Weil Liebe niemals einfach ist von Elefantastisch ================================================================================ Kapitel 11: Wahrheit -------------------- Früher als erwartet wurde Lily mit ihren Hausaufgaben fertig. Sie hatten heute kaum welche bekommen, so zu sagen als Hommage an Hagrid. Sein Tod vor zwei Tagen hatte die ganze Schule erschüttert, zumal der Umstand so tragisch war. Fünf Hufflepuffschüler – unter anderem ihr Vertrauensschüler! – hatten in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Bootshaus und im Wald Feuer gelegt. Man hatte den Zauberstab und den Pullover von einem der Täter unten am See gefunden und als sie ihn befragt hatten, hatte er alles gestanden, ebenso wie seine Komplizen. Um sicher zu gehen, hatten sie seinen Zauberstab überprüft und tatsächlich war der letzte gewirkte Zauber ein Brandzauber gewesen. Der Stab mit dem das Dämonsfeuer herauf beschworen worden war, hatte leider nicht kontrolliert werden können, weil er verbrannt war. Aber es war auch gar nicht nötig gewesen. Sie hatten alle gestanden, das war Beweis genug. Zum Glück hatte Scorpius das Feuer gesehen, sonst wäre vermutlich der ganze Wald abgebrannt. Die wachhabenden Lehrer waren alle unten beim Bootshaus gewesen und erst als Scorp das Feuer schon wieder unter Kontrolle hatte, waren sie ihm zu Hilfe geeilt. Für seine Leistung hatte er noch in derselben Nacht eine Medaille verliehen bekommen und wurde seither als Held gefeiert. Die einzige ungeklärte Frage war jetzt nur, warum Hagrid nicht aus der Hütte gekommen war, aber deren Antwort würden sie vermutlich nie erfahren. Unbewusst blickte Lily aus den Bibliotheksfenstern. Wie Scorp das Feuer von hier aus wohl hatte sehen können? Der Kerker, die Bücherei und sein sonstiges Patrouillerevier lagen auf der komplett gegensätzlichen Seite des Schlosses. Eigentlich war es unmöglich. Aber egal, sie würde ihn einfach fragen, schließlich war sie später mit ihm im siebten Stock verabredet, wo er ihr etwas zeigen wollte. Nachdem sie gut eine Stunde später ihre Sachen im Gryffindorgemeinschaftsraum abgelegt hatte, machte sie sich auf den Weg nach oben. Seltsamerweise wollte Scorp sie vor dem Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten im siebten Stock treffen, warum auch immer. Als sie nach oben kam, wartete Scorp bereits auf sie, die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben und eine Schal lässig um den Hals geschlungen. Das ganze Wochenende war es regnerisch und trüb und erstaunlich kalt für Anfang Mai. „Hi, Prinzessin“, smilte er ihr entgegen. „Hallo.“ Auch Lily lächelte, ihre Standardreaktion, wenn sie in seine Nähe kam. Sie konnte einfach nicht anders, als sich zu freuen, wenn sie ihn sah, vor allem wenn sie wusste, dass er nur auf sie gewartet hatte. „Also, was machen wir hier?“ fragte die Rothaarige, während sie die kahlen Wände zu beiden Seiten musterte. Auch den Gang auf oder ab war keine Tür zu sehen. „Mach deine Augen zu“, befahl Scorp mit einem Grinsen. Sie tat wie ihr geheißen und hörte das leise Rascheln von Scorps Jeans beim Gehen. Er entfernte sich und kam wieder näher. Drei Mal, wenn man’s genau nahm. „Du kannst deine Augen wieder öffnen.“ Als sie blinzelte, war das erste was sie sah, Scorps hübsches Gesicht. Dann eine Tür, die garantiert eben noch nicht da gewesen war. „Aber wie…woher…?“ „Willkommen im Raum der Wünsche“, flüsterte er sanft, als er ihr die Tür aufhielt. Staunend sah sich Lily in dem Zimmer um. Der Boden war mit dicken, flauschigen Teppichen ausgelegt und vor einem riesigen, offenen Kamin, in dem munter ein Feuer tanzte, standen ein Tisch mit zwei Tassen dampfendem Kakao und ein kuscheliges Sofa. Weiter hinten war ein Bücherregal auszumachen, halb verdeckt von einem smaragdgrünen Samtvorhang, die wunderbar zu den kornblauen Teppichen passte. „Was ist das hier?“ „Ein ziemlich unbekannter Raum, der sich immer exakt deinen Bedürfnissen anpasst, wenn du dreimal an der Wand draußen vorbei gehst und daran denkst, was du gerade brauchst.“ „Wow…“ Milde lächelnd ließ sich Scorp mit einem Becher heißer Schokolade auf in den Kissenberg am Sofa sinken und beobachtete Lily wie sie staunend durch den Raum tigerte, bis sie sich schließlich neben ihm nieder ließ. „Ich hab dir noch gar nicht zu deiner Heldentat gratuliert.“ „Brauchst du auch nicht. Ich war einfach grad zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wusste den richtigen Zauberspruch“, zuckte Scorp die Achseln, fast als ob er nicht darüber reden wollen würde. „Wie hast du eigentlich das Feuer bemerkt?“ „Ich hab den Rauch vom Bibliotheksfenster aus gesehen.“ Einen Moment lang schwieg Lily und ihre Mine verfinsterte sich. „Du hast mir grad mitten ins Gesicht gelogen, oder?“ „Was? Nein, natürlich nicht.“ Shit, wusste sie etwa was? „Ich hab McGonagall heute Morgen sagen hören, dass sie das Feuer am See unten entdeckt hat, weil der Wind ziemlich heftig aus dem Norden gekommen war und sie es gerochen hat. Du hast den Rauch an der Hütte gar nicht sehen können, weil ihn der Wind in die andere Richtung geblasen hat.“ Ihre Stimme war mindestens so hart wie ihr Gesicht, als sie von ihm abrückte. Sie hasste es, angelogen zu werden. Vor allem, weil das vermutlich hieß, dass Scorp von dem Feuer gewusst hatte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was er mit Hufflepuffs am Hut hatte, da er ihr Haus hasste. Er hatte sie doch wohl nicht dazu angestiftet…oder etwa doch? Scorpius war kreidebleich geworden und eine kleine, hinterhältige Stimme, die sich verdammt deutlich nach Albus anhörte, sagte ihr, dass er nicht das war, was sie glaubte. Dass er nicht so vollkommen war, wie sie es gerne hätte. „Du hast jetzt zwei Möglichkeiten: entweder du sagst mir jetzt die Wahrheit – die ganze – oder ich gehe und das war’s dann mit uns.“ Mittlerweile hatte es endlich auch Lily eingesehen, dass ihr ‚uns‘ schon längst nicht mehr auf freundschaftlicher Ebene lag. Und das ihre Keine-Dates doch welche waren. Und dass sie alles andere als Kein-Paar waren, auch wenn sie sich noch immer nicht geküsst hatten. „Lily…“ Es war nur ein heiseres Flüstern, dass über seine Lippen kam und sein Blick war starr nach unten gerichtet. Was sollte er jetzt tun? Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen. Er kannte ihre Einstellung, zu allem woran er glaubte. Sie würde ihn sitzen lassen und das konnte er nicht riskieren. Dieses Jahr war eines der schönsten seines Lebens gewesen, was zum Großteil ihr Verdienst gewesen war. „Ich kann nicht. Verdammt, ich liebe dich und hab eine Scheißangst, dich zu verlieren.“ Sie musterte sein schmerzverzerrtes Gesicht und wurde weich. Was auch immer es war, es bedrückte ihn. Und….und er hatte ihr gerade gesagt, dass er sie liebte. Und dass er sie nicht verlieren wollte. Langsam rückte sie an ihn heran, hob sein Kinn an und sah ihm in die traurigen Augen. „Was ist los, Scorp? Bitte, erzähl es mir. Ich liebe dich auch und ich will nicht, dass irgendwelche Geheimnisse zwischen uns stehen. Egal was es ist, ich bin mir sicher, dass es mich nicht von dir fern halten könnte.“ Ach nein? Dann lag sie aber ziemlich falsch. Aber die Entschlossenheit in ihrem Blick sagte ihm, dass er es besser versuchen sollte, weil sie es nicht dulden würde, wenn er sie anlog und ihr etwas verheimlichte. „Ich… kann das nicht…“, krächzte er, mühsam mit den Tränen kämpfend. Er hatte seit er in Hogwarts war nicht mehr geweint. Eigentlich hatte er auch davor schon lang keine Träne mehr vergossen. Aber der Gedanke, Lily verlieren zu können, ließ es fast soweit kommen. In ihm ging alles drunter und drüber. Er hatte gewusst, dass dieser Moment irgendwann mal kommen würde. Dass er es ihr nicht ewig verheimlichen konnte. Doch Scorp hatte gehofft, dass ihm wenigstens noch ein wenig mehr Zeit mit ihr beschieden blieb. „Bitte, Scorp…vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Jaaa, gute Idee. Werd meine Braut im schwarzen Kleid, zeig der Welt dein dunkles Potenzial und regier mit mir die Schwarze Allianz. „Die Feuer sind beide auf meinem Mist gewachsen.“ „Was?“ Lily hatte das Gefühl, als ob ihr gerade der Boden unter den Füßen weggerissen worden wäre. Sie ließ die Hand sinken und Scorps Kopf kippte wieder nach vorne. „Das Feuer im Bootshaus war nur eine Ablenkung, die Hütte war das eigentliche Ziel.“ Das Hagrids Tod Absicht war, blieb ungesagt zwischen ihnen hängen. Das schwarze Loch, das sich unter der Gryffindor aufgetan hat, verschluckte sie und Scorp ließ sie mit seinen Worten immer schneller und immer tiefer fallen. Wenn der Ausdruck in seinen schönen Augen nicht so verdammt ernst und schmerzvoll gewesen wäre, hätte sie glatt zu lachen begonnen und ihm gesagt, dass das ein schlechter, perverser Witz war. Doch jede Faser ihres Körpers sagte ihr, dass er nicht scherzte. Dass es wahr war. Dass er nicht der war, für den sie ihn hielt. Und dass daran tat, zu glauben. „Quinn soll am Ende des Jahres seinen Posten übernehmen. Damit wir jemanden hier in Hogwarts haben. Der sie Schule übernehmen kann. Wenn wir an der Macht sind. Wenn…wir die Armee der Todesser wieder aufgebaut haben.“ Todesser. Todesser. Todesser. Todesser. TODESSER. Selbst das Splittern ihres Bechers, der zu Boden fiel, hörte sich an wie dieses Wort. Es biss sich in ihrem Kopf fest, sprang höhnisch darin herum wie ein Pingpongball und verdrängte alle anderen Gedanken. Sie nahm nichts von ihrer Umgebung war, als sie quer durch das Schloss rannte. Sie hörte keinen der Rufe ihrer Freunde und Bekannten. Nur noch dieses einzelne Wort war da, mit all seinen grausamen Bedeutungen, Enthüllungen und Folgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)