You light up the path von KeksFanxXx ================================================================================ Kapitel 5: Nachwirkungen ------------------------ „…Viktor.“, murmelte Yuuri erneut. Seine Stimme war durch die Atemmaske gedämpft und er versuchte diese benommen von seinem Gesicht zu streifen. Viktor, welcher zunächst wie angewurzelt im Türrahmen stand, lief nun langsam auf ihn zu. Er wollte zu ihm eilen, doch seine Glieder waren schwer, beinahe gelähmt vor Ungläubigkeit. „Yuuri.“, kam es mit wackliger Stimme gerade noch aus seinem Mund, bevor diese versagte. Der Angesprochene war noch immer damit beschäftigt sich der Atemmaske und den vielen Schläuchen zu entledigen. Viktor riss sich zusammen, versuchte klar zu denken und betätigte schnell einen Knopf, um eine Schwester ins Zimmer zu rufen. Danach nahm er Yuuris Hände in seine, bemerkte seinen verängstigten Blick. Instinktiv streichelte er mit seinen Daumen über Yuuris Handrücken und sprach ihm beruhigende Worte zu. „Alles ist gut, ich bin bei dir.“, flüsterte er. Yuuris Hände waren eisig, doch Viktors Puls beschleunigte sich als dieser leichten Druck auf seine Hände ausübte. Es war kein Traum, sein Schützling war wirklich wach. Keine Minute später kam eine Schwester ins Zimmer geeilt. Als sie sah, dass der Patient bei Bewusstsein war, holte sie einen Arzt, welcher Viktor bat beiseite zu gehen, doch Yuuri hielt ihn fest und schüttelte leicht den Kopf. Etwas widerwillig brummte der Arzt, doch ließ die Beiden Körperkontakt halten, während er Yuuris Vitalwerte untersuchte. Seine Körpertemperatur, sein Puls und Blutdruck waren dabei auf einen Normalwert anzusteigen. Vorsichtig entfernte die Schwester auf Anweisung seine Atemmaske um festzustellen, ob er schon alleine wieder atmen konnte. Yuuri gab keinen Mucks von sich, während er untersucht wurde, auch beim Entfernen der Maske nicht. Er demonstrierte mit einem lauten Atmen durch den Mund, dass er das Gerät nicht benötigte. Viktor beobachtete das Szenario angespannt. Hätte man seinen Blutdruck und Puls gemessen, wären die Werte wohl besorgniserregend hoch gewesen. Das Gesicht des Arztes war hart und ernst, was ihn Älter wirken lies als er in Wirklichkeit war. Es war nicht der übliche Arzt welcher Yuuri betreute. Die Schwester schenkte ihm ein warmes Lächeln und ein leichtes Nicken. „Всебудетхорошо.“, flüsterte sie ihm zu und Viktors Anspannung löste sich langsam. Es bedeutete, dass alles gut werden würde. „Nun, das sieht doch schon Mal sehr gut aus.“, sagte er plötzlich. Er sprach direkt auf Englisch, damit sein Patient ihn auch verstehen konnte. Der japanischen Sprache war er leider nicht mächtig. „Sagen sie mir bitte wie sie heißen und wann sie geboren wurden?“, fragte er ihn. Yuuri blinzelte einige Male, sein Blick wandte sich nach unten. Er schien zu überlegen. Nach ein paar Sekunden sprach er langsam: „Yuuri Katsuki. Ehm.. 29. November 1993.“ Viktor lächelte. Seine Augen brannten und er spürte wie sie feuchter wurde. Es war überwältigend nach der langen Zeit endlich wieder die Stimme seines Verlobten zu hören. Er sprach noch langsam, aber dafür klar und deutlich. „Sehr gut. Erinnern sie sich daran was passiert ist?“ Wieder dachte der Angesprochene kurz nach, doch diesmal wirkte er etwas gequält. Er kniff die Augen enger zusammen und seine Mundwinkel verzogen sich nach unten. „Die Gala. Ich bin gestürzt.“, antwortete er knapp und fing an zu zittern. Viktor drückte seine Hand ein wenig fester. „Ja. Sie hatten einen schweren Unfall, Herr Katsuki. Sie wurden eingeliefert mit einer Schädelfraktur, Blutungen im Gehirn, sowie einem Wirbelbruch der Halswirbelsäule – deswegen auch die Halskrause, welche sie Bitte sicherheitshalber noch eine Woche um lassen. Sie lagen anschließend 2 Wochen im Koma.“, erklärte ihm der Arzt ruhig. „So wie es aussieht haben sie verdammt großes Glück gehabt. Patienten mit so einer Geschichte wachen meistens nicht auf, als wäre nichts gewesen.“ Yuuri nickte leicht und man konnte deutlich den Kloß in seinem Hals erkennen. Es war eine gewaltige Informationsflut welche auf ihn niederprasselte und er war noch keine 30 Minuten wieder wach. Viktor fühlte sich noch immer machtlos. Alles was er tun konnte war seine Hand halten, doch er konnte niemals ungeschehen machen, was passiert war. Er schloss die Augen und atmete tief ein, versuchte dabei keine Aufmerksamkeit zu erregen. „Haben sie Schmerzen?“, fragte die Schwester, während der Arzt sich einige Notizen machte. „Kaum.“, murmelte Yuuri, scheinbar mit den Gedanken wo anders. „Sehr gut. Wir werden sie dann ausruhen lassen, bevor weitere Tests folgen. Lassen sie alles ganz langsam angehen, lassen sie sich von ihrem Partner helfen und drücken sie diesen Knopf wenn sie Schmerzen oder Fragen haben.“, erklärte sie ihm, ebenfalls auf Englisch. Beide waren dabei das Zimmer zu verlassen, als Yuuri sich plötzlich aufrichtete. Viktor war überrascht, stützte aber sofort seinen Rücken, als er sah wie sich das Gesicht seines Schützlings schmerzhaft verzog. „Werde ich wieder Eislaufen können?“, fragte er energischer, als seine ersten Worte. Viktor verkrampfte. Eine Frage die er sich seit zwei Wochen immer wieder voller Schuld selbst stellte und nun stand sie im Raum. Der russische Eisläufer schluckte, traute sich kaum seinen Blick dem Arzt zuzuwenden. Als er es endlich tat, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken, denn der Blick ließ nichts Gutes verheißen. „Nun… es ist zu früh um darüber eine genaue Aussage treffen zu können, Herr Katsuki. Aber leider lässt sich mit großer Sicherheit sagen, dass sie diese Session aussetzen werden, wahrscheinlich auch die Darauffolgende.“ Viktor spürte wie Yuuris Körper bebte. Er sackte wieder ins Bett und gab keine Antwort, sodass der Arzt und die Schwester nach einem Blickaustausch und einer Entschuldigung das Zimmer verließen. Die Beiden waren allein und niemand sagte ein Wort. Viktor hielt einfach nur Yuuris Hand, während dieser kaum hörbar ab und zu wimmerte. Es brach dem Russen das Herz. Schuldgefühle fraßen ihn von innen auf, doch er versuchte stark zu bleiben. Die Minuten vergingen, während sie weiterhin schwiegen, bis Yuuri sein Gesicht Viktor zuwandte. Traurige, glasige Augen schauten ihn an, doch ein sanftes Lächeln folgte, welches er automatisch erwiderte. Er wusste, dass der junge Japaner mit aller Kraft versuchte die Tränen zurückzuhalten. „Du warst jeden Tag hier und hast meine Hand gehalten.“, murmelte er plötzlich. „Wo-Woher…?“ Überrascht und doch mit einer Woge der Freude, welche durch seinen Körper zog, blinzelte er den Schwarzhaarigen an. Hatte die Schwester und die Bücher doch Recht behalten? Hatte Yuuri seine Anwesenheit spüren können? „Ich… habe viel geträumt, wusste aber irgendwie trotzdem was los war. Ich hab‘ deine Stimme hören können und deine Hand spüren können. Es waren auch Andere hier. Ich habe meine Mutter gehört.“, erzählte er seinem Trainer, welcher kräftigt nickte. „Ja, deine Eltern waren wirklich hier.“ Es hatte keinen Sinn sich noch weiter anzustrengen. Die Tränen kullerten über Yuuris Wangen. „I-Ich… stand barfuß, mit diesem weißen Kittel hier, auf dem Eis. Ich habe euch zugesehen beim Training und ich… wusste, dass ich euch künftig nur noch zusehen werde.“, sagte er mit zitternder Stimme, während die Tränen weiterhin liefen. Viktor setzte sich auf das Bett und beugte sich zu ihm. Er legte beide Hände an Yuuris Wangen und wischte mit seinen Daumen die Tränen weg. „Das weißt du noch nicht. Du bist stark. So viel stärker als du weißt und außerdem noch jung. Ich bin mir sicher, dass du wieder auf dem Eis stehen wirst.“ Viktor klang so ernst, so erwachsen und einfühlsam, wie Yuuri es noch nie erlebt hatte. Er griff nach den Armen seines Trainers und vergrub seine Finger in dessen Jacke, schluchzte dabei heftig. Der Russe wollte sich entschuldigen. Er wollte Yuuri sagen, dass es ihm schrecklich Leid tat, ihn angetreten haben zu lassen, doch er wusste es würde Yuuri rein gar nichts bringen. „Alles was im Moment zählt ist, dass du wach bist. Ich hatte so eine verdammte Angst dich zu verlieren, Yuuri.“, sagte sein Trainer mit bebender Stimme. Anscheinend hatte er die vergangenen Wochen noch nicht genug Tränen vergossen, denn in diesem Moment flossen auch über seine Wangen welche. Sein Körper zitterte. Er legte vorsichtig seine Stirn gegen die seines Partners und gemeinsam weinten und lachten sie zur selben Zeit. Beiden war klar, dass ihnen schwerer Zeiten bevorstanden, aber so lange sie einander hatten, würden sie alles schaffen. Die Tage vergingen und Yuuri wurde jeden einzelnen davon mehrfach untersucht. Bisher wurden keine gravierenden Folgeschäden festgestellt. Zumindest was seine kognitiven Fähigkeiten anging. Die Ärzte betonten jedes Mal welches Glück er gehabt hatte nach solch einer Kopfverletzung und Viktor machte es jedes Mal wieder wütend. Natürlich hätte es noch schlimmer kommen können, doch Yuuris motorische Fähigkeiten waren dennoch betroffen. Er hatte so starke Gleichgewichtsstörungen, dass er nicht laufen konnte und auf einen Rollstuhl angewiesen war. Für einen professionellen Eiskunstläufer war das nicht gerade die Definition von "Glück gehabt". "Diese Gleichgewichtsstörungen sollten mit der Zeit nachlassen. Die Trainierbarkeit der koordinativen Fähigkeiten ist in ihrem Alter noch hoch.", erklärte der behandelnde Arzt. "Dafür stellen wir Ihnen wie besprochenen einen Physiotherapeuten zur Seite. Frau Nikolajew wird sich noch heute bei Ihnen melden zwecks der gewünschten häuslichen Betreuung." Viktors Griff um die Halterung von Yuuris Rollstuhl verstärkte sich. Vor ein paar Tagen hatten sie Yuuris zukünftige Physiotherapeutin Eva Nikolajew kennengelernt. Eine rothaarige Schönheit Mitte zwanzig und obwohl Viktor es besser wissen sollte, machte es ihn eifersüchtig. Yuuri hatte gesagt, sie würde ihn an Yuuko, seine älteste Freundin aus Hasetsu erinnern, was die Sache nicht unbedingt besser machte. Den Japaner belustigte es wenn sein Trainer deswegen anfing zu grummeln. Viktor nahm es deshalb gerne in Kauf. "Gut, das sollte dann vorerst alles sein. Ich wünsche ihnen weiterhin gute Besserung und solch schnelle Fortschritte, Herr Katsuki." verabschiedete sich der der Arzt von ihm. Yuuri musste nachdem er aufgewacht war, noch zwei weitere Wochen im Krankenhaus bleiben, doch nun durfte er endlich nach Hause. Er und Viktor bedankten sich bei den Ärzten und Schwestern für alles und machten sich schließlich auf den Weg. "Ich hoffe, Makkachin erkennt mich noch", scherzte der Schwarzhaarige, als sie in den Aufzug einstiegen. "Sie erwartet dich sehnsüchtig!", antwortete Viktor. Die Beiden arrangierten sich mit ihrer Situation und waren versprachen sich, für einander da zu sein, egal was noch auf sie zukommen würde. Ihre Beziehung ging weit über die eines Trainers und eines Schülers hinaus. Der Unfall hatte daran nichts geändert. Yuuri ließ sich dank Viktors Halt nicht unterkriegen. Er hatte mit ihm allen Grund zu Lächeln, doch die Realisierung die nächste Session mit Sicherheit aussetzen zu müssen, traf ihn hin und wieder. Wann immer seine Unsicherheiten und Ängste ihn plagten, legte sich Viktor neben ihn, umarmte, streichelte und küsste ihn. Der Russe lernte allmählich mit den Emotionen seines Schützlings umzugehen. "Bist du sicher, dass wir kein Taxi nehmen sollen?", fragte Yuuri, blickte über seine Schulter in die Augen seines Trainers. "Mhm? Oh nein, nein, es ist ja nicht weit und die frische Luft tut dir sicher gut.", antwortete der russische Eisläufer mit seinem üblichen, sonnigen Gemüt. Tatsächlich war es ein schöner und warmer Frühlingstag in Sankt Petersburg. Yuuri wirkte dennoch skeptisch, wegen Viktors Antwort. "Möchtest du vielleicht noch einen Kaffee trinken?", fragte Viktor ihn mit einem breiten Lächeln im Gesicht. "Warum versuchst du Zeit zu schinden, Vitya?" Ertappt versuchte er Yuuris Blick zu entkommen und sah stattdessen über die Straße. Er überlegte eifrig wie er das Thema unauffällig wechseln konnte, doch er wusste genau, dass man seinen Partner nicht so einfach täuschen konnte. "Tue ich doch gar nicht! Ich möchte nur das schöne Wetter mit dir genießen.", redete er sich raus und Yuuri seufzte resigniert. Er beschloss nicht weiter nachzufragen und der Russe atmete erleichtert aus. "Mhmm, na gut, lass uns noch einen Kaffee trinken gehen.", willigte der Schwarzhaarige schließlich ein. Glücklich drückte Viktor seine Wange gegen die seines Schützlings und manövrierte den Rollstuhl sogleich in Richtung ihres Lieblingscafes. Dort verbrachten sie gute zwei Stunden, tranken genüsslich ihren Kaffee, verspeisten Kuchen und lachten gemeinsam als wäre nie etwas gewesen. Selbst Yuuris Haar war bereits so lang wie vor dem Unfall. "Meinst du ich sollte meine Eiskunstlaufkarriere an den Nagel hängen?", murmelte Yuuri in seine Tasse hinein während er nippte. Viktor betrachtete ihn einige Sekunden bevor er antwortete. "Ich habe mal zu dir gesagt, ich würde mir wünschen, dass du nie zurücktrittst. Weißt du, was ich damit gemeint hatte?" "Ehm... das sich unsere Wege als Trainer und Schüler nicht trennen?" Es war eher eine Gegenfrage als eine Antwort. Viktor lächelte. "Das sich unsere Wege generell nicht trennen. Ich wollte… ich möchte, immer mit dir zusammenbleiben. Auch wenn du zurücktrittst. Auch wenn ich zurücktrete. Immer." Yuuris Wangen färbten sich nach diesem Geständnis dunkelrot und er erwiderte das breite Lächeln seines Trainers. "Du weißt, ich liebe es dir zuzusehen wenn du auf dem Eis läufst, und als dein Trainer ist meine Antwort klar, aber es ist deine Entscheidung. Was immer du tust, ich stehe hinter dir." Er nahm Yuuris Hand und drückte sie, spürte wie schnell sein Herz gegen seinen Brustkorb schlug, als dieser glücklich nickte. Gesättigt und fröhlich verließen sie das Cafe und machten sich auf den Heimweg. Zum Glück hatte der Wohnblock einen Fahrstuhl, denn ihr Apartment lag im fünften Stock. Viktor kramte nach den Hausschlüssel und öffnete dir Tür. Die Lichter waren aus und die Fenster abgedunkelt. Misstrauisch zog Yuuri eine Augenbraue hoch doch im selben Moment sprang ihm Makkachin bellenden und wedelnd in die Arme. Sie winselte und weinte vor Freude ihr zweites Herrchen endlich wiederzusehen, schleckte ihm überschwänglich über sein Gesicht. Lachend wuschelte er durch das weiche Fell der Pudeldame. "Hey, großes Mädchen! Ich hab dich vermisst!" Plötzlich ging das Licht im Apartment an, die Vorhänge wurden geöffnet und Yuuri blickte in etliche vertraute Gesichter welche fröhlich riefen: "Willkommen zu Hause, Yuuri!!!" Erschrocken fuhr der Japaner zusammen bevor er die ganzen Gesichter fokussieren konnte. Kollegen, Freunde und Familienmitglieder sprangen hinter der Einrichtung hervor, soviele das man sich wunderte wo sie alle Platz gefunden hatten. Sie hielten ein Banner in die Höhe mit gleicher Aufschrift. "Willkommen zu Hause, Yuuri!" "Oh mein... Gott, Leute.", stammelte er überwältigt aber dennoch gerührt. Seine Mutter fiel ihm überglücklich in die Arme und tastete dabei sein Gesicht ab nur um sicher zu gehen, wirklich ihren gesunden Jungen vor sich zu haben; gefolgt von seinem Vater. Seine Schwester hielt weiterhin die Stellung im Onsen, aber versprach nächste Woche ihren kleinen Bruder besuchen zu kommen. Phichit und andere Freunde begrüßten ihn, unterhielten sich und lachten gemeinsam. Viktor hatte diese Willkommensfeier gemeinsam mit Yuri und Mila eingefädelt. Sie luden all ihre Kollegen und Freunde ein, sowie Yuuris Familie. "Ich hab so etwas schon geahnt, als Viktor mich von zu Hause fern halten wollte.", gestand der Japaner mit einem breiten Lächeln im Gesicht, schaute mit großen Augen zu seinem Trainer. Dieser erwiderte sein Lächeln, trat dann vor ihn. "Mhmmm, du glaubst doch nicht, dass das schon alles war, oder Yuuri? Du weißt doch schließlich ganz genau, dass ich es liebe Menschen zu überraschen.", verkündete Viktor plötzlich. Yuuris Atem stoppte, als er auf einmal vor ihm auf die Knie ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)