Der Zahn der Zeit von inu-yuuki ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Er war spät dran. Sehr spät. Seit über einer Stunde hätte er den Tisch im Restaurant erreichen sollen. Doch eigentlich war es ihm egal. So oder so verbrachte er den Löwenanteil seines Daseins allein. Egal wo er sich befand. So auch diesen Abend. Er mochte keine Gesellschaft, die ihm auf die Nerven ging. Allerdings war es manchmal erheiternd, die Gattung Menschen zu beobachten. Diese lästigen Menschen, diese elendigen Ningen! Fast ausgerottet hatten sie und ihr technischer Fortschritt seine Rasse. Die paar jämmerlichen Witzfiguren, die das Blut eines Youkai in sich trugen, waren nicht einmal den Dreck wert, auf dem er ging… Eine gute Sache hatte es allerdings. Die ebenso elendigen Hanyous waren ausgestorben. Vernichtet. Wie vom Erdboden verschluckt. Sesshoumaru musste grinsen, als er daran dachte. Oh ja, auch sein minderwertiger Halbbruder ging in die Knie. Von wegen, er sei stark! Pah! Hanyous waren schon immer schwach gewesen, egal welchen Vater sie hatten! Seine Augen funkelten angriffslustig, irgendwie fühlte er sich so aufgekratzt. Seine Glieder waren angespannt und die Sinne sensibilisierten sich auf jede Kleinigkeit. Wie früher, wenn eine kleine Auseinandersetzung bevor stand. Es juckte ihn in den Fingern, seine Hand an die Seite zu legen. Genau dort, wo er einst seine Katana trug. Doch natürlich konnte er sich beherrschen und unterdrückte dieses niedere Gefühl im Keim. Er war auf dem Weg, ein alter und verbitterter Daiyoukai zu werden. Alles und jeder langweilte ihn. Das war gefährlich. Er war wie eine tickende Zeitbombe. Heute war es wohl ganz besonders schlimm. So intensiv hatte er dieses Kribbeln noch nie verspürt. Irgendetwas lag in der Luft. Er wusste nur nicht, was es war… Das Lokal, in das er wollte, kam in sein Sichtfeld. Die Straßen füllten sich immer mehr und so beeilte er sich, das Restaurant schnell zu erreichen. Allerdings musste er dort angekommen feststellen, dass sein Tisch vor ein paar Minuten aufgrund seiner Verspätung vergeben wurde. Die leise schwache Stimme des Kellners regte ihn auf. Und von irgendwo her kam ein Duft. Klar und rein, schwach und kraftvoll zugleich. Es wiegelte sein Youki auf, brachte seine Selbstbeherrschung ins wanken. Je mehr er sich darauf konzentrierte, desto intensiver nahm er ihn wahr. Alle seine Nuancen, es war als ob die Quelle immer näher kam. Für einen winzigen Augenblick bildete sich ein roter Ring um seine Iris. Doch nur einen Lidschlag später war dieser auch schon wieder verschwunden. “ Madame? Kann ich ihnen behilflich sein? “ Aus den Augenwinkeln sah er zu der angesprochenen Person hinüber. Der Duft kam eindeutig von dieser Frau! Das schlimme an der ganzen Sache war, er kannte ihren Duft irgendwo her. Nur einordnen konnte er ihn nicht. Es war wohl einfach zu lange her. Doch er musste des Öfteren mit ihr Kontakt gehabt haben, sonst könnte er sich mit Sicherheit nicht mehr an eine Bekanntschaft erinnern. In diesem Fall war es wohl wert, sich umzudrehen. Langes, gewundenes schwarzes Haar, schmale, zierliche Figur. Anmutige, lange Glieder, ihr erster Anblick war überraschend positiv. Doch sie war keine Youkai. Eher Mensch, doch irgendeine Macht pulsierte in diesem kleinen Körper. Diese Frau musste schon sehr alt sein und hatte trotzdem ein jugendliches Aussehen. Für rein spirituelle Kräfte war sie zu mächtig. Was war sie? In diesem Moment drehte sie sich zu dem Kellner um und schüttelte dessen Arm von sich. Zum ersten Mal in seinem langen Leben wäre er wohl sprachlos gewesen. Wenn er denn der Typ dazu wäre… Vor ihm stand die heißgeliebte, angebliche Reinkarnation der großen Liebe seines Halbbruders! Wie konnte dies sein?! Sie müsste weit über hundert Jahre alt sein! Wie erstarrt blickte er noch einige Sekunden auf den Fleck, an dem sie soeben noch gestanden hatte. Bis ein anderer Duft, leicht gemischt mit dem der Miko, auf seine Sinne traf. Sesshoumaru drehte sein Haupt in die Richtung und sah einer brünetten Frau in die Augen. Sie schien wohl eine Freundin zu sein. “ Kagome! So warte doch! “ Kagome! Die Shikon Miko, die Naraku den endgültigen Stoß verpasst hatte. Wie konnte er diese Frau vergessen? Es hatte ihn damals sehr beeindruckt, dass sie sich ihm immer wieder in den Weg gestellt hatte. Sie war stark, trotz der Tatsache, dass sie ein Mensch war. Sie war es auch Wert gewesen, eine helfende Hand zu reichen. Sie war seiner kleinen menschlichen Ziehtochter so ähnlich gewesen… Um den Dämon schien die Zeit still zu stehen. Von ihm ging eine unheimliche Energie aus, die selbst diese unsensiblen Ningen spüren konnten. Eisige Kälte drang aus ihm, schoss seine teils ungezügelte Macht in sämtliche Richtungen. Doch das verschwinden ihres Duftes holte ihn aus seinem kleinen Rausch. Sie ging. Versuchte sie etwa zu fliehen? Wie lachhaft! Diese Person war sehr, sehr interessant! Er musste ihr Geheimnis lüften! Und zwar sofort, auf lange Suche hatte er keine Lust. Also folgte er ihrem Duft aus einiger Entfernung, beobachtete sie genau. Auch sie schien ihn erkannt zu haben. Zwar schien der Groschen erst zu fallen, als ihre Freundin irgend etwas erzählte, doch die Vermutung war auf jeden Fall da gewesen. Als nach einiger Zeit ein Taxi vor fuhr und Kagome einstieg, sprang der Dämon auf die Dächer der Häuser und verfolgte das Auto so. Anscheinend fuhr sie zum Flughafen. Wie lustig. Mal sehen, wo sie hin wollte… “ Madame, wir haben den Flughafen erreicht. “ Die durchdringende Stimme des Taxifahrers holte Kagome aus ihrer kleinen ‘Auszeit’. Mit müdem Blick stieg sie aus, ließ sich ihren Koffer geben und bezahlte die Fahrt. Der Flughafen. Wie ätzend sie doch diese beschissenen Neuanfänge fand! Doch es nutzte alles nichts, es war nun mal ein Teil von ihr und ihrem Leben. Seufzend ging sie auf den Eingangsbereich zu und begutachtete dabei einige Reklametafeln, die Last Minute Flüge an preisten. England, Amerika, Afrika, Italien. All diese Länder kannte Kagome schon in und auswendig. Es war einfach zum Kotzen… Eine Insel, das wäre es! Davon hatte sie zwar auch schon unzählige bereist, doch nie kam der Gedanke dort auch zu leben. Aber genau dies erschien ihr jetzt richtig. Nicht immer im Trubel sein und der Versuchung widerstehen müssen. Abgeschieden von der Menschheit, im Einklang mit sich, der Natur und den dort lebenden Tieren… Sie würde sich am Schalter nach so einer Möglichkeit erkunden. Gedacht, getan. Schnurstracks steuerte sie einen freien Schalter an und fragte nach. Während die Dame ihr einige größere Inseln und deren teils unbewohnte Nachbarinseln aufzählte, entstanden in Kagomes Kopf schon Bilder von ihrer eigens erbauten Hütte. Sie würde sich auf der Hauptinsel die nötigen Dinge kaufen und dann über setzen. Fernab von Stress und Ärger, endlich wieder zu sich selbst finden! “ Sri Lanka hört sich sehr gut an! Wie weit ist die entferntest liegende, unbewohnte Nachbarinsel? “ Die Frau sah auf ihren Bildschirm und tippte auf der Tastatur herum. “ Drei Tagesreisen mit einem Motorboot, Madame. “ “ Hm, auch das hört sich gut an. Wann geht der nächste Flug dort hin? “ Die Formalitäten waren schnell geklärt. Kagome nahm einige weitere Flüge in Kauf. Ein Direktflug hätte eine Wartezeit von zweiundvierzig Stunden betragen. Eindeutig zu viel! Das bisschen Geld mehr spielte keine Rolle. Davon hatte sie in den vielen Jahrzehnten genug angesammelt. Der erste Flug ging in einer knappen halben Stunde, dies war durchaus zu verkraften. Mit einem leckeren, schönen, heißen Latte Macchiato ging die Zeit bestimmt auch schneller um! Dann konnte das neue Leben beginnen… Sie sollte recht behalten, die Minuten vergingen wie im Fluge und so schritt sie mit einem Lächeln den langen Gang zum inneren des Flugzeuges entlang. Sie hatte keine Ahnung, dass sie beobachtet wurde. Gedanklich machte sie sich schon eine Liste mit den Dingen, die sie brauchen würde. Als Kagome saß, wurde ein letztes Mal zum Abflug aufgerufen und kurze Zeit später hob der riesige Metallvogel ab. Mit viel Abstand folgte Sesshoumaru der Maschine auf seiner Energiewolke. Er stellte sich voller Schadenfreude ihr Gesicht vor, wenn sie erkannte, dass er ihr gefolgt war. Seit Jahrzehnten endlich wieder eine Art von Jagd… Ein herrlich befreiendes Gefühl! Viele Landeplätze und Stunden später schien seine Beute endlich ihr Ziel erreicht zu haben. Sri Lanka. Aha. Müde sah sie aus, als alle das Flugzeug verließen. Doch sie schien voller Tatendrang und ging Richtung Zentrum. Hn. Frauen. Shoppen um jeden Preis… Wie er es doch hasste! Doch Kagomes Einkauf sollte ihn überraschen. Er konnte und wollte nicht alles mitbekommen, doch anhand der Gerüche konnte er viele Dinge und Gegenstände erraten. Was hatte sie nur vor? Nach einem Essen ging sie zum Hafen und besah sich ein paar Motorboote, die zum Verkauf vor Anker lagen. Bei einem recht kleinen Exemplar blieb sie stehen und besah es sich genau. Nicht lange und ein gemütlicher, schlaksiger, älterer Mann stieß zu ihr und stand mit Rat und Tat zur Seite. Anschließend verlud er das wenige Gepäck der jungen Frau und gab dem Boot einen kräftigen Stoß mit einer langen Stange. “ Auf Wiedersehen, Miss! Passen sie auf sich auf! “ Mit einem letzten Gruß drehte sich der Mann um und verschwand, sein Geld zählend, in einer kleine Hütte. Immer mehr interessierte den Daiyoukai das Ziel der Miko. Die ganze Zeit hatte er ihren Duft in der Nase, egal aus welcher Richtung. Es schien, als ob sie ihn damit einlullen wollte. Und falls dem so war, für den Moment hatte sie sogar Erfolg damit. Doch es war aufregend! Endlich raus aus diesem Dunkel, tristes Leben ade… Kagome für ihren Teil, war schon lange auf dem direkten Weg aus dem Dunkel. Unwissentlich riss sie den Youkai mit sich, konnte ja schließlich nicht erahnen, was sie mit dieser einen Begegnung und ihrem jetzigen Neuanfang ausgelöst hatte. Doch so schlecht konnte es ja nicht sein. Sonst hätte das Juwel doch bestimmt schon wieder angeschlagen… Oder?! Dieses war der dritte Streich und der Vierte folgt sogleich… ^^ Vielen Dank für die Favos und das Review! Aber nun viel Spaß beim weiter lesen und bis bald, inu-yuuki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)