Actio est reactio von Ur (von Nerdherzen und den physikalischen Gesetzen ihrer Eroberung) ================================================================================ Kapitel 8: Für Lotta -------------------- Dank der Medikamente geht es mir am Donnerstag schon etwas besser und mein Kreislauf erholt sich einigermaßen. Ich schaffe eine halbe Tiefkühlpizza und einen Apfel und gehe noch mal duschen, bevor ich gegen Mittag den Rest Hausaufgaben erledige, den Julius mir in den letzten beiden Tagen vorbei gebracht hat. Gestern Abend hat er »bis morgen« gesagt. Das heißt wohl, dass er heute auch wieder vorbei kommt. Und vielleicht auch morgen? Immerhin bin ich bis morgen krankgeschrieben. Natürlich könnte er mir die Hausaufgaben vom Freitag auch einfach am Montag geben. Wahrscheinlich macht er das. Ich informiere meinen neuen Julius Fanclub darüber, dass Julius gestern Medikamente für mich besorgt und eine Folge Star Trek Deep Space Nine mit mir geschaut hat, was Noah, Anni und Lotta nur in ihrer Begeisterung bestärkt. Lotta Er will definitiv mit dir befreundet sein Anni jup Anni würdest du sowas für wen machen, den du kacke findest??? Tamino vielleicht macht er es nur, weil er auf meine nachhilfe angewiesen ist Noah thats your anxiety talking Lotta definitiv! ich bin sicher, dass er dich gut leiden kann Tamino aber ich versteh nicht wieso Noah weil du cool bist, alter Tamino nicht nach seiner definition o__o Anni dann ist seine defition scheiße und sollte sowieso mal überarbeitet werden Anni *definition Ich lege mein Handy beiseite und versuche das hämmernde Klopfen in meinem Brustkorb zu ignorieren. Diese ganze Sache mit Julius ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen – ich hatte überhaupt keinen Bock auf diese ganze Nachhilfesache und jetzt plötzlich erklären meine Freunde mir, dass Julius mich wahrscheinlich gut leiden kann und mit mir befreundet sein möchte? Will ich denn überhaupt mit Julius befreundet sein? Mein Gehirn verknotet sich beinahe bei dem Gedanken daran, dass jemand, der eine derartig große Sozialkompetenz hat wie Julius, mit jemandem befreundet sein will, der kaum ein »Hallo« herausbringt, ohne zu stottern, vor plötzlichen Bewegungen und lauten Geräuschen erschrickt und seine Freizeit damit verbringt, fiktive Sprachen zu lernen. Aber die Wahrheit ist, dass Julius viel… netter? Cooler? Anständiger? Ist, als ich gedacht habe. Er macht nette Dinge für mich und hat Star Trek mit mir angeschaut, obwohl er es nicht leiden kann. Er mag Star Wars und spielt wirklich ziemlich gut Fußball und auch, wenn ich das gerne verdrängen würde, mag ich Fußball immer noch sehr gerne. Muss ich Julius das irgendwie kundtun? »Du bist nicht so ein Arschloch, wie ich ursprünglich gedacht habe und ich wäre gerne mit dir befreundet.« Sowas kann man niemandem sagen, wenn man nicht will, dass derjenige einen hinterher nicht total bescheuert findet. Ich habe aus unerfindlichen Gründen vergessen, wie ich es jemals geschafft habe, mich überhaupt mit irgendjemandem anzufreunden und die Tatsache, dass ich wahnsinnig einsam bin und meine anderen Freunde vermisse, führt vielleicht auch dazu, dass mein Urteilsvermögen total verbogen ist. Ich treibe es mit dem nervösen Herumtigern in der Wohnung etwas zu weit und kriege am Ende doch wieder Kreislauf, sodass ich mich wieder ins Bett verziehe. Dann schreibe ich meinem Vater eine SMS, dass er nach der Arbeit vom Einkaufen Chips mitbringen soll. Man kann sich nicht sicher sein, ob das funktioniert, aber ich kann in meinem momentanen Zustand nicht das Haus verlassen. Ich bin den ganzen Tag über so aufgeregt darüber, dass Julius nachher wahrscheinlich wieder hierher kommt, dass ich für den Rest Politikhausaufgaben fast eine Stunde brauche – eine Zeitspanne, die ich selten für irgendwelche Hausaufgaben benötige. Ich bin sogar zu aufgewühlt, um eine Folge von irgendwas zu gucken, weil mein Gehirn sich die ganze Zeit darüber im Kreis dreht, dass Julius ja womöglich wieder eine Folge Star Trek mit mir anschauen möchte. Vielleicht fand er es aber auch total bekloppt. Vielleicht kommt er auch gar nicht. Ich verfluche meine Freunde, weil sie mir diesen Floh von Julius und dem Freundesein ins Ohr gesetzt haben und ich jetzt an nichts anderes mehr denken kann. Ich mache mich garantiert zum Deppen und habe alles falsch verstanden. Gegen halb zwei schreibt Lotta mir auf Skype und fragt, ob ich kurz Zeit zum Telefonieren habe. Also rufe ich sie an. »Alles ok?«, frage ich. Lotta seufzt und schüttelt den Kopf. »Ich habe Hausarrest. Ich mache nächstes Jahr mein Abi und habe Hausarrest.« »Was? Wieso?« Lotta ist ungeschminkt und hat ihre roten Locken in einen unordentlichen Knuddel gebunden. Ihr Zimmer sieht wie immer chaotisch aus und sie hat hinter sich alle fünf Lichterketten, die sie besitzt, eingeschaltet – immer ein Zeichen für emotionalen Aufruhr. »Onkel Richard feiert nächste Woche seinen fünfzigsten Geburtstag und ich hab gesagt, dass ich nicht mit hingehe. Dann haben wir darüber gestritten und ich hab gesagt, dass er ein rassistischer und homophober Saftsack ist und ich seinen Geburtstag nicht feiern will. Und dann meinte Papa, dass ich dann ja auch sonst nirgendwo hingehen muss, wenn ich es nicht für nötig halte, zur Feier meines Onkels zu gehen.« Ich rutsche auf meinem Stuhl herum und schüttele den Kopf. Lottas Verwandtschaft ist wirklich nicht das, was man als herzlich und liebevoll bezeichnen kann, aber ihr Onkel setzt dem ganzen definitiv die Krone auf. Er ist nicht nur überzeugtes Mitglied bei der AfD, sondern hat auf dem letzten Kaffeekränzchen auch erklärt, dass Trump politisch richtige Ansätze hätte und Deutschland sich daran bezüglich der Flüchtlingspolitik ein Beispiel nehmen solle. Ich verstehe jedenfalls vollkommen, wieso Lotta mit ihm nichts zu tun haben möchte – ich bin vermutlich alles, was Richard abscheulich findet. Schwarz und schwul. Oha. Fehlte nur noch, dass ich zum Islam konvertiere und verkünde, dass ich gegen Atomkraft bin. »Das ist ja total scheiße. Wie lange?«, will ich wissen. »Zwei Wochen. Wenigstens haben sie mir den Computer nicht rausgetragen. Obwohl mich das auch nicht gewundert hätte.« »Sobald wir Abi haben, packen wir unsere Sachen und ziehen aus«, sage ich. Sie nickt mit grimmigem Gesichtsausdruck und ich würde sie sehr gerne umarmen. »Ich bin ziemlich stolz auf dich. Dass du das über ihn gesagt hast… du weißt schon. Obwohl du wusstest, dass sowas dabei rumkommen könnte…« Sie lächelt schief. »Was für eine Freundin wäre ich, wenn ich meinem rassistischen Onkel in den Arsch krieche, während er am liebsten meine besten Freunde abschieben würde? Nein danke.« »Ich meine ja nur. Danke. Du bist super«, sage ich. Ihr nächstes Lächeln ist wärmer als das letzte. »Wenn er wüsste, dass Anni zwei Mütter hat, würde er wahrscheinlich einen Knoten im Gehirn kriegen«, grummelt sie ungehalten und kramt auf ihrem Schreibtisch nach irgendetwas herum. Ich sehe, wie sie eine Packung Toffifee hochhält und sich eines davon in den Mund schiebt. »Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragt sie kauend. »Sicher.« »Singst du was für mich?« Ich muss lächeln. »Klar. Tu so, als wäre ich deine Jukebox. Irgendwelche Liedwünsche?« Es gibt genau vier Menschen auf dieser Welt, vor denen ich freiwillig singe. Meine drei besten Freunde und meine Oma. Als meine Mutter noch gelebt hat, waren es fünf. Lotta überlegt kurz. »Oh! OH! Kannst du nochmal das Lied aus Tanz der Vampire für mich umdichten?« Ich gluckse leise und rufe Google auf. Ich kann den Text nicht hundertprozentig auswendig. »Mit Karaokemusik im Hintergrund?« »Ist mir egal.« Das Schöne an meinen besten Freunden ist, dass sie nicht bei jeder meiner Fähigkeiten laut anfangen zu rufen, was ich damit alles machen könnte. Davon hab ich in meinem Leben schon genug gehört. »Tamino, du solltest professionell Fußball spielen! Du könntest Dolmetscher werden mit deinem Talent für Sprachen! Oh, Tamino, du kannst singen? Deine Stimme ist toll, du solltest Musicals machen oder Gesangslehrer werden!« Ich schiebe die Gedanken beiseite und überfliege kurz den Text. Das Fenster mit Lottas Gesicht schaut mit erwartungsvoll entgegen. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass mein Vater noch nicht zu Hause ist. Vor dem singe ich auch nicht, auch wenn er natürlich weiß, dass ich es kann. Ich glaube, er war nie besonders beeindruckt davon. »Nimm dir noch ein Toffifee«, sage ich grinsend und rufe Lottas Skypefenster wieder auf, sodass ich sie in groß neben dem Text sehen kann. Und dann singe ich eine dramatische Musical-Liebesschnulze für Lotta und es macht mich sehr zufrieden, Lottas Gesichtsausdruck dabei zu sehen. Sie lächelt bei jedem Mal, wenn ich Sarah durch Lotta ersetze. Pff. Wieso sollte ich irgendwas anderes mit meinen verschwendeten Talenten machen, als meine Freunde zum Lächeln zu bringen? Lotta seufzt zufrieden. »Wenn du in den Sommerferien herkommst, musst du jeden Tag mindestens fünf Lieder für uns singen«, sagt sie und sieht schon viel besser gelaunt aus als vorher. Ich öffne den Mund, um ihr zu sagen, dass sie dann schon mal Listen erstellen soll, welche Lieder sie gerne hören möchte – da klopft es an meine Zimmertür. Ich friere auf meinem Stuhl ein. »Hat’s grad geklopft bei dir?«, fragt Lotta und reckt den Hals. Ich nicke. »Oha. Dein Vater?« Ich schaue auf die Uhr. Eigentlich ist es zu früh. Aber… Es klopft noch mal. »Ja?«, sage ich krächzend. Und natürlich passiert das Blödeste, was hätte passieren können. Lotta macht eine Art quietschendes Geräusch, das ich geflissentlich ignoriere. Julius hat Augen rund wie Teller, während er in meinem Türrahmen steht und mich anstarrt, als wären mir vier weitere Arme gewachsen. »Hey Julius!«, ruft Lotta über Skype und ich muss nicht mal hinsehen, um zu wissen, dass sie ihm gerade zuwinkt. »Hey«, sagt er und lehnt sich leicht zur Seite, um an mir vorbei auf meinen Monitor zu schauen. »Ähm… dein Vater hat mich rein gelassen, wir haben uns unten auf der Straße getroffen«, sagt er. Er ist definitiv rot im Gesicht. Man sieht kaum noch die Sommersprossen auf seinen Wangen. Wie lange stand er denn da schon vor meiner Zimmertür? Er hat es auf jeden Fall gehört. Fuck. »Ähm…« »Tamino hat für mich gesungen, um mich aufzumuntern«, erklärt Lotta. Ich weiß, dass sie weiß, dass ich mich gerade mehr als ein kleines bisschen unwohl fühle. »Das ist nett von ihm«, murmelt Julius so leise, dass Lotta ihn wahrscheinlich nicht verstehen konnte. »Ich wusste nicht, dass er singen kann.« Ein Moment Schweigen. »Ich setze es auf die Liste der hundert geheimen Talente des Tamino Wilke.« Lotta kichert. »Na, dann lass ich euch beide mal in Ruhe. Mir geht’s schon besser. Hast du morgen noch mal Zeit?« »Klar. Bin immer noch krankgeschrieben«, krächze ich. Die Leichtigkeit in meinem Innern, die ich immer verspüre, wenn ich mit meinen Freunden Zeit verbringe, ist verflogen. Stattdessen blinkt in meinem Kopf jetzt ein Mantra von »ER HAT ES GEHÖRT ER HAT ES GEHÖRT« und ich fühle mich, als würde mir mein Herz gleich gegen den Kehlkopf springen. »Ich sag Bescheid, wenn ich aus der Schule wieder da bin. Tschüss Julius!« Lotta winkt noch mal und dann beendet sie den Videoanruf. Julius steht unschlüssig in der Mitte meines Zimmers. »Deine Freundin?«, fragt er dann. Ich nicke. Mein Handy vibriert und ich schaue darauf – Lotta hat eine neue Nachricht in unseren Gruppenchat gepostet: Lotta: »OMGOMG JULIUS SIEHT TOTAL GUT AUS!!!!!« Anni: ???? Anni: wann hast du ihn gesehen? ERZÄHL UNS ALLES! Ich lege mein Handy beiseite, als ich sehe, wie Noah anfängt eine Antwort zu tippen und schaue mit hämmerndem Herzen hinüber zu Julius, der mittlerweile ein bisschen weniger rot ist, aber immer noch verloren in meinem Zimmer rumsteht, als wüsste er nicht so recht, was er mit sich anfangen soll. Insgeheim hoffe ich, dass Julius einfach so tut, als wäre nichts gewesen, aber das wäre wohl zu viel verlangt, denn im nächsten Moment macht er ein paar Schritte zu meinem Bett hinüber, lässt sich darauf plumpsen, fängt an in seinem Rucksack zu kramen und sagt: »Singen also auch noch, huh?« Ich beiße mir auf die Unterlippe und atme ein paar Mal tief ein und aus, um nichts Blödes zu sagen. Als ich nicht sofort antworte, schaut Julius von seinem Gekrame auf und es wundert mich nicht, aber man sieht mir meinen inneren Gemütszustand anscheinend sehr an, denn seine Augen werden schon wieder rund wie Teller und er hebt automatisch abwehrend die Hände, woraufhin sein Rucksack mit einem dumpfen Schlag zu Boden geht. »Ok, ok, ich werds nicht mehr erwähnen!« Ich verstecke mein Gesicht in den Händen und stütze meine Ellbogen auf den Oberschenkeln ab. Ugh. Warum muss mir sowas passieren. Nachdem ich in den letzten Tagen mehrfach darüber nachgedacht habe, ob Julius und ich irgendwie sowas wie Freunde sein könnten, wird mir jetzt klar, dass das einfach unrealistisch ist, wenn ich mich so fühle wie ich mich gerade fühle, weil er mich singen gehört hat. Die rationale Stimme in meinem Kopf sagt, dass es etwas viel verlangt ist, dasselbe Level an Vertrauen zu Julius zu empfinden, wie zu meinen anderen Freunden, die ich schon seit der fünften Klasse kenne. »Ich wäre nicht reingekommen, wenn ich gewusst hätte, dass… naja. Du weißt schon..«, nuschelt Julius. Ich halte kurz die Luft an. Stell dich nicht so an, Tamino, das ist doch einfach nur noch peinlich. »Ok, wenn dir das so peinlich ist, könnte ich einfach… wie… argh. Ich kann nicht schwimmen.« Ich blinzele in meinen Handinnenflächen und hebe den Kopf. Julius ist jetzt wieder knallrot im Gesicht und sieht aus, als würde er gerne zurücknehmen, was ich gerade gesagt hat. »Was?«, frage ich dümmlich und hätte mir gerne mit der Handfläche gegen die Stirn geschlagen. Toll, Tamino. Wirklich großartig. Ich lasse die Worte einen Moment lang auf mich wirken, während Julius seinen Rucksack aufhebt und nun mehrere Zettel und sein Hausaufgabenheft hervorkramt. Die Tatsache, dass jemand kurz vor der dreizehnten Klasse noch ein Hausaufgabenheft führen muss, löst in mir den absurden Drang zu lachen aus, aber ich beiße mir erneut auf die Unterlippe und schlucke schwer, bevor ich es noch mal mit dem Sprechen versuche. »Warum erzählst du mir das?«, frage ich. Meine Stimme klingt heiser und es hat diesmal nichts mit meiner Erkältung zu tun. Julius hebt die Schultern und sieht aus, als wäre er sehr gerne anderswo. Ein Gefühl, dass ich hervorragend nachvollziehen kann und die Tatsache, dass er sich selbst in ein derartiges Unwohlsein gestürzt hat, beruhigt meinen eigenen inneren Tumult. »Dir war das Singen peinlich und ich dachte… mir ist das mit dem Schwimmen peinlich.« Wir starren uns an. Ich kann das alles nicht so richtig fassen. Vor ein paar Wochen dachte ich noch, Julius wäre der größte Hornochse unter der Sonne und jetzt plötzlich erzählt er mir ein Geheimnis über sich selbst, damit ich mich weniger schlecht über mein eigenes, herausgekommenes Geheimnis fühle. Meine Zunge fängt an, Worte zu formen, bevor ich sie stoppen kann. »Tut mir Leid, dass ich dachte, dass du ein arroganter Trottel bist!« Julius blinzelt. Dann schnaubt er und lacht leise, stellt seinen Rucksack auf den Boden und steht auf, um mir die Zettel entgegen zu strecken. Ich nehme sie mit leicht zittrigen Fingern. »Danke«, murmele ich kleinlaut. »Ich dachte, du wärst ein Streber und ein Nerd«, sagt er. Jetzt ist es an mir zu schnauben. »Da hattest du ja auch Recht«, gebe ich zurück. Er grinst sehr breit zu mir herunter und kratzt sich am Hinterkopf. »Ja, schon. Aber es ist viel weniger schlimm, als ich dachte.« Ich kriege ein halbes Lächeln zustande und blättere kurz durch die Unterlagen, die er für mich gesammelt hat. »Morgen schreiben wir Französisch«, murmelt Julius dann. »Sollen wir noch mal den Stoff durchgehen?«, frage ich. Julius nickt und sieht wahnsinnig erleichtert aus. Ich suche meine Französisch-Sachen zusammen und werfe mich aufs Bett. Julius folgt mir und dann sitzen wir uns im Schneidersitz gegenüber lernen Französisch. Bei all den Vokabeln und inhaltlichen Fragen von Julius vergesse ich relativ schnell, dass Julius mich beim Singen erwischt hat und als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue sind drei Stunden vergangen. »Wenn ich dir Arbeit morgen verkacke, bin ich geliefert«, stöhnt Julius. Er sieht wirklich gestresst aus. Es muss schrecklich sein, wenn alles von einer Note abhängt und dann auch noch in einem Fach, das man nicht einfach so durch auswendig lernen bezwingen kann. »Je crois en toi«, sage ich leise. Julius legt den Kopf schief und ich sehe, dass es kurz in seinem Gehirn rattert, dann lächelt er ein wenig. »Merci«, nuschelt er. »Benutz einfach ordentlich viele Konnektoren und bring so viele Vokabeln ein, wie möglich. Und lies am Ende noch mal alles durch und mach dir vorher eine kleine Liste, auf was für Grammatikfehler du besonders achten willst. Verbendungen, Artikel, Zeitfehler…« Julius nickt und friemelt am Umschlag meines Französischbuchs herum. »Ich hab meinem Vater gesagt er soll Chips kaufen«, sage ich leise. Julius‘ Kopf ruckt nach oben. »Ist das eine Einladung, noch eine Folge Star Trek mit dir zu gucken?«, will er wissen. Ich ziehe die Schultern hoch und spüre, wie mein Gesicht heiß wird. »Nur wenn du willst.« »Ok. Pack diese Scheußlichkeiten weg, ich will nichts Französisches mehr sehen!« »Wir können die Folge auch auf Französisch schauen«, sage ich scheinheilig. Julius wirft mit einem Kissen nach mir und ich denke, dass es schlimmere Leute gibt, die mich beim Singen hätten hören können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)