Manus manum lavat von Dracos-Princess ================================================================================ Kapitel 12: Unverhofft kommt oft -------------------------------- Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben. - Eleanor Roosevelt   ~*~   - Kapitel dreizehn -     Rasch war Bulmas Körper nach oben geschreckt, den Blick jedoch stur geradeaus gerichtet, da sie der bekannten Stimme, zu der ein Gesicht gehörte, nicht entgegensehen wollte. Zu beschämt war sie – noch immer –, angesichts der vorhergegangen Situation auf dem Fest. Anstatt sich wie eine erwachsene Frau zu benehmen, die sich der Konfrontation zu stellen wusste, sah die blauhaarige Saiyajin keinen anderen Ausweg, als seufzend in eine andere Richtung zu blicken und sich zu fragen, wieso man ihr nicht einmal die Ruhe gönnte, die sie bitter nötig hatte? Zumal sie vor wenigen Minuten von zwei wild gewordenen Elterntieren gejagt wurde, aus deren Fänge sie nicht entkommen wäre, hätte Vegeta nicht eingegriffen.   „Hm, scheint so“, begann Turles stutzig, „als würdest du doch von mir reden, was?“ Am Hinterkopf kratzend näherte er sich ihr vorsichtig, aber nicht einmal das raschelnde Gras brachte sie dazu, sich zu ihm umzudrehen. „Ich hab deine Ignoranz wohl verdient.“   „Nein... Ich rede nicht von dir.“ Umsichtig neigte sie ihren Kopf über die Schulter, jedoch nur so weit, dass sie die schwarzen Stiefel – umrundet von goldenen Gamaschen – sehen konnte. Fokussiert betrachtete sie dieses stechende Gold, um einer weiteren Niederlage – in Form seines ablehnenden Ausdrucks – aus dem Weg zu gehen.   „Verstehe“, nickte er, ohne von ihr angesehen zu werden. „Aber ich merke, wenn ich unerwünscht bin.“ Das war er ziemlich oft. Turles war nie der Saiyajin gewesen, dessen Anwesenheit geschätzt wurde – bis sie in sein Leben trat. Eine – dazu noch weibliche – Saiyajin, die seine Nähe genoss... Das war etwas Neues, etwas Aufregendes, etwas, das Turles zuvor nie erlebt hatte. Neben all diesen positiven Aspekten war aber noch immer die Furcht. Die Furcht vor dem Unbekannten. Die Angst, diese Nähe zuzulassen und ebenso wie sie zu genießen.   Dieses Gefühl kannte er nicht, weshalb er nicht damit umzugehen wusste.   Bulma hingegen kämpfte gerade gegen den Zwang, zu ihm nach oben zu sehen, denn sofern sie dies täte, würde sie sowieso wieder reumütig nach unten sehen. Da Turles jedoch darauf anspielte, zu gehen, gewann der falsche Mut, der Bulma nötigte, zu ihm aufzusehen. „Nein, warte.“ Sie wusste nicht, warum sie ihn zurückhielt, da sie sich vor wenigen Sekunden nichts anderes wünschte, als alleine zu sein. „Bleib doch noch“, entgegnete sie, nachdem sie sich sitzend drehte und im Eifer des Gefechts nach Turles Handgelenk greifen wollte, das allerdings in unerreichbare Ferne gerückt war, aufgrund dessen, dass er bereits wenige Schritte rückwärts gegangen war.   „Na ja, ich habe eher das Gefühl, als würdest du lieber alleine sein wollen, oder?“ Bevor der reservierte Turles zurückkehrte, hatte es der im Innern verborgene, fröhliche Turles geschafft, ihn schmunzeln zu lassen, als sie ihn zurückrief und vorschlug, bei ihr zu bleiben. Tatsächlich hatte er sich an dieser Kleinigkeit erfreut.   Ihr dagegen war es ein Bedürfnis, die Dinge richtig zu stellen. Demzufolge drängte sie ihre Motorik, sich mit ihren Händen vom Boden abzustützen, um die Distanz zwischen sich und Turles zu verringern. „Ich habe wirklich nicht von dir gesprochen, sondern -“   „- sondern?“, griff er ihren Satz auf, nachdem sie nicht weitersprach.   Oh man, dieser Saiyajin... Er ließ ihr Herz deutlich schneller schlagen. „Ich habe... von jemand anderem gesprochen.“ Daraufhin zuckten seine Mundwinkel verschmitzt. Er konnte sich denken, wem die Beleidigung galt und eigentlich hätte es ihn erzürnen müssen, weil er jeden zurechtzuweisen hatte, der weder Loyalität, noch Gehorsam der königlichen Familie entgegenbrachte – das war die Schattenseite eines königlichen Soldaten, da solche Tadel nicht verbal ausgetragen wurden. Aber er wollte ihr gar keinen Schaden zufügen, was genauso skurril war. Ja, es war bizarr. Turles konnte sich das Interesse, das sie in ihm geweckt hatte, nicht erklären. Ausgerechnet sie – eine Saiyajin, deren Kampfkraft bei fünf Prozent lag. Und genau das, ihre mangelnde Kampfkraft, störte ihn nicht. Etwas, auf das er sonst so viel Wert gelegt hatte, schien ihn im Bezug auf sie nicht im Geringsten zu stören.   Hinzu kam ihre unkonventionelle Art. Jeder Saiyajin, der auf dieselbe Weise wie Bulma seinen Weg gekreuzt hätte, hätte ihn verdammt. Aber nicht sie. Nein... Sie verachtete ihn nicht, obwohl er vor drei Monaten gemeinsam mit Tōma ihr Zuhause überfallen hatte. Sie schien es nicht vergessen zu haben, allerdings hegte der hochgewachsene Saiyajin den Verdacht, dass sie... dass sie ihm – entgegen jener Erwartung – verziehen hatte.   „Das dachte ich mir schon“, erwiderte er distinguiert, ehe er eindringlichen Blickkontakt zu ihr aufzubauen versuchte – was sie wiederum verhindern wollte, indem sie ihren Blick senkte. Folglich schluckte er die Angst vor dem Unbekannten hinunter, streckte seine Hand aus und legte Zeige- und Mittelfinger behutsam unter ihr Kinn, bevor er dieses anhob. „Trotzdem solltest du derartige Äußerungen unterlassen“, bemerkte er nebenbei, während er – im Gegensatz zu ihr – Blickkontakt halten konnte.   „Wieso?“, fragte sie skeptisch, den Blick traurig nach oben gerichtet. Im Gegensatz zu Vegeta, ließ sie Turles gewähren. Sie versuchte nicht, sich aus seinem Griff zu befreien.   Schnaubend zog er seine Hand zurück, bevor er ihr antwortete: „Weil es manchmal besser ist, wenn man den Mund hält, auch wenn es dir im Bauch kribbelt.“ Er wollte ihr nicht explizit erklären, wieso es gesünder wäre, keine Beleidigungen in der Gegenwart des Prinzen auszusprechen – es stand ihm nicht zu, da es einer zweiten Chance gleichkam, die das Mädchen aufgrund ihrer Äußerung nicht verdient hatte. Genau genommen begann er – als er sie nicht in den Senkel stellte – Hochverrat. „Verstehst du das?“   Diese Saiyajin war so anders – was er nicht auf ihre sonderbare Haarfarbe bezog, sondern auf ihre einzigartigen Charakterzüge, die entgegen all jener Vorstellungen eines Saiyajins waren. Schon auf der Erde war ihm aufgefallen, inwiefern sie sich voneinander unterschieden. Sie war stets höflich, hatte ihn sogar gesiezt. Parallel war sie aber auch eingeschüchtert, sie hatte damals panische Angst vor ihm und Tōma, was sich ganz deutlich in ihren Augen widergespiegelt hatte. Aber trotz dieser Befangenheit und dem Gedanken, womöglich ihr Leben zu lassen, hatte sie nichts unversucht gelassen, um ihre Eltern und ihre Freundin zu schützen. Falscher Mut war es, den Bulma damals antrieb, als sie sich dazu entschlossen hatte, sich ihm in den Weg zu stellen – das wusste Turles, gleichermaßen hatte es ihn fasziniert.   Wie groß musste die Zuneigung zu diesen Wesen gewesen sein? Wie unerbittlich musste das Verlangen gewesen sein, diese Wesen in Sicherheit zu wissen, während ihr Leben am seidenen Faden hing? Wieso war sie so ängstlich, gleichzeitig aber so mutig?   Es waren Fragen, auf die Turles keine Antwort wusste, weil er selbst nie in diese Situation gekommen war, in der er sich fragen musste, was mehr Gewicht in seinem Leben hatte – das Leben seiner Lieben zu schützen oder das eigene? Der Saiyajin, der Kakarott so ähnlich war, würde auch nie in diese Lage kommen, da seine Eltern schon vor langer Zeit – als Turles noch ein Kleinkind war – im Kampf umgekommen waren.   „Bulma“, wiederholte er nach mehreren schweigsamen Sekunden, „verstehst du das?“   „Dass man die Wahrheit nicht sagen darf? Nein“, erwähnte sie kopfschüttelnd, „das werde ich vermutlich auch nicht verstehen, aber beherzigen“, fügte sie nahtlos hinzu und kniff ihre Augen fest zusammen, weil sie mit einem Ausbruch seinerseits rechnete – das tat sie bei Vegeta auch; immer vom Schlimmsten auszugehen. Währenddessen sie vergeblich auf seine Erwiderung wartete, kaute sie auf ihrer Unterlippe – in der Hoffnung, nicht zuckend oder weinend zusammenzubrechen, da sie erst jetzt bemerkte, dass seine Finger unter ihrem Kinn verschwunden waren.   „Nicht das, was ich hören wollte, aber es ist zumindest ein Anfang.“   „Turles, ich bin auf der Erde aufgewachsen.“ Was es nicht besser machte. Der blaue Planet beherbergte ebenfalls Menschen, die den Saiyajins ähnlich waren – ebenso verbittert und gesinnt auf Rache. Aber das würde Turles nicht verstehen. Kein Saiyajin würde das, da diese Rasse jede andere verabscheute und auslöschen wollte. „Ich bin mit anderen, ehrlichen Werten groß geworden und -“   „Das zählt hier nicht, Mädchen.“ Binnen weniger Sekunden, in denen er seine Beweggründe zu erforschen versuchte, gelang es ihr, ihn zu belehren. Eine Handlung, für die er noch nicht bereit war. Wie auch, wenn er gerade erst damit begann, zu akzeptieren, dass... dass er dieses Mädchen mochte. Dass er Gefühle für sie zuließ, die er noch niemandem entgegengebracht hatte.   Diese Erkenntnis zerstörte sie, indem sie ihm sagen wollte, was auf Vegeta-Sei richtig und falsch war.   „Hier zählt bloß die Treue dem König und seiner Familie gegenüber – zu der, so sehr es dir missfällt, Vegeta gehört. Verstanden?“   Protestierend hob Bulma ihre Hände. „Aber -“   „Er ist dein zukünftiger König. Du schwörst ihm mit deiner Geburt Loyalität – ob du das willst oder nicht.“ Er stritt sich mit ihr, obwohl dass das Letzte war, was er wollte. Dementgegen fügte er versöhnlicher, wenn auch weniger intelligent hinzu: „In Ordnung?“   Resigniert schlug sie ihre Augen zu, ehe ihr Kopf nach unten sank. Bulma war unendlich müde – erschöpft von den kapriziösen, exzentrischen Dialogen, die sie die letzten Monate hatte führen müssen. Der zusätzliche Konflikt mit Turles war ein Bruchteil der Spitze des herausragenden Eisbergs. „Wie hast du mich eigentlich gefunden?“, wollte sie anschließend bekümmert wissen.   Ob er ihren Streit mit Vegeta gesehen hatte? Bulma hoffe nicht.   Folglich erschien ein seltsam aussehendes Lächeln auf seinen Zügen. Seltsam, weil er selten lächelte. Solche Aussetzer der eigenen Mimik empfand er als Zeichen der Schwäche, da man angreifbar wurde, anlässlich der Einblicke, die man seinem Gegenüber gewährte. Schließlich war Turles kein Saiyajin, der Blumen mit seinen Händen erschuf, sondern Attacken, die lebensgefährlich waren und meist tödlich endeten.   Ja, seine Welt war schon immer grau gewesen und in diese Welt musste er zurück flüchten, weswegen er gekonnt die Hände in die Seiten stemmte. „Mit meinem Scouter?“, quittierte er feixend, bevor er das lebenswichtige Utensil, das normalerweise jeder Saiyajin bei sich trug, aus dem Beutel zog, der an seinem Gürtel befestigt war. „Vegeta war jedoch schneller als ich, nicht?“ Vergnügt sah er dem einkehrenden Schock entgegen, der sich in Bulmas Gesicht ausbreitete – was gut war, denn so verspürte er nicht noch einmal das Bedürfnis, mit ihrer Haut zu kollidieren.   „Ja, leider. Er... hat mir geholfen.“ Zugegeben, sie hätte alles abstreiten können. Sie hätte behaupten können, dass sie sich stritten – wie immer. Aber Bulma wollte Turles nicht belügen. Sie wollte bloß nicht alles erzählen, da es zu früh war, Turles so sehr zu vertrauen, dass sie ihm sagen konnte, was schon alles zwischen ihr und Vegeta vorgefallen war.   „Das habe ich gesehen.“   Skeptisch zog sie die Augenbrauen hoch. Worauf spielte er an? Auf den Kuss oder die tatsächliche Hilfe? „Nun ja, geholfen wäre das falsche Wort. Vegeta“, spuckte sie säuerlich, „handelt immer zu seinem Vorteil – nicht aus Nächstenliebe. Er würde auch niemals so handeln, sofern ihm das Wort Nächstenliebe geläufig wäre, was ich jedoch stark anzweifle.“   Nach wie vor feixte Turles, angesichts ihrer prononcierten Schilderung. „Das kann ich nicht beurteilen, da -“   „Du willst und darfst es nicht beurteilen“, urteilte Bulma wissend, während sie ihre Arme vor der Brust überkreuzte. Hinsichtlich seines erstarrten Blickes, wusste Bulma, dass sie ins Schwarze traf. Schließlich wusste Turles – als er die junge Saiyajin im Wald getroffen hatte – wie rabiat Vegeta vorging, wenn er nicht seinen Willen bekam. „Hab ich recht?“ Des Weiteren gewann sie immer mehr Sicherheit, je mehr sie sich aus der Schusslinie entfernte.   Wie auch das Mädchen vor ihm, verschränkte Turles seine Arme vor der geschwellten Brust, wohingegen er sich – im Gegensatz zu Bulma – prächtig amüsierte, bezüglich ihrer ziemlich schlecht einstudierten Anfeindung. Wobei es nicht einmal einer Anfeindung gleichkam. Getroffen hatten ihn ihre Worte auch nicht, wenngleich sie goldrichtig lag. Niemandem war es gestattet, sich ein Urteil zu bilden und das müsste auch die blauhaarige Saiyajin noch lernen, da sie immer noch in ihrer demokratischen Welt gefangen war, was keinesfalls der Staatsform nahekam, die auf Vegeta-Sei herrschte.   „Was willst du jetzt von mir hören?“, wollte er anschließend grinsend von ihr wissen.   „Die Wahrheit?“   „Die Wahrheit?“, wiederholte er erstaunt, nachdem seine Schultern kurz nach unten gesackt waren. Die Antwort hatte er nämlich nicht erwartet. Turles hatte mit Verschwiegenheit oder einem Schulterzucken gerechnet. „Über mich“, begann er stockend, weil er die Antwort nicht hören wollte, „oder über Vegeta?“ Nebenbei hatte er zwar das zuvor auftretende Aufblinken seines Scouters deutlich wahrgenommen, ihm jedoch weniger Beachtung als Bulma geschenkt.   „Deine Wahrheit, Turles. Du könntest mir zum Beispiel erklären, wieso du hier bist?“ Grundgütiger, sie war ein wenig stolz auf sich und ihren Mut, dass sie ihn tatsächlich danach fragte, aber Bulma wollte ihn wirklich verstehen. Sie wollte seine Beweggründe erfahren oder handelte er aus denselben Gründen wie Bulma? Wollte er ihr auch noch nicht alles erzählen? Möglich, da er – ein waschechter Saiyajin – bedeutend misstrauischer der Welt gegenübertrat als die gutherzige Bulma, die sowohl in jedem Mensch, als auch in jedem Saiyajin das Gute suchte. „Oder wieso mit ihm alles steht und fällt? Was macht ihn so außergewöhnlich?“   „Er ist der Thronerbe Vegeta-Seis. Das macht ihn für unser Volk wichtig“, erklärte er belanglos, als würde er über das Wetter plaudern.   „Ist das deine Wahrheit?“, wollte Bulma niedergeschlagen wissen, weil sie wusste, dass er nicht alles preisgab. „Weil er das Glück hatte, in die höher gestellte Familie geboren worden zu sein?“   „Ja, aber das sind Dinge, mit denen du dich nicht befassen musst – und vor allem nicht sollst.“ Im Anschluss sah er, wie sie empört ihren Mund öffnete und zusätzlich ihre Hände in die Hüften stemmte – was ihre Entrüstung wohl besonders hervorheben sollte.   „Und wieso bist du nun hier?“   Turles' Teint war glücklicherweise etwas dunkler als der von Kakarott, was es der Röte erschwerte, die auf seinen Wangen erschien, herauszustechen. „Keine Ahnung. Vielleicht, weil ich einfach nur sicherstellen wollte, dass du zuhause ankommst.“ Das entsprach der Wahrheit. Er ließ lediglich das Detail aus, dass er sie heimlich während des Heimweges beobachten wollte – um eben jener Frage aus dem Weg zu gehen. Wieso er sich dennoch bemerkbar gemacht hatte, konnte er sich nicht erklären. War es seiner Dummheit geschuldet? Ja, möglicherweise. „Allerdings habe ich dich recht schnell aus den Augen verloren. Ich musste zuerst nach Hause meinen Scouter holen.“ Und das – genau das – war gelogen! Turles trug seinen Scouter immer bei sich. Auch heute. Als er Bulma jedoch immer näher gekommen war, hatte sein Scouter eine weitere Aura wahrgenommen, wegen der sich der königliche Krieger auch zurückgehalten hatte.   Er wollte abwarten, wer zum Vorschein käme. Dass es Vegeta gewesen war, hatte ihn erstaunt. Unverzüglich hatte er sich gefragt, was die Intention des Prinzen war, bis zu der Erkenntnis, dass es Turles nichts anging. Verfluchter Bockmist. Ja, es hatte ihn nicht zu interessieren, welche Ziele Vegeta verfolgte. Auch die Verbindung zu Bulma, angesichts des Kusses, hatte ihn nicht zu interessieren und er wäre froh, er könnte von sich behaupten, dass es ihn nicht interessiere, aber... es interessierte ihn. Seine eigentliche Aufgabe, den Prinzen zu schützen, hatte immer Vorrang, doch gerade war diese Wichtigkeit in den Hintergrund gerückt.   „Aber wie du gesehen hast, war ich trotz Scouter zu spät“, versuchte er weiterhin die Situation zu entschärfen. Der junge Saiyajin wollte nicht enttarnt werden. Er wollte nicht, dass man seine wahren Absichten kannte.   „Äh... Ja.“ Oh je, was sollte sie darauf erwidern? Ihre Gesicht war bestimmt zinnoberrot angelaufen. Wenn sie ihre heroische Selbstwahrnehmung behalten und die Maske, die sie trug, nicht verlieren wollte, sollte sie jedoch schleunigst anfangen, entsprechend zu reagieren. Die Maskerade durfte nicht bröckeln und zu Boden fallen. Bulma wollte ihr Gesicht nicht verlieren. „Scheint wohl so, ja“, entgegnete sie daraufhin und warf im selben Moment ihre Haare über ihre Schultern. „Dann solltest du das nächste Mal einfach schneller sein?“   „Touché!“, lachte Turles laut auf, da sie ihn immer wieder überraschte – was ihn gleichermaßen faszinierte. Der Soldat sah in seinem jungen Leben schon viel Leid, verschanzte sich aufgrund dessen in seiner dunklen Welt und doch gab es da dieses Mädchen. Dieses eine Mädchen, das ihn überraschen konnte. Es war trivial, aber es erfreute ihn. Diese Herzlichkeit die von ihr ausging war erfrischend und anziehend zugleich. Hinzu kam die Gabe, dass sie Turles überraschen konnte, obwohl es in dieser Welt kaum etwas gab, worüber man sich freuen konnte. „Du hast recht. Ich sollte an meiner Ausdauer und Schnelligkeit arbeiten, in der Tat.“ Wieder diese tiefen Einblicke, die er aus Selbstschutz niemandem zeigen wollte, weil jenes Verhalten unmittelbar nach Bekanntgabe angeprangert wurde.   Gerade wollte Bulma ihm nickend zustimmen, den Zeigefinger heben und seinen Vorsatz bejahen. Allerdings kam sie gar nicht dazu, da Turles' Blickwinkel rasch nach rechts über seine Schulter gehuscht war, was auch Bulma bemerkte und automatisch einen Schritt zurückging. „Turles?“, flüsterte sie im Anschluss, ehe sie zögernd ihre Hand hob, die sie auf seinen Unterarm legen wollte, aber auch dazu kam sie nicht mehr.   Sein Gespür war feinfühlig genug, um die Nadel im tosenden Applaus auf den Boden fallen zu hören, weshalb er auch das leise Knacken des Astes – der einige Meter von ihm entfernt war – hören konnte. Geistesgegenwärtig hatte er sich umgedreht und einen Energiestrahl zu den nahestehenden Bäumen gefeuert, woraufhin deren Geäst nachgab und in sich zusammenstürzte. Parallel hörten die beiden unverletzten Saiyajins lautes Aufstöhnen.   „Bleib stehen“, wies er Bulma währenddessen auf, als er sich mit schnellen Schritten den heruntergestürzten Zweigen näherte, sie anschließend mit dem linken Fuß achtlos zur Seite kehrte und... in die verdutzten Gesichter dreier durchgeschüttelter Saiyajins sah. „Was? Kakarott?“, entkam es ihm ungläubig.   „Oh... Das tat weh. Oh! Hallo!“, ächzte dieser schmerzerfüllt, während seine Finger über die pochenden Stellen rieben, auf die die Äste gefallen waren. Zeitgleich schüttelte er die losen Blätter aus seinen schwarzen Haaren, ehe er mit einem geöffneten und einem zusammengekniffenen Auge hinauf sah. „Hallo Turles.“   „Hallo“, grüßte er formloser zurück und tippte mit einem Fuß unentwegt auf den sandigen Boden, nachdem er seine gewohnte Haltung eingenommen und murrend zu den Neulingen hinunter gesehen hatte. „Was“, begann er, als ihm niemand antwortete, „soll das werden, Kakarott?“ Schäumend vor Wut hatte er sich zu Radditz' kleinem Bruder hinabgebeugt und ihn am Arm gepackt, um ihn rasch auf die Beine zu ziehen.   „Was das soll, fragst du? Äh... Na ja“, druckste er herum, „weißt du, das... das ist eine ganz verrückte -“   „Komm zum Punkt“, verlangte Turles ungeduldig. Auch sein Griff um Kakarotts Arm wurde zusehends fester.   Unterdessen suchte Son Goku fieberhaft nach einer Ausrede, die zudem halbwegs glaubwürdig klang, um nicht noch mehr Turles' Unmut auf sich und seine Freunde zu ziehen, die sein Gegenüber bereits abschätzig in Augenschein genommen hatte. „Also wir, Lunch, Kuririn und ich hatten eben eine bizarre Konfrontation, bevor wir hierherkamen. Du kannst dir vermutlich nicht vorstellen, wie bizarr.“   „Langsam macht sich bei mir Unmut breit, Kakarott.“ Nein, Turles wollte sich auch gar nicht vorstellen, welches skurrile Ereignis zuvor passiert war.   „Ja, natürlich, natürlich“, winkte er mit erhobenen Händen ab. „Wir -“   „- haben, wie du auch, nach Bulma gesucht“, raunte Lunch, die sich neben Son Goku stellte und wachsam zu Turles sah, dem sie unter keinen Umständen verraten wollte, dass sie sich mit Vegeta duelliert hatten. Am Ende würde Turles noch falsche Schlüsse daraus ziehen und die Anwesenden unweigerlich in Gewahrsam nehmen. Dann würde ihnen keine Ausrede mehr helfen. Nicht einmal die Wahrheit, denn jeder wusste, dass sie im Vergleich zu Vegeta Schwächlinge waren.   Oh ja, man würde Son Goku, Lunch und Kuririn zur Verantwortung ziehen.   „Ja, sicher habt ihr das“, entgegnete Turles kritisch, als er Lunchs Worte missbilligend zur Kenntnis genommen hatte.   Ferner war Bulma herangetreten, nachdem auch sie sah, dass vom Rascheln der Äste keine Gefahr ausging und Lunch, Kuririn und Son Goku zum Vorschein kamen. Erfreut kam sie neben Turles zum Stehen, bevor sie vor diesem antwortete. „Das ist lieb. Danke, dass ihr nach mir gesucht habt, aber Vegeta war schneller als ihr.“   „Vegeta?“ Nun verstand Son Goku gar nichts mehr. „Ähm... Okay, und wo warst du?“, fragte er anschließend frappiert in Turles' Richtung, während er seinen linken Armen nach oben, sowie den linken nach unten streckte, um seine Gliedmaßen wieder in Form zu bringen.   „Das geht dich überhaupt nichts an!“, belle der Saiyajin augenblicklich und stieß seinem Widersacher gegen die Schulter, so dass Son Goku zuckend in seiner Bewegung innehielt, ehe sein Arm langsam nach unten zur Seite sank.   „Hey, sachte. Ich habe doch bloß gefragt“, kritisierte er Turles' Verhalten und fuhr nahtlos fort: „Es hat eben den Anschein erweckt, als wolltest du dich unterhalten.“ Als er allerdings den Ausdruck im Gesicht seines Ebenbilds sah, ruderte er versöhnlicher zurück: „Oder auch nicht?“   „Seh ich so aus, als ob ich mich mit dir unterhalten will? Sehe ich so aus, Kakarott?“   Beschwichtigend hob er erneut die Hände. „Ich bitte vielmals um Verzeihung“, entgegnete er folglich amüsierter, obwohl Turles dem Prinzen, hinsichtlich des Aggressionspotenzial sehr ähnelte. Aufgrund dessen war Vorsicht geboten, da es Turles gestattet war, sich über gewisse Instanzen und Gesetze hinwegzusetzen – von seiner Kraft müsste man gar nicht erst sprechen. Son Goku war sich sicher, dass Turles sich auf demselben Level wie Vegeta befand. Andernfalls wäre er niemals für die königliche Garde rekrutiert worden. Hinzu kam auch, dass er Radditz nicht weiter in Verruf bringen wollte – und das würde er, sollte er sich nun auch noch mit Turles, einem königlichen Soldaten, anlegen. „Ich wollte dich keinesfalls beleidigen, Turles.“   Statt ihm zu antworten, traktierte er Kakarott indes mit bösen Blicken. Ob Radditz' kleiner Bruder immer alles für die anderen beiden, recht wortkargen Saiyajins ausbaden mussten? Die standen nämlich bloß neben ihm und hatten alles – nur keine Kraft, weshalb Turles davon absah, sich überhaupt mit ihnen zu unterhalten. Womöglich müsste er nur einmal kräftig ausatmen und die beiden, ihm unbekannten Saiyajins würden wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.   „Wir haben uns halt auch auf die Suche nach Bulma gemacht und da wir sie gefunden haben, können wir ja wieder zurück?“, knüpfte er an seine vorherige Aussage an, da niemand sonst sprach. Abschließend sah er zu Lunch, Kuririn und Bulma, bevor er zu Turles blickte, woraufhin sich seine Augen vergrößerten und er – im Gegensatz zu Turles – ebenfalls den Kopf schüttelte; bloß viel langsamer als sein Gegenüber. „Nicht?“, erwiderte er nochmals – jedoch ganz langsam und immer noch kopfschüttelnd. „Äh... Dann gehen nur wir“, fügte er stockend fort und zeigte simultan auf sich, Kuririn und Lunch, „zum Fest zurück? Ohne euch?“   Aufgrund dieser nervigen Fragerei, kräuselten sich Turles' Lippen. Sie verzogen sich zu einer dünnen Linie, infolgedessen er gespannt seinen Daumen, sowie seinen Zeigefinger auf seine mittlerweile geschlossenen Augen presste. „Kakarott, es ist mir scheißegal, was ihr treibt.“   „Also -“   „Meine Fresse!“, skandierte Turles daraufhin, öffnete die Augen und ballte die gesunkenen Hände zu Fäusten – so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. „Es interessiert mich nicht. Meinetwegen könnt ihr auch dämliche Affengeräusche von euch geben, solange ihr mir nicht weiter auf den Sack geht“, instruierte er weiterhin seine Ansichten. Kakarott war... Grundgütiger, dieser Saiyajin war so begriffsstutzig, dass er es eigentlich verdiente, dass Dummheit wehtat und er ununterbrochen schreiend durch die Gegend laufen müsste.   Er glaubte sogar, dass derjenige, der Kakarotts Idiotie ausgesetzt war, höllische Schmerzen verspüren musste.   „Bleib ruhig. Man muss ja nicht gleich den Verstanden verlieren.“ Unglücklicherweise verringerte Son Gokus Ratschlag jedoch nicht Turles' grimmige Mimik.   „Wie soll ich es ausdrücken, Kakarott? Viele – zu denen du dich dazu zählen kannst – verlieren erst gar nicht ihren Verstand, weil sie keinen haben.“   Nach diesen Worten verspürte auch Bulma das Bedürfnis, zurück zum Fest zu gehen, weil seine Worte nicht nur Kakarott, sondern auch sie getroffen hatte, angesichts der Pauschalisierung. Turles wählte die Worte nicht mit Bedacht und griff gleichzeitig jeden Saiyajin an, der nicht mit ihm – ähnlich seiner Kameraden – gleichgestellt war. Sichtlich verletzt, sank ihr Kinn gegen ihre Brust, sie biss sich verlegen auf die Unterlippe und wollte an ihm vorbeigehen – zurück zu ihren Freunden, die ebenso bestürzt zu Turles, dem unnahbaren Saiyajin sahen –, doch hinderte sie sein ausgestreckter Arm am Weitergehen, wodurch sie gezwungen war, stehen zu bleiben und den Kopf zu heben.   „Ja?“, stammelte sie perplex.   „Soll... Soll ich dich nach Hause bringen?“ Ohne ihren Blick zu erwidern, starrte er stur geradeaus. Er wollte schlichtweg nicht, dass sie zum Fest zurückging. Turles selbst wollte nicht noch einmal Teil dieser Gesellschaft sein – zumal es in ihm zu kribbeln anfing, als er darüber nachdachte, auf dem Nachhauseweg mit ihr alleine zu sein. Ja, es kribbelte ein wenig, und es war nicht wirklich unangenehm, aber die Hemmschwelle war zu groß, als offen zuzugeben, dass er gerne mit ihr alleine wäre. „Nach allem, was heute passiert ist, wäre es besser, nicht wahr?“   Es war keine Frage. Es war eine Feststellung.   Demgegenüber richtete sie ihr Augenmerk auf ihre wartenden Freunde, von denen jedoch nur Son Goku dezent nickte, um nicht von Turles gesehen zu werden. „Ist es in Ordnung, wenn ich nach Hause gehe?“   „Wenn... Wenn du nach Hause möchtest, dann geht das natürlich in Ordnung, Bulma.“ Son Gokus Mundwinkel zuckten aufmunternd, weil er wusste, dass – auch wenn Turles recht... eigensinnig war – Bulma sicher zuhause ankäme. Der Rest, wie er von Turles behandelt wurde, war nebensächlich.   „Okay, dann sehen wir uns, ja?“ Ach, Bulma hatte – entgegen ihrer Erwartungen – richtige Freude, die sie wortlos verstanden. Sie gaben Bulma das Gefühl, nicht minderwertig zu sein. Im Gegenteil. Sie motivierten die blauhaarige Saiyajin stets. Sie sprachen Bulma ein gewisses Maß an Selbstständigkeit zu, indem sie ihre Entscheidungen nicht kritisierten. Zwar konnte sie ihre Freunde an einer Hand abzählen, aber ihr waren eben diese Freunde auf Vegeta-Sei zehn Mal lieber, als zehn falsche Freunde, die ihr – sobald sie sich umdrehen würde – ein Messer in den Rücken rammen würden. Zum Abschluss winkte sie ihnen lächelnd zu, bevor sie sich zu Turles drehte – der gegen die untergehende Sonne stand und Bulma somit nur seine Silhouette wahrnahm – und jeder seinen Weg ging.   Aber trotzdem erkannte sie ihn. Und er war Son Goku wirklich nicht ähnlich. Nein, auf keinen Fall. Er würde auch niemals Son Goku ähnlich sein. Alleine die Art der beiden grundverschiedenen Saiyajins war ein besonderes Merkmal, wobei sie glaubte, dass auch in Turles – so aufbrausend er auch war – ein guter, vielleicht sogar liebenswürdiger Kern zu finden war. Ja, es gelang ihr bisher nur noch nicht, ihn an die Oberfläche zu befördern. Aber sie begann, Turles zu schätzen.   Es war verrückt, absolut.   „Möchtest du mir vielleicht erklären, was auf dem Fest passiert war?“, fragte er ungeniert, nachdem sie schon eine Weile stumm nebeneinander den holprigen Kiesweg entlang geschlendert waren.   Klar, er fing an, das Mädchen zu mögen – jedoch nicht um jeden Preis. Heraufbeschwören würde er gar nichts, den ersten Schritt demzufolge niemals wagen.   „Auf dem Fest?“, antwortete sie irritiert, obwohl sie ihn deutlich verstanden hatte.   „Ja? Zwischen Vegeta und dir?“   Missmutig verschränkte sie die Arme, weil er ein Thema anschnitt, das Bulma am liebsten wie ein Blatt Papier verbrennen würde, damit die Asche in alle Winde zerstreut werden konnte. Ferner lokalisierte in der Ferne die Schornsteine, aus denen dichte Rauschschwaden stiegen und ihr sagten, dass sie dem Dörfchen immer näher kamen. Es bildete einen schönen Kontrast zur untergehenden Sonne. Allerdings trübte Turles' Frage jenen schönen Anblick. Noch eben hatte sich Bulma in Sicherheit gewogen, war glücklich, dieses Thema nicht thematisieren zu müssen und plötzlich stellte er genau die Frage, vor der Bulma mit jedem weiteren Schritt flüchten wollte.   „Das... Das war gar nichts. Vegeta wollte mich nur ärgern.“   „Ärgern?“ War das ihre Erklärung? „Er hat dich -“   „Ja, ärgern!“, wiederholte sie mit Nachdruck. „Vegeta und ich, wir... wir mögen uns gar nicht. Wir können uns gar nicht leiden“, erklärte sie gestikulierend. Zeitgleich verengten sich ihre Augen, während sie von Vegeta sprach.   Turles dagegen wunderte sich. Wieso hatte Vegeta sie geküsst? Wollte der Prinz ihn allegorisch darauf hinweisen, dass Turles seine Finger von ihr zu lassen hatte? Das wäre zumindest der einzig logische Rückschluss, hinsichtlich seiner Aktion, von der sich Vegeta offenbar eine Reaktion von ihm erhoffte. Aber wozu, verdammter Saiyajin-Mist? Bulma erwähnte es bereits - sie mochten sich nicht. Kein Stück, weshalb er sich die Handlung nicht erklären konnte. „Gut, lassen wir das so stehen. Es geht mich ja auch nichts an, was du treibst.“   „Ja... Ja, richtig“, untermauerte sie gekränkt, den Blick erneut nach vorne gerichtet. Turles erwähnte den Umstand so ausdruckslos, während sie ziellos durch die Einöde streiften und Bulma das angrenzende Dorf immer besser erblicken konnte. Deutlich zeichneten sich die Umrisse der einzelnen Häuser vor dem Sonnenuntergang ab und die getroffene Saiyajin erkannte, in welcher Schicht sie mit ihren Eltern lebte. Während in der Stadt das pompöse Fest gefeiert wurde, hinter dem sich die in den Himmel emporragenden Häuser abzeichneten, waren die Häuser hier bloß zweckdienlich gebaut worden – klein, heruntergekommen, einfach unschön.   Die Zweiklassengesellschaft hatte sich wunderbar herauskristallisieren können. In der Stadt lebten die königlichen Krieger, die Saiyajins, die einen angemessenen Lebensstandard führten – wie Turles -, während Son Goku, Lunch, Kuririn, Bulma selbst und... und auch Radditz ein Dasein inmitten der Dörfer fristeten, fernab des luxuriösen Stadtlebens. Der Reichtum ihres Vaters nützte ihr hier nichts. In keinster Weise, da das Geld keinen Wert auf Vegeta-Sei hatte.   „Ich denke“, begann Bulma, nachdem sie den Unterschied zwischen sich und Turles erkannte, „dass ich von hier aus alleine weiterlaufen kann.“ Es war nicht mehr weit bis zur ehemaligen Capsule Cooperation, denn sie hatten das erste Haus des Dorfes schon passiert, hinter deren dünne Fassade sie einen lauten Streit mit anhören konnte, der Bulma zusammenzucken ließ. Hinzu kam, dass sie unbedingt alleine sein wollte – mit ihrer Traurigkeit und der Erkenntnis, dass Turles und sie in zwei verschieden Welten lebten, wenngleich sie derselben Rasse angehörten und den gleichen Planeten bewohnten. Ein weiterer Punkt war, dass Turles womöglich gar kein Interesse an ihr hatte – was wohl auf ihren Stand und ihre Zugehörigkeit zurückzuführen war. Schließlich war sie bloß eine Saiyajin. Er hingegen war ein angesehener Soldat, der der königlichen Familie diente. Auch gab er ihr zu verstehen, dass sie tun und lasse konnte, was immer sie wollte – ein zusätzlicher Anhaltspunkt, der Turles' Desinteresse offenbarte. „Nein, ich werde dich nach Hause bringen.“ Entschlossen wanderte seine Hand zu ihren Rücken, doch stoppte er seine Bewegung abrupt, bevor es zum Körperkontakt kam. Es fehlten bloß wenige Zentimeter. Nur ein kleines Stückchen, aber das Mädchen neben ihm war schneller. Rasch war sie einen Schritt nach vorne gegangen, was ihm zeigte, dass er zu weit gehen würde, wenn er sie berührte.   „Danke, aber das ist wirklich nicht nötig, dass du mich nach Hause bringst“, gab sie ihm schnippisch zu verstehen.   „Jetzt sei doch nicht so.“ Er wollte nach ihrem Oberarm greifen, sie zurückhalten, aber wieder war sie schneller. „Ich wollte -“   „Was wolltest du, Turles?“, entfuhr es Bulma, nachdem sie sich zu ihm umdrehte. „Mir sagen, dass ich nicht alleine auf mich aufpassen kann?“ Sie war unfair ihm gegenüber, aber sie war auch immer noch Bulma, die sich auf den Schlips getreten fühlte, wenn man ihr absprach, alleine zurechtzukommen. „Das musst du mir gar nicht sagen, das weiß ich selbst.“   „Wenn Vegeta mir nicht zuvorgekommen wäre, hätte ich eingegriffen. Ich hätte dir geholfen, falls du darauf anspielst.“ Dass er sich erklären musste, gefiel dem jungen Saiyajin nicht. Dennoch wollte er dem engstirnigen Mädchen bewusst machen, dass er sie beschützen würde.   „Schön zu wissen.“   „Bulma, ich bin noch immer ein Saiyajin. Ich darf und werde mich nicht gegen Vegeta stellen. Er war nun mal schneller und da habe ich mich zurückzuhalten. Dir scheinen unsere Sitten nicht klar zu sein. Ansonsten würdest du verstehen, dass -“   „Ich verstehe das sehr gut. Wirklich.“ Seine Entschuldigung besänftigte das Mädchen nicht. Indessen sammelte sie einen Kieselstein von der Erde auf, den sie sich von der einen zur anderen Hand zuwarf, um Turles' Blicken nicht weiter ausgesetzt zu sein. „Ich verstehe, dass du deine Pflichten über alles stellst.“   „Falsch, du missverstehst -“   „Nein, ich missverstehe selten etwas, Turles.“ Die Angst überkam sie, dass das – wenn er jetzt ging – ein Abschied ohne Wiederkehr wäre, angesichts ihres Trotz, der fälschlicherweise Turles zu spüren bekam. Besser wäre es, wenn sie ging – schnellstmöglich –, denn jedes weitere Wort, das sie in ihrer Wut sagen würde, wäre eines zu viel.   ~*~   Sein Bett, das er zuvor immer verabscheut hatte, wurde stets gemütlicher. Es fiel ihm immer leichter, tatsächlich ein- und auszuschlafen – was einem Novum gleichkam, da er für gewöhnlich nie fest eingeschlafen war. Dass er sich zudem wohler als im Palast fühlte, setzte dem ganzen noch die Krone auf. Ebenso das Essen – das um ein vielfaches besser als im Palast war. In dieser Bruchbude lernte er ganz abstruse Sachen kennen; beispielsweise Bananen und Litschis, was nur zwei von vielen Obstsorten war. Bulmas Mutter hatte in einer Kammer Nahrung gehortet, die es hier auf Vegeta-Sei nicht gab – und vermutlich nie geben würde.   Auch wusste er nicht, dass Affen Bananen liebten – eine recht witzige Metapher, wo Saiyajins sich doch in Vollmondnächten in riesige Affen verwandelten.   Der Gedanke an Essen genügte, um ihn aus dem Bett zu treiben. Sein Magen meldetete sich daraufhin zu Wort und verlangte, gefüttert zu werden, woraufhin er eilig die Bettdecke zur Seite schlug und seine Füße den knarzenden Vinylboden berührten. Nur in Boxershort bekleidet, zog er leise die Tür auf und lauschte den Geräuschen. Allerdings konnte er weder ihren Vater, noch ihre Mutter hören – die offensichtlich schon zu Bett gegangen waren.   Ob das Mädchen wieder zum Fest zurückgegangen war? Aus ihrem Zimmer, das in derselben Etage war wie seines, war jedenfalls nichts zu hören. Auch drang kein Licht unter dem Türspalt hindurch, was Vegeta sagte, dass sie zurückgegangen war und er gemächlich die Stufen zum Erdgeschoss hinabgehen konnte.   Dort angekommen, durchquerte er die dunklen Räume, die durch den blutroten Himmel – dessen Nuancen dezent durch die Gardinen leuchtete – minimal erhellt wurden. Erschreckend, dass er sich so gut zurechtfand, auch, weil er nicht darauf achtete, wohin er trat. Er ging fast blind durch das Haus, weil er immer wieder an das Arrangement zwischen seinem und ihrem Vater denken musste. Vegeta zerbrach sich den Kopf darüber, womit der König Bulmas Vater in der Hand hatte.   Bulmas Einbruch in die Vorratskammer des Königs konnte doch nicht alles sein? Zugegeben, es schien ein zusätzlicher Bonus gewesen zu sein, um einen Grund zu finden, Vegeta des Palastes zu verweisen, aber es musste doch noch etwas geben, oder? Dass sein Vater ihn darüber hinaus wie ein Kleinkind behandelte, dem man die Bauklötze wegnahm – für die sich das Kind gar nicht interessierte –, war nur ein Bruchteil dessen, was seine Wut ausmachte. Schließlich traf er Vegeta mithilfe dieser Erziehungsmaßnahmen nicht. Wieso auch?   Zwar hatte er seinem Sohn die königlichen Privilegien genommen, aber noch immer fürchtete man den Königssohn.   Wie dumm sein Vater doch war. Er schien seinen einzigen Sohn nicht zu kennen. Andernfalls wüsste er, wie lang Vegetas Atmen war – der sich vieles von ihm gefallen ließ, jedoch niemals vergaß, geschweige denn verzieh. Genauso dumm wie sein Vater, waren auch seine Hoffnung, die er in seine verhängte Strafe setzte. Obzwar Vegeta die Privilegien im Palast schätzte, so hätte der König wissen müssen, dass man ihm niemals seine Immunität auf Vegeta-Sei nehmen konnte. Auch die Sache, was Bulmas Radar betraf, war ihm schleierhaft.   Wieso hatte das Weib ihn repariert? Das hätte sie doch niemals getan, weil sie davon ausgehen musste, dass es hier keine Dragonballs gab – ähnlich wie Vegeta, der von der Existenz der irdischen Dragonballs bisher nie etwas wusste. Es gab demzufolge nie Gründe, ihn zu modifizieren... Es sei denn, sein Vater hätte seine Finger im Spiel gehabt? Beauftragte er etwa Bulmas Vater mit der Instandsetzung des Radars, weil Vegeta auf Namek gescheitert war? Denn dort gab es tatsächlich Dragonballs, die Vegeta hätte beschaffen sollen...   „Scheiße, ob es damit zu tun?“, flüsterte er, ehe er stehen geblieben war und die Hände niedergeschlagen über sein Gesicht gerieben hatte. „Bin ich deswegen hier, weil ich die Dragonballs nicht mitgebracht hatte?“ Folglich kräuselten sich missgestimmt seine Lippen, bevor sein Fuß gegen den Türrahmen trat. „Fuck, mit Sicherheit hat es damit was zu tun.“   Unterdessen arbeiteten insgeheim seine Sinne, die ihm Ankömmlinge ankündigten, bevor er anschließend die Stimmen außerhalb des Hauses gedämpft hören konnte. Folglich drehte er sich hastig vom Türrahmen weg, um zur nächsten Ecke zu schleichen, von der er die Haustür fokussieren konnte.   Höchst konzentriert starrte er zur Tür, wovor er sowohl Turles', auch auch Bulmas Stimme vernahm, die scheinbar miteinander stritten. Was nicht weiter schlimm wäre, aber Vegeta befürchtete, dass Turles sich auf Bulma einlassen würde und somit Vegetas Spaß ein jähes Ende fände.   Und genau das wollte er nicht. Er wollte nicht, dass die beiden Saiyajins sich näher kamen. Zumal die Göre kein Glück verdiente, wenn es Vegeta schon verwehrt wurde. Ferner fasste er den Entschluss, dass – solange er sein Glück nicht zurückbekam – er ihr anbahnendes Glück verhindern musste und das hatte überhaupt nichts mit Eifersucht zu tun. Gar nichts.   Er kannte so etwas wie Eifersucht gar nicht, auch wenn es ihn ärgern würde, wenn sie Turles näher käme. Sogleich merkte er, wie sich sein Herzschlag beruhigte, als er das Klicken des Türschlosses hörte, das Licht angeschaltet wurde und das Mädchen alleine im Flur stand, bevor sie – scheinbar trübsinnig – die Tür sachte ins Schloss knacken ließ.   Ehedem sie ihn dabei ertappte, dass er sie beobachtete, machte er sich selbst bemerkbar: „Du bist schon zurück?“ Hätte er mehr Zeit gehabt, wäre er unweigerlich in seinem Zimmer verschwunden, weil er ihr heute nicht mehr über den Weg laufen wollte.   Entgeistert war sie zusammengezuckt. „Vegeta?“, keuchte sie kopflos, während sie über ihre Schulter zu ihm sah. „Was... Was tust du hier?“   „Wohnen. Bedauerlicherweise“, konterte er in knappen Worten. „Und was machst du schon hier? Das Fest wird erst zu später Stunde interessant, wenn sie untereinander kämpfen, aufgrund des Alkoholpegels.“ Oder erkannte sie etwa, dass Vegeta recht behielt und sie einsehen musste, dass sie bloß zum Fest gegangen war, um jemandem zu gefallen? Wäre zumindest der erste Schritt.   „Ich... war müde.“ Bestimmt wusste er, dass sie gerade log, aber sie wollte ihm nicht die Wahrheit erzählen.   „Müde?“ Zischend verschränkte er die Arme vor der Brust. Anschließend stieß er sich mit der Schulter von der Ecke ab, hinter der er sich zuvor versteckt hatte, um ihm Licht zu erstrahlen – mit aller Arroganz, die sein Körper ausstrahlen konnte. „Wie ist es eigentlich, wenn man kontrolliert wird? Ist super, wenn man sein Leben vorgeschrieben bekommt, oder?“   Nein, unmöglich hatte er sie vor der Tür hören können? Oder doch? „Was? Wovon redest du?“ Vor der Tür war Turles, nachdem Bulma sich beruhigt hatte, zu ihr herangetreten. Er hatte ihre Hände mit seinen umschlossen und ihr zugelächelt, nachdem sie so sauer auf ihn gewesen war – nicht zuletzt, weil ihm scheinbar alles egal war. Aber nie hätte er sie so intensiv angesehen, wenn Turles tatsächlich nur mit ihr spielen würde, oder doch?   Bulma ging es diesbezüglich gar nicht gut. Ihr Herz raste, ihr war unglaublich schwindelig geworden, weil sie nicht wusste, ob sie die Lüge in Turles' Augen übersah, weil sie lieber an die Wahrheit in seinen Worten glaubte.   Schließlich hatte er zum Ende seine Hände zurückgezogen und ihr freundschaftlich seine Hand zum Abschied entgegengestreckt. Etwas, das Mädchen in so einer Situation gewiss wollten. Ja. Die Hand zum Abschied schütteln.   „Davon, dass Turles dich nur nach Hause gebracht hat, um uns zu kontrollieren.“   Das war nicht wahr. Nein. Turles brachte sie nach Hause, weil... er sicherstellen wollte, dass ihr nichts passierte! „Das stimmt nicht, Vegeta.“ Skeptisch musterte sie sein Verhalten, dieses selbstgefällige Grinsen, das in seinem Gesicht thronte. Auf eine weitere Konfrontation war sie außerdem nicht vorbereitet – mit Vegeta schon gar nicht. „Er wollte -“ Unsicher unterbrach sie sich und sah zu Vegeta.   „Was wollte er?“   „Sekunde mal. Du hast an der Tür gelauscht! Wie sonst wüsstest du, dass -“   „Einfältiges Mädchen! Weil wir Saiyajins sind und Auren in unmittelbarer Nähe spüren können – dazu brauchen wir keine Scouter.“   Wie? Aber wieso hatte Son Goku eine eigens für ihn praktische Lösung gefunden, einen Scouter unbrauchbar zu machen? Lag es tatsächlich bloß an der Entfernung? Letzten Endes schien das der Unterschied zu sein, da Son Goku nie auf einen Scouter angewiesen war. Er konnte – unabhängig von der Entfernung – Auren spüren. Konnten Saiyajins, die sich nur auf ihre Geräte verließen, ebenfalls Auren wahrnehmen, jedoch nur, wenn diese sich in unmittelbarer Nähe befanden?   „Und trotzdem hast du an der Tür gelauscht!“ Bulma war in ihrem Element – sich mit Vegeta zu messen. Jeden weiteren Seitenhieb versuchte sie daher umso besser zu kontern. Dass sie sich diesbezüglich irrte, ignorierte sie erfolgreich.   „Das war nicht nötig“, winkte er bedeutungslos ab. „Man hat euch Kilometerweit gegen den Wind gehört – ob man wollte oder nicht.“   „Du spinnst.“ Kopfschüttelnd wollte sie sich an ihm vorbeizwängen, sie biss sich fest auf ihre Unterlippe, damit sie nicht Gefahr lief, ihre Fassung zu verlieren. Allerdings sah sie wenige Sekunden nach ihrem Vorhaben tonlos vor ihren Bauch, wo sie seine Hand sah, die verhinderte, dass sie nach oben ging und statt ihm zornig entgegenzublicken, starrte sie grimmig nach vorne.   „Hattest du wenigstens Spaß?“   Fassungslos neigte Bulma nun doch ihren Kopf zur Seite. „Willst du darauf wirklich noch eine ehrliche Antwort?“   Der Provokation zu Liebe strichen seine Finger entlang seiner Mundpartien, die seine gespielte Überlegung vortäuschten. „Nö, eigentlich nicht, aber ich bin mir sicher, dass du es mir trotzdem erzählen willst.“ Und ja, er wollte es unbedingt wissen, um sein Ego noch ein wenig mehr anzuheben.   „Wieso fragst du dann?“ Sie war es leid gewesen – diese ständigen Herabsetzungen seinerseits. Umso dringlicher wurde das Bedürfnis, ihren Vater zu fragen, wie lange der König den Umstand – seinen missratenen Sohn hier einzuquartieren – noch in Betracht zog. Die vergangenen Tage, die Vegeta bereits hier verbrachte, waren zu viel. Einfach zu viel.   „Weil ich“, begann er augenrollend, „davon ausgehe, dass du mir unbedingt die Schuld an allem geben willst. Ich gab dir bloß den nötigen Schubs.“ Er wollte den Spieß umdrehen, sie in die Enge treiben und das Mädchen – aufgrund der Anziehung, die sie auf ihn ausübte – weiterhin schikanieren.   „Das bist du auch.“   „Is' klar“, entgegnete er jovial. „Wenn das so ist, kann ich dich ja noch eine Klasse tiefer degradieren und dich daran erinnern, wie tief du unter mir stehst, Onna.“ Fast wäre er lachend zusammengebrochen, als er an die Gesichter – und vor allem an Turles' Gesicht – zurückdachte. Wie lächerlich sie allesamt aussahen – wie schockiert sie gewesen waren, anlässlich des Kusses. Es war zum Niederknien komisch.   „Du spinnst doch.“ Erst jetzt machten sich die Seitenstiche bemerkbar – verursacht durch die Flucht vor den Hunden und es tat weh. Unheimlich. Nichtsdestotrotz zog sie ihr Gilet aus, legte es über ihren Arm und versuchte abermals an ihm vorbeizugehen – den Blick nach unten zu ihren nackten, verschmutzten Füßen gerichtet. Bulma wollte nicht weiter von ihm gedemütigt werden und sich die Schuld aufladen, die nicht ihr gebührte. „Lass mich vorbei.“   „Wie schwach, Onna“, quittierte er feixend und anders als Turles, war er schneller und konnte seine Handinnenfläche auf ihren warmen Bauch legen, was sie jedoch unterband und zurück schritt. „Dein Durchsetzungsvermögen lässt zu wünschen übrig. Oder werde ich einfach mit jedem Streit besser, der zwischen uns eskaliert?“ Abschließend lehnte er sich hämisch grinsend gegen das Treppengeländer, das sie erklimmen wollte und er zu verhindern wusste. „Hm, ich bin wohl in allen Belangen unbesiegbar.“ Ferner hob er – wie so oft, wenn er sich siegessicher fühlte – seine Hand und betrachtete seine behandschuhte Hand. Währenddessen wurde sein sardonischen Lächeln immer breiter, was sie noch mehr in Rage versetzte.   Ach, es war auch einfach zu verführerisch, sich mit ihr anzulegen.   „Und du willst wissen, ob ich Spaß hatte? Ich hatte keinen Spaß, Vegeta. Dank dir!“, feuerte sie energisch zurück, bevor sie ihm schluchzend gegen die Brust stieß. Dass sie ihn tatsächlich darüber aufklären musste, war das wirklich Lächerliche. Schließlich – und das wusste dieser Tyrann bestens – war er der Grund ihrer Wut, ihrer Unbeholfenheit, ihrer Traurigkeit, sowie all den negativen Seiten, die sein Einzug in die Capsule Cooperation mit sich brachte. „Du alleine hast mich in eine kompromittierende Situation gebracht, aber wieso erzähle ich dir das? Du warst dabei und trotzdem juckt es dich kein Stück, andere Saiyajins bloßzustellen. Solange du“, betonte sie verletzt, „deine abartigen Späße durchziehen kannst – und es ist egal, ob diese auf Kosten anderer entstehen –, scheint ja alles in bester Ordnung zu sein, nicht wahr? Insofern muss ich dir nicht noch erläutern, wieso ich keinen Spaß hatte.“ Inzwischen hatte sich Bulma schon mehrmals über ihre bereits verschmierten, wässrigen Augen gerieben und sie war froh, wenn sie diese hässlichen Zeugen ihrer Machtlosigkeit im Bad fortwischen konnte.   „Du könntest aber mehr Dankbarkeit zeigen“, erwiderte er – völlig aus dem Zusammenhang gerissen. „War schließlich nicht das erste Mal, dass ich dir geholfen habe.“   „Was? Erwartest du wirklich, dass ich mich bei dir bedanke?“, höhnte sie verärgert. „Das hoffe ich nicht. Ansonsten muss ich an deinem Verstand zweifeln.“ Sie standen sich nach wie vor reglos gegenüber – herbeigeführt dadurch, weil Vegeta ihr den Weg versperrte. Darüber hinaus fuhr ihre Hand unbewusst zu ihrer Stirn, da ihr Körper – noch vor ihren Sinnen – zu bemerken schien, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Scheinbar ausgelöst durch den ganzen Stress, fühlte sich Bulma von Minute zu Minute unwohler. Schweiß bildete sich rasend schnell auf ihrer kalten Stirn aus, gefolgt von Herzrasen, das dazu führte, ihre Beine erzittern zu lassen, weshalb ihre Hand zitternd auf Vegetas Unterarm landete.   Ihr fehlte sogar die Kraft, ihre Hand zurückzuziehen. Zusätzlich verschwamm das klare Bild vor ihren glasigen Augen.   „Onna?“, kam es unsicher von Vegeta, dessen Blick zuerst zu ihrer bebenden Hand auf seinem Unterarm wanderte, ehe er in ihr schweißgebadetes Gesicht blickte. „Hey, was ist los?“   „Ich... Kannst du mich bitte vorbeilassen? Bitte!“ Jede folgende Silbe wurde leiser, brüchiger... Sie spürte die drohende Ohnmacht, doch noch zwang sie sich, erst in ihrem Zimmer zusammenzubrechen – alleine, ohne Vegeta. Nachfolgend tauchten wieder die verschwommenen Bilder ihrer Tagträume auf, die ihr schon auf der Erde zu Denken gaben. Zuerst waren sie wieder unscharf, jedoch mit jedem schnelleren Augenschlag klarer – ein Zeichen dafür, dass sie bald in Trance verfallen würde.   Diese bösen Träume jagten ihr zudem immer mehr Angst ein.   „Vegeta, bitte.“ Keuchend beugte sie ihren Oberkörper nach vorne. Indessen presste sie ihre freie Hand gegen die stützende Wand, um sich auf den Beinen zu halten, ehe diese der Schwerkraft nachgaben. „Ich... muss nach oben.“ Sie sprach blind zu ihm, denn vor ihren Augen erschienen wieder die riesigen Affenmonster. Erneut musste sie die brennenden Häuser sehen, die meterhohen Flammen, die die Bewohner des Planeten aus ihren Häusern trieben. Abermals musste sie die Qualen der Unschuldigen miterleben, während sie hilflos danebenstand und nichts unternehmen konnte.   „Ist das eines deiner Spiele?“ Irritiert blieb Vegeta stehen, weil er glaubte, dass sie ihm bloß entkommen wollte und sich hinsichtlich dieses Vorhabens für keine Ausrede zu schade war. „Sag mir bitte, dass du das gerade spielst.“ Als ihr Blick jedoch seinen traf, glaubte er nicht mehr an ein Schauspiel. Nachdem auch ihre Beine nachgaben und er sie im letzten Moment auffangen konnte, ehe sie zu Boden fiel, war auch ihm bewusst geworden, dass das kein Spiel mehr war. „Onna, was ist los?“   Ihr feucht schimmernder Blick machte Vegeta Angst. Große Angst, weil er nicht wusste, was mit ihr geschehen war.   Und Bulma schaffte es nicht, sich aus ihrer Abwesenheit zu befreien. Sie war gefangen in ihren Träumen, verlor immer mehr die Kontrolle, zwischen Realität und Fiktion zu differenzieren, während ein Nebel ihre Wahrnehmung umhüllte, der gleichbedeutend ihre Sinne auf Standby fuhr, um gleichzeitig die Bilder messerscharf vor ihre Augen zu projizieren.   „Scheiße, was soll das? Onna, was treibst du da?“ Aufgebracht umklammerte er ihren schwachen Körper. Indes fuhr eine Hand zu ihrem Hals, wo er ihren rasenden Puls fand – der alles andere als normal war. Simultan flatterten ihre Lider immer wieder auf und ab, was ihn ebenfalls in Panik versetzte.   Allerdings entsetzte es ihn noch mehr, als er ihre Finger plötzlich am Kragen seines Brustpanzers spürte und die unerklärlichen Tränen sah, die aus ihren Augen schossen.   „Onna, rede doch mit mir? Wie kann ich dir helfen?“ War er für das gerade Geschehene verantwortlich? War es seine Schuld, dass sie zusammengebrochen und der Bewusstlosigkeit nahe war? Behutsam – mit ihr im Arm – kniete er sich zu Boden, strich ihre zerzausten Haare zurück und betrachtete ihr vom Schweiß überzogenes Gesicht. Antworten konnte sie ihm offensichtlich nicht mehr, ihre zuckenden Lider war öfter geschlossenen als offen. Bedächtig wischte er anschließend den Schweiß von ihrer Stirn, ehedem er sie auf seine Arme hob und die Stufen leise nach oben erklomm.   Was sonst sollte er tun? Ihre Eltern aufwecken, die ihm die Schuld geben würden? Nein, darauf wollte er verzichten, wenngleich er sehr wohl für ihren Zustand verantwortlich sein könnte. Immerhin hatte er einiges von ihrem Körper abverlangt, aber das musste er ignorieren. Was er letztendlich tat – bis er die Tür zu ihrem Zimmer erreichte, diese mithilfe seines Fußes auftrat und dem zerstörten Sensor im Rahmen einen kritischen Blick zuwarf. Anschließend marschierte er manieriert zu ihrem Bett, in das er ihren bewegungslosen Körper legte und unverzüglich Abstand zu ihr aufbaute.   Kurz hatte er nämlich den Wunsch gespürt, sich neben sie zu setzen, was er schlussendlich nicht tat. Er konnte nicht. Er wollte nicht. Es stand ihm nicht zu. Sie stattdessen hilflos auf ihrem Bett liegen zu sehen, lag ihm schwer im Magen. Der Anblick ihrer Hülle versetzte ihm einen Stich und er hätte sich ohrfeigen können, dass er anfänglich annahm, sie würde ihm etwas so ernstes vorspielen. Zumal das eher zu Vegeta passte – nicht zu ihr.   Bulma war anständig, im Gegensatz zu ihm. Und obwohl er sie nicht wirklich kannte, wusste er, dass sie viel zu gutherzig war, vielleicht auch etwas leichtsinnig – im Bezug darauf, sich mit Vegeta zu messen –, aber niemals würde sie eine so ernste Lage ausnutzen, um Vegeta zu entkommen. Im Anschluss wandte er sich von ihr ab, er öffnete das Fenster und schnappte sich ihren Schreibtischstuhl, den er vor ihr Bett stellte, um sich darauf niederzulassen. Nachträglich überkreuzte er seine Beine, verschränkte die zitternden Arme unter seiner Brust und beschloss, zu warten, bis sie aufwachte. Aber anscheinend - so erkannte der Prinz nach fünfzehn Minuten - entschied ihr Körper, sich Erholung zu verschaffen, indem er die Strapazen mithilfe ausgiebigen Schlafes verarbeitete. Ja, Vegeta sah ein, dass er ihr, ihrem Selbstwertgefühl und ihrem Körper zusetzte, aber er war so wütend, so... Ach, er war stinksauer auf sie, weil sie sich immer gegen ihn auflehnen musste, obwohl er ihr doch schon mehrmals zeigte, inwiefern sich ein weiterer Streit entwickeln konnte.    Hinzu kam Turles. Der und seine Griffel, die Vegeta nicht an Bulma sehen wollte. Und jetzt? Jetzt saß er missmutig vor ihrem Bett, darauf wartend, dass sie aufwachte. Wenn dies geschah, müsste er jedoch zusehen, dass er aus ihrem Zimmer verschwunden war. Aus dem einfach Grund, weil... er ihr eben nicht erklären wollte, wie sie in ihr Zimmer gekommen war.   Ja, genau. Deshalb würde er auch nur noch zehn Minuten hier sitzen bleiben - nur der Vorsicht halber. Nicht länger. Nur zehn Minuten, um sicherzugehen, dass... eben alles in Ordnung war.   Und zehn Minuten konnten verdammt lange sein... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)