen, muss ich an letzte Nacht denken, was mein Gesicht heiß werden lässt. Damit der Junge dies nach Möglichkeit nicht sieht, lege ich meinen Kopf auf seine Schulter.
 

So beobachten wir den vor uns liegenden See eine ganze Weile in einheitlichem Schweigen, bis ich schließlich merke, dass es bereits später geworden ist. So sehr es mir auch widerstrebt, drücke ich mich leicht von dem Jungen, der mich sogleich fragend anschaut.

"Wir sollten uns langsam auf den Rückweg machen, oder? Ich habe keine Lust, den letzten Bus zu verpassen."

"Ach was, bis der fährt haben wir bestimmt noch genügend Zeit." Diese Antwort überzeugt mich nicht gerade, was auch Malik klar zu sein scheint. Fast ohne Pause spricht er weiter. "Aber ja, lass uns umkehren, dann können wir vielleicht auch noch wirklich was von der Stadt sehen." Stimmt, wir haben eigentlich die Stadt besichtigen wollen, und nun sind wir hier abseits im Wald, was unbestreitbar mindestens genauso schön ist.

Wir verzichten darauf, den Rundweg zu Ende zu laufen, da wir nach der Größe des Sees zu urteilen nicht einmal die Hälfte geschafft haben und der Weg hierher schon weit genug gewesen ist. Also kehren wir einfach um und gehen zu dem Schrein zurück, der nicht unweit der Bushaltestelle steht.

Auf der Heimfahrt sitzen noch weniger Leute im Bus, als schon auf der Hinfahrt. Doch kaum sind wir in der Stadt zurück, sind wir wieder von reichlich Menschen umgeben. Erst jetzt wird mir klar, wie schön die ruhige Zweisamkeit mit Malik gewesen ist.

An diesem Abend lassen wir uns reichlich Zeit, einen möglichst günstigen Laden, um gut essen zu können, zu finden. Sehr viel mehr machen wir, neben einem Spaziergang an der Promenade, auch nicht.
 

Die restliche Woche vergeht unglaublich schnell. Am Mittwoch ist es noch immer nicht viel wärmer. An diesem Tag besuchen wir das städtische Sea Life-Center.

Am Donnerstag ist es schon deutlich wärmer. Nach einem Versuch, im Meer schwimmen zu gehen, muss ich jedoch feststellen, dass es für mich noch immer zu kalt ist. Malik hingegen scheint das nicht zu stören. Während er etwas weiter draußen seine Runden zieht, nutze ich diese Zeit, um mich zu sonnen.

Erst am Freitag ist es dann so weit, dass ich ebenfalls schwimmen gehen kann. Zwar halte ich nicht ansatzweise so lange durch, wie Malik am Vortag, trotzdem ist es eine tolle Erfahrung. Das würde ich im Sommer gerne wiederholen, um das salzige Meereswasser in vollen Zügen genießen zu können. Zum neuerlichen Sonnen und entspannen ist das Wetter jedoch perfekt.

Den Samstag nutzen wir noch einmal, um ausgiebig an der Promenade entlang zu spazieren, bis wir letztendlich das eine Ende erreichen. Ich genieße die angenehme Meeresprise, die mir durch die Haare weht, wie auch das stetige Rauschen des Meeres, das ungemein beruhigend ist. Doch auch dieser ruhige Tag geht nur allzu schnell zu Ende, bis es schließlich Sonntag ist und wir uns wieder auf die Heimreise machen.

Die gesamte Woche ist sehr schön gewesen und das nicht nur wegen unserer Unternehmungen. Es ist in der Zeit bei weitem nicht bei dem einen Zungenkuss, den wir in der ersten Nacht ausgetauscht haben, geblieben. Auch wenn Malik anständig geblieben ist, haben wir jede Nacht geschmust. Ich habe mich wirklich mehr als einmal gefragt, wo er diese Beherrschung hernimmt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass er diesen Punkt nicht überschreiten will, solange die Sache mit Bakura noch nicht geklärt ist. Trotzdem sind wir uns wesentlich näher gekommen und haben nun eine tiefgreifendere Verbindung zueinander.
 

„Schade, das war viel zu kurz“, wende ich mich an Malik, nachdem ich dabei zugeschaut habe, wie unser Zug langsam den Bahnhof und danach etwas schneller die Stadt verlassen hat.

„Dafür umso schöner, nicht wahr?“ Der Junge lächelt mich aufmunternd an, ehe er weiterspricht. „Keine Sorge, das werden wir sicher noch einmal machen.“ Das glaube ich ihm einfach mal. Denn kaum, dass wir wieder auf dem Weg nach Hause sind, kommen auch wieder die Probleme, die ich dort zurückgelassen habe, in meinen Kopf.

Tatsächlich habe ich im Verlauf der Woche kaum daran gedacht. Umso nervöser bin ich nun, was mit Bakura ist und was aus seiner Freundschaft zu Malik wird. Auch mein Freund wird während der Fahrt immer ruhiger.

Als wir endlich an unserem Bahnhof aussteigen, bin ich mehr als erleichtert Rishid zu sehen, der uns abholt. Heute ist wieder ein besonders heißer Tag, so dass ich froh bin, nicht mit dem vollbeladenen Bus fahren zu müssen.

Bevor ich jedoch mit meinem Bruder reden kann, fahren wir erst einmal zu Malik, um unser Gepäck abzuladen und zu Mittag zu essen. Dabei fragt sein Bruder uns über den Urlaub aus. Ihm ist deutlich anzusehen, dass er am liebsten mitgekommen wäre.
 

„Danke noch mal fürs Abholen und das Essen“, bedanke ich mich nicht zum ersten Mal bei Rishid, als ich mit dem Essen fertig bin und mich für den Nachhauseweg vorbereite. Wie schon zuvor winkt der junge Mann nur ab. Im Gegensatz zu seinem Bruder ist er sehr in sich gekehrt und ruhig.

"Und du bist sicher, dass ich nicht mitkommen soll?" Malik folgt mir bis zur Haustür, wo ich meine Schuhe anziehe. Mindestens genauso oft, wie ich mich bei Rishid bedankt habe, hat Malik mir diese Frage gestellt.

"Ja, ich schaff das schon." Ich schnappe mir meinen Koffer, um mich auf den Weg zur Bushaltestelle zu machen. Nun werde ich mich doch noch mit dem Bus durch die Stadt quälen müssen.

"Na gut, aber lass mich dich noch bis zur Haltestelle bringen." Dagegen habe ich nichts einzuwenden, so dass wir gemeinsam losgehen. "Ich bin mir sicher, dass sich Bakura wieder beruhigt hat. Und mit dir wird er schon gar nicht böse sein, immerhin bist du seine geliebte Schwester." Überrascht ob des plötzlichen Themenwechsels schaue ich zu Malik. Ist mir meine Unruhe so deutlich anzusehen?

"Darum mache ich mir auch weniger Sorge." Immerhin weiß ich nur zu gut, dass Bakura nicht wirklich mit mir böse sein kann.

"Ich werde das schon regeln." Er scheint genau zu wissen, dass meine Sorgen ihm gelten. "Du kannst deinem Bruder ja schon mal ausrichten, dass ich morgen vorbeikomme." Malik lächelt mich leicht an, als auch schon mein Bus vorfährt. "Ruf mich an, wenn was ist, oder komm auch vorbei." Ich nicke lediglich und nach einer kurzen Verabschiedung steige ich auch schon in den Bus, um nach Hause zu fahren.

Genießen

Obwohl ich schon fast nicht damit rechne, treffe ich tatsächlich auf Bakura, als ich unsere Wohnung betrete. Und nicht nur das, er ist auch noch alleine, was in den letzten Wochen eher selten der Fall gewesen ist. Ich bin mir schon fast sicher, dass er auf mich gewartet hat. Ohne groß zu zögern, gehe ich zu ihm und umarme den Jungen, was nicht ganz so einfach ist, da er auf dem Sofa sitzt.

„Hallo Bruderherz“, begrüße ich ihn fröhlich. Ich gehe einfach mal davon aus, dass er wieder besser gelaunt ist, auch auf die Gefahr hin, ihm damit auf die Füße zu treten. „Wie geht es dir?“

„Es ist schon spät, hast du Hunger?“, umgeht er meine Frage, wobei er mich mit seinen braunen Augen fixiert. Scheinbar ist er heute nicht sonderlich gesprächig.

„Nein, ich habe eben schon bei Malik gegessen.“ Trotzdem freue ich mich, dass er sich anscheinend um mich sorgt. Genau wie Malik gesagt hat. Ehe er aber dazu kommt, weiterzusprechen, wechsle ich bereits das Thema. „Malik wird morgen vorbeikommen, um mit dir zu reden. Dieses Mal will ich keine Schlägerei sehen.“

„Das war keine Schlägerei“, entgegnet Bakura und wendet seinen Blick ab. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass er es mittlerweile zumindest etwas bereut.

„Du solltest dich bei ihm entschuldigen“, versuche ich sein Gewissen zusätzlich zu belasten.

„Ist ja gut.“ Mit einer etwas zu schnellen Bewegung, die deutlich zeigt, dass er genervt ist, steht er auf. “Davon durfte ich mir die Woche schon genug anhören.“ Also haben sich Miho und Ryuji wirklich seiner angenommen. „Wenn nichts mehr ist, dann geh ich jetzt.“

„Danke“, säusle ich freudig, bevor er in seinem Zimmer verschwindet. So wie ich das sehe, stehen die Chancen auf eine Versöhnung sehr gut.
 

Am nächsten Morgen habe ich Schwierigkeiten, rechtzeitig aus dem Bett zu kommen. Obwohl ich fast die ganze Ferienwoche über früh aufgestanden bin, verschlafe ich nun fast die Schule und bin froh, als ich gerade noch vor dem Klingeln in meiner Klasse ankomme.

Es dauert bis zur ersten Pause, dass ich Malik endlich sehe. Es ist wirklich ungewohnt gewesen, eine Nacht alleine verbracht zu haben. Umso glücklicher bin ich nun darüber, meinen Freund kurz in die Arme schließen zu können.

„Ich hab dich heute Morgen vermisst“, merkt der Junge an, während ich auch Ryuji umarme.

„Er hat mir deswegen die Ohren zugeheult.“ Mit diesem leichten Seitenhieb erreicht der Schwarzhaarige wohl genau das, was er wollte, einen leichten Protest seitens Malik.

"Tut mir leid, ich hab heute Morgen total verschlafen." Gekonnt übergehe ich die Rangelei der beiden.

"Du bist doch sonst so pflichtbewusst." Ryuji grinst mich schief an. "Wir dachten schon du wärst krank. Der Urlaub war wohl nicht sonderlich entspannend?" Vielsagend schaut er zwischen Malik und mir hin und her, was mich nur die Augen verdrehen lässt.

"Halt die Klappe." Malik ist etwas schneller als ich, sonst hätte ich dem Schwarzhaarigen ähnliche Worte an den Kopf geworfen. Solche Anspielungen kann ich Wirklich gar nicht gebrauchen.

"Kommst du heute Mittag mit?", wechsle ich das Thema an Ryuji gewandt.

"Nein, das sollten die beiden in Ruhe unter sich ausmachen. Bakura ist momentan etwas... empfindlich." Das habe ich gestern bereits zu spüren bekommen.

"Danke übrigens, er schien gestern schon etwas einsichtiger zu sein."

"Das hoffe ich doch, immerhin habe ich mir viel Mühe gegeben, den Sturkopf zumindest etwas umzustimmen." Anhand von Ryujis Gesichtsausdruck, den er dabei macht, ist das wohl wirklich kein Kinderspiel gewesen.

"Wirklich? Das ist klasse. Danke, Ryuji." Malik, der bis eben noch nichts davon gewusst hat, scheint nun noch zuversichtlicher zu sein.

"Ach was, ich will doch auch, dass meine Freunde sich wieder vertragen." Die beiden grinsen sich kurz an und ändern dann das Thema, da keiner von uns Lust hat, die ganze Pause darüber zu reden.
 

Am Nachmittag begleite ich Malik ein Stück zu meiner Wohnung, bis ich mich von ihm trenne. Während er bei Bakura ist, werde ich Miho besuchen. Zwar habe ich ein ungutes Gefühl dabei, die beiden Jungs alleine zu lassen, doch Malik hat mich darum gebeten. Und da ich das Mädchen seit einer Woche nicht mehr gesehen habe, nutze ich die Gelegenheit, sie für ein paar Stündchen zu besuchen und über meinen Urlaub zu reden.
 

„Pass auf dich auf.“ Mit einer festen Umarmung verabschiede ich mich von Malik, der mich auf meine Worte nur schief angrinst.

„Keine Angst, ich werde schon überleben.“ Danach trennen sich unsere Wege und nur kurz darauf stehe ich vor Mihos Haustür, an der ich klingle. Ich hoffe, dass mich das Mädchen zumindest etwas von meinen Gedanken ablenken kann.

„Amane!“, begrüßt sie mich freudig, kaum dass sie die Tür geöffnet hat und fällt mir um den Hals. Nur allzu gerne drücke ich meine Freundin zurück. „Komm doch rein, meine Mutter hat gerade Kuchen gemacht.“ Diese Einladung lasse ich mir sicherlich nicht entgehen. So kommt es, dass ich kurz darauf mit Miho in ihrem Garten sitze, jede einen Teller mit Kuchen in der Hand.

„Wie war die Woche so?“, beginne ich ein Gespräch, kaum dass wir sitzen und noch ehe ich den ersten Bissen nehmen kann.

„Ach, ganz gut. Sehr ruhig. Ich habe viel mit meiner Mutter gemacht und Bakura wohl etwas verärgert.“ Bei diesen Worten sieht sie nicht gerade glücklich aus.

„Du hast auch mit ihm geredet?“ Das könnte Bakuras schlechte Laune tatsächlich besser erklären. Miho ist bisher die Person gewesen, die stets sehr taktisch mit ihm umgegangen ist und ihn nach Möglichkeit vor unangenehmen Themen geschont hat.

„Ich hab’s zumindest versucht.“ Ein kurzes Schulterzucken macht deutlich, dass sie nicht sonderlich von ihrem Einsatz überzeugt ist.

„Ich denke, das hat gereicht. Malik ist gerade bei ihm und sie reden miteinander.“ Zumindest hoffe ich das.

„Echt doof, dass es wegen so etwas Streit gibt.“ Miho ist deutlich anzusehen, dass sie sich überhaupt nicht wohl mit dieser Situation fühlt. Sie ist nun mal ein sehr harmoniebedürftiger Mensch.
 

Tatsächlich kann ich einen ganzen Bissen von dem wirklich leckeren Kuchen nehmen, ehe das Mädchen beginnt, mich über meinen Urlaub mit Malik auszufragen. Nur zu gerne beginne ich, ihr von der Woche und alledem, was wir gemacht haben, zu erzählen. Nachdem Bakura und Ryuji so gar kein Interesse dafür gehabt zu haben scheinen, ist es schön, endlich jemandem von dieser kurzen aber sehr schönen Zeit zu erzählen.

„Wow, da wäre ich auch gerne mitgekommen.“ Ihre Begeisterung ist Miho deutlich anzusehen, nachdem ich mit meinem Bericht geendet habe. „Ich hoffe meine Eltern erlauben mir irgendwann, dass wir mal alle gemeinsam wo hinfahren können.“

„Ja, das wäre wirklich toll. Malik und ich hatten uns auch schon so etwas überlegt.“ Ohne Miho würde doch ein wichtiger Teil unserer Gruppe fehlen.

„Wenn ich gute Noten am Ende des Schuljahres bekomme, müssen sie mir das einfach erlauben.“ Ich nicke zustimmend und hoffe inständig, dass sie das wirklich tun. Wenn nicht werde ich einmal mit ihrer Mutter reden. Immerhin hat Miho mit uns einen sehr guten Umgang, da brauchen sich ihre Eltern wirklich keine Sorgen zu machen.

Schließlich neigt sich der Nachmittag dem Ende zu, weshalb ich mich wieder von Miho verabschiede. Die Jungs müssen sich schon längst ausgesprochen haben und ich bin wirklich unruhig, zu welchem Ergebnis sie gekommen sind. Zumindest hat mich meine Freundin über die letzten Stunden gut abgelenkt. Doch je näher ich zu der Wohnung komme, desto nervöser werde ich.
 

Meine Sorgen stellen sich nur allzu schnell als unnötig heraus, denn kaum dass ich die Wohnung betrete, höre ich Maliks Stimme über unseren Urlaub reden, noch ehe ich die Jungs sehe. Als ich das Wohnzimmer betrete, finde ich die zwei auf dem Sofa sitzend vor.

„Amane! Du kommst genau richtig“, begrüßt mich Malik sogleich. „Ich habe Bakura gerade von unserem Ausflug an den See erzählt und dass wir so was auch mal zusammen machen sollten.“ Zum Ende seines Satzes schaut er erwartungsvoll zu Bakura. Diese Idee haben wir zwar gehabt, doch ich habe nicht damit gerechnet, dass er sie so schnell zur Sprache bringen mag. Andererseits wäre es ganz schön, die Gruppe mal wieder zusammenzubringen.

„Wenn Miho auch mitkommt“, stimmt mein Bruder schließlich zu. Das dürfte sich wohl einrichten lassen.

„Sehr schön. Ich weiß auch schon genau, wo wir hinfahren.“ Maliks Gesichtsausdruck zu folge, hat er bereits den ganzen Ausflug durchgeplant.

„Aber sorg dafür, dass wir an einem warmen Tag da sind.“ Vielleicht können wir dann sogar schwimmen gehen, worauf ich nach dem Tag im Meer wirklich Lust habe.

„Ich werde mein Bestes geben“, grinst mich mein Freund an. Ich bin froh, dass wieder alles gut zu sein scheint und dass es sich wieder ein bisschen wie noch vor einigen Wochen anfühlt. Es fällt mir nicht schwer, diese vorläufige Harmonie zu genießen.
 

Es vergehen zwei Wochen, bis das Wochenende kommt, für das wir letztendlich unseren Ausflug geplant haben. Jeder hat Zeit und sogar Miho hat ihre Eltern problemlos überreden können mitzukommen.

In dieser Zeit sind Bakura und Malik wieder zu den besten Freunden geworden, die sie vorher schon gewesen sind. Trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, dass sich mein Bruder nach wie vor an der Beziehung seines Kumpels zu mir stört.

Das hindert uns aber nicht daran, am Samstagmorgen um neun Uhr allesamt in Rishids Auto zu sitzen, der sich netterweise dazu bereit erklärt hat, uns zu fahren. Miho sitzt auf dem Beifahrersitz, während die Jungs mit mir die viel zu enge Rückbank teilen müssen. Ich habe zumindest das Glück, am Fenster zu sitzen und so nicht von beiden Seiten erdrückt zu werden.

Während wir die Stadt in Richtung Baggersee verlassen, denke ich mit einem innerlichen Grinsen daran, dass Mihos Eltern ihre Tochter wohl niemals hätten mitfahren lassen, wenn sie gewusst hätten, dass sie in einem überladenen Auto mitfahren würde.

Als wir endlich ankommen, fallen die Sorgen, die ich mir scheinbar als einzige über das volle Auto gemacht habe, von mir ab. Erleichtert vertrete ich mir erst einmal meine Beine und genieße meine zurückgewonnene Freiheit.

Kaum dass Rishid uns abgesetzt hat und wir unser Gepäck ausgeladen haben, fährt der junge Mann mit den Worten, dass er uns heute Abend abholen kommt und wir anrufen sollen wenn was ist, auch schon wieder.
 

„Er hätte doch bei uns bleiben können“, wende ich mich sogleich an Malik.

„Er hat noch was zu erledigen“, erklärt mir der Junge.

„Dein Bruder ist wirklich nett“, mischt sich Miho ein und spricht mir damit aus der Seele.

„Wir sollten ihm mal irgendwie dafür danken, dass er uns so oft fährt“, schlage ich vor. Immerhin hat er uns auch schon vom Bahnhof abgeholt und generell sind Maliks Geschwister sehr nett und hilfsbereit, obwohl sie selbst so viel zu tun haben.

„In zwei Monaten hat er Geburtstag“, merkt Malik an.

„Du meinst also, wir sollten ihm etwas Besonderes schenken?“ Mit fragendem Blick schaut Miho erst zu Malik und dann in die Runde.

„Was soll das denn für ein Geschenk sein?“ Scheinbar haben wir nun auch Ryujis Interesse geweckt.

„Darüber könnt ihr euch die nächsten Wochen ja Gedanken machen.“ Ich mustere Malik ausgiebig. Ziemlich sicher hat er bereits eine Idee, will nun aber einfach nicht darüber reden.

„Genau, jetzt sind wir erst einmal zum Entspannen hier“, ändere ich das Thema ganz bewusst.

„Sehr schön. Aber ist es nicht noch etwas zu früh?“ Mit einem kurzen, zweifelnden Blick schaut sich Ryuji um. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, weshalb es noch recht kühl ist. Dafür haben wir freie Platzwahl an dem großen See.

„Lasst uns erst einmal einen Platz suchen und dann wird es auch schnell wärmer werden.“ Obwohl Malik diesen Vorschlag macht, scheint er nicht vorgehen zu wollen. Aber Recht hat er, nach dem Wetterbericht soll heute der heißeste Tag dieser Woche werden, fast schon sommerlich.
 

Schließlich ist es Bakura der vorausgeht. Es dauert unerwartet lang, bis wir einen geeigneten Platz finden, mit dem jeder einverstanden ist. Unter einem einzelnen Baum, nicht weit vom Ufer, breiten wir im Gras unsere Decke und Handtücher aus. Mittlerweile steht die Sonne bereits höher am Himmel, trotzdem ist es für mich noch zu kalt, schwimmen zu gehen.

Während Malik versucht, Bakura zu überreden, jetzt schon schwimmen zu gehen, machen Miho und ich es uns auf der großen Decke gemütlich. Neben unseren Schwimmsachen haben wir auch genügend Proviant dabei, so dass wir den ganzen Tag an dem See verbringen und genießen können.

Letztendlich gelingt es Malik nicht, irgendjemanden jetzt schon zum Schwimmen zu überreden, weshalb er sich ebenfalls zu uns gesellt.

„Warte doch noch etwas, dann können wir alle zusammen gehen. Wir haben mehr als genug Zeit“, versuche ich ihn etwas zu vertrösten.

„Genau, erzählt lieber etwas über euren Urlaub.“ Ich kann kaum glauben, dass Ryuji noch so gar nichts davon gehört hat, doch nach seiner Neugierde zu urteilen, hat er wenig bis gar nichts von Malik oder Bakura erfahren. Ich erzähle ihm vom Meer und dem Schrein an dem wir waren, was schließlich dafür sorgt, dass der Junge von seinem letzten Urlaub berichtet, der ebenfalls am Meer gewesen ist.
 

Zum Mittag füllt sich der Strand des Sees immer weiter und mit dem Steigen der Sonne ebenso das Wasser. Auch uns ist es irgendwann warm genug, dass wir uns unserer Kleidung bis auf die Badesachen entledigen und in das kühlende Wasser springen.

„Wer zuerst am anderen Ufer ist!“ Mit diesen Worten paddelt Malik los, dicht gefolgt von meinem Bruder. Kopfschüttelnd schaue ich ihnen hinterher.

„Das schafft ihr niemals!“ Der See ist zwar nicht riesig, eine weite Strecke ist es dennoch, ihn zu durchqueren.

„Haha, lass sie doch.“ Ryuji, der um uns herumschwimmt, scheint keinerlei Interesse an dem Rennen zu haben.

„Warum machst du eigentlich nicht mit?“ Breit grinse ich ihn an, während ich ebenfalls damit beginne im Kreis zu schwimmen. Auf der Stelle zu stehen wird auf Dauer doch etwas zu kalt.

„Irgendwer muss doch auf euch beide aufpassen.“

„Natürlich.“ Zwar weiß ich, dass Ryuji immun gegen Ironie ist, trotzdem lass ich mir diese Aussage nicht nehmen.

„Haben wir nicht einen Strandball mitgenommen?“, unterbricht Miho unsere verbale Rangelei.

„Gute Idee, ich hole ihn schon.“ Mit diesen Worten gehe ich die wenigen Schritte zum Ufer und unserer Decke zurück, wo ich den bereits aufgeblasenen Ball hole.
 

Wie sich herausstellt ist Ryuji ein überaus guter Schwimmer, so dass wir in der Zeit, bis zumindest Bakura zurückkommt, die Punktezählung unseres Spieles abgeschafft haben. Während Miho und ich Probleme damit haben, den Ball überhaupt zu treffen, wenn er zu uns geflogen kommt, sieht es bei dem Schwarzhaarigen wie ein Kinderspiel aus. Kein Wunder also, dass wir letztendlich zu zweit gegen den Jungen spielen.

„Was macht ihr denn da?“, fragt Bakura, kaum dass er bei uns angekommen ist.

„Das ist doch offensichtlich, Kura“, zieht Ryuji meinen Bruder auf. Es wundert mich wirklich, dass er sich nach wie vor so von dem Schwarzhaarigen nennen lässt.

„Wir versuchen Ryuji zu besiegen. Willst du uns helfen?“ Mihos Vorschlag bringt mich zum Grinsen. Vor allem als Ryujis Protest kommt.

„Drei gegen einer ist aber wirklich unfair!“

„Was, hast du etwa Angst zu verlieren?“ Ärger ich ihn weiter.

„Wie soll ich denn in einem Spiel ohne Punkte verlieren können? Außerdem ist Bakura mein Freund, also ist es doch klar, dass er bei mir spielt.“

„Aber ich bin seine Schwester“, entgegne ich sogleich, auch wenn ich mir fast sicher bin, dass er gerade deswegen gegen mich spielen wird. Und genauso kommt es auch, so dass wir den Ball letztendlich noch seltener bei den beiden Jungs aufs Wasser bekommen.
 

„Sag mal, wo hast du eigentlich Malik gelassen“, frage ich, nachdem ich meinen Blick einmal in der Umgebung über das Wasser habe schweifen lassen, ohne meinen Freund gesehen zu haben.

„Ich glaube er hat es wirklich durchgezogen und läuft gerade um den See zurück... Oder er ist abgesoffen.“ Dabei macht er eine wegwerfende Handbewegung, die mich alles andere als erfreut. Gleichzeitig sorgt es aber dafür, dass ich den Ball, der gerade in meine Richtung geflogen kommt, zu Bakura schlage und ihn geradewegs gegen den Kopf meines Bruders schleudere. „Was sollte das denn jetzt?“, grummelt der Junge und reibt sich den Kopf, als hätte der Ball ihn ernsthaft verletzt.

„Red nicht so über ihn“, beschwere ich mich, freue mich gleichzeitig aber auch über meinen genauen Treffer.

Nachdem wir noch eine Weile spielen, in der vor allem Bakura und ich versuchen, uns gegenseitig abzuwerfen, taucht dann auch wieder Malik auf. Entgegen Bakuras Vermutung kommt er nicht über den Landweg, sondern schwimmt geradewegs in unser Spielfeld und sorgt so für einen ungerechtfertigten Treffer seitens Bakura.

„Das hat aber gedauert“, begrüße ich ihn zurück.

„Wir haben schon Wetten abgeschlossen, ob du dich verschwommen hast“, zieht Ryuji ihn auf.

„Und wer hat gewonnen?“ Malik grinst uns kurz an und schwimmt dann näher ans Ufer, wo er stehen kann. „Ich brauch jetzt erst einmal eine Pause“, teilt er uns mit. Ich befürchte fast, dass er tatsächlich bis zur anderen Seite des Sees und dann auch noch zurückgeschwommen ist.
 

Diese Gelegenheit nutzen wir, um unser Spiel kurzzeitig zu unterbrechen und ebenfalls an den Strand zu gehen. Mittlerweile steht die Sonne hoch über uns, so dass es deutlich wärmer, fast heiß, geworden ist. Wir machen es uns alle auf unseren Handtüchern bequem, zu meiner Linken Malik, zu meiner Rechten Miho.

Nachdem ich meine nassen Haare zusammengebunden habe, rolle ich mich auf den Bauch und schließe sogleich meine Augen, um die Sonne auf meinem Rücken vollends zu genießen. Rechts von mir höre ich Ryuji und Bakura, wie sie sich leise unterhalten. Über mir im Baum höre ich die Vögel fröhlich zwitschern und um uns herum vereinen sich die Geräusche der anderen Badegäste zu einem einheitlichen Hintergrundgeräusch.

In den letzten Monaten ist unsere Dreiergruppe erst um Miho und dann um Ryuji gewachsen. Bakura und Ryuji sind seit Silvester zusammen, während ich vor wenigen Wochen meine tiefergreifenden Gefühle zu Malik entdeckt habe. Und nun liegen wir hier alle fünf am See, haben eine schöne Zeit und schauen sicherlich auf eine noch schönere Zukunft. Zumindest für mich fühlt sich dieser Ausflug wie ein kleiner Neuanfang an, nach dem alles etwas anders, aber keineswegs schlechter sein wird.

Zufrieden nicke ich für eine kurze Zeit weg.



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