Manus manum lavat von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 17: David gegen Goliath ------------------------------- Große Leidenschaften sind wie Naturkräfte. Ob sie nutzen oder schaden, hängt nur von der Richtung ab, die sie nehmen. - Ludwig Börne     ~*~     - Kapitel achtzehn -     Die obskure Finsternis legte sich wie ein anschmiegsamer Mantel über den Planeten, der von dickem Staub bedeckt und mit Dreck und Blut übersät worden war. Der einst strahlenden Sonne gelang es dahingehend nicht mehr, sich einen Weg durch die dichten Staubwolken zu bahnen, was den Planeten in zusätzliche Schwärze hüllte. Das Gefühl der falschen Sicherheit wurde von der Dunkelheit verschluckt. Überall – egal wohin man ging – konnte man verbrannte Erde riechen, hier und da erspähte man eingestürzte Häuser, welche bis zu ihren Grundmauern niedergebrannt waren und ein Bild des Grauens erzeugten.   Das Feuer, das für diese Katastrophe verantwortlich war, schritt weiter voran - rücksichtslos und ohne Erbarmen suchten sich die hungrigen Flammen ihre nächsten Opfer.   Die hilflosen Schreie, die zunächst abebbten, die unheilvolle Stille danach, trieben die junge Frau – an deren Hand sich eine weitere, ihr bekannte Hand befand – in den Stadtkern hinein, weil sie voller Hoffnung war, ihre erhaltene Kraft in Rettungsmaßnahmen zu investieren. Doch kaum war sie angekommen, sah sie das Leid. Sie sah das Abbild des Bösen, in Form geschundener, verbrannter Körper für die jene Hilfe, die sie anbieten wollte, zu spät kam und je weiter sie ging, desto öfter wiederholten sich die Bilder. Es wurde nicht besser; vielmehr schlimmer, grauenvoller, dramatischer... Die beiden charakterlich unterschiedlichen Saiyajins wurden – angesichts ihrer erschöpfenden Suchmaßnahmen – nicht fündig. Nirgends konnten sie ein Haus mehr ausmachen, das noch einigermaßen intakt war. Niemand – keine einzige Seele – lief ihnen über den Weg, der ihnen zumindest hätte erklären können, was für diese entsetzliche Zerstörung verantwortlich gewesen war.   Ihre umherschweifenden Blicke suchten nach Lösungen – etwas, das ihr Aufschluss geben konnte, aber nichts, was ihre Machtlosigkeit hätte besiegen können, fiel ihr vor ihre aufgeregt tippelnden Füße.   Einzig der milde Druck, den man auf ihre Hand ausübte, ließ Bulma hoffnungsvoll nach oben blicken – in das Gesicht eines Mannes, der aufrichtig lächelte, ihr aufgrund dessen etwas wie Zuversicht symbolisierte. Alleine seine Anwesenheit bezeugte ihr, dass sie nicht alleine war und sie gemeinsam dieses Martyrium überstehen konnten. Sein mitreißender Mut, sowie ihre waghalsige Entschlossenheit würde ihnen über die vielen Verluste hinweghelfen; das war ein kleiner, wenn auch schwacher Trost für das sorgenvolle Mädchen. Eigentlich, so war ihr nächster Gedanke, konnte man ihren Zusammenhalt mit einem starken Ast assoziieren. Zu zweit würde es dem Feind schwerer fallen, sie zu zerbrechen; alleine würde es dem Angreifer bedeutend leichter fallen. Ja, in ihrem Begleiter sah die junge Saiyajin einen Verbündeten, eine... eine Perspektive. Dass sie seine Hand und er die ihrige hielt, zeigte doch ganz deutlich, dass es zwischen ihnen etwas gab, das tiefer ging als Zuneigung, offener und herzlicher als jede Freundschaft.   „Wir müssen zum Tibasuny-Plateau“, erklang die schallende Stimme zusammenhanglos, angesichts Bulmas Versunkenheit in ihre eigenen Gedanken. Ihr Körper handelte ohne ihr Zutun, als ihre Füße stehen blieben und entschieden, zwei Schritte nach hinten zu gehen, nachdem sie die Kälte und Brutalität in seiner Tonlage herauskristallisieren konnte. „Bulma, hast du das verstanden?“   „Aber wir können doch nicht weglaufen.“ Auch Bulmas Stimme verursachte ein surrendes Echo in ihrer Umgebung. Hinsichtlich ihrer Worte, spürte sie die kleinen offenen Stellen auf ihren Lippen, die fürchterlich zu brennen begannen, nachdem ihre Zunge die Wunden befeuchtete. Anschließend vernahm sie selbst nur ein Krächzen, so dass weitere Sätze im Keim erstickt wurden und alles, was sie bisher getan hatte, geschah, weil sie ihrem Instinkt folgte und nicht, weil sie einen Plan verfolgte.   „Wir laufen nicht davon“, flüsterte die kräftige Stimme, während die warme, freie Hand zärtlich über ihren Wangenknochen strich.   Bulma spürte infolgedessen die Fetzen seines in Mitleidenschaft gezogenen Handschuhs, die unweigerlich ihre aufgeschürfte Haut kitzelten. Jedoch fixierten sich ihre Augen auf die ihr entgegen starrenden Augen. Das glänzende Schwarz, in dem sich ihr Gesicht widerspiegelte, offenbarte ihr einen Sturm der Entrüstung – als würde sich ein Strudel bilden, der Bulma in die Tiefe ziehen wollte. So gebannt starrte sie in seine Augen...   „Wenn wir fliegen“, wisperte er, „erreichen wir das Gebirge schneller. Das Plateau befindet sich hinter den Wäldern eures Dorfes – danach wird alles gut“, säuselte er erfreut, da er sich sicher war, den Kampf zu überleben und als Sieger hervorzugehen. „Es ist nicht sehr weit. Flieg mit mir zum Plateau, damit ich mein Versprechen einhalten und dich beschützen kann, Bulma“, annoncierte ihr Gefährte, bevor er ihre verwundeten Hände in seine nahm.   „Mein Dorf liegt, wie die anderen auch, in Schutt und Asche.“ Was sollte geschehen, wenn sie das Plateau erreicht hatten? Letztendlich würde es darauf hinauslaufen, dass sie von den unbezwingbaren Flammen eingekesselt wären, nachdem sie sich von den letzten Habseligkeiten der Saiyajins ernährt hätten, ehedem das Feuer weiterzog, um sich weitere Felder, Wiesen, Häuser und Bäume habhaft zu machen. Bulma befürchtete, dass letzten Endes ihre Kräfte nicht mehr ausreichten, um den Flammen zu entkommen...   „Das wird nicht passieren. Ich werde es nicht zulassen, dass dir etwas zustößt. Vertrau mir.“   Gerne würde Bulma seinen positiven Worten glauben, die ihr zudem versprachen, dass sie diesen feigen Angriff überlebten. Aber würden sie weiterhin hier stehen bleiben, würde sich nichts ändern – das erkannte die blauhaarige Saiyajin, trotz ihrer Abgeschlagenheit. So bedenkenlos und motiviert ihr Kompagnon war, Bulma war es nicht, obwohl sie niemandem ihre Hilfe verwehren würde. Niemals. Aber sie war noch immer sie selbst – eine Frau, deren Überlebenswille stärker war und es vorzog, sich nicht freiwillig in den Tod zu stürzen. Bulma war eben keine... stolze Saiyajin. Sie war lediglich eine Saiyajin, die... die als solche geboren wurde, die dazugehörigen Facetten jedoch nie angenommen hatte, anlässlich ihrer liebevollen Erziehung und der irdischen Umgebung. Man hatte ihr nie eingebläut, dass es eines Saiyajins würdig war, sich in den Kampf zu stürzen und gegebenenfalls für sein Volk zu sterben.   „Ich vertraue dir, Turles.“ Im Anschluss legte sie ihre Hand auf seinen Oberarm. Gleichlaufend nahm sie seinen fürsorglichen Griff wahr, als er sie auf seine Arme hob und mit ihr in der Ferne verschwand. Insgeheim hoffte sie, je mehr sie sich von dem unter ihnen befindlichen Inferno entfernten, desto besser könnte sie den Ist-Zustand verdrängen, aber sie scheiterte kläglich. Erst in der Luft wurde ihr die Tragweite der Schlacht vor Augen geführt. Dennoch versuchte sie, sich zu beruhigen. Sie musste – auch für Turles – einen kühlen Kopf bewahren und Stärke beweisen. „Hast du... einen Plan?“ Der Wind hatte ihr unterdessen pausenlos ins Gesicht gepeitscht, ihre Worte klangen, als hätte sie seit Monaten nicht gesprochen. Ihr Hals tat unglaublich weh, ihre Kehle war staubtrocken und ihre Stimmbänder würden womöglich demnächst dazu neigen, elendig zu reißen.   „Nein“, lächelte er seine innerliche Angst weg, nachdem er Bulma angesehen hatte. „Ich muss improvisieren und der Mond wird mir dabei helfen.“   „Der Mond?“ Beflissen sah sie gen Himmel, der verdunkelt über ihnen lag. Nur den Staubwolken war es zu verdanken, dass das Firmament nicht dunkelrot schimmerte, was keineswegs ihre Angst schmälerte. „Aber Turles, man... man sieht den Mond nicht.“ Selbst wenn das Gegenteil der Fall gewesen wäre, wusste sie nicht, wie der Mond ihnen hätte behilflich sein können. „Und ich habe ihn auch noch nie gesehen – seit ich hier bin.“ War Turles verwirrt? Was war der Grund, dass er so fahrlässig handelte und sich auf eine Lösung fixieren wollte, die ausgeschlossen und nicht umsetzbar war?   War Angst der Grund? Hatte Turles Angst, weshalb sie sich vom Ort des Geschehen entfernten?   „Es hätte mich beunruhigt, wenn du ihn auf Vegeta-Sei gesehen hättest.“   „Warum?“, flüsterte Bulma, bevor Turles landete und darauf achtete, sie vorsichtig auf dem Plateau abzusetzen.   „Weil der Zyklus des Mondes sich auf acht Jahre beläuft. Nach dieser Zeit erscheint ein Vollmond, den wir Saiyajins zu unseren Gunsten nutzen.“ Schwer atmend sah er nach oben, während eine unermessliche Kraft durch seinen Körper schoss. Danach sah er erleichtert in ihr schönes, anmutiges Gesicht, deren fragende Mimik er ausgiebig musterte. „Ich werde unserem Glück ein wenig auf die Sprünge helfen müssen, indem ich einen Powerball erschaffe.“   Sie verstand nicht, was er meinte. „Einen Powerball?“   „Ja.“ Folglich richtete er seine Handinnenfläche nach oben, während er seine Energie kontinuierlich steigerte. „Mithilfe eines Powerball sind die Krieger der königlichen Garde in der Lage, einen Miniatur-Vollmond zu erzeugen. Infolgedessen werde ich meinen Ki mit der Atmosphäre vermischen.“ Seine Worte wurden von kleinen Blitzen begleitet, die immer größer wurden und schlussendlich eine kleine Lichtkugel manifestierten, die abwartend über seine Hand schwebte. „Mein Powerball erzeugt dieselbe Lichtintensität, wie die eines Vollmondes.“ Er nahm den Blick von Bulma, um die kleine Kugel zu fixieren. „Weißt du, was passiert, wenn wir in den Vollmond schauen?“   „Nein“, antwortete sie ehrlich. Auch Bulma sah staunend der Kugel entgegen.   „Unser Schweif reagiert unmittelbar, nachdem wir hineinsehen. Der Vollmond ist des Saiyajins stärkster Verbündeter, er ist unser Bruder, da er unsere Oozaru-Form ermöglicht“, erklärte er dem Mädchen sachlich, ehe er die Kugel voller Hoffnung nach oben schoss, die nach ihrer Ankunft im Himmel explodierte und das nach unten projizierte, was jedem Saiyajin helfen sollte.   Bulma verstand es nicht. Sie wusste nicht, was er von sich gab und schob es auf die innerliche Unruhe. Allerdings schrak sie zurück, als Turles' lautes Keuchen ertönte – vorerst schwach, doch zunehmend stärker, je länger seine geweiteten Augen nach oben sahen. „Turles, ist... ist alles in Ordnung?“ Vorsichtig wollte sie nach seiner Hand greifen, unterließ es jedoch, als sein dunkler Schweif zu zucken begann, während ihr Körper sich nicht regte.   Aber wieso nicht? Perplex wanderte ihr Blick ebenfalls nach oben, doch noch immer geschah nichts. Und was sollte ein Oozaru sein? Hatte diese Form etwas mit dem Schweif eines Saiyajins zu tun? Reagierte sie deshalb nicht auf den künstlich erschaffenen Mond, weil ihr als Säugling der Schweif abgenommen wurde, damit sie von ihrer wahren Herkunft nichts erfuhr? Unablässig betrachtete sie das grelle Licht, das im Kontrast mit dem dunklen Himmel wunderschöne Schatten auf dem Boden bildete, wenngleich die Lage alles andere als schön war. Aber lange konnte sie dem Naturschauspiel nicht zusehen, da sie bemerkte, dass etwas mit Turles' Körper nicht stimmte. Es schien, als würde dieser sich deformieren... Seine weißen Zähne wurden länger und spitzer, aus den feinen Poren seiner Haut sprossen grobe, dunkelbraune Haare, die sich über seinen gesamten Körper erstreckten. Nachdem auch schlussendlich sein Gesicht länger wurde und seine schwarzen Augen sich in ein glühendes Rot verfärbten, das nichts mehr mit dem bis dato anhaltenden, sanftmütigen Blick gemein hatte, war es um Bulma geschehen. Im Vergleich zu Turles' gewachsenem Maul, öffnete sich ihr kleiner Mund, aber sie konnte nicht schreien, oder doch? Sie konnte es gar nicht hören, angesichts des lauten Gebrülls, das das riesige Geschöpf von sich gab...   Schrie sie?   „Nein!“ Nach Atem ringend, öffneten sich müde Augen, die sich gezwungenermaßen wieder verschlossen, nachdem das zarte Sonnenlicht auf die blauen Iriden traf. Ihr Traum, aus dem sie gerade aufschreckte, wirkte so... authentisch und echt, dass es Bulma ängstigte. Unbewusst hatten sich ihre Hände in einem weichen Kissen verhakt, das sie nach dem ersten Schrecken langsam losließ.   Grundgütiger, was war gerade passiert? War es einer ihrer Tagträume, der sie jetzt schon bis in den Schlaf verfolgte? Aber das wäre ja noch skurriler, weil sie bisher niemand sah, der an ihrer Seite war. Nie zuvor hatte jemand ihre Hand gehalten, um Bulma sicher durch das entstandene Chaos zu führen. Niemals ging einer ihrer Träume so weit, dass es jemanden gab, der sich gegen den Angriff auflehnte und nach einer Lösung suchte. Erschreckend kam hinzu, dass die Affenmonster aus ihren Träumen ein Gesicht bekamen – ein bekanntes Gesicht, das allerdings nicht ihr Feind, sondern ihr Retter sein wollte. Ihr Befreier wollte... er wollte Bulma anscheinend vor etwas viel schlimmeren schützen; vor etwas, das sie bislang nicht erkennen konnte und nachdem sie Vegeta kennenlernte, war sie der Überzeugung, dass dieser im Zusammenhang mit ihren Träumen stand, doch widerlegte ihr Traum dieses Gedankensystem rigoros. Nicht Vegeta war es, der alles und jeden ins Chaos stürzte. Nein, es war Turles, der wider Erwarten Bulma vor Unheil bewahren wollte – das genaue Gegenteil von dem, was Bulma die ganze Zeit über angenommen hatte.   Gleichzeitig wollte sie in Erfahrung bringen, was es mit der Oozaru-Form und ihrer Nicht-Verwandlung auf sich hatte. Bulma wollte mehr über dieses Phänomen erfahren und den Grund enträtseln, wieso es ihr nicht gelungen war, sich zu verwandelt. Eine Erklärung gab es schließlich immer und sie spekulierte darauf, dass es mit ihm fehlenden Schweif in Relation stand, der augenblicklich reagierte, sobald das Licht des Vollmondes die Netzhaut des Auges berührte.   Währenddessen öffnete sie immer wieder mal die Augen, um sich an das Licht baldmöglichst zu gewöhnen. Rasch war ihr aber aufgefallen, dass... sie sich gar nicht in ihrem Bett befand, aufgrund der kalkweißen Decke, die ihr entgegensah – trist und trostlos. Auch die ungewohnt raue Felldecke ließ darauf schließen, an einem ihr unbekannten Ort zu sein. Es war auch kein richtiges Bett, sondern eine scheinbar frisch bezogene Couch, die stark nach Lavendel roch – aufgezwungen und künstlich, als ob derjenige versuchte, einen vorerst streng herrschenden Duft zu übertünchen. Aber das verkraftete sie noch, im Gegensatz zu den einkehrenden Erinnerungen, hinsichtlich des zweiten Überfalls auf ihr Zuhause und sie dachte an ihre Eltern, an Chichi und Yamchu, während sie schwermütig seufzte. Die Hemmschwelle, im Bezug auf das Tränen vergießen, sank rapide ab, je länger sie sich mit der Ungewissheit auseinandersetzte. Auf diesem feindseligen Planeten war doch nichts normal. Hier gab es nichts, was Bulma als alltäglich oder regulär einstufen würde. Jeder einzelne Bewohner Vegeta-Seis war mit Hass, Jähzorn und Aversionen aufgewachsen, die sich allesamt im Alter weiter ausbreiteten – wie ein Virus. Zermürbt und unsicher schlug Bulma die Decke zur Seite, bevor ihre nackten Zehenspitzen den Boden berührten. Darüber hinaus wanderte unverzüglich ihr Blick umher, auf der Suche nach Hinweisen, bezüglich ihres Aufenthaltsort. Das Zimmer war spärlich eingerichtet, nur das nötigste schien hier mehr schlecht als recht aufgebaut worden zu sein – wie der Tisch vor ihr, auf dem lediglich eine an den Kanten abgebrochene Vase stand, in der grob gepflückte Blumen ihr Dasein fristeten, obzwar es eine nette Geste gewesen war. Ferner schweifte ihr Blick weiter zu den kahlen Wänden, an denen kein einziges Bild angebracht worden war und dem Zimmer zusätzlich etwas trauriges verlieh.   In wessen Haus war sie bloß gelandet?   „Hallo?“, rief sie bedächtig in die Stille hinein, während ihr Körper leicht nach vorne gebeugt war. Zeitgleich versuchte sie, ihren Traum zu deuten. Ob er Bulma auf das bevorstehende Leid vorbereiten wollte? Zeigten diese Träume die Zukunft oder wie sollte sie die Szenarien verstehen?   Himmel nochmal. Wieso fand sie keine plausible Erklärung?   „Hallo? Ist hier jemand?“, wiederholte sie, aber man antwortete ihr nicht. Kein Laut war zu hören. War sie etwa alleine in diesem fremden Haus? Geistesgegenwärtig – und es war ihr egal, dass ihre Beine weich wie Pudding waren – stand sie auf, bevor sie langsam den Tisch umrundete und einen Rundbogen anvisierte, der Bulma in den nächsten Raum führte – offensichtlich die Küche, die keinesfalls wie eine Küche aussah, obwohl die gängigsten Geräte zu erkennen waren. Indessen wanderte sie stets weiter, ihr Fingerkuppen schwebten sanft über das Holz, bis sie die warme Herdplatte erreichte. Daraufhin suchte sie nochmals nach Hinweisen. Darauf hoffend, auf dem Küchentisch eine Notiz zu sehen, näherte sie sich diesem, aber auch dort war nichts zu finden.   War... War es möglich, dass... Nein, sie wollte diesen Gedanken nicht festigen, aber bestand die Möglichkeit, in Turles' Haus aufgewacht zu sein?   „Turles?“, flüsterte Bulma, deren Herzschlag förmlich Saltos schlug. „Bist du da?“ Aber wo sollte sie sonst sein? „Bitte antworte mir doch“, flehte sie, aber sie war scheinbar alleine. Daher beschloss sie, ihre Schuhe – die sie unerwartet im Flur vorfand – anzuziehen und zurück zu ihren Eltern, Yamchu und Chichi zu laufen. Irgendwo müsste sie mit ihrer Suche beginnen, obwohl sie nicht wusste, wohin sie laufen müsste. Aber... das wäre das kleinste Problem. Vorschnell marschierte sie zur Haustür, doch bevor sie diese aufzog, blickte sie noch einmal über ihre Schulter – die Treppe hinauf, die in einen dunklen Flur führte und Bulma nur bestärkte, schnell das Haus zu verlassen. Zwar konnte sie ihre Neugier nur schwer bremsen, doch der Gedanke – nach ihren Eltern zu sehen – überwog ihre Impertinenz.   „Nein, ich muss nach Hause. Das ist viel wichtiger.“   Sie musste wissen, was mit ihren Eltern, sowie ihren Freunden passiert war. Ebenso wollte sie endlich erfahren, was hier gespielt wurde und das könnte nur ihr Vater beantworten, der definitiv mehr wusste, als er zugab. Mittlerweile konnte Bulma nämlich sehr wohl erkennen, dass es ein Abkommen zwischen dem König und ihrem Vater gab. Ja, es musste etwas sein, das ihren Vater in Bedrängnis brachte, etwas, das ihn zur Marionette umfunktionierte, denn schließlich war Vegetas Vater der König, der keinen passenden Zeitpunkt hätte abwarten müssen, um seinen Sohn zu ihnen nach Hause zu schicken. Dass Vegeta lernen sollte, Pflichtgefühl seinem Volk gegenüber zu entwickeln, war doch nur eine billige Ausrede, um die Wahrheit zu verbergen.   Folglich drückte sie die Klinke hinunter und wappnete sich gegen einen Windzug, der ihr ins Gesicht peitschen konnte, doch alles, was zu ihr gedrungen war, waren entfernte Stimme, die immer lauter wurden. Aufmerksam suchte sie die Quelle, indem sie sich entlang der Fassade schlich und um die Ecke lugte. Von dort konnte sie einen kleinen Weg erspähen – umsäumt von hochgewachsenem Gras, sodass die beiden streitenden Männer nur halb zu sehen waren und trotz der Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen, umspielte ein Lächeln ihre Mundwinkel, nachdem ihr Herz zu hüpfen anfing.   Erfreut darüber rannte Bulma los, kletterte mühevoll über den ramponierten Zaun, der das Haus umzäunte und rief: „Turles!“ Ihr Lächeln wurde immer breiter, denn er würde ihr bestimmt erklären können, was geschehen war. Vielleicht würde er sie auch nach Hause bringen?   „Bulma?“, hauchten seine Lippen fast stumm und auch seine Mundwinkel zuckten kurz, doch verwandelte sich seine Miene zu einem düsteren Gesichtsausdruck, nachdem er zu dem Mann zurück sah, der ihm wütend gegenüberstand, jedoch den Blick von Turles nahm, als auch dieser Bulmas Stimme aufgeschreckt vernahm.   Indessen durchquerte Bulma winkend das Gras. Endlich hatte sie jemanden gefunden, der Licht ins Dunkel bringen konnte, was ein wenig ihre Angst hinunterfuhr. Ihre Freude währte allerdings nur kurz, denn Vegeta stellte sich ihr prompt in den Weg – den Blick abschätzig, die Arme in typischer Manier vor der Brust überkreuzt.   „Verdammt nochmal“, bellte er auch schon los, woraufhin das Weib verdutzt stehen geblieben und ihr Lächeln verschwunden war. „Wo warst du, verflucht?“   „Was?“ Hatte sie eine freundliche Begrüßung erwartet? Nein.   „Was fällt dir ein, gut gelaunt hierher zu kommen?“ Verdammt, er hatte sich Sorgen um dieses dumme Weib gemacht. Die schlimmsten Bilder nahmen bittere Gestalt in seinem Kopf an und was tat sie? Quicklebendig und in bester Verfassung auf Turles zustürmen? Na prima. Wäre er ein wirklich hochgradiges Arschloch – das er vor ihrer Zeit immer gerne gewesen war –, wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen, sie an ihren Haaren zum Palast zu schleifen, sie anschließend in sein Zimmer zu sperren und sie dort so lange versauern lassen, bis sie auf dem Zahnfleisch zu ihm gekrochen käme.   Stattdessen hoben sich bloß ihre Augenbrauen. Ihre Augenbrauen, verdammt!   „Königliche Hoheit, ich versichere Euch, dass -“   „Halt dein Maul, Turles. Halt einfach dein verlogenes, schäbiges Mundwerk. Du hättest mich sofort informieren müssen und hast es nicht getan.“ Dass er Totipa zu Tode geprügelt hatte, nachdem er Vegeta offenbarte, dass Turles sie mitgenommen hatte, erwähnte er nicht. Wozu auch? Viel mehr regte er sich darüber auf, dass er nicht von alleine auf den Gedanken gekommen war, dass der Saiyajin vor ihm sich natürlich einmischte. Es lag doch auf der Hand, dass Turles... dem Mädchen nicht abgeneigt war. Aber der Prinz war so von seiner Wut zerfressen, dass nicht einmal ein hell erleuchtetes Plakat – auf dem ihr Standort prangte – ihn darüber hätte aufklären können, wo sie sich befand.   Aber wenigstens war sie – soweit er erkennen konnte – unverletzt. Dennoch störte ihn ihre passive, abweisende Haltung ihm gegenüber. Es trieb ihn so weit, dass er näher zu ihr herantrat und knurrte: „Verfluchte Scheiße, wo warst du, Onna?“ Dass sie ihm nicht antwortete, stimme ihn gewiss nicht milde. Daraufhin wurde seine Stimme immer leiser. „Ich habe nach dir gesucht und ich erwarte eine beschissene Antwort, wenn ich dich etwas frage.“ Und nichts war so herrlich ansteckend wie schlechte Laune, da auch Bulmas zuvor erschienenes Lächeln allmählich verschwand. „Oder erlaubt dir das Helium in deinem Kopf nur eine aufrechte Gangart? Erschwert es dir demnach, auf eine einfache Frage Stellung zu beziehen?“   „Königliche Hoheit, es war genau so, wie ich es Euch im Vorfeld berichtet habe.“ Seine Ehrfurcht verbot es Turles, sich Vegeta in den Weg zu stellen, aber er tat es, obwohl ihm die Konsequenzen klar waren. Anschließend schloss er den Abstand, bis er vor dem Königssohn zum Stehen kam. „Vegeta, ich habe sie aus dem Schlachtfeld geholt, weil ich schlimmeres verhindern wollte. Totipa hat sie -“   Verdammt, er wusste, was Totipa getan hatte!   „Sagte ich nicht, dass du deinen Mund halten sollst? Ich will keine Erklärung vom Handlanger meines Vaters, dem ich nicht mal über den Weg trauen würde, wenn ich dabei gewesen wäre. Verstanden?“ Nach wie vor war sein kalter Blick auf Bulmas Gesicht gerichtet, die mit offenem Mund vor ihm stand, weil sie der Unterhaltung nicht folgen konnte. Aber sie müsste auch nicht wissen, wie heldenhaft Turles reagiert hatte, als er sie mit zu sich nach Hause nahm. „Halt einfach deine vorlaute Klappe.“   „Tze, ich hoffe“, mischte sich Bulma ein, „du redest nicht von dir, Vegeta? Turles ist nämlich keiner der Idioten, welche dir in deinen königlichen Hintern kriechen, nur damit es dir besser geht.“ Sie verspürte das Bedürfnis, sich auf Turles' Seite zu stellen. Schließlich war er es – so hatte sie mit anhören können –, der sie gerettet hatte; wie in ihrem Traum.   „Hast recht“, kommentierte er pointiert. „Mir kriecht er nicht in den Hintern, aber meinem Vater“, provozierte er erfolgreich weiter, da er ihre angestiegene Wut fühlen konnte. Dabei war Streit eines der letzten Punkte, die auf seiner Liste standen. Ja, heute wollte er keinen Streit mit ihr. Vegeta wollte lediglich seinem Nebenbuhler die Leviten lesen. Stattdessen lief er Gefahr, sich alsbald in seiner Königsdisziplin wiederzufinden – Bulma verbal anzugreifen. Weder sie, noch Vegeta konnten das Verhalten abstellen. Es wurde zu einem Ritual. „Aber gut, dass du mich aufklärst. Scheinbar habe ich seine Stellung wohl die ganzen Jahre über falsch interpretiert“, schilderte er höhnisch.   „Wenn wir schon von deinem Vater sprechen: Was fällt diesem -“   „Vorsicht, Onna!“, unterbrach Vegeta ihre Injurie mit erhobenem Zeigefinger. „Sag nichts, was dir letzten Endes leid tut.“   „Was mir leid tun könnte? Bedaure, Vegeta, aber ich sage lediglich die Wahrheit, wenn ich deinen Vater einen Mistkerl nenne, klar?“ Wie schnell sich ihre Freunde in Wut umwandelte, war erstaunlich. „Wenn du die Wahrheit nicht verträgst, kann ich es nicht ändern.“ Lange genug hatte sie sich von ihm herumschubsen lassen. Damit musste endlich Schluss sein. „Und jetzt nochmal: Was fällt deinem Vater ein, meine Eltern zu überfallen? Wieso seid ihr so abstoßend? Oder habt ihr so viel Langeweile im Palast, dass ihr euch die Zeit damit vertreiben müsst, unschuldige Menschen anzugreifen?“   Nun war es ihr doch herausgerutscht.   Das Wort Mensch. Aber ihr war es selbst gar nicht aufgefallen, da das Wesentliche sich endlich Aufmerksamkeit verschaffte. Dass sie überhaupt noch hier stand und mit ihm diskutierte, glich einer Utopie. Sie sollte den schnellstmöglichen Weg nach Hause wählen, aber nachdem sie Turles sah... Nachdem sie hörte, dass er sie tatsächlich geborgen hatte, verschaffte ihr einen winzigen Moment der Erleichterung. Für die kurze Dauer konnte sie all die Trümmer um sich herum ausblenden.   „Du stellst die falschen Fragen, Onna. Wer sagt dir, dass mein Vater den Auftrag erteilte?“   „Weil niemand auf diesem Planeten so viel Hass sät, wie deine Familie!“, spuckte Bulma ihm blindwütig entgegen. „Denn wer mit den Wölfen heult, darf sich schlussendlich nicht wundern, wenn man aus der Ferne für einen gehalten wird, Vegeta.“   „Ach, ist das so?“ Eine sachliche Diskussion wäre zwischen ihnen wohl nie möglich, weil das Weib vor ihm nicht bereit war, ihm zuzuhören. Daher sah er keinen anderen Ausweg, als sie in die Enge zu treiben, sie anzugreifen und von Turles wegzutreiben.   Aber das verstand Bulma nicht, weshalb sie hilfesuchend zu dem Saiyajin sah, in dem sie so viel mehr sah, als ein kaltblütiges Wesen. „Turles?“   „Er wird dir nicht helfen, Onna. Ich bin der Prinz und er wird das ausführen, was ich sage – nicht, was du willst.“ Seine ausgestreckten Arme verhinderten, dass sie an ihm vorbeilaufen konnte. Selbst wenn sie sich umdrehte, würde er der Schnellere sein. Vegeta würde sie im Handumdrehen einholen. „Begreif endlich, dass du nicht in der Stellung bist, jemandem Befehle zu erteilen. Das obliegt immer noch mir!“   Fassungslos sah Bulma ihm entgegen. „Was diskutiere ich überhaupt noch mit dir? Ich habe gar keine Zeit, um mich mit dir herumzuärgern.“ Das, was Vegeta verhindern wollte, traf ein. Bulma drehte sich um, sie wollte einfach nur noch nach Hause, hatte jedoch die Rechnung ohne den Prinzen gemacht, der just vor ihr aufgetaucht war. „Was soll das, Vegeta?“   Hilfe durfte sie von ihm sowieso nicht erwarten. Was wollte er demnach noch von ihr? Sie weiter demütigen? Ihr wieder das Gefühl von Machtlosigkeit näher bringen?   „Wohin?“, fragte er stattdessen angespannt. Dass er vermeiden wollte, dass das Mädchen ihr zerwühltes Zuhause sah, sagte er ihr nicht. Wieso auch? Den schwierigeren Weg zu gehen war schließlich einfacher.   „Ich habe für deine blöden Ratespiele keine Zeit, Vegeta. Ich muss nach Hause, um nach meinen Eltern zu sehen, die von deinen“, schluchzte sie und zeigte mit ihrem Finger auf ihn, „königlichen Bastarden angegriffen wurden.“ Das Kinn in die Höhe gereckt, wandte Bulma sich vollständig ab, presste ihre Hände in ihre Hüften und entfernte sich von ihm, in der Hoffnung, dass wenigstens Turles ihr folgen würde und er darauf pfiff, was Vegeta sagte.   „Von meinen königlichen Bastarden?“ Wäre sie nicht so unsäglich nervig, hätte er ihr Bezeichnung doch sehr süß gefunden. Eine solch schamlose Beleidigung, die nicht im Ansatz eine war, hatte er aus ihrem Mund nicht erwartet. „Dann ist das aber der falsche Weg, Onna. Der Palast ist in dieser Richtung“, äußerte er belanglos – innerlich erleichtert, dass er sie von ihrem Zuhause fernhalten konnte. Gerne wäre er mit ihr gemeinsam den Weg zu ihrem Haus gegangen, gerne hätte er ihre Hand gehalten, aber sein unbrechbarer Stolz baute eine Barriere auf, die es ihm untersagte, etwas derartiges zu tun. Immer wieder zwang er sich zur Räson. Vegeta dachte daran, welche Plattform er ihr bot, wenn er ihr die helfende Hand reichen würde.   Vegeta würde sich erpressbar machen...   Das war der Grund, weshalb er stattdessen die Hand hob und mittels seines Daumens grinsend hinter sich zeigte. „Sofern du wirklich dorthin willst? Denn etwas anderes – als dass man deinem Vater die Wahrheit aus dem Leib prügelt – wirst du nicht sehen.“   „Du widerlicher Sadist“, spuckte Bulma, die kaum an sich halten konnte und den Abstand zu Vegeta schloss. „Du erfreust dich offenbar daran, wenn Unschuldige leiden.“   „Welcher Saiyajin tut das nicht?“, erwiderte er gelangweilt. „Frag doch mal Turles. Er kann dir das sicherlich besser beantworten – immerhin war er gestern dabei. Er weiß auch bestimmt, was der Grund war, dass man deinen Vater und deine Freundin mit zum Palast nahm“, fabulierte er, bevor er seine Aussage feixend quittierte.   „Was?“ Bulma sah schockiert an Vegetas Kopf vorbei – direkt zu Turles, der peinlich berührt ihren Blick erwiderte. „Das... Nein, das ist nicht wahr“, sprach sie – nachdem sie zu Vegeta zurück sah – kopfschüttelnd weiter. Dass darüber hinaus nur ihr Vater und Chichi zum Palast mitgenommen wurden, während ihre Mutter und Yamchu zu Hause waren, verdrängte sie, angesichts des veränderten Umstandes, dass Turles mit von der Partie gewesen war.   Bisher dachte sie, dass... dass er später gekommen wäre, um sie aus den Trümmern zu bergen.   „Er lügt, oder?“ Mit Tränen in den Augen schob sie den Körper des Prinzen zur Seite, bevor sie zu dem Mann ging, der in diesem Moment Kakarott noch ähnlicher sah. Verschwunden war der böse Blick, verschwunden die Arroganz eines Saiyajins. „Turles, er... er lügt doch, richtig?“   „Nein, es stimmt. Ich war dort, aber -“   „Du gehörst zu denen?“, entfuhr es der blauhaarigen Saiyajin betroffen, deren Hände vor ihren offen stehenden Mund geflogen waren. Ihr wurde klar, dass ihre letzte Stütze in sich zusammengebrochen war – vor ihren Augen. Dabei war Turles der einzige Saiyajin in diesem Hexenkessel gewesen, dem Bulma Vertrauen schenken wollte. Wie leichtsinnig sie doch wieder einmal war. Eine weitere Enttäuschung gesellte sich zu den anderen, aber man lernte nun mal erst richtig fliegen, wenn man aus allen Wolken flog.   Die weiche, wolkige Masse hatte ihre Gedanken geblendet und ihre Rationalität in Watte gepackt.   „Du wusstest, dass man uns angreifen würde? Aber -“ Eilig versuchte sie, ihre Gedanken zu sortieren. Bulma wollte ihrer Wut Platz machen, zur selben Zeit aber sachlich weiter diskutieren. Aber das war gar nicht möglich, da ihr Zorn unkontrolliert herausbrach. „Wieso? Was in Gottes Namen haben wir getan, dass man uns so straft?“   „Nein, warte“, begann er zugleich, nachdem er auf Bulma zustürmte und die Hand nach ihrer ausstreckte. „So war das nicht.“ Sicher weiter erklären, konnte er auch nicht, da Vegeta ihm ins Wort fiel.   „Nein? Laut meinen Informationen ist es doch so gewesen, dass mein Vater euch angewiesen hat, sowohl ihren Vater, als auch das Mädchen in den Palast zu bringen, weil er wissen wollte, wie sie nach Vegeta-Sei gekommen waren. Und du, Turles, du warst ebenfalls dabei.“ Was Turles mit Bulma vor hatte, wollte Vegeta sich gar nicht ausmalen, es brachte ihn jedoch zur Weißglut, dass der königliche Krieger das Mädchen mit in sein Haus genommen hatte. „Nimm es mir nicht übel, Turles, aber eins und eins kann ich gerade noch so zusammenzählen“, scherzte er blasiert.   Fuck! So war es doch gar nicht gewesen. Vegeta, sowie auch Bulma interpretierten die Situation völlig falsch. „Nein, das... es war anders.“ Er musste etwas unternehmen, in Form einer Erklärung, die er Bulma geben wollte, weshalb er zu ihr aufschloss und flüsterte: „Ja, es stimmt. Ich sollte zu dir nach Hause kommen, aber -“   „Aber was?“, fauchte das Mädchen zornig.   Turles hingegen wusste nicht weiter. Er musste mit ihrer Wut klarkommen, die sie gänzlich auf ihn projizierte und er musste es akzeptieren, was ihm nicht gut gelang. Immerhin war er nicht der Saiyajin, der sich von niederen Wesen kommandieren lassen wollte. „Ich bin erst dazugestoßen, nachdem alles schon passiert war. Das ist die Wahrheit.“   Kopfschüttelnd entzog sich Bulma seines Blickens, da der Boden unter ihren Füßen buchstäblich rissiger wurde. Als würden sich die Erdplatten erheben, um sich im Umkehrschluss zu verschieben, so dass Bulma von den beiden Männern weggetrieben wurde – was ihr ganz recht gewesen wäre. Allerdings wollte sie wissen, wieso Turles so hinterhältig mit ihr gespielt hatte – war es doch stets Vegetas Part gewesen, Bulma an der Nase herumzuführen.   „Die Wahrheit“, wiederholte sie trotzig, da Bulma glaubte, die Wahrheit besser zu kennen. „Du hast Chichi und Yamchu verraten. Ist doch so, oder?“, schlussfolgerte sie nach Vegetas Worten, bevor sie nahtlos hinzufügte: „Ja, kann nur so gewesen sein, weil... Du hast uns gesehen, nachdem Chichi und Yamchu hierher gekommen waren. Du bist mit uns spazieren gegangen und hast uns in falsche Sicherheit gewogen.“   Was musste die blauhaarige Saiyajin in ihrem früheren Leben für eine böswillige Person gewesen, um so etwas zu verdienen? War sie eine derartige Bestie gewesen, die man im Nachhinein bestrafen musste?   „Was“, flüsterte sie schluchzend und trat an den großen Saiyajin heran, „habe ich dir getan, Turles, dass du scheinbar keinen anderen Ausweg sahst, als meine Familie in diese Situation zu bringen? Wieso strafst du meine Eltern, wenn ich das eigentliche Ziel deiner Infamie bin?“   „Grundgütiger, Bulma, das ist nicht wahr!“ Turles versuchte so leise wie möglich zu antworten, aber er wusste, dass Vegeta jedes Wort hören konnte.   Plötzlich lachte Bulma auf, denn der Grund seiner Handlung fiel ihr wie Schuppen von den Augen. „Ja, die königlichen Pflichten waren dir sowieso immer heiliger als alles andere. Egal, wie sehr du andere mit deinem Handeln verletzt: Solange du mit dir und deinen königlichen Pflichten im Reinen bist, ist alles in bester Ordnung, hab ich recht?“ Es lag doch auf der Hand. Der König musste seinem treu ergebenen Diener befohlen haben, die Briefs' weiterhin zu beobachten, obwohl Vegeta nicht mehr dort verweilte. Erst dadurch war es ihm möglich, Bulmas Freunde und deren Leben an den König der Saiyajins zu verkaufen.   Ha, und wieder wurde ihr klar, wie gedankenlos sie mit ihrem Vertrauen umgegangen war. Glücklicherweise konnte jenes Vertrauen im Keim erstickt werden, bevor es sich entfalten konnte und Bulma am Ende noch zusätzlich psychisch verletzt worden wäre, angesichts der Enttäuschung.   „Nein, und nochmals nein“, gestikulierte Turles mit wedelnden Händen. „Das ist so nicht gewesen, Bulma.“   Vegeta dagegen lauschte ihren Vorwürfen interessiert, denn dieses Mal stand nicht er im Kugelhagel, wie sonst immer. Oh nein. Er war ein Außenstehender, den es unheimlich belustigte, dass Turles immer mehr zurückweichen musste, während er selbst amüsiert daneben stand und dem Krieger dabei zusah, wie er von einer Frau – deren Kampfkraft so gering war, dass selbst Säuglinge sie im Handumdrehen erwürgen konnten – in die Enge getrieben wurde. Es war lustig und kam dem Prinzen zugute. So musste er nicht mehr eingreifen und einen Keil zwischen die beiden Saiyajins treiben, die sich so sympathisch waren, dass Vegeta das blanke Kotzen bekam.   „Hör auf zu lachen, Vegeta!“, schnauzte Bulma in seine Richtung.   Folglich hob der Angesprochene erheitert seine Hände. „Ich? Onna, wer um Regen bittet, muss den Matsch verkraften. Das solltest du dir für die Zukunft merken.“   „Deine blöden, unnützen Sprüche kannst du dir sparen.“ Sie war unglaublich traurig, da sie von jedem hintergangen wurde. Jeder schien sich gegen sie zu verschwören.   „Dann unterlass es, mit aller Kraft nach der Wahrheit zu suchen, die du offenbar nicht verträgst. Aber so ist das Leben, Onna. Die Wahrheit tut grundsätzlich immer weh, weshalb die meisten die Lüge vorziehen, kapiert?“ Ach, war es nicht herrlich erfrischend, wie Vegeta sich selbst belog? Er selbst wollte doch immer die Wahrheit wissen, die ihn jedes Mal so weit trieb, dass er aus der Haut gefahren war.   „Oh ja, natürlich“, entgegnete sie und stemmte wütend ihre Hände in ihre Hüften. „Vom hohen Ross lässt es sich bekanntlich leichter spucken. Oder willst du mir erzählen, dass dein königliches Leben so anstrengend war?“, spie sie ihm aufgebracht entgegen, ehedem sie an ihn herantrat und zu ihm nach oben blickte. „Bestimmt nicht. Du wurdest... Du wurdest nicht attackiert, nein. Du lebst dein gesichertes Leben im abgeschirmten Palast.“ So gesichert war der Palast nicht, da sie andernfalls niemals dort hätten einbrechen können.   „Derjenige wäre dumm, wenn er es täte“, antwortete er affektiert und Vegeta bedauerte es, dass Radditz nicht hier war, der bereits das Weite gesucht hatte, als Vegeta zum Palast geflogen war um herauszufinden, wo sich Bulma befand. Vegeta hätte stattdessen wunderbar Radditz vorschicken können, aufgrund ihrer scheuen Art Fremden gegenüber. Ja, Radditz wäre nicht so zimperlich mit ihr umgegangen, wie Vegeta oder Turles. Sie beiden wurden weich in ihrer Gegenwart, sie wurden förmlich zu Wachs und ließen sich von diesem Mädchen abkanzeln. „Dasselbe sage ich dir, Onna: Tu nichts unüberlegtes, wenn du dich dazu entschließt, dich mit mir anzulegen. Es könnte deine letzte Entscheidung sein.“   „Das musst du mir nicht sagen. Man muss schon bis an die Zähne bewaffnet und lebensmüde sein, wenn man dir gegenübersteht.“ Das war ihr bewusst, aber Bulma war zu zornig, um zu kapitulieren – was in dieser Situation der richtige Weg gewesen wäre. Sie hätte sich dieser verdammten Lage endlich entziehen und nach Hause gehen müssen. Stattdessen stritt sie sich mit beiden Saiyajins, was sie keinesfalls weiterbrachte. Im Endeffekt wäre sie wieder diejenige, die verletzt worden wäre.   Nein, das musste sie korrigieren. Sie wurde bereits verletzt – von Turles, der schweigend neben ihr stand und Bulmas Herz herausgerissen hatte.   „Aber im Moment“, gab sie lauernd von sich, „kommen von dir nur leere Drohungen.“   „Leere Drohungen?“ Begierig darauf, Abstand zwischen Bulma und Turles zu bringen, näherte er sich unaufhaltsam dem Mädchen, das alles ins Wanken gebracht hatte. Sie hatte es gewagt, sich in Vegetas Gedanken einzunisten – wie eine lästige Zecke. Er hatte wirklich damit zu kämpfen, während sie keinerlei Probleme hatte, ihre Aversionen Vegeta gegenüber zu äußern. „Turles, neige ich dazu, leere Drohungen auszusprechen?“   „Nein, königliche Hoheit“, replizierte er ehrfurchtsvoll.   „Hast du zugehört, Erdenmädchen?“ Mit einem weiteren Satz nach vorne, dem Bulma gar nicht folgen konnte, war er vor ihr angekommen. Doch statt ihn endlich würdevoll anzusehen, wollte sie zu Turles – zu Turles, verdammt! – Blickkontakt aufbauen. Aufgrund dessen schnipste er vor ihrem Gesicht, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Aber auch das half nicht und es wurde dem Königssohn zu bunt. Infolgedessen schnappte er nach ihrem Kinn und drehte ihren Kopf in seine Richtung. „Ignoriere ihn und sieh gefälligst mich an, wenn ich vor dir stehe.“   „Vegeta, du -“ Bulmas Hand schoss augenblicklich nach oben, doch wurde ihr nächster Schritt vereitelt, als Vegetas Hand die ihre blitzschnell umschloss.   „Untersteh dich, Fräulein.“ Er war nicht einmal geschockt darüber, dass sie ihn schlagen wollte. Er war angesichts der Tatsache, dass sie ihn ignorierte, viel fassungsloser. „Wir sind nicht mehr in eurer Ruine, die ich – gütig wie ich war – nicht dem Erdboden gleichgemacht habe. Und sowohl wir, als auch unsere Väter wissen, dass es ein Leichtes für mich gewesen wäre, diesen Umstand Realität werden zu lassen.“   „Lass mich los, Vegeta“, nuschelte sie verächtlich. „Du tust mir weh!“   „Du hast mir nichts zu sagen – gar nichts mehr.“ Von oben sah er auf sie herab. Vegeta suchte nach Anzeichen, die er ausnutzen konnte, um sie weiterhin zu provozieren. Allerdings verhielt sich Bulma recht neutral, seitdem er sowohl ihre Hand, als auch ihr Kinn gefangen hielt. „Da ich aber ein recht feiner Kerl bin, mache ich dir einen Vorschlag zur Güte: Wir beide werden zum Palast fliegen und -“   „Zum Palast?“ Hoffnung keimte in Bulma auf. Würde sie ihren Vater mit nach Hause nehmen können? Schließlich war Vegeta noch immer der Prinz, dessen Befehle strikt befolgt wurden. „Und... Und du sagtest, dein Vater wollte wissen, wie Chichi und Yamchu hierher gekommen sind, richtig?“   „Richtig.“ Schematisch waren seine Hände nach unten gesunken, woraufhin das Mädchen ihre Freiheit ausnutzte.   Traurig blickte Bulma daraufhin zu Turles. Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass er anscheinend dafür verantwortlich war, dass Chichi zum Palast gebracht wurde. „Dann weiß er vermutlich von den irdischen Dragonballs, oder?“ Ununterbrochen sah sie ihn an, in der Hoffnung, dass er etwas erwiderte. Bulma wünschte sich, dass er sich gegen ihre vorangegangenen Vorwürfe wehrte, aber er blieb stumm.   „Davon ist auszugehen, ja“, bemerkte Vegeta trostlos. Ihm war sehr wohl aufgefallen, dass ihre Stimme brach, sie jedoch in die Arme zu nehmen, das war... zu intim, zu persönlich. Er würde zudem glatt behaupten, dass sie von ihm sowieso nicht in die Arme genommen werden wollte und anstatt ihr zumindest tröstende Worte zukommen zu lassen, antwortete er objektiv; ohne jegliche Regung. Aber er war einfach keine Stütze. Das war er nicht – im Gegensatz zu Turles, der Bulma wiederum auffangen könnte. Ja... Turles könnte ihr das geben, wonach ihr Körper verlangte und das störte den Prinzen extrem.   War Vegeta demnach einfach nur neidisch? Schließlich konnte man unmöglich ignorieren, wie sie Turles ansah. Ihm war es zuerst gar nicht aufgefallen. Erst seitdem sie in seinen Träumen auftauchte, war es ihm bewusst aufgefallen – sobald es sich um Turles drehte oder sie ihn sah, funkelten ihre blauen Augen wie Sterne. Sie leuchteten hell und strahlten eine Freude aus, die Vegetas Anwesenheit jedes Mal löschte...   „Was verspricht er sich von den Dragonballs?“ Unfähig sich fortzubewegen, fokussierten ihre Augen pausenlos Turles. Für Bulma brach mehr und mehr die Welt zusammen, weil er sich nicht äußerte. Dabei hätte er doch zumindest den Versuch starten können, die Dinge ins richtige Licht zu rücken, oder ihr wenigstens erklären können, was ihn angespornt hatte, sie zu verraten? Was hatte man Turles versprochen? Oder... tat er es einfach so, weil Saiyajins sich – wie Vegeta es ausdrückte – am Leid anderer ergötzten? Himmel nochmal, sie machte sich so viele Gedanken diesbezüglich.   „Du musst etwas wissen, Vegeta. Ansonsten hätte er dich doch nicht mit dem Auftrag – die namekianischen Dragonballs zu beschaffen – nach Namek geschickt, oder?“   „Ich kann es dir nicht sagen, Onna.“ Vegeta konnte nur spekulieren und er blieb seinen Prinzipien immer treu: Erst dann zu antworten, wenn man vorher darüber nachgedacht hatte oder die Wahrheit kannte.   „Wieso nicht?“ Sie musste nach Hause, ganz eindeutig.   Und sie floh – schon wieder, weil er ihr sowieso nicht antworten würde. Es ging auch einfach nicht mehr. Bulma war mit den Nerven am Ende.   Unaufgefordert folgte der Prinz dem einsamen Mädchen. Des Weiteren bedurfte es gar keinen mahnenden Blick, den er Turles zuwerfen wollte, da dieser sich bereits tonlos zurückzog, sich von den beiden flüchtenden Saiyajins entfernte und mit unaufhörlichem Blick über seine Schulter in seinem Häuschen verschwand.   „Onna“, rief Vegeta unterdessen, der – nachdem er sie eingeholt hatte – nach ihrer Schulter griff und das schluchzende Mädchen zu sich herumwirbelte. „Wenn wir fliegen, geht es schneller. Einverstanden?“   „Wozu noch beeilen? Ich habe meine Eltern doch schon im Stich gelassen.“   „Das ist Schwachsinn, aber du solltest zusehen, dass du diesen seltsamen Radar – den du Kakarott geben wolltest – schnellstmöglich zerstörst. Ich weiß nicht, was mein Vater sich von den Kugeln erhofft“, griff er nochmals das Thema auf, weil er sicherstellen wollte, dass sie ihm glaubte, „aber sicher dient es nicht dem Frieden, wie du ihn von der Erde kennst.“   „Anfangen kann er mit den Kugeln sowieso nichts“, bemerkte sie zitternd. Ihre Welt löste sich zunehmend in Luft auf, sie wurde quasi platt planiert, bevor sie in ihre Einzelteile brach – direkt vor Bulmas Augen.   „Wieso nicht?“   „Nun ja... Aufgrund dessen, dass Chichi und Yamchu die Dragonballs benutzt haben, um sich zu dem Ort zu wünschen, an dem ich bin, wurden die Kugeln zu Stein. Das passiert immer, wenn jemand Shenlong ruft und sich etwas von ihm wünscht. Danach verschwindet er und es dauert ein ganzes Jahr, bis er wieder reaktiviert werden kann.“   „Auf der Erde vielleicht, aber hier?“   Stimmt, das hatte die junge Saiyajin in ihrem brillanten Kopf nicht bedacht. Diese Niederlage wollte sie sich aber nicht eingestehen. „Das ist – denke ich – irrelevant. Aber ich frage mich noch etwas, Vegeta?“, ergänzte sie und blickte zur Seite, bevor sie sich entschied, nicht mehr länger vor etwas weglaufen zu können. „Inwiefern hast du mich belogen?“   Oh nein. Es gab ja noch diesen blöden Zettel, den er in ihre Hand gedrückt hatte, nachdem er das brief'sche Haus verlassen musste. Bisher kam ihm auch nie in den Sinn, sich diesbezüglich erklären zu müssen, allerdings bewies Bulma ihm gerade wieder, dass sie anders war. Dass sie alles erfahren wollte, was man dechiffrieren konnte. „Dieser Zettel“, bemerkte er kühl, „ist dein einziges Problem, Onna?“   „Nein, aber -“   „Dieser Zettel hatte nichts zu bedeuten – reine Provokation. Und angesichts der Lage, in der wir uns befinden, sollte dieses Stück Papier an allerletzter Stelle stehen, meinst du nicht?“ Vegeta wollte nicht über diese Zeilen sprechen – verfasst in seiner Verzweiflung, aufgrund der Annahme, sie nicht mehr zu sehen und rechtfertigen zu müssen.   „Du hast recht“, stimmte sie ihm zu, obwohl sie den Zettel nicht ignorieren, sondern den Inhalt verstehen wollte. Allerdings spitzte sich die Situation immer mehr zu, weshalb sie die Frage nach hinten schieben musste. „Ich war nur so irritiert.“ Während sie sprach, verschränkte Vegeta seine Arme vor der Brust – ein Zeichen, dass seine Geduld schwand. „Und alles was gerade passiert, verwirrt mich zutiefst – so sehr, dass ich gar nicht mehr klar denken kann. Ich fühle mich, als wäre ich in einem riesigen Raum gefangen, dessen Wände unabwendbar auf mich zurasen und damit drohen, mich zu zerquetschen.“   „Onna, das -“   „Und weißt du, was wirklich schrecklich ist?“, fuhr sie fort, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen.   „Was?“, fragte Vegeta gebannt und fürchtete sich vermutlich zum ersten Mal vor der Antwort, weil er sie insgeheim wohl kannte.   „Du bist die Wand, die mich erdrückt, Vegeta.“ Sie hatten den Weg nun doch zu Fuß zurückgelegt, infolgedessen Bulma versuchte, ihm verständlich zu machen, wie sehr er ihr im Grunde doch schadete. „Manchmal habe ich das Gefühl, als hätte ich dich schon mein Leben lang gekannt und... nachdem wir über meinen Radar gesprochen haben, wurde mir klar, dass wir nur ein Machwerk unserer Väter sind. Ich erkannte die Parallelen zwischen uns – wie ähnlich unsere Schicksale doch sind und trotzdem bist du es, der mir die Luft zum Atmen nimmt. Du bist es, der mich herausfordert, bloß um mich letztendlich in ein Loch zu stoßen, dessen Abgrund mein sofortiger Tod bedeutet.“   „Hör zu, mich ehrt das wirklich, dass ich derjenige bin, der Angst in dir auslöst, doch sollten wir unseren Fokus auf wichtigeres legen, ja?“ Das Gespräch war nicht nur für sie, sondern auch für ihn von Bedeutung. Das Problem war, dass Vegeta im Bezug auf solche sensiblen Themen ein Feigling war – womöglich immer einer bleiben würde. Hätte er den Mut, wie er ihn im Kampf bewies, würde er dazu stehen, dass Bulma weitaus mehr als eine Saiyajin geworden war, die er ärgern wollte.   „Auf wichtigeres? Und was ist wichtiger, Vegeta?“   „Dass wir uns beeilen. Das ist wichtig, Onna.“   Aus den Augenwinkeln beobachtete sie ihn ganz genau. Vermutlich war es genau dieser Angst geschuldet, von der Vegeta sprach, dass Bulma nicht auf das Wesentliche konzentriert war. Aber die Angst vor der Zukunft, die Wut bezüglich Turles' Verrat, der Zorn auf Vegetas Vater, sowie der Gesamtsituation waren Auslöser, dass Bulma vor der Realität fliehen wollte. Mittlerweile glich das einst fröhliche Mädchen einem Wrack, das drohte zu zerfallen, doch wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben, vergeblich nach einer Stütze zu suchen, die sie vor dem Zusammenbruch bewahrte. Die blauhaarige Saiyajin suchte nach der Nadel im Heuhaufen, um den Schmerz – der unheilvoll durch ihren Körper zog – zu vergessen. Womöglich tat sie das, weil ihre Wut auf Turles kontinuierlich stieg und sie ihn genauso hart treffen und verletzten wollte, wie er es mit ihr getan hatte.   Doch war sie nicht diejenige, die ein derartiges Verhalten verteufelte? Eigentlich schon. Gleiches mit Gleichem zu vergelten entsprach nicht ihrem Naturell, aber es zeigte, dass sie vorsätzlich handelte und es zu dem kommen lassen wollte, was bevorstand.   „Womit denn?“ Bulma war stehen geblieben und blickte über ihre Schulter, ehe sie ihrem Verlangen nachgab, sich hinzusetzen und die schweren Schuhe abzulegen. Durchtrieben würde Chichi ihr Verhalten nennen, ja. Verrucht und schmutzig, aber der Gedanke – was passieren könnte – erzeugte eine Hitze in ihr, die sich unverhältnismäßig schnell über ihrer Haut ausbreiten wollte.   „Onna, was soll das? Du weißt genau, wieso wir uns beeilen müssen.“   Fuck! Fuck! Fuck! Vegeta sollte sich von ihr abwenden, sich in seine Hände beißen und schreien, um dem Anblick widerstehen zu können.   „Oder ist das Absicht?“ Tat sie es willkürlich? Wollte das Weib ihn wieder so weit treiben, bis er unkontrolliert handelte? War das ihre Rache, weil er nicht näher auf den doofen Zettel einging, den er in einer noch dümmeren Situation geschrieben hatte? Entgegen seiner Erwartungen, sah er ihr jedoch begierig dabei zu, wie ihre Hände über ihre langen Beine fuhren, welche ihr offensichtlich wehtaten.   Ob seine Finger genauso fahrig die Linien nach fuhren, die Bulma mit ihren Fingern über ihre Beine zog?   Ferner winkelte sie eines ihrer Beine an, während sie darauf ihren Unterarm platzierte und ihren Rücken gegen einen Baumstamm lehnte. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet, bevor sie ihm aus dem Zusammenhang herausgerissen antwortete: „Denkst du, alles passiert aus einem bestimmt Grund?“, formulierte sie ihre Frage einprägsam und sah zu ihm auf. „Denkst du das, Vegeta?“   „Möglich. Zumindest glaube ich nicht an Zufälle, warum?“ Es war nicht gut, dass sie stehen geblieben waren – ganz und gar nicht.   „Wieso ist es im Badezimmer so weit gekommen?“ Noch ehe sie ihren Satz zu Ende sprach, sah sie wieder nach vorne. „War das auch aus einem bestimmten Grund passiert?“ Unendlichen Mut kostete es Bulma, ihn danach zu fragen. Sie war inmitten einer tyrannischen Gesellschaft gelandet, obwohl Vegeta-Sei so friedlich und ruhig vor ihr lag. Aber das Mädchen von der Erde wusste es besser. Bulma wusste, dass das behagliche Bildnis vor ihr trüge, ihr eiskalt ins Gesicht log; es war mehr Schein als Sein, da sie die Wahrheit kennenlernen musste – auf unliebsame Weise. Vegeta-Sei war der Planet, den der Teufel persönlich erschuf und im Anschluss zu schwach war, diese bestialische Rasse in Schach zu halten. Schlimmer noch, Bulma gehörte dazu. Sie gehörte dieser Spezies an, die so vielen Kulturen unendliches Leid angetan hatte. Auch sie war ein Geschöpf des Teufels. Und so unangenehm ihr all das – dieses Gespräch, die Erkenntnis, sowie das Bevorstehende – war, so sehr beruhigte es aber auch Bulma, aufgrund der Normalität, die dieses Gespräch inne hatte.   „Was wäre dir lieber?“, schmunzelte er, nachdem er sich direkt neben sie stellte, seine Schulter gegen denselben Baum lehnte und mit ihr gemeinsam dem lügnerischen Bild entgegensah. „Dass es aus einem bestimmten Grund passiert wäre oder gefällt dir der Gedanke des Zufalls besser?“   „Ich glaube auch nicht an Zufälle.“ Inzwischen zeichnete sie unbewusst Kreise in den Sand, mittels eines gebrochenen Astes. „Viel eher an innere und äußere Einflüsse, die uns in Entscheidungen behilflich sein sollten.“   „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass wir uns jemals einig sein werden.“ Aufmunternd lächelte er sie an, nahm aber rasch härtere Züge an, nachdem sie sein Lächeln nicht erwiderte.   „Ja... Ungewöhnlich.“ Der Zeitpunkt war verstrichen. Sie hatte die Brotkrumen gelegt, doch war er nicht darauf eingegangen. Es war der fehlende Mut, der sie noch mehr verließ, wenn es darum ging, den ersten Schritt zu wagen. Derselbe Mut, dieselbe Entschlossenheit als sie Turles' Haus verlassen hatte, um nach ihren Eltern zu suchen war verschwunden – zerplatzt wie eine schützende Seifenblase.   „Ja, sehr ungewöhnlich.“   „Du hast recht. Wir... sollten weitergehen und das Wichtigste nicht vergessen.“ Anschließend fuhr ihre Hand nach oben – entlang der knorrigen Rinde des Baumes, die ihr half aufzustehen, doch war es Vegetas Hand, die kurz darauf auf ihrer landete, woraufhin sie verunsichert aufsah.   „Was soll die Fragerei, Onna, wenn du danach sowieso abrupt aufstehen willst und mir sagst, dass wir weitergehen sollen? Du fragst doch nicht grundlos solche Sachen? Und schon gar nicht nach meiner Meinung“, schilderte er knurrend. Eiskalt hatte er sie erwischt, da ihre Augen nie logen – schon gar nicht, wenn sie wie eine blaue Flamme loderten. „Legst du es darauf an, dass ich meinen Kopf verliere? Lockst du mich absichtlich in deine Falle, in welche ich bereitwillig laufe, um dir zu gefallen?“   „Vegeta, ich weiß nicht, was du -“   „Weißt du, was wirklich witzig ist?“ Kurz wartete er, doch als sie ihren Mund zum Protest öffnen wollte, sprach er weiter: „Ich habe deine Absichten durchschaut und dagegen wehren kann ich mich trotzdem nicht – so sehr ich es will, aber es gelingt mir nicht.“   „Vegeta“, hauchte sie stattdessen, während sie immer wieder in sein abwartendes Gesicht und seiner Hand sah, die ihre immer noch umschloss. Und das war ihr Fehler – in sein Gesicht zu sehen.   „Die Frage ist“, flüsterte seine raue Stimme gegen ihr Ohr, „ob dir bewusst ist, was du damit lostrittst? Bist du dir darüber im Klaren, Erdenmädchen?“ Der Schmerz, der sich erneut in der Mitte seines Körpers bemerkbar machte, war kaum auszuhalten. Diesbezüglich hatte er große Mühen, sich zu beherrschen – die bitterböse Nebenwirkungen eines jeden Mannes, dessen Blut nicht mehr in den dafür vorgesehenen Bahnen lief, sondern stromabwärts floss.   „Was... soll das?“ Seitlich zu ihm stehend, musste sie hilflos mit ansehen, wie seine andere Hand nach dem Saum ihres Oberteils griff. „Was tust du da, Vegeta?“   „Ich tue endlich das, was ich gerne getan hätte, bevor man uns auf unsanfte Art unterbrach.“ Folglich entfernte er seine Hand, die auf ihrer gelegen hatte und platzierte stattdessen seinen Körper vor dem ihren. Sie hingegen erwiderte nichts, sie wehrte sich nicht, das Mädchen blieb reglos vor ihm stehen und sah ihm wortlos entgegen. „Und was tust du, Onna?“   Was sie tat? Bulma wusste es nicht.   Sollte sie etwas unternehmen? Schreien? Weglaufen?   „Dasselbe!“ Sie tat das, was sie am allerwenigsten hätte tun dürfen – in einer Situation, die ihr nicht erlaubte, weiterhin Zeit mit einem Mann zu vergeuden, der ihr sowieso nicht gut tat. Stattdessen griffen ihre Finger gierig nach dem Kragen seines Brustpanzers, um den verringerten Abstand zu ihm noch mehr zu dezimieren. Die Folge war, dass ihre Körper gegeneinander stießen, woraufhin sie beide keuchten.   Es war jedoch nicht Vegeta, dessen Lippen sich auf ihre pressten. Es war Bulma, die über sich hinausgewachsen war, indem sie ihre Lippen auf seinen Mund drückten... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)