Bird On A Wire von yezz ================================================================================ Kapitel 67: Guten Morgen! ------------------------- Durch die fahle Wintersonne, die durch einen kleinen Spalt seines Rollladens fiel, war sich Victor sicher, dass es nach 8 Uhr war. Die Sonne schien größtenteils aufgegangen zu sein, aber die volle Strahlkraft für den, um diese Jahreszeit üblichen kalten, Morgen hatte sie noch nicht ganz erreicht. Er lag an Yūri gekuschelt in seinem Bett. Er spürte Yūris Wärme durch sein T-Shirt, das Yūri trug, auf seiner bloßen Haut. Normalerweise schlief Victor immer nackt, aber wenn Yūri da war, trug er zumindest seine Unterwäsche. Wenn er dafür Yūri in seinen Armen halten konnte, war das ein guter Deal, dachte er. Doch langsam forderten die letzten knapp 30 Stunden seinen Tribut und es fiel ihm immer schwerer, seine Finger bei sich behalten. Er wollte Yūri schlafen lassen, immerhin hatte er einen harten Tag hinter sich und nach seinen knappen Schilderungen, war auch zumindest mit einem harten Wochenbeginn zu rechnen. Er musste ja auch noch gleichzeitig zur Uni. Und doch wollte sein Körper ihm nicht mehr ganz gehorchen. Er spürte deutlich, wie sich seine Erektion gegen Yūris Hintern drückte und es ihn Mühe kostete, seine Hüften nicht zu bewegen. Seine Finger zuckten und kribbelten von dem Drang, sie über Yūris Körper gleiten zu lassen. Seine Fantasie half ihm da auch nicht weiter. Seit ihrem kurzen Gespräch über den Adventskalender hatte sich in Victors Gedanken ein Bild eingebrannt: Yūri in Handschellen und mit Augenbinde vor ihm. Nackt. Hilflos. Bettelnd, von Victor berührt zu werden. Er atmete tief durch, um sein hämmerndes Herz zu beruhigen. Er wusste, dass wenn man so etwas mit einem Partner machte, der auch das Vergnügen des Partners im Sinn hatte und nicht nur sein eigenes und es durchaus sehr sinnlich und gut sein konnte. Aber wenn der Partner ein Arsch war. Er schüttelte ein klein wenig den Kopf. So würde er niemals mit Yūri sein und auch Yūri selbst würde sicher nicht so mit ihm umgehen. Doch ob Yūri daran Gefallen finden würde? Aber selbst, wenn nicht, Victor war es nicht so wichtig, als dass er nicht locker darauf hätte verzichten können. Himmel, er würde vermutlich für den Rest seines Lebens zärtlichen Sex in einer Stellung nehmen, wenn es die einzige Möglichkeit wäre, mit Yūri zusammen zu sein. ‚Ich bin erleichtert, dass du endlich was gefunden hast, was du ernsthaft angehst‘, tönte die Stimme von Chris in seinem Kopf. Er musste ein wenig schmunzeln. Hätte er damals, als sie nach Yūris und seiner ersten Verabredung im Buchladen miteinander telefoniert hatten, gewusst, dass er einmal wirklich mit Yūri kuschelnd im Bett lag, er hätte schon damals sein Glück nicht fassen können. Zu diesem Zeitpunkt hätte er schon alles getan, um zu diesem Punkt zu kommen und jetzt würde er noch viel mehr tun, um das weiterhin behalten zu können. Doch er war auch nur ein Mann. Ein Mann mit Bedürfnissen. Und ein ganz besonderes Bedürfnis machte sich schon seit einer ganzen Weile bemerkbar und ließ ihn ein wenig verzweifeln. Sollte er Yūri aus seinem wohlverdienten Schlaf wecken? Wollte er überhaupt so geweckt werden? Wenn Victor ehrlich war, konnte er sich kaum etwas besseres vorstellen, als mit Zärtlichkeiten geweckt zu werden. Dann vielleicht den Morgen unter der Dusche beginnen und im Bett das beenden, was man in der Dusche angefangen hatte. Wenn man es ganz eilig hatte, war die Dusche auch kein schlechter Ort für Guten-Morgen-Sex. Victor biss sich auf die Unterlippe und strich mit einer Hand leicht über Yūris Seite. Yūri murmelte nur und vergrub sein Gesicht tiefer ins Kopfkissen. Victors Hand fuhr über den Stoff des T-Shirts weiter nach unten, bis sie auf Yūris Hüftknochen lag. Er rieb kleine Kreise in den Stoff, massierte Yūri so in der Hoffnung, dass es ausreichte, ihn aus dem Land der Träume zu reißen. Er ließ seine Hand weiter zur Körpermitte gleiten und rückte noch ein Stück enger an Yūri heran. Er fuhr mit seiner Nase über Yūris Nacken und küsste die Haut leicht. Er spürte, wie Yūri in seinen Armen erschauderte und sein Atem stockte. „Vitya…?“, hörte er ihn verschlafen murmeln. „Guten Morgen, Любимый“, flüsterte Victor gegen Yūris Nacken und küsste ihn erneut. Er spürte, wie sich Yūri an ihn schmiegte und atmete tief durch. Es kam ihm vor, als hätte er darauf eine Ewigkeit warten müssen. Seine Hand glitt unter das T-Shirt und dann unter den Bund von Yūris Unterwäsche. Er ließ seine Fingernägel leicht über die Haut kratzen. Yūris Atem ging schneller und auch Victor erging es nicht anders, während er seine Hüften leicht gegen Yūris Rückseite kreisen ließ. Yūri überraschte Victor damit, dass er sich in der Umarmung zu ihm umdrehte. Doch er hatte auch keine Probleme damit, dass Yūri ihm nun komplett zugewandt da lag. Er ließ seine beiden Hände unter Yūris T-Shirt gleiten und fuhr mit den Handflächen über Bauch und Brust, während Yūri eine Hand in seinen Nacken legte und ihn für einen Kuss zu sich zog. So könnte er ab sofort immer aufwachen, beschloss Victor zufrieden, als er an Yūris Unterlippe knabberte. Wieder ließ er eine Hand nach unten wandern und fuhr über Yūris Boxer hinweg, berührte sein bereits steifes Glied. Yūri sog die Luft laut ein und er nutzte die kurze Ablenkung, um ihren Kuss zu intensivieren. Ohne den Kuss abzubrechen, drückte Victor Yūri zurück, auf den Rücken und glitt über ihn. Kurz nahm er sich die Zeit und bewunderte Yūris Rotschimmer im Gesicht, bevor er sich langsam den Kiefer und dann den Hals hinunter küsste. Eine Hand von Yūri fand ihren Weg in seine Haare. Er griff nicht fest zu, sondern kratzte mehr mit den Fingernägeln über die Kopfhaut, was Victor eine angenehme Gänsehaut bereitete. Die andere Hand hatte sich auf Victors Hintern gelegt und packte fest zu. Victor schmunzelte gegen Yūris Hals und senkte ein wenig seine Hüften, sodass sich ihre Körper berührten. Er schob seine Hüfte gegen Yūris und ohne mit den Küssen aufzuhören, lauschte er gebannten Yuris leisem Keuchen. „Was hältst du davon, das Ganze in der Dusche fortzusetzen?“, flüsterte er, als er am Kragen von Yūris T-Shirt angekommen war. Er hob den Kopf und schaute ihn mit einem Grinsen an. Er hoffte, dass es verführerisch aussah und nicht wie das eines übereifrigen Teenagers. Denn ehrlich gesagt fand er den Gedanken an eine Dusche mit Yūris Gesellschaft durchaus aufregend. Yūri nickte nur und hob seine Hüfte ein wenig an, um sich gegen Victor zu reiben. Überrascht stöhnte Victor leise auf und blickte Yūri an, der ihn so lustvoll anblickte, dass Victor die Dusche am liebsten direkt verworfen hätte und direkt im Bett über ihn hergefallen wäre. Er beugte sich wieder vor und küsste Yūri leidenschaftlich. Doch ein lautes Klopfen an der Schlafzimmertür ließ sie beide erschrocken zusammenfahren. „Eh, wo hast du das Brot hin geräumt? Ich sterbe vor Hunger!“, Yurios mürrische Stimme war genauso zu hören wie Makkachins Bellen, als er von seinem Körbchen neben dem Nachttisch aufsprang und zur Tür eilte. Himmel, hätte er beinahe in Makkachins Anwesenheit Yūri verführt? Victor fühlte sich ein wenig schlecht bei dem Gedanken. Mit der plötzlichen Situation ein wenig überfordert, vergaß Victor beinahe zu antworten. „Hey, alter Sack! Wach endlich auf!“, wieder klopfte Yurio energisch an der Tür, besaß aber offensichtlich genug Anstand, um nicht einfach ins Zimmer zu kommen. Zum Glück. Victor seufzte und setzte sich neben Yūri auf die Matratze und zog die Decke hoch, die sie im Moment der Leidenschaft zur Seite geschoben hatten. „Das Brot ist leer, Yurio. Geh doch beim Bäcker was holen“, schlug Victor ein wenig genervt vor und rieb sich über das Gesicht. „Ich bin blank, die alte Hexe hat mir noch kein Taschengeld überwiesen“, grummelte Yurio. Alte Hexe, damit war eindeutig ihre Tante gemeint. Der Spitzname passte zu ihr, aber warum musste bei Yurio alles gleich ‚alt‘ sein? „Auf dem Schuhschrank liegt mein Portemonnaie, bring uns auch was mit und nimm bei der Gelegenheit direkt Makkachin mit. Er muss sicher auch mal vor die Tür“, rief Victor. Das entnervte Schnauben an der Tür war nicht zu überhören. Es war kurz still oder hörte Victor noch eine andere, leise Stimme? „Also gut, was wollt ihr denn?“, murrte Yurio. „Ein paar Brötchen und vielleicht Croissants? Wie bei unserem Frühstück am Wochenende“, Victor konnte sich gerade über so etwas keine Gedanken machen. Trotzdem blickte er Yūri an, um zu sehen, ob er damit einverstanden war. Er nickte nur, knallrot im Gesicht. Die Zimmertür ging einen Spalt auf, gerade weit genug, dass sich Makkachin hindurchzwängen konnte. Das war wohl die stumme Bestätigung, dass Yurio verstanden hatte. Er wartete, bis er hörte, dass die Wohnungstür ins Schloss gefallen war und drehte sich dann zu Yūri um. „Sollen wir…?“, fragte er halbherzig, doch eigentlich kannte er schon die Antwort, seit er Yūris hochroten Kopf gesehen hatte. Daher überraschte ihn das Kopfschütteln nicht. „Willst du zuerst ins Bad oder ich?“, fragte er, während er seine Hand über Yūris legte, die die Decke eng an seinem Körper hielt. Er bemühte sich, dass seine Stimme und seine Geste möglichst normal wirkten. Er wollte nicht noch zu Yūris Unbehagen beitragen. „Wenn… wenn es dir nichts ausmacht, würde ich zuerst gehen?“, es war mehr eine Frage als eine Antwort, aber Victor nickte einfach nur und lächelte. Gerne hätte er sich zu Yūri hinuntergebeugt und ihn geküsst, aber er war sich nicht sicher, ob das in dieser Situation eine gute Idee war. Als Yūri aus dem Zimmer verschwand, ließ sich Victor seufzend zurück ins Kissen fallen. So eine Scheiße…, dachte er ein wenig verzweifelt. Das war so etwas, wie vom Bruder beim Sex erwischt zu werden, oder? Yūri schüttelte unter dem kalten Wasser vehement den Kopf. Er sollte eigentlich nicht drüber nachdenken. Yurio dachte sicherlich, dass sie einfach nur geschlafen hatten. Dafür waren sie auch nicht laut genug gewesen, beruhigte sich Yūri selbst in Gedanken. Doch das Klopfen war wie ein Eimer Eiswasser über seinem Kopf gewesen. Er fühlte sich schrecklich, dass er Victor nun innerhalb von vielleicht 12 Stunden zwei Mal hatte abblitzen lassen. Aber wie konnte er sich jetzt mit ihm vergnügen, wenn er wusste, dass nahezu jederzeit Yurio hätte reinkommen können? Alleine der Gedanke weckte pures Entsetzen. Vielleicht sollte er Victor einfach das nächste Mal zu sich einladen? Phichit war ja zurzeit mit der Arbeit beschäftigt und traute sich sicherlich nicht noch einmal so einen Überraschungsbesuch, wie beim letzten Mal. Yūri musste ein wenig lachen, als er an diesen Moment dachte. Phichit hatte gedacht, dass Victor ihn abgefüllt hatte und über ihn herfallen würde… Noch schlimmer war gewesen, dass er tatsächlich aufgrund Victors Berührungen und Bemühungen gekommen war. In seiner Hose. Als sein vollkommen überfordertes Hirn das verarbeitet hatte, saßen sie schon zu Dritt auf dem Sofa und Phichit spielte den Aufpasser. Er hatte sogar gedroht, Victor rauszuwerfen. Yūri atmete tief durch. Wenn er diese Situation schon überlebt hatte, dann würde er wohl das überleben. Yurio wusste immerhin, dass sie zusammen waren. Er hätte auch sicher nicht gefragt, ob Vitya noch schlafen würde, wenn er etwas Verräterisches gehört hätte. Sonst hätte er es sie wissen lassen, da war er sich sicher. Mit neu gewonnener Sicherheit stellte er das Wasser aus und trat aus der Dusche. Er lächelte darüber, dass Vitya ihm mittlerweile sogar eine eigene Zahnbürste gekauft hatte. Er beendete schnell die morgendliche Badroutine und ging dann mit Handtuch bekleidet zurück in Victors Schlafzimmer. Aber nicht ohne sich zum erneuten Mal zu fragen, wie Victor es schaffte, dass seine Handtücher so flauschig waren. Im Schlafzimmer begrüßte ihn der Anblick von einem Victor, der sich gerade ausgiebig im Stehen reckte und gähnte. Er trug immer noch nur seine Unterwäsche, ein Anblick, von dem sich Yūri nicht lösen konnte. Victor war wirklich der bestaussehenste Mensch, den Yūri jemals gesehen hatte. Seine schlanke und doch recht muskulöse Figur, beleuchtet von dem fahlen Licht der Wintersonne. Wenn Yūri ein Künstler wäre, würden seine Finger dieses Bild vor ihm sicherlich irgendwie verewigen wollen. Er musste seinen Blick abwenden und sich daran erinnern, dass Yurio jeden Moment wieder zurückkommen könnte. „Da du ja noch keine Anziehsachen bei mir hast, kannst du dich gerne von meinen Sachen bedienen“, bot Victor an und stand plötzlich vor Yūri. Er blickte zu den strahlend blauen Augen hinauf und verlor sich kurz darin. „Noch keine Sachen bei dir hab?“, fragte er, als ihm die Wortwahl auffiel. „Wäre doch praktischer, nicht wahr, Любимый?“, lächelte Victor schief und zwinkerte. Yūri musste zurücklächeln. Sie wohnten nur ein paar Häuser von einander entfernt und trotzdem sollte Yūri Umziehsachen bei Victor deponieren? Als wären sie schon seit Ewigkeiten zusammen? Der Gedanke gefiel ihm. „Danke für das Angebot. Für beide“, zwinkerte er mit mehr Selbstbewusstsein, als er eigentlich hatte und ging zu Victors Ankleidezimmer. Er hatte das Gefühl, dass Victors Augen auf ihm ruhten, doch er drehte sich nicht um. Er musste das letzte Stück Willenskraft aufbringen, damit sie in keine peinliche Situation gerieten. Als er Victors nackte Füße auf dem Holzboden hörte, atmete er erleichtert durch. Nun lag nur noch das große Ankleidezimmer vor ihm. Er bewunderte jedes Mal die Vielfalt an Anzügen, die Victor besaß und auch farblich sortiert hatte. Es war, als stünde er im Ankleidezimmer eines Politikers oder so etwas. Yūri wusste, dass auf der rechten Seite noch ein paar Fächer waren, in denen ‚alltäglichere‘ Kleidung lag. Also alltäglich im Sinne von Yūris Definition, denn Victor hatte ihm erst am Abend ihres Treffens mit Alan gestanden, dass er sich manchmal ohne Anzug fast schon nackt fühlte. Vermutlich war es das Gegenteil von Yūri, der sich in einem Anzug irgendwie ausgestellt fühlte. Aber das alles war wahrscheinlich einfach nur eine Frage der Gewohnheit. Kurz stellte er sich vor, wie sie zu ihrem Wellness-Wochenende aufbrachen, nur mit Anzügen für Victor im Gepäck. Er gluckste leise, während er eine Sporthose und ein einfaches, weißes T-Shirt auf dem Fach zog. Als Yūri sich angezogen hatte und hörte, dass Victor noch unter der Dusche war, fing er schon einmal an, den Tisch zu decken. Würden sie alle drei zusammen essen?, fragte er sich. Er hoffte es, denn er wünschte sich, mit Yurio zurechtzukommen und wollte ihn auch noch fragen, ob er mit dem Laptop klarkam, den er ihm aufgesetzt hatte. So deckte Yūri in Gedanken versunken den Tisch, bis Victor frisch geduscht und umgezogen neben ihm stand und einen Kuss auf die Stirn drückte. „Du hast ja schon alles gefunden“, Yūri hörte sowohl Erstaunen als auch Freude in Victors Stimme heraus. „Ich denke schon“, nickte Yūri und im gleichen Moment ging die Wohnungstür wieder auf. Makkachin kam freudig hineingelaufen, sicherlich auch in der Hoffnung auf Frühstück. Diesen Wunsch schien ihm Victor auch sofort erfüllen zu wollen, da er sich umdrehte und in die Küche ging. „Guten Morgen, Yurio“, grüßte Yūri. Dann fügte er überrascht hinzu: „Und dir auch, Otabek. Frühstückst du mit? Dann hole ich dir noch schnell einen Teller und Besteck!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)