Philandering von Susuri ================================================================================ Prolog: -------- „Nein, nein, nein! Zum letzten Mal: Die Zweiunddreißigstel in Takt 25 sind immer noch Triolen, wie oft muss ich das noch sagen, bis du endlich Mal spielst, was da steht?“, hörte ich ihn mich anbrüllen. Stumm biss ich die Zähne zusammen und starrte auf die Partitur – und den verdammten Takt fünfundzwanzig. „Noch ein Mal!“, forderte er mich auf. Leise seufzend legte ich wieder meine Finger auf die kalte Plastikklaviatur meines alten, klapprigen E-Pianos. Zaghaft begann ich zu spielen. „Das gibt’s doch nicht!“, rief er aufgebracht. „Schlag endlich ordentlich an, verdammt noch mal!“ Langsam begann meine äußere Souveränität zu bröckeln. „Ich wollte nicht mit dir üben, das hab ich dir doch gesagt“, murmelte ich. „Lass mich doch einfach wieder meine Kopfhörer aufsetzen und du liest weiter Zeitung und danach gehen wir in die Stadt und...“ „Ich komme doch nicht extra zu dir, damit du dann in der Ecke mit Kopfhörern sitzt und ich außer dem Klackern der Tasten nichts zu hören bekomme!“, unterbrach er mich ruppig und deutet wieder auf die Noten. „Spiel“, forderte er mich auf. Doch noch bevor ich eine Taste anschlagen konnte, hörte ich ihn wieder entnervt seufzen. „Mit so einer Körperhaltung wird das doch eh nichts.“ In diesem Moment riss mein doch recht resistenter Geduldsfaden. Wütend schlug ich auf die Tastatur. „Ordentlich genug angeschlagen?“, fauchte ich ihn an. „Oder soll ich noch mehr an meinen Triolen arbeiten?“ Einen kurzen Moment blickte er mich einfach nur irritiert an. Normalerweise konnte ich mich gut zusammen reißen, wenn er mal wieder einen seiner Wutanfälle hatte, aber ich hatte eh schon einen wirklich miesen Tag gehabt – da war die gemeinsame Probe der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Doch mein kleiner Ausbruch hatte genau das zur Folge, wie wenn man versuchte einen Fettbrand mit Wasser zu löschen: eine gewaltige Explosion. „Ich glaub’s nicht!“, brüllte er und sein Gesicht färbte sich beunruhigend rot. „Ich nehme mir die Zeit mit dir zu üben und du kommst mir so unverschämt? Wie sprichst überhaupt mit mir? Was zur Hölle ist in deiner Erziehung nur falsch gelaufen? Ich glaube“, sagte er und griff nach seiner Tasche auf der Ablage. „ich geh jetzt!“ Und damit stürmte er zur Tür. „Willst du noch etwas dazu sagen?“ Erschrocken über seine Tirade, aber genau so vor Wut brodelnd brachte ich kein Wort heraus und starrte nur wieder auf das „Nocturne“, das vor mir auf dem Notenpult stand. Er würde nicht gehen, das wäre selbst für ihn übertrieben, dachte ich. „Natürlich“, schnaubte er. „Für eine Entschuldigung ist sich die Dame natürlich zu fein!“ Und mit diesen Worten riss er die Wohnungstür auf und lief aus der Wohnung. Erst als die Tür mit einem lauten Knall wieder ins Schloss gefallen war, realisierte ich, was grade passiert war. Er war wirklich gegangen. So sehr mich seine Worte verletzt hatten, so gemein es doch gewesen war, was er gesagt hatte – ich wollte nicht, dass er ging und wütend auf mich war. „Nein...“, sagte ich leise. Doch außer meinem Klavier würde mich wohl niemand hören. „Komm wieder zurück. Bitte. Ich habe es doch nicht so gemeint... Papa. “ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)