Weil Liebe niemals einfach ist von Elefantastisch ================================================================================ Kapitel 1: Quidditchplan ------------------------ Scorpius war mal wieder zu spät dran. Unpünktlichkeit schien bei ihm ein chronisches Problem zu sein – sehr zum allgemeinen Leidwesen des Slytherinhauspunktestands. Aber immerhin hatte sich der breiteste Teil der Masse nach sechs Jahren Schulzeit bei ihm daran gewöhnt. Im Eiltempo schlitterte der junge Malfoy um die letzte Ecke und riss die Tür zum ersten Klassenzimmer im folgenden Korridor auf. „Sooooorry.“ Da in diesem Klassenzimmer nachmittags kein Unterricht stattfand, war vorher zu sehen gewesen, dass es ziemlich leer sein würde, doch mit mindestens drei Leuten hatte er schon gerechnet. Alle Quidditchmannschaftkapitäne sollten im Grunde bei der Aufstellung des Spielplans für die kommende Saison dabei sein. Meistens waren dann noch einige Spieler – vorwiegend aus den UTZ- und ZAG-Klassen, der Prüfungen wegen – dabei, um ebenfalls ihren Senf dazu zu geben. Heute fiel das Ganze ein klein wenig aus dem Rahmen: die einzige Anwesende war die jüngst der Pottersprösslinge Lily. Scorp hatte nie viel mit den Potters zu tun gehabt. Er hegte zwar nicht dieselbe Feindschaft gegen sie wie sein Vater seinerzeit, doch Freunde würden sie vermutlich auch nie werden. Es lagen einfach zu viele Spannungen zwischen den Familien, selbst wenn Scorps Generation nur indirekt davon betroffen war. Erschwerend kam hinzu, dass sie allesamt Gryffindors waren. Und Scorpius selbstredend ein Slytherin. „Ich dachte, dass wir hier die Spielpläne ausarbeiten.“ Grinsend ging er zum Tisch, an dem die Rothaarige saß, zog sich einen Stuhl umgedreht heran und ließ sich ihr gegenüber rittlings darauf nieder, die Arme auf der Lehne verschränkt. „Wenn ich gewusst hätte, dass wir hier ein Date haben, hätte ich mir was anderes angezogen.“ „Wenn wir ein Date gehabt hätten, wäre ich schon längst nicht mehr hier. Du bist zu spät. Eine halbe Stunde wohlbemerkt.“ Lily verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihren Gegenüber entnervt an. Scorpius war eine Klassen über ihr und hatte die Position als Mannschaftskapitän bereits vier Jahre inne. Eigentlich hatten alle erwartet, dass Albus das Abzeichen bekommen würde, nach dem der letztjährige Kapitän nach drei Anläufen endlich seine UTZ bestanden hatte. Albus spielten als Jäger, ebenso wie James als er noch zur Schule gegangen war. Lily kam nach ihrem Vater und war Sucherin. Das war auch einer der Gründe warum sie Scorpius nicht leiden konnte. In den drei Jahren, die sie bereits Quidditch spielte, hatte er ihr jedes Mal in letzter Minute den Schnatz weggeschnappt – was ihrem Ego alles andere als gut tat. Gryffindor hatte die beste Mannschaft an der Schule – die Ravenclaws und die Hufflepuff putzen die mühelos weg – bloß beim Schnatzfang im Duell mit Scorpius scheiterte es ständig. Im Vorjahr hatte Gryffindor das Match zwar knapp für sich entscheiden können, doch der Pokal war an ihre Rivalen gegangen. Gefolgt vom Hauspokal. Im Jahr davor hatten die Gryffindors wieder das Entscheidungsspiel gewonnen und auch der Quidditchpokal war an sie gegangen. Lediglich der Hauspokal hatte nicht ihren Namen getragen. Aber immerhin auch nicht den der Slytherins – er war zum ersten Mal seit langem wieder an die Ravenclaws gegangen. Ein Sieg, denn sie in Lilys Augen mit ihrem schier unendlichen Wissen auch verdient hatten. Für dieses Jahr stand jedoch eines fest: beide Pokale würden unter dem rot-goldenen Löwenbanner verliehen werden – dafür würde sie sorgen. „Najaa, soviel später als die anderen bin ich ja auch nicht gekommen.“ In seiner Stimme schwang Sarkasmus mit, als mit einer ausladenden Geste in den Raum deutete. „Weil sonst niemand kommen wird, du Schlaumeier. Burton, der Ravenclaw-Kapitän hat es heute Vormittag geschafft seinen Zaubertrankkessel explodieren zu lassen und jetzt liegt er im Krankenflügel, ebenso wie die halbe Mannschaft, die alle mit ihm in der Klasse sitzen. Nolan von den Hufflepuffs muss kurzfristig irgendwas im Rahmen seiner Position als Vorsitzender des Koboldsteinklubs erledigen. Was mit dem Rest des Teams ist weiß ich nicht. Was die Gryffindors betrifft: die überlassen die Sache mir.“ Sie zuckte die Achseln, fischte ein dicke Rolle Pergament aus ihrer Tasche und zog die Bänder, die sie zusammen hielt auseinander. In der rechten oberen Ecke war das kunstvolle Hogwartswappen zu sehen und darunter eine Tabelle mit drei Spalten und sechs Zeilen. Am unteren Ende befanden sich vier Linien mit den Namen der Häuser zum Unterschreiben. Zuletzt holte sie noch einen Terminkalender hervor und blätterte ihn Anfang Oktober auf. „Mehr oder weniger traditionell ist das erste Spiel…“ „Sag mal“, unterbrach sie Scorpius wenig galant. „Wie viel Pfund Karotten isst du am Tag eigentlich, damit deiner Haare so grellrot sind? Ich mag die Farbe irgendwie nicht.“ „Keine – ich bin allergisch dagegen. Außerdem kommen rote Haare nicht von roten Lebensmitteln, du Idiot. Ich bin doch kein Flamingo.“ Wütend funkelte sie den breit grinsenden Slytherin an. Sie hasste es, wenn man sie wegen ihrer Haare dumm anmachte. Wie fast alle Weasleykinder war sie stolz auf ihre flammende Haarpracht. „Können wir jetzt bitte beim Thema bleiben? Ich hab keine Lust meinen ganzen Nachmittag hier zu verbringen.“ Im Normalfall rastete Lily nicht so schnell aus, doch neben der Stichelei über ihre Haarfarbe machte sie Scops großspurige Machomasche wahnsinnig. Warum glaubten bloß alle gut aussehenden Jungs immer, dass sie der absolute Überflieger waren, keine Manieren haben mussten und sich alles erlauben konnten? Scorpius hob in einer abwehrenden Geste die Hände, ein freches Grinsen mehr schlecht als recht unterdrückt. „Schon gut, schon gut, Prinzessin, nicht gleich so aufregen. Das soll schlecht für den Teint sein. Und die Haare sollen davon grau werden.“ Er gab den wenig fruchtenden Versuch sein Grinsen zu verbergen ganz auf und kippte den Stuhl ein wenig nach vorne in ihre Richtung. Irgendwie war sie ja verdammt süß, wenn sie sich aufregte. Am besten gefiel sie ihm, wenn sie gerade gelandet war, nachdem er ihr einen bestimmten kleinen, 15o Punkte bringenden Ball vor der Nase weggeschnappt hatte. „LILY. Oder soll ich dich auch ‚Casanova‘ nennen?“ Scorpius beugte sich noch ein Stück näher zu ihr, so dass ihm der angenehm blumige Duft ihres Parfums in die Nase stieg und flüsterte: „Du kannst mich auch gern den ‚Flamingoflüsterer‘ nennen.“ Der Terminkalender verfehlte in seiner Segelstunde nur knapp sein Ohr, bevor er an die Wand hinter Scorp klatschte. „Jetzt hätten wir wenigstens geklärt, warum du nicht als Jägerin spielst – Treffsicherheit scheint nicht gerade zu deinen Stärken zu zählen.“ „Du arroganter, aufgeblasener Wichser!“ Ihrem Fauchen nach zu schließen, das ziemlich an einen gereizten Schwan erinnerte, war sie schon wieder knapp an der Grenze etwas nach ihm zu werfen, weshalb er sich wieder zurück lehnte. Nur zur Sicherheit. „Sollten wir uns jetzt nicht besser wieder dem Spielplan widmen, als uns hier zu beschimpfen?“ fragte Scorp scheinheilig. Nachdem sie ihm noch einen letzten tödlichen Blick zu geworfen hatte, holte sie ihren Terminkalender mit einem Aufrufezauber wieder zu ihr zurück und fing an darin herum zu blättern. „Erste Begegnung: Slytherin gegen Gryffindor, am 17. Oktober.“ Ihre Frage war bewusst als Aussage formuliert worden, was Scorp jedoch glatt heraus ignorierte. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch hinter ihm. „Das ist doch Schwachsinn. Warum sollten wir das spannendste Spiel gleich am Anfang machen? Sollte der Höhepunkt nicht erst nach dem Vorspiel kommen?“ Sein Tonfall wechselte von kritisch auf zweideutig und auch sein Gesicht verzog sich wieder zu einem Grinsen. „In den letzten Jahren haben wir die Quidditchsaison immer mit diesem Match eingeläutet – das ist schon fast sowas wie eine Tradition.“ „Und wenn es Tradition wäre, die Klospülung nur einmal am Tag zu betätigen? Würdest du dich dann auch dran halten?“ Ihre Antwort war eine Mischung aus einem heftigen Schulterzucken und einem Kopfschütteln, durch das sich eine wellige Haarsträhne aus ihrem lockeren Haarknoten löste und ihr ins Gesicht fiel. Noch eh sie die Hand heben konnte, um sie zurück zu streichen, strich sie Scorpius an ihrer statt sanft hinters Ohr, so als ob es das Natürlichste der Welt wäre, dass zwei Menschen, die sich fast überhaupt nicht kannten und sich nicht leiden konnten, so vertraut miteinander auf Tuchfühlung gingen. Ebenso selbstverständlich ging er wieder zur Tagesordnung und zum Spielplan über. „Ich hätte eher gesagt, dass Hufflepuff gegen Ravenclaw antritt. Anfang November.“ Um zu verbergen, dass seine Berührung eine Gänsehaut bei ihr verursacht hatte, zog sie die Ärmel ihrer Uniformbluse bis über die Finger und täuschte einen konzentrierten Blick auf die Seiten ihres Kalenders vor. „Das heißt dann aber, dass in den nächsten fünf Spielen immer entweder Slytherin, Gryffindor oder beide spielen. Hufflepuff – Ravenclaw ist da mittendrin doch eine schöne Abwechslung und eine Pause für unsere Spieler. Und warum November? Wir fangen eigentlich immer im Oktober an.“ Einen Moment lang dachte Scorp über ihren Einwand nach, dann nickte er. „Gut, dann fangen wir mit Hufflepuff – Gryffindor an, gefolgt von Ravenclaw – Slytherin.“ Die Rothaarige tauchte ihre Feder in ihr Tintenfässchen, ließ das Feld für das Datum frei und fing an die Mannschaften für die ersten Begegnungen in die dafür vorgesehene Spalte im Formular einzufüllen. „Der November ist wettermäßig besser – nicht mehr ganz so nass. Der Oktober ist der Schlechtwettergipfel des ganzen Jahrs.“ Wieder wechselte seine Stimme auf die sarkastische Spur, als er zwinkernd hinzufügte: „Außerdem liegt im Oktober immer so viel buntes Laub rum. Wenn du abstürzt finden wir dich inmitten der roten Blätter vielleicht nicht mehr wieder.“ Außer dass sie ihre Feder fasst zerquetscht hätte, war ihr nicht anzumerken, dass sie ihn am liebsten mit dem Kopf voraus aus dem Fenster geworfen hätte. „Aber dann geht sich dieses Jahr nur noch ein Match aus, da wir ab Mitte November mit Schnee rechnen müssen. Und nächstes Jahr könnte es dann mit fünf Spielen mit den Prüfungen knapp werden. Ich würde beim 17. Oktober bleiben und das nächste am o7. November.“ Die Feder schwebte nur Millimeter über dem Pergament, als sie Scorpius musterte, während er sich grübelnd durch die Haare strich. Der Slytherin war einer der begehrtesten Jungs an der Schule. Mit den weißblonden Haaren, den graublauen Augen und der hellen Haut sah er auch wirklich zum Anbeißen aus. Abgesehen davon hatte er eine unmögliche Machoart und war eine überheblicher Arsch, also exakt jener Typ Mann, dem die Frauen in Scharen zu Füßen lagen, nur um dann mit meterhohen Taschentücherbergen, verputzten Jahresvorräten an Schokolade und einem gebrochene Herzen zu enden. Ein Verhalten, dass Lily so fremdartig wie das eines Zebras erschien. Warum waren die meisten Mädchen bloß so oberflächlich und kurzsichtig? Intelligenz, Bodenständigkeit und Sinn für Humor waren doch viel wichtiger für eine langfristige Beziehung als gutes Aussehen. Lily würde nie jemanden wie Scorp daten. Sie war über seinen Charme und sein Äußeres erhaben. Versuchte sie sich zumindest einzureden, während sie in anstarrte, als ob er eine neue Leckerei im Honigtopf wäre und zum Verkauf stünde. „Meinetwegen. Solange ich nicht im Oktobermistwetter spielen muss.“ Mit einer gehörigen Portion Selbstbeherrschung riss sie sich von ihm los und kitzelte die Daten mit zittrigen Händen in die Spalte. Scorpius schnappte sich in der Zwischenzeit ihren Almanach und suchte passende Termine für die restlichen vier Spiele heraus. Hufflepuff – Ravenclaw: 27. Februar. Hufflepuff – Slytherin: 2o. März. Gryffindor – Ravenclaw: 17. April. Und das Endspiel Gryffindor – Slytherin am o8. Mai. Irgendwie schade, dass sie die Sache so schnell fertig hatte. Scorpius genoss Lilys Gesellschaft – sie war so herrlich niedlich, wenn sie wütend auf ihn war. Als sie auf der Linie rechts unten über dem Wort ‚Gryffindor‘ unterschrieben hatte, schob sie ihm das Pergament über den Tisch und reichte ihm die Feder. Einem Impuls folgend, der aus seiner Brust hervor gebrochen war, ergriff er nicht das Schreibutensil, sondern ihre Hand. Ihr Blick hob sich willkürlich und begegnete seinem. Keiner der beiden war in der Lage die seltsame Verbundenheit zwischen ihnen durch eine Bewegung oder ein Wort zu unterbrechen und so verharrten sie wie zwei Statuen, die Blicke miteinander verflochten und die Sekunden sich träge dahin räkelnd, wie ein fauler Hund an einem Sommertag. Nach ungefähr drei Billiarden Jahren senkte Scorp ganz langsam den Blick, so als müsste er sich erst daran erinnern, wie das ging. Hoffentlich hörte sie sein pochendes Herz nicht, dass gegen seinen Brustkorb donnerte, wie ein gefangener Vogel, der aus seinem Käfig fliehen wollte, um sich auf ihrer Schulter nieder zu lassen. Eigentlich hatte er nie an solchen kitschigen Liebeskram geglaubt. Daran, dass Berührungen elektrisieren und Blicke bewegen konnten. Daran, dass allein die Anwesenheit zweier Menschen die Luft zum vibrieren bringen konnte. Sein Kopf sagte ihm noch immer, dass sowas irrational war, doch der Rest seines Körpers, inklusive der Seele und allem sonstigen Zubehör schrien ihn an, dass ihm diese rothaarige Gryffindor am anderen Ende des Tischs doch wohl gerade den ultimativen Beweise für die Existenz solcher kleiner Wunder erbracht hatte. Seine Hand bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg zur Slytherinlinie auf dem Blatt, doch dann hielt sie inne. Wie war doch noch gleich sein Name? Sein Denken schien gerade irgendwie schwerfällig zu agieren, so als ob es von der prickelnden, spannungsgeladenen Atmosphäre gelähmt werden würde. Ah … ja … Scorpius. Hyperion. Malfoy. Neben Lilys feinsäuberlicher Handschrift sah sein Gekrakel, über das sich sämtliche Lehrer ständig zu beschweren pflegten, noch mehr nach Hieroglyphen aus, als unter normalen Umständen. Um diese Tatsache möglichst rasch zu verbergen rollte er das Formular zusammen und streckte es Lily entgegen, die es nach einem kurzen Zögern an sich nahm und sorgfältig in ihrer Tasche verstaute, gefolgt von den restlichen ihrer Sachen, die auf dem Tisch herum gelegen hatten. Burton und Nolan mussten den Spielplan noch unterschreiben, dann konnte er an Scorp, den Schulsprecher oder seine Partnerin weitergeleitet werden. Als sie den Raum verließen schwiegen sie. Ebenso, also sie den Korridor gemeinsam entlang zur Haupttreppe gingen, an der sich ihre Wege trennen würden. „Also dann...“ "Hmhmmm..." Ein Nicken von Scorp, dann drehte er sich um und ging. Verschwand ganz einfach in Richtung Kerker. Lily verspürte den verzweifelten Drang ihm nach zu laufen, etwas zu sagen, ihm ein Buch nach zu werfen - einfach irgendetwas, das ihn davon abhielt einfach zu gehen. Der Nachmittag mit ihm hatte ihre Meinung von ihm grundlegend geändert. Er hatte bewiesen, dass er mehr war, als der arrogante, gefühllose Mädchenschwarm für den sie ihn immer gehalten hatte und dass er auch so etwas wie ein denkfähiges Hirn besaß. Außerdem ... war da nicht dieser knisternde Moment gewesen? Dieses Flirren in der Luft, das ihr unter die Haut gedrungen war? Hatte sie sich diese Intensität nur eingebildet? Wie bestellt und nicht abgeholt stand sie im leeren Korridor und starrte auf die Ecke, hinter der der Slytherin gerade verschwunden war. Eine bitter schmeckende Enttäuschung machte sich in ihr breit und drang ihr bis in die Zehenspitzen. Was hatte sie eigentlich erwartet? Dass er ihr auf Knien einen Heiratsantrag machen würde, nur weil sie einen Nachmittag - unfreiwillig, wohlgemerkt! - miteinander verbrachte hatten und sie sich eingebildet hatte, dass es zwischen ihnen gefunkt hatte? Wie dumm sie doch war. Über sich selbst und ihre Naivität verärgert wandte die Rothaarige sich ab und machte sich auf den Weg in ihren Turm. "Hey, Lily!" Langsam wandte sich die Angesprochene um und blickte Scorpius fragend an, der wieder zurück gekommen war. „Sag mal: hast du eigentlich schon etwas für das erste Hogsmeadwochenend geplant?“ „Öhmm … nein.“ „Gut, dann haben wir jetzt ein Date.“ Grinsend machte sich Scorp wieder auf den Weg nach unten, in die dunklen Gefilde des Kerkers, nur um gleich noch einmal seinen Kopf um die Ecke zu stecken und ihr einen schelmischen Blick zu zu werfen. „Im Übrigen: Ich hab gelogen. Ich mag deine Haarfarbe. Auch wenn deine Frisur zu brav ist.“ Lily lachte leise und machte sich dann auf den Weg in ihren Turm. Ihr Herz tanzte in ihrer Brust Tango vor Freude und sie fühlte sich frei und schwerelos. Sie nahm alles zurück. Sie war doch wie alle anderen Mädchen, die sich von umwerfenden und unmöglichen Playboys rumkriegen ließen und schon Wochen vor dem Date darüber nachdachten, was sie anziehen sollten. Wenn sie gewusst hätte, dass das so ein gutes Gefühl war, hätte sie schon viel früher damit angefangen. Kapitel 2: Hogsmead ------------------- Die Sonne war bereits aufgegangen und Lily Luna hatte noch kein Auge zugekriegt. Die ganze Nacht lang war sie von einer Übelkeit geplagt worden, die ihr den Schlaf geraubt hatte. Ihre Schlafsaalgefährtinnen waren bereits alle auf den Beinen, um gleich nach dem Frühstück nach Hogsmeade aufbrechen zu können und so herrschte reges Treiben zwischen den Betten und im Bad. Gerade als die Rothaarige überlegte, ob sie Scorp absagen sollte, schwabbte erneut eine Welle der Übelkeit über sie hinweg und sie konnte sich eben noch rechtzeitig über die Bettkante lehnen, um sich nicht auf ihr Laken zu übergeben. „Alles okay, Lil? Soll ich McGonagall holen?“ Besorgte Stimmen wehten zu ihre herüber, die sie mit einem matten Lächeln beruhigte. „Nee, besser nicht, da wird mir nur noch mehr schlecht, bei der alten Schreckschraube.“ Außerdem fühlte sich ihr Magen jetzt nicht mehr ganz so rebellisch an und auch das drückende Gefühl in ihrem Bach war verschwunden. „Vielleicht bist du ja schwanger“, witzelte Roxanne, erleichtert, dass Lily schon wieder zu Scherzen im Stande war. Die Tür fiel hinter ihrer Cousine ins Schloss und Lily blieb allein im Schlafsaal zurück. Wahrscheinlich sollte sie sich heute noch auskurieren, aber es wiederstrebte ihr, Scorpius abzusagen. Sie hatte sich schon so auf ihr Date … äh, freundschaftliches Treffen in Hogsmeade gefreut. Nein, sie würde hingehen, schließlich ging es ihr schon wieder besser. Sie hatte wohl gestern Abend etwas Falsches gegessen, das wieder raus gewollt und ihr deshalb keine Ruhe gelassen hatte. Es war dreiviertel Neun, um Punkt war sie mit Scorp in der Eingangshalle verabredet, also hatte sie noch 2o Minuten. Nein, sagen wir 3o. Sie war schließlich ein Mädchen, sie durfte zu spät kommen und er hatte auf sie zu warten, wenn es ihm ernst war. Frisch geduscht und mit einem angenehm sauberen Gefühl im Mund trat die Rothaarige eine Viertelstunde später völlig genesen aus dem Bad. Es hatte ihr wirklich nur etwas schwer im Magen gelegen. Nach der Morgentoilette kam das Wichtigste an die Reihe: das Outfit. Schon seit knappen zwei Wochen grübelte sie darüber nach, was sie anziehen sollte, war aber noch auf keinen grünen Zweig gekommen. Die Minuten strichen tickend vorüber, während Lily reglos vor ihrem Schrank stand und versuchte, sich einzureden, dass es im Grunde doch egal war, was sie trug. Schließlich war es kein Date und Scorps Meinung konnte ihr sowas von egal sein… Letztendlich war es halb Zehn und Lily trappte gestriegelt und gekämmt nach unten. Nach langem Überlegen hatte sie sich für eine enge, helle Jeans, ein cremefarbenes, schulterfreies Top, schwarze Ballerinas und eine graue Lederjacke entschieden. Das Haar fiel ihr in offenen Wellen auf den Rücken und sie war dezent geschminkt. Also absolut overdressed für ein Nicht-Date. Dass es dennoch passte, sagte ihr Scoprs Blick, als sie am oberen Treppenabsatz erschien. Gemächlich kam sie die in die ausgestorbene Eingangshalle herab – ihren Schritt hatte sie schon im letzten Korridor verlangsamt; er sollt schließlich nicht glauben, dass sie sich wegen ihm dazu bequemte, sich zu beeilen. „Wunderschönen guten Morgen“, grinsend nahm Scorpius ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf, während Lily die Augen verdrehte. „Herzlich willkommen im Mittelalter.“ „Ich wollte nur höflich sein – ganz im Gegensatz zu dir.“ Er verzog die Lippen zu einem Schmollmund und tippte sich auf das Handgelenk, in Andeutung einer Uhr. „Ich bin ein Mädchen – ich darf das. Gehen wir?“ Gemeinsam machten sie sich auf den Weg hinaus. „Na wenn das so ist“, lachte der Slytherin, als das großen Eingangsportal aufschwang und sie hinaus in den kühlen Herbsttag traten. Die Luft war frisch, da die Sonne sie mit ihrer schwindenden Kraft nicht mehr zu erwärmen vermochte und roch nach schwerem Laub. „Und ich dachte fast schon, du hättest mich versetzt.“ „Neeein, wie könnt ich bloß!?“ gab Lily sarkastisch zurück und grinste. „Tjaa, da wäre dir ganz schön was entgangen, Süße.“ Er legte ihr mit einem neunmalklugen Ausdruck den Arm um die Schulter. „Dein riesiges Ego zum Beispiel?“ Beobachtet von den geflügelten Ebern über dem Eingangstor schüttelte sie seine Hand wieder ab und lachte. Den ganzen Weg nach Hogsmeade neckten sie sich gegenseitig und Lily wurde einmal mehr bewusste, dass Scorp ein ziemlich cooler Typ war und das Problem eigentlich hauptsächlich immer nur ihr Herumgezicke gewesen war. „Wo willst du eigentlich hin?“ „In den Honigtopf – mein Lakritzevorrat geht schon wieder zur Neige.“ „Gut, ich muss zu Derwisch und Banges.“ Der Tag verflog regelrecht, während die beiden durch die Läden bummelten, mal hier etwas kauften, mal da und von den anderen Schülern erstaunt angeglotzt wurden. Am frühen Nachmittag setzten sie sich in die neueröffnete Filiale von Florean Fortescues Eissalon, um die neuen Kakaokreationen zu testen. Man konnte sagen, was man wollte, aber Florean hatte im Sommer einfach das beste Eis und im Winter die besten heißen Schokoladen. Von weißer Schoko mit Orange über Vollmilch mit Krokant bis hin zu Zartbitter mit Chili war wirklich alles vorhanden. Das Lokal war exakt nach Vorbild der Filiale in der Winkelgasse errichtet: genauso gemütlich, genauso heimelig und – Merlin sei Dank, wenn man ihre prallen Einkaufstüten ansah – genauso geräumig. Gerade als sie in eine Debatte über die Qualität der Artikel im Tagespropheten vertieft waren, fing Scorp über den Rand seiner Zartbitter-Minz Tasse hinweg grundlos zu grinsen an. „Was ist los?“ Sie folgte seinem Blick und winkte kurz ihrem Cousin Hugo und seinen Freunden, die ebenfalls aus der Kälte hier herein geflohen war. „Tut mir leid, aber dein Cousin sieht einfach zu bescheuert aus. Welcher Kerl zieht denn bitte rosa Poloshirts an? Noch dazu mit roten Haaren.“ Oh. Mein. Gott. Lily war ebenso wie Scorp ein absoluter Modefetischist, weshalb die Farbpalette von Orange bis Violett ein absolutes No-Go für sie war. Und ihrer Meinung nach sollte sie das auch für alle anderen Rothaarigen sein. Sie verzog das Gesicht und Scorp lachte. „Sag ich doch. Als Gott den Modegeschmack verteilt hat, war dein Cousin wohl gerade pinkeln.“ „Dein Busenfreund Quinn wird aber mit Sicherheit auch nicht zum ‚Best angezogenen Mann der Welt‘ gekürt werden. Letztens haben weiße Socken zwischen der schwarzen Hose und den schwarzen Schuhen hervor gelugt.“ „Fuck! Oh, tut mir leid ich wollte nicht fluchen. Aber ich werd wohl mal ein ernstes Wörtchen mit dem Spasten reden müssen. Weiße Socken gehen ja gar nicht.“ Er selbst war wie immer perfekt gekleidet, in seiner Mischung aus Teuer-Schick und Lässig-Bequem. Zu schwarzen Lacoste Sneakers trug er eine tief sitzende Levis und einen tiefblauen, eng anliegende Pulli von Burberry, der seine Augen zum Glühen brachte. Dazu kamen noch die absichtlich verwuschelten weißblonden Haare im Out-Of-Bed-Look. Wenn sie nicht in der Öffentlichkeit gewesen wären, hätte sie glatt zu sabbern angefangen. Die ernste Diskussion über das Medienniveau in der Zaubererwelt wurde prompt von einem angeregten Gespräch über Mode und Styling abgelöst. Eindeutig lagen sie in der Hinsicht genau auf einer Wellenlänge. Als sie den Eissalon endlich verließen, war es bereits dunkel. Die Tage wurden schon spürbar kürzer und kälter. Fröstelnd zog Lily ihre Jacke enger um sich. Die meisten Schüler waren schon viel früher wieder zurück gekehrt, um den sinkenden Temperaturen zu entkommen und so waren Lily und Scorpius völlig allein, als sie durch die Düsternis auf die riesige Lichteransammlung vor ihnen zu wanderten. „Ein heißes Bad wäre jetzt schön…“ murmelte Lily, als sie in die Eingangshalle traten und sie ihre Fingerkuppen aneinander rieb, um die Durchblutung anzuregen. Unvorteilhafterweise gab es in den Gemeinschaftsbädern nur Duschen. „Weißt du eigentlich, dass die Schulsprecher ein eigenes Bad haben, ebenso wie die Vertrauensschüler? Mit einer riiiiiiesigen Badewanne. Wenn du ganz lieb ’Bitte, bitte‘ sagst, darfst du zu mir in die Wanne hüpfen.“ Wieder legte Scorp ihr grinsend den Arm um die Schulter und sie schüttelte ihn ab. „Wie wär’s mit ‚Leck mich‘ und du lässt mich allein in euer Bad?“ „Hmmm, ein verlockendes Angebot, aber ich fürchte, da muss ich leider ablehnen.“ Am unteren Treppenabsatz blieben die beiden stehen. Aus der Großen Halle war das Geklapper von Besteck zu vernehmen, ebenso wie ausgelassenes Stimmengemurmel. Der Großteil der Schülerschaft war wohl gerade beim Abendessen. „Danke für den schönen Tag, Scorp. Wir sehn uns.“ Noch eh er protestieren konnte, erklomm Lily die erste Stufe in Richtung ihres Schlafsaals, dann die zweite und die dritte. Doch sie kam nicht weit, eh sie sich umdrehte, um zu sehen, ob Scorp noch immer in der Halle stand. Tatsächlich war er noch da, lässig an den Endpunkt des Treppengeländers gelehnt und ein schiefes Grinsen auf den Lippen. „Starr mir gefälligst nicht auf die Hintern!“ Die Rothaarige stemmte die Hände in die Hüften und rollte gespielt entnervt die Augen. „Was krieg ich denn dafür?“ Immer noch grinsend kam der Slytherin näher, eine Hand gelassen über die Brüstung gleitend und den Blick fest auf Lily geheftet, die keinen Zentimeter vor ihm zurück wich. Erst eine Etappe unter ihr hielt der Blonde inne. Ihre Körper berührten sich fast und ihre Gesichter lagen auf derselben Höhe, beide mit einem schelmischen Ausdruck in den Augen. „Wie wär’s mit einem Gute-Nacht-Kuss?“ „Wie wär’s mit einer Gute-Nacht-Ohrfeige?“ Lily spürte seinen nach Lakritze riechenden Atem auf der Wange, als er leise lachte. Scorp senkte den Kopf ein Stück, um sie von unten her ansehen zu können und legte ihr leicht eine Hand auf die Hüfte. „Ach, komm schon. Nur ein klitzekleiner Kuss?“ Seine Hand wanderte über ihre Taille nach hinten, strich über ihren Hintern und blieb schließlich auf ihrem Rücken liegen. Einen Moment lang hielt er inne, um zu sehen, ob die angekündigte Ohrfeige schon auf der Reise zu seiner Backe war, doch als sie ausblieb, zog er sie zu sich heran. Zu seiner Überraschung wies sie ihn nicht wieder ab, sondern legte ihm eine Hand auf die Brust, während sie mit der anderen seinen Arm entlang hoch fuhr und über die Schulter zu seinem Nacken. Eine knisternde Spannung baute sich zwischen ihnen auf und Scorp hatte den Verdacht, dass nicht mal eine Explosion direkt neben ihnen ihren Blickkontakt hätte unterbrechen können. Langsam legte Lily den Kopf schräg und näherte ihre Lippen seinen. Kurz bevor sie sich trafen, schmiegte sie ihre weiche, warme Nase und die Stirn an seine Gesicht und er öffnete die Augen wieder. Der Blick zweier eisblauer Augen traf auf den, zweier apfelgrüner und der Slytherin sah seine Gegenüber spitzbübisch lächeln. „Frauen mit Klasse sind nicht so einfach zu kriegen, mein lieber Scorpius.“ „Was mich wieder daran erinnert, warum ich Frauen ohne Klasse normalerweise den Vorzug gebe.“ Ihre Gesichter waren keinen Finger breit voneinander entfernt und ihre Lippen berührten sich beim Sprechen und als sie lachten. „Zu blöd, dann bist du bei mir wohl an der falschen Adresse.“ „Ich sagte ‚normalerweise‘. Du bist keine normaler Fall.“ „Schön zu hören, dass ich etwas Besonderes bin.“ Wie lange sie dort standen wussten sie nicht. Es hätten nur drei Sekunden sein können, aber auch hundert Jahre. Die Geräuschkulisse aus der Großen Halle wurde lauter und Lily unterbrach den Blickkontakt. Gerade als die ersten Schüler aus dem Speisesaal kamen, machte sie sich von Scorpius los und ging rückwärts einige Treppen weiter hoch. „Bis später dann.“ Sie wirbelte herum und ohne noch einmal zurück zu blicken, verschwand sie in den Gryffindorturm.  Kapitel 3: Gerüchte ------------------- „Ich wusste gar nicht, dass du ein Kind willst – eigentlich hatte ich angenommen, du hasst stinkende Rotzbälger.“ „Tja, wie man sich doch täuschen kann, nicht wahr?“ Scorpius hatte keine Ahnung was diese rätselhafte Bemerkung zu bedeuten hatte, doch das würde sich sicher herausfinden lassen. Der Slytherin setzt einen Punkt an das Ende des Satzes und hob den Blick von seiner Arithmantikhausaufgabe, gerade als sich Quinn auf den Stuhl gegenüber fallen ließ. Er trug sein typisches herablassendes Lächeln im gepiercten Gesicht zur Schau und im Arm hielt er ein dickes Buch. „Seit wann kannst du lesen?“ Der Blonde deutete grinsend mit der Feder auf den Wälzer. Q ruckte schelmisch mit den Augenbrauen, schob das Buch aufgeschlagen in die Mitte des Tischs und ließ einige Seiten durch die Finger gleiten. „Muss ich doch gar nicht – ist ein Bilderbuch.“ Auf jedem Blatt waren zwei splitterfasernackte Menschen in wilden Verrenkungen zu sehen. Das Kamasutra. „Das hast du doch wohl nicht aus der Bibliothek, oder?“ grinste Scorp und betrachtete eine besonders halsbrecherische Stellung eingehendst. „Doch, natürlich.“ Quinn schlug das Buch wieder zu und in unschuldigen Lettern prang ihnen der Titel ‚Flubberwurmzucht leicht gemacht‘ entgegen. „Ich hab einen Tipp gekriegt, wie… lehrreich…so ein Buch doch sein kann. Aber nicht minder spannend ist das neueste Gerücht, das in der Schule kursiert.“ Der Dunkelhaarige machte eine Kunstbause, ein amüsiertes Glitzern in den Augen und starrte Scorp durchdringend an. „Scorpius Malfoy soll Lily Luna Potter einen Braten in die Röhre geschoben haben. Vor Monaten. Und gestern hat sie’s dir gebeichtet.“ Einen Moment lang herrschte Stille, dann prustete der Blonde los. „Jaaa, sicher. Und Merlin lebt noch.“ Scorpius amüsierte sich blenden über das Gerücht, doch Quinn musterte ihn misstrauisch. Es war offensichtlich, dass ihm diese Mädchen mehr bedeutete, als es sollte. „Meinst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?“ Der junge Malfoy wurde wieder ernst und zog eine Augenbraue hoch, ein gefährliches Funkeln in den Augen. Quinn kannte seinen Gegenüber mittlerweile schon lang genug, um zu wissen, wie impulsiv er werden konnte, wenn man ihm dazwischen funkte, weshalb er sich mit der Erklärung Zeit ließ und seine Worte sorgfältig abwog. Scorp war zwar das eiskalte Hirn im Hintergrund und Quinn die skrupellosen Muskeln, doch man sah ihm nicht an, was für eine Arschloch er war, ganz im Gegensatz zu Quinn, der seinen Sadismus offen auslebte. „Ihr Einstellung zu unserer Sache ist weitgehendest bekannt“, formulierte der dunkelhaarige Slytherin schließlich. „Bis jetzt hat es dich doch auch noch nie gestört, wenn ich etwas mit einer mit einer Ungleichgesinnten angefangen hab, oder?“ Scorpius lehnt sich vom Tisch zurück und legte die Fingerkuppen aneinander und den Kopf schief. „Bis jetzt war es auch immer nur dein Ziel gewesen, sie ins Bett zu kriegen.“ Er wusste, dass es sein Freund hasste, wenn er sich in sein Privatleben mischte und es sich mit dieser Aussage auf dünnes Eis begab, doch es musste einfach raus. „Du lehnst dich verdammt weit aus dem Fenster, mein Freund.“ Die Drohung in seiner Stimme hing zwischen ihnen in der Luft und schien sich auszudehnen. „Willst du damit sagen, dass es nicht wahr ist?“ „Nein, ich will damit sagen, dass ich vorsichtig wäre und meine Nase nicht in Dinge stecken würde, die mich nichts angehen, wenn ich du wäre.“ Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, stand Scorpius auf und schob seine Sachen zusammen. Ebenso wortlos folgte Quinn ihm mit dem Blick, wohl wissend, dass es momentan besser war die Sache auf sich beruhen zu lassen und darauf hoffend, dass es sich wieder nur eine von Scorps Phasen war und sie schnell wieder vorbei ging. Die kleine Potter konnte ernsthaft Ärger machen, wenn sie Scorp zu sehr beeinflusste. Aber falls es soweit kommen sollte, musste er sie eben aus dem Weg räumen. Er konnte nicht zulassen, dass diese kleine Schlampe ihre Pläne durchkreuzte. Scorp und er arbeiteten daran, dass Todessertum wieder auferstehen zu lassen und unter ihrer Leitung würde die Sache des Dunklen Lords fortgeführt und die Magische Welt von allem Unreinen befreit werden. Und Scorps Schwäche für hübsche Mädchen würde da keinesfalls im Wege stehen, dafür würde er schon sorgen. Die Kerker lagen verlassen da, als Scorpius sich auf den Weg nach oben machte. Wo sollte er Lily bloß als erstes suchen? In der Eingangshalle ließ ihm der Zufall Albus Severus über den Weg laufen, der von draußen herein kam. „Hey, Potter!“ Der Dunkelhaarige blieb stehen und wandte sich mit einem distanzierten Gesichtsausdruck zu ihm um. Er hatte die Gerüchte also ebenfalls gehört. „Was willst du, Malfoy.“ „Wo ist deine Schwester?“ Albus‘ Miene wechselte von kalt auf wütend und er trat einen Schritt auf den Slytherin zu. „Lass bloß deine schleimigen Finger von Lily!“ Jetzt war es an Scorp, noch einen Schritt auf den anderen zu zu machen, bis sich ihre Körper fast berührten und sie sich in einer drohenden Geste gegenüber standen. Mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht blickte Scorp auf den Gryffindor hinab. „Werd ich mit Sicherheit machen, wenn du es sagst.“ „Wenn du sie noch eine einziges Mal anrührst, Malfoy,...“ „Ich zittere vor Angst.“ Um es nicht zu einem Duell kommen zu lassen, kehrte Scorpius ihm höhnisch lachend den Rücken und machte sich auf den Weg nach oben, in die Bibliothek. Als er sie dort nicht fand, war sein nächstes Ziel die Große Halle, danach das Quidditchfeld. Schließlich machte er noch einen Abstecher zum See, ohne jedoch noch wirklich daran zu glauben, sie zu finden. Wahrscheinlich war sie in ihrem Gemeinschaftsraum. Doch wider Erwartungen sah er am Ufer eine feuerrote Haarsträhne im Wind tanzen. „Hast du schon einen Namen für unser Kind ausgesucht?“ Lily hatte in Gedanken versunken auf den See gestarrt, die Arme um die Knie geschlungen, doch als sich der blonde Slytherin neben ihr ins Gras fallen ließ, wandte sie ihm lächelnd das Gesicht zu. „Wenn es ein Mädchen wird…Isolde. Und als Junge…Tristan.“ „Traumhaft: Isolde Potter.“ „Sagt jemand, der Scorpius Hyperion Malfoy heißt.“ Sie hatte grinsend die Augenbrauen hochgezogen und ihm einen Finger in den Arm gebohrt, während er ein Gesicht machte, als ob er in eine saure Zitrone gebissen hätte. „Sag das nicht mir, sondern meinen bescheuerten Eltern.“ „Hört sich an, als ob du kein sehr gutes Verhältnis zu ihnen hast.“ Seufzend blickte Scorp auf das dunkle Wasser hinaus, dann wieder zu Lily. Dabei fiel ihm auf, dass ihre Augen rot gerändert waren. Sie hatte wohl geweint. „Nicht wirklich, nein.“ In diesem Moment kam ihm ein Gedanke. Es konnte nicht lange her sein, dass sie die Tränen vergossen hatte, der Rötung ihrer Augen nach zu schließen. Er hatte Albus von draußen herein kommen sehen. Und es war offensichtlich gewesen, dass es ihm nicht passte, dass sich zwischen ihm und seiner Schwester etwas anbahnte. „Und, was ist mit dir? Wie ist dein Verhältnis zu seiner Familie? Zu deinen Brüdern?“ Treffer. Sie senkte die Lider und wich seinem Blick aus. Sanft legte ihr Scorp den Daumen ans Kinn und hob ihren Kopf an. Als er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr strich, sah sie ihm wieder in die Augen und es begann erneut zwischen ihnen zu knistern. „Lass mich raten: du hattest eben dieselbe, nette Diskussion über uns beide, wie ich.“ Die nickte leicht, ohne den Blick von ihm zu lösen. „Über uns…“ Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während sie sich einfach nur in die Augen sahen. Hinter ihnen flüsterte der Wind durchs Gras, ließ die Blätter der Bäume rascheln und leichte Wellen über das Wasser des Schwarzen Sees gleiten. Der Himmel hatte sich am Zenit bereits königsblau gefärbt, während er über den Bergen noch ein helles Türkis zur Schau stellte, durchzogen von rosernen Wolken, die von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne beleuchtete wurden. Mit einem Seufzer kroch Lily näher an Scorp heran und schmiegte sich an seiner Brust. Der Slytherin schlang im Gegenzug die Arme um sie und legte sein Kinn auf ihren Scheitel. „Willst du eigentlich mal Kinder?“ Sie zog ihren Kopf unter seinem Gesicht weg und blickte zu ihm hoch. „Ich? Kinder?“ Sie vibrierte, als ein kehliges Lachen seine Brust erschütterte und sie sich wieder an ihn lehnte. „Nie im Leben. Ich hasse diese kleinen, lauten, sabbernden, stinkenden Rotznasen. Du? Nein, sag nichts. Du träumst von einer riesigen Prinzessinnenhochzeit in Weiß mit mindestens hundert Gästen, danach willst du ein Einfamilienhaus am See, einen Golden Retriever und eine Meute tobender Kinder.“ Er rollte die Augen und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. An seiner Brust kicherte Lily leise. „Neeeeeein, so 0-8-15-Wünsche hab ich dann doch wieder nicht.“ Sie schüttelte seine Hände ab und stand auf. Die Hände in die Hüften gestemmt blieb sie grinsend vor ihm stehen. „Ich will nen Collie.“ Scorpius lehnte sich zurück und blickte lachend zu ihr auf, während sie ihm die Hand entgegen streckte, um ihm aufzuhelfen. „Komm, das Abendessen ist sicher schon fertig. Ich hab Lust auf Essiggurken mit Schinken und Schokosauce.“ Kapitel 4: Duell ---------------- Die Große Halle war vom Duft der unzähligen Köstlichkeiten erfüllt, die auf goldenen Tellern die Tragfähigkeit der langen Haustische bis aufs Äußere ausreizten. Von gebratenem Schinken über Müsli und Cornflakes bis hin zu Marmeladen in sämtlichen Sorten war alles zu finden. Wenn Scorp raten müsste, würde er meinen, dass die Hauselfen in Hogwarts die ganze Nacht in der Küche standen, um das Frühstück in einer solchen Fülle und Vielfalt zubereiten zu können. Die frühmorgendliche Trägheit der Schüler wurde erst durch die Ankunft der Posteulen durchbrochen. Die gefiederten Boten schwebten mit einem unüberhörbaren Geraschel durch den Raum, auf der Suche nach den Empfängern ihrer Briefe und Pakete. Ein steingrauer Kauz landete vor Scorpius auf dem Slytherintisch und er steckte ihm mit dem Müslilöffel im Mund einige Knuts in den kleinen Beutel an seinem Bein, eh er den Tagespropheten los band. Kaum hatte sich der Kauz wieder in die Lüfte geschwungen und Scorp hatte seinen Löffel wieder in sein Frühstück gesteckt, als ein weiterer Vogel vor ihm neben die Butterdose plumpste. Der junge Malfoy band ihm den dünnen Brief vom Fuß und er flatterte einen Tisch weiter, einem schwarzhaarigen Gryffindor auf die Schulter, der sich mit einem kalten Gesichtsausdruck zu ihm umdrehte und dem Vogel leicht übers Gefieder strich. Potter. Warum zur Hölle schickte Potter ihm einen Brief?! Mit gerunzelter Stirn brach Scorp das Siegel und las die Nachricht: Zaubererduell. Heut Nacht, Schlag zwölf Uhr in Klassenzimmer 11 im ersten Stock. Nur du und ich und es bleibt unter uns. Grinsend reichte Scorp das Blatt weiter an Quinn. Es war vorhersehbar, warum Potter dieses Duell wollte; was seine Absichten waren: falls er das Duell gewann, würde Scorp sich wohl oder übel von seiner Schwester fernhalten müssen. Lily Luna musste ja einen ziemlichen Stand auf ihn haben, wenn es Albus so gegen den Strich ging, dass er sich mit ihr traf. Lautes Schnarchen hallte an den Kerkerwänden wieder, als Scorpius sich aus dem Bett hievte und sich im Stockdunkeln anzog. Am Abend hatte er kurz überlegt, ob er nicht gleich mit den Klamotten ins Bett hüpfen sollte, hatte es dann aber doch lieber gelassen. Sooo lange dauerte es nun auch wieder nicht, sich anzuziehen, so dass er hätte eine halbe Stunde früher aufstehen müssen deswegen. Außerdem würde seine Kleidung dann zerknitterte werden und Scorp war niemals – absolut niemals – schmuddelig gekleidet. „Q? Q! Wach auf, du Idiot!“ Der Blonde hatte sich auf die Kante von Quinns Bett gesetzt und zog ihm sein Kissen unter dem Kopf weg. Mit einem dumpfen Grunzen erwachte sein Mitschüler. „Was’n los?“ „Es ist halb zwölf.“ „Genau die richtige Zeit für meinen Schönheitsschlaf.“ Quinn rollte sich wieder auf die Seite und Scorp schlug ihm grinsend den Polster um die Ohren. „Schönheitsschlaf? Das kann dauern bei dir, wenn’s was helfen soll.“ Jetzt rang sich auch der verschlafene Slytherin ein leises Lachen ab und schubste Scorp von seinem Bett. „Leck mich.“ „Ein ander Mal gern, aber jetzt muss ich zu einem Duell. Schwing deinen Hintern aus dem Bett.“ Keine fünf Minuten später standen die beiden im leeren Slytheringemeinschaftsraum unter dem Schwarzen See. Eine schwache Glut glomm noch im offenen, eleganten Kamin und ließ die schwarzen Sessel und Tische zu riesenhaften Monstern werden, die im Halbschatten darauf lauerten sie mit ihren gierigen Klauen zu packen und zu verschlingen. „Hier“, Scorpius reichte seinem Begleiter einen Schnürsenkel. Auf dessen erstaunten Blick hin grinste er und zuckte die Achseln. „Wenn jemand kommt, tippst du es mit dem Zauberstab an. Meins fängt dann zu glühen an und ich weiß Bescheid.“ Er selbst stopfte sich sein Band in den Schuh. Dort würde er es nicht verlieren können, aber es auf jeden Fall bemerken, wenn es heiß wurde. Bevor sie die sicheren Gefilde der Slytherins verließen, klopfte Scorp jedem von ihnen mit dem Zauberstab auf den Kopf. Sie hatten das Gefühl, dass ihnen ein kaltes Ei über die Rübe geschlagen wurde und dann verließen sie desillusioniert den Raum. Bis hinauf in den ersten Stock begegneten sie niemandem, erst im letztem Korridor kreuzte die Graue Dame ihren Weg, jedoch ohne Notiz von ihnen zu nehmen. „Penn bloß nicht wieder ein“, zischte Scorpius, eh er durch die Tür zum verabredeten Klassenraum schlüpfte. Albus hob den Blick, als er meinte, im Augenwinkel eine Bewegung wahr genommen zu haben, runzelte dann aber die Stirn, da er nichts Eindeutiges ausmachen konnte. Erst als Scorp den Zauberstab hob und überheblich lächelnd wieder sichtbar wurde, wusste er, dass ihn seine Augen nicht betrogen hatten. „Ich dachte schon, du hättest Muffensausen gekriegt, Malfoy.“ „Vor dir? Jaaah, sicher.“ Sie musterten sich einen Moment lang abfällig, bis der Schwarzhaarige wieder das Wort ergriff. „Du weißt, warum wir hier sind. Wenn ich gewinne, schwörst du mir mit einem Unbrechbaren Schwur, keinem von der Aktion hier zu erzählen, dich von meiner Schwester fern zu halten und auch sonst nicht in die Nähe meiner Familie zu kommen. Wenn du gewinnst, beeide ich ebenfalls, dass ich nichts von all dem hier ausplaudere, dir mit Lily nicht mehr im Weg stehe und … keine Ahnung, was noch. Einverstanden?“ „Nein. Deine Schwester krieg ich auch, wenn du versuchst es zu verhindern. Ich will etwas anderes.“ Scorpius senkte den Kopf und die Stimme und in seinen Augen lag ein Funkeln, das Albus eiskalte Schauer den Rücken runter jagte. Er wusste, was er wollte. „Ich will, dass du deine kleine Aufklärungskampagne über meine schwarzmagischen Tätigkeiten bleiben lässt.“ Der Slytherin streckte ihm seine blasse Hand entgegen, doch Albus zögerte. Er konnte Malfoy doch nicht einfach ungeschoren davonkommen lassen. Alle andern sahen in ihm nur den gutaussehende, begabten Schulsprecher und niemand brachte ihn mit den mehr oder weniger grausamen Muggelstämmigenmisshandlungen in Verbindung, für die es aber nie Schuldige zu finden gab. Oder mit den Gerüchten der bevor stehenden Todesserreformation. Albus wusste jedoch, dass er dahinter steckte. Er und seine bescheuerten Spießgefährten. Sie hatten einen Fehler gegangen, der ihnen teuer zu stehen gekommen war, weil er Albus dadurch auf ihre Fährte gelockt hatte. Seither versuchte er die Wahrheit an den Mann zu bringen, leider viel zu oft vergebens. Trotzdem widerstrebte es ihm jetzt, das Handtuch zu werfen und stumm mit anzusehen, wie sein Widersacher die Schwarze Allianz wieder auf die Beine stellte, denn er hatte nie daran gezweifelt, dass Scorpius dazu fähig war. Doch auf der anderen Seite stand seine innigst geliebte Schwester, die ebenso wie alle anderen von Malfoys Charme geblendet war und seinen Warnungen keinen Glauben schenkte. Er konnte nicht zulassen, dass seine kleine Prinzessin blind in ihr Verderben tappte. Schließlich schlug er ein. Ihr friedlicher Händedruck währte nur kurz, eh sie zurück traten und ihre Zauberstäbe zogen. Sie umkreisten einander wie ausgehungerte Wölfe, jederzeit bereit zum Sprung, doch darauf bedacht, nicht als erster anzugreifen. „Levicorpus!“ – „Petrificus Totalus!“, riefen beide gleichzeitig und Flüche blitzen durch den Raum. Laute Schreie hallten durch den Raum, es blitzte und krachte. Ein kurzen Moment lang hoffte Scorpius, dass Quinn so hell gewesen war, sie von außen abzuschirmen, damit sie niemand hörte, doch das Duell nahm ihn so in Anspruch, dass er nicht lange darüber nachdenken konnte. Ihr Kampf tobte, wie ein wütender Wirbelsturm und keiner der beiden schien dem anderen überlegen zu sein. Albus war ein hervorragender Schütze, aber Scorp konnte ausgezeichnete Reflexe aufweisen. Einst stand fest: dieses Zaubererduell würde nicht so schnell enden. „Miss Potter, würden Sie bitte mitkommen?“ Lily blickte von ihrem Rührei auf, in die ernsten Augen ihrer Hauslehrerin McGonagall. Schluck. Sie hatte doch gar nichts angestellt. „Ihr Bruder hat sich gestern Nacht aus dem Bett geschlichen, um sich zu duellieren“, erklärte die uralte Hexe barsch, sobald sie außer Hörweite der anderen Schüler waren. „Klassenzimmer elf im ersten Stock ist völlig verwüstet und Albus liegt mit furchtbaren schwarzen Beulen übersät im Krankenflügel. Er will uns weder sagen, wer sein Gegner war, noch welcher Fluch ihn getroffen hat – er ist uns unbekannt und daher konnten wir noch keinen Gegenzauber wirken.“ Vor der Tür zum Krankenflügel blieben sie stehen. Lily konnte nicht glauben, was sie eben gehört hatte. Gut, Albus hatte ebenso wie James Sirius schon immer gern mal die Regeln ein wenig ausgedehnt, wie ihr Dad es ausdrückte, aber einen Unterrichtsraum zu demolieren, sich mitten in der Nacht zu duellieren und es am nächsten Tag dann tot zu schweigen, war dann doch ein starkes Stück. „Vielleicht können Sie etwas aus ihm heraus bringen und allen Beteiligten den unangenehmen Einsatz von Veritaserum ersparen.“ Sie drückte ihr leicht die Schulter, eh sich McGonagall abwandte und die Schülerin erstaunlich rasch und agil für ihr Alter allein und verwirrt zurück ließ. Vorsichtig schob Lily die Tür zum Krankenflügel auf und war sich nicht sicher, ob sie erleichtert oder verärgert über den Aufschub sein sollte, der ein Sichtschutz vor Albus Bett ihr gewährte. Sie sollte wohl besser dankbar sein, dass sie noch einige Schritte von ihm trennten, die ihr Zeit gaben, sich etwas zu sammeln. Als sie endlich doch um den Paravent spähte, blieb ihr beinahe das Herz stehen. ‚Fürchterlich‘ beschrieb Albus‘ Anblick nur unzureichend. Sein Kopf, das einzige, das nicht vom weißen Laken verhüllt wurde, war übersät mit pechschwarzen, gruseligen Dellen, die mit einer klebrigen, braunen Paste bestrichen waren. „Bei Merlins Bart“, haucht sie verstört, als sie an sein Bett trat. Die Schulkrankenschwester lugte aus ihrem Büro, ermahnte sie, ausreichend Abstand zu halten, da sie nicht wussten ob bzw. wie ansteckend die Krankheit war und verschwand dann wieder in ihrem Büro. Vermutlich wusste sie über ihre Mission Bescheid. Albus starrte stur an die Decke, als Lily sich einen Stuhl heran zog und sich setzte. „Alles okay?“ Bescheuerte Frage. Natürlich nicht, was auch durch sein abfälliges Schnauben bestätigt wurde, doch sie wusste nicht, wie sie sonst hätte anfangen können. Gleich mit dem Hippogreif ins Haus zu fallen war ihr doch sehr taktlos und unpassend erschienen. „Albus … was ist denn nur passiert?“ Statt zu antworten presste er die Lippen aufeinander und drehte ruckartig den Kopf weg. Seitlich an seinem Hals waren die Dellen größer und schienen nach außen hin bläulicher zu werden. „Albus, bitte. Sie wollen es mich versuchen lassen, dann werden sie dir Veritaserum geben. Erzähl mir, was passiert ist, dann kann ich ihnen die Wahrheit ein wenig beschönigen und alles so hindrehen, dass du in einem besseren Licht dastehst.“ Einen Moment lang herrschte noch dichtes Schweigen, dann fuhr er mit einem wutverzerrten Ausdruck auf dem Gesicht zu ihr herum. In seinem Blick spiegelten sich blanker Zorn, Hass und Verachtung wieder, Emotionen die jedoch mehr sich selbst und Scorpius galten, als Lily. „Warum fragst du nicht einfach deinen neuen Lover? Leider kann ich dir nämlich keine Antwort geben – er hat mich einen Unbrechbaren Schwur leisten lassen, damit ich nicht erzähle, was gestern passiert ist.“ Seine Stimme hatte sich in den wenigen Worten von einem vernichtenden Zischen zu einem lauten Geschrei gesteigert und die Schulkrankenschwester kam zu ihnen. „Du solltest wohl besser gehen. Komm doch später noch einmal vorbei.“ Sanft aber bestimmt schob sie Lily aus dem Raum. „Ich werd McGonagall erzählen, dass du es noch einmal versuchst“, fügte sie leise noch hinzu. „Aber…“ Ihr Protest wurde von der zufallenden Tür erstickt. Abermals blieb sie vollkommen allein und verwirrt im Flur stehen. Scorpius. Sie hatte gerade angefangen ihn zu mögen. Gut, es war untertrieben. Sie hatte angefangen auf ihn abzufahren. Und zwar ziemlich. Sie musste mit ihm reden. Ihn fragen was, das sollte. Und ihn einen Kopf kürzen, für Albus Beulen. Er sah aus als ob er die Pest hätte und demnächst hinüber sein würde. In der Großen Halle, dem Ort an dem sie als erstes rein schneite, um ihn zu suchen, fand sie den Slytherinhaustisch beinahe leer vor. Aus Scorps Jahrgang saß nur ein einziger Junge, doch sie wusste, dass es einer seiner engsten Freunde war. Sie hatte die beiden schon oft zusammen rum hängen sehen. Das dümmliche Grinsen das er zur Schau stellte, als sie auf ihn zu steuerte, verriet ihr, dass er wusste worum es ging. Und sicher auch, wo Scorp war. „Wo ist er?“, fauchte sie, als sie neben ihm stand. Der Junge zog eine Augenbraue in seinem italienisch anmutenden Gesicht nach oben und grinste noch breiter. „Geht das nicht netter?“ „Nein.“ „Gut, dann weiß ich nicht, wo er ist.“ Lily trat noch einen Schritt auf ihn zu und zog den Zauberstab, sorgfältig darauf bedacht ihn unter dem Tisch zu halten und auf die Hose des Jungen zu zielen. „Wo. Ist. Er. Oder deine Eier waren mal.“ Seine Hand schnellte nach unten, um seinen Schritt zu bedecken und er fixierte den Zauberstab. Sie würde doch wohl nicht…? Doch würde sie, ihrem Gesicht nach zu urteilen. „Bib-Bibliothek.“ „Warum nicht gleich, du Knalltüte.“ Eine Abkürzung hinter dem Portrait eines kleinen Mädchens in einem zuckerrosa Kleid brachte sie direkt in die Bücherei. Sie hörte Scorps Stimme, noch eh sie ihn hinter einem Bücherberg versteckt sah. „Sag mal, bist du wirklich so blöd oder stellst du dich nur so? Wie du es bis jetzt durch die Prüfungen geschafft hast, ist mir mehr als schleierhaft.“ „Najaa, es gibt zwei Wege um im Leben vorwärts zu kommen: durch die eigene Intelligenz oder durch die Dummheit anderer. Ich hab schon immer die zweite Variante vorgezogen.“ Quinn kippte seinen Stuhl nach hinten und verschränkte grinsend die Arme hinter dem Kopf. Seine verschiedenfarbigen Augen – eines war blau, das andere grün – fixierten Lily und sein Smiler wurde noch breiter. „Du kriegst Besuch.“ Scorpius, der mit dem Rücken zu ihr saß, drehte sich auf seinem Stuhl um, als Quinn in ihre Richtung wies, musterte sie kurz und nickte seinem Kumpel dann zu. „Lass uns allein.“ Noch eh sie sich an ihrem Tisch aufbaute, war der Dunkelhaarige verschwunden. Die Hände in die Hüften gestemmt sah sie einer wütenden Gans zum Verwechseln ähnlich. Oder einem wütenden Flamingo. Scorp musste sich einen Ruck geben, um nicht zu grinsen. Sie war so süß, wenn sie wütend war. „Hast du sie eigentlich noch alle?!“ Einige Schüler an den umliegenden Tischen sahen empört wegen dem Gefauche von ihren Arbeiten auf, doch sie ignorierte ihre Proteste. „Hallo. Ich freu mich auch dich zu sehen. Mir geht’s gut, danke der Nachfrage… „Schön für dich – meinem Bruder geht es dank deinem Zutun ja grade nicht so prickelnd. Wie kommst du dazu, ihn zum Duell zu fordern, ihm die Pest an den Hals zu fluchen und ihn einen Unbrechbaren Schwur leisten zu lassen?!“ „Wie ich sehe bist du erstaunlich schlecht informiert. Er hat mich heraus gefordert und nicht…“ „WAS?“ „Es ist unhöflich jemanden andauernd ins Wort zu fallen.“ Entspannt und höchst amüsiert lehnte sich Scorpius auf seinem Stuhl zurück, während Lily noch einen Moment perplex stehen blieb und sich dann auf Quinns Platz plumpsen ließ. Eigentlich hatte Albus nicht erwähnt, von wem die Sache ausgegangen war, Lily hatte es einfach so gefolgert. „Aber … ich dachte … ich bin davon ausgegangen …“ „… dass ich der Buhmann bin?“ beendete Scorpius ihren Satz. Ein finsterer Ausdruck huschte über sein Gesicht, doch er verbarg ihn rasch wieder. „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Dein Bruder war der Drahtzieher.“ „Trotzdem liegt er jetzt todkrank im Krankenquartier, während du hier putzmunter herum springst.“ Verzweifelt versucht sie ihre Wut aufrecht zu erhalten, doch sie war nicht mehr halb so zornig wie sie es eigentlich sein sollte, in Anbetracht der Lage ihres Bruders. Und es sollte sie eigentlich auch nicht freuen, dass Albus Schuld hatte und nicht Scorp. „Todkrank?“ Der Slytherin blinzelte, dann prustete er los. Selbst Lilys gepfefferte Ohrfeige konnte ihm das Grinsen nicht vom Gesicht wischen. „Das ist nicht komisch.“ „Doch ist es. Was denkst du eigentlich von mir? Dass ich ihn umbringen will? Er ist topfit – ihm fehlt nichts. Die Beulen sind rein oberflächlich und hinterlassen keine bleibenden Schäden. Frag Q – er war das Versuchskaninchen, als ich den Zauber geschrieben hab.“ Er deutete hinüber zu Quinn, der gerade ein Regal weiter eine Ravenclaw belästigte und fit wie ein Turnschuh wirkte. „Was?“ Wie oft hatte sie das Wort während dieser Unterhaltung eigentlich schon gesagt? Aber sie kam nun mal einfach nicht mit. „Noch mal für Blödies von Anfang an bitte. Was hat Vishous denn jetzt mit der Sache zu tun?“ Scorpius rollte die Augen uns seufzte künstlich. Langsam, als ob er mit einer Schwerbehinderten reden würde, fing er an zu erklären. Seine Augen verrieten, dass er sich blendend amüsierte. „Ich versuch mich selbst als Zauberspruchschreiber. Der Beulenfluch ist einer von meinen selbst gebastelten. Um zu sehen, ob sie wirken und wie man sie wieder aufhebt, missbrauch ich Q als Versuchskaninchen.“ „Aha. Und wie ist es jetzt zu dem Duell gekommen?“ „Potter hat mir gestern beim Frühstück diese Nachricht zukommen lassen“, er zupfte den Brief aus seiner Schultasche und schob ihn über den Tisch. „Und du bist nicht auf die Idee gekommen, nicht hinzugehen?“ Er starrte sie an, als ob sie nicht mehr ganz dicht wäre. „Hast du nen Knall?! Ich bin doch kein Weichei.“ Lily brummte etwas Unverständliches, das sich entfernt wie ‚Männer‘ anhörte und bedeutete ihm mit einer ausladenden Geste fort zu fahren. „Naja, ich bin um 12 auf der Matte gestanden und wir haben über den Einsatz diskutiert…“ „Einsatz?“ unterbrach sie ihn einmal mehr. Aha, sie hatten sich also nicht aus jugendlicher Tollwut bekriegt. „Welcher Einsatz könnte es bitte wert sein, dass man sich deshalb mitten in der Nacht aus dem Bett schleicht und sich verbotenerweise duelliert?“ Ihr ungläubig-gereizter Tonfall ließ ihn schmunzeln, während er ihr Gesicht fixierte und ihr fest in die Augen sah. „Du.“ „Wie bitte?!?“ Wow, zur Abwechslung mal eine neue Art blöd nachzufragen. „Du warst der Einsatz. Wenn Potter gewonnen hätte, hätte ich mich von dir fern halten müssen.“ Scorp sah sie von unten herauf an und lächelte schief. Seine Worte raubten ihr den Atem. Sie vergaß sogar, sich darüber aufzuregen, dass sich Albus so dreist in ihr Leben mischte – das würde sie später noch nachholen – und dass die beiden meinten einfach so darüber entscheiden zu können, mit wem sie sich abgab. Aber – dieses Duell. Es hatte wegen ihr stattgefunden? Sie sollte tatsächlich Auslöser dafür gewesen sein? Lily kam nicht umhin sich geschmeichelt zu fühlen. Scorpius hatte seinen Ruf als makelloser Schulsprecher für sie aufs Spiel gesetzt. Sie musste ihm ganz schön viel bedeuten… „Na dann muss ich ja fast froh sein, dass Al verloren hat…“ Der Versuch einen neckenden Tonfall anzuschlagen ging gründlich schief. Seine Augen hatte sie gefangen genommen und ließ sie nicht mehr entkommen. Ließen nicht mehr zu, dass sie ihn geistig von sich fern hielt. Er drang in sie ein, umschmeichelte ihr Nervenenden und kitzelte ihre Synapsen. Die Welt schloss sich kurz und nur der Junge ihr gegenüber schien noch zu existieren. „Dieser Meinung bin ich auch…“ Ihre Blicke waren miteinander verflochten und es wäre kein Wunder gewesen, wenn tatsächlich Funken zwischen ihnen hin und her gesprungen wären, bei der elektrischen Anspannung, die sich zwischen ihnen aufbaute. Willkürlich kamen sie sich näher und näher, gefangen in ihrem eigenen kleinen Universum, in dem nur sie beide existierten. Noch nie hatte Lily so intensiv gefühlt. Schon von Anfang an hatte sie gewusst, dass ihre Bindung zu Scorpius etwas Besonderes war. Auch wenn sich ihr Kopf dagegen gewehrt hatte, ihr Herz hatte sich unweigerlich zu ihm hingezogen gefühlt, wie eine Biene zu einem duftenden Blütenkelch. Schicksal. Das Wort kam aus dem Nichts, doch im Moment war es Alles für sie. Es war Schicksal, wenn sich zwei Seelenverwandte begegneten. Schicksal, wenn sich aus Feindschaft Verliebtheit entwickelte. Und Schicksal, wenn man sein Herz bedingungslos an einen anderen Menschen verschenkte. Ihre Lippen berührten sich, während sie sich näher kamen. Nur ganz sanft, wie ein Windhauch strichen sie übereinander. „Meine Lieben, die Bibliothek ist kein Freudenhaus – so etwas will ich hier nicht sehen.“ Lily fuhr zurück und riss sie beide wieder zurück in die Realität. Scorpius schloss die Augen, ballte die Hände zu Fäusten und atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Am liebsten hätte er dieser bescheuerten Bibliothekarin eines ihrer heißgeliebten Bücher in den Hintern geschoben. Verdammt, er war zum ersten Mal in seinem Leben richtig in jemanden verknallt und dann meinte diese blöde Schnepfe dazwischen platzen zu können. Dafür würde sie schon noch zahlen. „Und … ähhh … wie kommt Albus da jetzt wieder raus?“ Der Slytherin starrte sie an, noch nicht ganz bei sich. Er war sooo knapp davor gewesen sie endlich zu küssen – ja, verdammt, er war eben auch nur ein Mann und konnte seine Begierden nicht unter Kontrolle halten – er hatte ihren Mund bereits auf seinem gespürt, weich und warm. Und jetzt sowas. Mist, Mist, Mist. Mit aller Kraft riss er sich vom Anblick ihrer vollen Lippen los und versuchte ihre Worte zu verstehen. „Was?“ Jetzt war es an ihm bescheuert nach zu fragen. „Ich hab doch gar nichts mit ihm zu tun. Er hat sich das selbst eingebrockt – jetzt soll er den Zaubertrank gefälligst auch wieder ausschöpfen.“ „Aber wenn sie ihm Veritaserum geben, werden sie wissen, dass du da mit drin hängst.“ meinte sie fast schon panisch. Er musste ihr einfach helfen … „Bitte, Scorp, tu’s für mich.“ Als er sie nur ansah, sank ihr das Herz in die Hose. Anscheinend bedeutete sie ihm doch nicht so viel, wie sie gedacht hatte. Und wie er ihr. Wie in Zeitlupe ließ er seinen Kopf nach hinten fallen und blickte kopfüber nach hinten. „Q? Q, du notgeiler Sack, lass die Kleine in Ruhe und komm her.“ Frustriert knurrend ließ er die Finger von dem Mädchen, dass er schon die ganze Zeit befummelte – warum hatte die Bibliotheksschnepfe nicht die zwei auch ermahnt? – und kam auf sie zu geschlürft. „Ich hoffe nur, es ist wichtig…“ brummte er. „Und mach schnell. Ich hab zu tun.“ Scorpius und Lily verdrehten gleichzeitig die Augen und grinsten, als sie die Reaktion des anderen sahen. „Wer hat sich gestern mit Potter duelliert.“ „Du?!“ half Quinn ihm auf die Sprünge, nicht ganz sicher worauf das hinaus laufen sollte. „Nein, ich war brav in meinem Bett. Potter und du habt gewettet, wer von euch beiden besser für die UTZ im praktischen Bereich gerüstet ist und das habt ihr in Klassenzimmer elf getestet. Leider sind dabei mehrere Zauber nach hinten los gegangen und Potter hat was abgekriegt. Ich seh zu, dass ich unsren Hauslehrer davon überzeugen kann, dass das eigentlich nur eine Übung für die Prüfungen war, dafür dürfen die Räume schließlich genutzt werden. Ein paar Stunden Nachsitzen werden dabei für dich raus springen, weil es mitten in der Nacht war, aber das macht bei deinem Strafarbeitspensum sowieso nichts mehr. Alles gemerkt? Gut, dann hau ab.“ Dümmlich grinsend trollte sich der Schwarzhaarige wieder zu seiner Verehrerin, die bereits sehnsüchtig auf ihn wartete. Keine zwei Minuten später waren die beiden aus der Bibliothek verschwunden, wohin und wozu konnte man sich ja denken. „Du verklickerst deinem Bruder die Geschichte und alles ist wieder in Ordnung.“ Er zuckte betont lässig die Schultern. Am liebsten wär Lily ihm um den Hals gefallen. Sie war so froh, dass er das so einfach regeln konnte. Dass er es für sie geregelt hatte. „Vielen Danke, Scorp.“ Sie lächelte und er streckte eine Hand nach ihr aus, nahm eine rote Strähne zwischen seine Finger und ließ sie langsam hindurch gleiten. Als ihm alle entwischt waren, strich er sie hinters Ohr und sah ihr wieder in die Augen. „Für dich – immer wieder gerne.“ „Und eins noch. Wann gedenkst du den Fluch aufzuheben?“ „Heute Abend.“ „Du willst ihn den ganzen Tag im Krankenflügel lassen? Er macht sich sicher Sorgen, dass er nicht mehr geheilt werden kann oder so. Und er versäumt einen ganzen Schultag. Apropos: warum bist du eigentlich nicht im Unterricht?“ „Unsre Doppelstunde Kräuterkunde ist entfallen. Potter weiß, dass es ungefährlich ist – ich hab’s ihm gesagt.“ „Sie wollen ihm Veritaserum geben. Dein Schwur wird ihn umbringen. Darauf hätte ich auch fast vergessen: wie kommst du auf die Idee ihn zu so etwas zu zwingen?!“ „Und wieder bin ich der Schuldige. Er wollte doch, dass wird das eidlich machen.“ „Oh. Tut mir leid…“ Sie legte ihm die Hand auf den Arm und lächelte entschuldigend. „Aber das wäre noch immer das Problem mit dem Serum.“ „Du gehst zu ihm, erzählst ihm die Geschichte, erzählst sie allen anderen Beteiligten und die Sache hat sich erledigt.“ Er hatte wirklich an alles gedacht. Die Aktion war von vorn bis hinten durchgeplant. „Wow, bist du in allem so gründlich?“ „Du kannst es ja gern mal ausprobieren…“ grinste Scorpius zweideutig und zuckte dabei die Augenbrauen. „Scorp, du Ferkel, lass das“, lachte Lily, etwas verlegen. Dass sie das Angebot gern angenommen hätte, behielt sie jetzt mal lieber für sich. Nicht dass er noch auf falsche Gedanken kam. Sie war immer noch eine Frau mit Klasse und nicht so leicht zu haben. „Vor dem Mittagessen, um wieder auf das Thema zurück zu kommen.“ „Wenn es nicht dein Bruder wäre – mein Beileid übrigens – wäre ich doch glatt eifersüchtig, weil du dich so für ihn ins Zeug legst. Später Nachmittag.“ „Wenn das Dessert serviert wird.“ „Mittelweg: in der ersten Pause im Nachmittagsunterricht.“ „Abgemacht, aber vergiss bloß nicht darauf – ich werd’s nachkontrollieren.“ Während sich die Rothaarige erhob, salutierte Scorp. „Ja wohl, Sir.“ „Und Scorp“, sie beugte sich zu ihm hinunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke.“ Kapitel 5: ----------- Die erste Quidditchbegegnung der Saison stand an. Gryffindor gegen Hufflepuff. Das Spiel würde um vier Uhr beginnen und so pilgerte ganz Hogwarts nach dem Mittagsschläfchen hinunter zum Stadion. Der Himmel zeigte sich in voller Pracht, die Sonne strahlte und die letzten Vögel, die noch nicht gen Süden gezogen waren, tröteten ihr Lied von den Bäumen im verbotenen Wald. Ein herrlicher Herbsttag, genau richtig für eine Runde Besenbasketball. Scorpius und Quinn standen im krassen Gegensatz zur restlichen Maße, denn sie zogen es vor, diesen wundervollen Tag drinnen zu verbringen. Sobald das Spiel angepfiffen wurde und so gewährleistet war, dass keiner mehr hier rum streunte – nicht dass sie etwas Verbotenes taten, sie brauchten nur einfach niemanden, der sie mit lästigen Fragen löcherte – stiefelten die zwei Slytherins die ausladend geschwungene Treppe vom Erdgeschoss hoch in den ersten Stock. Dann die nächste Treppe weiter nach oben und die nächste. Bis sie im völlig verlassenen siebten Stock ankamen. Ihre Schritte waren schnell und zielstrebig, als sie Korridore durchquerten, mal links, mal rechts, mal gar nicht abbogen, mal von Sonnenlicht beschienen wurden, mal in Schatten getaucht waren und schließlich vor dem Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten den Raum der Wünsche beschworen. Scorps Vater hatte ihm vom Da-und-Fort-Raum und seinem Zauber erzählt. Mit stolzerfüllten Augen hatte er seinem Sohn von seiner früheren Glanztat berichtet, ein kaputtes Verschwindekabinett repariert und so Todesser in die Schule geholt zu haben. Das war eines der wenigen Dinge, die Scorp an seinem Vater, diesem schwächlichen Träumer, respektierte. Doch ansonsten konnte Draco nur blöd quatschen, konnte nur davon schwärmen, wie toll die Ära des Dunklen Lords doch gewesen war, aber auf die Idee, mal was zu unternehmen, war er nie gekommen. Er tat nur etwas, wenn für ihn etwas dabei heraussprang. Als der Schwarze Lord an der Macht war, hatte sich der Schlappschwanz offenbart, aber als er fiel, hatte er sich hinter dem Rock seiner nicht minder feigen Großeltern versteckt. Sie waren alle so ermbärmlich. Eine Schande für den Namen Malfoy. Aber Scorpius würde schon dafür sorgen, dass man ihren Namen wieder mit Respekt aussprach anstatt mit Hohn. Er würde die Fehler seiner Familie korrigieren. Wie immer war das Zimmer exakt ihren Bedürfnissen angepasst, stellte Scorp fest, als er durch die schwere Holztür trat. Die Wände waren schwarz, nur ein silberner Totenkopf, dem eine giftgrüne Schlange aus dem Mund quoll, unterbrach die Monotonie. Die Ecken lagen im Dunkeln, denn die düstere Beleuchtung erhellte nur die lange Tafel, die mitsamt der Stühle mittig positioniert war. Wie vereinbart klopfte es um halb Fünf und nach der Reihe erschienen die Geladenen, um sich am langen Tisch nieder zu lassen. Scorp drehte den schweren, altertümlichen Schlüssel im Türschloss um, kaum dass alle Sessel besetzt waren und ließ sich dann am Kopfende des Tisches nieder. Einen Moment lang schwieg er, während er in jedes einzelne Gesicht blickte, das mit einem erregten Ausdruck ihm zugewandt war, dann ergriff er das Wort. „Ich hoffe doch, dass niemand sonst von unserem kleinen Treffen hier weiß und euch niemand gefolgt ist…?“ Alle schüttelten die Köpfe und der Blonde nickte, doch eh er fortfahren konnte, unterbrach ihn eine schneidende Stimme. „Wegen uns brauchst du dir keine Sorgen machen, Scorp, von uns steht keiner auf irgendwelche Gryffindors, die gefährlich werden könnten. Aber was ist mit dir? Weiß deine kleine Freundin“, er spuckte das Wort mit mehr Verachtung aus als eine Nacktschnecke, „von uns? Weiß sie von unserem Vorhaben?“ „Meine kleine Freundin, wie du sie nennst, geht dich einen feuchten Kehricht an, ist das klar?!“ „Du erwartest also von uns, dass wir unsere Karten offen auf den Tisch legen, während du…“ „Crucio.“ Ein Lichtblitz durchzuckte den Raum und der Aufmüpfige kippte unter Höllenqualen vom Stuhl. Sie alle waren mehr als gewandt im Umgang mit schwarzmagischen Flüchen, doch Scorpius war, wie in allem anderen auch, der unangefochtene Meister. Keiner war in der Lage, mit einem einzigen Zauberstabschwenker mehr Leid zu verursachen als er. Einen Moment lang genoss Scorp noch die Qualen des anderen, dann hob er den Fluch auf. Schwitzend und keuchend tauchte wieder ein Gesicht über der Tischkante auf und der junge Malfoy grinste böse. „Für den Fall, dass es dir entgangen sein sollte: ich bin hier der Kopf der ganzen Sache und du wärst besser beraten, wenn du mir nicht in die Quere kommen oder mein Tun in Frage stellen würdest.“ Scorpius war schon seit knappen zwei Jahren der Anführer ihrer kleinen ‚Gang‘ und er hatte sich mehr als einmal würdig erwiesen, diese Führungsposition inne zu haben. Sie waren unter seiner Anleitung noch nie für irgendwelche ihrer Schandtaten verdächtigt, geschweige denn verantwortlich gemacht worden. Der einzige, der bereits mit Strafarbeiten in Berührung gekommen war, war Quinn, aber auch nur für nicht gebrachte Hausaufgaben, schwänzen und ähnliche Nichtigkeiten, für die er selbst und nicht Scorp verantwortlich war. „Noch irgendwelche Einwände?“ Mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen ließ der Slytherin seinen Zauberstab im Kreis herum wandern, auf der Suche nach weiteren Beschwerden, die bestraft werden mussten. „Schön, dass wir uns verstehen.“ Er grinste während er sich ein Glas von dem Feuerwhisky eingoss, der eben neben ihm aus dem Schatten aufgetaucht war, als er daran gedacht hatte, wie wohltuend ein Schlückchen jetzt wäre. „Wir haben noch acht Monate an dieser Schule – es wird langsam Zeit, dass wir uns Gedanken drüber machen, wie die Zukunft aussehen soll. An oberster Stelle steht die Frage, wie wir unsere Arbeit am Effizientesten vorantreiben können.“ Über den Rand seines Glases hinweg musterte er das einzige Mädchen in ihrer Runde, das gleich zu seiner Linken saß. Dominique Weasley. Bildhübsch, wusste aus ihrem Aussehen immer schamlos Kapital zu schlagen und absolut eiskalt. Und das schwarze Schaf in ihrer Familie. „Ich werd meinen Vater dem Imperius unterwerfen. Er wird dem Minister seine Kündigung als sein erster und wichtigster Sekretär verkünden und dich wärmstens für die Position empfehlen. Es obliegt dir, zu tun, was du am besten kannst und ihn hörig zu machen. Außerdem musst du auskundschaften, wie wir das Ministerium am besten in unsere Hände kriegen, wer für und wer gegen unsere Sache ist und wer aus dem Weg geräumt werden muss.“ Die blonde Schönheit nickte lächelnd und warf ihre hüftlange Mähne über den Rücken. Scorpius hatte absolut ihrem Berufswunsch entsprochen. Scops Blick wanderte zu ihrem Nachbarn weiter. Nathan Lucas. Sprach fließend Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Portugiesisch und Russisch, Koch aus Leidenschaft – vor allem Pasta stand auf seiner Karte, vermutlich weil er zur Hälfte Italiener war - und war nach Scorp Jahrgangsbester. „Der glatzköpfige Wirt des Tropfenden Kessels wird diesen Sommer in den Ruhestand treten. Kauf den Laden und restaurier ihn, mach meinetwegen ein Restaurant draus. Sobald das Ministerium in unseren Händen liegt werden wir anfangen nach und nach nur noch die Leute in die Winkelgasse zu lassen, die uns passen. Der Tropfende Kessel ist einer der wichtigsten Drehpunkte der magischen Gemeinschaft und viele wissen nicht, wie sie sonst zum Beispiel zu Gringotts kommen sollen. Läden, die anfangen ihre Kamine für Reisezwecke zu öffnen, werden zu gedreht. Die Winkelgasse obliegt dir.“ Ebenfalls ein Nicken, Scorps Befehl wurde wohlwollend aufgenommen. Es war offensichtlich, dass sich ihr Anführer genauste Gedanken darüber gemacht hatte, welche Arbeit zu jemandem passen würde und wie er die Stärken seiner Leute am gewinnbringendsten einsetzen konnte. Der Blonde ließ seinen Blick wieder weiter wandern und sein Gesicht wurde zu einem höhnischen Grinsen. Der Junge, der ihn anblickte, schien noch immer nicht ganz fit zu sein, der Folterfluch hatte seine Spuren hinterlassen. Chad Michael Beckham. Große Klappe, ungesund furchtlos und sturer als eine alte Eiche, die sich trotz eines Sturms an den Boden klammerte. „Für dich hab ich eine…besondere Aufgabe. Wir brauchen Druckmittel, für Erpressungen und Drohungen. Ein Erlass im Jahr 1613 hat die Vampire nach Irland verbannt. Gewinn sie mit der Aussicht, ihr Exil verlassen zu dürfen, für unsere Seite.“ Becks war der Erste, der nicht gleich erfreut zustimmte. Vampire waren zu Recht vom Rest der Gesellschaft weggesperrt worden und es war ein riskantes Unternehmen einen solchen wankelmütigen Koalitionspartner gewinnen zu wollen. Vampire waren blutrünstig, unberechenbar und niemandem ergeben, außer ihrer Blutlust. Zweifellos war das die Strafe für sein vorlautes Mundwerk. Scorp ließ es keinem so einfach durchgehen, ihm dazwischen zu quatschen. Natürlich entging dem Rest der Gruppe sein Zögern nicht und alle starrten ihn abschätzend an. „Verfass schon mal die Vorlage für den Drohbrief.“ Mit einem kalten Lächeln wandte sich Scorp dem nächsten zu. Jacob Hale. Universalgenie, Zauberschachchampion und eine hinterhältige Ratte. „Dein Arbeitsplatz wird das St. Mungos sein. Leider werde ich von einer unbekannten Krankheit befallen werden, die schwarze Beulen verursacht. Der Leiter der Abteilung für Magische Unfälle und Katastrophen wird ebenfalls daran erkranken und sterben. Eh mir auch dasselbe Schicksal blüht, entdeckst du den Gegenfluch und wirst zum Helden. Beauty wird dem Minister als seine persönliche Assistentin davon überzeugen, dass er nach deiner Meisterleistung dafür sorgen soll, dass du die freie Stelle an der Abteilungsspitze bekommst. Halt Ausschau nach potenziellen Kandidaten für uns und unterwirf den Chef der Institution, ich will nach und nach sämtliche Abteilungen mit unseren Leuten besetzt sehen.“ Als letzte blickte er seinen besten Freund und seine rechte Hand an. Quinn Vishous. Schon von Weitem war zu sehen, dass er der Unseriöseste von ihnen war. Seine Haare trug er verwuschelt wie ein Kalifornischer Surfer, nur in tiefem Blauschwarz, sein Gesicht und seine Ohren zierten mehrere Piercings und unter dem blauen Auge – das andere war grün – prang eine einzelne eintätowierte blutrote Träne – wo genau er seinen Körper noch ‚verschönert‘ hatte, wollte Scorp lieber nicht so genau wissen. Seine langen, schweren Muskelstränge an seinem riesigen, durchtrainierten Körper wurden meisten von schwarzen Hosen mit Nietengürteln, schwarzen Ed Hardy-Schuhen und Totenkopf T-Shirts verhüllt. Trotzdem lagen ihm die Mädchen scharenweise zu Füßen und seine Bettgeschichten waren legendär. Q zog außerdem rohe, brachiale Gewalt der Zaubere vor und war immer für eine Schlägerei – die er mit seinen aggressiven Provokationen meistens selbst anzettelte – zu haben. Er war der brutalste, unberechenbarste und skrupelloseste von ihnen. „Du bleibst in Hogwarts. Hagrid ist alt und niemand wird es überraschen, wenn man ihn von seinen Viechern totgetrampelt auffindet oder etwas in der Art. Es bleibt ganz dir überlassen, wie er krepiert, Hauptsache du machst es unauffällig. Ich bin mir sicher, die Schulleitung davon überzeugen zu können, dass du eine gute Neubesetzung wärst, zumal Pflege Magischer Geschöpfe das einzige Fach ist, in dem du ein ‚Ohnegleichen‘ hinkriegst. Dass das keine große Kunst ist, lass ich dabei wohl besser unerwähnt. Für dich heißt das aber, dass du dich den Rest des Jahres tadellos benehmen und dich von deiner besten Seite präsentieren musst.“ Scorpius lächelte, als Quinn eine Schnute zog. Er wusste, dass er Tiere hasste, egal ob magisch oder nicht und das Fach nur genommen hatte, weil ihm die älteren Schüler gesteckte hatten, dass es ein Idiotenfach war, in dem jeder durchkam. Und dass er sich die übrigen acht Monate hier – und wer weiß wie lang später noch, damit er seinen Posten nicht verlor – anständig verhalten musste, passte dem Schwarzhaarigen auch ganz und gar nicht. Es widerstrebt Scorp ausgerechnet seinem besten Freund keine passende Aufgabe erteilen sollte, aber was blieb ihm übrig? Qs Noten waren furchtbar und die Liste seiner Disziplinarverfahren hatte die Länge von Merlins Bart. „Tut mir leid, Q. Aber sieh’s positiv: du kannst hier weiterhin alles was nageln, was zwei Beine hat und nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und wenn es gut läuft, gehört Hogwarts nach nem Jahr dir.“ Jetzt lächelte auch Q und seine Augen blitzten. Das hörte sich doch nach nem anständigen Kompromiss an. „Und was ist mit dir?“ „Ich geh zu Borgin und Burkes.“ Alle schwiegen und starrten Scorp an, der die Achseln zuckte. Er war Schulsprecher, Quidditchkapitän, absolut brillant, in jeglicher Hinsicht und hatte in seinem ZAG-Zeugnis nur ‚Ohnegleichen‘ gehabt. Und er wollte zu Borgin und Burkes?! Sie hatten eher etwas in der Größe von Zaubereiminister erwartet. Leiter von Gringotts – gut, für die Zaubererbank wäre es noch zu früh, dafür gab es noch keinen Anlass. Aber Borgin und Burkes?! „Meine Familie ist schon seit Generationen Stammkunde in dem Laden und es ist alles arrangiert, mit Jahresschluss kann ich anfangen. Wenn ich mich gut anstelle gehört der Laden in einem Jahr mir, wenn der Inhaber in Rente geht. Ein Geschäft für schwarzmagische Artefakten ist sicher in guter Ort, um Schwarzmagier zu finden.“ Einen Moment lang herrschte Schweigen und alle blickten Scorp an. Seine Augen blitzen erwartungsvoll und langsam sickerte die Freude auf das Bevorstehende auch ins Bewusstsein der anderen. Nachdem sie die Frage über das Künftige geklärt hatten, gab es nur noch einen Punkt auf ihrer Liste, der abgeharkt werden muss. Eine prickelnde Anspannung machte sich zwischen ihnen breit, denn alle wussten, dass ihre Initiation in den Kreis der Todesser bald besiegelt werden würde. Dass die Geburtsstunde einer neuen Generation bald gekommen war. Die Atmosphäre im Raum schien zu explodieren, als Scorpius sich mit dem Zauberstab in der Hand langsam erhob. Ihre Zeit war gekommen. Seine Augen glänzten vor Vorfreude, als Dominique aufstand und sich vor ihm aufbaute, wortwörtlich zu jeder Schandtat bereit. Die Dunkelheit verschluckte ihren Körper, da sie einen Schritt vom Tisch weg trat und ihr linker Arm schien aus dem Nichts zu kommen, als sie ihn Scorp mit hochgekrempeltem Ärmel entgegenstreckte. „Nein. Wir sind eine neue Generation. Wir werden siegreicher sein und unser Ziel auch tatsächlich erreichen. Wir haben es nicht nötig, alle alten Bräuche zu übernehmen.“ Er schaute gerade aus über den Tisch und alle Anwesenden folgten seinem Blick. Das Dunkle Mal an der Wand fing an zu glühen und die Schlange kam zischend und dreidimensional aus der Mundhöhle des Totenkopfes, der jetzt ebenfalls als Relief aus der Wand heraus ragte, schlängelte sich durch die Nasenlöcher hinein und durch die leeren Augen wieder heraus, um sich letztendlich einem Lorbeerkranz gleich um die Stirn zu wickeln. Wie von einem Schlangenbeschwörer verzaubert erhob die Kobra ihr Haupt und breitete ihre Nackenhaut in einer Drohgebärde zu einer Haube aus. Währenddessen hatte sich im Hintergrund eine silberne Linie zu den Konturen eines Wappens verschlungen, das von gothischen Mustern in grau verziert wurde. Als die Bewegungen erstarben, blieb das zweidimensionale, veränderte Mal als eine Mischung aus dem Familienwappen der Malfoys und dem Dunklen Mal düster glühend zurück. „Der Unterarm ist zu offensichtlich“, lenkte Scorpius die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Und vor allem zu umständlich zu verdecken. Im Sommer wird das zum Beispiel ein Problem werden.“ Während er sprach hatte er Dom ein Stück nach vorne gezogen, damit man sie in der Düsternis besser erkennen konnte und hatte angefangen ihre Bluse aufzuknüpfen. Das Mädchen zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er einfach ungefragt anfing sie auszuziehen, sondern drückte seine Brüste in einer aufreizenden Geste sogar noch gegen seine Hand. Scorp lächelte, ging jedoch nicht auf ihr Spielchen ein. Er hatte schon – wie vermutlich jeder andere an dieser Schule, der alt genug war bzw. noch nicht zu alt, um einen hoch zu kriegen – das ein oder andere Mal das Bett mit Beauty geteilt und es war jedes Mal ein Highlight gewesen, aber sein Verlangen galt mittlerweile jemand Besondern. Als alle Knöpfe geöffnet waren, ließ die Blonde das Kleidungsstück langsam von ihren Schultern gleiten. Ihre nobelblasse Haut und die hellen Haare kamen im Halbdunkeln besonders gut zur Geltung und sie schien in ihrem winzigen Spitzen-BH pure Verheißung zu versprechen. Die Konzentration der übrigen Jungs ließ nach und es war unruhiges Geraschel zu hören, als Domi sich eine Strähne der hüftlangen blonden Mähne wie in einem Porno nah hinten strich. „Dreh dich um.“ Sie tat wie geheißen und Scorpius legte sanft den Zauberstab an die hervorstechende Wirbel am unteren Halsansatz, wo der Rücken, die Schultern und der Nacken auf einander trafen. Man hätte eine Nadel fallen hören können, so still war es im Raum geworden und der tiefschwarze Lichtblitz, der aus Scorps Zauberstab schoss und sich in den Rücken vor ihm bohrte, schien die Lautstärke einer Kesselexplosion zu haben, ebenso wie Beautys Schreie, als sie zusammenbrach. Unter Schmerzen wand sie sich am Boden, wie ein Fisch, der verzweifelt versuchte zurück ins überlebenswichtige Wasser zu kommen. Silberne, schwarze und grüne Fäden zogen sich einem Spinnennetz gleich über ihren Rücken, pulsierten, verschlangen sich ineinander und bildeten skurrile Muster. Für Dominique schien der Schmerz sich ins Unendliche zu steigern und gerade als sie glaubte zu sterben, veränderte er sich. Hatte sie gerade noch gemeint, dass ihr abertausend Nadeln unter die Haut fuhren und dort ihre Bahnen zogen, spürte sie jetzt ein Feuer an ihrer Stelle brennen. Sie brach in kalten Schweiß aus, ihr Kopf dröhnte wie nach einer durchzechten Nacht, jede Wirbel, sowie jeder Knochen in der Nähe der Schultern und des Halses, tat ihr einzeln weh und die Haut über den schmerzenden Stellen war wund und hypersensibel. So schlimm war nicht mal Scorps Folterfluch und dessen Nachwehen. „Alles okay?“ Nein. „Ja.“ Sie löste ihre Wange vom kalten Boden und stemmte sich in eine sitzende Position, nicht ohne dabei mit schmerzverzerrtem Gesicht aufzustöhnen. „Ich komm mir vor, wie eine 80-Jährige, die gerade mit Folterflüchen traktiert wurde.“ Scorpius reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen und sie ließ sich wieder an ihren angestammten Platz fallen, leichenblass im Gesicht, dafür feuerrot am Rücken. Das faustgroße Mal thronte stolz auf ihrer Wirbel, funktionsfähig und in Farbe. Uhhhhh, zurück lehnen war keine gute Idee. Vorsichtig lehnte sich die Blondine nach vorne, während sie gleichzeitig ihren Stuhl zurück schob, bis sie mit dem Schlüsselbein an die Tischplatte stieß und den Kopf darauf legen konnte. Die Arme zu heben, um ihre Rübe darauf zu platzieren, stand bei dem Schmerz in den Schultern nicht zur Debatte. „Nathan.“ Unverhohlen lag freudige Ungeduld in Scorps Stimme und auch die Augen der anderen Jungs glänzten begierig. Nach dem sie sich vom ersten Schock erholt hatten, genossen sie das Schauspiel. Der Schmerz und die Qual der anderen waren wie eine berauschende Droge für sie, ein perverses Phänomen, dass sie süchtig machte wie der Anblick einer heißen Frau. Nach der Reihe unterwarfen sie die Jungs dem Schmerz, beobachtete von den wachsamen Augen der Wappenschlange an der Wand. „Und was ist mit dir?“ keuchte Quinn, durch zusammengepresste Lippen vom Boden herauf. Seine Lippen waren schon taub vom Druck gegeneinander, doch er würde sich nicht die Blöße geben und einen Schmerzenslaut von sich geben. Er hatte sich bisher am besten geschlagen. Scorpius ragte dunkel über ihm auf, als er den Zauberstab wegsteckte und sein Hemd öffnete. Als er sich umdrehte und den weißen Stoff von den Schultern runter rutschen ließ, offenbarte er ein bereits eingebranntes Wappen auf seiner kalkweißen Haut, neben einigen Narben und Wunden von früheren Versuchen. Schade. Q hatte sich schon darauf gefreut, Scorp leiden lassen zu können. „Irgendwo musste ich ja ausprobieren, ob der Zauberspruch wirkt. Ich hab ihn nämlich etwas revolutioniert. Die farbigen Wappen werden nur wir tragen, alle anderen sind schwarz-weiß. Die bunten funktionieren in beide Richtungen, also könnt ihr mich damit genauso rufen wie ich euch und wir können auch einzelne Personen damit abrufen, indem wir einfach an sie denken, während wir das Mal antippen.“ Er zuckte die Achseln und zog das Hemd wieder an. Als er in die Gesichter seiner Todesser – seiner Todesser; hörte sich toll an – sah, musste er grinsen. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass ihnen der Rücken und die Schultern noch Wochen weh tun würden. „Die Stelle hab ich so gewählt, dass sie leicht zu verdecken ist, nicht so schnell gesehen wird und mit dem Zauberstab noch leicht zu erreichen ist. Kleiner Tipp zur Schmerzlinderung: reibt die Stelle mit Murtlapessenz ein.“ Mit diesen Worten hob er die Runde auf und entließ sie alle wieder in den normalen Schulalltag, so als ob sie gerade nichts weiter als Hausaufgaben gemacht hätten. Kapitel 6: Märchen ------------------ Ein sicheres Zeichen dafür, das Weihnachten ist? Ein übergroßer Berg Geschenke am Fußende des Bettes. Lily grinste, als sie die Augen aufschlug und fast geblendet war, von der Fülle an knallbunt eingepackten Päckchen, die zu ihren Füßen lagen. Zerzaust wie ein Uhu nach einem Waldbrand kroch sie im Eiltempo unter ihrer Decke hervor und krallte sich das erst Packet. Geschenke, jippie! In durchsichtigem Einwickelpapier mit hunderttausend Schleifchen und Bändern gewickelt, war das alljährliche Fresspacket von ihren Großeltern das erste aufgemachte Bündel. Hmmm, selbstgebackene Kekse, Minitörtchen und ein handgestrickter Pulli. Ihre Oma war zwar schon uralt, aber noch immer die beste Köchin und Bäckerin weit und breit. Das einzig Negative an Weihnachten war, dass Lily nach den Ferien immer ungefähr 5 Kilo mehr hatte – was Großteils Grandma Weasleys Schuld war. Einen Keks im Mund und die Krümel übers ganze Bett verteilend, stürzte sie sich auf ein giftgrünes Säckchen von ihrem Onkel George und ihrer Familie: eine Sonderration Scherzartikel aus seinem Laden. Nasch und Schwänz Leckereien, Juxzauberstäbe und vielerlei mehr. Perfekt, dann sparte sie sich den Einkaufsbummel nach Weihnachten. In letzter Zeit war vor allem das Nasenblutnougat ganz schön knapp geworden und sie konnte schließlich nicht ungerüstet wieder nach Hogwarts fahren. Es folgte ein etwas weniger schrilles Packet in sanften blau und es war nicht schwer zu erraten, von wem es kam und wer das Papier ausgesucht hatte. Onkel Bill und seine Familie. Im Inneren fand sie ein Sammelsurium an exotisch aussehendem Schmuck. Eine Kette aus leuchtenden Korallen, eine Libellenspange aus glitzernden Steinchen fürs Haar, ein Armband mit Tieranhänger aus Elfenbein und Ohrringe, die wie ein Blumenregen aussahen, waren unter anderem dabei. Das Armband sowie eine Kette aus bunten Steinen und Platten legte sie sofort an – es stand ihr prächtig. So wenig sie Fleur auch leiden konnte, eins musste man ihr lassen: sie hatte einen fantastischen Geschmack was Mode und Styling betraf. Als nächstes kam ein quietschpinkes, längliches Packet dran, ohne Zweifel von ihrer Cousine und besten Freundin Roxanne. Vorsichtig schüttelte die Rothaarige das Geschenk, bei Roxy konnte man ja nie genau wissen, was sie einem verpackte. Es hörte sich an, wie Holz, das gegen Metall schlug. An der Unterseite war das Packet etwas weicher, als oben und es hatte die Form und Größe eines dicken Schulheftes. Langsam ritzte sie das Papier auf der Unterseite auf. Hoffentlich sprang nicht heraus … . Millimeter für Millimeter riss sie das Papier weiter auf, den Kopf abgewandt. Als nichts passierte, holte sie tief Luft und packte das Geschenk gänzlich aus. Wieder geschah nichts und Lily blinzelte. War das etwa das erste Geschenk von Roxy, das nicht irgendeine böse Überraschung beinhaltete? Wow, den Tag sollte sie sich wohl rot im Kalender markieren, dachte sie, als sie den Zeichenblock und die Stiftebox musterte, die ihre Cousine ihr geschenkt hatte. Malen war neben Quidditch und dem Schreiben eine von Lilys größten Leidenschaften. Sie konnte tagelang nur am See sitzen und die Bewegung der Wellen in Worte und Bilder fassen. Sie legte die Malutensilien weg und nahm ein rot-goldenes Päckchen zur Hand. Wieder war schon an der Verpackung zu erkennen, von wem es war: Albus Severus. Das Packet war groß und schwer, wie eine Bücherbox, was es letztendlich auch war. Ihre Freude erhielt einen gewaltigen Dämpfer, als sie mit dem Finger über die Buchrücken fuhr. Es waren allesamt Werke über die Dunklen Künste und ihre Abwehr. Bevor sie nach Hogwarts gekommen war, hatte sie den Wunsch gehegt, ein Auror zu werden, doch bereits in der dritten Klasse wurde ihr klar, dass sie dieses Berufsfeld wohl besser der männlichen Seite ihrer Familie überlassen sollte. Sie würde in die Fußstapfen ihrer Mutter als Quidditchspielerin treten und nebenbei vielleicht versuchen, ihren Traum wahr zu machen: sie wollte ein Märchenbuch veröffentlichen. Seit sie schreiben konnte, verarbeitete sie ihr alltägliches Leben, ihre Gefühle und Emotionen in fantastischen Geschichten, die von dunklen Wäldern und weißen Schlössern, finsteren Vampiren und heilenden Hexen und natürlich von strahlenden Prinzen handelten. Dieses Art ihr Innenleben auszudrücken frönte sie noch immer, auch wenn ihre Geschichten mittlerweile ernster und moralischer geworden waren und in letzter Zeit ihre Prinzen immer mehr Ähnlichkeit mit einem gewissen Slytherins eine Jahrgangsstufe über ihr hatten, worauf sie Roxy letztens hingewiesen hatte. Sanft strich sie über die Bücher. Irgendwie war es traurig, dass Roxy sogar Dinge wie ihre Lieblingspapiermarke kannte und ihr eigener Bruder nicht mal wusste, dass sie schon seit Jahren ein anders berufliches Ziel verfolgte, zumal sie zu ihm eigentlich immer den besten Draht gehabt hatte. Seit diesem Duell am Jahresanfang hatte sie sich noch weiter voneinander entfernt, weil er Scorpius so überhaupt nicht ausstehen konnte. Lily seufzte. Sowohl wegen Albus als auch wegen Scorp. Irgendwie schaffte sie es immer wieder, in Gedanken zu ihm zurück zu kommen. Egal wo sie anfing, es endete immer wieder bei ihm. Wie es ihm wohl momentan auf den Malediven ging? Bevor sie jetzt anfing, sich Scorp in Badeshorts und mit nassen Haaren vorzustellen, widmete sie sich wieder ihren Geschenken. In einer kleinen hölzernen Hundehütte hatte ihr Charlie ein lebendiges Minimodell eines Drachen geschickt, der munter in ihrem Zimmer herum flog und alles genau unter die Lupe nahm. Lächelnd verfolgte sie den kleinen Kerl, wie er vorsichtig in den Käfig ihrer Maskeneule Nyx hinein schnüffelte. Feinsäuberlich in oranges Papier gewickelt hatte sie mehrere Schachteln Euelenleckerein von ihrem Onkel Ron und seiner Familie geschenkt bekommen. Von Percy und seiner Familie hatte sie einen hübsch verzierten Taschenkalender bekommen, in den sie heute Abend gleich die wichtigsten Daten für das kommende Jahr eintragen würde, nämlich wann Ferien waren. In einem roten Packet fand sie ein Besenpflegeset von ihren Eltern, sowie eine Fandecke von den Holyhead Harpies, ihrer Lieblingsmannschaft, weil ihre Mum dort gespielt hatte. Schließlich waren noch zwei Geschenke übrig. Eines von James Sirius, in violettem Papier und ein schwarz schimmerndes. In verschlungen Lettern prang ihr ihr Name entgegen und ihr Blut geriet in Wallung, als sie die Handschrift erkannte, so schön und elegant wie ihr Schreiber: Scorpius. Verdammt, sie hatte ihm bloß eine Karte geschrieben. Aber unleugenbar war sie entzückt darüber, dass er ihr ein Packet geschickt hatte. Am liebsten hätte sie das dunkle Papier sofort abgerissen, doch stattdessen öffnete sie das lilane Packet zu erst. Ihr ältester Bruder machte gerade ein Auslandssemester an einer Aurorenschule am Kontinent und hatte ihr eine wunderschöne, in Holz eingebundene Märchensammlung von den Gebrüdern Grimm geschenkt. Schon seit sie klein gewesen waren, hatten Jamie und sie sich am Abend Märchen erzählt, ein Brauch den sie auch heute noch hin und wieder fortführten. So schön das Buch aber auch war, sie konnte ihm im Moment einfach keine Beachtung schenken. Scorps Geschenk lenkte sie einfach zu sehr ab. Was er ihr wohl geschenkt hatte? Stürmisch zerfetzte sie die Verpackung und heraus fielen ein Brief, zwei beschriftete Blöcke und ein Buch. Die Blöcke kannte sie: es waren ihre. Im einen waren ihre Geschichten aufgeschrieben, im anderen ihre Illustrationen aufgezeichnet und sie hatte geglaubt beide vor den Ferien verloren zu haben. Anscheinend war es aber eher einem langen Finger als ihrer Chaotik zu verdanken, dass sie das ganze Schloss nach ihnen abgesucht hatte, ohne fündig zu werden. Dieser Schuft, das würde er ihr noch büßen! Als sie das Buch zur Hand nahm, stockte ihr der Atem wie Wasser am Nordpol. Der Wälzer war in schwarzes Leder eingebunden und auf den Umschlag war eines ihrer Bilder eingeprägt. Als sie durch die antik aussehenden Seiten blätterte wurde ihr klar, dass sie ihre Märchen und Illustrationen gedruckt und gebunden in Händen hielt. Auch wenn sie ihre Arbeiten immer als unzureichend und unwürdig eingestuft hatte, erfüllte sie doch ein tiefer Stolz, als sie auf den eleganten Umschlag, die silbernen Lesebändchen und die bunten Bilder hinab blickte. Sie konnte sich kaum satt sehen an dem Buch und blätterte es immer und immer wieder durch. Und blieb immer und immer wieder an derselben Stelle hängen: dem Bild eines Prinzen, der gegen eine Drachen kämpfte und dem deutlich anzusehen war, von wem sie inspiriert worden war, als sie ihn gezeichnet hatte. Was Scorp wohl gedacht hatte, als er die Zeichnung gesehen hatte? Der Brief, der dem Paket noch beigelegen war, kam ihr wieder in den Sinn und mit zittrigen Fingern angelte sie ihn sich von der Bettdeckte. Scorp war hunderte Meilen weg von ihr auf den Malediven, aber er schaffte es trotzdem ihr den Atem zu rauben und ihr Herz zum Rasen zu bringen. Dieser Mensch war einfach der Wahnsinn. Fröhliche Weihnachten, Prinzessin und schon im Voraus eine guten Rutsch ins neue Jahr. Ich hoffe, mein Geschenk gefällt dir. Als ich dich neulich am See sitzen und malen gesehen hab und du mich so verhemmt abgewiesen hast, war mir klar, dass da mehr dahinter stecken musste, also hab ich Roxanne – die übrigens ziemlich cool ist, richt ihr bitte schöne Grüße von mir aus, wenn du sie siehst – ausgefragt und die hat mir von deiner Leidenschaft erzählt. Und deinem Traum. Als du mal nicht hingesehen hast hat sie mir deine Blöcke geklaut und ich muss sagen, dass ich beeindruckt davon war. Ohh, diese Mistbiene. Hatte ihr auch noch scheinheilig suchen geholfen, obwohl sie diejenige gewesen war, die ihr die Blöcke unter dem Hintern weg geklaut hatte. Wenn sie Roxy in die Finger bekam! Ich weiß, was du jetzt denkst, aber du liegst falsch. Ich find sie tatsächlich gut. Dein Schreibstil ist schön flüssig zu lesen, auch wenn ich hier und da ein paar Rechtschreibfehler entdeckt hab und du schaffst es immer wieder interessante Wenden einzubauen, so dass man nicht am Anfang schon weiß, wie es ausgeht. Was die Bilder betrifft: du hast Talent, auch wenn dein Vermögen dreidimensional zu denken nicht grad sehr ausgeprägt ist. Oft weiß man nicht, welcher Gegenstand jetzt weiter vorne ist und welcher eher im Hintergrund. Dafür sind deine Figuren schön detailliert und ausgefeilt – vor allem der Prinz in deiner letzten Geschichte gefällt mir. Lily konnte ihn fast vor sich sehen, wie er deshalb grinste. Oh Gott, wie peinlich, war das denn bitte? Sie seufzte und las den Brief bis dahin noch einmal. Ihr Herz hüpfte wie ein Gummiball, weil er ihre Arbeit mochte und sich beeindruckt zeigte. Schon viel zu oft hatte sie darüber nachgedacht, wie er sie wohl finden würde. Tja, jetzt hatte sie eine Antwort. Freut mich, dass ich dich inspiriere. Darf ich mich jetzt deine Muse nennen? Roxanne hat mir ebenfalls erzählt, dass du selbst von dir wenig überzeugt bist. Wie ich hörte hat dein Onkel Bill noch ein Kind bekommen. Glückwunsch – auch wenn ich ja nicht der Meinung bin, dass es ein Segen ist, einen Schreihals in die Familie gesetzt zu bekommen, aber ich will ja nicht unhöflich sein, nicht wahr ? – zu deinem Neffen Louis. Du kannst ihm ja mal ein paar von deinen Märchen vorlesen, als ersten Test so zu sagen. Wenn er zu schreien anfängt, solltest du deine Karriere als Märchenbuchautorin wohl besser an den Nagel hängen. Wenn er es nicht tut, schreibst du weiter und versuchst mal deine Geschichten an einer Verlag zu verkaufen. Wär das kein guter Deal? Ich soll dir von Quinn schöne Grüße ausrichten. Eigentlich wollt er ja selbst unterschreiben, aber er ist grad mit einer Blondine in eine Umkleide verschwunden und ich fürchte, er kommt nicht so schnell wieder. Und warten werd ich sicher nicht auf ihn, nicht dass mein Geschenk noch zu spät ankommt, weil er seine Hose nicht anbehalten kann. Würd mich freuen, wenn wir uns in den Ferien mal sehen würden. Aber hallo, da war er nicht der einzige. Schon seit sie aus Hogwarts abgereist waren und sie sich von ihm verabschiedete hatte, vermisste sie ihn. Ich bin ab 3o. wieder daheim, vielleicht können wir dann ja mal was machen. Nochmal sonnige Grüße von den Malediven, Scorp Immer noch so breit grinsend, als ob sie einen Glückstrank geschluckt hätte, ging Lily später an diesem Tag runter zum Abendessen. Ihre gesamte Familie war hier – alle Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen. Weihnachten wurde bei den Potter-Weasleys immer bei einem anderen Gastgeber gefeiert. Letztes Jahr waren sie alle bei George und Angelina gewesen, das Jahr davor bei Charlie in Rumänien. Wer folgendes Weihnachten dran war, würde am Ende des heutigen Abends ausgelost werden. Der Duft von gebratenem Truthahn empfing sie bereits auf den letzten Stufen vor dem Erdgeschoss. Als Vegetarierin war ihr allein der Geruch von gebratenem Fleisch ein Graus und sie verzog kurz das Gesicht. Tiere, die ebenso wie Menschen in Recht auf Leben hatten, zu töten und zu essen, war in ihren Augen nichts als ein barbarischer Akt der primitiven Kannibalität. Es war längst schon wissenschaftlich bewiesen, dass ein Erwachsener auch ohne Fleisch gut überleben konnte, also stellte sich ihr die Frage, warum es die Menschheit noch immer tat. Was gab ihnen das Recht, einfach einem anderen Geschöpfen ihr Grundrecht auf Leben zu stehlen? Und das noch auf so grausame Weise. Kälber wurden kurz nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und mit Antibiotika vollgepumpt, Hühner lebten auf engsten Raum schon mehr aufeinander als nebeneinander und Schweine wurden gemästet und in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingegrenzt, um möglichst schnell möglichst viel Fleisch zu bekommen. Es war ein perverses Verbrechen an ihrer Umwelt, dass unter dem Deckmantel des Genusses gefrönt wurde. Das laute Stimmengewirr aus dem Wohnzimmer lenkte sie von ihren Gedanken über Barbarei ab. Als sie eintrat, fand sie sich in einem Gewirr aus roten Haaren wieder. Was jetzt keine große Überraschung war. Außer diversen Angeheirateten hatten lediglich Dominique, Albus und James keine roten Haare. Tja, die roten Gene der Weasleys wurden wohl ausschließlich dominant vererbt. „Lilyyyyyy!“ Wenn sie vorher gemeint hat nur noch rot zu sehen, war sie jetzt buchstäblich blind davon. Gerade war noch das Wohnzimmer in ihrem Blickfeld gestanden und plötzlich, bam und sie sah nur noch rot, während ihr die Lunge aus der Brust gequetscht wurde. „Fröhliche Weihnachten“, trällerte Roxanne an ihrem Ohr. Stürmisch und ungehalten wie immer war sie ihrer Cousine entgegen gestürmt, kaum dass Lil den Raum betreten hatte. Sie war zwar immer so, aber heute hatte es zusätzlich noch einen speziellen Grund: „Wie hat dir Scorps Geschenk gefallen.“ „Du Penner! Ich hab das halbe Schloss völlig verzweifelt nach meinen Blöcken abgesucht.“ „Du hast meine Frage nicht beantwortet. Du musst mir das Buch unbedingt zeigen. Und was hat dir Scorp geschrieben? Ich bin sooo neugierig!“ „Aaach, wäre mir jetzt fast gar nicht aufgefallen“, grummelt Lily sarkastisch, als Roxy sie endlich wieder los ließ und sie sich die schmerzenden Rippen massierte. „Also, also, also?“, sprudelte sie, auf und ab hopsend wie Jojo. Doch eh Lily ihr antworten konnte, wurde sie auch von ihrer restlichen Familie in Beschlag genommen. Alle quasselten durch einander, lachten und hin und wieder quietschten Louis und Lucy, die Nesthäkchen, auf. Wie jedes Jahr war es ein behagliches Fest im Kreis der Familie. Einzig Domi stand wie immer abseits und spielte gelangweilt mit ihrer blonden Mähne. Lily hatte letztes Jahr einen Versuch gestartet, mit ihr zu reden, aber sie hatte ziemlich unfreundlich abgeblockt. Früher hatte sie ihr immer leid getan, weil sie ein wenig ausgegrenzt wurde. Nicht schlimm, so dass man sagen könnte, ihre Familie hätte sie verstoßen, wegen ihres Hauses, aber unbewusst war sie nie wie der Rest ihres Clans behandelt worden. Sie war einfach anders, als der Rest. Doch spätestens seit letztem Weihnachten war der Rothaarigen klar, dass sich ihre Cousine auch von sich aus abschottete, sich in der Schule sogar für ihre Familie schämte und ihr Mitleid keineswegs verdiente. Just in diesem Moment fing Louis zu brüllen an, weil er in einem unachtsamen Moment zu nah zu einer Christbaumkerze gekommen war und ließ sich partout nicht mehr beruhigen. Egal was Fleur tat, der kleine Kerl hörte einfach nicht auf zu weinen. „Vielleicht hilft’s wenn wir ihm eine Geschichte vorlesen“, murmelte James und Lily musste an Scorps Deal denken. „Wir können es ja versuchen“, gab Fleur leicht überfordert zurück. Sie wog den Jungen in den Armen und hielt ihm seine Rassel vor, jedoch ohne auch nur ansatzweise einen Erfolg damit verzeichnen zu können. „Ich hab ein paar Märchenbücher oben – ich hol schnell eines.“ Mit diesen Worten verschwand Lily und rannte die Treppe hoch in ihre Zimmer. Das schwarze Buch lag neben ihrem Bett, gleich neben den Märchen der Grimm-Brüder. Sollte sie wirklich einen Versuch wagen? Aber wenn Louis weiter heulte, wäre ihr kleines bisschen Selbstvertrauen sicher im Arsch… Wieder im Wohnzimmer reichte sie James das Märchenbuch und er schlug eine beliebige Geschichte auf. Erst war er über Louise Gebrüll kaum zu hören, doch langsam beruhigte sich der kleine Kerl langsam. Beruhigend strich die Stimme des Schwarzhaarigen durch den Raum – auch der Rest der Familie hörte jetzt zu. Jamie war schon immer ein rhetorisches Ausnahmetalent gewesen, seine Betonung und das Klangmuster seiner Stimme ließen die Worte lebendig werden. Drachen flogen durch das Wohnzimmer, düstere Bäume schossen aus dem Boden und eine einsame Prinzessin wartete auf ihre Rettung. Die in Form eines schönen blonden Prinzens bereits auf dem Weg war. Doch James‘ Stimme allein war nicht der Auslöser für die allgemeine Verzückung. Es war die Geschichte selbst. Die erlesene Wortwahl, die genaue Darstellung und der packende Storyverlauf. Als der Prinz letztendlich seine Prinzessin in den Armen hielt, schlief Louise tief und fest, während die restlichen Familienangehörigen noch immer wie verhext waren. Erst als James das schwarze Märchenbuch zuschlug, erwachten sie aus ihrem scheinbaren Märchenschlaf. Kapitel 7: Kino --------------- „Und wohin verschleppst du mich jetzt nochmal?“ „Ins Kino zum 7oo. Mal. Scorp, du hättest wirklich Muggelkunde gehen sollen.“ Den Tropfenden Kessel hatten sie schon längst hinter sich gelassen und der junge Malfoy kam sich der Zaubererwelt unendlich weit fern vor. Er war zwar oft im Muggellondon unterwegs, um einzukaufen, weshalb er mittlerweile wenigstens von den abstrusen Gefährte auf den Straßen und den wundersamen Erfindungen in den Auslegen nicht mehr so aus dem Konzept gebracht wurde wie früher, aber wohlfühlen würde er sich hier wohl trotzdem nie. „Ich mag einfach keine Muggel und das größte Zugeständnis, dass ich ihnen mache, ist ihre Kleidung zu tragen, ihre Zigaretten zu rauchen und ihren Alkohol zu trinken.“ Lily presste ihre Lippen zusammen und behielt ihre Meinung über diesen ganzen Zauberer-sind-besser-als-Muggel-Mist für sich. Außerdem konnte sie Alkohol und Nikotin nicht ausstehen. „Lassen wir das Thema lieber“, versuchte Scorp sie von ihrer düsteren Stimmung wieder abzubringen, während er einen Hydranten musterte, als ob er jeden Augenblick explodieren konnte. Diesen komischen Dingern hatte er noch nie über den Weg getraut. Neben ihm fing Lily an zu lachen und er als er sich zu ihr umwandte, rannte er in besagtes undefinierbares Teil, das er gerade noch angestarrt hatte. Ihr Lachen wurde noch lauter und er zeigte ihr die Zunge. „Jaa, du mich auch.“ „Tut mir leid, aber das war grad einfach zu komisch. Erst dieser Blick und dann wie du rein gerannt bist – herrlich.“ „Was wäre mein Tag ohne gesagt zu kriegen, was für ein guter Clown man doch ist“, schmunzelte Scorpius, obwohl sein Bein noch immer ganz schön weh tat von der Kollision. Vor ihnen tauchte ein riesiges, rundes Glasgebäude auf und unwillkürlich musste sich Scorp fragen, wie Muggel es schafften, ohne Magie ein Haus zu bauen. „Tadaaa: unser Ziel, das IMAX Kino.“ „Uihhh, toll. Wenn ich jetzt noch wüsste, was wir hier machen, wäre meine Freude sicher noch größer.“ „Wir sehn uns einen Film an“, erklärte sie langsam, so als ob sie mit einem Grenzdebilen reden würde. „Ähmmm, jaaa, wenn du das sagst. Aber weißt du was? Ich hör jetzt einfach auf, dir mit meinen Fragen auf den Keks zu gehen, zumal mir deine Antworten meine Fragen sowieso nicht beantworten.“ Wieder lachte sie über seine unverhohlene Tapsigkeit außerhalb der Magischen Welt und er warf ihr lächelnd einen Seitenblick zu, froh darüber, sie zum Lachen bringen zu können – selbst wenn der Scherz auf seine Kosten ging – , einfach weil es so wundervoll klang. Außerdem war er froh über jeden Grund sie anzusehen. Sie sah einfach fantastisch aus heute Abend, mit der offenen, leuchtend roten Mähne, dem anthrazitfarbene Wollmantel und den von der Winterluft geröteten Wangen. Über das durchsichtige Gloss auf ihren Lippen, das zu mehr als zum Ansehen einlud, dachte er jetzt lieber nicht so genau nach. Sie gingen an einigen unbewegten Plakaten an der Außenseite des Gebäudes vorbei, bis sie zu einer Eingangstür gelangten. Von drinnen schlug ihnen warme, vom Popcornduft geschwängerte Luft entgegen und das laute Schnattern von Menschen war zu hören. Vor ihnen erstreckte sich ein weitläufiger, mit dunkelblauem Linoleum ausgelegter Raum, in dem es von Muggeln nur so wimmelte. Mehrere Kassen waren zum Verkauf der Karten in einem kreisrunden, säulenartigen Gebilde in der Mitte des Raumes angelegt, gleich neben den Süßwarentheken. Während Lily zu dem Schalter eilte, um die reservierten Karten abzuholen, sah Scorp sich genauer um. Im hinteren Teil des Kinos waren einige Säle zu finden, die restlich waren im oberen Stockwerk angelegt. Plakate in der Größe von Bettlaken hingen an sämtlichen Wänden und priesen die unterschiedlichsten Filme an. „Wir haben noch 15 Minuten. Ich will noch Knabberkram, kommst du mit?“ Sie drückte ihm sein Restgeld in die Hand und sah in fragend an. „Lieg ich in der Annahme richtig, dass ich hier keine Lakritzzauberstäbe krieg?“ Scorpius ließ den Blick über die Glasscheibe gleiten. Nussbrocken. Feuerzungen. Nachos. Sportgummis. M & Ms. Aber nichts lakritziges. „Ich hab nämlich ne Schwäche für Lakritze.“ „Hab ich mir in Hogsmead schon fast gedacht, als ich die Wagenladung Lakritzzauberstäbe gesehn hab.“ Sie lächelt als sie an diesen Tag zurück dachte. Es war das erste Mal gewesen, dass sie mit Scorp aus gewesen war. Auch wenn sie heute noch behauptete, dass es kein Date gewesen war - was ihr natürlich jeder umstandslos geglaubt hatte, der ihr aufwendiges Styling gesehen hatte. Heute war es dasselbe gewesen. Sie war endlos vor dem Spiegel gestanden, hatte ihren halben Kleiderschrank anprobiert und wieder ausgezogen und ungefähr den halben Tag mit ihren Haaren gebraucht. Aber neeeeeein, das war kein Date. Sie machte sich nur aus Langeweile so schick. Die Frau vor ihnen zog mit einem Kübel Popcorn von dannen und Lily trat nach vorne, dicht gefolgt von Scorp. „Wir kriegen bitte ne Packung Lakritzschnecken, eine kleine Portion Nachos mit scharfer Grillsauce und zwei große Colas.“ Lakritzschnecken? War das sowas wie Schokofrösche? Der Kerl hinter dem Tresen – ein pickliger Junge mit orangeroten Haaren – starrte Lily an, als ob er sie gleich auffressen würde und Scorp knurrte wütend. Blöder Muggel. Zum Glück war ihm ihr Anblick nicht lange vergönnt, denn obwohl er scheinbar im Schneckentempo arbeitete, dauerte es doch keine zwei Minuten, um die Bestellung auszuführen und zu bezahlen. Lily nahm ihr Proviant, reichte einen Becher und eine Tüte an Scorp weiter und schielte auf ihre Karten. „Saal 11. Der ist im oberen Stock.“ Sie bahnten sich ihren Weg durch die Menschenmasse zu einer der Treppen. „Puh, ich muss dann dringend meinen Mantel ausziehen. Ich komm mir vor wie in einem Backofen.“ „Ausziehen find ich immer gut“, grinste Scorp während sie die Stufen erklommen. „Wenn du willst kann ich dir auch gern dabei helfen.“ Der Look der unteren Etage setzte sich auch im oberen Stockwerk fort: der glänzend blaue Boden, die loungeartigen Sitzgruppen und die stoffbezogenen Türen zu den Sälen. „Du darfst mir tatsächlich helfen – hier halt das“, nicht minder amüsiert drückte Lily ihrem Begleiter das Popcorn und die Cola in die Hand. Unter Scorps akribischen Blick ließ sie den Mantel von den Schulter gleiten und zum Vorschein kamen ein grauer Minirock und eine cremeweiße Bluse mit einem glänzend schwarzen Gürtel um die Taille. Die Augen des Blonden blitzen, als er sie musterte, während sie ihre Sachen wieder zurück nahm. Gerade, als sie sich wieder zum Saal umwandte, schlang sich eine Hand mit samt einer Lakritzetüte um ihre Hüften und Scorp neigte den Kopf zu ihrem Ohr: „Du siehst absolut umwerfend aus heute Abend.“ Sie lächelte den Kragen seines Hemdes an, während sie etwas verlegen an einem Knopf herum zupfte. „Danke, du auch.“ Das tat er auch wirklich, mit dem schwarzen Hemd, der nicht minder dunkeln Anzughose und den glänzenden, eleganten Schuhe. Sie war froh, dass er nur Augen für sie zu haben schien, denn eine Gruppe attraktiver Mädchen beäugte ihn gierig, wie ein zum Verkauf stehendes Kleid. Mit einer gewissen Genugtuung schmiegte sie sich an ihn. Am liebsten hätte sie den blöden Tussis die Zunge gezeigt, so kindisch das auch war. Er war mit ihr hier. Mit ihr ganz allein. Haha, Pech gehabt. Die Tür mit der großen schimmernden Elf öffnete sich und die wartende Menge setzt sich in Bewegung. Lily und Scorpius ließen sich mit Strömung treiben, hinein in den noch hell erleuchteten Kinosaal. Ihre Plätze lagen in der allerletzten Reihe und Scorpius stellte entzückt fest, dass zwischen seinem und Lilys Stuhl keine Lehne war. Kaum dass sich Scorp gesetzt hatte, wollte er auch schon wieder aufstehen, da das Licht herunter gedimmt wurde, doch Lily zog ihn an seinem Gürtel zurück auf seinen Sitz. „Wo willst du hin?“ „Du hättest mir grad fast den Hintern betatscht, du kleines Ferkel“, grinste Scorp und Lily rollte die Augen. Wer hier von ihnen wohl der Perversling war. „Naja, ich dachte es wär schon vorbei, weil das Licht ausging.“ Gerade als der Blonde seine Erklärung beendet hatte, flimmerte auf der großen, weißen Fläche an der Stirnseite des Saals ein Bild auf. In der Wand hatte sich anscheinend eine Öffnung aufgetan und den Blick auf Berge, Bäume und Häuser frei gegeben. Und natürlich auf Menschen. Wie das alles bloß ohne Zauberei in dieses Gebäude rein passte? Im Großen und Ganzen schienen sie einfach nur die Menschen in der Öffnung beim Leben zu beobachten. Es war leicht zu durchschauen, dass alles nur gestellt war. Allein die Vorstellung der Muggel von Werwölfen und Vampiren! Ersteres waren alles andere als süße Riesenhunde, die sich willentlich verwandeln konnten und auch als Vierbeiner ihr menschliches Denkvermögen beibehielten. Und Letztere wichen in der Realität auch leicht von den liebesbedürftigen, friedlichen ‚Vegetariern‘ mit der glitzernden Haut ab, als die sie dargestellt wurden. Muggel waren ja so erbärmlich. Sie hatten doch keine Ahnung von der magischen Welt. Schon nach der ersten halben Stunde war Scorp ziemlich gelangweilt. Wenn er nicht mit Lily hier gewesen wäre, wäre er aufgestanden und gegangen. Was man nicht alles tat, um das Mädchen, auf das man stand, rum zu kriegen. Aber wenigstens waren die Lakritzrollen lecker. Es schien gerade dem Ende zu zu gehen, als Lily neben ihm plötzlich aufschluchzte. „Lily? Alles in Ordnung?“ Besorgt lehnte er sich zu ihr, doch sie schüttelte nur den Kopf und bedeute ihm still zu sein, die tränenerfüllten Augen starr nach vorn gerichtet. Erst als er ihrem Blick folgte und den liebestollen Kerl in ihrem ‚Film‘ sah, der grade eine Abfuhr kassierte, kapierte er, was los war. Rund um ihn herum flennten die Zuseherinnen, weil sie mit dem tragischen Helden mitlitten. Lily war ebenso wie der restliche Saal fertig mit dem Nerven. Wie konnte man bloß so blöd sein und Jacob wegen Edward zu verschmähen?! Der Werwolf war einfach umwerfend. Die vollen Lippen, die dunklen Rehaugen und erst dieser Oberkörper – hrrr. Edward war dafür einfach zum Kotzen. Sein Seelenkomplex war einfach nur armselig, seine Visage sah aus, als ob er gegen eine Wand gerannt wäre und das was er mit seinen Haaren machte, verdiente nicht mal das Prädikat ‚beschissene Frisur‘. Ohne darüber nachzudenken kroch sie näher an Scrop heran und kuschelte sich an ihn – wozu hatte sie denn die Lovechairs in der letzten Reihe für sie reserviert? Der angenehme Geruch seines dunklen Parfums und frisch gewaschener Wäsche drang ihr in die Nase als sich in seinem Hemd vergrub. Der Slytherin ließ natürlich nichts anbrennen und legte ihr den Arm um die Schulter. Sie sahen aus, wie jedes andere verliebte Pärchen in ihrer Reihe. Nur, dass sie kein Paar waren. Und kein Date hatten – wie Lily nicht müde wurde zu betonen. Willkürlich musste sie an den zweiten Teil der Twilight-Saga denken. An Romeo und Julia, um genau zu sein. Nach dem sie New Moon gesehen hatte, hatte sie sich über das Stück informiert und es gelesen. Und war völlig gefesselt gewesen von der Leidensgeschichte der beiden Liebenden aus den verfeindeten Häusern. Irgendwie gab es da ja einige Prallelen zwischen … nein, sie würde sich und Scorp jetzt nicht mit dem berühmtesten Liebespaar der Muggelweltliteratur vergleichen. So eine hoffnungslos naive Romantikerin war sie dann doch nicht. Okay, eigentlich doch, aber der Vergleich erschien ihr reichlich übertrieben. Während der finalen Kampfszene reichte ihr Scorp die Hand. Er zuckt nicht mal mit der Wimper, als die Rothaarige seine Finger quetschte, als würde sie versuchen, ihm das Blut abzuschnüren. Bis dein Herz aufhört zu schlagen… Gott, er war so anbetungswürdig. Also Jacob jetzt. Das Licht ging wieder an im Raum und die Kinobesucher mussten allesamt erst mal blinzeln, um sich wieder an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen. Scorp machte keine Anstalten aufzustehen, sondern wandte sich zu Lily um. Seine Mundwinkel zuckten und seine Augen glänzten belustigt, als er seine – sicher tauben, es konnte nach ihrem herum Gequetsche einfach nicht anders sein – Finger hob, um ihr sanft die Tränen von der Wange zu wischen. Es wäre ein wunderschöner, prickelnder Moment gewesen, wenn er sich nicht hätte so abmühen müssen, sie nicht laut auszulachen. „Hör auf mich zu belächeln – ich bin ein Mädchen, ich darf im Kino heulen.“ Sie verließen als zwei der letzten Besucher den Saal und tauchten wieder in das belebte Getummel im IMAX ein. „Natürlich darfst du das. Vor allem weil es ja soooo traurig war.“ Ein Grinsen ließ sich einfach nicht länger vermeiden und seine Stimme triefte vor Sarkasmus, wie die Fritten von McDonalds vom Fett. „Ja, das war es auch. Ich meine, wie kann man Jake einfach so verschmähen?! Das ist doch wirklich zum Heulen.“ „Der Werwolftyp?“ Empört blieb Scorp mitten auf der Treppe stehen. „Der Kerl sieht doch bitte nach überhaupt nichts aus!“ „Bitte? Du spinnst doch! Und beweg deinen Hintern weiter, du blockierst alles“, grinste Lily, als sich eine schnatternde Traube Teenies an ihm vorbei drängte. „Gefällt dir Edward etwa besser?“ „Also weißt du, im Allgemeinen steh ich mehr auf Frauen.“ Der Blonde trappte die drei Stufen hinunter, die Lily Luna unter ihm stand und eröffnete grinsend das alte Spielchen wieder, in dem er ihr den Arm um die Schultern legte. Die Antwort ließ nicht lang auf sich warten und Lily schüttelte ihn theatralisch seufzend ab. „Also Bella?“ „Neee, die hat ne Mimik wie ein Grabstein. Den ganzen Film über sieht sie aus, als ob sie gleich einpennen würde.“ „Wer dann?“ Scorp half ihr in den Mantel, eh er sich ebenfalls seine Jacke überwarf und sie hinaus in die Nacht traten. Der Himmel über ihnen war bereits schwarz wie Ebenholz und der sichelförmige Mond leuchtete dusig durch die Wolkendecke. Nur noch wenig Menschen waren auf den Straßen unterwegs – das nächtliche London war kein schöner Ort für rechtschafende Bürger, weshalb Scorp auch den Zauberstab in seiner Jackentasche fester umfasste. „Wie hieß die Böse noch gleich? Die mit den roten Haaren…?“ „Victoria?“ „Genau. Zwar schon etwas älter, aber heiß.“ „Ich glaub, du stehst auf Rothaarige“, neckte sie, ihm grinsend einen Seitenblick zuwerfend. „Jap, definitv.“ „In den ersten beiden Teilen war sie aber besser besetzt. Viel hübscher.“ „Lily…diese Kinosache läuft doch ganz ohne Magie ab, oder?“ Wie aufs Stichwort tauchte vor ihnen der Tropfende Kessel auf und beide verfluchten ihn im Stillen, weil er das Ende ihres gemeinsamen Abends markierte. „Ja, warum?“ „Wie kommen dann all die Berge und die weitläufige Landschaft in dieses kleine Gebäude?“ Einen Moment lang schieg Lily, dann lachte sie laut los. „Ach, Scorp. Die Berge sind ja nicht wirklich da drin. Du kannst dir das wie … eine Aneinanderreihung von Zaubererfotos vorstellen, nur das die abgebildeten Leute nicht tun können, was sie wollen. Bevor sie an den einzelnen Orten abgelichtete werden, lernen sie ihren Text und kriegen gesagt, was sie wann machen müssen. Das wird dann festgehalten, zusammen gefügt und dabei kommt dann ein Film raus, den du dir immer und immer wieder ansehen kannst.“ „Also wenn wir uns den Film jetzt nochmal anschauen würden, wäre nochmal alles gleich?“ „Ja, genau.“ „Und Victoria hätte wieder nicht aus ihren Fehlern gelernt?“ „Nein.“ „Schon komisch, was sich die Muggel immer für eigenartige Sachen einfallen lassen.“ Mit einem leisen Quietschen schwang die Tür des Kessels auf. Der Wirt hob in der Hoffnung auf Kundschaft den Kopf, als sei eintraten, nickte dann aber nur kurz und widmete sich enttäuscht wieder dem Fegen des Fußbodens. Seit Scorp sich erinnern konnte, war der Knotenpunkt des magischen Einkaufsverkehrs gleich herunter gekommen und schäbig gewesen. Vermutlich sah es hier schon seit der Eröffnung der Kneipe so aus. „Ladys first.“ Scorpius deutete auf den Kamin und Lily zog einen kleinen Samtbeutel aus der Tasche, doch sie hielt inne und trat einen Schritt auf Scorpius zu. „Danke für den schönen Abend, Scopr“, hauchte sie ihm gemeinsam mit einem Kuss auf die Wange. „Wir sehn uns.“ Sie warf eine Prise Flohpulver in die Glut und war in den smaragdgrünen Flammen verschwunden, eh Scorpius mehr als ein paar Wort des Abschieds murmeln konnte. Und vor allem eh Lily ihm sich zu mehr als einem Küsschen auf die Wange verleiten ließ. Kapitel 8: Silvester -------------------- Ein Korken schoss knallend durch den Raum und Scorp verspritzte den Sekt über alle Anwesenden. „Gutes Neue, ihr Spasten.“ „Gutes Neues!“ brüllten die Feiernden im Chor zurück, jeder mit einer Flasche teurem Sprudelwasser für sich allein in der Hand und keiner mehr ganz gerade stehend. Scorps Eltern verbrachten die Nacht in ihrer Stadtwohnung in London, wo sie die Immobilie für ihren Umzug im Sommer präparierten. Scorp hatte ihnen klar gemacht, dass er sie nicht im Haus haben wollte, weil er es als Hauptquartier brauchte und ihnen war nicht viel anderes übrig geblieben, als sich dem Willen ihres Sohnes zu unterwerfen. Also würden sie Ende August nächsten Jahres – nein, diesen Jahres – ausziehen. Ein weiterer Grund für ihre Flucht in dieser Nacht war wohl, dass Scorp und seine verzogenen Freunde seinen 17. Geburtstag nachfeierten, weil er am 23. schon auf den Malediven gewesen war und zusätzlich noch Silvester dazu kam. Man konnte sich also vorstellen, wie die Party aussah, wenn fünfzehn Jugendliche aus gutem Hause es mal so richtig krachen ließen. Die Musik dröhnte in einer Lautstärke durch die Räume, die selbst einem Gehörlosen das Trommelfell zum Vibrieren gebracht hätte. Die hämmernden Techno-Beats ließen einem fast keine andere Wahl als obszön dazu zu tanzen und die Drinks wie Wasser zu kippen. Vermutlich erbebten selbst die Gläser im Nachbarhaus noch vom Bass, trotz der vier Hektar Grund, die zwischen ihnen und den Malfoys lagen. Im Haus herrschte das reinste Chaos, überall lagen leere oder halbvolle Flaschen herum, Chipskrümel waren wie überdimensionale Staubflusen über die gesamte Einrichtung verteilt und dem Kerl auf dem Monet im Wohnzimmer hatte jemand einen pinken Schnurrbart mit Beautys Lippenstift gemalt. In keinem der sechs Schlafzimmer im Haus war das Bett noch unberührt und der teure Perserteppich in der Bibliothek wies weiße Flecken auf. Vom Wohnzimmer sollte man wohl gar nicht erst anfangen, zumal man die bedenklich roserne Kotze in einer Mingvase noch als geringstes Übel bezeichnen konnte. Aber ihnen konnte es schließlich egal sein, wozu hatte man denn Hauselfen? Um das Feuerwerk besser sehen zu können, wanderte die ganze Mannschaft auf den Garten hinter dem Haus aus. Von dort aus konnte man direkt über einen kurzen, geraden Weg durch die kunstvoll beschnittenen Hecken hinunter zum Strand gehen und sah sowohl die Raketen, die über England geschossen wurden, als auch die über Frankreich, da es eine sternenklare Nacht war. „Ich weiß was wa machn“, lallte Nathan auf einmal. „Wir…al‘o wir machn ‘n Wettrenn‘, so wer schnella beim Strand un‘n is, so.“ Nach einem Wettsaufen mit Quinn, bei dem er in Grund und Boden gesoffen worden war, sah der Italiener nicht mehr ganz so frisch aus und hatte sichtlich Mühe, überhaupt noch verständlich reden zu können. Aber Hauptsache er wollte ein Wettrenne machen. Durch den Schnee. „Ich bin voll dabei“, Scorp sprang vom Tisch herunter, auf dem er eben noch getanzt hatte, natürlich nicht ohne bei der Landung etwas unsanft und ebenso unelegant umzukippen. Nach geschlagenen zehn Minuten hatten es dann alle geschafft sich in einer Linie aufzustellen, die mehr wie ein Zickzackmuster aussah, ohne in den Büschen stecken zu bleiben. „LOS!“ Die Hälfte der Versammelten landete schon beim Startschuss im Schnee, die andere taumelte Richtung Süden auf das Ziel zu. Der Horizont wurde in unzähligen Farben erhellt, die vom Meer gebrochen und widergespiegelte wurden. Scorpius war der erste, der seinen Fuß in den Sand setzt, was bei seinem Alkoholpegel eigentlich an ein Wunder grenzte, dicht gefolgt von Domi. „Gewonnen.“ Zur Eigenbelohnung setzte er seine Flasche an die Lippen, als plötzlich zwei Arme um ihn geschlungen wurden. „Und ich weiß schon, was du als Belohnung kriegst.“ „Uihh, eine Überraschung.“ Dominique nahm seine Hand und zog ihn fort von der Menge, nur eine kurzes Stück den Strand entlang. Dümmlich grinsend folgte ihr Scorp ohne eigentlich zu kapieren, was sie mit ihm vorhatte. Erst als sie an zwei Gestalten vorbei kamen, die sich in der Saukälte auf und ab bewegend im Sand lagen und leise stöhnte, wurde es ihm klar. „Ich…Beauty, nein.“ Er versuchte sich von ihr los zu reißen, verlor dabei das Gleichgewicht und knallt auf seine vier Buchstaben. Zum Glück hatte die letzte Flut den gesamten Schnee vom Strand getilgt, trotzdem war es ziemlich kalt. Erstaunlich schnell für eine Betrunken saß die blonde Schönheit rittlings auf ihm und schmiegte sich an ihn. „Beauty…nein, verpiss dich, verdammt.“ Verzweifelt versuchte er sie weg zu schieben aber irgendwie machte ihm Gevatter Alkohol diesen Kampf ganz schön schwer. Verdammt, hätte er bloß nicht so viel getrunken. „Komm schon Scorp, ich weiß, dass du es auch willst.“ Ihre Hand bahnte sich ihren Weg nach unten, zwischen seine Beine und fing an ihn zu streicheln. „Es muss keiner erfahren.“ „Nein, ich will nicht…!“ Das halberigierte Gerät in seiner Hose, das nach Berührung lechzte, sprach eine andere Sprach und Domi lächelte. „Komm schon, wie lange ist’s jetzt her, dass du das letzte Mal jemanden flach gelegt hast? Zwei Monate, drei? Sowas kann doch nicht gesund sein.“ Vier. Seit er sich in Lily verknallt hatte, um genau zu sein. „Das geht dich verdammt nochmal einen Scheiß an, Schlampe.“ „Ich mag’s, wenn du dreckig wirst.“ Er versuchte verbissen sich zu wehren, doch sie legte ihm die Arme auf die Brust und drückte ihn nach hinten. Seine Arme wurden schwer und er gab den Widerstand gezwungenermaßen auf. Über ihm tauchte das triumphierend lächelnde Gesicht der Blonden auf und als ihr langen Haare zu beiden Seiten seines Gesichts wie ein Vorhang herunter fiel, wurde er von völlig er Dunkelheit eingehüllt. Kapitel 9: Missverständnis -------------------------- „Hab ich schon mal erwähnt, dass ich die Bibliothek hasse?“ „Dann verpiss dich doch und geh mir nicht auf den Sack“, schnauzte Scorp seinen besten Freund an. Seit Silvester hatte er verdammt schlechte Laune, was sicher nicht nur daran lag, dass er eine Rakete auf den Kopf gekriegt hatte. Dass er mit Beauty gevögelt hatte lag ihm zentnerschwer im Magen. Sollte er es Lily verraten? Er konnte es ihr doch nicht verheimlichen. Und sie waren schließlich noch nicht zusammen. Sie hatten sich noch nicht mal geküsst. Aber es war ihre Cousine, auch wenn sie nichts miteinander zu tun hatten. Es würde sie sicher verletzten. Und er wollte sie nicht verlieren. Vielleicht konnte er es ja so hinstellen, als ob Beauty ihn vergewaltigt hätte, was ja sogar in gewisser Weise gestimmt hatte. „Weißt du was? Leck mich doch und motz jemanden anderen an.“ Quinn funkelte ihn wütend an, stopfte sein Bücher unsanft in die Tasche und stampfte wie ein wütendes Nashorn an Lily vorbei, die gerade an ihren Tisch kam. Toll, das hatte ihm grade noch gefehlt. Scorpius hatte immer noch keinen Schimmer, was er ihr sagen solle. Beziehungsweise was nicht. „Hi.“ Mit dem Lächeln eines Engels ließ sie sich neben ihm nieder und in seinem Kopf kreiste nur der Gedanke daran, was für ein beschissenes Arschloch er doch war. „Hi.“ „Alles okay bei dir? Du wirkst so neben der Spur? Zoff mit Vishous?“ In ihrer Stimme lag warme Besorgnis und das Bedürfnis sich im See zu ertränken wurde immer stärker in Scorp. Er war ein Arschloch, ein Arschloch, ein beschissenes Arschloch. „Ähmm…ja, hör zu, ich sollte wohl besser sehen, dass ich das wieder grade biege mit ihm.“ Im Aufstehen blieb er mit der Tasche am Stuhl hängen und wäre fast hingefallen, weil er es so eilig hatte weg zu kommen. Oder zu fliehen, das traf es wohl eher. Verwirrt blinzelte ihm Lily hinterher. Was war denn bloß los mit ihm? „Ohh, hat er keinen Bock mehr auf dich?“ Der Blick der Rothaarigen schnellte herum. Auch das noch. Dominique. Das schwarze Schaf in ihrer Familie. Und die Schulmatratze. Obwohl es unmöglich war die Blondine zu respektieren oder als gleichwertig an zu erkennen, weil sie so eine Schlampe war, rutschte doch das Selbstwertgefühl jedes Mädchens mindestens genauso tief hinunter wie Doms Ausschnitt, wenn sie den Raum betrat. Lily war da keine Ausnahme, als sie ihr einmal mehr bewusst wurde, dass eine von Scorps engsten Freundinnen endlos lange Beine hatte, Augen in der Farbe von Karibikmeer – oder Maledivenmeer, passte grad besser –,die Figur einer Barbie und das Gesicht einer Schönheitskönigin. Ob er sie wohl auch schon mal im Bett gehabt hatte? „Ich weiß nicht was du meinst, zwischen uns läuft nichts.“ „Oh bitte, tu doch nicht so. Gerade dass du nicht zu sabbern anfängst, wenn du ihm hinterher starrst und ihm wie ein Hund nachrennst. Als ob er jemals etwas mit dir anfangen würde. Ich meine, sieh dich doch mal an und dann ihn. Du bist nicht mal durchschnittlich hübsch und er ist das Heißeste was unsere Schule zu bieten hat“, höhnte sie, der Blick ihrer strahlendblauen Augen kalt wie Eiszapfen. Uhh, Kinnhaken Nummer eins. „Bist du etwa eifersüchtig, Dominique?“ „Auf dich?! Das ist ja fast schon komisch. Abgesehen davon, hatte ich ihn schon auf alle erdenkliche Arten.“ Kinnhaken Nummer zwei. „Das einzige was noch gefehlt hatte, war Sex on the Beach, aber das haben wir zum Glück zu Silvester aufgeholt.“ Autsch, der hatte gesessen. …acht, neun, zehn – KO. Der Rundensieg geht an Dominique Weasley. Mit dem Gefühl sich übergeben zu müssen stürmte sie aus der Bibliothek, das Gelächter ihrer Cousine dröhnend laut wie eine Kirchturmglocke in ihren Ohren. Vielleicht war das auch ein Missverständnis, so wie Albus Duell. Vielleicht hatte sie ja den Cocktail gemeint. Vielleicht… In einem leeren Korridor im zweiten Stock holte sie Scorp ein, der auf dem Weg in die Kerker war. Seine dunkle Gestalt wurde nur vom schwachen Licht der Kerzen an den Wänden beleuchtet, da die Sonne in dieser Jahreszeit schon vorzeitig unterging und das Licht aus Hogwarts mitnahm. „Scorpius, warte.“ Schwerfällig drehte er sich um und ihr Unterbewusstsein kapierte, was ihr Herz nicht wahr haben wollte. Es war wahr. „Stimmt es? Was Dominique sagt, über…über Silvester.“ Sein Blick war hohl und traurig und am liebsten hätte Lily zu heulen angefangen. „Es tut mir so leid…“ „Fass mich nicht an“, sie schlug seine Hand weg, als er sie ihr auf die Wange legen wollte und er ließ den Kopf und die Schultern hängen. Das Blut in ihren Ohren rauschte und sie fühlte sich, als wäre sie in einem bösen Paralleluniversum gelandet. „Du kannst…du kannst flach legen, wen immer du willst, es…es ist mir scheißegal. Schließlich läuft zwischen uns nichts.“ Sich selbst einredend, dass es tatsächlich so war, stürmte sie an ihm vorbei hinunter zum See, ohne darauf zu achten, dass sie nur einen Pulli und Jeans trug – die Schuluniformen mussten seit knapp drei Jahren nur noch während des Unterrichts und zu Feiern in der Großen Halle getragen werden, nicht mehr den ganzen Tag – und draußen noch der Schnee lag. Sollte sie doch erfrieren. Er rief ihr nicht mal nach, weil er wusste, dass er es besser nicht verdient hatte. „Ich dachte Scorp hatte nichts mit Beauty zu Silvester.“ Quinn sah im Gemeinschaftsraum von seinen Büchern auf, während sich Jacob neben ihm auf die Couch fallen ließ. „Hatte er auch nicht. Ach, ist er deshalb so mies gelaunt? Weil er dachte, er hätte seine Kleine beschissen?“ „Jap. Und vermutlich ist’s jetzt nicht mehr ‚seine Kleine’, weil Beauty ihr gerade gesagt hat, dass da was gewesen ist.“ „Was redet sie für Müll. Ich hab die beiden doch gesehen, weil Scorp nicht weit von mir und Nathalie schlapp gemacht hat und da ist garantiert nichts gelaufen. Vielleicht ein Kuss oder so, so genau weiß ich das auch nicht, ich war schließlich beschäftigt, aber mehr sicher nicht, weil Scorp eingepennt ist, als sie zur Sache kommen wollte.“ „Tja, Beauty hat es Potter grad ziemlich anders verklickert. Ich bin ein Regal weiter gesessen und sie hat es ihr ziemlich rein gedrückt, was sie mit Scorp schon so alles getrieben hat.“ „Diese blöde Schlampe. Wo ist sie?“ „Bibliothek.“ Mit einem Knall, der von den Kerkerwänden wiederhallte schlug der Schwarzhaarige sein Zaubertrankbuch zu und stapfte wieder hoch in die Bücherei. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Wie kam diese bescheuerte Blondine dazu, solchen Scheiß zu reden?! „Sag mal, hast du sie noch alle?“ Der Kerl, denn Beauty gerade angegraben hatte, erstarrte als er Quinn sah und verschwand dann um die nächste Ecke. Eine sehr vernünftige Reaktion, wenn man den Dunkelhaarigen ansah, ganz in schwarz gekleidet, um den Hals eine schwere Gliederkette, wie man sie sonst nur Dobermännern umlegte und die Augen Funken sprühend wie eine Kreissäge, die an einen Nagel im Holz stieß. „Du hast mir gerade die Tour vermasselt“, quengelte sie mit einem Schmollmund, als sie sich von der Stelle abwandte, an der ihr neuestes Opfer eben verschwunden war. Ohne auf ihre Proteste zu achten packte er sie grob am Arm und schubste sie auf einen freien Stuhl. „Aua, du tust mir weh.“ „Sei froh, dass ich nicht ernsthaft anfange dir weh zu tun, Schlampe. Du weißt genauso gut wie ich, dass du zu Silvester nichts mit Scorp hattest. Warum zu Hölle redest du solchen Müll daher?“ „Sei froh, dass ich sie an seiner Stelle abserviert hab. Du hast selbst gesagt, dass sie eine Gefahr für unsere Sache ist, weil sie ne verkorkste Einstellung hat und je früher wir sie los werden, desto besser.“ Für das trotzig hervor gestreckte Kinn und den besserwisserischen Zickenton hätte er ihr am liebsten eine geknallt. „Ja, das war auch bevor Scorp ernsthaft auf die Kleine stand.“ „Oh bitte, du kennst Scorpius. Als ob er sich noch für sie interessieren würde, wenn es sie mal im Bett gehabt hatte.“ Bei ihr war es doch dasselbe gewesen. Sie war so verliebt in ihn gewesen, weil er der erste gewesen war, der sie freundlich behandelt hatte. In ihrer Familie war sie immer mehr zur Außenseiterin geworden, weil sie anders als der ganze beschissene Rest in ihrer Familie nicht in Gryffindor sondern in Slytherin gelandet war und in ihrem Haus war sie anfangs auch nie richtig akzeptiert worden, weil sie eine Weasley war. Doch nachdem sich Scorp ihrer angenommen hatte, war alles völlig anders geworden und alle hatten geglaubt, dass sie ewig zusammen bleiben würden. Tatsächlich waren sie genau 35 Stunden ein Paar gewesen. Kurz nach ihrem vierzehnten Geburtstag hatte ihr Scorp den Himmel auf Erden versprochen, sie hatte ihm geglaubt, sich entjungfern lassen und war letztendlich allein da gestanden. Ihre romantischen Illusionen von Liebe hatte sie damals über Bord geworfen. Das einzige was noch übrige geblieben war, war ihre Verliebtheit in Scorpius. Domi hatte die Mädchen in Scharen kommen und gehen sehen, stolz darauf, die einzige zu sein, mit der er öfters als einmal geschlafen hatte. Seine Liebe konnte sie nicht erzwingen, aber sie konnte dafür sorgen, weiterhin sein einziges dauerhaftes Betthäschen zu sein. „Scheiße, dann lass ihn doch, wenn du meinst, dass es sowieso nicht dauerhaft ist.“ „Nein, ich teile nicht.“ Seine Ohrfeige saß und Dominique starrte ihn mit tellergroßen Augen an, als ihr Kopf zur Seite flog. Im Normalfall schlug er keine Frauen, aber jetzt war ihm die Hand ausgerutscht. Und es tat ihm nicht mal leid. „Sei bloß froh, dass es nur die Handfläche war. Ich hätte nämlich große Lust dir grad sämtliche Zähne auszuschlagen. Dein beschissener Egoismus hat ihm vermutlich grad das Herz gebrochen.“ Eh er seine Drohung tatsächlich noch wahr machte, wirbelte er herum und trampelte aus der Bibliothek, nicht ohne dabei ein paar Schüler anzurempeln. Sollten sie sich doch aus seinem Weg verpissen, er hatte keinen Bock ihnen auszuweichen. Verdammt, wo sollte er Lily jetzt suchen? Er konnte doch nicht zulassen, dass es einfach so aus war. Quinn hatte gemerkt, wie viel Lily Scorpius bedeutet, wie glücklich er war, wenn er sich mit ihr traf. So sehr er sie anfangs auch gehasst hatte, mit der Liebe seines besten Freundes war auch seine Zuneigung zu ihr gewachsen. Scorp war der erste gewesen, der Quinn anständig behandelt hatte, obwohl er ein rücksichtsloses Arschloch ohne Moral war. Und er war immer für ihn da gewesen, bei all dem Scheiß der ein seiner Vergangenheit passiert war. Jetzt war es endlich mal an der Zeit, es dem jungen Malfoy zurück zu geben. In der Großen Halle sah er einen langen roten Schopf und ging auf ihn zu. Das war zu einfach gewesen und im Nachhinein dachte er sich, dass er es eigentlich hätte wissen müssen, dass es ihm nicht vergönnt war, sie nach zwei Minuten Suche im warmen Speisesaal zu finden. Schon im Näherkommen wurde ihm klar, dass es nicht Lily war. Warum mussten auch alle mit Weasleygenen rote Haare haben? Die einzige die keine hatte, waren James, Albus und Dominique. „Wo ist Lily?“ Albus sah zu ihm auf und seine Augen weiteten sich, Roxanne zeigte dieselbe Reaktion, als sie sich um drehte. „Verdammt, was wollt ihr eigentlich alle von meiner Schwester?! Lasst sie in Ruhe!“ „Sie ist am See. Ich hab sie vorher raus stürmen sehen.“ „Roxy!“ „Danke“, ohne dem Zank der beiden noch weiter Beachtung zu schenken machte sich Quinn wieder auf den Weg nach draußen. Super, dass es draußen nur mittlerweile stockdunkel war, die Temperatur knapp an der Grenze zum Minusbereich lag und er nur ein T-Shirt trug. Das würde Scorp was kosten, soviel stand fest. „Scheiße ist dir nicht kalt?“ Schon der kurze Weg vom Schloss bis zu der großen Eiche am See hatte ausgereicht, um seine Zehen in den Ed Hardy-Sneakers taub werden und an seinen Armen die Gänsehaut auffahren zu lassen. „Nein. Lass mich in Ruhe.“ „Wow, anscheinend sind alle in deiner Familie so unfreundlich.“ „Wow, anscheinend sind alle Slytherins am Trainieren, um den Weltmeistertitel in blöd quatschen zu gewinnen.“ Sein Lachen verwandelte sich in kleine graue Wölkchen als es seinen Mund verließ und hüllte ihn ein. Jetzt verstand er, warum Scorp so auf sie abfuhr. Sie war klasse. „Kleine, hör zu. Beauty erzählt Scheiße. Scorp lebt seit den letzten vier Monaten zölibatär wegen dir.“ „Ja und warum sollte sie sowas erfinden?“ schnaubte Lily. „Weil sie auf ihn steht und Angst hat ihre Stellung als sein Lieblingsbetthäschen zu verlieren.“ Ihr Kopf schnellte herum und sie sah ihn mit Glupschern wie ein Autobus an. Ihr Cousine Dominique, Viertelveel, der Traum aller Männer, sollte auf jemanden wie sie eifersüchtig sein? „Ja sicher, in welcher Welt lebst du? Sieh sie dir an, es ist absurd, dass sie neidisch auf jemanden wie mich sein sollte.“ „Glaub mir an den wirklich wichtigen Stellen sieht sie gleich aus wie alle anderen“ grinste Quinn. „Üahhhh, das wollte ich jetzt lieber nicht so genau wissen.“ Auch Lily konnte nicht anders als zu grinsen und leise zu lachen. „Du bist so ekelig, weißt du das?“ „Jap, sagt mir Scorp auch immer wieder.“ Beide wurden bei der Erwähnung seines Namens wieder ernst. „Red mit ihm drüber. Er war stockbesoffen und ich hab keine Ahnung wie viel er noch weiß.“ „Aber…was ist dann passiert?“ „Beauty hat ihn verschleppt, er ist eingeknickt und sie wollte ihn besteigen. Vermutlich hat er sich gewehrt, keine Ahnung, ich war selbst beschäftigt. Jedenfalls hab ich sie fluchen gehört, weil er eingepennt ist.“ „Er ist eingepennt?“ „Jap.“ Einen Moment schwieg sie, dann prustete sie laut und erleichtert los. Er hatte nichts mit ihr gehabt. Er hatte sie nicht betrogen. Er hatte nicht mit Dominique geschlafen. Weil er eingepennt war. Neben ihr erhob sich Quinn wieder, ein riesiger schwarzer Schatten, der sich die Hände rieb, um das Blut wieder zurück in die Finger zu kriegen. „Gut, ich verpiss mich jetzt wieder, bevor sich mein Schwanz noch weiter zurück zieht und ich demnächst als Mädchen rum laufen muss.“ Grinsend zog er von dannen und sie starrte ihm einen Moment lang nach, bevor sie mit ihren eiskalten Händen einen Schneeball formte und ihn der dunklen Gestalt auf die Rübe knallte. „Hey!“ „Warte.“ Erste als sie sich wieder bewegte wurde ihr klar, wie erstarrt ihre Gliedmaßen eigentlich waren. Sie musste völlig unterkühlt sein. „Weißt du wo Scorp ist?“ keuchte sie, als sie ihn eingeholt hatte. Ihre Lunge brannte, sie zitterte und ihre Lippen waren blau angelaufen. Anstatt ihr eine Antwort zu geben zog er seinen Zauberstab und steckte ihn hinten ein Stück in sein Shirt. Ähmm jaaa, sie dachte sich jetzt einfach mal ihren Teil, aber bevor sie nachfragen konnte traten sie in den Lichtschein, der aus den unzähligen Fenster der Großen Halle drang und er fluchte ungehalten. „Fuck, wie siehst du denn aus?“ Vorhin in der Dunkelheit hatte er nicht mehr als ihre Silhouette erkennen können, doch jetzt sah er auch die deutlichen Zeichen, die die Kälte an ihr hinterlassen hatte. Ohne lange zu zögern nahm er ihre Hand und zog sie durch die Eingangshalle hoch in den zweiten Stock. Er murmelte ein Passwort und eine geheime Tür schwang auf. „Wohin verschleppst du mich, zur Hölle?“ Ohne ihr eine Antwort zu geben schob er sie ein einen Raum, aus dessen Wänden hunderte Wasserhähne ragten. In der Mitte war eine swimmingpoolgroße Badewanne eingelassen und an die Decke war das Bild einer Unterwasserlandschaft gemalt, die sich bewegte. Fische flitzten umher und eine Qualle trieb gemächlich an der Lampe vorbei, die über der Wanne hing. „Zieh dich aus.“ „Was?!“ Quinn rollte die Augen, während er am erstbesten Wasserhahn dreht, aus dem nach Kokos duftendes Schaumbad quoll. Mit der Hand überprüfte er die Temperatur. Das Wasser durfte nicht zu heiß sein, wegen ihren Erfrierungen. „Verdammt, du bist völlig unterkühlt und wenn du der Schulkrankenschwester erklären willst, warum du dich draußen rum treibst, obwohl wir bei Dunkelheit nicht mehr aus dem Schloss dürfen, dann bitte, da ist die Tür.“ Er deutete mit der Hand zu Tür, doch sie rührte sich keinen Zentimeter. „Eben. Dann musst du wohl oder übel in diese Wanne. Und da du keine zweiten Klamotten hast, musst du wohl zusehen, dass die nicht nass werden, damit du damit später noch in euren Gemeinschaftsraum kommst.“ Einen Moment lang rührte sie sich nicht und Quinn war versucht, sie einfach mit Kleidung ins Wasser zu werfen. Warum hatten Frauen eigentlich alle so einen an der Waffel? „Dreh dich um.“ Er tat wie geheißen und es raschelte leise hinter ihm. „Ähmm…“ „Was?“ „Ich krieg meinen Hosenknopf nicht auf, meine Finger sind zu starr.“ Als er sich umdrehte, versuchte sie verlegen ihren dunkelblauen BH zu verbergen. Gerade als er sich an ihrer Hose zu schaffen machte, schwang die Tür auf. „Du hast mich…was zur Hölle treibt ihr hier?!“ Scorpius‘ Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als er die Szene musterte, die sich ihm bot. Sein bester Freund zog gerade das Mädchen, in das er verknallt war aus, um mit ihr in seinem Lieblingschaumbad – gut, das wusste Quinn nicht – zu baden. Und da er ihn über ihr Mal gerufen hatte, wollte er anscheinend, dass er an der feuchtfröhlichen Orgie teilnahm. Eigentlich wäre Scorps Blick ja zum Brüllen komisch gewesen, aber Quinn kämpfte mit seiner Sorge um die Kleine. Sie zitterte noch immer wie Espenlaub und ihre Lippen hatten die ungesunde Farbe von Blaubeeren angenommen. Gott, irgendwas war hier ziemlich falsch. Er machte sich Sorgen um irgendeine Gryffindor, mit der er eigentlich gar nichts am Hut hatte. „Steh nicht blöd rum, hilf mir lieber. Sie sollte schnellstens wieder warm werden und ich krieg den blöden Knopf nicht auf.“ Ohne noch weiter zu fragen schob er Quinn zur Seite, beendete den Kampf mit dem widerspenstigen Knopf und zog ihr die Hose runter. „Hey!“ Scorpius blickte von unten zu ihr auf, während er ihr die Socken auszog und sie blinzelte. Seine Augen waren leer und traurig. Der Blick eines Mannes, der etwas, das ihm sehr viel bedeutete, verloren hatte. Sie war bis auf die Unterwäsche ausgezogen und Quinn deutete mit dem Finger auf das Wasser. „Los rein da.“ „Jaaa, behandelt mich ruhig wie ein kleines Kind, das man rum kommandieren kann.“ Trotzdem leistete sie dem Befehl Folge. „Scheiße, ist das heiß.“ „Das ist nicht mal lauwarm“ stellte Scorp fest, als er einen Finger ins Nass tauchte. Schritt für Schritt tauchte Lily weiter in die ebene weiße Schaumfläche vor ihr ein und sie spürte langsam, wie wieder etwas Gefühl in ihre Füße zurück kehrte. „Gut, ich lass euch jetzt alleine.“ Scorpius wandte seinen Blick von Lily ab – nein, er hatte nicht gespannt, er war bloß besorgt, weil man am glitschigen Boden leicht ausrutschen konnte und er nicht zulassen konnte, dass sie sich verletzte – und musterte den Dunkelhaarigen. „Deine Lippen sind violett.“ „Nicht so schlimm. Passt besser zu meinem Stil.“ grinste er, während er an Scorp vorbei schlenderte. „Danke.“ „Kein Thema, Kleine.“ Eine Welle weißer Schaum schwabbte über die beiden Jungs hinweg. „Das Männer eigentlich immer meinen, einem bescheuerte Spitznamen geben zu müssen. Ich bin nicht klein – ihr zwei seit nur riesig.“ Unter einer weißen Schaumhaube hervor blinzelten sich Scorp und Quinn an, dann grinsten sie. „Danke, Q.“ „Schon in Ordnung. Aber das kostete dich was.“ „War ja klar.“ Scorpius rollte matt grinsend die Augen, in die das Leben noch immer nicht zurück gekehrt war. „Tja, das Leben ist teuer, mein Freund.“ Quinn schlug dem Blonden auf die Schulter, dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. „Scorpius…?“ Lilys Flüstern war kaum zu hören und er zögerte einen Moment, bevor er sich umdrehte. „Komm her.“ Einem Roboter gleich, dessen Fernbedienung sie in der Hand hatte, kam er zu ihr und ließ sich neben dem Becken auf den nassen Boden sinken. „Erzähl mir was passiert ist.“ Ihr sanfter Tonfall ließ Hoffnung in ihm aufkeimen. „Ich weiß nicht mehr so genau. Ich hatte zu viel intus und der halbe Abend ist ziemlich verschwommen. Wir haben ein Wettrennen gemacht und … ich hab gewonnen. Dann hat Beauty gesagt ich krieg ne Belohnung und hat mich den Strand entlang gezogen. Hier wird’s dann immer undurchsichtiger. Da haben zwei im Sand gevögelt, dann ist Beauty auf mir drauf gesessen – ich wollt das nicht, ehrlich – und dann…Filmriss.“ „Vishous hat gesagt, du hattest nichts mit ihr.“ Sein Blick schoss nach oben wie eine Rakete und er hörte auf in der kleinen Lacke vor sich Muster zu ziehen. „Woher…ach, schon klar. Die beiden im Sand.“ „Jap. Er hat gesagt, dass er sie flucht gehört hat, weil du eingeschlafen bist.“ „Ich bin eingepennt? Gott, wie peinlich. Tja, aber im Moment kann ich wohl froh darüber sein. Du sollst trotzdem wissen, dass es mir leid tut.“ „Mir auch. Also das was ich im Korridor gesagt hab. Es war gelogen…“ Die letzten Worten kamen nur noch als Flüstern über ihre Lippen und sie blickte dabei gebannt auf den Schaum vor ihr. „Lily…“ Sie hob den Kopf und ihre Blicke trafen sich. Langsam kamen seine Lippen näher. Endlich war es soweit; er hatte sich so danach gesehnt. Eine prickelnde 5oo Volt Spannung baute sich zwischen ihnen auf und Scorp meinte, dass die Hitze, die von ihm aufstieg eigentlich das Wasser hätte zum Sieden bringen müssen. Nur noch Zentimeter trennten sie von einander und der Slytherin legte die Hand auf den Beckenrand, um besseren Halt zu haben – und rutschte ab. Kopfüber kullerte er samt Klamotten ins Wasser. Hustend und prustend tauchte er wieder auf und hörte schallendes Gelächter. Lily musste sich am Beckenrand festhalten, um vor lauter Lachen nicht unter zu gehen. Es hatte einfach zu komisch ausgesehen, wie Scorp vornüber in die Wanne kippte und dann wieder aufgetaucht war, wie ein begossener Pudel. „Na warte, wenn ich dich in die Finger kriege.“ „Ahhh…“ Lachend tobten die beiden durch die Fluten, um sich gegenseitig unter zu tauchen oder sich Hüte und Bärte aus Schaum zu basteln, beide froh darüber, dass sie die Sache mit einem positiven Ergebnis geklärt hatten. Kapitel 10: Wildhüter --------------------- „Du könntest ihn auch einfach mit ein paar Flüchen traktieren und ihn dann in die Koppel von diesen Missgeburten mit den unterschiedlichen Beinen schleppen.“ „Hippogreife, Scorp“, maulte Jake dazwischen. „Diese Viecher mit den unterschiedlichen Beinen heißen Hippogreife.“ „Jajaa, Herr Professor.“ Scorpius rollte die Augen, wandte den Blick aber nicht von Quinn ab, der eigentlich angesprochen gewesen war. Sie saßen auf ihrem Stammsofa im Slytheringemeinschaftsraum und in ihrem Umfeld summte es von der Betriebsamkeit eines verregneten Samstagnachmittags: Schüler kam und gingen, machten Hausaufgaben, spielten Zauberschach oder plauderten vor dem Kaminfeuer. Oder schmiedeten Pläne, wie sie den schlosseigenen Wildhüter am besten aus dem Weg räumen konnten. „Jaaah schon, aber das wäre dann nur halb so lustig.“ Wieder rollte der junge Malfoy die Augen. „Du bist ein sadistischer Drecksack, weißt du das eigentlich.“ „Natürlich“, grinste der Schwarzhaarige breit. Scorpius ließ seinen Blick durch den Kerker schweifen, musterte die schummrig grünen Lampen, die an Ketten von der Decke hingen, die schwarzen Lederstühle und die Bullaugen, die nach oben den Blick in den Schwarzen See frei gaben. Träge strömte das Wasser über sie hinweg, zog Fische mit sich und ließ das Seegras schwanken, wie einen alten Nimbus, der zu viel Gepäck geladen hatte. „Schön, wenn du drauf bestehst.“ Einen Moment lang schwieg er, darüber nachdenkend, wie sie die Sache am besten angehen sollten, während fünf Augenpaare auf ihm ruhten. Das größte Problem würde es wohl werden, alle Unerwünschten von Hagrids Hütte fern zu halten. Selbst wenn sie eine Illusion herauf beschworen, die niemanden die wahren Geschehnisse in der Hütte sehen ließ, der Brandgeruch war trotzdem da. Sie waren auf den Wind angewiesen, da half alles nichts. Außerdem musste es eine bewölkte Nacht sein, damit man den Rauch nicht sah. Wettermäßig wäre heute ein gut geeigneter Tag: der Wind kam von Nordnordosten und dicke, graue Wolken wirbelten über den Himmel. Die Frage war nur, ob diese Witterung bis in die Nacht bestehen blieb. „Becks, du steckst das Bootshaus in Brand. Ich will meterhohe Flammen und intensiven Rauchgeruch haben. Beauty, sieh zu, dass du bis heute Abend denn Pulli oder so von irgendeinem Schlammblut kriegst. Denn lässt Becks dann angekohlt unten beim brennenden Bootshaus liegen.“ Er musterte die beiden kurz und überlegte, wo er den Portschlüssel für Chad am besten auslegen sollte. Als er angefangen hatte Zaubersprüche zu überarbeiten und selbst zu schreiben, war der Spruch zur Herstellung von Portschlüsseln einer der ersten gewesen, an denen er sich versucht hatte. Das Ergebnis war besser geworden, als er es sich vorgestellt hatte: man konnte weder die Reiseroute nachverfolgen, noch wer ihn benutzt hatte, das Ministerium bekam keinen Wind davon, wenn man einen herstellte und er funktionierte auch in Hogwarts. Der neue Portschlüsselspruch war einer der wichtigsten und am häufigsten gebrauchten Zauber, die Scorp bis jetzt geschrieben hatte. „Wenn du das Feuer gelegt hast, bleibst du nicht stehen und siehst zu wie’s brennt, ist das klar?!“, schob er noch nach, als er Becks‘ Schnuten sah, weil er nicht zusehen durften, wie die Hütte zu Asche wurde. „ Du gehst sofort wieder hoch in den gepflasterten Innenhof. Ich leg dir einen Portschlüssel hinter die Eberstatue am Ende der Galerie – ich muss heut sowieso Patrouille im Schloss laufen, da kann ich ihn gleich nebenbei deponieren, ohne dass es auffällt. Die Uhrzeit machen wir uns heute Abend aus, wenn wir gehen.“ Soviel zum Ablenkungsmanöver. Jetzt kam der eigentliche Hauptteil ihrer Mission. „Beauty, Nate, Jake, ihr geht als Vorhut. Hagrid darf nicht aus der Hütte raus kommen. Beauty, du illusionierst den Wald, damit man den Feuerschein nicht sieht, Allesandro, die Hütte darf nicht gesehen werden und Jake, alles Übrige war uns verraten könnte, gehört dir. Quinn – der Halbriese ist deine Aufgabe.“ Die vier nickten und wieder hielt Scorp inne, um zu überlegen, wo er den Portschlüssel am besten verstecken konnte. Er selbst konnte keinesfalls runter zu Hagrids Hütte, sein Revier war auf der gegenüber liegenden Seite des Schloss. Aber von zehn Uhr bis zwölf war der Vertrauensschüler der Hufflepuff beim Steinkreis und im Glockenturm eingeteilt. „Beauty, sieh zu, dass das Schlammblut, von dem wir den Pulli kriegen, ein Hufflepuff ist. Versetz ihn in einen Tiefschlaf und pflanz ihm dann gleich die Erinnerung ein, dass er und seine Kumpanen heute Nacht unten beim Bootshaus und bei Hagrids Hütte waren. Und nimm seinen Zauberstab mit. Was euren Portschlüssel betrifft, hinter dem linken Stein im Steinkreis. Weiter nach unten kann ich den Hufflepuff-Vertrauensschüler nicht schicken, das würde auffallen.“ Pünktlich um zehn vor zehn stand die ganze Truppe in einem leeren Zaubertrankkerker bereit. Domi hielt einen scheußlichen braunen Pullover unterm Arm und sah so aus, als ob sie gerade erst aufgestanden wäre. Wenn Scorp darüber nachdachte, war sie vermutlich tatsächlich gerade erst aus dem Bett gekommen. Aber nicht weil sie dort ein Nickerchen gehalten hatte. „Beauty?" „Der Kerl heißt Sebastian Davies. Hufflepuff, siebte Klasse. Er schläft in der Besenkammer in der Eingangshalle, deren Eingang ich versiegelt hab. Morgen früh heb ich beide Zauber auf und er wird beichten, dass er seine Freunde – zwei weitere Schlammblüter, ein Halbblut, ebenfalls bei ihm in der Kammer, und der Vertrauensschüler – beide Gebäude angezündet haben.“ „Sehr gut.“ Das war einer der Gründe, warum er mit seinen Leuten so gut klar kam und immer alles funktionierte. Sie taten, was er ihnen sagt, jedoch nicht ohne eine gewisse Eigenständigkeit dabei an den Tag zu legen. Sie wussten alle, wie der Plan in seinem Kopf aussah, auch wenn er es ihnen nicht detailliert mitteilte und was sie neben dem, was er ihnen sagt, noch tun mussten. Die blonde Schönheit warf sowohl den Zauberstab als auch den Pullover zu Chad, der beides auffing. „Gut, gehen wir’s nochmal durch. Becks, du machst das Bootshaus mit Davies Zauberstab zu einem Scheiterhaufen – ich will es von der Halle über den Kerkern aus noch sehen können. Schmor den Pulli an und hau ab. Dein Port geht um Punkt halb elf. Verpass ihn bloß nicht, ich glaub kaum, dass du ungesehen über die Brück kommst, wenn die Lehrer erst mal Wind davon gekriegt haben, dass es beim See unten brennt und sie aus allen Teilen des Schlosses dort hin schwirren. Sobald du wieder im Gemeinschaftsraum bist, legst du den Zauberstab für Beauty unter unser Sofa und legst dich Schlafen. Ich zauber dir dann einen Port runter“, er hielt eine kleine Dose in die Höhe, „versenk sie im See, sobald du unten bist. Klar soweit?“ Der Junge nickte und Scorp kam zu Quinn, Nathan, Jake und Domi, die gerade dabei war, ihre Frisur mithilfe eines Taschenspiegels wieder zu richten. „Ich schick euch mit einem Port runter zu Hagrids Hütte. Ihr versiegelt als erstes die Hütte – es darf weder was rein oder raus kommen, noch darf man etwas hören – dann kommen die Illusionen. Seht bloß zu, dass niemand das Feuer mitkriegt, bis ihr verschwunden seid. Euer Port geht um elf. Sobald ihr wieder hier seid, geht ihr ins Bett. Beauty, nimm den Zauberstab mit und sie zu, dass du morgen spätestens um Fünf alles mit Davies und seinen Spießgefährten geregelt hast. Um den Vertrauensschüler kümmer ich mich. Die Erinnerung sollte nicht ganz klar sein, setzt ihnen einfach rein, dass sie zwischen zehn und elf aufgeteilt zu den beiden Gebäuden gegangen sind und sie angezündet haben. Hagrid wollten sie eigentlich nicht umbringen.“ „Warum? Dann wäre die Strafe doch viel härter, weil sie jemanden gekillt haben.“ „Nach Askaban kommen sie sowieso“, Scorp zuckt die Schultern und lehnte sich an das Lehrerpult. Als er den Blick seiner Todesser sah, stöhnte er entnervt. „Was meinst du, bringt dir schlimmere Gewissensbisse: wenn du jemanden vorsätzlich tötest oder wenn du weißt, dass deine Unachtsamkeit jemanden das Leben gekostet hat?“ Ein genüssliches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, gepaart mit einem diabolischen Funkeln in den Augen. Es musste ein Scheißgefühl sein, wenn man Schuldgefühle hatte, weil man jemanden umgelegt hatte – egal ob vorsätzlich oder versehentlich. Er selbst konnte schließlich nicht mitreden. Bis jetzt hatte er erst zwei Menschen auf dem Gewissen und er fühlte noch immer nichts als Triumph, Genugtuung und eine gewisse Linderung seines Rachedursts. Becks war schon weg, ebenso wie Scorp, der seine Kontrollrunde durchs Schloss lief und ihre Ports deponierte. In desillusioniertem Zustand wartete der Rest der Gruppe mit einem Finger auf einem Holzstück, darauf, dass die Zeit verging. Anders als bei normalen Portschlüsseln hatte man bei Scorps ein ähnliches Gefühl, wie beim Apparieren. Die Luft blieb einem weg, man bekam Platzangst und gerade als man glaubte, dass einem die Augäpfel aus dem Kopf gequetscht wurden, war es vorbei. Hagrids Hütte tauchte vor Quinns Augen auf und das Holzstück fiel zu Boden. Plötzlich war es kein wichtiges, magisches Werkzeug mehr, sondern nur noch ein schnödes, altes Stück toter Baum; eines von unendlich vielen im Verbotenen Wald. Quinn richtete seinen Blick auf das gammlige Häuschen vor ihnen. Hinter allen Fenstern brannte Licht hinter zugezogenen Vorhängen, was vermutlich aber daran lag, dass sich im Inneren nur ein einziger Raum befand und so entweder alle Fenster beleuchtet waren oder keins. Einer der Gründe, warum Quinn die Hütte unbedingt hatte abfackeln wollen, war, dass er nach Ende des Schuljahres nicht darin wohnen musste. Keinesfalls würde er in so einer Bruchbude hausen. Anfangs würde er sich wohl mit einem kleinen Büro in der Nähe des Glockenturm-Innenhofs zufrieden geben müssen, weil er von dort aus am schnellsten beim Wald war, aber im Laufe des nächsten Jahre würde ihr Hauslehrer und Zaubertrankprofessor leider, leider bei einer Kesselexplosion umkommen und wenn alles gut lief, würde Quinn dann Quartier im Kerker beziehen. „Professor, du versiegelst gleich mal die Hütte“, entschied Quinn. Er war mehr oder weniger Scorps rechte Hand und wenn ihr Chef grad mal nicht da war, oblag dem Dunkelhaarigen die Entscheidungsgewalt. Jacob verschwand im Unterholz des Waldes, um ungesehen näher an die Hütte heran zu kommen, während der Rest in den Ausläufern des Waldes blieb. „Beauty, Nath, fang schon mal an die Illusionen herauf zu beschwören.“ Die beiden eilten ebenfalls lautlos davon. Es war keine leichte Aufgabe, ein Gebiet von solchem Ausmaß vor fremden Blicken zu schützen. Kleinere Objekte wie zum Bespiel Menschen waren ja leicht unsichtbar zu machen oder zu desillusionieren. Bei Gebäuden wurde die Sache schon viel schwieriger, vor allem wenn der Zauber längere Zeit aufrecht erhalten werden musste. Kurze Zeit später tauchte Jake wieder auf. „Die Hütte ist dicht. Ich verschwinde hoch Richtung Steinkreis. Zum Einen seh ich von dort besser, wenn uns etwas verraten könnte und versteckt werden muss, zum Anderen kann ich unerwünschte Zuseher gleich ausschalten. Ruf mich, wenn ihr fertig seid. Ich nehm dann den Port mit runter und wir können im Wald warten.“ „Gut, bis später.“ Die beiden Jungen trennten sich und Jacob verschmolz mit der Dunkelheit, als er sich davon machte. Einen Moment später fing Quinns Mal an zu brennen; Beauty rief ihn. Sie war fertig mit ihrer Illusion. Jetzt fehlt nur noch das Zeichen von Nate. Der Wind frischte auf, ließ die Blätter um Quinn herum rascheln und trug den Geruch von Tierkot zu ihm. Wie sie es gehofft hatten, war es eine bewölkte, stockfinstere Nacht und der Wind kam aus dem Norden. Die Witterung war perfekt, auch wenn die Wolken ein verheerende Last mit sich trugen: Regen. Quinn hoffte inständig, dass es nicht zu schütten anfing, wenn sie das Feuer entzündet hatten. Er konnte zwar wasserfeste Flammen erzeugen, aber nur kleine. Wenn er ein paar kleine Flämmchen um die Hütte herum entzündete, würde es ewig dauern, bis sie abgebrannt war. Und diese Zeit hatten sie nicht; ihr Port ging in weniger als einer Stunde. Das erwartete Signal von Nathan kam und Quinn trat in Aktion. Mit einer auslandenden Zauberstabbewegung beschwor er ein riesiges Feuer herauf, genau in dem Moment, in dem die ersten schweren Tropfen vom Himmel fielen. Fuck! Schon nach kürzester Zeit schüttete es Kübeln und die Flammen, die gerade erst im Hüttendach und den Wänden geleckt hatten, drohten zu sterben. Was zur Hölle sollte er jetzt bloß machen?! Eine Idee schoss ihm ein, die zwar mit Sicherheit wirkte, aber auch das ganze Unternehmen bedrohen konnte. Quinn wusste, dass er ihn nicht beherrschen konnte. Scorp gab sich reichlich Mühe, ihnen den Umgang mit dem Zauber zu lehren, doch keiner außer ihm selbst hatte es bis jetzt geschafft, ihn zu kontrollieren. Panik stieg in ihm auf, als der Regen das Feuer immer weiter zurück kämpfte. Er konnte nicht zulassen, dass die ganze Aktion scheiterte. Der Dunkelhaarige hob abermals den Zauberstab und murmelte einen komplizierten Zauberspruch. Heißer als gewöhnliche Flammen loderte das Dämonsfeuer vor ihm auf. Sich windend und immer wieder verändernd machte sich die vielköpfige Kreatur, die das Feuer darstellte, über das Zielobjekt her. Hagrids Hütte verwandelte sich trotz des strömenden Regens innerhalb kürzester Zeit in einen glühenden Feuerball. Wenn er Zeit gehabt hätte, hätte er Jacobs Werk bestaunt, denn kein einziger Laut von Hagrid oder diesem hässlichen Köter, mit dem er das Bett teilte, drang nach außen. Doch leider war er im Moment von dem tobenden Monster abgelenkt, das er herauf beschworen hatte. Das Dämonsfeuer machte sich über den Acker neben der Hütter her. Und über den Wald! Verdammte Scheiße, Quinn konnte es nicht mehr stoppen. Das Feuer war völlig außer Kontrolle. Die Hitze, die von den Flammen ausging, gaben Quinn das Gefühl in einem Backofen zu sitzen, als er versuchte das lodernde Monster wieder unter Kontrolle zu kriegen. Der Geruch von verbranntem Holz stieg ihm in die Nase und ließen ihn husten, während er das Feuer durch einen Schleier von rauchbedingten Tränen beobachtete. Er war so auf den Wald fixiert, dass er gar nicht kapierte, dass er langsam von den Flammen eingekreist wurde. Erst als sein Hosenbein Feuer fing, sah er sich der umringenden Feuerwand gegenüber. Verzweifelt versuchte er es auszutreten, doch das Dämonsfeuer war nicht mit den normalen Methoden zu löschen. Das Bild vor seinen Augen verschwamm immer mehr, bis er vorne über kippte. Das letzte was er sah, bevor er starb war das Bild eines blonden Engels, der ihn holen kam. „Wow, es lebt.“ „Najaa, ob man das noch ‚leben‘ kann?“ „Auch wieder wahr. Halbtot würde es wohl besser treffen.“ Mühsam versuchte Quinn zu blinzeln. Scheeeeeeiße, seine Augenlider fühlten sich wie Schmirgelpapier an. Grobkörniges, wohl bemerkt. Jeder Atemzug brannte in seiner Nase und der Lunge, als würde er Batteriesäure atmen und seine Beine hatten wohl grade eine Begegnung mit einem Piranhaschwarm gehabt. „Fuck.“ „Jap, jetzt lebt er definitiv wieder, wenn er schon fluchen kann.“ Nach einem ziemlichen harten Kampf schaffte es Quinn schließlich doch, seine Glupscher zu öffnen. „Verdammt, wo sind die Engel? Und warum sieht der Himmel aus wie unser Schalfsaal?“ Mühsam blickte der Dunkelhaarige sich um. Er war doch grad krepiert, oder? Warum saßen seine Schlafsaalgenossen dann an seinem Bett im Kerker? „Jaaa, genau, als ob du in den Himmel kommen würdest, du Spinner“, belächelte ihn Jacob herablassend. Im Grunde war er froh, dass Quinn wieder wach war. Er zählte zu seinen besten Freunden und vermutlich wäre sein Leben nur halb so amüsant, ohne Quinns ständige Fettnäpfchen. Außerdem wäre Scorps Standpauke, die auf den Dunkelhaarigen zu kam, nur halb so geil, wenn der Junge tot war. „Was ist passiert?“ krächzte Quinn, im Versuch sich in eine würdevollere sitzende Position zu stemmen. Diese Idee schob er aber schnell wieder beiseite, als jedes einzelne Organ gemeinsam mit seinen Knochen zu protestieren begann. Gut, dann eben nicht. Liegen war schließlich auch nicht schlecht. „Dein Dämonsfeuer ist leicht außer Kontrolle geraten.“ „Der halbe Wald ist deinetwegen im Arsch“, grinste Becks schadenfroh. Er für seinen Teil fand die ganze Sache ziemlich geil. Schade nur, dass er auf der anderen Seite des Schlosses gewesen war, als es passiert war. Dafür hatte er dann fast einen Herzinfarkt bekommen, als Jake und Nate ihren Patienten halbtot und ziemlich verkohlt in den Schlafsaal getragen hatten. „Shit, so hatte ich das nicht geplant. Was ist dann geschehen?“ „Naja, der Professor war so schlau, Scorp an zu piepen. Er ist gleich auf der Matte gestanden, hat dir mal ganz nebenbei das Leben gerettet, weil du dezent gebrannte hast, hat dann das Feuer ausgemacht und uns mit dem Port zurück geschickt.“ „Freu dich – er ist fuchsteufelswild, weil du Mist gebaut hast“, freute sich Nate, als Quinn stöhnte. „Wo ist er jetzt?“ „Kriegt wohl ne Medaille für Verdienste um die Schule verliehen. Grad als wir mit dem Portschlüssel im Wald gewartete haben, sind die ersten Lehrer vorbei gerannt. Scorp hat ihnen erzählt, dass er den Rauch von einem Fenster aus gesehen hatte, dann rüber gerannt ist und den Hufflepuff-Vertrauensschüler mit dem Dämonsfeuer völlig überforderten aufgefunden hat. Er hat das Feuer gelöscht, aber leider hat Hagrid das Zeitliche gesegnet.“ „Na, wenigstens haben wir unser Ziel erreicht. Wo ist mein Zauberstab, diese bescheuerten Wunden bringen mich um.“ Jacob holte einen Zauberstab aus der Tasche seines Umhangs und warf ihn Quinn zu. „Das ist nicht meiner“, stellte der Dunkelhaarige fest. Seiner war schwarz, wie so ziemlich alles was er besaß und 13 Zoll lang. Dieser hier, war jedoch hellbrauen, ziemlich abgegriffen und stummeliger. „Tatsache. Deiner ist im Feuer drauf gegangen. Scorp hat den hier vom Hufflepuff-Vertrauensschüler, der denkt, dass er ihn im Feuer verloren hat.“ „Aber was deine Wunden betrifft“, freute sich Becks, noch bevor Quinn anfangen konnte, seine Blessuren zu behandeln, „die will Scorp selbst heilen, wenn er wieder kommt. Bis dahin sollst du die Finger davon lassen. Vermutlich will er das in einem Aufwischen erledigen: deine Verletzungen kurieren und deinen Kopf nachwachsen lassen, nachdem er ihn abgerissen hat.“ Ohhh toll. War das nicht eine traumhafte Aussicht? Die nächsten wer-weiß-wie-viel Stunden mit Schmerzen im Bett liegen, drei blöde Arschlöcher daneben, die sich an seinem Leiden ergötzten und immer drauf wartend, dass Scorp zurück kam, um ihm noch mit dem Finger in der Wunde rum zu bohren. Kapitel 11: Wahrheit -------------------- Früher als erwartet wurde Lily mit ihren Hausaufgaben fertig. Sie hatten heute kaum welche bekommen, so zu sagen als Hommage an Hagrid. Sein Tod vor zwei Tagen hatte die ganze Schule erschüttert, zumal der Umstand so tragisch war. Fünf Hufflepuffschüler – unter anderem ihr Vertrauensschüler! – hatten in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Bootshaus und im Wald Feuer gelegt. Man hatte den Zauberstab und den Pullover von einem der Täter unten am See gefunden und als sie ihn befragt hatten, hatte er alles gestanden, ebenso wie seine Komplizen. Um sicher zu gehen, hatten sie seinen Zauberstab überprüft und tatsächlich war der letzte gewirkte Zauber ein Brandzauber gewesen. Der Stab mit dem das Dämonsfeuer herauf beschworen worden war, hatte leider nicht kontrolliert werden können, weil er verbrannt war. Aber es war auch gar nicht nötig gewesen. Sie hatten alle gestanden, das war Beweis genug. Zum Glück hatte Scorpius das Feuer gesehen, sonst wäre vermutlich der ganze Wald abgebrannt. Die wachhabenden Lehrer waren alle unten beim Bootshaus gewesen und erst als Scorp das Feuer schon wieder unter Kontrolle hatte, waren sie ihm zu Hilfe geeilt. Für seine Leistung hatte er noch in derselben Nacht eine Medaille verliehen bekommen und wurde seither als Held gefeiert. Die einzige ungeklärte Frage war jetzt nur, warum Hagrid nicht aus der Hütte gekommen war, aber deren Antwort würden sie vermutlich nie erfahren. Unbewusst blickte Lily aus den Bibliotheksfenstern. Wie Scorp das Feuer von hier aus wohl hatte sehen können? Der Kerker, die Bücherei und sein sonstiges Patrouillerevier lagen auf der komplett gegensätzlichen Seite des Schlosses. Eigentlich war es unmöglich. Aber egal, sie würde ihn einfach fragen, schließlich war sie später mit ihm im siebten Stock verabredet, wo er ihr etwas zeigen wollte. Nachdem sie gut eine Stunde später ihre Sachen im Gryffindorgemeinschaftsraum abgelegt hatte, machte sie sich auf den Weg nach oben. Seltsamerweise wollte Scorp sie vor dem Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten im siebten Stock treffen, warum auch immer. Als sie nach oben kam, wartete Scorp bereits auf sie, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben und eine Schal lässig um den Hals geschlungen. Das ganze Wochenende war es regnerisch und trüb und erstaunlich kalt für Anfang Mai. „Hi, Prinzessin“, smilte er ihr entgegen. „Hallo.“ Auch Lily lächelte, ihre Standardreaktion, wenn sie in seine Nähe kam. Sie konnte einfach nicht anders, als sich zu freuen, wenn sie ihn sah, vor allem wenn sie wusste, dass er nur auf sie gewartet hatte. „Also, was machen wir hier?“ fragte die Rothaarige, während sie die kahlen Wände zu beiden Seiten musterte. Auch den Gang auf oder ab war keine Tür zu sehen. „Mach deine Augen zu“, befahl Scorp mit einem Grinsen. Sie tat wie ihr geheißen und hörte das leise Rascheln von Scorps Jeans beim Gehen. Er entfernte sich und kam wieder näher. Drei Mal, wenn man’s genau nahm. „Du kannst deine Augen wieder öffnen.“ Als sie blinzelte, war das erste was sie sah, Scorps hübsches Gesicht. Dann eine Tür, die garantiert eben noch nicht da gewesen war. „Aber wie…woher…?“ „Willkommen im Raum der Wünsche“, flüsterte er sanft, als er ihr die Tür aufhielt. Staunend sah sich Lily in dem Zimmer um. Der Boden war mit dicken, flauschigen Teppichen ausgelegt und vor einem riesigen, offenen Kamin, in dem munter ein Feuer tanzte, standen ein Tisch mit zwei Tassen dampfendem Kakao und ein kuscheliges Sofa. Weiter hinten war ein Bücherregal auszumachen, halb verdeckt von einem smaragdgrünen Samtvorhang, die wunderbar zu den kornblauen Teppichen passte. „Was ist das hier?“ „Ein ziemlich unbekannter Raum, der sich immer exakt deinen Bedürfnissen anpasst, wenn du dreimal an der Wand draußen vorbei gehst und daran denkst, was du gerade brauchst.“ „Wow…“ Milde lächelnd ließ sich Scorp mit einem Becher heißer Schokolade auf in den Kissenberg am Sofa sinken und beobachtete Lily wie sie staunend durch den Raum tigerte, bis sie sich schließlich neben ihm nieder ließ. „Ich hab dir noch gar nicht zu deiner Heldentat gratuliert.“ „Brauchst du auch nicht. Ich war einfach grad zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wusste den richtigen Zauberspruch“, zuckte Scorp die Achseln, fast als ob er nicht darüber reden wollen würde. „Wie hast du eigentlich das Feuer bemerkt?“ „Ich hab den Rauch vom Bibliotheksfenster aus gesehen.“ Einen Moment lang schwieg Lily und ihre Mine verfinsterte sich. „Du hast mir grad mitten ins Gesicht gelogen, oder?“ „Was? Nein, natürlich nicht.“ Shit, wusste sie etwa was? „Ich hab McGonagall heute Morgen sagen hören, dass sie das Feuer am See unten entdeckt hat, weil der Wind ziemlich heftig aus dem Norden gekommen war und sie es gerochen hat. Du hast den Rauch an der Hütte gar nicht sehen können, weil ihn der Wind in die andere Richtung geblasen hat.“ Ihre Stimme war mindestens so hart wie ihr Gesicht, als sie von ihm abrückte. Sie hasste es, angelogen zu werden. Vor allem, weil das vermutlich hieß, dass Scorp von dem Feuer gewusst hatte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was er mit Hufflepuffs am Hut hatte, da er ihr Haus hasste. Er hatte sie doch wohl nicht dazu angestiftet…oder etwa doch? Scorpius war kreidebleich geworden und eine kleine, hinterhältige Stimme, die sich verdammt deutlich nach Albus anhörte, sagte ihr, dass er nicht das war, was sie glaubte. Dass er nicht so vollkommen war, wie sie es gerne hätte. „Du hast jetzt zwei Möglichkeiten: entweder du sagst mir jetzt die Wahrheit – die ganze – oder ich gehe und das war’s dann mit uns.“ Mittlerweile hatte es endlich auch Lily eingesehen, dass ihr ‚uns‘ schon längst nicht mehr auf freundschaftlicher Ebene lag. Und das ihre Keine-Dates doch welche waren. Und dass sie alles andere als Kein-Paar waren, auch wenn sie sich noch immer nicht geküsst hatten. „Lily…“ Es war nur ein heiseres Flüstern, dass über seine Lippen kam und sein Blick war starr nach unten gerichtet. Was sollte er jetzt tun? Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Er kannte ihre Einstellung, zu allem woran er glaubte. Sie würde ihn sitzen lassen und das konnte er nicht riskieren. Dieses Jahr war eines der schönsten seines Lebens gewesen, was zum Großteil ihr Verdienst gewesen war. „Ich kann nicht. Verdammt, ich liebe dich und hab eine Scheißangst, dich zu verlieren.“ Sie musterte sein schmerzverzerrtes Gesicht und wurde weich. Was auch immer es war, es bedrückte ihn. Und….und er hatte ihr gerade gesagt, dass er sie liebte. Und dass er sie nicht verlieren wollte. Langsam rückte sie an ihn heran, hob sein Kinn an und sah ihm in die traurigen Augen. „Was ist los, Scorp? Bitte, erzähl es mir. Ich liebe dich auch und ich will nicht, dass irgendwelche Geheimnisse zwischen uns stehen. Egal was es ist, ich bin mir sicher, dass es mich nicht von dir fern halten könnte.“ Ach nein? Dann lag sie aber ziemlich falsch. Aber die Entschlossenheit in ihrem Blick sagte ihm, dass er es besser versuchen sollte, weil sie es nicht dulden würde, wenn er sie anlog und ihr etwas verheimlichte. „Ich… kann das nicht…“, krächzte er, mühsam mit den Tränen kämpfend. Er hatte seit er in Hogwarts war nicht mehr geweint. Eigentlich hatte er auch davor schon lang keine Träne mehr vergossen. Aber der Gedanke, Lily verlieren zu können, ließ es fast soweit kommen. In ihm ging alles drunter und drüber. Er hatte gewusst, dass dieser Moment irgendwann mal kommen würde. Dass er es ihr nicht ewig verheimlichen konnte. Doch Scorp hatte gehofft, dass ihm wenigstens noch ein wenig mehr Zeit mit ihr beschieden blieb. „Bitte, Scorp…vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Jaaa, gute Idee. Werd meine Braut im schwarzen Kleid, zeig der Welt dein dunkles Potenzial und regier mit mir die Schwarze Allianz. „Die Feuer sind beide auf meinem Mist gewachsen.“ „Was?“ Lily hatte das Gefühl, als ob ihr gerade der Boden unter den Füßen weggerissen worden wäre. Sie ließ die Hand sinken und Scorps Kopf kippte wieder nach vorne. „Das Feuer im Bootshaus war nur eine Ablenkung, die Hütte war das eigentliche Ziel.“ Das Hagrids Tod Absicht war, blieb ungesagt zwischen ihnen hängen. Das schwarze Loch, das sich unter der Gryffindor aufgetan hat, verschluckte sie und Scorp ließ sie mit seinen Worten immer schneller und immer tiefer fallen. Wenn der Ausdruck in seinen schönen Augen nicht so verdammt ernst und schmerzvoll gewesen wäre, hätte sie glatt zu lachen begonnen und ihm gesagt, dass das ein schlechter, perverser Witz war. Doch jede Faser ihres Körpers sagte ihr, dass er nicht scherzte. Dass es wahr war. Dass er nicht der war, für den sie ihn hielt. Und dass daran tat, zu glauben. „Quinn soll am Ende des Jahres seinen Posten übernehmen. Damit wir jemanden hier in Hogwarts haben. Der sie Schule übernehmen kann. Wenn wir an der Macht sind. Wenn…wir die Armee der Todesser wieder aufgebaut haben.“ Todesser. Todesser. Todesser. Todesser. TODESSER. Selbst das Splittern ihres Bechers, der zu Boden fiel, hörte sich an wie dieses Wort. Es biss sich in ihrem Kopf fest, sprang höhnisch darin herum wie ein Pingpongball und verdrängte alle anderen Gedanken. Sie nahm nichts von ihrer Umgebung war, als sie quer durch das Schloss rannte. Sie hörte keinen der Rufe ihrer Freunde und Bekannten. Nur noch dieses einzelne Wort war da, mit all seinen grausamen Bedeutungen, Enthüllungen und Folgen. Kapitel 12: Decode ------------------ Lily war sich nicht sicher, ob sie schon so weit war, hierher zu kommen, trotzdem drückte sie langsam die Tür auf. Wie sie es erwartete hatte, prasselten die Erinnerungen wie Schläge auf sie ein, als sie in den Raum der Wünsche trat. Selbst die Luft hier ließ sie an Scorpius denken und ihr Herz begann wie wild zu hämmern, schmerzhaft und sehnsüchtig zugleich. Der Raum sah genauso aus wie letztes Mal als sie hier gewesen war. Nur die Kakaotassen fehlten. Und der blonde Junge am Sofa. Wie konnte sie entscheiden, was richtig war, wenn er ihren Verstand trübte? Sie verabscheute die Dunklen Künste. Zauberer waren in ihren Augen kein bisschen besser als Muggel. Der Wahn vom reinen Blut war für sie völlig schwachsinnig. Und sie wusste von ihrem Vater, wie es gewesen war, als der Dunkle Lord die Macht an sich gerissen hatte. Vielleicht konnte sie ihn ja von seiner Idee abbringen? Der Gedanke daran war ihr die ganze letzte Woche im Kopf herum gespukt, doch erst jetzt, allein im Raum der Wünsche hatte sie auch Zeit, darüber nach zu denken. Vielleicht würde er seine Idee ja für sie aufgeben? Oder vielleicht war sie einfach nur naiv. Scorp war schon mit dieser Einstellung aufgewachsen. Und Hagrids Tod zeigt ja wohl, dass er es ernst meinte. Ihre Überzeugungsarbeit würde chancenlos blieben. Sie konnte diesen aussichtslosen Kampf nicht gewinnen. Aber sie fühlte, dass sie und Scorp zusammen gehörten. Sie war seit ihrem Streit von sehnsüchtigen Träumen von ihm geplagt worden, hatte Herzrasen bekommen, kaum dass sie ihn gesehen hatte und selbst im Unterricht hatten sich ihre Gedanken nur um ihn gedreht. Scorpius gehörte einfach zu ihr, so unverrückbar wir der Mond zur Erde. Am liebsten hätte sie ihm unübersehbar Alleineigentum von Lily Luna Potter auf die Stirn tätowiert, damit auch jeder wusste, dass sie ihn für sich beanspruchte. Aber wie konnte sie besitzen, was zu ihr gehörte, wenn er Partei ergriff? Partei für die Dunklen Künste. „Warum musst du so ein blöder Idiot sein?“ brüllte sie aus einem Impuls heraus den Kamin hysterisch an. Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt. Langsam aber sicher wurde sie wahnsinnig wegen Scorp. Was wollte er ihr eigentlich noch stehlen? Er hatte ihr das Herz geraubt. Den letzten Nerv. Ihre kostbare Freizeit. Die schönsten Momente in ihrem bisherigen Leben. Und jetzt auch noch den Verstand. Lily schniefte und setzte sich aufrechter hin. Wenigstens ihren Stolz würde er ihr nicht nehmen. Mit zittrigen Fingern strich sie ihre Haare glatt, in denen sie sich noch vor kurzem fest gekrallt hatte, als sie sich von einem Heulkrampf gepeinigt auf dem Sofa eingerollt hatte. Nein, so weit durfte sie es nicht kommen lassen. Er würde ihr nicht auch noch das letzte bisschen Würde klauen. Dieses Mal würden seine langen Finger nicht siegreich sein. Nein, nicht diese Mal. Mit einem tiefen Seufzer versuchte sie sich wieder etwas zu beruhigen. Wie waren sie bloß hierhin gekommen? Sie hatte doch geglaubt, ihn zu kennen. Sie hatte so viel geglaubt, das an jenem Abend wie ein Zauberschnipschnapkartenhaus in sich zusammen gebrochen und in Flammen aufgegangen war. Als sie den Kopf nach hinten in die Kissen sinken ließ, schloss sie die Augen und meinte noch einen leisen Hauch seines Parfums aufschnappen zu können. Was sollte nur tun? In der Finsternis und der Einsamkeit der geschlossenen Lieder versuchte sie ihren Verstand auszublenden. Wie eine Staubschicht nach einem Vulkanausbruch legten sich ihre wilden Gedanken gemächlich und ließen auch die Stimme ihres Herzens zu Wort kommen. Die Stimme, die ihr Gewissheit gab. Die Wahrheit hatte sich in seinen Augen versteckt und ihm auf der Zunge gelegen. Es hatte in ihrem Blut gesiedet, aber Scorp hatte geglaubt, dass sie es nicht sehen würde. Doch Lily hatte es gesehen. Und ignoriert. Sie hatte nicht sehen wollen, was für eine Art Mann er war. Hatte nicht glauben wollen, was Albus gesagt hatte. Aber ihr Bruder hatte recht gehabt. Nur in einem Punkt war er falsch gelegen. Er hatte ihr prophezeit, dass sie ihm nichts bedeutete. Aber er liebte sie. Und sie ihn. Die Frage war nur, ob ihre Liebe stark genug war, diese riesige Kluft, mit dem Namen Dunkle Künste, zwischen ihnen zu überbrücken. Doch um diese Frage zu beantworten gab es nur einen Weg: sie würde es heraus finden. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass Scorp nicht der Engel war, für den ihn alle anderen hielten. Albus Predigten über ihn waren ihr immer im Kopf geblieben. Und es hatte sie nie von ihm fern gehalten. Sein Bild tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Die unzähligen sprudelnden Moment, in denen er sie fast geküsst hätte, nur um dann durch irgendeinen blöden Zufall davon abgehalten zu werden. Die unzähligen köstlichen Momente, in denen er ihr den Arm um die Schulter gelegt hatte, wohl wissend, dass sie ihn abschütteln würde. Dieser eine Moment, in dem er ihr seine Liebe gestanden hatte. “Ich liebe dich so“, schrie sie abermals den Kamin an. Doch diesmal nicht hyperventilierend durch einen Tränenschleier hindurch, sondern fest und überzeugt. Ihr Gedanken konnte sie nicht entschlüsseln, aber die Stimme ihres Herzens. Sie hatte geglaubt ihn zu kennen und dabei einen Dummkopf aus sich gemacht, weil sie nur das Schöne angenommen hatte, ohne dem Hässlichen Beachtung zu schenken. Doch es war da. Ihre Sicht hatte sich durch sein Geständnis und ihre Erkenntnis verschoben. Jeder Mensch hatte gute und schlechte Seiten und für so viel Perfektion wie sie in Scorpius zu finden war, war der Preis nun mal hoch. Es gab etwas, dass sie in ihm sah. Etwas, dass ihr das Herz zum Schmelzen brachte. Und dieses Etwas war nun mal einfach größer, als das, was es zum Gefrieren brachte. Sie wusste, dass ihr Entscheidung sie töten könnte. Doch sie wollte, dass es richtig war. Und ihr Herz sagte ihr, dass es das war. Kapitel 13: Finale ------------------ Seit knapp einer Woche herrschte jetzt schon Funkstille zwischen Scorpius und Lily und er rieb sich über die schmerzende Brust – als ob das helfen würde. Er hätte lügen sollen. Hätte ihr die Wahrheit verschweigen sollen. Vielleicht hätte sie die Lüge besser verdaut. Oder wenigstens eine Halbwahrheit. Aber nein, er hatte ihr gleich den ganzen beschissenen Plan auf die Nase binden müssen. Und als ob es nicht schon schlimm genug war, dass er sie damit vergrault hatte, war auch noch ihre ganze Unternehmung dadurch ins Wanken geraten. Er war die lebende Bestätigung für die Blödheit von Blonden. Sein Quidditchumhang wog ungefähr fünfhundert Kilo, als er ihn über die Schultern streifte, weil er wusste, dass der Schnatz heute nicht unter dem Slytherinbanner das Stadion verlassen würde, weil er Lily den großen Fang überließ. Es würde ihm keinen Zentimeter weiter bringen bei ihr, aber es war sein Abschiedsgeschenk an sie. Der Hauspokal war ihnen schon sicher – Scorp hatte allein schon so viele Punkte gesammelt, wie ganze Gryffindor zusammen – und wenn der Quidditchpokal nicht ihren Namen trug, würden sie das sicher verkraften können. Vielleicht würde es sich der Sieg ja auch ohne den Schnatz ausgehen. Sie lagen mit 19o Punkten vor Gryffindor in Führung. Wenn sie ein paar Tore schossen und die Gegner nicht einlochen ließen, ginge es sich aus. Das Problem war nur, dass sich seine Mannschaft viel zu sehr auf ihn verließ, zumal er sie noch nie enttäuscht hatte. Sie spielten alle gut – seinem unerbittlichen Drill beim Training und einer kleinen, flüssigen Nachhilfe sei Dank-, doch wie es für Slytherins typisch war, ließen sie sich gern zu Fouls und unfairem Spiel verleiten, schließlich würde es Scorp eh wieder richten. Vielleicht hätte er sagen sollen, dass er heute nichts fangen würde. Aber vermutlich hätten sie dann gemeutert. Naja, jetzt war es sowieso schon zu spät, für alle Wenns, Abers und Vielleichts. Es wurde Zeit und er trat als Teil dieser grün-silbernen Einheit hinaus aus der Kabine. Die Menge jubelte und buhte in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. Ein pokalentscheidendes Finale zwischen Gryffindor und Slytherin war der absolute Höhepunkt eines Schuljahres in Hogwarts. Doch Scorp ging die Menge mehr oder weniger am Arsch vorbei, als die Mannschaftskapitäne auf einander zu traten und sein Herz einen Moment aussetzte, als er Lilys kleine, weiche Hand in seiner spürte – genau dort wo sie hingehörte – und sie ein leises Schmunzeln andeutete, der Blick sanft wie eine Feder. „Auf die Besen!“ Der wundervolle Moment ihrer Verbundenheit war viel zu schnell vorüber und Scorpius bestieg seinen Feuerblitz Beta. Die Luft peitschte ihm um die Ohren, als der Anpfiff gellte und sie in die Höhe schossen. Schon nach einer halben Stunde lag Slytherin mit 4o : 7o hinten – verdammt, was war heute mit seiner Mannschaft los? – und Scorp hatte den Schnatz zweimal gesehen. Einmal neben der gegnerischen Torstange nicht weit über dem Boden und einmal hoch über den Tribünen, kaum zu erkennen vor den sturmgrauen Wolken, durch die nur an wenigen Stellen das strahlenförmige Licht der Sonne fiel. Unter ihm wurde das Spiel immer brisanter, die Tore und die Fouls häuften sich, aber hier oben weit über den anderen schien das Leben seinen eigenen Rhythmus zu haben. Nur noch Scorp, Lily und der Schnatz – für Scorp nicht unbedingt in dieser Reihenfolge – waren wichtig, alles andere wurde zur Nebensache degradiert. Dieses Gefühl wurde noch verstärkt, als Lily ihm für einen kurzen Moment in die Augen sah und ihre Blicke verschmolzen, so als ob es keine Differenzen zwischen ihnen gab. Dieser selige Moment wurde jedoch vom Aufblitzen eines goldenen Schimmers unterbrochen und Lily stürzte in Richtung der Lehrertribüne, dicht gefolgt von Scorp. Es sah tatsächlich so aus, als ob er ernsthaft versuchen würde, den Schnatz zu fangen. Fast zumindest. Wenn es ihm wirklich ernst gewesen wäre, hätte er Lily angerempelt, um ihr die Führung streitig zu machen. Zwar wäre das ein Foul gewesen, aber dann hätte sie wenigstens nicht die Nase vorne gehabt. Das Gefunkel stellte sich als Reflexion einer Armbanduhr heraus und die beiden kehrten in ihre angestammte Höhe zurück. „Spiel gefälligst anständig“, knurrte Lily, als sie Scorp abblockt und Knie an Knie neben ihm her flog. „Tu ich doch“, erwiderte er mit einem treuherzigen und doch hohlen Lächeln. „Nein, du versuchst einen auf Gentleman zu machen und mir den Schnatz zu schenken.“ Sie wünschte sich wirklich, den Schnatz bei ihrer letzten Gelegenheit im Duell gegen Scorp zu fangen und den Pokal zu gewinnen, aber nur in der Gewissheit ihn auch wirklich verdient zu haben. „Wenn du drauf bestehst…“ Mit einem Grinsen legte er sich flach auf seinen Besen und schoss wie eine Kanonenkugel auf ihn zu. Im letzten Moment konnte Lily sich nur herum rollen, um einen Zusammenprall zu vermeiden. „Hey!“ Erzürnt drehte sie sich um und erfasst binnen Sekunden die Lage: der Schnatz flatterte ein gute Stück hinter ihr vor dem blassen Himmel auf und ab und Scorp schoss zielstrebig auf ihn zu. Obwohl es fast aussichtslos schien tat sie es ihm gleich und trieb den Besen zu Höchstgeschwindigkeiten an. Scorp nahm die Hand vom Besen – und griff ins Leere. Der Schnatz war seitlich ausgebrochen, blieb kurz neben seinem Ohr stehen und eilte dann in die andere Richtung. „FUCK!“ Der blonde Slytherin riss den Besen herum und folgte dem Ball, der direkt in Lilys Arme zu fliegen schien. Doch kurz bevor er auf sie traf, überlegte er es sich anders und schlug einen Haken, um beharrlich auf eine der Tribunen zu zu fliegen. Die beiden Sucher folgten ihm, jetzt gleich auf. Die Menge tobte wegen diesem Kopf-an-Kopf-Rennen und selbst die anderen Spieler hielten inne, um diesem Duell zu folgen. Wenn Lily ihn fing, würde Gryffindor zum ersten Mal seit Scorp vor vier Jahren Mannschaftskapitän geworden war, wieder den Pokal gewinnen. Das Holz der Tribünenkonstruktion kam immer näher und Lily geriet ins Schwitzen. Sie würden dagegen knallen. Sie würden … Scheiße, sie konnte das nicht. Kurz vor einer Kollision zog sie den Besen hoch und trudelte wieder Richtung Himmel. Als das Publikum plötzlich zu brüllen begann, so dass sie meinte, dass das Stadion grade implodierte, war ihr klar, was geschehen war und Enttäuschung machte sich in ihr breit. Es war ihre letzte Chance gewesen ihn auszustechen. Langsam kehrte sie zum Boden zurück und drängte sich in die Traube, die sich mittlerweile um die Slytherinmannschaft gebildet hatte. In der Mitte des Knäuels, fand sie in einem Gewirr aus grün-silbernen Umhängen den, den sie gesucht hatte. „Scorp? Gratulation.“ Der Blonde drehte sich lächelnd zu ihr um und ergriff ihre Hand, die sie ihm hinhielt. Doch anstatt sie zu schütteln, zog sie ihn zu sich, schlang die Arme um ihn und küsste ihn. Ohne langes In-die-Augen-sehen zuvor. Ohne diese knisternde Spannung. Ohne irgendein sonstige Drumherum. Und vor allem ohne davor unterbrochen zu werden. Einfach ihr Lippen, auf seinen und ihr Zunge in seinem Mund, während die ganze Schule zusah. Trotzdem konnte sich keiner der beiden einen schöneren Moment für ihren ersten Kuss vorstellen. Kapitel 14: Familie ------------------- Ach, du heilige Scheiße! Dass die Malfoys nicht in einem Gartenschuppen wohnten, war Lily klar gewesen, aber als sie den Kopf in den Nacken legte und die Mauer des vierstöckigen Herrenhauses im elisabethanischen Stil hinauf sah, stockte ihr trotzdem der Atem. Es war einfach ein Traum! Scorpius und Lily hatten sich seit Ferienbeginn fast jeden Tag getroffen, wenn Scorp nicht gearbeitet hatte, aber meistens in der Winkelgasse oder zu Scorps Leidwesen im Muggellondon. Das hatte zum einen immer daran gelegen, dass sie es ihm nicht antun wollte, zu ihr zu kommen und sie als Potter immer Angst gehabt hatte, Malfoy Manor zu besuchen. Gestern hatte der blonde Magier sie schließlich überzeugen können, dass seine Eltern nichts dagegen hatten. Mittlerweile wusste sie, dass sie sehr wohl etwas dagegen hatten, aber ihrem Sohn war das so ziemlich scheißegal war. Er behandelte sie in etwa gleich freundlich wie eine Hauselfen. Durch Zufall hatte sie auf dem Weg durch das elegante, vornehm eingerichtete Haus nämlich einen Streit zwischen Scorp und seiner Mutter wegen ihr mit angehört, der mit einem schallenden Klatschen geendet hatte und Lily hatte das ungute Gefühl gehabt, dass es nicht seine Mutter gewesen war, die ihm eine gescheuert hatte. Sondern umgekehrt. Sie schluckte bei der Erinnerung daran und verdrängte sie schnellstmöglich wieder. Diese Diskussion würde sie sich für heute Abend aufheben, wenn sie von der Dunkelheit umgeben neben dem Übeltäter im Bett leg. Wider jeder Vernunft hatte sie auch zugestimmt über Nacht zu bleiben. Scorpius hatte er versprochen, sie nicht zu bedrängen und, verdammt, sie wollte in seinen Armen einschlafen und neben ihm wieder aufwachen. Langsam ließ sie ihren Blick durch den großen Garten schweifen. Die Büsche waren perfekt getrimmt und zierten als Zylinder, Kugeln oder Kegeln den kurzgeschnittenen Rasen. Zu ihrer Linken erhob sich eine von Kletterrosen gesäumte Mauer und etwas weiter vorne führte eine Treppe zum höher gelegenen Obstgarten. Rechts von ihr trennte eine Wand aus dichten Hecken die Gemüsebeete ab. Ein schnurgerader Weg führte vorbei an ein paar weißen Pfauen zum Strand. Nach Scorps Erzählungen waren überall am Grundstück die räderschlagenden Vögel unterwegs. Vor dem Haus beim Springbrunnen und in der Auffahrt, im Labyrinth, unter den Ostbäumen und sehr zum Leidwesen des gärtnernden Hauselfen auch im Gemüsegarten. „Scorpius?“ Eine männliche Stimme war aus einem der geöffneten Fenster zu vernehmen. Mit Sicherheit sein Vater – es lag der gleiche arrogante Unterton in den Worten. Außerdem verhärtete sich die Miene ihres Begleiters und er machte ein Gesicht, als ob Mist unter der Nase hätte. „Nein.“ „Komm her. Sofort.“ „Leck mich. Kommst du“, wandte er sich barsch wieder an Lily und ging ihr voraus durch den Garten Richtung Meer, die Hände tief in den Taschen seiner Levis vergraben. Eine Moment lang zögerte die Rothaarige, dann folgte sie ihm. Als sie ihn eingeholt hatte, legte sie ihm beide Hände an den Arm und schmiegte den Kopf an seine Schulter. Er seufzte leise, zog dann die Hand aus der Tasche und legte ihr den Arm um die Schulter. „Tut mir leid…“ „Du solltest nicht so mit deinen Eltern umgehen.“ Er schnaubte nur abfällig und sie machte sich von ihm los. „Wirklich. Du benimmst dich ihnen gegenüber unmöglich.“ Mit versteinerten Zügen blieb er stehen und fing an sich die Schuhe auszuziehen, bevor er seine Hosenbeine hoch krempelte. Hmmm, er rasierte sich die Beine. Herrlich. Lily tat es ihm gleich und schlüpfte aus ihren Ballerinas. Der weiße Sand war warm und kitzelte zwischen den Zehen, als sie über den Strand zum Meer gingen. Die Sonne war gerade dabei im Westen hinterm Horizont zu versinken und die Wellen leuchteten. „Ich will nicht darüber reden“, knurrte Scorp als er mit einem wütenden Funkeln zu ihr herum fuhr. „Wie bitte?“ meinte die Rothaarige fassungslos. „Deinen Tonfall kannst du dir sonst wohin schieben – wer meinst du eigentlich, dass du bist, so mit reden zu können?! Schnauz mich bloß nicht nochmal an!“ Mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck starrte er sie an und Lily warf sich das Haar über die Schulter und stolzierte davon. Sowas würde sie sich sicher nicht gefallen lassen. Gerade als sie den ersten Fuß auf den Gartenweg setzte, schlangen sich zwei Hände um ihre Taille und sie wurde hart an einen muskulösen Körper gezogen. „Scheiße, es tut mir leid. Aber lass dieses gottverdammte Thema in Ruhe.“ Zur Untermalung seine Worte biss ihr Scorpius leicht ins Ohr, eh seine Lippen tiefer wanderten an ihrem Hals. Mit einem leisen Lächeln ließ sie den Kopf in den Nacken sinken und genoss das Saugen an ihrer Halsschlagader. Von seinem Arbeitszimmer aus hatte Draco seinen Sohn und diese kleine Potterschlampe beobachtete, seit sie das Haus verlassen hatten. Astoria war mit einer roten Backe zu ihm gekommen und hatte ihm erzählt, dass sie ihn um eine Unterredung im oberen Salon gebeten hatte, als er das Mädchen durchs Haus geführt hatte. Dass Scorpius ein missratener Bengel war, war nichts Neues, aber es war noch nie so weit gekommen, dass er seiner Mutter gegenüber handgreiflich geworden war. Diese Göre musste ihm eine Menge bedeuten. Zu dem Entschluss kam er auch, als er sah, wie Scorp ihr hinterher lief wie ein räudiger Straßenköter einem ranzigen Knochen. Und sie auch genauso ableckt und anknabberte. Angewidert verzog er das Gesicht. Was hatten sie bloß falsch gemacht? Es war stockdunkel. Aber das war auch gut so, denn so wurden ihre anderen Sinne schärfer, da sie nicht von Scorps äußerem Erscheinungsbild abgelenkt wurde. So konnte Lily seine Hand auf ihrer Hüfte noch intensiver fühlen. Seinen absolut anbetungswürdigen Körper, der an ihren geschmiegt war, noch besser wahr nehmen. Seinen nach Lakritze riechenden auf ihrer Wange noch deutlicher spüren. Und sie ersparte sich seinen Anblick, als sie wieder mit einem alten Thema anfing und er sich versteifte. „Scheiße, du kannst es einfach nicht lassen, oder?“ knurrte er wütend. Er versucht von ihr abzurücken und zu gehen, doch sie ließ es nicht zu. „Was geht dich das eigentlich an? Meine Familie kann dir doch sowas von scheißegal sein. Ich bin der einzige Malfoy, der für dich wichtig ist.“ „Was ist denn so schlimm daran, wenn du mir einfach sagst, was dich an deinen Eltern so stört?“ fauchte Lily aufbrausend zurück. Es ging sie wehr wohl etwas an, schließlich war sie seine feste Freundin. „Du bist so eine Nervensäge.“ „Erzähl einfach, dann lass ich dich in Ruhe.“ „Das ist Erpressung.“ „Ach, und du hast noch nie jemanden erpresst?“ „Nein, ich richte nur mein Handeln auf das Ergebnis aus.“ „Du bist so ein Idiot“, murmelte Lily düster grinsend, aber noch immer ziemlich verstimmt. „Also?“ „Verdammt, bitte wenn du’s wissen willst. Wie dir dein toller Dad sicher…“ „Lass meinen Dad in Ruhe!“ Doch aus Scorp sprudelten die Worte nur so heraus, dass er ihren Einwand einfach ignorierte. Sein bitterer Redefluss stürzte einfach gnadenlos über sie hinweg. „…unzählige Male erzählt hat, haben mein Dad und meine Großeltern den Schwanz eingezogen, damals bei der Schlacht um Hogwarts. Sie sind wie getretene Hund zurück gekrochen und haben ihre Überzeugungen, die Todesser und den Dunklen Lord verraten. Sie haben den Namen Malfoy in den Schmutz gezogen und unsere gesamte Familie lächerlich gemacht. Und sobald keiner mehr zuhört fangen sie wieder an zu schwärmen, wie schön die Zeit unter dem Dunklen Lord doch war, wie sehr sie ihn huldigen und wie verkommen die heutige Gesellschaft doch schon ist. Sie sin solche erbärmlichen Schlappschwänze, die immer nur träumen und sich mit den wenigen halbwegs anständigen Taten aus ihrer Vergangenheit brüsten, aber das mal jemand was dagegen unternimmt, daran denkt natürlich keiner. Sie müssen schon sicher sein, dass wieder ein Todesser der größte Quälgeist auf dem Spielplatz ist, eh sie sich zu ihm bekennen. Bis dahin quälen sie einfach mal so zum Zeitvertreib Muggel – um der guten, alten Zeiten Willen – und gehen mir damit auf den Senkel, wie schön es damals doch war“, schloss er säuerlich. „Bist du jetzt zufrieden?“ Lily hörte, wie seine Kiefer malten und spürte die Anspannung in seinen Muskeln. Doch sie wusste, wenn sie jetzt aufhörte, würde sie ihn nicht so schnell wieder an die Strippe kriegen, das stand fest. „Noch lange nicht. Machst du deshalb diesen ganzen Todesserscheiß? Weil du meinst, den guten Namen deiner Familie wieder her zu stellen?“ „Nein, das mach ich, weil’s meine Einstellung ist, meine Überzeugung und in meinen Augen das einzig richtige. Um die Familienehre wieder so halbwegs her zu stellen, hab ich meine Großeltern umgelegt.“ „Wie bitte?“, wisperte Lily mit einem mal entsetzt. Sie ließ die Hände sinken und Scorpius fuhr aus ihrer Umarmung hoch, schlüpfte aus dem Bett und lief im Zimmer auf und ab. Hermine hatte ihrer Schwiegernichte die Geschichte über den Tod von Narzissa und Lucius Malfoy erzählt, noch bevor sie ihm Tagespropheten die Schlagzeile gelesen hatte. Über ihrem Zeitwohnsitz in Notting Hill war das Mal geschwebt und hatte die Nachbarschaft – sowohl die magische als auch die nichtmagische – in Aufruhr versetzt. Ein Trupp vom Ministerium war in das Haus rein und hatte die beiden Eheleute tot in ihrem Salon vorgefunden, die Hände wie zur Huldigung des Dunklen Mals ans der Wand gefaltet. Noch am selben Abend hatte sich eine Muggelstämmiger schuldig bekannt, die beiden getötet zu haben, weil sie ihn dauernd schikaniert hatten. “Ich hab meine Großeltern kalt gemacht“, brüllte ihr Scorp beinahe schon entgegen. Es lag jedoch keine Reue in seiner Stimme, nur eisige Kälte, weil er sich von ihr in die Ecke gedrängt fühlte, was ihm gar nicht passte. Das Gefühl war ihm völlig fremd, da er es bei anderen Menschen nicht so weit kommen ließ. Doch allein der Gedanke, Lily mit einem Folterfluch oder anderen Qualen zu Recht zu weisen, dreht ihm den Magen um. Er konnte ihr einfach nicht weh tun. „Du wolltest es ja unbedingt hören“ Die schwer lastende Stille im Raum wurde nur von Scorps leisen Schritten unterbrochen, bis die Rothaarige irgendwann leise seinen Namen murmelte. „Was?“, fauchte Scorp, fest damit rechnend, dass sie jetzt gehen wollte. „Komm wieder ins Bett.“ „Was?“ Fassungslos starrte er zu der Stelle hinüber, an der sein Bett stand, obwohl er es nicht sehen konnte. „Komm. Wieder. Ins. Bett. Red ich irgendwie chinesisch oder so?“ Langsam und schwerfällig kroch er wieder unter die Decke, wo sich ein kleiner Körper an ihn schmiegte. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Ein Kopf auf seine Brust. Heißer Atem strich ihm über die Brustwarzen und eine Weile lagen sie einfach nur da, beide auf das unnatürlich schnelle Hämmern seines Herzens hörend. Als sich sein Herzschlag wieder halbwegs normalisiert hatte und er endlich richtig kapiert hatte, dass sie nicht vor ihm davon lief, weil er seine Großeltern getötet hatte, meldete sich das Mädchen wieder zu Wort. „Hast du … hast du sonst noch jemanden …“ „Nicht direkt.“ Im Grunde hatte er Hagrid auf dem Gewissen. Und die Hufflepuff-Schüler, denen er die Schuld in die Schuhe geschoben hatte und die zweifellos in Askaban einen verfrühten Tod sterben würden. „Das ist … gut. Denk ich mal. Also besser als wenn du …“ Ein Schluchzer unterbrach ihre Worte und Scorp spürte die warmen Tränen über seine nackte Brust laufen. Es gab nichts was er zu ihrem Trost hätte sagen können. Es war nun mal so. Er war nun mal so. Nach einer Weile versiegten ihre Tränen langsam. Nur noch ab und zu wurde sie von einem Schluckauf geschüttelt. Scorpius strich ihr die ganze Zeit über den Rücken, die Haare und die Arme. Oder er wischte ihr die Feuchtigkeit von den Wangen. Es war verdammt schwer verdaulich, was sei heute gehört hatte. Eigentlich hätte sie ja irgendwie angeekelt von in sein müssen. Vielleich auch verängstigt. Stattdessen drängte sie sich nach seiner Wärme sehnend näher an seinen Körper und ließ in der Dunkelheit ihre Finger über seine Brust gleiten. Seine Schulter. Seinen Nacken. Und erfühlt dabei auf der letzten Halswirbel eine seltsame Musterung in der Haut. „Was ist das?“ „Sicher, dass du das wissen willst?“ „Meinst du wirklich, dass es nach der Sache mit deinen Großeltern noch etwas gibt, das ich nicht verkraften könnten?“ schnaubte sie hart. Was konnte schon schlimmer sein, als heraus zu finden, dass der Liebhaber ohne mit der Wimper zu zucken seine eigenen Familienmitglieder umbrachte? „Nein, ich weiß jetzt, dass du stark bist“, murmelte Scorp sanft. „Aber ich hab noch immer Angst, dich mit dem ganzen Zeug zu vergraulen.“ „Tja, dann solltest du es lieber lassen, statt es vor mir verheimlichen zu wollen.“ Unter ihrem unerbittlichen Tonfall nahm Scorp zögerlich seine Hand von Lilys perfekt proportionierter Hüfte und langte nach seinem Zauberstab auf dem Nachttisch. Als er ihn aufleuchten ließ, schob er die Decke von sich und sein bleicher, muskulöser Rücken wurde in weißes Licht getaucht. Düster schimmerte ihr dreifarbiges Mal auf seiner Wirbel. „Das ist unsere Version des Mals. Neue Generation, neue Erkennungsmerkmale. Es wird das Zeichen unseres Sieges werden.“ Lily war fast schon erleichtert, dass er ihr ‚nur‘ sein Todesserkennzeichen enthüllte und nicht wieder etwas Schlimmeres. „Da ist euer Familienwappen mit eingeflossen, oder? Es ist irgendwie…schön.“ Sanft fuhr sie mit dem Finger über die kleinen Erhebungen und Vertiefungen und er zuckte leicht zusammen. „Tut mir leid, hab ich kalte Hände oder tut’s weh, wenn ich dran rum tapsche?“ Als sie den Arm wegziehen wollte, verlagerte er das Gewicht, fing ihre Hand ab und sah sie stumm an. „Was ist?“ Langsam führte er ihre Finger zu seinen Lippen und hauchte einen Kuss darauf, den Blick fest auf sie gerichtet. „Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe.“ Es bedeutete ihm alles, dass Lily es akzeptieren konnte. Dass sie ihn nicht zurück wies, weil er alles verkörperte, gegen das sie und ihre Familie kämpften. Dass sie ihm seine Liebe schenkte, obwohl er einen Mensch wie sie gar nicht verdient hatte. Der Morgen brach nebelig und verregnet an und wurde mit einem ohrenbetäubenden Quietscher eingeläutet. Scorpius saß nach diesem eher unkonventionellen Weckruf senkrecht im Bett und blinzelte verwirrt. Als er neben sich tastete, wurde ihm klar, dass Lily nicht mehr da war. Was wenn sein Vater… er würde ihr doch wohl nichts antun oder? Wenn Draco Lily auch nur ein Haar gekrümmt hatte, würde er aus der Sache nicht mehr lebendig raus kommen, dafür würde Scorp schon sorgen! „Lily? Wo bist du?“ Eilig stieg er aus dem Bett und stürmte durchs Zimmer. Als jedoch eine zögerliche Stimme aus einem Nebenraum ertönte, hielt er inne. „Ich bin hier. Alles okay. Leg dich wieder hin und schlaf weiter.“ Mit gerunzelter Stirn stiefelte er an der weißen Ledercouch vorbei wieder zurück zu der nusshölzernen Badezimmertür. Probehalber drückte er die Klinke nach unten. Sie war verschlossen. „Sicher, dass alles in Ordnung ist?“ „Ja, alles bestens“, war es von der anderen Seite aufgesetzt fröhlich zu vernehmen. „Und jetzt geh weg.“ „Würdest du mir vorher bitte noch verraten, warum du dich im Badezimmer einschließt?“ Schweigen. „Ich duschen gerade. Ich hoffe es stört dich nicht. Bin vorher auf der Seife ausgerutscht, daher der Schrei. Tut mir leid, wenn ich dich geweckt hab.“ „Du duscht? Ohne Wasser? Für gewöhnlich hört man nämlich Wasserrauschen, wenn jemand die Dusche aufgedreht hat. Außerdem benutze ich keine Seife, sondern nur Duschgel.“ Wieder Schweigen. Er hatte sie ertappt. „Ähmmm…“ „Was zum Teufel ist los?“ „Gar nichts!“ „Lily, komm da sofort raus oder ich spreng die Tür auf!“ Wieder war kein Laut zu hören und Scorp drehte sich um. Auf dem halben Weg zurück zu seinem Zauberstab neben dem Bett hörte er das Klicken des Schlosses. Die Tür wurde aber nicht geöffnet. Scorpius eilte zurück, stürmte das Bad und fand Lily am Klodeckel sitzend vor, eine Handtuch um den Körper gewickelt und bis zur Nase hoch gezogen. „Siehst du? Alles bestens. Du kannst wieder gehen.“ Doch statt ihrer Aufforderung zu folgen kam er zu ihr und kniete sich vor ihr hin. „Lily. Bitte sag mir doch was los ist“, murmelte er sanft, erleichtert, dass es ihr gut zu gehen schien. Erst starrte sie ihn nur schweigend an, dann entschied sie sich doch dafür, das Handtuch Millimeter für Millimeter sinken zu lassen. Dabei enthüllte sie einen fetten, roten Punkt auf ihrer Nase. Einen Augenblick lang blickte Scorp das Monstrum gebannt an, dann lachte er laut los. Selbst als Lily ihn umschubste und er mit seinen vier Buchstaben auf dem fluffigen Badezimmerteppich landete brach seine Lachsalve nicht ab. „Das ist nicht witzig!“ raunzte Lily, empört über seine Verhalten. „Doch das ist es. Ich hab schon geglaubt, es ist wer-weiß-was passiert, irgendwas zwischen Folterversuch und Gewaltverbrechen.“ „Scorp, für den Fall dass du es nicht richtig schnallst: da ist eine riesenfetter Pickel auf meiner Nase“, maulte die Rothaarige. Wenn man so eitel war wie sie, bedeutete so eine Teil mitten im Gesicht fast schon den Weltuntergang, vor allem da man die Dinger nicht weghexen konnte und die nächste Möglichkeit an Bubotubler heran zu kommen, vermutlich bei ihr zuhause war, da es eher unwahrscheinlich war, dass die Malfoys in ihrem perfekten Garten so eine hässliche Pflanze hatten, Nutzen hin oder her. „Oh bitte, stell dich doch wegen so nem Pünktchen nicht so an.“ „Du bist do ignorant!“ „Ich bin ein Mann. Was erwartest du?“ Sie stöhnte entnervt und sein Grinsen wurde noch breiter. „Komm her.“ Der junge Malfoy rappelte sich hoch und zog Lily ebenfalls auf die Beine. Als sie ihn nicht ansah, hob er sanft ihren Kopf und blickte liebevoll auf sie hinab. „Vergiss das Ding einfach. Wofür gibt’s denn Schminke? Außerdem passt es farblich gut zu deinen Haaren.“ „Lass meine Haare in Ruhe“, schmunzelte die junge Potter und schlug ihm spielerisch auf die Brust. Tatsächlich erschien ihr das Teil in seinen Armen irgendwie gar nicht mehr so gruselig wie vorhin im Spiegel. Sie leistete seiner unausgesprochenen Aufforderung Folge und stellte sich auf die Zehenspitzen, als er den Kopf zu ihr hinunter neigte. Obwohl sie bereits mehr als einen Monat zusammen waren und sie eigentlich mittlerweile an seine Küsse gewohnt sein müsste, schaffte er es doch immer wieder ihr den Atem zu rauben und die Schmetterlinge in ihrem Bauch aufs Neue aus ihrem Kokon zu befreien. Er war einfach … wie ein perfekter Traum. Bis auf ein paar Kleinigkeiten– „Scorp“, nuschelte sie an seinen Lippen. „Hmm…?“ „Nimm deine Hand von meinem Hintern.“ Kapitel 15: Berichte -------------------- Scorpius hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und blickte mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster. Hinter ihm im Salon in Malfoy Manor wartete vier seiner fünf Todesser angespannt darauf, dass sich Scorps Zorn entlud. Becks war am Leben. Aber nicht zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort aufgetaucht. Und es war allgemein bekannt, dass ihr Anführer es nicht ausstehen konnte, wenn jemand außer ihm selbst zu spät kam. Oder gar nicht kam. Am Horizont sandte die Sonne ihre letzten Strahlen für diesen Tag über das Meer und erleuchtete die bunten Blätterhaufen im Garten hinter dem elisabethanischen Herrenhaus. Die Atmosphäre im Raum hätte man mit einem Buttermesser schneiden können, als sich der blonde Malfoy umwandte, den Blick in den grauen Augen kalt wie Eis. „Fangen wir an.“ Mit einem bitteren Gesichtsausdruck ließ er sich auf seinem Stuhl am Kopfende der Tafel nieder. Der Geschmack von Verrat lag ihm auf der Zunge. Er hatte mit Becks Versagen gerechnet; vielleicht mit seinem Tod. Doch in seinem letzten Brief hatte er bestätigt, einer aussichtsreichen, neuen Idee nach zu gehen und sie ihm bei ihrem Treffen heute Abend vorzustellen. Dieser elende Heuchler. Scorpius würde ihm höchstpersönlich die Ehre erweisen und ihn töten. „Beauty?“ Dominique schlug die Beine anders übereinander und berichtete in einem sachlichen Tonfall über die neuesten Geschehnisse im Ministerium. „Der Minister ist genau da, wo du ihn haben wolltest: er ist mir absolut hörig und würde alles für mich tun. Vor ein paar Wochen hab ich ihn bei einer Abteilungsleitersitzung einen muggelfeindlichen Erlass zur Sprache bringen lassen. Ausnahmslos alle Anwesenden waren dagegen. Seit dem Meeting ist der Erlass Gesprächsthema Nummer eins im Ministerium. Ich hab mich mal unauffällig umgehört und bin dabei auf einige Wohlgesinnte gestoßen – leider niemand in einer hohen Position. Die Machtverhältnisse müssen sich grundlegend verschieben, damit wir eine Wahl gewinnen können. Oder willst du einen Putschversuch unternehmen?“ Scorpius schüttelte nachdenklich den Kopf. Ein gewaltsamer Versuch die Macht zu übernehmen rief langfristig nur Rebellionen und Konfrontationen hervor und sie waren noch nicht stark genug, um längere Zeit eine Gewaltherrschaft zu halten. „Die Leute, die bei einer Ministerwahl gegen dich stimmen würden, müssen aus dem Weg geräumt werden. Erpress sie, stell sie unter den Imperius, bring sie um – es bleibt ganz dir überlassen, solang du dabei unauffällig bleibst.“ „Wie du wünscht.“ Die weißblonde Schönheit nickte demütig, was auch gut so war. Scorp hatte eine Mörderlaune und jede falsche Bewegung wurde mit Qualen und Schmerzen bestraft, was ihr sehr wohl bewusst war. Hinzu kam noch, dass es voraussichtlich noch ewig dauern würde, bis das Ministerium in ihren Händen lag. Nicht, dass das Beautys Schuld war – sie hatte ihre Sache sogar sehr gut gemacht – sie hatte einfach nur das Pech gehabt, ihm die Hiobsbotschaft überbringen zu müssen. „Nate?“ „Ich kann noch nicht viel sagen. Der Tropfende Kessel ist mittlerweile fertig restauriert, die Kunden sind von meine Pasta begeister,…“ In seiner Stimme schwang deutlicher Stolz mit. Er hatte aus einer lumpigen Absteige ein italienisch anmaßendes Schlemmerrestaurant gemacht. Die Zimmer waren ebenso wie der Schankraum mediterran eingerichtet, in einem einheitlichen Farbkonzept in warmen Tönen gestaltet, die Rückwand hinter der Bar sah aus wie der Meerblick eines Luxushotels auf Sizilien und Bilder vom Kolosseum, dem Doggenpalast und andern wichtigen Bauten in Italien zierten die Wände. „Schieb dir deine Nudeln sonst wo hin“, fuhr im Scorp ruppig dazwischen. Als ob ihn das irgendwie kümmern würde, wie gut Nathan kochte. „Du weißt was ich wissen will.“ „Tut mir leid.“ Mühsam biss Nate die Zähne zusammen. Er war daran gewöhnt, sich Scorps Launen zu unterwerfen und hatte normalerweise kein größeres Problem damit, aber wenn es um sein Lokal ging, war er empfindlich. „Dazu kann ich kaum Stellung nehmen. Die Leute reden nicht öffentlich über die Dunklen Mächte. Es müsste erst ein Ereignis geschehen, das mit Schwarzer Magie und Muggelhass in Verbindung wird, um die Position der Leute zu hören.“ „Keine Sorge, das wird schon noch schnell genug kommen“, fauchte Scorp. Mit jeder Minute wurde er gereizter. Mittlerweile stand sie Sonne direkt über dem Horizont, die Dämmerung brach bereits herein und Becks war immer noch nicht aufgetaucht. Ohne es sich eingestehen zu wollen, hoffte er noch immer, dass der Kerl doch noch auftauchte. Sie waren von Anfang an Freunde gewesen, hatten schon so viel Mist miteinander erlebt und es schmerzte, einen guten Kumpel auf diese Weise zu verlieren. „Kauf in Hogsmead weitere Räumlichkeiten. Ich will auch dort ein Restaurant oder sowas von dir, damit wir leichter mit Quinn reden können. Solange Hogwarts noch nicht übernommen ist, können wir schließlich nicht dauernd dort vorbei schauen und die anderen Pubs sind zu öffentlich. Professor?“ „Ich bin mittlerweile fast so etwas wie eine Koryphäe im St. Mungos. Der Chef ist entzückt von mir, die Kollegen beeindruckt. Sobald du soweit bist, können wir unseren Plan in Angriff nehmen.“ Na wenigstens an dieser Front lief alles gut und es ging etwas weiter. Blöderweise konnten sie mit ihren schlammblüterfeindlichen Aktionen im Krankenhaus erst beginnen, wenn das Ministerium in ihren Händen lag, da sie sonst Gefahr liefen, von ihnen gestoppt zu werden. „Sehr schön. Dann werd ich mich Mitte November einliefern lassen – spätestens Ende des Monats will ich dich als Abteilungsleiter sehen. Soll dir das Ministerium unter die Arme greifen oder wirst du auch ohne Hilfe befördert?“ Einen kurzen Moment schwieg Jake und wog seine Chancen sorgfältig ab. „Nein, das müsste ich auch so hinkriegen. Und je weniger sich das Ministerium im Mungos einmischt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass jemand irgendwelche Zusammenhänge erkennt.“ Ihr blonder Anführer nickte, eh er sich einen großzügigen Schluck Grey Goose Vodka – dieses Muggelzeug hatte den Feuerwhisky mittlerweile als sein Lieblingsgetränk abgelöst – in ein flaches Glas eingoss und sich eine schwarze Zigarette ansteckte. Als er den Rauch ausblies vermischte sich der dunkle, herbe Geruch mit dem würzigen Aroma vom türkischen Tabak aus Qinns Selbstgedrehten. Lily hasste es, wenn er rauchte, weshalb das ganze Haus zu einer rauchfreien Zone degradiert worden war. Die einzige Ausnahme bildete der Salon im Erdgeschoss, der als Todesserkommandozentrale fungierte und vermutlich deshalb nicht von der Rothaarigen betreten wurde. „Guter Gedanke. Quinn?“ „Zwei Slytherins aus dem siebten Jahrgang sind mir ins Auge gefallen. Cassiopeia und Phoebe Burton. Anscheinend haben sie nach unserem Abgang unsere Stellung als Schlammblüterquäler übernommen. Und sind dabei ziemlich würdige Nachfolger. Die Lehrerschaft hat keinen Schimmer wer hinter den Missetaten steckt und jede Aktion ist gut durchdacht und skrupellos durchgeführt. Ich hab die beiden nur durch Zufall im Raum der Wünsche erwischt, wie sie eine Schlammblüterin gequält und vergewaltigt haben, weil ich zu einem ähnlichen Zweck da rein musste. Sie haben mit alles gebeichtet und ich hab ihnen von uns erzählt – sie waren begeistert. Was jetzt geschieht liegt an dir.“ Alle Augen waren auf Scorpius gerichtet, dessen Blut ein wenig in Wallung geriet. Quinn hatte die ersten zwei potenziellen Todesseranwärter an Land gezogen. Irgendwie war das so wie ein Startschuss für den Aufbau ihrer Schwarzen Armee. Sie waren bald nicht mehr nur zu sechst – zu fünft ohne Becks – sondern zu acht. „Ich hab noch ne Rechnung mit der Schulbibliothekarin offen“ – dafür, dass sie seinen ersten Versuch Lily zu küssen vereitelt hatte – „die beiden sollen sämtliche Muggelkundebücher ruinieren. Alles vollschmieren, Seiten rausreißen, Regal umwerfen – das ganze Rundumprogramm eben. Dass sie nicht erwischt oder verdächtigt werden dürfen, ist ja wohl selbstredend.“ Gerade als Quinn bestätigte und Scorp die Runde aufheben wollte, klopfte es an der Tür. Die Dunkelheit hatte sich mittlerweile über die Hamptons gesenkt und der Raum wurde nur vom flackernden Licht des Feuers im offenen Kamin erhellt, als die Tür aufschwang und ein sichtlich nervöser Hauself eine kreidebleiche Gestalt herein führte. „Oh. Mein. Gott!“ Tellergroße und absolut fassungslose Augenpaare starrten den ausgemergelten Neuankömmling an. „Becks – was zum…?!“ Mit entgeisterten Glupschern starrte Scorp seinen Freund an. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, die blassen Wangen waren eingefallen und er strahlte eine düstere, todbringende Aura aus. Selbst sein typisches herablassendes Lächeln sah anders aus. Was vermutlich an den Fangzähnen lag, deren Anblick alle einen Satz zurück machen ließ. Gemurmelte Flüche der derbsten Art folgten ihm durch den Raum, als er auf seinen angestammten Platz zwischen Jake und Nate glitt. „Himmel, jetzt mach endlich den Mund auf! Woher kommt das Dobermannsgebiss und warum könnte man dich mit einem Inferi verwechseln? Und warum bist du zu spät?“ Wieder nur ein Lächeln. Wieder nur diese Reißzähne. Verdammt, er wurde doch wohl nicht etwa … Becks Stimme klang kälter und hohler, als er schließlich doch antwortete. „Meine Mission ist gescheitert. Die Vampirkönigin ist deinem Vorschlag gänzlich abgeneigt.“ „Du hast also versagt“, zischte Scorp in einem triumphalen Tonfall dazwischen. Vergessen waren die Veränderungen seines Freundes. Der junge Malfoy hatte von Anfang an geahnt, dass Becks scheitern würde – der Auftrag war auf das ausgelegt gewesen. Hoffentlich würde die Schmacht den Dunkelhaarigen endlich in seine Schranken weisen. „Nein. Ich hab das Problem nur anders als erwartete gelöst.“ Zweifelnd verengte sein blonder Anführer die Augen zu schmalen Schlitzen. „In wie fern?“ „Erst dachte ich, dass es durchaus gute Aussichten auf ein Gelingen der ganzen Aktion gab, aber im Nachhinein wurde klar, dass sie mehr an meinem Hals als an allem anderen interessiert waren.“ Er hatte sich fast in die Hose geschissen, damals. Vor seinem inneren Auge sah er die letzten Monate noch einmal vor sich. Becks war wochenlang durch die irische Wildnis getigert, bis er endlich fand, was er gesucht hatte: in einer Waldhöhle waren hunderte Vampirfledermäuse an der Decke gehangen. Kaum dass er einen Fuß in Grotte gesetzt hatte war ein schwarzer, geflügelter Sturm losgebrochen. Als sich das Geflatter gelichtete hatte, war eine bleiche Frau auf ihn zugekommen. Ihre Königin. Sie war nicht direkt als schön zu bezeichnen gewesen, mehr als interessant, was mehr an ihrer berechnenden, düsteren Anziehungskraft gelegen hatte, als an ihrem Aussehen. Sie war groß und hager gewesen, hatte fahle Haut gehabt und dunkle Ringe waren unter ihren grauen, intelligenten Augen gelegen. Anfangs schien sie durchaus geneigt, Scorps Angebot anzunehmen, doch später hatte er erkannt, dass es eigentlich nur darum gegangen war, das Dinner dazu zu bewegen, bis zum Abendessen zu bleiben. Becks war ziemlich vorsichtig gewesen und die Vampire hatten durchaus gewusst, dass sie tagsüber, wenn sie geschwächt waren und ihre Energiereserven aufladen mussten, keine Chance gegen einen Zauberer hatten. Im Juli hatte er sich dann so weit in Sicherheit gewogen und sie hatten ihr Frischfleisch genau da gehabt, wo sie es haben wollten: nach Sonnenuntergang in ihrer Höhle. Das Mahl war angerichtet. Geschwächt und von Krämpfen geschüttelt hatte er sich dann in einen abgelegenen Teil der Höhle zurück gezogen, fast leer gesaugt und sicher zu sterben. Doch das Schicksal hatte andere Pläne mit ihm gehabt. Nach Sonnenuntergang war er wieder auferstanden, erstarkt, untot und von einer beißenden Blutlust getrieben. Und da war ihm klar geworden, dass es nur eine Möglichkeit gab, die Vampire zu unterwerfen. Sein Hunger wurde immer brüllender, seine Kehle fühlte sich an, als ob er Batteriesäure gegurgelt hätte und seine Zunge, als ob sie Schmiergelpapier wäre. Aber wenn er ihm nachgab, würde er sein Leben in eine Sackgasse manövrieren. Ein Vampir besiegelte mit seinem ersten Schluck Blut die Zugehörigkeit zu seinem Wandler und somit würde er mit ihm sterben. Als er zurück zu den Vampiren ging, wurde er bereits erwartet, in der Annahme, dass er bereits getrunken hatte und somit vollständig zu ihnen gehörte. Im ersten Moment wusste keiner wie ihm geschah, als Becks seinen Zauberstab zog und ihn mit einem kalten Lächeln auf die Vampirköniging richtete. Und sie, mit all ihren Anhänger ins Jenseits pustete. „Jedenfalls ist sie jetzt tot und der letzte Vampir steht dir gern zu Diensten“, schloss Chad mit einer angedeuteten Verbeugung. Schweigen herrschte im Raum, weil die Magier das Gehörte erst verdauen mussten und der Vampir kratzte selbstzufrieden an seinem blitzenden Reißzahn herum. „Becks“, grinste Scorp nach einer Weile, „ich bin erstaunt darüber, dass du anscheinend doch so was wie Grips besitzt. Und ich bin entzückt, über diese Entdeckung.“ Kapitel 16: Hogsnews -------------------- Hogsnews, Oktober 2o24 Vandalen in der Schulbibliothek In der Nacht von gestern auf heute sind Unbekannte in die Schulbücherei eingedrungen und haben die gesamte Abteilung für Muggelkunde zerstört. Alle Bücher, die im Zusammenhang mit Nichtmagiern stehen, wurden mit muggelfeindlichen Parolen oder wüsten Beschimpfungen und Zeichnungen vollgeschmiert, Seiten wurden heraus gerissen oder gar das gesamte Buch vernichtet. Der entstandene Schaden beläuft sich auf eine Gesamthöhe von etwa 170.000 Galleonen. Da die Bestandsliste der Abteilung ebenfalls entwendet wurde, wird es vermutlich rund ein Jahr dauern, die gesamten Werke, die diesem wüsten Angriff zum Opfer gefallen sind, wieder zu restaurieren oder zu ersetzen. Trotz aller Mühen der Lehrer gibt es noch keine Verdächtigen. Dieser Vorfall ist ein weiterer in einer langen Reihe von muggel- und muggelstämmigenverachtenden Schandtaten. Erst letzte Woche wurde eine Hufflepuff mit nichtmagischer Abstammung in einem Frosch verwandelt und in einem Aquarium eingeschlossen (wir berichteten). Wie beim gestrigen Vorfall konnten ebenfalls keine Schuldigen gefunden werden. Die Schulleitung vermutete rassistische Hintergründe hinter diesen Geschehnissen und wird zukünftig noch härtere Strafen für solche inakzeptablen Handlungen verhängen. Außerdem soll Muggelkunde künftig zu einem Pflichtfach werden, in dem den Schülern der Umgang mit Muggeln näher gebracht werden soll. Hogsnews, November 2o24 Neuer Slytherinhauslehrer nach tödlicher Kesselexplosion Heute am frühen Morgen wurde der Hauslehrer von Slytherin und Lehrer für Zaubertränke Professor Septimus Serpensium, 65, nach einer furchtbaren Explosion schwerverletzt in einem Kerker aufgefunden. Beim Brauen eines hochentzündlichen Tranks für die Entfernung von magischen Schriftzügen aus einigen Muggelkundebüchern (wir berichteten über die Bücherschändung im Oktober) wurde die Flamme zu heiß und der Kessel zerberstete. Professor Serpensium erlag nur wenige Zeit später seinen Verletzungen. Er war ein sehr beliebter Lehrer und ein wahre Meister seines Faches. Bei seiner Beerdigung nächsten Dienstag um 18 Uhr am Friedhof von Hogsmead kann ihm die letzte Ehre erwiesen werde. Nach einer ausführlichen Beratung des gesamten Lehrkörpers wurde entschieden, dass unser Professor für Pflege magischer Geschöpfe Quinn Vishous, 28, die Stellung als Hauslehrer von Slytherin übernehmen soll. Sein Büro wird somit aus dem Glockenturm in die Kerker verlegt. Der Posten des Zaubertranklehrers wird ausgeschrieben und bis ein Ersatz gefunden wird, übernimmt ein vom Ministerium entsandter Magier den Posten. Genaueres zu der Neubesetzung ist noch nicht bekannt. Sowohl die Novemberausgabe der Schulzeitung als auch das Oktoberexemplar lagen aufgeschlagen auf Quinns Tisch. Auf dem neuen Tisch in seinem neuen Büro, das ihm aufgrund seines neuen Postens zugewiesen worden war. Gleich daneben lag ein Brief von Scorpius, in dem er schrieb, dass er mit Quinn gänzlich zufrieden war. Voll triumphaler Genugtuung ließ er den Blick über die Steinwände schweifen. Über den riesigen Kamin. Und den edlen Holzschreibtisch. Eine verborgene Tür an der Wand neben seinem Schreibtisch führte in sein Privatquartier, bestehend aus einem geräumigen Bad aus silbrig-weißem Marmor, einem Wohnzimmer mit Kamin und schwarzer Ledercouch und einem Schlafzimmer. Mit einem extra großen Himmelbett aus schwerem Holz. Quinn konnte es kaum erwarten das Teil endlich einzuweihen. Und diese Gelegenheit klopfte gerade an seine Tür. „Herein.“ Genüsslich lehnte sich der Schwarzhaarige in seinem Stuhl zurück und platzierte seine Füße samt schwarzer Doc Martens auf dem Tisch, als zwei desillusionierte Gestalten eintraten. Erst als die Tür wieder geschlossen war, wurden die beiden lächelnden, blonden Zwillingsschwestern sichtbar. Mit einer Handbewegung deutete Quinn auf die Stühle jenseits der Holzplatte und die beiden nahmen Platz. „Ich muss sagen, ich bin außerordentlich erfreut, dass diese Aktion ebenso reibungslos abgelaufen ist, wie die in der Bibliothek. Die Lehrer haben tatsächlich keinen Verdacht – eher im Gegenteil. Sie haben einen Gryffindor im Visier: Nathaniel Walker.“ „Na sowas“, grinste eine der beiden bösartig. „Das ist aber ein Zufall. Der Kerl hat mich nämlich in letzter Zeit extrem genervt.“ Quinn lachte leise und musterte die beiden. Sie waren wirklich zwei Goldstücke. Langsam erhob er sich, ging zu den beiden und stellte sich zwischen sie. „Da habt ihr euch aber eine Belohnung redlich verdient, nicht“, grinste er, während seine Hand von ihren Schultern etwas weiter abwärts wanderte. Als die beiden aufstanden und sich an in rieben als wäre er eine Wunderlampe, dankte er Scorp im Stillen dafür, dass er ihn hierher geschickt hatte. Lehrer zu sein war doch etwas Herrliches. Kapitel 17: Krank ----------------- In der überfüllten Wartehalle des St-Mungos Hospital für magische Krankheiten und Verletzungen fiel Scorpius mit seinem von schwarzen Beulen übersäten Körper gar nicht auf. Menschen mit den unterschiedlichsten Gebrechen wuselten geschäftig durch den Raum oder standen Schlange vor dem breiten Empfangstresen, während Scorp die Informationstafel musterte. Neben ihm stand ein Mann, dem unentwegt Hummeln aus der Nase flogen, die Scorpius umschwirrten. Als er gefunden hatte, was er suchte, wandte er sich ab und ließ die lärmende Menge hinter sich. Auf dem Weg nach oben fiel ihm zwischen dem ersten und dem zweiten Obergeschoss ein altes Portrait ins Auge. Unter dem düsteren Bildnis eines altehrwürdig wirkender Zauberer mit silberblondem Haar war ein Schild angebracht, mit der Aufschrift: ‚Narcissus Malfoy, Erfinder des Entfernungszaubers von Sommersprossen; 1789 – 1888‘. Scorp starrte seinen weiß-der-Geier-wievielter Urgroßvater mit schräg gelegtem Kopf an, während dieser seinen offensichtlichen Nachfahren mit einem dünnlippigen Lächel musterte. „Dürfte ich wohl Euren Namen erfahren, Mylord?“, fragte das Portrait mit tiefer, stolzer Stimme. Neben dem Malfoytypischen weißblonden Haaren hatte der Magier eine reine, bleiche Haut und smaragdgrüne Augen, die hervorragend durch seine altertümliche, hellgrüne Seidentracht zur Geltung gebracht wurden. Seine Nase war gerade und schmal, die Wangenknochen hoch, die Lippen voll, doch nicht feminin und das Kinn spitz. Alles in allem ging Narzissus als aristokratischer, schöner Märchenprinz durch. „Scorpius Malfoy.“ „Wie ich sehe, wurde auch nach meinem Tod das reine Blut unserer ehrwürdigen Familie sorgfältig bewahrt. Durch Unzucht wäre solch edle Gestalt wohl nicht entstanden.“ „Natürlich. Wir wären wohl keine Malfoys, wenn wir uns mit weniger als dem besten zufrieden geben würde.“ „Wohl wahr, wohl wahr. Leider wird das Bewusstsein für die Blutsreinheit mit jedem Jahrhundert schwächer, wie ich erst dieser Tage durch mein Portrait im Arbeitsgemach des Institutionsleiters vernehmen ließ.“ Das Portrait verstrickte sich in eine Litanei über unsauberes Blut und den verkannten Stellenwert von Reinblütern, doch Scorp hörte gar nicht richtig hin. Soso, ein Gemälde im Chefbüro, das war je äußerst interessant. Dieses Bild hier konnte man leicht abhängen und wenn es in Malfoy Manor hing, stellte das eine sichere und schnelle Verbindung zwischen der Einsatzzentrale und dem Mungos dar. „Wo hängen denn noch Bilder von dir?“ „Eure Formlosigkeit passt jedoch ganz und gar nicht zum Namen Malfoy“, tadelte Narzissus mit gespitzten Lippen, doch Scopius zuckte nur gleichgültig die Achseln. Er hatte nun mal keine Manieren, Pech gehabt. ‚Bitte‘ und ‚Danke‘ waren Fremdwörter für ihn und Höflichkeit zählte ebenso wenig zu seinen ausgeprägtesten Eigenschaften wie Nächstenliebe. „Wie dem auch sei“, fuhr der Gezeichnete etwas kühler fort, doch der Stolz klang deutlich aus seiner Stimme, „ weiter Bildnisse meiner Wenigkeit findet ihr in Hogwarts, im dritten Stock und im Ministerium, in der Schreibstube des Ministers.“ „Wow, es gibt nicht viel Gemälde, die das von sich behaupten können“, schmeichelte Scorp geheuchelt beeindruckt, jetzt wo er wusste, dass er sich mit Narzissus auf guten Fuß stellen musste. Scorp war sich sicher, dass die Erfindung eines Zaubers zur Sommersprossenentfernung nicht dazu beigetragen hatte, dass Narzissus jetzt in den Räumen der wichtigsten Personen der magischen Welt hing, sondern vielmehr das Talent der Malfoys, Geld gewinnbringend anzulegen. Aber was soll’s. Er würde sich nicht darüber beschweren, wenn ihm so viel Glück in den Schoss fiel. „Wohl wahr, wohl war. Aber ich will euch nicht länger aufhalten – wenn ich mir die Freiheit nehmen darf: ihr seht nicht gerade gesund aus.“ Scorp verbiss sich einen zynischen Kommentar und verabschiedete sich betont höflich, eh er sich weiter auf den Weg nach oben machte. Im zweiten Obergeschoss lag die Abteilung für ansteckende magische Krankheiten im krassen Gegensatz zum Gewusel in der Eingangshalle völlig verlassen da. Nur vereinzelt huschten vermummte Heiler durch den Korridor. Einer von den limonengrün Verpackten hielt auf seinem Weg inne und kam auf Scorp zu. „Folgen Sie mir unauffällig, Mr. Malfoy.“ Die Stimme, die unter dem Mundschutz hervordrang, war unverkennbar: Jacob. Genau der Mann, den Scorp gerade brauchte. Der Heiler führte Scorp einen Korridor entlang, erwiderte dutzende Grüße auf dem Weg und lotste den jungen Malfoy schließlich in ein leeres Zimmer, wo er ihm einen Krankenhauskittel in die Hand drückte. Obwohl sein Mund bedeckt war, sah man ihm an seinen Wangen und Augen deutlich an, dass er grinste, als sein Freund das Plastikding auseinander faltete und pikiert den Schlitz an der Rückseite musterte. „Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?“ „Bro, das Leben ist hart und jetzt zieh dich aus – die Krankenhauskluft ist Pflicht.“ Gönnerhaft schlug er ihm auf die Schulter, während er einen Vorhang vorzog, um ihm etwas Privatsphäre zu gewähren und dann dahinter verschwand. Und Scorp mit diesem suspekten Kleidungsstück allein ließ. Er war noch nie im Mungos gewesen und hatte daher keine Ahnung, wie es im Krankenhaus ablief. Geschweige denn, wie er dieses Mostrum anziehen sollte. „Öhhhh, Professor … gehört der Schlitz vorne oder hinten?“ Ein Lachen ertönte und Scorpius knirschte mit den Zähnen. „Hinten, du Idiot. Es gibt Dinge, die wollen wir nicht sehen, deine Vorderfront zählt zweifellos dazu.“ „Woher soll denn ich das wissen!? Fertig. Und jetzt?“ „Ab ins Bett mit dir.“ „Ja, Mama.“ Langsam schlüpfte Scorp unter die Bettdecke, dann verließ Jake den Raum, um einige weitere Heiler zu holen. Während Scorp wartete, ergriff langsam aber sicher die Krankenhausmentalität von ihm Begriff. Der leicht seifige Geruch der frischen Bettwäsche stieg ihm in die Nase und er sah sich im Zimmer um. Es war eine Einzelzimmer, darauf ausgerichtete, dass der Bewohner länger hier blieb und es sich heimelig machen konnte. Waren ja schöne Aussichten. Außerdem war an der Decke ein dunkler Fleck. Und bei den pastellfarbenen Vorhängen war ein Ring beim Auffädeln auf die Garnische vergessen worden. Und er Gummibaum neben der Tür könnte etwas Wasser vertragen. Eigentlich ein absurd zweideutiges Wort: Gummibaum. Nach einer gefühlten Unendlichkeit kam Jacob wieder, zwei weitere wichtig aussehende Heiler im Schlepptau. Einer davon war der Abteilungsleiter Charles Brandon, was ihm die Plakette auf seinem Umhang verriet. Er war groß und beleibt und ein dicker dunkelbrauner Schnurrbart zierte seine Oberlippe. Das Haar und die Augenbrauen waren ebenso mahagoniefarben und buschig wie der Bart. Der Chefheiler hatte eine beruhigende, zuverlässige Ausstrahlung und wirkte wie ein vertrauenswürdiger, sympathischer Meister seines Faches, in dessen Hände man sein Leben gern legte. Naja, „gern“ unter Anführungsstrichen. Es gab wohl kaum jemanden, der sich freiwillig und gern ins Krankenhaus begab. Der andere Heiler war ein schmaler Mann etwa im Alter von Scorps Vater, mit etwas hasenähnlichem Aussehen, der jedoch eher weniger begeistert dreinblickte. Irgendwoher kam er Scorp bekannt vor. „Mr. Malfoy“, begann Jake geschäftsmäßig und distanziert freundlich, als ob sie sich nicht kennen würde. „Zu Beratungszwecken habe ich den Abteilungsleiter Heiler Brandon und den Leiter der Abteilung für Vergiftungen durch Zaubertränke und magische Pflanzen, Heiler Nott, hinzugezogen.“ Bei nickten bei der Vorstellung und Hände wurden geschüttelt. Behandschuhte Finger trafen auf Haut mit Dalmatinermuster. Nach den Routineuntersuchungen folgten unzählige weitere Prozedere, bei denen er verzaubert, gepiekt und genauer unter die Lupe genommen wurde. Manche Tests waren sportliche Leistungschecks, die Scorp einmal mehr klar machten, dass er vielleicht weniger rauchen und dafür mehr Sport treiben sollte. Andere waren Rätsel, die die wenigen Gehirnzellen, die noch nicht alkoholbedingt gestorben waren, auf die Probe stellten. Und bei wieder anderen brauchte er nur still dazu sitzen und sich verzaubern lassen. „Nun, Mr. Malfoy, ich fürchte, Ihre Krankheit ist uns so weit noch nicht bekannt“, fasste Brandon das Ergebnis dieser ersten Analyse zusammen. Seine Stimme war ein tiefer, beruhigender Bass, der es einem unmöglich machte, nicht zuversichtlich zu sein. „Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen – wir werden schon ein Heilmittel finden. Das haben wir bis jetzt immer. Heute Nachmittag werden wir uns erst mal Ihre Blutwerte und die Gewebeproben ansehen, dann sehen wir weiter.“ Am Abend kehrte der Abteilungsleiter allein zurück, immer noch positiv eingestellt. Aber diese Haltung würde ihm Scorp schon noch austreiben. Er selbst war auf einen langwierigen Prozess eingestellt, der mit seiner Ausweglosigkeit die Heiler zermürben würde. Bis letztendlich einer zu Tode kam. Unauffällig blieb der Chefheiler am Fußende seines Bettes stehen. Ein schwaches weißes Leuchten ging von ihm aus; ein sicheres Zeichen dafür, dass er mehrere Immunitätszauber und Keimabwehrflüche angelegt hatte. „Nun, Mr. Malfoy, mittlerweile konnten wir noch keine Lösung für Ihr Problem finden – aber ich kann es nur noch einmal betonen: wir bewältigen diese Hürde schon.“ Er hielt kurz inne und blätterte durch die Zettel auf seinem Klemmbrett. „Sehen Sie, magische Krankheiten sind ebenso komplex wie die Magie selbst. Für viele Gebrechen wurden bereits Heilmethoden gefunden, doch es kommen immer neue Krankheiten auf uns zu und so müssen immer neue Behandlungsarten gefunden werden. Ihr Fall fällt wohl in die letzte Kategorie. Ihre Blutwerte sind fantastisch – obwohl sie das Rauchen aufgeben sollten“, fügte er streng hinzu und warf ihm einen Blick über den Rand seiner Lesebrille zu. „Außer einer schwachen Kondition – Raucherlungenbedingt – konnte wir keine körperliche Defizite feststellen, auch geistig sind Sie topfit.“ Während er seinen Patienten musterte, versuchte dieser möglichst arglos und verwirrt drein zu sehen. „Wie wird es jetzt weiter gehen?“ „Nun ja, wir werden sie jetzt erst mal hier auf der Quarantänestation behalten, da wir nicht wissen, ob bzw. wie ansteckend Ihre Krankheit ist. Außer den damit beauftragten Heilern können wir leider niemanden zu Ihnen lassen. Heute gegen 17 Uhr waren bereits zwei besorgte Besucher für Sie hier. Eine rothaarige, junge Frau und ein etwas … nun ja, unkonventioneller Herr.“ Lily und Quinn. Beide waren in den Plan eingeweiht – Lily war eher weniger begeistert gewesen – und um den Anschein zu wahren, hatten die zwei den Auftrag ihn besuchen zu kommen. „Meine Freundin und mein bester Freund. Kann ich sie wirklich nicht mal kurz sehen?“ „Tut mir leid Mr. Malfoy, wir müssen uns an die Vorschriften halten, besonders bei unbekannten Krankheiten. Weiters werden wir in den nächsten Wochen diverse Spezialisten aus anderen Abteilungen zu Rate ziehen, noch mehr Tests durchführen und hoffen, dass wir möglichst bald einen Lösungsansatz finden.“ Die nächsten acht Tage zogen sich wie Kaugummi dahin. Scorpius musste Prozedere der verschiedensten Art über sich ergehen lassen – allesamt ohne Ergebnis. Das einzige, das dabei heraus gekommen war, war, dass das kleine Muttermal zwischen seinem Mittelzehen und dem Zeigezehen bösartig war und entfernt werden musste. Jacob hatte ihm mehrmals Besuche abgestattet, offiziell um ihn einigen Untersuchungen zu unterziehen. Tatsächlich quatschten sie jedoch nur und für Scorp waren das einige der wenigen Gelegenheiten, eine zu rauchen. „Langsam sollten wir daran denken, endlich mal Brandon anzustecken“, stellte Scorp zwischen zwei gierigen Zügen an seiner Zigarette fest. Seine Hände zitterten fast unkontrollierbar, während er im Raum auf und ab lief. Wenigstens hatte er diesen Plastikmantel mittlerweile ablegen dürfen. Lily hatte ihm einige seiner eigenen Sachen vorbei gebracht, die die Heiler durchsucht und ihm überreicht hatten. Wozu sie eigentlich seine Unterhosen kontrolliert hatten, war ihm sowieso ein Rätsel. Was sollte er den mit rein schmuggel? Wenn er eine Atombombe zünden wollen würde, hätte er die sicher nicht zwischen seinen Sachen versteckt. Alles was er dafür brauchte, war sein Zauberstab. „Nach so kurzer Zeit schon? Ich dachte, du willst länger warten…“ Jacob hatte es sich auf einem Stuhl an dem kleinen Tisch im Zimmer bequem gemacht und die Beine hoch gelegt. Seit einigen Tagen wurde London von einer unmenschlichen Kälte heim gesucht und eine Grippewelle hatte sowohl die magische als auch die nichtmagische Bevölkerung gepackt. Sämtliche Heiler aller Abteilungen waren damit beschäftigt, den Ansturm an grippal infizierten Magiern zu bewältigen. Hinzu kamen dann noch die vermehrten Unfälle, die als Nebenwirkungen des einziehenden Winters mit einher gingen. Knochenbrüche, weil jemand auf dem Eis ausgerutscht war. Erfrorene Gliedmaßen. Gerade erst bevor er zu Scorp gekommen war, hatte Jake tiefgekühlte Weichteile behandelt. Eigentlich traurig, welche einfachen Gebrechen die meisten Zauberer nicht kurieren konnten. Ein einfacher Zaubertrank gegen Erkältungen würde vielen Kranken einen Besuch im Mungos ersparen. Und der Belegschaft einiges an Arbeit. Aber damit verdienten Leute wie er sein Geld. Und durch diesen Ansturm auf das einzige englandweite Krankenhaus für Zauberer hatte sich der Dunkelblonde in seiner Stellung noch weiter gefestigt. Ein Großteil der Angestellten war für die Bewältigung der Grippewelle abgestellt worden und alles was Rang und Namen hatte, wurde für ernste Verletzungen heran gezogen. So war Jakob an einer Vielzahl von Behandlungen in sämtlichen Abteilungen beteiligt gewesen und konnte mittlerweile mehr Erfahrung aufweisen, als viele andere Heiler in ihrem Hospital. Aber die Betriebsamkeit forderte auch seine Tribute. Der Professor hatte dunkle Schatten unter den Augen und seine Haare standen strubblig ab. Nur mit Mühe konnte er ein Gähnen unterdrücken. „Ja. Ich kann‘s kaum erwarten endlich wieder hier raus zu kommen.“ „Langweilt dich meine Gesellschaft etwa schon so?“ „Nein, aber das Essen ist mies, ich will Lily endlich wieder sehen und langsam krieg ich Platzangst hier drinnen.“ Als Heiler Brandon am nächsten Tag zu seiner allmorgendlichen Routineuntersuchung antanzte, richtete Scorp unter der Decke seinen Zauberstab auf ihn. Solange man zurechnungsfähig und langzeitig stationiert war, durfte man seinen Zauberstab im Mungos behalten. Für Heiler Brandon würde diese Regelung jetzt fatale Folgen haben. Es war ein ewig langer Prozess, bis er alle Schutzzauber aufgehoben hatte, die den Chefheiler umgaben, wenn er in sein Zimmer kam. Als endlich der letzte Rest des schwachen Schimmers getilgt war, ließ Scorp seinen Zauber walten und pflanzte Brandon erst die Erinnerung ein, dass er heute seine Protectoren vergessen hatte, dann hetzte er ihm den Beulenfluch auf den Hals. Gerade als sich Brandon eilig entschuldigte – ihm war wohl gerade klar geworden, dass er seinen Schutz vergessen hatte – wies Scorpius ihn auf die ersten schwarzen Pünktchen hin, die auf seiner Haut sprossen. Erst waren es nur kleine Flecken, doch spätestens morgen würden es unansehnliche Dellen werden. Und spätestens in drei Tagen würden sie ihn umbringen. Offiziell zumindest. „Glauben Sie bloß nicht, dass Sie damit durchkommen, Mr. Malfoy.“ Brandon hatte fluchtartig den Raum verlassen und die Tür war gerade hinter ihm ins Schloss gefallen, als Heiler Nott aus der Nische trat, in der die Tür zum lächerlich kleinen Bad und dem WC eingelagert waren. „Verdammt, wie lange stehen Sie schon da rum?!“ „Seit Heiler Brandon herein gekommen ist und sie aus ihrem Scheinschlaf gerissen hat.“ Als es heute Morgen geklopft hatte, war Scorp gerade dabei gewesen, die Playwitch zu lesen – man stelle sich vor, wie langweilig Scorp sein musste, wenn er sich die Zeit mit einer solchen Streberbeschäftigung vertrieb! –, ein verbotenes Blatt auf dieser Abteilung, da der Abteilungsleiter keine Schmuddelhefter duldete. Damit der Kerl das Magazin nicht beschlagnahmte, stopfte der junge Malfoy es eiligst in die Schublade seines Nachttischs und dabei ging sein Zauberstab unter der Decke verloren. Also hatte er sich die Laken über den Kopf gezogen und so getan, als ob er schlafen würde, während er nach dem Holzstück suchte. Dadurch hatte er das Eintreten von zwei Ärzten statt nur einem nicht bemerkt. Mist. „Ich hatte von Anfang an den Verdacht, dass Sie uns nur an der Nase herum führen. Sie wissen verdammt genau, wie Sie diesen Fluch aufheben können, nicht wahr? Vermutlich haben Sie sich selbst verzaubert und einliefern lassen.“ „Und was wenn dem so wäre?“ „Sie sind genauso hinterhältig und linkisch wie Ihr Vater“, zischte der Arzt und Scorp wurde endlich klar, woher er den Typ kannte. Theodor Nott war ein alter Schulkollege seines Vaters. Er und seine Familie waren früher oft zum Tee gekommen. Bis Draco ihn um eine fast sechsstellige Summe geprellt hatte. Irgendwie waren seine Frau und er dann nicht mehr gekommen. Warum bloß? Mit einem Satz war Scorp aus dem Bett und zielte mit dem Zauberstab auf den Heiler. Dieser hatte seinen ebenfalls gezogen und hatte Haltung angenommen, um sich mit Scorp zu duellieren. Doch dieser schoss absichtlich daneben. Der Fluch, der die Tür verriegelte und der, der ihren Raum schalldicht machte, hätten ihm auch nicht viel gebracht, wenn sie den Alten statt der Wand getroffen hätten. Verdammt, was sollte er jetzt mit dem Typ machen? Umbringen konnte er ihn schlecht. Wenn er einfach so tot in seinem Zimmer aufgefunden werden würde, wüssten sie mit Sicherheit, wer dahinter steckte. Und wenn er verschwand, würde das auch sicher auf ihn zurück fallen, weil Brandon wusste, dass Nott hier gewesen war. Aus seinem Zimmer schaffen konnte er ihn nicht, da seine Tür magisch verriegelt war, so dass nur Krankenhauspersonal ein und aus gehen konnte. Eine Schutzmaßnahme, um zu verhindern, dass Leute hochansteckende Krankheiten durch die Gegend trugen. Und die verhinderte, dass Scorp seine Leichen weg räumte. Den Beulenfluch konnte er auch nicht als Todesursache nehmen. Zum Einen dauerte es etwa einen Tag, bis sich die Beulen zu halbwegs anständiger Größe vergrößert hatten und er wusste nicht, ob sie weiter wuchsen, wenn man tot war und zum Anderen war es unglaubwürdig, dass jemand, der noch keinen Tag an den Dellen erkrankt war, starb, während Scorp mittlerweile ganzkörperlich schwarz war und trotzdem noch putzmunter herum sprang. Während Scorp grübelte, wie er ihn am besten los werden konnte, verfehlte ihn ein Fluch und prallte gegen die Decke. Über ihm löste sich ein Brocken in der Größe eines Elefantenhinters und machte sich auf den Weg Richtung Fußboden. Wo Scorp stand. Tagesprophet, November 2o24 Unfalltod während Behandlung im Mugos Heiler Theodore Nott, 44, wohnhaft in Manchester wurde am gestrigen Morgen gegen 1o Uhr im St.-Mungo-Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen während einer Therapiesitzung von einem herabstürzenden Deckenstück getroffen und starb noch an der Unfallstelle. Der Heiler war in der Abteilung für ansteckende magische Krankheiten gemeinsam mit dem Abteilungsleiter Heiler Brandon, 53, versucht gewesen, eine Heilmethode für eine bislang unbekannte Krankheit zu finden. Heiler Brandon verließ die Sitzung dabei frühzeitig, weil der Verdacht bestand, dass er sich mit der selbigen Krankheit infiziert hatte. Diese Vermutung wurde mittlerweile bestätigt. Der betroffene Patient ließ verlauten, dass Heiler Nott, nach dem Verlassen Brandons einen neuen Zauber hat versuchen wollen, der jedoch schief gelaufen war. Der Raum wurde durch ein herabstürzendes Stück Mauerwerk völlig demoliert und für Nott kam jede Hilfe zu spät. Der Patient blieb glücklicherweise unverletzt und auch sonst wurden keine weiteren Personen verletzt. Ein Insider aus dem Mungos sagte gegenüber dem Tagespropheten, dass Nott verbissen ehrgeizig an der Findung einer Heilmethode arbeitete, um in eine bessere Position zu kommen. Nott war verheiratet, hinterlässt jedoch keine Kinder. „Wir bedauern diesen Vorfall zu tiefst und entrichten Mrs. Nott unser tiefes Beileid über diesen Verlust. Heiler Nott war ein beliebter Mann und ein guter Heiler. Das Mungos zelebriert nächsten Sonntag eine Verabschiedungsfeier für ihn, um der Belegschaft die Möglichkeit zu geben, angemessen um ihn zu trauern“, kommt es vom offiziellen Pressesprecher des Hospitals. Die Vorwürfe wegen übereifrigen Dienstverhaltens wurden zurückgewiesen. Tagesprophet, November 2o24 Heilmittel für rätselhafte Krankheit im Mungos gefunden Anfang November wurde Scorpius Malfoy, 18, wohnhaft in South Hampton, mit einer bisher unbekannten Krankheit ins St.-Mungo-Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen eingeliefert. Als Folge der Krankheit wurden schwarze Dellen am ganzen Körper diagnostiziert, die jedoch keinerlei körperliche oder geistige Schäden mit sich bringen. Die Heiler standen vor einem Rätsel. Bislang war kein mögliches Heilmittel gefunden worden, obwohl Speziallisten aus allen Abteilungen zu Rate gezogen wurden. Erst vor wenigen Tagen verstarb der Leiter der Abteilung für Vergiftungen durch Zaubertränke und magische Pflanzen Theodor Nott, 44, wohnhaft in Manchester, bei dem Versuch, ein Heilmittel gegen diesen Erkrankung zu finden (wir berichteten). Gestern Abend forderte die Krankheit ein weiteres Leben. Der Leiter der Abteilung für ansteckende magische Krankheiten, in der der betroffene Patient stationiert war, Heiler Charles Brandon, 53, wohnhaft in Nottingham, verstarb gestern am frühen Abend in seinem Büro. Heiler Jacob Hale, 18, wohnhaft in Nottingham fand ihn gegen 19 Uhr tot auf. Der junge Heiler, der ebenfalls auf der selbigen Station arbeitet und in die Behandlung des Patienten involviert war, wollte dem Abteilungsleiter von seiner sensationellen Entdeckung eines Heilmittels berichten. „Es bedarf lediglich eines einfachen Zaubers, um die Krankheit zu heilen. Ich bedaure, dass wir nicht früher darauf gekommen sind – dann würde Heiler Brandon vielleicht noch leben“, sagt Hale gegenüber dem Tagespropheten. Der Jungheiler hat trotz des geringen Alters bereits einiges an Berufserfahrung und der Leiter des Mungos hat ihm ohne lange zu zögern den Posten des Abteilungsleiters übertragen. „Es ist das erste Mal in der Geschichte des St. Mungos, dass wir eine solche Position mit einem so jungen Heiler besetzten, doch Heiler Hale hat bereits unzählige Male seine Fähigkeiten bewiesen und nach dieser großartigen Entdeckung fiel mir die Neubesetzung der Stellung nicht schwer. Die Belegschaft der betroffenen Abteilung unterschützt meine Entscheidung vollkommen“, ließ der Institutionsleiter Heiler Benjamin Madden, 63, wohnhaft in Edinburgh, verlauten. Mr. Malfoy bleibt zur Beobachtung noch im Mungos, doch das Heilerteam glaubt nicht an einen Rückfall und hofft, ihn in der nächsten Woche entlassen zu können. „In nächster Zeit wird Mr. Malfoy auch noch einige Male zu Nachuntersuchungen kommen müssen, außerdem versuchen wir heraus zu finden, warum er der Krankheit so lange standhalten konnte. Wir vermuten, dass seine Jugend und sein ausgezeichneter körperlicher Zustand bedeutend dazu beigetragen haben“, sagt Hale. Kapitel 18: Besuch ------------------ Unruhig wanderte Lily in ihrem Schlafsaal auf und ab, die Schülerzeitung in der Hand und immer wieder einen Blick auf die Übersicht der Schlagzeilen werfend. Das besondere Layout der Hogsnews war Segen und Fluch zugleich: auf der Titelseite war eine Auflistung der aktuellen Topseller. Zwei davon zogen Lilys Aufmerksamkeit besonders auf sich. Die Kesselexplosion im Kerker und der Vandalismus in der Bibliothek. Auch wenn sonst niemand Verdacht schöpfte, die Rothaarige hatte das ungute Gefühl, dass ein bestimmter Professor und ein bestimmter ehemaliger Schüler ihre Finger dabei im Spiel hatten. Die Frage war nur, ob sie wirklich Gewissheit haben wollte. Bei der Sache war jemand zu Tode gekommen. Es war jemand gestorben! Aber dass die beiden nicht vor einem Mord zurück schreckten, hatten sie ja schon bewiesen. Dreimal. Hagrid. Und diese beiden Heiler. Ihr wurde schlecht und ihr Magen machte auf einmal einen auf Seestern und versuchte nach draußen zu gelangen. Doch anstelle ihres Nahrungsverwerters spuckte sie nur Galle in die Kloschüssel. Es waren drei unschuldige Leben erloschen. Wegen Scorp. Wegen dem Kerl, den sie liebte. Allein das Denken dieser Worte, erzeugte in ihr einen Hass auf sich selbst, wie sie ihn noch nie gefühlt hatte. Verdammt, es gab Milliarden Menschen auf der Welt, warum musste sie ihr verfluchtes Herz ausgerechnet an einen größenwahnsinnigen Mörder verschenken?! Doch so sehr sie es sich auch wünschte, von ihm loszukommen, sie schaffte es nicht. Die Zeit ohne ihn hier in Hogwarts hatte es ihr gezeigt. Sie vermisste ihn so sehr, ihre Sehnsucht fraß sie beinahe von innen heraus auf. Das war auch der Grund, warum sie eingewilligt hatte, Quinn bei diesem bescheuerten Krankenhausbesuch zu begleiten. Er hatte ihr nur gesagt, dass sie einen Plan verfolgten und Scorp mit einer Scheinkrankheit im Mungos war. Damit es möglichst authentisch war, sollten sein bester Freund und seine Freundin ihn besuchen. Die Rothaarige hatte geahnt, dass es nicht so harmlos war, wie ihr neuer Zaubertrankprofessor tat, doch sie hatte trotzdem zugestimmt, mitzukommen. Sie hatte Scorp das letzte Mal im Oktober gesehen, als sie sich in Hogsmead getroffen hatten. Scorp konnte ja nicht nach Hogwarts kommen und bei den nächsten Hogsmeadausflügen war Scorp schon im Mungos gewesen. Dass sie dorthin gegangen war, hatte sich trotzdem als sinnlos heraus gestellt, weil sie nicht zu ihm gelassen worden waren. Ohne den Entschluss dazu gefasst zu haben, machte sie sich auf den Weg in die Kerker. Sie hatte Scorp einmal gesagt, dass sie sicher war, dass nichts sie von ihm fern halten könnte, aber dass sie keine Geheimnisse zwischen ihnen haben wollte. Und das war auch jetzt noch so. Sie musste Gewissheit haben. Warum auch immer. Selbstzerstörung war schon etwas Komisches. Sie könnte ein friedliches Leben mit Scorp führen, wenn sie sich einfach aus seinen Sachen heraus halten würde. Aber nein, sie musste alles hinterfragen und Informationen aus ihm heraus quetschen, die sie Stück für Stück auffraßen. Mann, war sie vielleicht bescheuert. Trotzdem klopfte sie an Quinns neue Bürotür, die Zeitung noch immer in der Hand. „Herein.“ Sein Büro sah genauso aus, wie sein voriges, nur dass es geräumiger war. Der Schreibtisch war überhäuft von Zetteln und Schriftrollen, die die Frage aufwarfen, wie zur Hölle er noch einen Überblick darüber haben konnte, einige bequeme Stühle standen vor dem Tisch herum und dahinter grinste ihr Quinn entgegen. „Lily! Was verschafft mir die Ehre? Setz dich – willst du was trinken?“ Mit einem dünnlippigen Lächeln setzte sie sich. Irgendwie deutete sie seine gute Laune als schlechtes Omen. Freute er sich etwa über die Glückung von drei Aktionen, die sie ihrem Ziel, dem Weltuntergang, einen Schritt näher brachten? Zwei davon, direkt hier in Hogwarts? „Gern, was hast du da?“ „Offiziell: Tee und Kürbissaft. Inoffiziell: alles was du willst.“ Es war irgendwie surreal, dass sie hier saß und sich so gut mit ihm verstand. Noch vor einem Jahr oder so hätte sie sich nicht einmal träumen lassen, freiwillig einen Slytherin besuchen zu kommen. Ganz zu schweigen davon, eine Tasse Tee mit ihm zu trinken. Doch sie war erfreut über diese Wendung. Nachdem er sie vor dem Erfrierungstod gerettet hatte, war Quinn ihr ans Herz gewachsen, mit seiner versauten, aber doch ganz netten Art. Und was sie am meisten an ihm schätzte: er würde alles für Scorp tun. Die beiden waren irgendwie wie zwei Hälften eines ganzen, unvollständig ohne einander. Das war ihr auch schon an Scorp aufgefallen. Sie war ja auch fast ein bisschen eifersüchtig, auf diese Beziehung. Doch so etwas war nicht einfach mal so aufzubauen. Quinn und Scorp waren seit der ersten Klasse unzertrennlich. Und hatten auch schon so einiges miteinander durchgestanden. Scorp hatte ihr erzählt, dass Quinns Dad ein ziemlich mieses Arschloch gewesen war. Einer von der Sorte, der arbeitslos war, nur soff und jedem Rock hinterher stieg. Wenn er betrunken und wütend gewesen war – also so ziemlich immer – hatte er seine Frau verprügelt. Und danach war er zu Quinn ins Bett gestiegen. Sein Vater hatte Quinn von Anfang an nicht gemocht, weil er unterschiedliche Augen hatte, ein erbärmlicher Mangel für einen Reinblüter, der bestraft werden musste, wie er fand. Scorp hatte sich so oft gewünscht, ihm helfen zu können, doch Q hatte seine Hilfe immer abgelehnt und ihn ermahnt, sich raus zu halten. Besser er, als seine Mum. Oder Jane, sein Ein und Alles. Als Quinn 14 gewesen war, war dann mal der Tag gekommen, an dem er seine Mutter tot am Küchenfußboden aufgefunden hatte. Er war hoch in Janes Zimmer, wo sein Vater gerade dabei gewesen war, seinen Gürtel zu öffnen. Q war ausgeflippt, hatte seinen Erzeuger aus dem Raum gezerrt und auf Muggelart ein Küchenmesser zwischen seinen Rippen platziert. Nachdem er es wie einen Amoklauf seines Vaters aussehen hat lassen, war er wieder zu Jane gegangen. Sie hatte bereits mit einem gepackten Rucksack und einem Teddybären in der Hand auf ihn gewartet und lediglich völlig nüchtern gefragt, ob sie denn jetzt zu Oma und Opa gehen würden. Seither trug er die schwere Gliederkette um den Hals und die blutrote Träne unter dem Auge, als Zeichen dafür, dass er jeden bluten lassen würde, der Jane auch nur ein Haar krümmte. Außerdem färbte er sich seither die Haare schwarz. Eigentlich war er nämlich auch blond, wie seine Schwester. „Kürbissaft, bitte.“ Sie setzte sich und legte die Zeitung auf den Tisch. Als Quinns Blick drauf fiel, huschte ein seltsamer Blick über sein Gesicht, der Lily schlucken ließ. „Oder vielleicht doch lieber einen Wodka, bitte.“ Der rotierende Becher mit der schimmernden Flüssigkeit, den der Schwarzhaarige gerade heraufbeschworen hatte, wandelte sich in Farbe und Form, bis schließlich ein flaches Glas mit einem einladend klaren Getränk vor ihr zum Stehen kam. Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen ihnen, während Lily an ihrem Glas nippte. Die Flüssigkeit brannte in ihrer Kehle und fing nach dem ersten Schluck schon an ihren Kopf leicht zu benebeln. Sie trank normalerweise keinen Alkohol, schon gar nichts mit einem Prozentwert in dieser Höhenlage und dementsprechend schnell zeigte das Zeug auch seine Wirkung. Aber das war vielleicht auch gut so. Ein letztes Mal kam sie mit ihrem Entschluss ins Wankeln. Noch war es nicht zu spät, sie konnte einfach ein unverfängliches Thema anschlagen und danach wieder gehen. „Habt ihr was damit zu tun?“ Ihr Kopf ruckte in Richtung der Zeitung und Quinns Blick folgte der Bewegung. Gut, jetzt war es dann wohl zu spät, um noch zu kneifen. Lange sagte niemand etwas. Beide hatten ihren Blick auf die Schlagzeilen gerichtet und schwiegen. Am Kiefer ihres Zaubertranklehrers zuckte ein Muskel. „Ja. Und nein, mehr sag ich nicht dazu – versuch gar nicht erst nachzufragen. Scorp hat ausdrücklich angeordnet, dass du nichts erfahren sollst und ich werd den Teufel tun und mich mit ihm anlegen. Es ist sowieso besser, je weniger du weißt. Wenn du deine Nase noch weiter in Dinge stecken willst, die dich nichts angehen, solltest du mal bei deinem Lover nachfragen. Ich halt mich da raus.“ Der Dunkelhaarige lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm einen Schluck Tequilla, den er für sich herauf beschworen hatte. Lily hatte den Blick gesenkt, doch sie spürte, dass seine Augen auf ihr ruhten. Sein Tonfall war bestimmt und kalt gewesen, einschüchternd. Und seine Worte hatten diese Wirkung noch unterstrichen. Obwohl sie nicht daran geglaubt hatte, war die Hoffnung doch die ganze Zeit am Leben geblieben, dass alles nur blöde Zufälle gewesen waren und ihre Freunde nichts damit zu tun hatten. Sie hätte nicht fragen sollen. „Scheiße“, fluchte Quinn mit einem Mal in die Stille hinein und rieb sich übers Gesicht. „Das ist einfach ne Mistsituation. Scorp versucht dir den ganzen Müll leichter zu machen, aber du vereinfachst die Sache nicht grade, wenn du dauernd alles hinterfragst. Weißt du, manchmal ist es definitiv besser, nicht alles zu wissen.“ „Aber ich will nicht, dass wir Geheimnisse voreinander haben…“ murmelte sie während sie in die Flüssigkeit starrte. Das war doch keine Grundlage für eine funktionierende Beziehung. Nicht, dass sie Expertin in solchen Dingen war. Scorpius war ihr erster Freund und sie hatte in etwa so viel Ahnung was das betraf, wie ein Dreizehnjähriger. Selbst ihren ersten Kuss hatte sie an ihn verschenkt. Und sie war froh darüber. Wenn sie sich jetzt daran zurück erinnerte, wie sie ihn damals nach dem Quidditchmatch abgeschmust hatte, empfand sie noch immer ein Glücksgefühl in ihrer Brust. Der Rummel um sie herum war verstummt, zumindest für sie. Dass sie nur Zweiter geworden waren, war in den Hintergrund gerückt. Nur sie und Scorp hatten in diesem Augenblick noch gezählt, als ihr Lippen miteinander verschmolzen. Im ersten Moment war der Blonde wie erstarrt gewesen, aber dieser Moment hielt nicht lange an. Welch Überraschung. Er hatte den Besen fallen lassen und ihr die Hand an die Wange gelegt, während sich die andere samt Pokal um ihren Rücken schlang. Sie hatte sich im Gegenzug an seine durchtrainierte Brust gekuschelt und der Kuss hatte erst geendet, als sie ihm versehentlich eins mit dem Besenstiel übergezogen hatte. „Und du erzählst ihm auch alles aus deinem Leben? Er weiß immer ganz genau, wann du dich mit wem triffst, was du machst, wann du grad deine Periode hast“, er zog eine Augenbraue hoch und grinste zynisch. Unbehaglich wich die Rothaarige seinem Blick aus und zupfte am Saum ihres Umhangs herum. Irgendwie hatte er ja Recht, aber es war doch ganz normal, dass man es wissen wollte, wenn sein Freund jemanden umbrachte, oder? „Das ist doch was anderes. Das … ist nicht so wichtig.“ „Unsere Aktionen sind für dich auch nicht so wichtig, oder? Sie betreffen dich schließlich nicht. Zumindest nicht direkt. Und wenn es doch so ist, weiht Scorp dich vorher ein, wie bei der Sache im Mungos.“ „Aber das hat doch alles weitreichende Folgen und überhaupt…“ Bevor Lily ihre klägliche Verteidigung fortsetzen konnte, klopfte es an der Tür. Quinn warf ihr noch einen letzten fast mitleidigen Blick zu und ließ den Alk verschwinden, bevor er sein Lehrergesicht aufsetzte und den Besucher herein bat. Die Vorsorge war aber umsonst gewesen, es war nur Jane, die gutgelaunt durch die Tür hereinschlüpfte. „Hallo, ihr zwei. Stör ich?“ Beim Anblick seiner Schwester wurde Quinns Miene weich. Es war unglaublich, dass die beiden Geschwister waren. Jane sah mit ihren goldenen Locken und dem seligen Lächeln aus wie ein Engel, während Quinn mit den Tätowierungen und Piercings eher auf der suspekten Seite war. Auch vom Charakter her waren die beiden so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Wer dabei wer war, stand ja wohl außer Frage. Die Ravenclaw war eine der Jahrgangsbesten, immer und zu jedem freundlich. Quinn hingegen war aggressiv, provokant und brutal. Wobei man ja zu seiner Verteidigung sagen musste, dass er sich in letzter Zeit extrem unter Verschluss hielt, um seinen Posten nicht zu verlieren. „Hei, Kleines. Nein schon okay. Was gibt’s? Hast du schon wieder was angestellt?“ „Ja natürlich. Immer doch.“ Jane rollte die Augen, während sie sich neben Lily niederließ. Als ob sie jemals etwas anstellen würde. Das war definitiv sein Part, nicht ihrer. „Nein, eigentlich brauch ich deine Hilfe. Wir haben in Muggelkunde vor drei Tagen einen Aufsatz über die Funktionsweise von Muggelverkehrsmitteln bekommen. Ich hab damit angefangen, aber da in der Bibliothek alle Bücher zu dem Thema weg sind, komm ich nicht weiter. Unsere Professorin hat zwar gesagt, dass wir die Erörterung jetzt nicht machen müssen, aber ich will sie trotzdem abgeben…“ „Du kleine Streberin.“ „…kannst du mir dabei helfen?“ Ob sie wohl wusste, warum alle Muggelkundebücher weg waren, überlegte Lily. Sie wirkte so ahnungslos und unschuldig. Und Quinn unternahm wohl alles, um sie da raus zu halten. Andererseits versuchte auch Scorp sie nicht mit rein zu ziehen. Aber Jane war wohl nicht so neugierig und stur und versessen, wie sie. „Süße, du weißt genau, dass ich Muggel nicht ausstehen kann. Ich kann dir einen Bericht liefern, wie welcher Muggelalkohol schmeckt, aber das war’s dann auch schon. Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss, aber da bist du bei mir absolut an der falschen Adresse.“ „Ähmm, wenn du willst, kann ich dir vielleicht helfen“, schaltete sich Lily in das Gespräch ein. „Schließlich ist mein Vater bei Muggeln aufgewachsen und daher sind auch wir relativ vertraut mit diesen Muggeldingen groß geworden. Außerdem hab ich ebenfalls Muggelkunde. Also wenn du willst?“ „Ja, das wäre großartig“, strahlte sie Jane an. Gott, es war einfach unmöglich, dieses Mädchen nicht zu mögen. „Klar, gerne. Sagen wir morgen um fünf in der Bibliothek?“ „Perfekt – super, vielen Dank.“ „Gut, dann sehen wir uns morgen. Bis dann.“ Kapitel 19: Hausaufgaben ------------------------ „Warum heiratest du ihn eigentlich nicht gleich? Und ziehst zu ihm? Und setzt ganz viele kleine Scheißmalfoys in die Welt?“ „Hugo, jetzt lass sie doch mal in Ruhe…“ „Verdammt, was redest du eigentlich für Müll? Du solltest dir mal selbst beim Reden zuhören, du Idiot.“ Wenn er jetzt glaubte, dass sie sich für ihre Beziehung schämte oder rechtfertigte oder sonst irgendwas, dann hatte er sich aber gewaltig geschnitten. „Und was geht es dich überhaupt an? Meine Beziehung kann dir doch sowas von scheißegal sein!“ Der ganze Gemeinschaftsraum hatte die Ohren gespitzt, was aber eigentlich gar nicht nötig war. Lily und ihr Cousin Hugo standen an unterschiedlichen Enden ihres Aufenthaltsraumes und brüllten sich aus voller Kehle Beleidigungen entgegen. Vermutlich hörte man sie auch unten in den Kerkern noch. Zwischen ihnen hatte sich Roxy mit ausgebreiteten Armen aufgebaut, wobei nicht genau zu sagen war, ob sie den Streit schlichten oder nur ein Blutbad verhindern wollte. Aber das war ja auch…! Warum mischte sich eigentlich ihre halbe Familie in ihr Liebesleben ein? Sämtliche Potter-Weasleys, die noch in Hogwarts waren, redeten kaum noch mit ihr und wenn doch, waren sie nicht gerade freundlich. Und die, die schon aus der Schule draußen waren, hatten ihr in den Ferien oder per Brief gesagt, dass sie von ihrer Beziehung eher nicht so begeistert waren. Das konnte ihnen doch egal sein! Sie war glücklich mit Scorp, sie sollten sich liebe für sie freuen, anstelle ihr immer nur Vorwürfe zu machen. Das machte sie schon selbst oft genug. Außerdem konnte sich ja nichts dafür, in wen sie sich verliebte. „Er ist ein beschissener Malfoy! Ein Malfoy! Noch dazu ist er absolut unausstehlich und du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass er es ernst meint mit dir, oder?“ Einen Moment lang blieb Lily der Mund offen stehen. Sie war sprachlos, was so ungefähr einmal in zehn Jahren vorkam. Das war ja wirklich weit unter der Gürtellinie gewesen. Im Gemeinschaftsraum war es still geworden, alle Augen waren auf sie gerichtet. Keiner versuchte jetzt noch, auch nur so zu tun, als würde er nicht zuhören. Bis jetzt hatten sie wenigstens noch so getan, als würden sie ihren Streit nicht mitbekommen. Auch Hugo merkte, dass er jetzt einen Schritt zu weit gegangen war und kam auf sie zu. „Lily, es tut mir Leid, so war das nicht gemeint…“ „Fass mich nicht an!“ Sie schlug seine Hand weg, noch eh er sie ihr freundschaftlich auf den Arm legen konnte. Ihre Stimme war zu einem kalten Fauchen geworden und ihre Augen hatte sie zu schmalen Schlitzen verengt. „Lily…“ „Bleib mir einfach vom Leib. Du hast doch keine Ahnung von mir oder von ihm oder sonst irgendwas. Warum hältst du nicht einfach die Schnauze und lässt mich in Ruhe?“ Noch eh er weiter rum jammern konnte, wirbelte sie auf dem Absatz herum und eilte aus dem Gemeinschaftsraum. Einer der Gründe, warum sie es mit einem Mal so eilig hatte weg zu kommen, waren die Tränen, die sich nicht länger zurück halten ließen. Warum konnten sie sie nicht einfach alle in Ruhe lassen? Warum konnten sie ihr ihr Glück nicht einfach gönnen? Sie wusste, dass Scorp nicht gerade eine Vorzeigepersönlichkeit besaß. Er war egoistisch, arrogant und hatte die Todesser wieder ins Leben gerufen. Und sie wusste auch, dass es mit ihm nicht so leicht werden würde, wie sie es gern hätte. Aber es war nun mal so, dass sie ihm ihr Herz geschenkt hatte. Und er hatte es noch nicht zurück gegeben. Vor der Bibliothek hielt sie inne und wischte sich die Tränen von der Wange, die sich wie Glasscherben ihren Weg aus ihrem Inneren hinaus in die Welt bahnten. Tief durchatmen. Ein und aus. Bis sich der Pulsschlag wieder normalisiert hatte und die Tränen versiegt waren. Nieder mit der Trauer-Power. Ein letzter tiefer Atemzug, eh sie die Tür aufschlug und ihr der typische Büchereigeruch entgegen schlug. Eine Mischung aus alten, ledernen Einbänden, knittrigem Pergament und brüchigem Papier. Und noch ein letzter Hauch der Verwüstung der letzten Tage. Die Bücherreihen zu beiden Seiten ragten wie Hecken in einem Labyrinth auf, scheinbar unendlich hoch, da die oberen Reihen mit der Dunkelheit verschmolzen, weil sie das warme Kerzenlicht nicht mehr erreichte. Gespenstisch. Aber auch mystisch und geheimnisvoll. Und beruhigend. Schön. Nur wenige Schüler waren um diese Uhrzeit noch in der Bibliothek. Jane wartete bereits auf einem der vordersten Tische auf sie, Schreibzeug bereitgelegt. „Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Ich…wurde noch aufgehalten.“ „Kein Problem“, lächelte Jane ihr entgegen, doch dann legte sie den Kopf schief und musterte sich aufmerksam. „Alles in Ordnung mit dir?“ Lily hatte sich zerstreut auf einen Stuhl zu setzten versucht, auf dem einig Pergamentrollen gelegen waren. Die Rollen waren von dem Versuch eher weniger begeistert gewesen und eine Feder, die dabei gelegen war, war unter Lilys Gewicht zerbrochen. Mit einem Seufzer zupfte sie sich einen Splitter vom Hintern und sah diesmal nach, ob der Stuhl, den sie hervor zog, wirklich leer war. „Ja, alles bestens, danke.“ „Ach, dann ist der Waschbärlook seit neuem modern?“ Ups. Nicht wasserfeste Wimperntusche. Mit dem Ärmel wischte sie sich über die Augen, was die ganze Sache vermutlich nicht wirklich verbesserte. Mit einem mitfühlenden Lächeln reichte ihr die Ravenclaw einen Spiegel und eine Packung Taschentücher. Hello Kitty, wohl bemerkt. „Ach, ich hab einfach grad ein wenig Stress mit meiner Familie…“ Ein wenig war zwar leicht untertrieben, aber ja. Außerdem war es ja nicht nur ihre Familie. Irgendwie auch ihre Freunde und Verwandten und sämtliche anderen Bekannte. Die einzige Ausnahme bildete Roxanne „Wegen Scorpius?“ Es war ein offenes Geheimnis, dass die Potters nicht sonderlich begeistert von ihrer Beziehung waren. Schön, dass sie anscheinend im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit stand. Einen Moment lang überlegte sie einfach Nein zu sagen, aber im Grunde war es doch egal. Außerdem würde es schön sein, endlich mal mit jemandem drüber zu reden. Jemandem, der nicht voreingenommen war. Jemandem, der sie nicht hasste, weil sie mit ihm zusammen war. Jemandem, der Scorp mochte. Es brach wie eine Sintflut aus ihr heraus. Die Worte, wie auch die Tränen. Sie kotzte alles aus, von Anfang an. Nein, eigentlich vom Ende an. Sie berichtete von den Streitereien mit ihrer Familie in letzter Zeit. Dann mit den Meinungsverschiedenheiten am Anfang ihrer Beziehung. Und dann von ihrer Verliebtheit in der ersten Zeit. Von den Schmetterlingen im Bauch. Vom Prickeln auf ihrer Haut bei jeder Berührung. „Es war, als ob mir jeden Tag die Sonne aus dem Arsch scheinen würde.“ Jane lachte. „Was für eine noble Ausdrucksweise du doch hast.“ Einen Moment lang lächelten sich die beiden stumm an. Lilys Brust fühlte sich an, als ob eine zentnerschwere Last von ihr abgefallen wäre. Sie fühlte sich so erleichterte, so erneuert, wie nach einem reinigenden Sommerregen. „Danke, dass du mir zugehört hast. Es war wirklich ein schönes Gefühl, endlich mal mit jemandem reden zu können, der Scorp nicht hasst. Und mich nicht hasst, weil ich mit ihm zusammen bin.“ „Wer sagt, dass ich dich nicht hasse deswegen? Ich meine, du hast den absolut heißesten Typ überhaupt abgekriegt. Scorp ist sooo wahnsinnig scharf, ich will auch!“ Jane grinste und drehte genüsslich die Augen über. Rund um sie herum wurde es immer ruhiger. Vor den Fenstern war es bereits völlig dunkel geworden und eine Hand voll Sterne schimmerten deutlich abgehoben vom schwarzen Himmel durch die hohen Fenster. Einige zarte Wolkenfetzen wurden vom Wind am zunehmenden Mond vorbei getrieben. „Du hast ihn noch nicht in seiner vollen Pracht gesehen.“ Lily lächelte verschmitzt, bis Jane schallend los prustete. Eigentlich hatte sich das auf seinen wahnsinnigen Hammeroberkörper und seinen knackigen Hintern bezogen. Die Zweideutigkeit hinter ihren Worten wurden ihr erst bewusst, als Jane beinahe vom Stuhl fiel, weil sie vor Lachen keine Luft mehr bekam. Verdammt, in Gesprächen mit pubertären Teenagern musste man aber auch wirklich bei jedem Wort aufpassen, dass kein schlüpfriger Ton hinein interpretiert werden konnte. „So…“, stammelt Lily mit knallrotem Kopf, „ich…also, das war nicht so gemeint!“ Die Ravenclaw wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, bis sie Lilys tomatenrotes Gesicht sah und erneut in Gelächter ausbrach. Jetzt passte sie wenigstens zu den Rubinstreifen auf ihrer Hauskrawatte. Nachdem die erste Peinlichkeitswelle abgeklungen war, lachte auch Lily mit. Erst zaghaft, dann immer herzhafter. Janes glockenhelles Kichern war einfach ansteckender als ein Lauffeuer. Die wenigen Schüler, die noch hinter ihren Büchern vergraben waren, warfen ihnen empörte Blicke zu, doch sie bemerkten es nicht. Es war einer der Momente, in denen man sich vor Lachen einfach nicht mehr einkriegen konnte; der Lachflash ließ sich beim besten Willen nicht unter Kontrolle bringen. „So herzhaft“, japste Jane nach einer Weile, „hab ich schon lange nicht mehr gelacht.“ Da konnte die rothaarige Gryffindor nur zustimmen. Selbst ihre Freundschaft mit Roxanne war seit dem Anfang ihrer Beziehung überwölkt gewesen. Es war einfach nicht mehr dasselbe seither. Irgendwie komisch, wie sehr eine einzige Entscheidung ein ganzes Leben so ändern konnte. Nichts war mehr wie bisher und würde auch nie wieder so sein. Doch im Moment störte es Lily zur Abwechslung mal nicht. Sie fühlte sich erleichtert und glücklich, diese drückende, beengende Leere in ihr war verschwunden. Lily fühlte sich selig, während sie Janes munteres Geplapper über sich ergehen ließ. „…aber wenn du ihn näher kennst, ist er eigentlich wahnsinnig cool. Naja, aber das bist du auch. Selbst Quinn kann das nicht leugnen. Er mag dich, was in etwa eine Hand voll Leute von sich behaupten können. Ich wünschte, dass du Weihnachten mit uns verbringen würdest. Scorp wollte dich nicht fragen, weil er meint, du würdest sicher lieber mit deiner Familie feiern.“ „Was?“ Jane sah von ihrem Pergament hoch, auf das sie gerade kleine Herzchen gemalt hatte, während sie von Scorp schwärmte. „Welchen Teil soll ich jetzt noch mal wiederholen? Den, in dem ich deinen Freund anhimmle, den über Quinn oder den Schluss?“ „Den Schluss.“ „Ich wollte dich zu Weihnachten einladen – ich hätte dich gern bei uns dabei gehabt – aber Scorp wollte nicht, dass ich dich frage, weil er meint, dass du sicher lieber mit deiner Familie feiern würdest und er dich nicht in die Lage bringen wollte, dass du ‚nein‘ sagen musst. Keine Ahnung, was daran so schlimm sein sollte. Aber er glaubt, dass du mit deiner Antwort niemanden vor den Kopf stoßen wollen würdest, wenn du sagst, dass du das Fest der Liebe nicht mit uns verbringen willst. Oder irgendwas in die Art jedenfalls.“ Das Goldköpfchen zuckte die Achseln und grinste, während Lily lächelte und die gerührten Tränen zu unterdrücken versuchte. Er war einfach perfekt. So liebevoll und fürsorglich. Und es war absolut unfair von ihr, auch nur für eine Minute an ihm zu zweifeln. „Seit wann ist Scorp denn so fürsorglich? So kenn ich ihn ja gar nicht“, scherzte Lil, um ihre Rührseligkeit zu überspielen und Jane kicherte. „Womit wir wieder beim Thema wären, wie toll er doch ist.“ „Ich will dir ja nicht drohen oder so, aber nur damit du’s weißt: ich kratz jedem die Augen aus, der ihm zu nahe kommt.“ Die beiden lachten und Jane hob theatralisch die Arme in einer abwehrenden Geste. „Vielen Dank für die Warnung – ich werd sie beherzigen, da mir mein Augenlicht lieb ist.“ „Gut“, schloss Lily, „da wir das jetzt geklärt hätten könnten wir uns dann langsam mal den wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen: Muggelkunde.“ Obwohl Muggelkunde nicht gerade eines von Lilys Lieblingsfächern war, war es doch einer der schönsten Abende seit Langem. Kapitel 20: Streit ------------------ Der köstliche Duft von frischen Keksen und heißem Punsch lag schwer in der Luft, untermalt vom holzigen Geruch des Feuers im offenen Kamin. Das Wohnzimmer der Potters in Godric’s Hollow war wahrlich eine Hochburg an weihnachtlicher Pracht, mit all dem festlichen Schmuck, der atmosphärischen Feierlichkeit und der dazu passenden Stimmung. Vor den Fenstern blühten Eisblumen und ließen die überdachte Veranda wie ein Gewächshaus wirken, während im Inneren die gesamte übergroße Potter-Weasley Familie die behagliche Wärme des Ofens genossen. Den Mittelpunkt des Familienweihnachtsfestes bildete der turmhohe Tannenbaum, der mit hellblauen und kupfernen Kugeln und Kerzen aufgeputzt war. Und Schokoschirmen! Lily fand Weihnachten dieses Jahr irgendwie deprimierend. Seit die Feiertage begonnen hatten, war ein Schalter umgelegt und der Heile-Welt-Schein hochgefahren worden. Alle waren unnatürlich freundlich zu einander, sangen Lieder, die sie eigentlich nicht ausstehen konnten und lächelten ständig. Es war alles so eine Farce. Denn unter der Fassade spürte man es deutlich brodeln. Und die Anfeuerung des Brennofens war Lily, was ihr die schnellen Seitenblicke aller Anwesenden sagten. Es wurden lediglich höfliche Floskeln in den kurzen Gesprächen mit ihr ausgetauscht, wenn sie überraschend hinzu kam, verstummten die Anwesenden und warfen sich betretene Blicke zu, doch am schlimmsten war die unterdrückte, aber deutlich spürbare Feindseligkeit. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das Donnerwetter entladen würde. Jetzt wusste die Rothaarige wenigstens, warum Dominique schon seit Jahren nicht mehr mit ihnen Weihnachten feierte. Scorp hatte ihr erzählt, dass es dem schwarzen Schaf anfangs ziemlich schwer gefallen war, nicht zur Herde zu gehören, auch wenn sie es sich nie hat anmerken lassen. Nach außen hin mochte es so scheinen, als ob es ihre Verwandten vorbehaltslos akzeptiert hätten, dass Domi ein Slytherin war, aber gerade solche Feste wie Weihnachten zeigten deutlich, dass dem nicht so war. Dass sie einfach nicht dazu passte. Alles was nicht ins heldenhafte Schema der Potter-Weasleys passte, wurde mit Distanz und Ablehnung betrachtet. Nicht, dass sie bewusst ausgeschlossen wurden. Früher waren Lily die Sticheleien nicht einmal aufgefallen. Erst jetzt, wo sie das Ziel der allgemeinen Abneigung geworden war, wurde ihr bewusst, wie sehr solche kleinen, oft auch unbewussten Gesten schmerzten. Mit einem Seufzer wandte sie den Blick aus dem Fenster. Es hatte wieder zu schneien begonnen und dicke, fluffige Flocken trieben an den vereisten Scheiben vorbei. Auf dem Verandaumlauf hatte sich bereits eine dünne Watteschicht gebildet und die umliegenden Häuser wurden von der getupften Dunkelheit verschluckt. Sie wünschte, Scorpius wäre hier. „Warum bist du eigentlich hier? Du wärst doch sowieso lieber wo anders. Traurig, dass deine Familie wegen irgendeinem Kerl bei dir nur an zweiter Stelle steht.“ Einfach ignorieren. Nicht hinhören. Albus und Hugo hatten es sich anscheinend zu ihrem Tagesziel gemacht, sie möglichst oft auf die Palme zu bringen. Lily wusste, dass sie sie dadurch nur dazu bringen wollten, Scorp in den Wind zu schießen. Es war nichts Persönliches gegen sie, trotzdem war sie in den letzten Tagen oft abends allein in ihrem Zimmer gehockt und hatte geheult. „Al, hol doch mal bitte eine Flasche Kürbissaft aus der Küche.“ Als sich Schritte hinter ihr entfernten drehte sie sich zu Harry um. Albus‘ Silhouette verschwand gerade im Durchgang zur Küche, Hugo auf den Fersen. Ihr Cousin war zu einer Art Schatten mutiert, der Al überall hin folgte und alles tat, was er tat. Gut, Albus war auch ein wirklich beneidenswertes Idol. In Hogwarts war er Vertrauensschüler, Klassenbester und Schulsprecher gewesen und sein lupenreiner Notendurchschnitt setzte sich auch jetzt in der Aurorenschule noch fort. „Vielleicht solltest du wirklich mal drüber nachdenken, ob…“ „Fang bitte nicht auch noch damit an, Dad.“ „Ich wollte nur,…“ „Ich will auch viel, nur meine Wünsche werden hier irgendwie nicht geduldet.“ „Red nicht in so einem Ton mit Dad!“ „Albus halt dich da raus.“ „Schnauz ihn nicht an!“ „Hugo, halt’s Maul. Dich geht das ja schon mal am allerwenigstens an. Du bist keinPotter.“ „Aber er gehört trotzdem zur Familie, Lily.“ „Schlägst du dich jetzt auch auf ihre Seite, Dad?“ „Nein, ich ergreife für überhaupt niemanden Partei, aber…“ „Wisst ihr was? Ich verschwinde einfach. Das ist es ja was ihr wollt, oder? Dass ich einfach verschwinde und euch euer perfektes Weihnachtsfest feiern lasse. Ohne dunkle Punkte, die nur die allgemeine Heiterkeit trüben und die man am liebsten wieder rein schrubben würden. Tut mir leid, dass ich euren hohen Maßstab nicht erfüllen kann.“ „Lily…“ Alle Augen waren auf die Rothaarige gerichtet, die auf dem Absatz kehrt machte und aus dem Raum rauschte. Harry, Hugo, Albus und seine Flasche Kürbissaft, sowie den Rest der Festtagsgesellschaft zurück lassend. Die Dunkelheit und Ruhe in ihrem Zimmer war wie Balsam für ihre aufgewühlte Seele. Ein Schluchzer bahnte sich seinen Weg aus ihrer Kehle hoch an Tageslicht, gefolgt von einem weiteren und immer mehr. Bald folgten die ersten Tränen, die auf ihre Tasche tropften, als sie Kleidung, Zahnbürste und den Rest der benötigten Utensilien für eine Übernachtung hinein stopfte. Als es an ihrer Tür klopfte, schreckte sie zusammen. Eiligst wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Sah die schwarze Farbe auf ihrer Hand. Toll, sie sah vermutlich aus wie ein Waschbär. Aber für’s Abschminken blieb jetzt keine Zeit mehr. Sie wollte einfach nur noch weg. Raus aus diesem Haus, in dem sie nicht akzeptiert wurde. „Lily, mach die Tür auf.“ Die Stimme ihrer Mutter klang gedämpft durch das Holz, als Lily das Fenster aufriss und mit ihrem Zauberstab ein Seil hinunter in den Garten zauberte. Auf keinem Fall würde sie jetzt an Ginny und dem übervollen Wohnzimmer vorbei zur Haustür gehen. Da kletterte sie lieber aus dem Fenster. An eine Jacke hatte sie natürlich nicht gedacht und kaum stand sie mit ihren Ballerinas und dem dünnen Wollshirt unten im fast kniehohen Schnee, fing sie an zu zittern. Sich über die Arme rubbelnd hastete sie hinunter zum Gartentor. Der weiße Zaun war im Schneegestöber kaum auszumachen, aber sie wusste in etwa, wo die Grundstücksgrenze lag und wo somit der Apparierschutz aufgehoben wurde. Eigentlich durfte Lily noch nicht offiziell apparieren, da sie grade erst alt genug für die Prüfung geworden war, aber ihre Eltern hatten es James, Al und ihr bereits früher beigebracht. Harry und Ginny waren einfach der Ansicht, dass Disapparieren die beste Möglichkeit für ihre Kinder war, um schnell und sicher aus Gefahrensituationen zu entkommen. Man konnte sagen, was man wollte, aber Harry war nun einfach mal ein Auror durch und durch und hatte ganz offensichtlich auch das leicht paranoide Denken eines solchen. Lily für ihren Teil war jedenfalls froh darüber. Apparieren war das Praktischste überhaupt, wenn man schnell und umstandslos von A nach B kommen wollte. Oder von Godric’s Hollow nach Southampton. Vor dem schmiedeisernen, kunstvoll gefertigten Auffahrtstor von Malfoy Manor nahm Lily wieder Gestalt an. In den Hamptons schneite es zwar nicht, dafür lag eine trockene, eisige Kälte in der Luft. Ihr Atem wurde in Form von kleinen, weißen Wölkchen sichtbar und ihr Haar wurde von einer Frostschicht überzogen, während sie die endlos lange Auffahrt zum stattlichen Herrenhaus hoch wanderte. Verdammt, warum in aller Welt musste diese bescheuerte Einfahrt eigentlich so lang sein?! Bis sie endlich vor dem schwarzen Eingangsportal angekommen war, spürte sie ihre Zehen nicht mehr und ihre Lippen schimmerten unter dem farblosen Gloss blauviolett. Aber wenigstens wurde sie schon erwartet und musste nicht erst endlos klingeln, bis sie jemand einließ, weil niemand auf das Malfoysche Anwesen kam, ohne dass der Hausherr davon Wind bekam. „Lily! Was machst du denn hier?“ Ungläubige Überraschung schwang in Scorps Stimme mit, als er den unbekannten Eindringling im Licht, dass aus der geöffneten Tür und den Fenstern fiel, identifizierte. Er senkte den Zauberstab und lächelte. Bis er sie besser sehen konnte und sah, dass dank ihres Sommeroutfits der Frost dezent an ihr nagte. „Um Himmels Willen, komm erste Mal rein. Schon mal in Erwägung gezogen, eine Jacke anzuziehen, wenn draußen frostige Minustemperaturen herrschen? Und anständige Schuhe?“ Der Blonde zog sie ins Haus und warf die Tür hinter ihr ins Schloss, während er aus seinen Lammfellhausschuhen schlüpfte. Leider hatte er nur ein Hemd an, sonst hätte er ihr seine Jacke auch noch gegeben. „Anziehen.“ „Ja, Mama. Verdammt, welche Schuhgröße hast du eigentlich? 58?“ Auch wenn sie bei jedem Schritt aufpassen musste, dass sie die Pantoffeln nicht verlor, war es doch herrlich, in die mollig warmen Schuhe zu schlüpfen. „Mein unpassender Auftritt rührt von meinem überstürzten Aufbruch her – ich hatte keine Zeit mehr, eine Jacke zu suchen. Sonst noch irgendwelche Wünsche, Fragen oder Anregungen oder werd ich jetzt dann endlich mal richtig begrüßt?“ Mit einem Grinsen trat der junge Malfoy an sie heran, schlang die Arme um sie und zog sie an seinen warmen Körper. „Wünsche würden mir jetzt spontan noch einige einfallen, aber die verrat ich dir später“, gab er mit einem Zwinkern zu, eh sich seine Lippen auf ihre legten und ihren kalten Körper mit einem heißen Kuss wieder auftauten. „Darf ich dann erfahren, warum du hier bist? Also, nicht dass ich mich nicht freuen würde – ich bin lediglich überrascht.“ „Naja, Jane hat gesagt, dass du mich gern hier gehabt hättest, also: hier bin ich.“ „Und das ist alles“, fragte Scorp skeptisch und zog eine Augenbraue hoch. Spätestens als Lily schwer seufzte und seinem Blick auswich, war klar, dass das nicht alles war. „Was ist los?“ „Ich hab heute mal am eigenen Leib erfahren, wie es Dominique bei unseren Familienfeiern immer ergangen ist, dann hatte ich einen Streit mit meinem Dad und bin gegangen.“ „Tut mir leid.“ Scorp wusste verdammt gut, was der Auslöser für den Streit und die Ablehnung ihrer Verwandten war: er. Und seine Liebe zu Lily. „Braucht es nicht. Es ist schön hier zu sein.“ Und das war es wirklich. Natürlich hätte sie grade Weihnachten gern mit ihrer Familie verbracht, aber sie hätte auch genauso gern Scorp dabei gehabt. Es war einfach so verdammt schwer für sie, den Spagat zwischen ihrer Familie und ihrem Freund zu meistern, ohne dabei jemanden hinten anzustellen oder zu vernachlässigen. Die junge Potter versuchte wirklich, dieser Aufgabe gerecht zu werden, aber oft hatte sie das Gefühl, damit überfordert zu sein. Wie jetzt zum Beispiel. „Find ich auch. Ich hätte es mir gewünscht, aber ich wollte dich nicht vor die Wahl zwischen deiner Familie und mir stellen. Es bleibt sowieso schon viel zu oft nichts anderes übrig.“ Beim Anblick seines traurigen Lächelns konnte Lily gar nicht anders, als sich auf die Zehenspitzen zu stellen, sein Gesicht in ihre Hände zu nehmen und ihn zu küssen. „Gut, anscheinend war unsere Sorge unbegründet – Scorp ist lediglich mit einem grade angekommenen Geschenk beschäftigt.“ Lily löste sich beim Klang dieser kalten, herablassenden Stimme von Scorp und erwiderte Domis unfreundlichen Blick. Die blonde Schönheit stand im Durchgang zwischen dem Flur und dem großen Wohnzimmer und hatte über die Schulter mit jemandem gesprochen, den Blick dabei jedoch fest auf das Pärchen geheftet. Scorpius hatte Lily berichtet, dass ihre Lieblingscousine bei ihm eingezogen war. Lily war entzückend, Domi jetzt jede Nacht in Scorps Nähe zu wissen. Aber sie wollte ja nicht die eifersüchtige Freundin spielen und hatte brav ihre Einwände für sich behalten. Außerdem vertraute sie Scorp schließlich. Dominique zwar eher weniger, aber das war eine andere Geschichte. „Dir auch fröhliche Weihnachten, Dominique“, begrüßte die junge Potter ihre Cousine gelangweilt. Neben ihr fing Scorp zu grinsen an, blendend amüsiert über das Gezanke der beiden. Er legte Lily den Arm um die Hüften und führte sie zu Domi, der er ebenfalls einen Arm um die Taille schlang. „Hab ich schon mal erwähnt, dass ich es liebe, wenn sich zwei schöne Frauen um mich streiten?“ Keine der beiden ging darauf ein, weil sie viel zu sehr damit beschäftigt waren, sich an Scorps Brust vorbei böse Blicke zuzuwerfen. „Wir haben Besuch.“ Das herrschaftliche Wohnzimmer war dezent mit silbernem Lametta geschmückt und in der Ecke strahlte eine Silbertanne unter der Last von großen, verschnörkelten Kugeln, tropffreien Kerzen und Engelshaar. Sehr stilvoll, das musste man schon sagen. Aber wahrscheinlich hatte Scorp den Baum geschmückt, da war es kein Wunder. „Lily!“ Jane stürmte mit wehenden Goldlocken heran und umarmte Lily ungehalten. Quinns Schwester hatte einen Narren an der Rothaarigen gefressen, seit die beiden gemeinsam Hausaufgaben gemacht hatten. Im weißen Marmorkamin flackerte ein gemütliches Feuer und beleuchtete die lederne Couchgarnitur davor. Auf dem Perser hatte sich Domis Yorkshire Terrier ausgetreckt und musterte den Neuankömmling interessiert. Dahinter saßen Quinn und Jacob, beide eine dampfende Tasse Eierpunsch in der Hand. „Hallo.“ „Sag mal, Rotschopf, stehst du eigentlich drauf, im Winter leichtbekleidet durch die Finsternis zu laufen.“ Q grinste, eine Augenbraue hochgezogen. Es war ja immerhin nicht das erste Mal, dass Lily vor dem Erfrieren gerettet werden musste. Nur, dass sie damals davon gerannt war, weil Dominique sie fälschlicherweise alle hat glauben lassen, dass Scorp zu Silvester etwas mit ihr gehabt hatte. Erst Quinn hatte die Sache dann aufklären und wieder richten können. Lily warf Domi einen hasserfüllten Blick zu und erntete dafür ein süffisantes Lächeln von der Schönheit. „Was verschafft uns jetzt eigentlich die Ehre deines Besuchs?“ Am liebsten hätte Lil die höhnische Frage ihrer Cousine ignoriert, aber auch Jacob, Quinn und Jane blickten sie fragend an, während sie sich neben Scorp auf dem Ledersofa niederließ. „Eierlikörpunsch, Madame?“ Ein Hauself hielt ihr einen schlagobersgekrönten Becher hin und zog sich dann wieder diskret zurück. „Danke.“ Dann wandte sie sich wieder an die Magier. „Meine Familie.“ Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und Scorp im Gegenzug ihre freie Hand. Der Punsch schmeckte herrlich: süßer Beerenpunsch mit wenig Alkohol, darüber eine dicke Schlaghaube, die mit einem anständigen Schluck Eierlikör übergossen war. Am Tisch vor ihr stand ein Teller mit verschiedenen Kekssorten. In knappen Worten erzählte sie, was passiert war und lächelte amüsiert, als Jane sich darüber empörte und dabei Aniskekskrümmel über die Anwesenden verteilte. „Na wenigstens bin ich heute nicht der Einzige, der vor seiner Familie geflüchtet ist.“ Jacob lächelte schwach, als Lily ihn fragend ansah. „Meine Eltern haben sich bei der engen Auswahl von 365 Tagen genau heute ausgesucht, um mir zu sagen, dass ich heiraten soll. Oder eher werde. Sie haben schon eine wundervolle, akzeptable Kandidatin ausgesucht und stecken schon seit geraumer Zeit in den Vorbereitungen für die Hochzeit.“ „Oh mein Gott, wie mies ist das denn? Na, dass nenn ich mal ein schönes Weihnachtsgeschenk.“ „Jap“, stimmte Jake ihr trocken und mit wenig bis nicht vorhandener Begeisterung zu. „So schön, dass ich meine Sachen gepackt hab und gegangen bin. Zum Glück hat Malfoy Manor genug Gästezimmer.“ Bevor Lily gekommen war hatten die ehemaligen Slytherins auch über das Thema geredet, vor allem weil Domi die Braut recht gut kannte und viel über sie erzählen konnte. „So viel also zum Thema Fest der Liebe“, brachte Scorp den Tag und seine Geschehnisse auf den Punkt. Kapitel 21: Alkohol ------------------- Schon den ganzen Abend grübelte Scorpius darüber nach, wann er zuletzt zu Silvester nüchtern gewesen war. Es war schon eine Weile her, so viel stand fest. Vier Jahre? Fünf? Es war jedenfalls ein ungewohntes Gefühl, um dreiviertel 12 auf die Uhr zu schauen und noch jede Ziffer klar erkennen zu können. Aber Quinn hatte deutlich gemacht, dass neben Jane nicht gesoffen wurde, also hatten sie dem Abend mit Magtivity verbracht. Und jedes Mal hatten Quinn und Jane gewonnen, obwohl sie nur zu zwei waren und Lily, Scorp, Roxy und Beauty sich zum Schluss sogar zu einem Vierergespann zusammen getan hatten. Aber die beiden Geschwister verstanden sich einfach auch ohne Worte und lagen absolut auf einer Wellenlänge. Außerdem war Dom alles andere als ein Michelangelo, Lily war eine pantomimische Katastrophe und Scorp fehlten beim Erklären jedes Mal die Worte. Die einzige brauchbare Spielerin war Roxanne gewesen. Wenigstens hatte er beim Zauberschnippschnapp gewonnen, auch wenn seine Nase jetzt aussah, als ob er einen Backofen von innen inspiziert hatte. „Es ist kurz vor 12, gehen wir runter zum Strand?“, fragte Roxy, mit einem Blick auf die Standuhr in der Ecke, nicht ahnend, dass sie damit unschöne Erinnerungen an dieselbe Nacht vor einem Jahr in Scorp und Lily hervor rief, während Dominique selbstzufrieden lächelte. „Jaa, ich will zum Strand runter“, freute sich Jane, noch eh jemand etwas sagen konnte. Unter Quinns strengem Blick folgten sie dem kleinen Engel zur Hintertür hinaus, durch den perfekt getrimmten Garten und durch die kalte Dunkelheit hinunter zum Meer. Ihr Hauself hatte bereits einige Gläser und eine Flasche Sekt im Sand kalt gestellt und Scorp schenkte jedem ein. Schweigend genossen sie die ersten Raketen, die zu früh geschossen wurden. Dann schlug in der Ferne eine Kirchturmuhr. Vier Mal, weil es Punkt war. Kurze Pause. Zwölf Mal, weil es Mitternacht war. „Gutes neues Jahr“, prosteten sich die Magier am Strand zu. „Auf ein neues Jahr mit dir“, flüsterte Scorp an Lilys Ohr, während er den Arm um sie schlang. Daneben umarmten sich Quinn und Jane und er hauchte er einen Kuss auf die Stirn. „Auf uns“, bestätigte Lily und verschloss seine Lippen mit einem innigen Kuss. Es war ein schönes Gefühl, sich hier in seinen Armen die bunten Lichter am Himmel anzusehen, die die Nacht zum Tag machten und das neue Jahr willkommen hießen. Sie bereute es kein Stück, mit ihm und den anderen zu feiern und nicht mit ihrer Familie. Auf Albus‘ Genörgel konnte sie gut und gern verzichten. Noch eine halbe Stunde stummen Staunens gestand Quinn seiner kleinen Schwester zu, dann befand er, dass es Zeit wurde für sie, in die Federn zu hüpfen. Sie hörten noch den ganzen Weg zurück ins Haus ihr protestierendes Gezeter, doch als die Tür hinter ihnen zuschlug, wurden ihre Geräusche verschluckt. Einen Moment später tauchte wieder ein riesiger Umriss in der Tür auf, umgeben von einigen munter tanzenden Flaschen. „So Leute, jetzt kann die Party los gehen.“ Unzählige, vielfarbige Wodka und dreimal kotzen später spürte Roxy eine große Hand über ihren Arm nach oben streichen. Sie war froh, heute hier zu sein und nicht wie bisher immer an Silvester zuhause. Schon zu Weihnachten hatte sie sich eine heftige Diskussion mit der gesamten Weasley-Potter-Familie geliefert, weil sie Lily und Scorp verteidigt hatte. Heute Morgen war der Streit am Frühstückstisch dann wieder ausgebrochen, also hatte die Rothaarige beschlossen, es ihrer Cousine gleich zu tun und bei Scorp zu feiern. Dass es eine gute Entscheidung gewesen war, sagte ihr auch die Hand, die langsam den Reißverschluss ihrer Jacke aufzuziehen begann. Als die Jacke offen war, schob sie sich unter ihren Pullover. Scheiße, war das kalt! Eine Eisspur hinterlassend wanderte die Pranke über ihren flachen Bauch nach oben zu ihrem BH. Erst war es nur ein einzelner Finger, der leicht über den dünnen Stoff streichelte, doch es wurden immer mehr und die Berührung immer intensive, bis es schon fast einer Massage gleich kam. Trotz der Tatsache, dass ihr Zehen Eisklumpen waren und sie sich gerade den Hintern abfror, jagten ihr heiße Schauer über den Rücken. Anders als letztes Jahr lag diesen Dezember kein Schnee in South Hampton, dafür war es aber bitterkalt. Mit einem wohligen Seufzer lehnte sie sich an den großen Körper hinter ihr und strich mit den steifen Fingern an den Beinen, die neben ihr aufragten, auf und ab. Zwar hatte Roxanne bereits einen festen Freund gehabt, aber weiter als Küssen war das ganze nie gegangen. Das Wissen, dass dieses Spielchen hier im kalten Sand hinter Scorps Haus auf weit mehr als schmusen hinaus lief, machte sie gleichzeitig begierig erregt, aber auch ängstlich nervös. Ob es wohl weh tun würde? Eine zweite Hand landete auf ihrem Oberschenkel und wanderte unaufhaltsam nach oben, zu ihrer empfindlichsten Stelle, während ihr Genosse den Stoff ihres Oberteils bereits zur Seite geschoben hatte und nun abwechselnd an ihrem Nippel zupfte und die Brust knetete. Die Pranke zwischen ihren Beinen war mittlerweile an dem Punkt angekommen, an dem sich ihre Schenkel trafen und strich berauschend auf und ab. Die Reibung wurde zusätzlich noch von der Naht ihrer Jeans verstärkt und Wellen der Lust schwabbten über Roxy hinweg. Sie wollte mehr. Viel mehr… Mit einem Aufstöhnen bog sie ihren Rücken durch, um ihre erogenen Zonen fester an ihre Stimulanten zu pressen und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Ein leises, tiefes Lachen war aus der Dunkelheit neben ihrem Ohr zu vernehmen, dann spürte sie gepiercte Lippen, die an ihrem Ohrläppchen knabberten. Über ihre Wange strichen. Ihren Mund bedeckten. Der Kuss war so verführerisch wie ein riesiger Nougatbecher im Juli. Mehr! Eine durchstochene Zunge leckte ihr über die Lippen und sie ließ sich diese Bitte nicht zweimal vortragen. Mit einer Bereitwilligkeit, die schon fast an Hörigkeit grenzte, gewährte die Rothaarige ihr Einlass. Die kleine Piercingkugel war ein zusätzliches Reizmittel und sie stellte sich vor, welche Körperregionen das silberne Rund noch erforschen könnte. Spontan fiel ihr zwei ein – zufälligerweise genau jene, die gerade mit Fingern und Handflächen bearbeitet wurden. Der Kuss wurde drängender. Leidenschaftlicher. Fordernder. Dann verschwand plötzlich die Zunge aus ihrem Mund. Aber nur, um gleich darauf einem Stoß gleich wieder in ihre Mundhöhle zu schießen. Und dann wieder zu verschwinden. Hineinstoßen. Und wieder hinaus gleiten. Hineinstoßen. Und dann wieder hinaus gleiten. Synchron mit dem Auf und Ab zwischen ihren Schenkeln wurde sie von der Zunge gefickt. In ihr baute sich ein berauschender Sturm auf; der erste Orgasmus ihres Lebens rollte auf sie zu. Doch bevor es so weit war, wurde inne gehalten. „Was hältst du davon, wenn wir rein gehen?“ Verdammt, wir könnten auch auf’s Dach gehen, solange du bloß nicht aufhörst. Sehnsüchtig drückte sich die Rothaarige an den warmen Körper hinter sich und etwas Halbhartes bohrte sich in ihren Rücken. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle die Kleider vom Leib gerissen und die Beine im Sand breit gemacht, aber der Winter hatte andere Pläne. Die Hitze, die von ihrem Lustzentrum ausging, erhitzte sie zwar von innen, aber gegen hart gefrorene Zehen half das auch nichts. Es war wohl wirklich höchste Zeit, ins Haus zu gehen. Sich in ein warmes Bett zu kuscheln. Einen warmen Körper neben sich zu spüren. In sich zu spüren… Eigentlich hatte sich Roxy ihr erstes Mal immer völlig anders vorgestellt. Romantisch. Mit ihrem Traumprinzen. Nach einer ausgiebigen Runde Kuscheln und Schmusen. Nüchtern. Doch ihre Lust, das Brennen zwischen ihren Schenkeln und vor allem der Alkohol schoben ihre Vorstellungen beiseite. Scheiß drauf! Sie wollte es. Und zwar jetzt sofort. Mit dem Kerl, der sich mühsam hinter ihr aufrappelte. Deshalb ließ sie auch auf die Beine helfen und sich durch die schwankende, Karussell fahrende Welt in ein Schlafzimmer bugsieren. Lily war noch nie richtig betrunken gewesen. Also im Sinne von absolut und komplett jenseits von Gut und Böse. Doch die sechzehn Jahre Nüchternheit hatte sie wohl an diesem Abend nachgeholt. Bis Mitternacht war ihre Erinnerung noch klar, danach ging es bergab. Nachdem Quinn mit den Flaschen gekommen war, hatten sie irgendein stumpfsinniges Saufspiel gespielt. Dort hatte sie dann auch den Vorsatz herunter gefahren, sich nicht knietief zu fluten. Als sie dann endlich als letzte im Ziel angekommen war, hatte sie bereits einen ungesunden Grad der Alkoholisierung erreicht gehabt. Ganz im Gegensatz zu Scorp, Quinn und Dominique waren Lily und Roxy als blutige Anfänger auf dem Gebiet des Trinkens ziemlich schnell hinüber gewesen. Danach … uff… war ein Runde Flaschendrehen das nächste halbwegs Klare in ihrer Erinnerung. Irgendwann waren noch haufenweise von Scorps Freunden angetanzt und Lily hatte an dem Abend wohl mehr Jungs – und Mädels, oh mein Gott! – geküsst, als in ihrem bisherigen Leben. Sie hatte ihren Freund betrogen. Mit seiner Einverständnis und vor seinen Augen. Und er sie natürlich auch. Es war sogar irgendwie heiß gewesen, als er Quinn geküsst hatte. Mit Zunge. So ziemlich alles weitere hatte der schwarze Nebel des Vergessens verschluckt. Vermutlich was das auch gut so. Dass sie in Unterwäsche im Meer gewesen war und es saukalt gewesen war, hätte sie zum Beispiel auch gerne vergessen. Zumal die meisten anderen völlig nackt gewesen waren. Und eisiges Wasser komische Sachen mit dem männlichen Geschlecht anstellen konnte. Und auch, dass Scorp sie kurz nach Sonnenaufgang hoch getragen hat, weil sie nicht mehr gehen hat können. Das war sowas von daneben. Mittlerweile war es später Nachmittag und Lily lag allein in Scorps riesigem Bett. Den Versuch sich aufzusetzen und umzusehen gab sie ziemlich schnell wieder auf, als sich das Zimmer zu drehen begann, kaum dass sie den Kopf vom Kissen gelöst hatte. „Da scheint wohl gestern jemand zu tief in Glas geschaut zu haben.“ Schadenfroh grinsend kam Scorpius aus dem Bad, die Boxershorts tief auf der Hüfte sitzend und die Haare ganz untypisch für ihn mal nicht perfekt unperfekt gestylt, sondern einfach nur zerzaust. Und dabei sah er so unglaublich sexy aus, dass Lily das Wasser im Mund zusammen lief. Verlangen wallte in ihr auf, als sie die sanfte Wölbung in seiner Shorts musterte. Sie wusste, wie es schmeckte, wie es sich in ihrer Hand anfühlte, aber nicht wie… Geführt von ihrem Restalkoholpegel schmiegte sie sich fast obszön an ihn, als er sich wieder zu ihr unter die Decke legte. „Das ist unfair – warum siehst du schon wieder so gut aus, während ich mich wie ausgekotzt fühle?“ „Gute Gene. Ich bin eben ein Malfoy.“ Außerdem gab es da so einen wundervollen Zaubertrank, der Abhilfe schaffte. Aber den würde er ihr wohl noch etwas vorenthalten. Was war schon der erste Volldampf ohne den dazu gehörigen Kater? „Das ist so gemein…“, nuschelte sie mit einem schnurrenden Unterton und rückte noch näher an Scorpius heran. Er konnte den Geruch nach Alkohol riechen, der von ihr ausging und grinste. Sie war gestern völlig abgestürzt, absolut puddingweich gewesen. Trotzdem hatte sie sich ziemlich gut gehalten. Der blonde Hausherr hätte schon früher damit gerechnet, dass sie einknicken würde. Sanft legte er sie Hand auf ihre Taille und schloss die Augen, um sie zu küssen. Doch das war ihr nicht genug. Sie packte ihn an der Schulter und zog ihn an sich, so dass er auf ihr zum Liegen kam, als sie sich auf den Rücken drehte. Ihre Hand wühlte sich durch sein Haar, während sie ihn begierig abschmuste. „Hey, hey – immer langsam“, lachte der junge Mann und versuchte sich wieder etwas aus ihrem Klammergriff zu befreien, ohne jedoch einen Erfolg verzeichnen zu können. „Ich will mit dir schlafen.“ Aber hallo, das war ja mal ne klare Ansage. „Ich glaub nicht, dass das eine so gute Idee ist…“ Mühsam versuchte er sich los zu machen, aber es gab kein Entkommen. Für jeden Millimeter, den er von ihr abrückte, kam sie zwei näher. Erschwerend kam noch hinzu, dass sie fast nackt war. Ihre Klamotten waren dreckig und feucht gewesen und so hatte er sie nicht ins Bett legen wollen. Am liebsten hätte er ihr auch noch die Unterwäsche ausgezogen, weil sie nass gewesen war – was mussten diese Vollidioten auch im tiefsten Winter nacktbaden gehen?! Zum Glück waren Lungenentzündungen mit einem einfachen Trank zu heilen –, aber das war ihm dann doch als ein zu großer Eingriff in ihre Privatsphäre erschienen. Sie waren zwar bereits auf diverse Arten intim geworden, aber die Unterwäsche war dabei immer an geblieben. Schon komisch. Früher war ihm jede Frau uninteressant erschienen, die sich nicht in ungefähr sieben Tagen flach legen hat lassen und bei Lily störte es ihn nicht mal groß, sie nach mehr als einem halben Jahr noch immer nicht nackt gesehen zu haben. Im Gegenteil war er im Moment sogar ganz froh, dass sie etwas anhatte. Er war sich nicht sicher, ab er hätte nein sagen können, wenn sie sich völlig unbedeckt an ihm gerieben hätte wie ein Bär an ein Baumstamm und es wäre nicht richtig gewesen, ihre Alkoholisierung auszunutzen. Sie war nicht bei sich, wusste nicht was sie da sagte. „Oh wie nett – sonst vögelst du alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, nur mich willst du nicht!“, fauchte sie, mit Tränen schimmernden Augen. Neeein, bitte nicht. Das roch fast schon nach einem Moralischen und mit sowas konnte er absolut nicht umgehen. „Nein, so war das nicht…“ „Nur weil ich vielleicht nicht so hübsch bin wie Dominique. Ich weiß doch auch nicht was du an mir findest.“ Die ersten dicken Tränen kullerten ihr über die Wange, doch Scorp konnte sie ihr nicht weg wischen. Sie hatte die Arme noch immer fest um ihn geschlungen, die Chance, dass er sie Hand heben konnte, war gleich null. „Das hat doch damit nichts zu tun…“ „Nein? Mit was dann? Bin ich nicht intelligent genug? Ich weiß, dass ich dich nicht verdient habe, aber musst du mir das auch noch so auf die Nase binden? Allein in einem Raum zu sein mit dir versetzt mir Stiche in die Brust, weil du so absolut perfekt bist und ich einfach nur durchschnittlich.“ „Du bist nicht durchschnittlich, du bist wundervoll so wie du….“ „Warum willst du mich dann nicht? Sonst war es dir ja auch immer egal. Wenn du mich hübsch findest, dann schlaf mit mir.“ „Das ist unfair. Und Erpressung.“ Ihre Hand löste sich aus seinem Haar und er dachte, sie zur Vernunft gebracht zu haben. Doch stattdessen knallte sie ihm eine. Nicht fest, dazu war sie grade eher nicht in der Lage und sie traf auch nicht seine Backe, sondern das Ohr, aber trotzdem: sie hatte ihm eine geknallt. Ebenso unkoordiniert und ruppig schob sie ihn von sich herunter und rollte sich auf die Seite, wo sie bewegungslos liegen blieb. „Lily?“ Langsam folgte ihr Scorp und drehte sie wieder zu sich, so dass er ihr Gesicht sah. Erstaunt blinzelnd musterte er sie einen Moment – der Mund stand offen, die Augen waren geschlossen und sie schnarchte leise – dann prustete er laut los. Also eins war klar: das würde er ihr auf jeden Fall noch ihr Leben lang vorhalten. Erst wollte sie ihn fast vergewaltigen, dann verprügeln und zum Schluss war sie einfach weggepennt. Sie würde sich in Grund und Boden schämen, zumal es so gar nicht ihre Art war. Grinsend ließ er sich wieder in die Kissen sinken. Amüsant, amüsant, was Alkohol so mit manchen Leuten anstellte.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)