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Yajuu 3

-battles against insanity-
von

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Selbstmordkommando

Was Yara und Seth dazu bewogen hatte, ausgerechnet persönlich zu Luca zu gehen, wussten sie wahrscheinlich selbst nicht so genau. Fakt war jedoch, dass sie der Meinung waren, sie hätten bisher zu viel untätig zugesehen. Ständig hatten sie zwar mitbekommen, dass um sie herum Dinge passierten, die sie nicht guthießen, doch meistens waren die beiden so sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie Vieles mehr oder weniger einfach an sich hatten vorbeiziehen lassen. Heute bereuten sie vieles davon. Sie bereuten, dass sie nicht nach Lua gesucht hatten oder zumindest irgendwie dabei geholfen hatten, sie bereuten, dass sie Tiara so vernachlässigt hatten und sie bereuten, dass sie Kyria und Tiara allein damit gelassen hatten, sich um Lucas seltsamen Wandel zu kümmern.
 

Doch dann war es zu spät gewesen. Luca verschwand aus ihrem Leben und gründete diese Gang, wurde deren Boss und tat seitdem alles, um sich Feinde zu machen. Obwohl die beiden zumindest teilweise nachvollziehen konnten, warum Luca so abrutschen konnte, war dieses Maß auch für die Zwillinge nicht mehr im Geringsten nachvollziehbar.

Und so hatten sie schließlich einen wohlmöglich tödlichen Entschluss gefasst. Sie wollten Luca zu Rede stellen, wollten die Gründe erfahren, warum er so geworden war und was eigentlich seine Ziele waren. Ihnen war bewusst, dass dies naiv und unvorsichtig von ihnen war, dass sie große Gefahr liefen, zu sterben und dennoch gingen sie das Risiko ein. Denn sie hatten nun lange genug nur zugesehen.
 

Das Ghetto zu erreichen, war nicht schwer gewesen. Es war auch nur eine Frage von Minuten gewesen, bis sie Jemandem dort aufgefallen waren. Menschen waren dort ohnehin eine wahre Seltenheit. Die Zwillinge waren einem Exile begegnet, der sie äußerst skeptisch angeblickt hatte, fast schon ungläubig über so viel Dummheit. Wenigstens schien er halbwegs vernünftig zu sein, denn er griff die Zwillinge nicht einfach sofort an. Allerdings waren die beiden nicht so naiv zu glauben, dass ihn das weniger gefährlich machte. Tatsächlich ahnten sie, dass vor ihnen ein besonders gefährlicher Gegner stand. Dennoch fragte ihr Gegenüber relativ höflich: „Was wollt ihr denn hier?“
 

Der Mann mit den blaugrünen Haaren und den roten Kontaktlinsen kam den beiden bekannt vor. Schließlich fiel Yara ein, wer da vor ihnen stand.
 

„Du bist doch Nokogiri, oder? Die rechte Hand von Luca. Dann kannst du uns ja sicher zu ihm bringen.“, meinte Yara nun gespielt burschikos.

Kei stockte. „Ihr wollt zum Boss? Wieso das denn?“
 

„Wir müssen mit ihm reden.“, gab nun Seth ebenso wie sein Bruder zurück.

„Ich hoffe euch ist klar, dass ihr das nicht überleben werdet.“, meinte Kei ohne die Dinge schön zu reden, „Seid ihr nicht die Schützlinge von Kyria? Die Zwillinge?“
 

„Oha, du hast von uns gehört?“, kam es sichtlich verwundert zurück.
 

„Natürlich. So wie ihr viele Leute hier kennt und eure Nachforschungen anstellt, haben wir das genauso, Mensch. Aber gut, mir soll es egal sein, dass ihr auf ein Selbstmordkommando gehen wollt. Ich bringe euch zu Luca. Folgt mir.“ Kei konnte nicht fassen, wie dumm diese beiden doch waren. Er konnte sie ja schlecht wieder wegschicken. Jeder Mensch, der sich hierher wagte, war dem Tode sicher. Noch während Kei die beiden also zum Hauptquartier brachte, arbeitete sein Gehirn auf Hochtouren. Er wusste ganz genau, wer die beiden da waren. Tiara hatte immerhin schon oft genug von ihnen erzählt. Nur wenn er sie jetzt rettete, dann würde seine Tarnung auffliegen.
 

Verdammt.
 

Letztlich erreichten sie das Hauptquartier nur wenig später. All die Exile und Yajuu, die ihnen auf dem Weg begegneten, starrten die beiden schon hungrig an und wäre Kei nicht ihre Eskorte gewesen, hätten sie es wahrscheinlich nicht mal lebend zu Luca geschafft. Doch da Kei von allen hier respektiert, besser gesagt gefürchtet, wurde, wagten sie es nicht, die Menschen anzugreifen. Das war auch gut so, denn er wäre wenig erfreut über solch einen Versuch gewesen und vermutlich wäre das auch schmerzhaft und tödlich für denjenigen ausgegangen, der es gewagt hätte.

Luca saß auf seinem üblichen Platz, denn hier alle immer nur den Thron nannten und hob verwundert die Augenbrauen, als er seine Gäste erkannte.
 

„Was hast du mir denn da mitgebracht?“, fragte Luca seine rechte Hand mit einer Mischung aus Verwunderung und Belustigung.
 

„Hab die beiden am Rande des Reviers aufgegabelt. Sie wollen scheinbar zu dir.“, gab Kei schlicht zurück. Nach außen wirkte er so ruhig und unbeeindruckt, wie immer, aber innerlich versuchte er noch immer einen Ausweg für die beiden zu finden. Kei wollte Tiara bei ihrem nächsten Treffen nicht beichten müssen, dass ihre Brüder vor seinen Augen gestorben waren.
 

„Oha.“, lachte Luca nun amüsiert auf und erhob sich. Yara und Seth standen vor ihm und beäugten ihn kritisch. „Was bitte könntet ihr von mir wollen, Yara und Seth?“
 

Dieses Mal sprach Seth zuerst. „Wir wollen mit dir reden, Luca.“
 

„Mit mir reden?“, wiederholte Luca ungläubig, „Und worüber?“
 

„Wir wollen Antworten.“, meinte nun Yara, „Antworten, warum du das hier alles tust und wieso du uns verlassen hast. Du warst doch sonst nicht so… Was ist mit dir passiert, dass du dich so verändern konntest?“

Einen Moment schwieg Luca und Kei fürchtete schon, dass er die Zwillinge im nächsten Atemzug einfach töten würde, aber zum Glück geschah das nicht.
 

„Ich bin euch keinerlei Antworten schuldig.“, meinte er stattdessen schlicht.
 

„Oh doch!“, protestierte Yara etwas zu laut, wie Kei fand.
 

Sofort wirkte Luca verärgert. „Ihr hättet lieber bei Kyria bleiben sollen, dann hättet ihr wenigstens noch ein paar Wochen länger leben können. Immerhin war ich ja damals nett genug, euch zu verlassen, bevor ich mit all dem hier angefangen habe. Ich hätte euch ja auch von Anfang an, da mit hinein ziehen können.“
 

„Ja aber warum?“, gab Seth mit einem Anflug von Enttäuschung zurück.
 

„Warum?“, wiederholte Luca gespielt nachdenklich, „Ganz einfach! Ich war es leid. Ständig war ich der Spielball für alle um mich herum. Das war in meiner Kindheit so, dass war bei Lua so und auch danach, als ich mich allein um euch kümmern musste. Habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie viele schlaflose Nächte ich wegen euch hatte? Wie oft ich mein gesamtes Leben verflucht habe, weil ich ständig vor einem Abgrund stand? Es sollte euch nicht überraschen, zu erfahren, dass ich ja auch nur wegen Lua überhaupt erst zur Chimäre geworden bin. Aber hey! Sie war ja sowieso eine Meisterin darin, mich auszunutzen. Ihr kommt also nur an zweiter Stelle.“
 

Kei beobachtete Luca aufmerksam, während dieser seine Hassrede schwang. Auch wenn Luca es nie zugeben würde, man sah ihm an, wie viel Schmerz ihn noch immer plagte, wenn er an seine Vergangenheit dachte. Meistens ertränkte er diese Gedanken nur in anderen Dingen. Letztlich tat Luca ihm sogar ein bisschen Leid, was trotzdem nicht rechtfertigte, was er jetzt gerade abzog.
 

Die Zwillinge hingegen sahen regelrecht verletzt aus, als sie all die Vorwürfe von jener Person hörte, die sie als großen Bruder betrachteten.
 

„Ist das wirklich deine Meinung? Glaub du wirklich, dass wir dich immer nur ausnutzen wollten?“, fragte Seth gekränkt, woraufhin Luca verärgert schnaubte.

„Ob ihr das nun wolltet oder nicht, spielt keine Rolle. Fakt ist jedenfalls, dass ich damit fertig bin, mich um andere zu kümmern. Ich verfolge jetzt nur noch meine eigenen Ziele und nehme ganz sicher auf niemanden mehr Rücksicht.“

„Ja, das sieht man.“, erwiderte Yara etwas biestig, „Was sind deine Ziele überhaupt? Du wirkst einfach nur wie ein Irrer, der alles und jeden zu vernichten versucht.“
 

Einen Moment war es totenstill. Kei sah, wie Lucas Augen für einen Moment aufglühten, sich dann aber wieder beruhigten. Versuchte sich Luca tatsächlich zu beherrschen?

„Denkt, was ihr wollt. Es ist mir egal, Menschen.“ Da war es wieder, die Eiseskälte, die Luca immer dann umfing, wenn er wieder jegliche Vernunft zu vergraben schien. „War das nun alles?“, fragte er schließlich kaltblütig, „Ihr fangt nämlich an, mich zu langweilen.“
 

Die Zwillinge tauschten schnell einige Blicke aus, die nur Geschwister zu deuten wussten. Kei fand die beiden Menschen zwar nach wie vor irgendwie dumm, dennoch bewunderte er ihren Mut. Für Menschen waren sie wirklich interessant und wenn Kei eines mochte, dann interessante Menschen. Wenn man schon so lange lebte wie er, wo vieles schnell langweilig wurde, war das eine willkommene Abwechslung. Allgemein war ja diese gesamte Familie einfach nur interessant. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb er sich in Tiara verliebt hatte. Doch nun wurde es allmählich brenzlig. Luca verlor die Geduld mit den Beiden und Kei ahnte, was danach folgen würde. Denn eines war klar, einfach hier herausspazieren und ihrer Wege gehen, würden die Beiden nicht.

„Eine Sache noch.“ Yara und Seth blickten beide entschlossen zu Luca und zeigten für diesen einen Moment nicht einen Hauch von Angst. „Denkst du eigentlich manchmal darüber nach, was Lua oder Pik von all dem hier halten würden?“

Oh nein. Sie hatten es getan. Wenn es eine Sache auf der Welt gab, die man in seiner Gegenwart nicht ansprechen sollte, dann war es Lua. Genauso schlecht war er jedoch auch auf Pik zu sprechen, den einzigen richtigen Freund, den Luca je gehabt hatte und der nun schon seit so langer Zeit gestorben war. Es ging für niemanden gut aus, der Luca an einen von den beiden erinnerte.
 

Sofort kühlte sich die Luft im Raum um mehrere Grade ab und obwohl sie drinnen waren, begann es leicht zu stürmen. Das entging auch den Zwillingen nicht, doch ihre Entschlossenheit blieb.
 

„Wagt es nicht.“, zischte Luca nun mit hell glühenden Augen, „Einen dieser Namen je wieder in den Mund zu nehmen! Pik ist tot und Lua ist abgehauen. Für beide gibt es keinen Platz mehr in meinem Leben. Habt ihr das verstanden?!“ Obwohl nun keiner mehr etwas sagte, sank die Temperatur immer weiter. Kei wusste schon lange, dass Luca sich von seinem besten Freund und seiner Partnerin betrogen fühlte. Klar, Pik war gestorben und hatte Luca deswegen erst einmal nicht absichtlich im Stich gelassen, aber da Pik aus freien Stücken die anderen Informanten herausgefordert hatte, war das für Luca gleichbedeutend, wie sein Leben wegzuwerfen. Noch heute warf er daher seinem besten Freund vor, dass dieser ihn nicht vorgewarnt hatte. Luca hätte ihm dann früher helfen können und hätte damit verhindert, dass Pik die letzte Spritze hatte nehmen müssen, was wiederrum seinen Tod verhindert hätte. Zumindest redete sich Luca das so ein. Ob die Dinge anders ausgegangen wären, wenn Pik ihn vorgewarnt hätte, war fraglich. Kei zweifelte stark daran, dass das etwas geändert hätte. Sicher, er kannte nur die Erzählungen, aber ihm war immer gewesen, als sei Piks Ende unvermeidbar gewesen.
 

Und dann war da natürlich noch das Verschwinden von Lua. Jene Lua, von der Kei schon so viel gehört hatte, dass er glaubte, sie schon fast persönlich zu kennen. Auch wenn er vorwiegend, die negativen Ansichten von Luca über sie kannte, hatte er aber auch von Tiara über die Zeit sehr viel Gutes gehört. Mittlerweile war Kei sich deswegen relativ sicher, dass Lua keineswegs aus egoistischen Gründen verschwunden war. Klar konnte er sich das mit ihr auch nicht recht erklären, aber sein Innerstes sagte ihm einfach, dass da weit mehr dahinter steckte, als einfach nur eine Frau, die aus purem Egoismus die Koffer packt und spurlos verschwindet.
 

Aber darüber konnte sich Kei nun keine Gedanken mehr machen, denn jetzt wurde es kritisch für die beiden Menschen.

„Und? Habt ihr noch irgendwelchen letzten Worte?“, fragte Luca ohne mit der Wimper zu zucken, „Ihr dachtet ja hoffentlich nicht, dass ihr hier hereinspazieren könnt und dann frisch und munter auch wieder herausspaziert? Für euch gelten dieselben Regeln, wie für alle Menschen hier. Entweder ihr werdet Futter, Arbeiter oder sterbt sofort. Da ich aber keine Lust habe, euch jeden Tag sehen zu müssen, trifft bei euch Version drei ein.“
 

Yara und Seth wirkten erstaunlich ruhig für Menschen, die gerade im Begriff waren, zu sterben. Offenbar hatten sie damit schon gerechnet, als sie eingetreten waren.
 

„Du machst uns keine Angst, Luca.“, meinte Seth erstaunlich gelassen. Trotzdem spürte Kei deutlich die steigende Herzfrequenz der beiden. Ganz kalt ließ sie das dann doch nicht, was logisch war.

„Oh die solltet ihr aber haben.“, zischte Luca bösartig zurück und ließ seine Fangzähne aufblitzen. Nun setzte er sich ganz langsam in Bewegung und kam immer näher auf seine Opfer zu. Luca und Seth wollten wohl instinktiv zurückweichen, aber da dort immer noch Kei stand, war dies unmöglich. Langsam wurde es eng. Wenn das so weiter ging, musste Kei gleich einschreiten, was er eigentlich vermeiden wollte. Warum konnten es nicht irgendwelche anderen Menschen sein? Die hätten ihm egal sein können.
 

Luca machte sich zum Angriff bereit. Seine Hand war bereits zur Klaue geworden, bereit jeden Moment zuzustoßen, als der Raum plötzlich von dichtem Nebel geflutet wurde. Kei wusste sofort, was Sache war, doch Luca stutzte verwirrt.

„Was zum?“, fragte er verärgert über diese Störung.
 

Aus dem Nebel erkannte Kei gerade noch eine vage Gestalt, dann wich er im letzten Moment zurück und entkam so dem Angriff. Auch Luca wich einem Angriff aus dem Nebel aus, der sehr stark an Seraphis erinnerte. Der Nebel schien zu leben, veränderte ständig seine Form, war aber in der Lage auch tödlich zu werden. Das bewiesen die zwei langen Klingen gerade eindrucksvoll, die noch immer umherwirbelten und somit ihre Gegner auf Abstand hielten. Nun lichtete sich der Nebel ein ganzes Stück, sodass zum Vorschein kam, wer sich dahinter befand. Es war nicht Seraphis, sondern stattdessen ein Exile in Gestalt eines weißen Fuchses, dessen Beine goldenes Fell hatten. Auch im Gesicht des Exile befand sich ein filigranes Muster aus diesem Fell. Die Augen leuchteten hingegen in einem blutigem Rot. Obwohl dies eindeutig ein Exile war, hatte er durchaus Gemeinsamkeiten zu den Chimären, bemerkte Luca. Nirgendwo war an dem Exile eine Klinge zu finden, dafür war jedoch der Schweif erstaunlich, denn dieser schien nicht nur die Quelle des geheimnisvollen Nebels zu sein, er bestand offenbar auch selbst daraus. Es war wirklich dasselbe Prinzip wie bei Seraphis Haaren, die zum Nebel wurden und Luca fragte sich kurz, ob die beiden irgendwie im Zusammenhang standen.
 

Kei hingegen wusste die Antwort auf diese Frage, auch wenn er sie Luca nicht verraten würde. Der Exile vor ihnen, besser gesagt Listenplatz Nummer 13, war für mehrere Jahrzehnte in einem Forschungslabor gewesen. Er hatte dort nahezu freiwillig an sich experimentieren lassen, was einzig und allein an der Frau lag, die dort gefangen war.
 

Seraphis.
 

Er hatte sich in sie verliebt und war für sie geblieben, nachdem er gefangen genommen worden war. Die Experimente, die auf Grundlage von Seraphis Macht an ihm durchgeführt wurden, hatten ihn letztlich so verändert, dass seine Macht nun ähnlich funktionierte. Er war nicht so mächtig, wie das Original, aber dennoch sollte man ihn nicht unterschätzen. Dass wusste Kei nur zu genau.

Wenn Vale hier war, dann konnten die andere beiden ja auch nicht weit sein, stellte Kei für sich fest. Das beruhigte ihn, denn so konnten die Zwillinge gerettet werden, ohne dass er seine Tarnung verlor. Er musste lediglich ein bisschen gegen die Angreifer kämpfen, aber das würden die schon überleben. Besonders da er ja sehr gut mit Vales Kräften umzugehen wusste.
 

„Wer bist du?“, fragte Luca verärgert, jedoch nicht mehr überrascht. „Bist du etwa wegen der Menschen hier? Hat dich Kyria geschickt?“
 

Vale beäugte Luca, den er nun zum ersten Mal in seinem Leben persönlich sah, eingehend. Nun konnte er nur noch weniger verstehen, warum Kei für ihn arbeitete.

„Mein Name ist Valentin.“, stellte er sich nun formell vor, „Ich belege momentan Listenplatz 13, vielleicht sagt dir das ja mehr.“
 

Luca war tatsächlich überrascht. „Oha. Und wie kommt es, dass so ein hoher Listenplatz sich hierher verirrt?“

„Sagtest du doch bereits. Wegen der Menschen.“, erklärte Vale regelrecht gelangweilt, während der Nebel weiterhin umherwallte. Die Zwillinge wirkten mit all dem etwas überfordert und wechselten nun ständig die Blicke zwischen Luca und ihrem vermeintlichen Retter.
 

„Listenplatz hin oder her, du glaubst doch nicht im ernst, dass ich das zulasse?“, grollte Luca aufgebracht. „Diese Menschen sind in meinem Revier und gehören demnach mir. Verschwinde wieder von hier oder ich zögere nicht, auch dich töten zu lassen.“ Kei ahnte schon, dass das seine Aufgabe werden würde und verdrehte innerlich genervt die Augen. Seine Lust gegen einen alten Freund, wenn nicht sogar dem besten Freund, zu kämpfen, hielt sich doch in starken Grenzen.
 

Doch Vale lachte nur amüsiert auf, wobei der Nebel für einen Moment noch dichter wurde. „Das will ich gern sehen.“, meinte er noch immer lachend und dann schnappte er sich mittels des Nebels die Zwillinge. Sofort griff Luca an. Mehrere Duzend Eiszapfen prasselten auf den Eindringling nieder, doch als sich der Rauch verzog, war nur noch eine kleine Nebelwolke da. Vale stand stattdessen einige Meter hinter Luca und beobachtete ihn. Luca zögerte jedoch nicht lang und jagte eine Windböe hinterher, die so schnell war, dass sie Stahl mühelos schneiden konnte. Damit gelang es ihm spielend, den Nebel zu durchtrennen, aber Vale erwischte er so nicht. Im ersten Moment wirkte es zwar, als hätte Luca ihn in der Mitte geteilt, aber stattdessen war Vale an diesen Stellen zu Nebel geworden, der sich nun wieder zusammensetzte, als wäre nichts gewesen. Zugegeben, Vale war nicht unverwundbar. Diese Nebelsache funktionierte nur, wenn er schnell genug war, aber bei Luca reichte seine Reaktionszeit noch. Kei war für ihn da schon schwerer zu händeln. Zum Glück hielt dieser sich bis jetzt noch aus dem Kampfgeschehen heraus.
 

„Warum hilfst du uns?“, fragte nun einer der Zwillinge, als Vale sie wieder zu Boden ließ.
 

„Weil es Leute gibt, die euch gerne lebend zurück hätten.“, gab Vale kurz angebunden zurück, denn da kam wieder Luca und setzte zum direkten Angriff an. Die Hände zu Klauen verwandelt, griff er frontal an, wobei Vale nicht die Klingen an den dünnen Drähten entgingen, die Luca plötzlich aus den Ärmeln schnellen ließ. Diese waren so schnell und präzise gesteuert, dass Vale wirklich seine ganze Aufmerksamkeit benötigte, um nicht getroffen zu werden. Warum er so vorsichtig war? Nun, er konnte das Chimärengift an den Klingen deutlich riechen und da er, anders als Pik oder Lua, dagegen nicht immun war, wollte er nicht unbedingt davon erwischt werden.

Vale seufzte nun etwas genervt aus und begann zu kontern. So umkreisten sich Luca und er wie hungrige Haie, die sich ständig attackierten.
 

„Brauchst wohl doch Hilfe.“, ertönte es nun in Vales Kopf. Etwas belustigt hörte er Pik, der das ganze seit Beginn beobachtete. Da er sich mal wieder in den Stromleitungen befand, hatte ihn noch niemand bemerkt. Eigentlich sollte Vale die Zwillinge ja schnell hier heraus schaffen, aber da Luca wirklich besser war, als gedacht, musste eine Planänderung her.

„Mir wäre schon geholfen.“, meinte Vale nun genervt, „Wenn die Menschen aus meiner Schussbahn wären.“ Durch sie konnte er schließlich nicht uneingeschränkt kämpfen, was Luca natürlich gnadenlos ausnutzte.

„Ist ja gut.“, gab Pik nun seufzend zurück, „Ich lenk die beiden ab, damit du mit den Menschen verschwinden kannst. Lua wäre ja auch noch da.“
 

Doch aus dem Plan wurde nichts. Sekunden später wurde die Stromleitung durch ein kreisrundes Sägeblatt regelrecht zerfetzt. Kei hatte Pik offenbar doch bemerkt. „Ah, wusste doch, dass mir die Aura bekannt vorkam.“, stellte Kei unbeeindruckt fest, während Pik unweit von den Kämpfenden landete. Er hatte ihn nicht einfach ignorieren können, denn hätte jemand anderes die Aura der Chimäre gemerkt, ohne das Kei reagiert, hätte das ein schlechtes Licht auf ihn geworfen. Immerhin wäre es sehr unglaubwürdig gewesen, wenn Kei so getan hätte, als hätte er das nicht spüren können.
 

Als Luca den zweiten Eindringling bemerkte, wirkte er noch schlechter gelaunt. „Was ist denn heute hier nur los? Wer ist das jetzt schon wieder?! Kei, kümmere dich um ihn!“
 

„Ja Boss.“, rief dieser gelangweilt zurück.
 

Zum Glück erkannte Luca Pik nicht und dass konnte seiner Meinung nach auch so bleiben. Trotzdem sah sich Pik nun einem überaus mächtigem Gegner gegenüber. Obwohl Kei irgendwie nur halbherzig zu kämpfen schien, war das mehr als genug, um Pik beschäftigt zu halten. Zugegeben, auch Pik hielt sich zurück, da er nicht auffliegen wollte, trotzdem forderte ihn der Kampf mit Kei sehr.
 

„Jungs, beeilt euch. Die Leute hier haben mitbekommen, was hier abgeht. Ihr bekommt gleich Besuch.“, ertönte nun die Warnung von Lua, die über ihre Spiegel das Gelände im Blick behielt, während sie selbst in ihrer Spiegelwelt wartete.

„Na großartig.“, schnaufte Vale, während er den nächsten Eisklingen auswich. Obwohl er wirklich wendig und schnell war, kamen diese Klingen aus so vielen Richtungen gleichzeitig, dass es schwer war, allen auszuweichen ohne dabei die Menschen in Mitleidenschaft zu ziehen.

Auch Pik war gerade damit beschäftigt den schlangenschwertartigen Klingen von Kei auszuweichen. Immer wieder versuchte er Kei zu schocken, er kam aber nie genug an ihn heran und die Klingen selbst trennte Kei immer sofort von sich ab, wenn Pik sie zu berühren versuchte. So erreichte der Strom Kei nicht, nur weiter als das konnte Pik im Moment nicht gehen. Natürlich konnte er noch ganz andere Stromstärken ausfahren, aber dann gerieten die Menschen in ernsthafte Gefahr, was Pik nicht zulassen konnte.
 


 

So hatten also sowohl Vale, als auch Pik ihre Probleme, sodass ich mich gezwungen sah, einzugreifen. Aus einer nahegelegen spiegelnden Fläche verließ ich meine Welt und mischte mich ins Kampfgeschehen. Noch unbemerkt von Luca, nutzte ich mein Quecksilber um ihn zu fesseln. Kaum bemerkte er das, grollte er vor Zorn. Mir tat es in der Seele weh, ihn so jähzornig zu sehen. Lange hatte ich Angst gehabt, Luca wiederzusehen und auch wenn er nicht wusste, dass ich vor ihm stand, tat es nicht minder weh. Er hatte sich so stark verändert, dass ich ihn kaum wiedererkannte. Sicherlich sah sein Äußeres noch fast so aus wie früher, nur innerlich schien er eine komplett andere Person zu sein. Ich liebte ihn ja wirklich sehr, aber es war schwer für mich zu glauben, dass das wirklich die Person war, an die ich einst mein Herz verloren hatte.
 

Was mein Verschwinden und offenbar auch Piks Ableben mit ihm angestellt hatten, war katastrophal und ließ sich mein Herz schmerzhaft zusammenziehen. Doch nun war wahrlich keine Zeit, dem nachzutrauern. Jetzt musste ich erst einmal Yara und Seth hier heraus bekommen. Dafür musste ich Vale genug Zeit verschaffen, denn er war am besten dafür geeignet, die beiden hier heraus zu schaffen. Pik konnte von uns allen zwar am schnellsten Reisen, da aber nur er zu Strom werden konnte, konnte er niemanden mitnehmen.
 

Tja und ich konnte zwar theoretisch jeden, also auch Menschen, in meine Welt mitnehmen, doch tat ich das nicht gern. Menschen vertrugen die Spiegelwelt nur sehr schlecht. Irgendwas an ihrer Macht schadete den Menschen sehr, selbst bei kurzen Aufenthalten, sodass ich dies auch nicht als Option in Betracht zog.

Blieb also nur noch Vale. Luca ließ unterdessen mein Silber gefrieren. Es wurde brüchig und hielt ihm nicht mehr lange stand. Es diente ja ohnehin nur zur Ablenkung. Allgemein war diese Eisfähigkeit von Luca aber eher hinderlich. Ich spürte, wie die Kälte um mich herum zunahm und Sekunden später brauste eine Salve von Eiszapfen auf mich herab, denen ich aber mit meinem Silber Einhalt gebot.

Im nächsten Moment kam ein gewaltiger Sturm auf, mit dem Niemand gerechnet hatte. Vale krallte sich in den Boden, ich wich aus, aber die Zwillinge wurden gegen eine nahegelegen Wand geschleudert, woraufhin sie das Bewusstsein verloren. Doch ich bekam nicht einmal die Zeit, mir Sorgen zu machen, denn im nächsten Moment griff mich eine gewaltige, schwarze Chimäre an. Lucas eiskalter Blick brannte vor Mordgier und Hass, was mich zutiefst erschreckte. Scheinbar hatte er nun echt genug, von all den Eindringlingen in seinem Revier. Im letzten Moment sprang ich aus dem Radius seiner tödlichen Klauen heraus, als ich ihn schon wieder hinter mir spürte. Durch seine Affinität zur Luft war er wahnsinnig schnell. Ich kam kaum hinterher. Trotzdem wehrte ich den Angriff mit meinem Silber noch im letzten Moment ab und landete etwas unsanft auf dem Boden.
 

Noch im selben Moment stürmten mehrere Exile den Raum. Der Kampf war hier keinem entgangen und sofort mischten sich die Neuankömmlinge ins Kampfgeschehene ein. Schon sehr bald herrschte ein riesiges Chaos im Raum. Vale, Pik und ich kämpften mit so vielen Gegnern gleichzeitig, dass man nie wusste, wem man eigentlich gerade gegenüber stand. So konnte das nicht weitergehen. Die Zwillinge, immer noch bewusstlos, waren all dem hier schutzlos ausgeliefert.

„Neuer Plan.“, sandte ich meinen Begleitern telepathisch zu, „Vale, glaubst du, du kannst mir etwas Zeit verschaffen? Dann bringe ich die beiden hier heraus.“
 

„Klar schaff ich das.“, meinte dieser enthusiastisch, „Ist mir sogar ganz recht. Kann mit den beiden hier, sowieso nur sehr eingeschränkt kämpfen.“
 

„Ok.“, gab ich nickend zurück, „Und Pik? Kannst du Kei davon abhalten, mir zu folgen, falls er das vor hat? Mit den kleinen Fischen komme ich auch mit den Zwillingen ohne Probleme klar, aber mit ihm wird es problematischer.“

„Mach ich.“, kam es knapp zurück. Ein Blick genügte, um zu sehen, dass Kei ihm ordentlich einheizte. Dabei verwendete er nach wie vor nicht mehr, als die zwei Klingen mit den Sägeblättern an deren Enden. Er war schon ein beeindruckender Exile, musste ich gestehen, was für uns eher schlecht war.
 

„Dann ist das ja geklärt.“, meinte ich nun, „Dann brauche ich nur noch ein kleines Ablenkungsmanöver. Würdest du bitte, Vale?“
 

„Mit Vergnügen.“, lachte dieser vorfreudig, wie ein kleines Kind. Sekunden später landete er in der Mitte des Raumes, wo sich auch gerade Luca befand. Vale griff ihn mit ausgefahrenen Krallen an, aber der direkte Angriff war nur eine Finte gewesen. Stattdessen tauchte Vale nun den gesamten Raum in einen so dicken Nebel, dass man die Hand vor Augen nicht mehr sehen konnte. Für den Moment ging unser Plan auf. Alle stockten für einen Moment, selbst Luca, was mir genug Zeit verschaffte, mir die Zwillinge zu schnappen. Da ich mir gemerkt hatte, wo sie sich befanden, brauchte ich nicht zu sehen, um sie zu finden. Zielsicher schnappte ich mir die beiden und war, noch bevor der Nebel aus dem Raum verschwunden war, mit den Zwillingen aus dem Hauptquartier geflohen.
 

Nur einen Moment später hörte ich ein so erbostes Brüllen einer Chimäre, dass ich wusste, dies würde noch ein Nachspiel haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BlackSpark
2017-06-01T05:33:21+00:00 01.06.2017 07:33
Unmöglich in Worte zu fassen. Einfach nur geil *.*
Schon etwas naiv von den Zwillingen, aber ich kann sie verstehen.
Antwort von:  Avyr
01.06.2017 13:26
Ja ein Kapitel dieser Art hatte ich schon fast von Anfang an geplant, freut mich, dass es gefällt :D
Antwort von:  BlackSpark
01.06.2017 17:31
Freut mich, das es dich freut ;D


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