Von Feinden, Freunden und Liebenden von LukeDaSilva (30 Tage lang dein OTP) ================================================================================ Kapitel 1: Dein OTP feiert Weihnachten -------------------------------------- Ich bin ein Freund von zweiten Chancen! „Ich hätte nicht gedacht, dass wir dich nochmal wieder sehen, Potter!“, spottete Dudley, während sie den Wagen ausluden. Nachdem der Krieg zu Ende, Voldemort für immer besiegt war, hatte Harry seinen Verwandten eine Eule geschickt und sie darüber informiert, dass es wieder sicher war in den Ligusterweg zurück zu kehren, wenn sie es wollten. Für Dudley war es immer noch merkwürdig sich an diese Art der Kommunikation zu gewöhnen. Doch er akzeptierte sie. Genauso, wie er Harry begann als ein lebendiges Wesen zu akzeptieren. „Ich auch nicht, um ehrlich zu sein.“ Er hievte seinen schweren Koffer aus dem Kofferraum und zischte leicht, als das Gewicht auf seinen immer noch nicht ganz wieder hergestellten Körper traf. Dennoch schleppte er ihn ohne Widerworte zur Haustür, wo ihn seine Tante in Empfang nahm. Sie lächelte ihn an. Sie hatte ihn nie zuvor angelächelt. Es war merkwürdig. Selbst die Einladung zu Weihnachten, hatte er skeptisch beäugt und war sich sicher gewesen, dass es eine Falle eines Todessers war. Er hatte seit langer Zeit zum ersten Mal wieder ein Telefon in der Hand gehabt, hatte bei der Auskunft angerufen und seine Tante gefragt, ob der Brief von ihr kam und ob sie das ernst meinte. Petunia wollte, so unglaubwürdig das auch klang, einen Neuanfang. Sie hatte, leider viel zu spät, erkannt, wie schlecht Vernon für sie und ihre Familie war. Hatte über ihr Verhalten in den letzten Jahren nachgedacht und sich schlussendlich scheiden lassen. „Danke Harry.“ Dieser nickte nur, bevor er den nächsten Koffer holen ging. Ihm wurde allerdings nur eine kleine Tasche entgegen gedrückt. „Überanstrenge dich nicht. Ich seh doch wie du hinkst!“ „Hat dich sonst auch nicht gestört, Big D.“, spottete er zurück. Aus dem Muster würden sie wohl so schnell nicht heraus kommen. „Es stört mich jetzt, also halt einfach dein Maul und mach was man dir sagt!“ Harry sagte nichts. Es war wohl besser so. Einen Neuanfang wollte er nicht mit Streit beginnen. Es hatte ihn schon gewundert, dass sie ihn wirklich vom Bahnhof abgeholt hatten. Die ersten Wochen nach dem Ende des Krieges hatte er, wie viele andere in St. Mungos verbracht, wo man versucht hatte die Zahllosen Verltzungen der Überlebenden zu versorgen. Es hatte ihn aber nicht lange dort gehalten. Schnell war klar: Die Wunden brauchten Zeit um zu heilen und manche würden wohl nie komplett verschwinden. Zeit, die er nicht im Krankenhaus verbringen wollte. Die Monate danach hatte er bei den Weasleys verbracht mit Abstechern ins Ministerium und nach Hogwarts. Natürlich hätte er auch bei seiner ersatzfamilie feiern können, doch er wollte es versuchen. So hatte er am letzten Abend all seine Sachen zusammen gepackt in zwei große Schrankkoffer und zwei kleine Taschen und war mit dem Zug nach Kings Cross gefahren. Als die letzten Sachen in die Wohnung getragen und achtlos im Flur abgestellt waren, machte Petunia sich auf den Weg in die Küche. „Harry! Kaffee oder lieber heiße Schokolade?“ Sie musste zugeben, dass der Junge zwar 16 Jahre unter ihrem Dach gelebt hatte, sie ihn aber im Grunde kaum kannte. Zumindest nicht so gut, wie es sein könnte. „Kaffee.“, ertönte es aus der Stube, wo Harry unentschlossen vor dem Kamin stand und sich umsah. Es hatte sich kaum etwas verändert, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Die gemeinsamen Bilder von Petunia und Vernon waren verschwunden, Dudley war geblieben in seinen verschiedenen Stadien der Verfettung. Dudley stand im Türrahmen und hatte die arme vor der Brust verschränkt. Auch er war sich nicht sicher, wie er mit der Situation umgehen sollte. Vorsichtig ließ er sich auf den Sessel fallen und bekam damit Harry Aufmerksamkeit, der zusammen zuckte und herum wirbelte. „Ganz ruhig. Ich hab mich nur hingesetzt!“, hob Dudley beschwichtigend die Hände, da er fürchtete Harry würde gleich seinen Zauberstab aus dem Gürtel ziehen und ihm einen Fluch auf den Hals jagen. Harrys Puls verlangsamte sich wieder und er ließ sich auf die Couch sinken. Wirklich entspannen konnte er nicht. Auch bei den Weasleys hatte es nicht geklappt. Mrs Weasley meinte dafür sei es wohl noch zu früh und es würde noch eine Weile dauern, bis er sich vollständig erholt hatte. Sowohl Körper, als auch Geist. „Sorry.“, nuschelte er. „Moody würde jetzt Berufskrankheit sagen.“ „Wer ist Moody?“, fragte Petunia, die gerade mit drei dampfenden Bechern herein kam. Einen Kaffee stellte sie vor Harry ab, den anderen vor sich selbst. Den dritten Becher, gefüllt mit heißer Schokolade, die himmlisch duftete, reichte sie ihrem Sohn. „Ein ehemaliger Lehrer von mir.“, winkte Harry ab und griff nach dem Kaffee. Er wollte nicht über Moody sprechen. Dafür war es noch zu früh. Er war noch in dem Stadium lieber zu verdrängen, wie viele seiner Freunde und Bekannten gestorben waren. Sinnlos gestorben waren in seinen Augen. „Brauchst du Milch oder Zucker?“ Harry schüttelte den Kopf und pustete in den Becher, den er mit beiden Händen umschlungen hielt. Die wärme strömte angenehm ihn seinen Körper. Schweigend tranken sie ihre Becher aus. Keiner wusste so genau, was er oder sie sagen sollte. Es war viel passiert in den letzten Jahren und vieles davon konnte nie wieder gut gemacht werden. Harry rang noch immer mit sich, ob seine „Familie“ es überhaupt wert war eine zweite Chance zu bekommen. Doch darüber schüttelte er innerlich nur den Kopf. Natürlich waren sie es wert. Sie hatten sich zwar nie gut verstanden, doch es war seine Familie, ob er wollte oder nicht und nach dem Fall von Voldemort hatten ganz andere eine zweite Chance bekommen. Er erinnerte sich noch gut an sein Treffen mit Draco Malfoy. Sie waren immer Feinde gewesen, doch jetzt hatten sie sich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Sie würden wohl in der Schule miteinander auskommen müssen und keiner von ihnen wollte, dass sie einfach dort weiter machten, wo sie aufgehört hatten. Harry hatte Draco das Leben gerettet und Dracos Mutter Harry. Das verband und das begrub alte Streitigkeiten, die keinen wirklich Grund gehabt hatten. Harry war der Erste, der sich erhob. „Ich denke ich werde nach oben gehen. Mein altes Zimmer gibt’s doch bestimmt noch?“ Er hoffte es sehr für sie, denn sonst könnten sie es direkt wieder sein lassen. Doch Petunia nickte. „Alles noch wie früher.“ „Dann gute Nacht.“ Er nahm seinen Becher, stellte ihn in der Küche in die Spüle und schnappte sich dann einen der Koffer und seine Reisetasche. Die anderen konnten auch bis zum nächsten Tag warten. In ihnen waren hauptsächlich Schulsachen. Ächzend stellte er die Taschen in seinem neuen, alten Zimmer ab und drehte sich einmal im Kreis. Es war wirklich alles so, wie er es hinterlassen hatte. Selbst das Foto seiner Eltern stand noch genau dort, wo er es zurück gelassen hatte. Er ließ sich aufs Bett fallen und streckte die Arme zu beiden Seiten aus. Etwas bohrte sich in seinen Rücken und er zog seinen Zauberstab aus dem Gürtel. Nachdenklich drehte er ihn in den Händen. Er überlegte schon länger, ob er sich einen neuen Zulegen sollte. Seiner war mehr als Ramponiert und es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er den Geist aufgeben würde. Normale Zauberstäbe sollten ein Leben lang halten, doch dies war keine normale Situation und dieser Zauberstab kein normaler. Es gab wohl wenige Zauberstäbe, die so viel mitgemacht hatten, wie seiner oder die der anderen, die an der Front gekämpft hatten. Er schob ihn unter sein Kopfkissen, ließ die Hand instinktiv direkt daneben liegen, jeder Zeit bereit ihn zu greifen und einen Fluch los zu lassen in weniger als 2 Sekunden. Er schloss die Augen. Seine Überlegungen waren auch in eine ganz andere Richtung gegangen. Vielleicht sollte er das Leben eines Muggles ausprobieren. Er hatte es 11 Jahre gelebt und jeden Sommer. So schlecht war es gar nicht. Gewiss war es unglaublich, was man mit Magie alles erreichen konnte, was sie im Alltag erleichterte, aber noch viel beängstigender war, was sie alles zerstören konnte. Grummelnd drehte er sich auf die Seite und setzte sich dann wieder auf. Er würde so schnell nicht zu einem Ergebnis kommen. Er würde wohl erst mal seine Schule zu Ende machen und bis dahin hatte er sich hoffentlich entschieden. Er zog seinen Koffer zu sich und kramte darin nach seinen Schlafsachen. Eine neue Boxer und ein übergroßes T-Shirt, welches einmal Dudley gehört hatte. Die meisten hatte er weg geworfen, doch dieses eignete sich hervorragend zum Schlafen. Zugeben würde er das wahrscheinlich nur sehr ungern, aber es musste ja auch keiner wissen. Seine alten Sachen landeten in einer Ecke und er unter der Bettdecke. Ein seltsam heimisches Gefühl breitete sich in ihm aus, als er den vertrauten Geruch einatmete. Er war hier zwar nie wirklich willkommen gewesen und dennoch war es sein Zuhause gewesen. In diesem Zimmer war er eingesperrt worden, aber es war auch sein erstes bisschen Privatsphäre gewesen. Den Schrank unter der Treppe, an dem jeder vorbei lief und den man nur von außen verschließen konnte, zählte da nicht wirklich. Langsam driftet er in einen unruhigen Schlaf ab. Wann er das letzte Mal ruhig geschlafen hatte, wusste er schon gar nicht mehr, geschweige denn durchgeschlafen. So war es auch diese Nacht. Nicht nur einmal wachte er schweißgebadet und mit seinem Zauberstab im Anschlag auf, nur um herauszufinden, dass es nur ein schlechter Traum gewesen war. Er kannte es schon und wunderte sich nicht mehr, was seinen Ärger allerdings nicht kleiner werden ließ. Als er das letzte Mal auf die Uhr geschaut hatte, war es kurz vor 5 gewesen. Er hatte sich schon überlegt aufzustehen, als ihn der Schlaf doch noch einmal eingeholt hatte. Als er jetzt aufwachte, brauchte er eine Sekunde länger, um zu realisieren, dass die Geräusche, die ihn geweckt hatten nicht in seinem Traum waren, sondern aus dem unteren Stockwerk kamen. Es polterte und krachte und Petunia stieß einen spitzen Schrei aus. Harry war hell wach, griff seinen Zauberstab unterm Kopfkissen und war innerhalb weniger Sekunden die Treppe hinunter gestürzt, fast gefallen und stand mit ausgestrecktem Arm und hektischem Atem im Türrahmen der Stube, aus der die Geräusche kamen. Er brauchte weitere 5 Sekunden, bis sein Gehirn die Situation analysiert und Entwarnung gegeben hatte. Das künstliche Feuer war aus dem Kamin geflogen, was wohl das Poltern und Krachen erklärte und Petunia hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Geschrien hatte sie wohl vor Schreck. Zumindest setzte sein Kopf das Bild so zusammen. Ein grummelnder Zauberer, Ruß bedeckt, stand in der Mitte des Wohnzimmers und klopfte sich den schwarzen Staub von den Kleidern, schüttelte seine blonden Haare. Dudley hatte einen Stuhl im Anschlag und hielt ihn vor sich, dem Zauberer drohend entgegen. „Wer sind Sie?! Was wollen Sie hier?!“ Der Zauberer verdrehte die Augen und Harry ließ den Zauberstab sinken. „Draco?“, fragte er ungläubig. Die Köpfe seines Cousins und seiner Tante ruckten zu ihm. „Du kennst den?“ Harry nickte und bedeutete Dudley den Stuhl runter zu nehmen. Ein lächerlicher Versuch einen Zauberer abzuwehren, aber er musste ihm den Mut es dennoch zu versuchen, hoch anrechnen. Früher hätte er sich wohl schreiend und wimmernd hinter seiner Mutter versteckt. Obwohl ihn der Krieg nicht direkt betroffen hatte, hatte es ihn dennoch verändert. Das Wissen alleine hatte ihn umdenken alleine. „Sozusagen ein Schulfreund.“ Petunia atmete erleichtert aus. Der Blonde strich sich durch die Haare und entfernte den letzten Ruß. „Wohl eher Schulfeind.“, lachte Draco und Harry verdrehte die Augen, ließ sich auf dem Stuhl nieder, den Dudley gerade wieder abgestellt hatte und legte den Zauberstab neben sich auf die Vitrine. Er fuhr sich durchs Gesicht. „Was genau willst du hier?“ „Dich besuchen.“, sagte Draco mit einer Unschuldsmiene, die Harry fast hätte spöttisch auflachen lassen, doch stattdessen zog er eine Augenbraue hoch. „Neuer Versuch.“ Jetzt war es an Draco die Augen zu verdrehen. Er schwenkte den Zauberstab und die Stube war vom Ruß befreit, das Feuer wieder in den Kamin gesetzt. „Tut mir leid für den Dreck.“, wand er sich an Tante Petunia. „Malfoy…!“ Harry wurde ungeduldig. „Ich meins ernst. Ich wollte dich besuchen und...“, er warf einen Blick auf Harrys Verwandten. „Wenn es möglich ist kurz mit dir unter 4 Augen sprechen.“ Harry erhob sich widerwillig. Er hatte keine Lust. Draco hatte ihn aus seinem endlich friedlichen Schlaf gerissen und stellte jetzt auch noch Forderungen. Das die Forderung mehr eine Bitte war, ignorierte er gekonnt. „Sind gleich wieder da.“, murmelte er und verschwand in Richtung Treppe. Draco folgte ihm und zog im gehen seinen Reiseumhang von den Schultern. Er spürte die verdutzten Blicke der Dursleys auf sich, doch er störte sich nicht daran. Harry führte ihn in sein Zimmer, wo er ihm den Schreibtischstuhl anbot, während er sich selbst wieder auf sein Bett fallen ließ. Er stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und faltete die Hände unter seinem Kinn. „Also?“ Draco setzte sich und sofort fiel seine Eisklotzmaske von ihm ab. Harry hatte es bei ihrer Aussprache schon einmal gesehen, es war jedoch immer noch ungewohnt. „Harry… ich sag es ungern, aber du bist wohl das, was am ehesten an einen Freund heran kommt.“ „Und weiter?“ „Naja… mein Vater sitzt in Askaban und Mutter gibt mir die Schuld dafür, weil ich nicht für ihn, sondern gegen ihn ausgesagt habe. Ich wollte einmal das Richtige tun und nicht für andere Lügen. Also kann ich sagen: Ich habe keine Familie mehr… und es ist Weihnachten… das Fest der Familie...“ Harry zog eine Augenbraue in die Höhe. Er war sich noch nicht sicher, worauf Draco hinaus wollte. „Ich war bei den Weasleys und die sagten mir, dass du bei deiner Familie bist...“ „Komm zum Punkt!“ „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob wir zusammen Weihnachten feiern wollen… aber wenn ich störe, dann gehe ich wieder.“ Draco war auf seinem Stuhl zusammen gesunken. Er knete seine Hände ineinander und der Fußboden erschien ihm so unendlich interessant. Als er aus dem Kamin gekommen war, war ihm eigentlich schon klar gewesen, dass es eine dämliche Idee gewesen war. Nur weil er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte und jetzt, wo er alles verloren hatte, an gekrochen kam, bedeutete das nicht, dass Harry ihn aufnehmen musste. „Nochmal zusammen gefasst: Ich bin – obwohl wir Jahre lange verfeindet waren – das, was für dich am ehesten an einen Freund heran kommt und du fragst jetzt allen ernstes, ob du bei mir und meiner Familie Weihnachten feiern kannst?“ Draco nickte und erhob sich dann schnell. „Tut mir leid, das war dumm von mir.“ Er schritt auf die Tür zu und hatte sie schon geöffnet, als Harry ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Es ist okay. Wenn meine Tante nichts dagegen hat, dann kannst du gerne bleiben.“ Mit großen Augen sah Draco ihn an. „Wieso?“ Harry lächelte seinen ehemaligen Erzfeind an. „Weil ich weiß, wie es ist allein zu sein und ich möchte nicht schuld daran sein, dass du es auch bist.“ Draco brachte ein leichtes Lächeln zustande. „Wir gehen fragen, sobald ich mich umgezogen hab. Damit schloss er die Tür wieder und kramte frische Klamotten aus dem Koffer. „Tante Petunia?“, rief er in die Stube. „Küche!“, ertönte es. Als er durch die Tür schaute, sah er sie am Herd stehen. Sie war dabei das Essen für den Abend vorzubereiten. „Tut mir leid wegen grade. Ich möchte dir jemanden vorstellen.“ Sie putzte sich schnell die Hände an ihrer Schürze ab und kam dann auf die beiden Jungen zu. „Das ist Draco Malfoy. Er ist in meinem Jahrgang in der Schule.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen. „Freut mich. Petunia Dursley. Harrys Tante.“ Draco schüttelte sie kurz. Seine Maske saß wieder perfekt. Harry hätte es auch gewundert, wenn er einer Fremden seine Verletzlichkeit zeigen würde. „Tante Petunia… wir hätten eine Frage.“ Sie ließen sich auf Stühle um den Tisch fallen und Petunia setzte sich dazu. „Naja… wäre es okay, wenn Draco über Weihnachten hier bleibt.“ Petunias Miene verwandelte sich in eine zerknautschte Fratze. „Harry. Das ist ein Fest der Familie.“ Draco wollte sich gerade erheben, doch Harry drückte ihn wieder auf den Stuhl und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Eine Familie, die Draco sozusagen nicht mehr hat.“ „Wie darf ich das verstehen.“ „Mein Vater sitzt im Zauberergefängnis und meine Mutter hat mich verstoßen, weil ich dafür gesorgt habe. Er war ein Anhänger vom dunklen Lord und ich wollte nicht für ihn lügen.“, schloss Draco und sah ihr fest in die Augen. Sie wand den Blick von dem unbekannten Jungen ab und musterte ihren Neffen. „Dunkler Lord?“ „Der, dem wir den ganzen Krieg und den Tod meiner Eltern zu verdanken haben. Draco hat während des letzten Kampfes auf unsere Seite gewechselt und dadurch seine Familie verloren.“ Petunia kaute auf ihrer Unterlippe herum. Das hatte er schon öfter gesehen. Sie überlegte und rang mit sich. „Jetzt sag schon ja, Mum!“, ertönte es von der Tür. Dudley hatte sich unbemerkt in die Unterhaltung eingeklinkt. Seinen Worten nach stand er dort wohl schon eine ganze Weile. „Aber Duddy-Spatz. Das ist ein Familienfest!“ „Na und? Wir können nicht gerade behaupten für Harry immer eine Familie gewesen zu sein. Wenn wir ihn einladen, macht einer mehr doch wohl auch nichts. Immerhin ist es ein Freund von ihm.“ „Mehr oder weniger.“, nuschelte Draco und fing sich einen Tritt gegen das Schienbein ein. „Wir sind nicht immer gut miteinander ausgekommen, aber wir sind Freunde geworden!“, sagte er an Draco gewandt und fixierte dann seine Tante. Er war auch nicht begeistert von der Idee gewesen, doch gerade war er drauf und dran alleine mit Draco zu feiern, wenn seine angebliche Familie diesen nicht bei sich haben wollte. Petunia seufzte. „Okay. Unter einer Bedingung! Die Zauberstäbe bleiben in den Taschen. Ich will hier keine Magie haben in der Wohnung!“ Es war ihr letztes Wort und sie machte sich wieder daran den Truthahn zu stopfen. Draco wollte noch etwas erwidern, doch Harry hielt ihn davon ab. Sie verließen die Küche und beim hinaus gehen legte Harry Dudley eine Hand auf die Schulter. „Danke.“, nuschelte er. Hätte ihm jemand gesagt er würde sich irgendwann einmal bei seinem Cousin bedanken – ganz egal wofür – er hätte denjenigen für komplett bescheuert erklärt. Draco steuerte auf die Haustür zu, anstatt die Treppe wieder nach oben zu steigen. Harry war alarmiert. „Wo willst du hin?!“ Seine Stimme war eine Spur höher, als sie normal hätte sein sollen. Draco zog eine Packung Zigaretten aus seiner Tasche und wedelte damit vor Harrys Nase herum. „Ich denke deine Tante bringt mich sicher um, wenn ich in ihrem Haus rauche.“ Harry war perplex. Dennoch folgte er Draco, der sich seinen Mantel wieder über warf und in die eisige Winterluft hinaus stiefelte. „Seit wann rauchst du?“ „Seit ich etwas brauchte um meine Nerven zu beruhigen und es Mutter nicht mehr interessiert, was ich tue. Also seit ein paar Monaten.“ Er fischte sein Feuerzeug aus der Hosentasche, stopfte dafür die Packung Zigaretten, aus der er eine genommen hatte, in selbige. Mit der Hand formte er gekonnt eine Schutzwand gegen den eisigen Wind und ließ das Feuerzeug knicken. Die Geste zeigte Harry, dass es sich wohl um ein normales Mugglefeuerzeug handeln musste. Sonst hätte es einen magischen Schutz gegen Wind. Draco ließ die Hände sinken, stopfte das Feuerzeug zu den Zigaretten in die Hosentasche und zog genüsslich an der Kippe, während er die Augen schloss. Entspannt stieß er den Rauch wieder aus, welcher zusammen mit seinem warmen Atem Schlieren in der kalten Luft bildeten. „Dass das ungesund ist, ist dir aber schon bewusst?“ Draco verdrehte die Augen. „Dass du nervst ist dir aber schon bewusst?“, konterte er. Ihm war klar, dass es gesündere Möglichkeiten gab sich abzulenken, doch er hatte sich für diese entschieden. Er hatte den Krieg überlebt und das als Verräter. Da durfte er auch irgendwann mal auf seine Gesundheit scheißen, befand er. Seine grauen Augen trafen Harrys, die seine Hand genau beobachteten, wie sie die glimmende Zigarette in regelmäßigen Abständen zu seinen Lippen und wieder weg führte. Er grinste. „Auch mal ziehen?“ Harry verzog angewidert das Gesicht als Draco ihm allen ernstes die Zigarette entgegen hielt und schüttelte den Kopf. Niemals, dachte er sich. Draco zuckte mit den Schultern und nahm den nächsten Zug. „Mehr für mich.“, war sein Argument. Als sich die Zigarette dem Ende näherte, blickte Draco sich suchend um. Ein Aschenbecher oder Mülleimer wäre ihm lieb, doch weit und breit war nichts zu sehen. Harry seufzte und bedeutete Draco zu warten und den Stummel bloß nicht auf den Boden zu werfen. Kurze Zeit später kam er mit einer alten, zerkratzten Tasse wieder, die seine Tante aus der hintersten Ecke ihres Schrankes gekramt hatte. Er reichte sie Draco, welcher ihn dankbar anblickte und die Zigarette darin ausdrückte. „Stell sie neben die Tür hinter den Busch, sodass die Nachbarn sie nicht sehen.“ Draco verengte die Augen zu schlitzen und runzelte die Stirn. „Was interessiert es die Nachbarn, ob hier jemand raucht oder nicht?“ „Die sind hier ziemlich pingelig und neugierig. Die beobachten sich durch die Fenster und alles. Musst du nicht verstehen. Gibt auch schöneres.“ Draco zog eine Augenbraue hoch. Muggle waren wirklich komisch, befand er. Natürlich gab es solche Ecken auch unter den Zauberern und seine Familie war ebenfalls recht penibel, doch so extrem war es dann doch nicht. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ihre Fenster sowieso verzaubert waren, sodass man nicht hinein blicken konnte, wenn man es nicht wollte. Harry brütete über seinen Büchern für das siebte Schuljahr, während Draco aus dem Fenster starrte und scheinbar seinen Gedanken nachhing. Er hatte das Gefühl, dass er sich mit ihm beschäftigen sollte. Immerhin hatte er ihn als den einzigen Freund betitelt, den er hatte. Das war irgendwie traurig, da ihr Verhältnis nie wirklich gut gewesen war. Seufzend klappte Harry das Buch zu, über dem er gerade gebrütet hatte. Je mehr er las, desto unsicherer wurde er sich, ob es wirklich Sinn hatte seinen Abschluss zu machen. Die meisten Zauber konnte er auch selber lernen oder beherrschte sie bereits und die ganze Theorie erschien ihm so unnötig. Er wand den Blick wieder zu Draco. „Ich finde es immer noch seltsam, dass du ausgerechnet hier aufkreuzt...“, begann er und hatte sofort Dracos Aufmerksamkeit. „Wieso?“ „Ach komm!“ Er drehte sich auf seinem Bett und faltete die Beine zu einem Schneidersitz. „Wir haben uns fast 7 Jahre lang nur angefeindet, uns das Leben zur Hölle gemacht und kein gutes Haar am anderen gelassen. Da darf ich es doch wohl komisch finden, dass du ausgerechnet mit mir Weihnachten feiern willst.“ Draco lächelte schwach. „Du hast doch selbst gesagt wir sind Freunde geworden.“ Harry verdrehte die Augen. „Das war doch nur, damit Tante Petunia dich hier bleiben lässt!“ Draco lachte und stand auf. „Ich weiß, Potter! Und ich rechne es dir hoch an, dass du mich nicht sofort wieder raus geworfen hast.“ Er steckte die Hände in die Hosentasche und blieb vor Harry stehen. „Wieso eigentlich?“ „Jeder verdient eine zweite Chance.“ „Was hättest du gemacht, wenn sie es verboten hätte?“ „Mit dir alleine gefeiert!“ Die Antwort kam schneller über seine Lippen, als das er es hätte verhindern können und die Augen des Blonden wurden größer. Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte fest damit gerechnet, dass die Aussage „Ich muss erst fragen“ der Versuch war ihn los zu werden ohne selbst Schuld zu sein. „Das hättest du getan…?“ Harry nickte nur. Eine genauere Aussage blieb ihm erspart, da es in diesem Moment an der Tür klopfte und nach einem „Herein“ von Dudley geöffnet wurde. Er blickte die beiden an und merkte offenbar, dass er gerade etwas unterbrochen hatte. „Stör ich?“ Beide schüttelten schnell den Kopf. Diese Unterhaltung hatte den Charakter entwickelt merkwürdig zu werden. „Was möchtest du?“ Draco ließ sich wieder auf Harrys Schreibtischstuhl fallen. „Mum sagt ich soll den Baum schmücken. Wollte fragen, ob ihr helfen wollt.“ Harry schüttelte den Kopf. Auf so was hatte er nie sonderlich viel Lust gehabt. Auch bei den Weasleys nicht. Doch Dracos Augen begannen zu leuchten. „Ihr schmückt den selbst?!“ Dudley sah ihn erstaunt an. „Ihr nicht?“ Draco schüttelte den Kopf. „Das hat immer der Hauself gemacht!“ Harrys Brust durchfuhr ein Stich. Es tat weh zu hören, wie der Blonde von Dobby sprach. „Was ist ein Hauself?“ „So was wie ein unbezahlter Angestellter, der alles tun muss, was du sagst, ob er will oder nicht.“, erklärte Harry schnell. „Das ist ja cool. Naja, wenn du willst. Wir haben keinen Hauselfen, also müssen wir es wohl selber machen.“ Hastig nickte Draco und sprang wieder auf. Dudley warf Harry noch einen fragenden Blick zu, doch dieser winkte ab. Das musste er sich wirklich nicht geben. Dudley zuckte die Schultern und verließ dann mit dem Slytherin im Schlepptau das Zimmer. „Das ist die Letzte!“, schnaufte Dudley, als sie die 6. Kiste mit Baumschmuck aus dem Keller geholt hatten. „Das soll da alles dran?!“ Skeptisch beäugte Draco die Kartons. Doch Dudley schüttelte den Kopf. „Nein. Davon suchen wir uns das Beste aus und einen Teil können wir noch in die Fenster hängen oder auf den Tischen verteilen.“ Damit öffnete er die erste Kiste und zog einen Stapel kleinerer Kartons mit Kugeln hervor. Draco war noch etwas zurückhaltender und inspizierte die zweite Kiste. Strohsterne, Figuren mit und ohne Fäden zum aufhängen und kleine Glocken fanden ihren Weg auf den Tisch. „Such dir einfach aus, was dir gefällt und häng es dran!“, beschloss Dudley, während er die ersten lila Kugeln an die Zweige hängte. Draco nickte und je mehr er dran hängte, desto mehr Spaß machte ihm das ganze. Er hielt eigentlich nicht viel von Muggeln, doch gerade merkte er, dass es auch Dinge gab, die so viel mehr Spaß machten. Nachdem sie ihren Hauselfen verloren hatte, hatte seine Mutter einfach einmal mit dem Zauberstab gewedelt und ein perfekt geschmückter Weihnachtsbaum hatte vor ihnen gestanden. Er war schön gewesen, keine Frage, doch dieser hier gefiel ihm deutlich besser. Er war unordentlich und Zusammengewürfelt, was wohl daran lag, dass Petunia beschlossen hatte sich komplett aus diesen Dingen heraus zu halten. Als sie fertig waren, kam sie lediglich einmal, um sich ihr Werk anzusehen, rümpfte die Nase, sagte aber nichts. Die Engel, die sie auf die Tische und Fensterbänke gestellt hatten hingegen rückte sie akribisch gerade. Ganz ausschalten konnte sie es eben doch nicht. Dudley und Draco ließen sich auf die Sessel fallen und bedankten sich artig, als Tante Petunia ihnen jeweils eine Tasse heißen Kakao brachte. Eine Weile schwiegen sie sich an, bis Dudley das Wort ergriff. „Ihr wirkt nicht wirklich wie Freunde...“ Draco strich sich eine Strähne zurück hinters Ohr, bei der er wusste, dass sie dort nicht lange bleiben würde. „Sind wir auch eigentlich nicht...“, gestand er. „Wieso bist du dann hier?“ Draco verdrehte die Augen. „Warum fragt mich das jeder?!“ „Weil es ungewöhnlich ist...“ Dudley lehnte sich ein Stück vor und sah ihm fest in die Augen. „Ich weiß. Ich wusste nur nicht wohin mit mir… er ist mir halt als Einziger in den Sinn gekommen, bei dem ich dachte, dass er sich vielleicht erbarmen würde…“ Er nahm einen weiteren Schluck des herrlich süßen Getränks. „Nach dem Krieg, wurden alle, die das dunkle Mal trugen, vom Ministerium verhaftet. Ich habe mich freiwillig gestellt. Dank Harry blieb mir ein Aufenthalt im Gefängnis erspart. Er hat ein gutes Wort eingelegt und dem Goldjungen schlägt man halt keinen Wunsch ab. Zumal sich das Ministerium sowieso immer noch dabei ist neu zu strukturieren. Auf jeden Fall wollte meine Mutter, dass ich auch für meinen Vater ein gutes Wort einlege. Bei ihr war sehr schnell klar, dass sie das Mal nur trägt, um zu überleben. Vater ist da anders. Er hat immer treu hinter dem dunklen Lord gestanden, während Mutter nur ihre Familie beschützen wollte und das habe ich auch angegeben. Damit habe ich in ihren Augen meine Familie verraten.“ Unwillkürlich legte sich seine Hand auf seinen Unterarm, wo das Mal noch immer deutlich zu sehen war. Er versteckte es dauerhaft vor den Augen der Welt. Er schämte sich für seine Schwäche. Er blickte kurz zur Tür, bevor er mit leiser Stimme weiter sprach: „Wehe du sagst ihm das, aber ich hab ihn nie gehasst. Eher beneidet. Die meisten waren der Meinung er wäre arrogant, weil er der Held der Zaubererwelt ist – jetzt sogar zweifacher – aber so war es eigentlich gar nicht. Himmel er wusste es ja nicht einmal, bis er nach Hogwarts kam. Er war immer hilfsbereit und für seine Freunde da. Wenn wir uns am Anfang auf einem anderen Fuß erwischt hätte, wenn ich nicht gewesen wäre, wie ich nun einmal war, dann hätten wir schon lange Freunde sein können, da bin ich mir sicher. Aber so war es einfach unmöglich. Besonders bei den unterschiedlichen Welten. Wie soll der Sohn eines Todessers mit dem Jungen, der ihren Anführer getötet hatte, befreundet sein? Es wäre blanker Hohn, für den wir wohl einfach noch zu jung waren.“ Ein Räuspern ertönte von der offenen Wohnzimmertür und Draco fuhr erschrocken herum. Harry lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen und musterte ihn. Sein Blick ließ seine Emotionen nicht erkennen. Draco lief knall rot an. Er hatte sich doch extra versichert, dass sie alleine waren. „Ähm… seit wann… stehst du da…?“, fragte er vorsichtig. Harry Blick veränderte sich und Draco war klar: Lange genug. Zu lange für seinen Geschmack. Er hatte alles gehört. Zumindest das, was er eigentlich vermeiden wollte, dass der junge Mann es hörte. Er machte sich darauf gefasst angeschrien zu werden, verachtet zu werden, ausgelacht zu werden, doch nichts dergleichen passierte. Harry stieß sich ab und ließ sich auf das Sofa fallen. „Mit 'Manche Zaubererfamilien sind besser als andere!', findet man nicht wirklich gut Freunde. Besonders, wenn du damit den Jungen beleidigst, mit dem ich mich gerade angefreundet habe.“ Draco nickte. Das war ihm durchaus bewusst und er hatte die Worte schnell bereut, aber das gestand ein Malfoy nicht einfach so ein. Besonders nicht laut. Harry streckt ihm die Hand entgegen. Verwirrt blickte Draco sie an und dann wieder in Harrys Gesicht, welches jetzt von einem Lächeln gezeichnet wurde. „Mein Name ist Potter. Harry Potter. Ich bin ein Freund von zweiten Chancen und du wirst merken, manche Familien sind gar nicht so schlimm, wie du denkst.“ Draco zog eine Augenbraue in die Höhe, blickte kurz zu Dudley, der ihn auffordernd anblickte. Dann griff er zögerlich nach der Hand. „Malfoy… Draco Malfoy… und ich habe eigentlich keine zweite Chancen verdient.“ Harry erwiderte nichts, aber beide wussten: Sie hatten ihren Waffenstillstand gerade auf eine beginnende Freundschaft erweitert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)