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Yajuu 3

-battles against insanity-
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So... Hier geht es jetzt auch endlich mal weiter. Der Grund, wieso es hier so lange gestockt hat, sind die folgenden Kapitel. Keis Geschichte war schwierig, weil sie so lang ist und ich mir lange nicht sicher war, ob ich sie nicht gnadenlos kürzen sollte und stattdessen mit der Hauptgeschichte fortfahre.
Letztlich habe ich mich aber dagegen entschieden und jetzt gibt es doch die ganze Geschichte zu ihm (was eindeutig die längste HIntergrundstory von allen Nebencharakteren ist), auch einfach deswegen, weil er einer meiner Lieblinge ist :3

Von daher: Die nächsten fünf Kapitel werden alles Zwischenkapitel werden, aber dafür geht es jetzt wieder regelmäßig weiter. ^^ Komplett anzeigen

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Interlude: Das Todesurteil

Es war einer dieser Nachmittage an denen die Schicht einfach kein Ende finden wollte. Eigentlich mochte Kei seine Arbeit ja, aber heute wollte er eigentlich nur so schnell wie möglich nach Hause. Ihm ging es nicht sonderlich gut, hatte seit nun zwei Wochen mit einer üblen Erkältung zu kämpfen und war nur mit Hilfe von diversen Medikamenten halbwegs arbeitsfähig.
 

Kei war einer der Ärzte im ortsansässigen Krankenhaus der mittelgroßen Stadt in der er seit jeher lebte und näherte sich gerade dem Ende seines zweites Jahres der Facharztausbildung. Mit seinen 27 Jahren konnte er sich eigentlich nicht beschweren. Er stand fest im Leben, hatte eine wunderschöne Verlobte, die er über alles liebte und auch sonst war ihm noch nie wirklich Unglück widerfahren. Er war behütet aufgewachsen, war stets ohne Probleme durch Leben gekommen und allgemein stand er bisher immer auf der Sonnenseite des Lebens. Kurzum, er konnte sich nicht beschweren. Das nun eine Erkältung seine anscheinend größte Sorge war, konnte man da doch vernachlässigen.
 

Im Pausenraum trank er gerade einen der vielen Kaffee, die ihn am Laufen hielten. Er unterdrückte ein Husten, als eine Stimme sich neben ihm erhob. „Mensch, bist du echt immer noch erkältet? Das hört ja bei dir gar nicht mehr auf, was?“, lachte die freundliche Stimme und als Kei aufblickte, erkannte er seinen besten Freund aus Kindertagen, Jack, der ebenfalls hier im Krankenhaus als Arzt arbeitete. Sie hatten dieselbe Schule besucht, hatten gemeinsam studiert und nun waren sie auch hier gemeinsam gestrandet. Kei war wirklich dankbar, dass er ihn hatte.

„Hättest dir doch mal ein paar Tage frei nehmen sollen, sonst wird das ja nie wieder besser oder du verschleppst es noch. Das wäre allerdings noch schlimmer, findest du nicht?“, fragte Jack nun etwas ernster und setzte sich, ebenfalls mit Kaffeebecher bewaffnet, neben Kei. Dieser rang sich nun seinerseits ein schwaches Lächeln ab. „Schon gut, Jack. Geht glaube ich langsam wieder bergauf. Wird schon.“
 

„Na wenn du meinst. Aber ich finde trotzdem, dass du dich nicht überanstrengen solltest. Wie wäre es, wenn du heute einfach mal eine Stunde früher gehst. Ich übernehme das für dich.“ Jack war wirklich eine gute Seele, was Kei ihm sehr anrechnete. Wieder unterdrückte er ein Husten, doch dieses Mal gelang es ihm nicht so recht.

„Und was ist mit den ganzen Yrida-Patienten? Soweit ich weiß sind noch drei auf der Intensiv.“

„Mach dir darum keine Gedanken. Die bekommen wir auch ohne dich versorgt. Zumal ich nicht glaube, dass sie noch lange haben. Bei zwei von ihnen hat das Organversagen bereits eingesetzt. Ist nur noch eine Frage von Stunden.“, gab Jack mit gedämpfter Stimme zurück. Yrida-Virus, kurz Y-Virus, war die Wurzel allen Übels. Aus diesem Virus waren einst die Yajuu und Exile hervorgegangen, die heute die Welt terrorisierten. Was aber viele nicht wussten, bei einem Viertel der Infektionen fand keine Mutation statt, die zu diesen Bestien führte. Manche Menschen schienen aus unbekannten Gründen einfach nicht in der Lage sich dem Virus anzupassen. Oft waren diese Menschen schon Jahre infiziert, bis sie aufgrund eines geschwächten Immunsystems schließlich dem Virus erlagen. Es fing schleichend an und breitete sich gegen Ende wie ein Lauffeuer im Körper der Betroffenen aus. Sie verhungerten, weil der Körper keine Nahrung mehr zuließ oder starben an Organversagen durch Erschöpfung. Kei kümmerte sich seit Jahren speziell um diese Patienten. Es war kein schöner Anblick zusehen zu müssen, wie sie langsam dahinsiechten, wissend, dass keine Medizin der Welt diese Menschen zu retten vermochte. Alles was die Ärzte hier letztlich tun konnten, war den Sterbenden die letzten Tage oder Wochen so angenehm wie möglich zu machen.
 

„Hat man die Angehörigen schon informiert?“, fragte Kei nun betrübt. Ihm gefiel die Vorstellung nicht, dass bald wieder zwei Patienten mehr gegen den Virus verlieren würden. Warum nur hatte man bis heute kein Heilmittel dafür entdeckt? Oder zumindest eine Impfung zur Prävention. Er wusste, dass daran geforscht wurde, bisher jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse.
 

„Ja… Sie sind auf dem Weg hierher.“, bestätigte Jack und leerte seinen Kaffee, „Also… Tu dir das heute nicht an. Fahr nach Hause zu deiner Verlobten und lass dich ein wenig von ihr pflegen. Der Chefarzt wird da sicher kein Problem mit haben. Er weiß doch auch, dass es dir nicht gut geht.“

Letztlich gab Kei nun nach. Er hatte ja wirklich selbst keine Lust, heute noch den Tod von zwei Patienten miterleben zu müssen. Also leerte er nun auch seinen Kaffee und meinte seufzend: „In Ordnung. Ich fahr heim. Du hast dafür echt einen Gut bei mir, Jack. Versprochen.“
 

„Dafür sind Freunde doch da.“, lachte dieser und klopfte Kei leicht gegen die Seite.

Als Kei eine knappe Stunde später bei sich daheim ankam, empfing ihn bereits der Parfümduft, den er über alles liebte. Natürlich war Jade schon da. Sie arbeitete als Lehrerin und hatte somit im Allgemeinen vor ihm Feierabend.

„Hallo Schatz, du bist ja schon da.“, begrüßte sie ihn freudestrahlend und gab ihm eine herzliche Umarmung. Jade war alles für ihn. Seit er sie das erste Mal gesehen hatte, war es um ihn geschehen gewesen. Sie war nicht von hier, hatte einen dunklen Teint und wallendes, schwarzes Haar mit smaragdgrünen Augen. Eine exotische Schönheit konnte man sagen. Er hatte sie während seines Studium kennengelernt, als sie mit Schulklassen die Universität zu den offenen Tür Tagen begleitet hatte und letztlich waren sie nun schon seit über sieben Jahren ein Paar.
 

„Jack hat mir angeboten, den Rest meiner Schicht zu übernehmen.“, meinte Kei nun zurück. Ihm war etwas schwindlig vom Heimweg, aber vor ihr versuchte er es so gut es ging zu verbergen.
 

„Das ist aber nett von ihm.“, lachte sie. Zusammen schlurften sie nun ins Wohnzimmer, wo Jade offensichtlich gerade Klausuren kontrollierte. Kei ließ sich erschöpft auf die Couch fallen, Jade blieb vor ihm stehen und blickte ihn etwas besorgt an. „Wie geht es dir heute?“, fragte sie nun, „Du wirkst heute noch blasser als sonst.“ Aber Kei winkte nur ab. „Geht schon, alles in Ordnung.“ Jade schien keineswegs überzeugt, beließ es aber vorerst dabei. „Wie war dein Tag so?“, fragte er stattdessen und auch wenn sein Schädel brummte, wollte er doch versuchen, sich normal mit ihr zu unterhalten. Er wollte keiner dieser Leute sein, die bei einer einfachen Erkältung so taten, als würden sie daran sterben.

„Ach wie immer eigentlich. Manche Schüler sind und bleiben einfach unbelehrbar, aber ansonsten war der Tag eigentlich recht angenehm.“, meinte Jade und verschwand dabei in die Küche. Kei hörte den Wasserkocher und wenig später kam sie mit zwei Tassen Tee zurück. Dann setzte sie sich auch und begann sich wieder den Klausuren zu widmen. Er nippte unterdessen an dem Tee und schaute ihr eine Weile einfach nur schweigend zu. Lediglich sein Husten unterbrach die Stille ab und zu. Schließlich raffte er sich jedoch auf und schlurfte Richtung Bad. „Ich geh schnell duschen.“, meinte er müde und schloss dann die Tür hinter sich. Die Erkältung setzte ihm doch mehr zu, als er sich eingestehen wollte. Vielleicht doch eher eine Grippe. Immerhin tat ihm alles weh. Er fühlte sich mindestens fünfzig Jahre älter als er eigentlich war, aber das warme Wasser half, den Schmerz für eine Weile hinfort zu spülen.
 

Als er nach über einer halben Stunde wieder aus dem Bad kam, roch er bereits einen feinen Geruch aus der Küche strömen. Jade hatte begonnen, das Abendessen zuzubereiten und so beschloss er, ihr in der Küche Gesellschaft zu leisten.
 

Zu seiner Überraschung war die kein normales Abendessen. Jade tafelte regelrecht opulent auf. Kerzen standen auf dem Tisch, den sie zusätzlich mit ein paar Blumen dekoriert hatte und sofort wunderte er sich, womit er das denn verdient hatte. Bevor er jedoch fragen konnte, drehte sich Jade zu ihm um und meinte: „Ich bin noch nicht fertig. Husch, es soll doch eine Überraschung werden!“, und so wurde er aus der Küche verbannt. Perplex ging er zurück zur Couch. Auf dem Tisch davor lagen nun die fertig korrigierten Klausuren und Kei bewunderte immer wieder, wie schnell sie doch damit war. Aber es war ja auch kein Wunder, immerhin war Jade kein Mensch.
 

Richtig. Sie war eine Exile.
 

Natürlich hatte er das nicht von Anfang an gewusst. Tatsächlich wusste er, dass der Anfang zu seiner Beziehung zu Jade nur ein Vorwand ihrerseits gewesen war, um ihn eigentlich eines Tages auffressen zu können. Sie hatte es selbst zugegeben. Ursprünglich war ihr Plan gewesen, sich solange mit ihm zu befassen, bis er ihr langweilig wurde und dann den tödlichen Schlussstrich zu ziehen. Aber es war anders gekommen. Jade hatte sich in den Menschen verliebt und war nicht länger in der Lage dazu, ihn töten zu können. Als ihr das bewusst geworden war, hatte sie versucht, Kei von sich zu stoßen. Immerhin war ein Zusammenleben von Mensch und Exile doch unmöglich oder nicht?
 

Kei wusste noch ganz genau, wie sie sich wochenlang merkwürdig verhalten hatte, als würde sie etwas vor ihm verbergen. Er hatte sich wirklich Sorgen um sie gemacht, denn all der Stress hatte sie regelrecht krank aussehen lassen. Damals hatten sie noch nicht zusammengewohnt und als schließlich tagelang kein einziges Lebenszeichen mehr von ihr gekommen war, hatte er sich auf zu ihrer Wohnung gemacht, nur um über ihr Treiben zu stolpern. Sie hatte es mehr als offensichtlich gemacht. Hatte Knochen ihres letzten Opfers, sowie Blutspritzer in der Küche belassen und hatte nur darauf gewartet, bis Kei es entdecken würde.
 

Als erstes war natürlich die Angst gekommen. Als sie ihm plötzlich gegenüberstand mit Gold glühenden Augen und den ausgefahrenen Fangzähnen, da hatte alles in ihm geschrien, dass er abhauen solle. Aber sein Verstand hatte sich geweigert. Immerhin war sie doch die Frau, die er über alles liebte. Als Jade bemerkte, dass er nicht vor ihr floh, war sie sogar so weit zu gegangen, ihm das Gefühl zu geben, dass er nun ihre nächste Beute werden würde. Außer natürlich wenn er fliehen und sie den Huntern melden würde.
 

Aber Kei hatte das nicht getan. Er hatte ihre Fassade durchschaut. Und er weigerte sich, sie deswegen gehen zu lassen oder gar den Huntern dem Fraß vorzuwerfen. Vielmehr noch hatte er doch fest vorgehabt, diese Frau zu heiraten. Durch Zufall hatte er am selben Tag zuvor den Verlobungsring noch beim Juwelier abgeholt. Als er ihn ihr präsentierte, was Jade eingeknickt und hatte ihre Fassade fallen lassen.
 

Seitdem waren sie also verlobt. Das war nun zwei Jahre her und noch etwas hatte sich geändert. Natürlich konnte Kei nicht einfach so darüber hinweg sehen, dass Jade Leute jagte und doch war ihm klar, dass sie es tun musste, um zu überleben. Und so hatten die beiden einen einzigartigen Deal miteinander. Wann immer er konnte, brachte Kei überschüssige Blutspenden aus der Blutbank für sie mit oder hielt notfalls eben selbst her und sie verzichtete dafür komplett auf die Jagd nach Menschen. Trotz einiger Bedenken hatte Jade schließlich eingewilligt und so war es seitdem.

„So, es ist angerichtet!“, rief es nun fröhlich aus der Küche. Kei, der irgendwie einfach nur in Gedanken versunken war, raffte sich auf und ging dann zu ihr. Jade hatte sich wirklich selbst übertroffen. Exile konnten menschliches Essen zu sich nehmen, mussten es aber nicht. Viele verzichteten daher darauf, aber Jade liebte das Kochen über alles. Es war ihr liebstes Hobby und Kei beschwerte sich darüber sicher nicht. Da Jade schon ein ziemlich alter Exile war, um genau zu sein war sie 143 Jahre alt, hatte sie auch schon reichlich Zeit gehabt, ihre Kochkunst zu perfektionieren. Kei bezweifelte, dass ein Sternekoch ihr so leicht die Stirn bieten konnte.
 

„Wow… Du hast dich ja mal wieder selbst übertroffen.“, staunte Kei völlig perplex, „Womit verdiene ich denn diese Ehre?“

„Später.“, lachte Jade zufrieden, „Erst wird gegessen. Sonst wird es noch kalt.“
 

Eine köstliche Mahlzeit später, beim Dessert angelangt, rückte sie schließlich mit der Sprache raus. Jade strahlte überglücklich, als sie den Löffel beiseite legte und dann fast schon nervös die Hände übereinander faltete. „Ok… Also du fragst dich sicher, wieso all das?“, begann sie und klang auch hier etwas nervös.

Sofort ließ auch Kei den Rest des Desserts ruhen und blickte sie neugierig und fragend an. „Darauf kannst du Wetten.“, meinte er zustimmend.
 

„Gut… Also wie soll ich das nur anfangen…“ So hatte er sie noch nie erlebt. Sie schien glücklich, aber auch nervös. Nicht so wie damals, als sie ihm offeriert hatte, dass sie eine Exile war. Da war sie zwar auch nervös gewesen, aber anders.

„Einfach gerade weg.“, meinte sie zu sich selbst und atmete dann einmal tief durch. Dann legte sie ihre Hände auf seine und beugte sich leicht über den Tisch. „Kei… Du wirst Vater.“
 

Da war es raus. Er brauchte einen Moment, das zu verarbeiten.
 

„Du bist schwanger?“, fragte er selten dämlich nach. Er war perplex, doch langsam sickerte diese Information zu ihm durch.
 

„Ja, etwa die fünfte Woche.“, gab sie noch immer nervös zurück. Sie wusste wohl nicht, wie er reagieren würde. Für einen Moment schwieg er nun und sie begann sich schon zu Sorgen, doch dann hellte sich seine Miene schlagartig auf. Kei sprang von seinem Platz auf und ging zu ihr herüber. Als sie sich auch vom Stuhl erhob, schlang er seine Arme um ihre Taille und hob sie in die Luft, als würde sie nichts wiegen. „Das ist ja der Wahnsinn.“, freute er sich wie ein kleines Kind. Kei hatte nicht mal gewusst, dass eine Schwangerschaft zwischen Mensch und Exile möglich war. Jade offenbar auch nicht und doch war es geschehen und die werdenden Eltern waren beide überglücklich darüber. Kei schenkte Jade einen langen Kuss und als er sich wieder von ihr löste und sie zurück auf den Boden ließ, lachte sie entspannt. „Und ich hatte schon Angst, dass du es nicht mögen würdest.“, gab sie zu, aber Kei schüttelte nur den Kopf. „Nein, ich wollte schon immer eine Familie mit dir haben. Ich hätte nur nicht gedacht, dass es möglich ist. Aber ich freue mich wirklich sehr. Das sind doch mal tolle Neuigkeiten.“
 

„Ja, das ist es wahrlich.“, lachte Jade und drückte sich nun an seinen Oberkörper, während er sie noch immer im Arm hielt. „Das heißt, wir haben bald jede Menge Arbeit vor uns.“, sagte sie verträumt und schwelgte scheinbar schon in Tagträumen. Auch Kei begann sich vorzustellen, wie es wohl werden würde. Das es letztlich nie so weit kommen würde, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
 

Die Tage nach der frohen Botschaft vergingen. Jade und Kei beschlossen, es vorerst noch niemandem sonst zu verraten. Es war zu gefährlich und auch sonst kamen allmählich die Bedenken, wie das Kind wohl werden würde. Wäre es ein Mensch oder ein Exile? Oder etwas ganz anderes? Neben der Vorfreude kamen schnell Sorgen dazu und doch waren beide fest entschlossen, sich der Aufgabe anzunehmen. Jade nahm unterdessen Kontakt zu ein paar Exile auf, denen sie vertraute und versuchte sich umzuhören, ob es solch einen Fall schon einmal gegeben hatte. Kei arbeitete ganz normal weiter. Oder er versuchte es zumindest. Denn Teil der traurigen Wahrheit war, dass die Erkältung noch immer an ihm nagte, sogar schlimmer wurde. Seit einigen Tagen bekam er Magenprobleme. Immer weniger Essen wollte dort bleiben wo es hingehörte und Schwächeanfälle machten sich breit. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er eines Tages während der Arbeit für kurze Zeit das Bewusstsein verlor. Als er wieder erwachte, war er auf einem der Krankenbetten und Jack beäugte ihn kritisch und auch irgendwie voller Kummer.

Kei wollte sich aufsetzen, aber alles drehte sich vor ihm. „Hey ganz langsam, Kei.“, meinte Jack sofort besorgt und stützte seinen Freund ab.
 

„Was ist passiert?“, fragte Kei etwas benommen. Die letzten Stunden waren wie in Watte gehüllt an ihm vorbei gezogen.

„Du bist umgekippt, mein Freund. Starke Dehydrierung.“, erklärte Jack. Kei wunderte es nicht. Immerhin war es ziemlich schwer für ihn, an schlechten Tagen auch nur Wasser noch drin zu behalten. Heute war einer dieser schlechten Tage.

„Verstehe…“, seufzte Kei und prompt folgte ein Hustenanfall der sich gewaschen hatte.

Jack wartete geduldig bis Kei sich wieder beruhigt hatte. Er wollte Kei ein Glas Wasser reichen, doch dieser lehnte dankend ab. Er glaubte nicht, dass sein Magen stabil genug war, dass jetzt drinnen zu behalten.

„Mein Freund… Ich hab schlechte Nachrichten für dich.“, begann Jack nun zögerlich und setzte sich auf einen Stuhl, den er neben Keis Bett gezogen hatte.
 

„Was meinst du?“, fragte Kei verwirrt.
 

„Als du ohnmächtig warst, hab ich dir ein klein bisschen Blut abgenommen. Immerhin ist das ja nicht mehr normal mit dir.“ Als Kei schließlich bemerkte, worauf das hier hinauslaufen würde, trat kalter Schweiß auf seine Stirn und das Atmen fiel ihm schwer. Da zückte Jack ein Blatt Papier hervor. Der große schwarze Fleck auf dem Schnelltest war eindeutig.

„Ich hab Yrida...“, flüsterte Kei fast schon ehrfürchtig und gleichzeitig überkam ihm eine undefinierbare Panik.

„Ich fürchte ja, mein Freund.“, seufzte Jack traurig, „Du bist wohl ein Abstoßungspatient. Die im Labor haben deine Probe vorgeschoben und ich hab hier deine Werte. Willst du sie sehen?“ Nun zückte Jack ein zweites Blatt Papier und reichte es Kei, der es zitternd entgegennahm. Während Kei mehr auf das Blatt starrte, als es wirklich zu lesen, erklärte Jack trotzdem für ihn.
 

„Wie es aussieht, sind deine Leber- und Nierenwerte nicht mehr die Besten. Aber Lunge und Herz scheinen noch in Ordnung. Du bist also noch nicht im Endstadium. Ansonsten hast du ein paar Vitaminmangelerscheinungen, aber das liegt wohl eher daran, dass du momentan eh so wenig zu dir nimmst. Das ist allerdings nicht so beunruhigend.“

Kei konnte es noch immer nicht fassen. Im Prinzip hatte er hier gerade sein Todesurteil in der Hand. Wie oft hatte er es schon selbst ausgeteilt, aber es nun einmal selbst zu erhalten, war etwas ganz anderes. Die Panik, die Verzweiflung, die er sonst immer in den Augen der Patienten sah… waren nun seine Eigene.

Tröstend legte Jack ihm eine Hand auf die Schulter. „Es tut mir Leid, mein Freund. Wirklich…“

„Wie lange denkst du… hab ich wohl noch?“ Keis Stimme zitterte leicht. Er dachte an Jade und an das Kind, was er so wohl nie kennenlernen würde dürfen. Das wiegte für ihn noch so viel schwerer, als sein Tod an sich.

„Schwer zu sagen. Du hast ja schon ein paar Wochen Symptome. Die Erkältung muss wohl der Auslöser gewesen sein. Bei diesen Werten würde ich sagen noch drei bis sechs Monate.“ Jack schluckte ebenfalls schwer. „Ich denke du solltest jetzt wohl nach Hause gehen. Der Chefarzt weiß schon Bescheid. Du musst nicht mehr arbeiten. Er bezahlt dir deine letzten Wochen als Urlaub. Den Rest übernimmt die Krankenkasse.“
 

Mit glasigem Blick schaute Kei zu Jack auf. „Ich verstehe…“, war alles, was er herausbekam. „Dann war´s das also.“

„Es tut mir Leid, Kei. Sollte es zu schlecht werden, kannst du jederzeit hierher kommen, aber du weißt ja, dass wir dir auch nicht viel tun können.“
 

Kei nickte langsam. Wenn er schon sterben musste, dann nicht an ein Krankenhausbett gefesselt, voller Schläuche im Körper. Jack und er sahen das nun schon seit so vielen Jahren, dass die beiden das niemals wollen würden. Er schnaubte aufgebend und vergrub dann den Kopf zwischen den Knien. Jack blieb noch eine Weile bei ihm. Sie redeten nicht mehr, aber die Tatsache dass sein bester Freund für ihn da war, gab Kei doch ein wenig Kraft.

Einige Zeit später fuhr Jack ihn nach Hause. Er hatte Kei mehrere Schmerzmittel mitgegeben, denn sie waren die einzigen, die jetzt noch etwas für ihn tun konnten. Als Kei ausstieg und sich bedankte, meinte Jack noch zum Abschied. „Wenn was ist, du kannst mich jederzeit erreichen, ok?“
 

„Ich weiß. Danke, Jack. Du bist ein wahrer Freund.“, gab Kei traurig lächelnd zurück, „Bis dann.“
 

„Bis dann.“ Damit schloss Kei die Autotür und Jack fuhr zurück zur Arbeit. Kei war immer noch schlecht, aber die Schmerzmittel taten ihren Dienst du linderten die restlichen Schmerzen.
 

Hustend erklomm er die Treppe zu seiner Wohnung. Innen brannte Licht. Eigentlich hätte er Nachtschicht gehabt, aber Jade war wohl noch wach. Er hatte die ganze Heimfahrt über fieberhaft überlegt, was er zu ihr sagen sollte, doch er war zu keinem Ergebnis gekommen. Seine blonden Haare hingen ihm ins Gesicht, was ihn nervte. Bei jedem neuen Hustenanfall fielen sie ihm nur wieder vor die Augen, aber er war die letzten Wochen über einfach nicht dazu gekommen, einen Friseur aufzusuchen.
 

Schließlich steckte er den Schlüssel ins Schloss und betrat seine Wohnung. Jade lag auf der Couch und schaute irgendeinen Film. Vor ihr auf dem Tisch stand ein Glas mit Blut, doch Kei hatte sich längst an den Anblick gewöhnt. Sofort wurde ihm klar, dass er für Jade nur Probleme verursachte, denn ab jetzt konnte er keinen Nachschub mehr besorgen. So verzweifelte er nur noch mehr.
 

Kaum war er eingetreten, blickte Jade verwundert zu ihm auf. „Kei? Was machst du denn hier?“, fragte sie besorgt und sprang sofort auf und kam zu ihm gelaufen. Er stand hilflos im Flur und versuchte den Schwall an Gedanken zu ordnen, die ihn zu verschlingen drohten und war unfähig, ihr zu antworten.

Nun noch besorgter umfasste Jade mit ihren Händen sein Gesicht und zwang ihn so, sie anzusehen.

„Kei? Was ist denn los?“, fragte sie mit mehr Nachdruck.

„Jade… Ich…“, begann er, aber kein Satz wollte ihm über die Lippen gehen. Aber zu seiner Überraschung nahm sie ihm das Problem ab.
 

„Du weißt es jetzt also?“, fragte sie stattdessen und riss Kei sofort aus seiner Gedankenblase.
 

„Du… weißt es?“, fragte er perplex zurück.
 

„Ich wusste einfach nicht, wie ich es dir sagen sollte, aber ja. Ich weiß seit Wochen, was mit dir nicht stimmt, Kei.“, gab Jade kleinlaut zu und blickte ihn mit tränennassen Augen an, „Ich hatte so gehofft, dass es nicht so kommen würde, aber dein Blut schmeckt schon lange infiziert.“
 

„Wie lange bin ich denn dann schon…?“, Kei bekam den Satz nicht zu Ende, aber jetzt wurde ihm auch klar, dass Jade es gewusst haben musste. Er hatte ihr oft genug erlaubt, sein Blut zu trinken.

„Mindestens die zwei Jahre, seit dem ersten Mal seit ich dein Blut trinken durfte. Aber ich schätze, dass es noch länger so ist.“, gab sie traurig zurück.
 

Damit hatte Kei nicht gerechnet. Letztlich hatte er also sein Todesurteil schon seit Jahren mit sich herumgeschleppt und diese dämliche Erkältung hatte nur den Startschuss gegeben.

„Bitte sei mir nicht sauer, aber ich wusste wirklich nicht, wie ich es dir hätte sagen sollen. Als mir klar wurde, dass du kein Exile werden würdest, habe ich einfach nur gehofft, dass du vielleicht immun bist, aber ich habe mich wohl getäuscht.“

„Ich bin nicht sauer. Wirklich nicht.“, gab er sofort zurück und das meinte er todernst. Letztlich war er sogar froh, dass sie es für sich behalten hatte, sonst hätte er sich doch schon viel früher den Kopf darüber zerbrechen müssen und wäre tagtäglich nur mit der Angst geplagt gewesen, wann es denn endlich soweit sei. Nein, er war eigentlich ganz froh, dass sie ihn im Unwissen gelassen hatte.
 

Jade schien erleichtert, doch das änderte nichts an der Lage in der sie sich nun befanden. Beide wussten, dass es von nun an nur noch schlimmer werden würde. „Komm, setz dich erst mal.“, meinte Jade schließlich und begleitete Kei ins Wohnzimmer. Sie kuschelte sich an seine Seite und versuchte ihm irgendwie Trost zu spenden. „Wir schaffen das schon.“, schluchzte sie fast schon, obwohl sie doch zuversichtlich klingen wollte.



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Von:  BlackSpark
2017-10-24T05:55:18+00:00 24.10.2017 07:55
Awww, kein so guter Start für Kei's Geschichte. Aber so ist das Schicksal nun mal, es trifft immer diejenigen die es nicht verdient haben so zu leiden... Naja, wir wissen ja alle das er nicht sterben wird. Aber für Jade und das Baby hab ich ein ganz schlechtes Gefühl. *Aaaaahhhh, warum? So unfair! DX*


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