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Yajuu 3

-battles against insanity-
von

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Interlude: Die Vollstreckung

Die Wochen vergingen wie im Fluge und Keis Gesundheitszustand baute kontinuierlich ab. Immer öfter verweigerte sein Magen ihm die Nahrungsaufnahme und so nahm Kei unvermeidlicher Weise binnen weniger Wochen mehrere Kilogramm ab. Hinzu kamen schließlich Kurzatmigkeit und beginnende Herzrhythmusstörungen, die sich bisher aber noch in Grenzen hielten. Jade verfolgte diesen Verfall ihres Verlobten still und voller Sorge. Die werdende Mutter plagten viele Sorgen. Aber wären die bereits vorhanden Sorgen nicht schon groß genug gewesen, kam eine weitere Tatsache hinzu. Jade wusste nicht warum oder wie, aber offenbar hatten die Hunter in der Stadt Wind von ihrer Existenz bekommen. Es war so surreal. Sie hatte doch seit über zwei Jahren keinen Menschen mehr gejagt. Wieso sie jetzt entdeckt worden war, war ihr ein Rätsel. Kei hatte sie nichts davon verraten. Sie wollte ihn nicht noch mehr belasten.
 

Ihr einziger Anlaufpunkt in dieser schweren Phase war ein alter Freund von ihr. Ein Exile, der fast genauso alt wie sie war und eine Bar in der Stadt führte. Diese Bar war unter den Exile ein bekannter Anlaufpunkt, aber um die Tarnung nicht zu gefährden, war es hier strengstens untersagt, in der Gegend Menschen anzugreifen. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, an das sich auch alle hielten. Sogar die Yajuu hielten sich von hier fern.
 

Als Jade sich an den Tresen setzte, wurde sie bereits von der grimmigen Miene ihres Kameraden begrüßt. Ty, so nannten ihn alle hier, blickte immer grimmig drein. Der durchtrainierte Kerl schien gar keinen anderen Gesichtsausdruck zu besitzen.

„Lange nicht gesehen Jade.“, begrüßte er sie mit seiner etwas schroffen Art, die sie längst von ihm gewohnt war. „Was führt dich her?“ Jade war das letzte Mal bei ihm gewesen, als diese von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte. Aber auch er hatte ihr nicht weiterhelfen können, ob es so etwas schon einmal gegeben hatte oder nicht. Seitdem waren aber einige Wochen vergangen und obwohl sie sich noch immer auf das Kind freute, wiegten die Probleme mit Kei und den Huntern momentan doch zu schwer, um unbeschwert die Schwangerschaft zu genießen.
 

„Ty… Weißt du noch als ich mal vor Ewigkeiten zu dir meinte, dass mein Verlobter infiziert ist, aber scheinbar kein Exile werden kann? Es ist jetzt ausgebrochen. Er stirbt…“, flüsterte sie traurig. „Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Ich will ihm irgendwie helfen, aber es gibt einfach kein Heilmittel. Ich habe überall nachgeforscht. Du bist meine letzte Hoffnung.“
 

Ty seufzte. Um diese Zeit waren nur Exile im Lokal, sodass sie offen miteinander sprechen konnten. „Der Mensch muss dir ja echt am Herzen liegen, wenn du ihn sogar retten willst, was? Aber ich muss dich enttäuschen. Es gibt einfach kein Heilmittel. Gäbe es das, wären wir alle nicht mehr hier oder?“
 

Jade schluchzte einmal kurz auf. „Ich will ihn nicht verlieren, aber… ich fürchte wir werden bald beide sterben. Deswegen wollte ich wenigstens ihn retten, wenn ich schon nicht mich oder mein Kind retten kann.“
 

Ty blickte sie verwirrt an. „Was meinst du damit, Jade? Hast du etwa Probleme mit dem Baby?“
 

Sie schüttelte den Kopf. „Nein… Da ist alles in Ordnung, aber die Hunter sind mir auf die Schliche gekommen. Sie wissen, dass ich die Harpyie bin und sie wissen auch, dass ich als Lehrerin arbeite. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis sie mich gefunden haben.“
 

„Was? Aber wie ist das möglich? Ich dachte, du hast ewig nicht gejagt?“, fragte Ty und wirkte dabei regelrecht schockiert.

„Ich weiß nicht wieso. Ich war wirklich so unauffällig wie möglich und habe Kei zuliebe keinen Menschen mehr angerührt und trotzdem… Aber Fakt ist, ich bin kein Kämpfer. Zwar mag ich mich gut zu tarnen wissen, aber du weißt selbst, dass ich miserabel im Kampf bin. Wenn sie mich finden, werde ich sterben.“
 

„Du könntest die Stadt doch verlassen, dann verlieren sie deine Spur.“, war Ty sofort ein, aber Jade winkte ab. „Ich kann Kei in seinem Zustand nicht allein lassen. Er braucht mich.“
 

Nun schlug Ty aufgebracht auf den Tisch und brauste auf. „Hörst du dich eigentlich selbst reden, Jade? Du bist ein Exile und willst wirklich dein Leben für einen Menschen riskieren, der ohnehin bald sterben wird? Denk doch an dich und dein Kind und nicht an ihn!“
 

Doch Jade blieb ganz ruhig. „Ich weiß selbst, dass es töricht ist. Aber mein Herz verbietet es mir, ihn in dieser Zeit allein zu lassen. Hör zu, es mag klingen, als hätte ich mit dem Leben bereits abgeschlossen und auch wenn ich eben noch sagte, dass ich kein Kämpfer bin, bin ich mehr als bereit für das Leben meines Kindes und das meine zu kämpfen, sollten sie mich finden. Ich gebe nicht einfach auf, falls du das denkst. Außerdem will ich noch eine Sache versuchen, bevor sie mich aufspüren.“
 

„Und das wäre?“ Ty klang äußerst skeptisch. Für ihn klang es irrsinnig, was Jade da von sich gab. Allgemein hatte er noch nie verstehen können, wie sie so viel für einen Menschen empfinden konnte. Sie waren die Beute, Exile die Jäger. So war es schon immer gewesen und plötzlich stimmte das anscheinend nicht mehr.
 

„Halt mich ruhig für verrückt dafür, aber ich hab bei meinen Recherchen gelesen, dass infizierte Menschen, auch wenn sie sich nicht verwandeln können, ab einem bestimmten Punkt denselben Hunger auf Menschen entwickeln, wie Yajuu oder Exile. Nur können ihre Körper damit nichts anfangen und so sterben sie trotzdem.“, begann sie zu erklären.

Noch immer skeptisch und nicht wissend, worauf sie hinauswollte, fragte Ty nun: „Und das bringt uns was?“

„Wurde denn je ausprobiert, was geschieht, wenn ein Infizierter mal das Blut eines Exile zu sich nimmt? Was wenn das irgendwas in Gang bringen könnte, was den Betroffenen von selbst fehlt?“
 

„Das klingt verrückt.“, war Tys erste Reaktion, doch dann seufzte er, als er Jades erwartungsfrohes Gesicht sah und fügte hinzu: „Klingt so verrückt, dass es vielleicht funktionieren könnte. Die Betonung liegt auf Vielleicht, Jade.“ Aber sie schien offenbar zufrieden mit dieser Antwort. Er verstand ja ihren Ansatzpunkt, zweifelte allerdings daran, ob es wirklich einen Nutzen haben würde.
 

„Ok schön, das willst du also noch versuchen.“, fasste er nun zusammen, „Und was willst du dann von mir? Du bist doch nicht nur hergekommen, um mir das zu sagen, oder?“

Er hatte Jade durchschaut. Sofort kam die leichte Reue in ihren Blick, doch dann sagte sie: „Du hast Recht. Eigentlich bin ich hier, um dich um etwas zu bitten.“
 

„Das wäre?“ Ty ahnte schon, was jetzt kommen würde und er war nicht gerade erpicht darauf. Sie sagte es trotzdem. „Angenommen… diese ganze Sache funktioniert, aber mir passiert etwas, dann möchte ich, dass du für mich auf Kei Acht gibst. Zumindest eine Weile, bis du dir sicher sein kannst, dass er allein klar kommt. Würdest du das für mich tun? Der alten Zeiten Willen?“
 

Am liebsten hätte Ty abgelehnt. Bei jedem anderen hätte er das auch, aber bei Jade konnte er einfach nicht. Dafür waren sie einfach schon viel zu lange befreundet, als das er ihr diese letzte Bitte abschlagen konnte. Natürlich wäre ihm immer noch lieber gewesen, dass sie diesen Menschen einfach verlassen würde, aber er wusste ganz genau, dass sie dies nicht tun würde. Und sie wusste, dass Ty nicht viel von Kei hielt und trotzdem bat sie ihn darum, denn er war der einzige, dem sie voll und ganz vertraute.
 

Ty seufzte genervt und doch willigte er letztlich ein. „Schon gut. In Ordnung.“, schnaufte er aufgebracht, „Sollte es so kommen, wie du es sagst, dann hab ich ein Auge auf ihn.“
 

„Danke Ty, du bist der Beste.“ Da war es wieder. Das Freudestrahlen, dass Ty so gerne von ihr sah. Sie war ein Sonnenschein und er fand, dass ein Mensch diesen Anblick gar nicht verdient hatte und doch hielt er diese Gedanken ihretwillen für sich. Zum Abschied umarmte sie Ty noch einmal, dann kehrte sie zu Kei zurück.
 

Ty blieb schlecht gelaunt zurück. Er hoffte inständig, dass der Mensch einfach sterben würde und Jade somit das Leben ermöglichen würde. Aber den Gefallen würde der Mensch ihm wohl nicht so einfach tun.
 

Als Jade nach Hause kam, war es totenstill. Kei schlief. Dank der Schmerzmittel war ihm wenigstens das noch vergönnt. Tagsüber halfen sie aber kaum noch. Er schien immun gegen sie zu werden oder sie verloren einfach ihre Wirkung. Wenn sie ihn sich so betrachtete, so furchtbar blass und mit blutunterlaufenen Augen, abgemagert und schwach, dann zog es ihr das Herz zusammen. Sie konnte sich noch lebhaft an den ersten Abend erinnern, als er ihr erlaubt hatte, sein Blut zu trinken. Sie hatte unbändige Angst gehabt, dass sie ihn dabei töten könnte, aber sie war hungrig gewesen und hatte nicht ablehnen können. Aufgestachelt von Glücksgefühlen hatte sie ihn damals danach stürmisch geküsst und er hatte alles über sich ergehen lassen, hatte sogar mitgemacht.
 

Doch daran war heute nicht mehr zu denken. Ihre Blutreserven gingen langsam zu neige, aber Keis Blut konnte sie nicht mehr nehmen. Noch die kleinste Menge hätte ihn vermutlich töten können und das wollte sie nicht riskieren.

Da sie ihn nicht wecken wollte, gab sie ihm einen sanften Kuss auf die Stirn und ging dann wieder ins Wohnzimmer. Erschreckend stellte sie fest, dass seine Körpertemperatur langsam abnahm. Die letzten Wochen über hatte er meistens Fieber gehabt, aber jetzt schien sein Körper wohl langsam aufzugeben. Der Tod schwebte über ihm und sie konnte es förmlich spüren.
 

Irgendwann war sie selbst auf der Couch eingeschlafen, doch wurde sofort wieder in den Wachzustand gerissen, als sie Kei Husten hörte. Er musste wohl aufgewacht sein und sofort eilte sie zu ihm. Er sah schrecklich aus. Seine blauen Augen hatten ihren Glanz verloren und ein Rinnsal Blut floss aus seinem Mund. Weiteres Blut klebte auf seiner Hand. Er hustete erneut und noch mehr Blut verließ ihn. Jades Herz zog sich krampfhaft zusammen.

„Kei…“, flüsterte sie schmerzerfüllt und setzte sich an seine Seite.
 

Er hörte sie zwar, konnte aber gerade nicht antworten. Ihm fehlte die Luft zum Atmen dazu. Er schmeckte den Blutgeschmack in seinem Mund, woraufhin sich sein Magen stechend verkrampfte. Das tat er schon seit Tagen. Kei war am Verhungern, doch sein Körper erlaubte ihm kein Essen mehr. Mit Mühe und Not konnte er noch Flüssigkeiten bei sich behalten, sodass er wenigstens noch die Schmerzmittel nehmen konnte, auch wenn sie allmählich kaum noch wirkten.

Wieder hörte er Jade seinen Namen sagen und dieses Mal hatte er genug Kraft, ihr zu antworten. „Schon gut, ist schon vorbei.“, meinte er und versuchte in irgendeiner Weise aufmunternd zu klingen. Er scheiterte dabei.

Er spürte wie Jade ihn besorgt beobachtete und gab sich nun alle Mühe etwas weniger miserabel auszusehen. Ein erneuter Stich ging durch seine Magengrube und er krümmte sich reflexartig zusammen.

„Was hast du?“, fragte sie besorgt und hielt eine seiner Hände fest.
 

Kei atmete mehrere Mal tief durch und ließ den Schmerz abebben, bevor er antwortete: „Mein Magen rebelliert nur mal wieder. Passt ihm wohl nicht, dass ich nicht mal mehr versuche, was zu essen.“

„Das ist kein Scherz, Kei.“, kam es tadelnd zurück.
 

„Ich weiß doch…“, seufzte er und leckte dabei unbewusst das Blut von seinen Lippen ab. Jade beobachtete ihn ganz genau. Offenbar störte ihn das überhaupt nicht. Und so stärkte es ihren Entschluss nur noch mehr. Sie musste nur noch einen Weg finden, wie sie es ihm erklären sollte. Noch während sie überlegte, krümmte sich Kei erneut. Dieses Mal weniger schlimm und doch war es für sie nicht zu übersehen. Noch während er mit dem Schmerz zu kämpfen hatte, schritt sie zur Tat. Sie ließ einen Finger zur Kralle werden und ritzte sich damit über den anderen Arm. Sie hatte eine Arterie erwischt und nun floss das Blut geradezu in Strömen über ihren Arm. Mit Absicht unterdrückte sie ihre Regenerationskraft, damit es nicht sofort wieder verheilte und sah, wie Kei sie entsetzt anstarrte.
 

„Jade, was zum Teufel machst du da?“, fragte er sie geschockt.
 

„Kei, ich weiß es klingt komisch, aber ich will dass du etwas von meinem Blut trinkst. Ich glaube, dass es dir vielleicht helfen könnte.“ Sie versuchte es sachlich zu erklären, wusste aber, dass sie dabei scheiterte.

„Glaubst oder hoffst du das?“, fragte er scharf nach.
 

Jade fühlte sich ertappt. „Ich wünsche es mir.“ Dann blickte sie ihn mit Tränen in den Augen an und meinte: „Kei, ich will dich einfach nicht verlieren und wenn ich dich so sehe, dann sehe ich, dass dir kaum noch ein paar Tage bleiben in deinem Zustand. Du stirbst vor meinen Augen und ich kann das einfach nicht ertragen.“
 

Für einen Moment blickte Kei sie an und dann zu seiner Bettdecke, auf der mittlerweile einige Blutflecken gelandet waren. Er kniff die Augen ein Stück zusammen und seufzte dann. Mit einer Hand umgriff er das Handgelenk ihres verletzten Armes.
 

„Bitte versprich dir nicht zu viel davon.“, seufzte er leise und leckte dann vorsichtig über das Blut, das noch immer in nicht zu verachtenden Strömen aus der tiefen Wunde floss. Er konnte nicht einmal leugnen, dass ihm der Geschmack gefiel. Schon seit Wochen schmeckte Blut für ihn nicht einfach mehr nur nach Eisen. Wann immer er nach einem Hustenanfall sein eigenes Blut schmeckte, fiel ihm das auf. Jades Blut schmeckte allerdings anders als das seinige. Und doch zweifelte er daran, dass das wirklich etwas nutzen würde. Aber er wollte ihr diesen Wunsch nicht ausschlagen und ließ sich auf ihre merkwürdige Bitte ein.



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