undone von Daisuke_Andou ================================================================================ Kapitel 1: ----------- UNDONE ~Kapitel 1~ Es war die gleiche heruntergekommene Absteige wie vor fünf Jahren schon. Wie vor vier Jahren, vor drei Jahren, vor zwei Jahren und im vergangenen Jahr. Es roch noch immer stechend nach Alkohol, altem Holz und Rauch. Doch mit Traditionen sollte man nicht brechen. Daher schob Taka seinen durchgefrorenen Körper auf die ebenso kühle und nach wie vor unbequeme Sitzbank aus Holz, seine Begleitung ihm gegenüber. Der kurze Weg zur Bar hatte genügt, um die Zeugen seines Zugeständnisses wieder zu trocknen und er hatte sich größtenteils wieder gefangen. „Ein Bier und ein Wasser“, gab der Größere der beiden ihre Bestellung auf, als der ältere Herr mit Stoppelbart und verschmierter dunkelgrüner Schürze an ihren Tisch herantrat. „Machen Sie aus dem Wasser ein Glas Rotwein!“, warf Taka unter dem erstaunten Blick seines Gegenübers ein. Der Ladenbesitzer hatte verstanden und entfernte sich wieder von ihnen. „Seit wann trinkst du Alkohol?“ „Dumme Angewohnheit. Kommt mit der Zeit.“ „Mit der Zeit?“ „Mit der Zeit, die man mit seinem Vorgesetzten bei Saufgelagen verbringt…“, gab der kleine Blonde weitere Informationen Preis. „Ach so, verstehe. Früher hast du es abgelehnt.“ „Früher war auch so vieles anders. Aber die Zeiten ändern sich, die Gewohnheiten ändern sich…“ „…und einige Dinge bleiben immer gleich?“, hakte der Größere nach und ein liebevolles Lächeln umspielte seine Lippen. Das verräterische Glitzern in Takas Augen ließ ihm viel zu leicht einen Blick auf seine wohl tiefste Wunde auf seiner Seele werfen. „Du weinst nie, Kou. Wie machst du das?“, kam die fast schon vorwurfsvoll gemeinte Frage. „Oh doch! Ich weine sehr oft. Aber nur, wenn ich allein bin. Ansonsten bin ich ganz Japaner – wir zeigen unsere Gefühle nicht!“, sagte er ebenso mit diesem stetig währenden Lächeln auf den Lippen. „Du weinst nie um ihn!“, keifte Taka schon regelrecht zurück und schnaubte. Doch sofort hielt er seine Gefühle wieder im Zaum, da Ihre Gläser geräuschvoll zu ihnen geschoben wurden. „Danke…“, murmelte Taka. Sein Blick wurde von der Lampe, die sich auf der Oberfläche seines Weinglases spiegelte, eingefangen. Unter normalen Umständen hätte er das nie bemerkt, aber an Tagen wie diesen waren seine Sinne geschärft und er angreifbar, in jeder Hinsicht. Der schwere Geruch von Nostalgie und Melancholie hing in der Luft und lullte ihn zusätzlich ein. „Das verstehst du falsch, Taka. Ich vermisse ihn auch. Jeden Tag. Genau so, wie ich auch den Kontakt zu dir vermisse“, versuchte Kou das Gespräch in weniger kritische Gefilde zu lenken. Er stützte sein Kinn auf seinen gefalteten Händen auf und musterte das Gesicht des anderen. Wenn er sich nicht irrte, hatte er abgenommen. Seine Wangenknochen stachen mehr hervor als damals, Takas Mundwinkel hingen weit nach unten, seine Haut war glanzlos und seine Augen matt. Die dunklen Ringe unterstrichen das ausgezehrte Bild zusätzlich. „Du hättest anrufen können.“ „Ja, ich weiß. Ich bin ein scheiß Freund.“ „Und ein noch beschissenerer Sohn!“, fügte Taka an und nippte an seinem Glas. Sein Blick sollte Kou genug strafen. „Ja, Mann. Ich weiß. Ich ruf nie an, ich schreib keine Briefe und auch keine E-Mails.“ Das entnervte Seufzen entging wohl niemandem in der kleinen Bar. „Deine Mutter macht sich echt Sorgen um dich. Alles was sie von dir hört ist irgendwelcher Klatsch und Tratsch aus dem Fernsehen“, versuchte es der Blonde zumindest, an die Vernunft des anderen zu appellieren. „Ich bin eben schwer beschäftigt. New York, London, Los Angeles, Paris. Das hättest du auch alles haben können, Taka.” “Fang nicht schon wieder damit an! Oder ich hau dir diesmal wirklich eine in die Fresse!“, folgte die sofortige Drohung. „Mach ruhig. Mein Gesicht ist versichert!“ Unglauben lag im Blick des Kleineren. „Wenn du nicht du wärst, würde ich das für einen schlechten Scherz halten, aber…..“ „Nee, echt jetzt. Das ist mit mehreren Millionen versichert.“ Wieder folgte der musternde Blick des Kleineren. Eine Gehirnhälfte konnte diese Info rein logisch verarbeiten, die andere aber tat es weiterhin als ein Absurdum ab. Kein Mucks kam über seine Lippen. „Ich bin mal in so ne Schlägerei geraten und hatte nen Veilchen. Dadurch konnte ich einen Job nicht machen und es gab mächtig Ärger mit der Agentur. Inklusive Vertragsstrafe aus eigener Tasche. Daher hab ich sofort danach eine Versicherung gemacht. Mein Aussehen ist eben mein Kapital.“ Es herrschte weiterhin Stille und irgendwann schüttelte Taka ungläubig seinen Kopf. „Du hörst dich schon genau so an wie die reichen Snobs aus dem Fernsehen.“ „Meine Beine und mein Arsch sind auch versichert!“ „Sag das nicht so, als wäre das was Tolles!“, entfuhr es Taka und er rutschte auf der Holzbank ein Stück nach unten. Er konnte es nicht fassen über was sie sich hier gerade unterhielten. Und augenscheinlich konnte es Kou nicht fassen, dass es eben nicht wahnsinnig großartig war, Versicherungen für einzelne Körperteile für den Ernstfall zu haben. „Ich erkenn dich gar nicht wieder. Wann hast du dich bitte so verändert?“, hakte er nach. Selbst wenn er die Frage an sich selbst gerichtet hatte, nahm der großgewachsene Mann es als Aufforderung diese zu beantworten. „Ich bin immer noch der Gleiche von damals. So viel hat sich gar nicht verändert“, startete er den erbärmlichen Versuch, den Blonden vom Gegenteil zu überzeugen. „Ja, nur dass du dich nicht mehr meldest, eine Affäre nach der anderen hast, die selbstverständlich im TV weltweit breitgetratscht wird und du Versicherungen für dein Gesicht, deine Beine und deinen Allerwertesten hast. Irgendwas vergessen?... Schönheits-OPs?“, erkundigte sich Taka, folgte dabei den hot news aus den alltäglichen TV-Sendungen. „Na ja… An Lippenaufspritzen hab ich mich noch versucht. Aber ich hab die Nachbehandlungscremes nicht vertragen, direkt ne allergische Reaktion gehabt und bin dann tagelang mit Schlauchbootlippen durch die Gegend gerannt. Das sah vielleicht scheiße aus. Seitdem lass ich die Finger davon!“ „Das war ne rhetorische Frage. Aber ja… Danke für die Info.“ Wäre es möglich gewesen, wäre Taka noch weiter auf der Bank nach unten gerutscht. Das waren solche Momente, in denen er weder die Welt noch die Zeit verstand. Und er war also glücklich mit seinem scheiß kleinen Leben in dem er seine Miete zahlen konnte, sein Kühlschrank gefüllt war, der zweimonatliche Frisörbesuch ebenso gesichert war und ab und an Geld übrig blieb für etwaige Vergnügungen oder um seine Süchte in Form von Merchandise und Kosmetik sowie Klamotten zu befriedigen? Wie negativ sich die Welt doch in den letzten Jahren entwickelt hatte. Klar blieben die Unsicherheiten des Lebens allgegenwärtig, aber man musste damit zurecht kommen und nicht davor flüchten. Es gab Zeiten, die waren scheiße, er fühlte sich dann scheiße, minderwertig und was nicht noch alles und der bittere Beigeschmack der Verluste aus der Vergangenheit ging nie ganz weg, aber er wurde meist von anderen, stärkeren Eindrücken überlagert und nur in Momenten wie diesen kam er wieder zum Vorschein. Trotzdem hielt er nichts von diesen merkwürdigen Anwandlungen der sogenannten high society. Das was Kou hatte, waren first class Probleme. Nichts, mit dem er sich identifizieren konnte oder wollte. Taka legte seinen Kopf in den Nacken und bettete seinen Hinterkopf auf der Rückenlehne der Bank, die nach wie vor unbequem war. Das Ungetüm im Fleischmantel seines langjährigen Freundes ihm gegenüber war einfach nur nervtötend. „Was denn nun schon wieder?“ „Du nervst…“ „Warum?“ „Siehst du? Das merkst du gar nicht! Anscheinend hat dir das Botox oder was auch immer die spritzen dir auch noch das Hirn vernebelt. Guck dich doch mal an!“ „Taka! Werd hier mal nicht unfair! Ich weiß ganz genau, wie ich aussehe und das ist alles harte Arbeit gewesen.“ „Ja, harte Arbeit, gewürzt mit ein paar Skandälchen und kalt serviert. Ich versteh schon. Sag mir, wann es Zeit ist das Foto zu veröffentlichen auf dem du stockbesoffen in deiner eigenen Kotze liegst!“, sagte Taka zynisch, um dem anderen mal klar zu machen, dass er auch nur mit Wasser kochte. Entnervt setzte er sich auf und erkannte nun auch den missmutigen Blick des anderen, in dem aber immer noch Nachsicht lag. „Genug davon. Wir sind wegen etwas anderem hier!“, lenkte Kou ein und trank selbst einen großen Schluck von seinem Bier. Wie immer danach leckte er sich den Schaum von der Oberlippe. „Sind wir. Aber auch Akira hätte dir den Arsch aufgerissen, wenn er dich so hätte reden hören!“ Takas Lippe bebte bei der Erwähnung dieses Namens und er presste seine Lippen aufeinander, um dies zu unterbinden. Es versetzte ihm immer noch Stiche. „Wie geht deine Therapie voran?“ „Hab ich abgebrochen. Vor über einem Jahr!“, erklärte Taka kaltschnäuzig, hatte sich sofort wieder gefangen. „Aber das letzte Mal hast du doch gesagt, dass…“ „War gelogen!“, unterbrach der Blonde seine Begleitung unmittelbar. „Aber…“ Nun war es an Kou Unverständnis aufzubringen. „Es hat nicht geholfen, okay? Ich bin da drei Jahre hingegangen und habe geredet und geredet und geredet. Nichts hat sich verändert und letztendlich hat mich meine Arbeit so sehr in Beschlag genommen, dass ich die Termine verschieben musste oder ich hab sie komplett vergessen. Und irgendwann war es nicht mehr wichtig dahin zu gehen. Hatte ja sowieso nichts an der Situation geändert. Ich komm schon klar!“ „Okay, wenn du das so sagst, dann glaube ich dir.“ So ganz Wohl war Kou bei der Sache dennoch nicht. Trotzdem hatte Takas Tonfall in dieser Angelegenheit einfach keinen Widerspruch zugelassen. Wenn er es sich nicht ganz mit ihm verscherzen wollte, dann sollte er den Ball flach halten. „Wie läuft es mit der Arbeit?“, fragte Kou nach in der Hoffnung damit ein weniger sensibles Thema anzusprechen. „Viel zu tun und stressig.“ „Das heißt dann gut?“ „Ist doch gut, wenn viel zu tun ist.“ Taka zuckte mit den Schultern. „Dann ist der Arbeitsplatz gesichert.“ Er rollte mit den Augen. „Aber ehrlicherweise kotzt mich der Job an. Sie haben das Konzept geändert. Wir machen jetzt Mode für Kinder. Damit kann ich nichts anfangen. Da sind ganz andere Faktoren wichtig. Bequemlichkeit, die Stoffe müssen sich leicht reinigen lassen, praktisch für den Alltag. Sowas halt. Das liegt mir nicht. Ich habe mich auf Fashion spezialisiert, nicht aber auf alltäglich und dem Entfernen von Kakao und Breiresten.“ Taka fuhr sich durch die blonden Haare. „Kannst du nicht wechseln?“ „Schlauberger. Klar hab ich alles dran gesetzt, dass ich irgendwie da raus komme. Ist ja nur natürlich, dass man was ändert, wenn es einem nicht mehr passt. Aber das ist einfacher gesagt als getan. Gerade weil so viel zu tun ist, komm ich da nur schwerlich raus. Interviews wahrnehmen ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil ich frei bräuchte und das gibt’s aktuell nicht. Gerade jetzt hab ich auch nur Urlaub bekommen, weil der bereits seit Ewigkeiten abgenickt worden war und ich bereits den Aufstand geprobt habe, sollte sich daran etwas ändern“, gab Taka einen weitreichenden Einblick in seinen alltäglichen Wahnsinn. „Wenn ich irgendwie helfen kann, dann sag Bescheid!“, bot der andere an. „Meine Kontoverbindung hast du? Vorerst würden eine Millionen Yen genügen…“, kam prompt die trockene Antwort von Taka. Das Nicken des anderen aber wusste er nicht zu deuten. Er konnte es ernst gemeint haben oder es war einfach nur ein Reflex. „Lass stecken!“, sagte er dann jedoch. Sicher war sicher, ehe der andere sein Scheckheft noch zückte. „Ich hab bereits eine Versetzung beantragt. Ich weiß nicht, ob das dann besser wird, aber ich versuch es einfach mal. Und was ist mit dir?“, versuchte Taka das Gespräch wieder von sich wegzulenken. Er mochte es nach wie vor nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Das unterschied ihn grundlegend von seinem langjährigen Freund Kouyou Takashima, Model, Muse eines international bekannten Designers, sowie angehender Schauspieler in Hollywood und Gesicht der Beautymarken X, Y und Z. Oder wie Taka es gern betitelte angehender it-boy mit aufstrebenden Ambitionen als Skandalnudel. „Ich kann mich nicht beklagen. Hier und da ein paar Modeljobs oder Gast bei Veranstaltungen und Partys. Zuletzt hab ich einen Werbespot für Müsli in Amerika gedreht. Alles im Rahmen von Superfood. Aber ich sag dir, lass die Finger davon. Ich weiß nicht, was sich der Hersteller einbildet, aber das Zeug schmeckt wie eingeweichte Pappe.“ Kou schüttelte sich demonstrativ. „Ansonsten steht demnächst ein Filmdreh an. Das ist voll cool. Wird eine Actionproduktion. Aber is auch so ein bisschen wie ein Krimi aufgebaut. Spannung und Explosionen und haste nicht gesehen! Alles vom Feinsten! Genaueres darf ich natürlich nicht verraten. Alles top secret.“ Sprudelte es nur so aus Kou heraus und prallte an dem kleinen Blonden ab. “Was spielst du da? Eine Leiche?”, erkundigte sich Taka trotzdem. Er wollte sich schließlich kein Desinteresse vorwerfen lassen, wenn ihm schon die Sache mit den Versicherungen sowas von am Arsch vorbei ging. „Nein, nein, natürlich nicht! Also geplant sind 3 Szenen mit mir. Ich spiele einen Büroangestellten. Ich habe ne Affäre mit meiner Chefin. Natürlich die Hauptdarstellerin und ein total heißes Ding. Danach aber werd ich verfolgt und joahr… in der dritten Szene geht ne Bombe hoch und…. Uhm….“ „Du gehst drauf?“, schlussfolgerte Taka. „Hm…. Ja…..“, murmelte Kou und verzog etwas seine Lippen. „Also spielst du doch ne Leiche. Da hatte ich doch gar nicht so Unrecht!“, brachte er es auf den Punkt, nur weil er Angriffsfläche bei Mr. Perfect gewittert hatte. „Nein, ich spiele einen Büroangestellten, der benutzt und verfolgt wird….“, kam ein weiterer Versuch einer Verteidigung. Natürlich verlief auch dieser im Sand. Doch das brachte Taka zu etwas anderem. „Da du es gerade erwähnst. Irgendwie hab ich auch das Gefühl, dass ich verfolgt werde.“ „Häh?“ Taka hob aus dem Affekt beide Hände und atmete entnervt durch. Manchmal glaubte er wirklich, Kou war dumm. „Na ja“, begann er, „es ist nur so ein Gefühl, aber seit so ca. 2 Wochen habe ich das Gefühl, dass ich verfolgt werde. Es hat zu meinem Geburtstag angefangen. Du weißt ja, ich wohn in nem Hochhaus. Da geht doch immer ziemlich viel vor sich und auch Leute nachts ein und aus. Ich bin jedenfalls mit der letzten Bahn nach Hause gekommen und auf direkten Weg in mein Bett geschlurft. Weil ich so fertig war, bin ich auch sofort eingeschlafen. Aber gegen 3 Uhr bin ich aufgewacht, weil irgend so ein Spast an meiner Tür gekratzt hat. Also wie so ein Tier, dass auf sich aufmerksam machen will. Ich hab mich rumgedreht und weitergepennt, weil ich dachte, dass nichts war. Dann geh ich morgens aus der Tür raus und stolper halb über nen alten Karton, der direkt vor der Tür stand. Den hab ich natürlich weggetreten, weil ich bin ja keine Müllabfuhr!“, erklärte Taka in seiner charmanten Art. „Aber du wirst doch nicht gleich verfolgt, nur weil jemand seinen Müll vor deiner Tür ablegt.“ „Lass mich weitererzählen. Es kommt ja noch mehr.“ Kou deutete dem Kleineren an, fortzufahren. „Ich bin zur Arbeit gegangen und da hatte ich dann das Gefühl, dass mir nen Motorradfahrer bis zur Station gefolgt ist. Dort hat der dann gedreht und ist wieder losgefahren. Was auch immer. Auf Arbeit war alles normal und daher hab ich den Mist vergessen. Es gab Geschenke und O-Saft zum Anstoßen, sowie ne Torte von den Kollegen und alles war gut. Abends bin ich dann früher nach Hause. Also Geburtstagsbonus. Außerdem hatte ich abends noch was vor. Als ich zu Hause angekommen bin, lag meine komplette Post vor dem Briefkasten. Als wenn sich jemand daran bedient hätte, alles durchgeguckt und dann den Bündel auf den Boden gepfeffert hat.“ „Meinst nicht dem Postboten ist das runtergefallen oder er war so voll, dass die Klappe vorn auf gegangen ist?“ „Waagerecht kann nichts fallen. Außerdem lag ja komplett alles draußen. Werbezettel, Rechnungen, Postkarten, sogar der Geburtstagsbrief meiner Eltern.“ „Hat denn was gefehlt?“, erkundigte sich Kou. „Ja, eine Geburtstagskarte von dir, Schlaumeier!“, keifte Taka zynisch zurück und entete einen geschockten Blick. „Ich weiß nicht, ob was gefehlt hat und von deiner Reaktion leite ich einfach mal ab, dass du nie eine geschrieben hast.“ Etwas schuldbewusst sah der Größere schon aus, da er aufgrund dieser Kritik auch nicht einzuschätzen vermochte, ob es Ernst war oder doch nur wieder so dahingesagt. „Ich hab keine geschrieben. Es war stressig. Der Müslidreh, dann andauernd Termine. Da vergisst man die Zeit. Ich hatte deine Adresse ja auch gar nicht mehr. Du bist doch umgezogen und dann auch noch die Zeitverschiebung!“ „Ja, ja, ich weiß schon, warum du jetzt Schauspieler wirst. Nie um eine Lüge verlegen und dabei wirst du nicht mal rot.“ Taka drehte sich zur Seite und schlug wieder seine Umhängetasche auf. Aus dieser holte er zwei Visitenkarten und schob sie über den Tisch. „Beruflich! Privat!“, deutete er den Unterschied zwischen den beiden Kärtchen an. „Überall zu erreichen! E-Mail, telefonisch, telefonisch auf Arbeit, im Büro oder auch zu Hause, notfalls noch über Social Media und ach ja: Messenger! Weißt du, da gibt’s nun auch solche Apps, die kann man nutzen, um anderen kurze Mitteilungen oder Romane zu schicken. Aber kennst du bestimmt, wenn du dich auch mit Superfood auskennst!“, kritisierte Taka harsch die Verhaltensweisen seines langjährigen Freundes. Aber wie sagte man so schön: aus den Augen, aus dem Sinn. In der heutigen Zeit war das noch viel verbreiteter als damals. Wenn da keine eigenen Ambitionen kamen Kontakt zu halten, dann vergaß man seine sogenannten Freunde und Befürworter ganz schnell und verlor sie aus den Augen. Segen und Fluch zugleich. „Danke. Anspielung verstanden. Ich überleg mir noch was!“, versicherte Kou. „Musst du nicht. Ich will nichts. Es geht mir nur ums Prinzip! Ich hab deinen Geburtstag nie vergessen. Nie, seitdem du 5 geworden bist!“ „Tut mir wirklich aufrichtig leid!“ „Ja, ja... Ich weiß schon. Was auch immer. Zurück zu meiner Post. Die lag jedenfalls auf dem Boden rum und jeder Briefträger hätte die wohl aufgehoben und in den Briefkasten gepackt. Von daher muss da jemand dran gewesen sein – absichtlich!“ Taka nahm einen Schluck von seinem Wein, da sein Mund von dem ganzen Gerede total trocken geworden war. „Ich weiß nicht, ob irgendwas gefehlt hat. Immerhin bin ich erst von der Arbeit gekommen. Danach bin ich in meine Wohnung und vielleicht ne Stunde später hat es bei mir geklingelt. Also unten an der Tür. Ich hab geöffnet, aber niemand kam zu mir. War schon merkwürdig. Das Spielchen hat sich mehrmals wiederholt. Bestimmt so 3 Mal, dann war es mir zu blöd und ich bin gar nicht mehr rangegangen. Außerdem musste ich mich fertig machen für mein Date!“ „Dein Date?“, hakte Kou jetzt aber auch mal nach. Eines musste man ihm lassen, Taka konnte Geschichten gut ausbauen und künstlich in die Länge ziehen, ohne dass es langweilig wurde an seinen Lippen zu hängen. „Hn… Date!“ Taka wippte wissend mit seinen Augenbrauen, fuhr aber unbeirrt mit seiner Erzählung fort. „Gegen 7 fing das Spielchen mit den Klingelstreichen dann wieder an. Mann, war ich genervt. Aber dann hat mein Handy geklingelt und Kloe hat mich angerufen, warum ich nicht auf mache.“ Taka wippte mit dem Kopf in und her. „Kloe?“ „Mein Date!“ „Dachte ich mir…“ Taka mochte es nach wie vor nicht, unterbrochen zu werden. „Wir sind dann Essen gegangen. Er hat einen Tisch reserviert in nem Restaurant. War ganz cool.“ Jetzt ließ der Kleinere dem Model eine Pause für etwaige Fragen. „Reden wir jetzt noch über diese Verfolgungssache?“ „Nein! Ich reibe dir gerade unter die Nase, dass ich einen Freund habe, der mit mir zu meinem Geburtstag, den du vergessen hast, romantisch essen war und mir dann eine unvergessliche Liebesnacht bereitet hat!“ So, der hatte gesessen. Jedenfalls hoffte Taka das. Er hatte trotzig seine Arme vor der Brust verschränkte und genoss es, wie die Kinnlade von Kou auf den Tisch knallte. Ob das auch die Versicherung übernahm? „Du hast… einen Freund? Und bist schwul? So richtig?“ „Ich weiß nicht, wie man falsch schwul sein kann, aber ja, ich habe einen Freund, lebe in einer homosexuellen on-off-Beziehung und meine Eltern sind voll im Bilde.“ „Fuck! Taka! What happened?“, fiepte Kou regelrecht schon hysterisch. Der Kleinere aber hob seine Hand, um die Aufmerksamkeit des Barmanns auf sich zu ziehen, was überhaupt nicht mehr nötig war, da die Eunuchenstimme des angehenden Schauspielers eh schon die gesamte Aufmerksamkeit auf sie gezogen hatte. „Zwei Kurze bitte.“ Taka sah zu seinem Freund, dann wieder zur Bar. „Okay, machen Sie drei draus!“, entschied er sich. Diese Reaktion kannte er doch schon. Allgemeine Akzeptanz und das wunderbare Verhalten, wenn das Absurdum Einkehr in das eigene Leben fand. Taka liebte Menschen. Sie waren so schön einfältig und dumm und engstirnig. Eigentlich konnte man gut ohne sie leben. Mit ernstem Blick sah er den Schauspieler an. Er wollte nicht, dass auch nur ein Zweifel an dem, was er zu sagen hatte, entstand. „Ja, ich bin schwul. Ja, mir sind Frauen egal. Es interessiert mich nicht, wie hübsch sie oder wie groß Ihre Titten sind. Dennoch sehe ich mir Frauen auch sehr gern an. Nein, ich trage privat keine Frauenklamotten und auch keine Highheels. Ich möchte weiterhin als Mann wahrgenommen werden. Ich möchte irgendwann Kinder haben und nein, ich will dazu nicht mit einer Frau schlafen müssen. Abspritzen in einen Becher genügt. Männer sind in meinen Augen attraktiv und ästhetisch. Trotzdem spreche ich ganz normal mit allen Menschen und mache keine schwulen Bewegungen oder laufe arschwackelnd durch die Straßen. Genau so wenig kaufe ich mir einen Kerl zum ficken und ich springe auch nicht jeden hübschen Jungen an, der mir gefällt, noch übe ich irgendwelche verwerflichen Sexpraktiken aus. Ich habe kein Aids und bin vertraut mit der Anwendung von Kondomen. Homosexualität ist nicht ansteckend sondern eine Entscheidung, die man für sich trifft. Wenn du noch weitere Fragen hast, dann raus damit! Und weil du so auf Aussehen fixiert bist: es seht unglaublich dämlich aus, wie du mit offenen Mund dasitzt und mich anstarrst als sei ich ein Alien!“ Es war gut, dass der Schnaps bereits vor ihnen auf dem Tisch stand. Innerhalb von ein paar Sekunden waren die drei Gläser leer und Kou hustete aufgrund des hohen Alkoholgehalts. „Und? Ersten Schock verdaut oder brauchst du noch einen Moment?“ Natürlich war die Fürsorge zum Großteil geheuchelt. Er hatte kein Verständnis dafür, musste es aber immer wieder aufbringen. „Eh ja…. Geht schon. Also…. Du… du… bist…“ „Schwul! Homosexuell! Ich fahre auf Männer ab! Vom anderen Ufer! Nenne es wie du willst. Aber gib „ihm“ einen Namen!“ Das sollte bekanntlich ja helfen das große Unbekannte vertrauter zu machen. „Okay… ja, cool. Ich kenn da einige Designer, die…“ „Lass gut sein! ICH bin schwul. Nicht irgendein Bekannter von dir. Kein Politiker. Kein Schauspieler oder sonst wer aus dem Fernsehen. Ich bin es! Takanori, mit dem du zusammen ein Bett geteilt hast, mit dem du zusammen nackt baden warst, mit dem du aus einer Flasche getrunken hast, der Taka, der dich sturzbesoffen Heim gebracht hat und nicht wie ein wildes Tier über dich hergefallen ist, obwohl er es gekonnt hätte!!“ „Du hättest doch nicht wirklich, oder?“ „DOHOCH!!!“, zog Taka das Wort künstlich in die Länge. „Ich meine, deinen Arsch haste ja nicht umsonst versichern lassen!“ Er grinste teuflisch vor sich hin. Oh ja, dieses Wissen würde er noch sehr häufig gegen Kou verwenden. „Aber im Ernst, hast du verstanden, was ich dir damit sagen will? Nur weil ich für mich und mein Leben entschieden habe, dass ich mit einem anderen Mann zusammenleben möchte, heißt das noch lange nicht, dass sich irgendwas ändert.“ „Daher hattest du nie eine Freundin!“, kam die Erkenntnis von Kou relativ spät und Taka schlug sich die Hand vor die Stirn. Kurzzeitig hatte er seine Fassung verloren. „Doch, hatte ich sehr wohl! Aber der Sex war schlecht. Ich habe mich danach schlecht gefühlt. Das war nicht das, was ich wollte. Zuerst dachte ich, es lag an ihr, aber eigentlich lag es nur daran, dass mein Körper mit signalisieren wollte, dass er etwas anderes brauchte und wollte.“ Gerade zweifelte Taka daran, ob diese Spontanentscheidung seinem Freund von seiner sexuellen Orientierung so zwischen Tür und Angel bei einem Treffen zu erzählen, eine Gute war. Taka beobachtete, wie Kou schwer schluckte und nervös mit seinen Fingern spielte. Ob der Schock wirklich so groß war? „Mir geht es damit besser. Einiges ist komplizierter geworden, einiges viel einfacher. Aber das Wichtigste ist, dass ich mit mir selbst im Reinen bin.“ „Ich verstehe. Tut mir leid, dass…. Dass…. Meine Reaktion war doof. Aber es kam gerade so unvorbereitet und… ich habe kein Problem mit Schwulen, okay? Also versteh das nicht falsch, aber….“ „Es ist immer etwas anderes, wenn es das eigene Umfeld unmittelbar betrifft. Jap, die Leier kenne ich auch schon!“, fiel Taka seinem Gegenüber ins Wort. Der nickte ihm nur bekräftigend zu. Dennoch schien er weiterhin nervös zu sein. „Ich hatte ja ab und an schon mal das Gefühl, dass…………………“, versuchte der Größere nun wieder den Faden aufzunehmen. „Was?“ „Du und Akira!“ „Ganz dünnes Eis!“, blockte Taka das Thema sofort. „Aber… Da war doch was, oder nicht?“, ließ sich Kou jedoch nicht so schnell abwimmeln. „Selbst wenn, er ist tot!“, wurde Taka sofort wieder wütend und schnaubte. „Sorry. Das war… unüberlegt von mir.“ Verbissen starrte Kouyou die Tischplatte an, während der Alkohol seinen Körper zum Glühen brachte. „Willst du mir dann weiter von deinem Freund erzählen? Wie lange geht das schon mit euch?“, versuchte das Model nun wieder seinen langjährigen Freund zum Reden zu bewegen. Nur der Zug schien abgefahren zu sein. „Ein halbes Jahr. Die Wahrheit ist: Er spielt in einer kleinen Punkrockband oder was auch immer die für Musik machen. Ich hatte die Aufsicht bei dem Shooting, bei dem er eines der Models war. Die Firma bei der ich arbeite hat viele verschiedene Marken unter Vertrag und es gab einen Engpass. Da bin ich eingesprungen. So haben wir uns kennengelernt und ich glaube, er denkt immer noch, dass ich eine große Nummer in der Firma bin und ihn mein Kontakt weiterbringt. Wir treffen uns regelmäßig oder telefonieren. Aber die große Liebe ist es bestimmt nicht. Ich steh aber auf seinen Style und sein Schmollmund ist einfach klasse.“ Taka zuckte mit den Schultern. „Hast du nicht eben gesagt, es geht nicht nur um Sex?“ „Geht’s ja auch nicht. Wir treffen uns ja auch ab und an so. Ich mag ihn schon, nur das ist kompliziert in der Szene in der er steckt. Da lauern viele Fallen, Im Prinzip gefällt er mir ja. Wenn es länger geht, super, aber ich glaube, da muss sich in unser beider Leben noch viel tun, damit das auf lange Sicht funktionieren kann. Wenn du möchtest, stelle ich ihn dir gern mal vor!“, bot Taka an. Natürlich hatte er im Hinterkopf, dass Kou eh total beschäftigt war und sicherlich morgen früh bereits wieder im Flieger nach L.A. oder Timbuktu saß. „Klar, warum nicht. Vielleicht kann ich ihm dann helfen.“ „Und du glaubst, das wäre in meinem Sinne?“, motzte Taka auch gleich wieder los. „Nicht?“ Die Verwirrung schien dem Größeren ins Gesicht geschrieben. „Mah… Ich weiß auch nicht. Siehst du. Das ist ein Teil, der es so kompliziert macht. Wir haben was am Laufen, aber er steht so ziemlich jede Woche auf der Bühne in irgendwelchen Clubs. Nicht nur hier in der Stadt. Sie touren richtig. Andauernd wird er von irgendwelchen Weibern angehimmelt. Wenn wir uns länger nicht mehr gesehen haben, muss ich ihn erstmal wieder auf den Boden der Tatsachen holen. Meistens quatscht er dann stundenlang, was er für Geschenke zugesteckt bekommen hat und wie sie ihn mit Komplimenten überhäufen. Schein und Sein. Wenn er berühmter wird, will er mich sicherlich irgendwann auch nicht mehr.“ Taka rollte mit den Augen. Er wusste nicht, ob Kou diese Art der Zweifel verstehen konnte. „Verstehe ich das jetzt richtig: Du hast ihm auch nicht gesagt, dass du gar keine… Wie hast du dich ausgedrückt? Große Nummer?....“ „Nein, ich hab ihm nicht gesagt, dass ich nur als kleiner, unterbezahlter Designer für Kindermode arbeite. In diesem Falle war es leichter sich hinter der Lüge zu verstecken und er interessiert sich zum Glück nicht großartig für das was ich mache. Und wenn er Fragen hat, dann erklär ich ihm den Kram, den ich mache auch. Weißt doch, das hört sich meistens viel spannender an, als es eigentlich ist, wie „Designs für die neue Kollektion erstellen“ oder eine „Auswahl an den geeigneten Stoffen für die neue Modelinie treffen“. Niemand würde checken, dass das die banalsten Arbeiten sind, die dazu gehören.“ Taka lag es fern sich schlecht zu machen, weil er genau wusste, was er drauf hatte, aber trotzdem hatte er einen Hang dazu die Wahrheit noch ein Wenig aufzuhübschen. Es verkaufte sich einfach besser. Da waren sie wieder bei der Sache mit dem Schein und Sein. Er konnte davon auch ein Lied singen. Kou wohl genau so. Doch wer wollte sich vor der Öffentlichkeit schon die Blöße geben? Oder Eingeständnisse vor jemanden machen, den man beeindrucken wollte? „Na, der muss ja ne heiße Nummer sein, wenn du so drauf bist.“ Taka langte in die Tasche seines Mantels, der neben ihm lag und öffnete ohne große Mühe seine Fotogallerie auf seinem Smartphone. Dieses schob er dem anderen hin. Sofort weiteten sich dessen Augen. „Na holla. Das ist ja ein Hübscher.“ Der Blonde lächelte zufrieden. Dieses Kompliment galt nicht nur seinem Freund sondern auch ihm selbst. Schließlich hatte er sich den Hübschen ja ausgesucht. „Also das ist echt mal ne Augenweide. Kann ich weiterblättern?“ „Nur zu!“, forderte der Besitzer des Smartphones das Model auf. „Ohlala… Der trägt aber auch ganz schön knappe Höschen. Lack und Leder. Wusste gar nicht, dass du auf sowas stehst?“ Taka machte eine abwinkende Bewegung mit der Hand. „Das ist es nicht. So krieg ich ihn eigentlich nur zu Gesicht, wenn ich auch zu seinen Auftritten gehe. Das ist für die Bühne und gehört zum Image der Band. Man muss sich von der breiten Masse abheben und irgendwas machen, das die Aufmerksamkeit erregt. Ein Instrument spielen reicht heutzutage nicht mehr. Die Kiddies wollen etwas sehen für ihr Geld. Und damit meine ich nicht nur nackte Haut oder außergewöhnliche Outfits. Der Sänger von denen knutscht auch ab und an Fans ab oder seine Bandkollegen. Alles nur, um aufzufallen. Die sind wie Fleisch. Man wird verwurstet solange es geht und zack, dann landet man auf dem Müll. Das Business ist scheiße.“ Kou klickte sich durch die verschiedenen Bilder von Takas Freund, besah sich den Jungen in den verschiedensten Outfits. „Wäre es dir denn lieber, wenn er das aufgibt? Du klingst gerade verbittert“, fiel Kou auf. Dabei war er es wohl, der diese Situation am besten verstand. Schließlich schwamm er im gleichen Haifischbecken. „Ich weiß nicht. Ich gönne ihm den Erfolg. Ich mach mir nicht viel aus diesem ganzen Hype und hänge ziemlich an der Realität. Aber er ist da in eine Sache rein geraten, aus der er nicht so einfach wieder rauskommt. Er muss selbst entscheiden. Meine Meinung spielt dabei keine Rolle.“ „Du klingst echt verbittert. Sag doch, was dir am liebsten wäre!“ Taka lächelte leicht, senkte seinen Blick. „Mir wäre es am liebsten, dass das von damals gar nicht erst passiert wäre. Dann wären wir drei jetzt sicherlich immer noch zusammen und würden nicht hier sitzen und über unwichtige Dinge quatschen!“ „Taka…“ Kou klang schon etwas gequält. „Schon gut. Belassen wir es dabei. Nen hübschen Freund hast du. Wenn ich wieder mal in der Stadt bin, dann müssen wir unbedingt zusammen weggehen. In einen Club oder so.“ Das Smartphone wanderte zu seinem Besitzer zurück, der es unmittelbar wieder einsteckte. „Können wir gern machen, wenn es der Terminkalender zulässt. Wie sieht dein Plan denn aus?“ „Ich nehm mir von hier aus ein Taxi zum Flughafen. Mein Manager wartet dort auf mich. Gegen 6 geht’s direkt weiter nach Sapporo. Ist nur ein kleines Shooting im Schnee.“ „Verstehe. Du bist nach wie vor ein schwer beschäftigter Mann.“ Taka lächelte leicht. „Pass ja auf dich auf, nicht dass du dir noch eine Erkältung holst. Sonst wird’s nichts mehr, mit Leiche spielen!“, zog Taka seinen Kumpel wieder auf, griff aber ein weiteres Mal in seine Tasche und holte drei Magazine und einen Umschlag heraus. Er schob bereits die Magazine zu dem anderen hin und reichte ihm schließlich einen Lackstift in Gold. „Dein Ernst?“, fragte Kou, als er das Cover der ersten Zeitschrift sah. „Klar doch. Bitte signieren und am besten ganz individuell halten. So, dass es auf Auktionsseiten viel einbringt!“ „Gott, Taka, du machst mich fertig.“ Kou wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Diese Dreistigkeit passte aber total zu seinem Freund. „Das mache ich nur, weil ich dich so gern hab!“ „Ich hab hier auch noch 10 Photocards. Die dann bitte auch!“ Taka grinste sich einen ab. So begeistert schien Kou davon aber nicht. Schließlich bettelte sein Kindergartenfreund gerade nach Autogrammen. „Sieh es als nachträgliches Geburtstagsgeschenk. Das stimmt mich auch wieder versöhnlicher und ich denke, dass ich über deinen Fehltritt hinwegsehen kann.“ „Du bist ne miese kleine Ratte, Taka!“ „Irgendwie muss ich auch über die Runden kommen. Ich bin schließlich nur ein kleiner Designer, der auf seinen Durchbruch wartet. Und noch dazu finde ich es nur fair, wenn du das für mich machst. Akira hätte es so gewollt. Und im Endeffekt landen die dann eh bei deinen allergrößten Fans…“, redete der Blonde seine Marktstrategie schön. „Du verlangst Geld für meine Unterschrift…“ „….die du mir gern gegeben hast und echten Fans ist das viel Wert. Immerhin hast du den Stift gehalten, der Unterschrift eine persönliche Note gegeben und dein Herzblut investiert. Was kann ich dafür, dass du so angesagt bist?“ Natürlich sah er in dieser Sache keine Schuld und verwerflich war es bestimmt auch nicht. Solange er ein reines Gewissen hatte. „Du willst also auch etwas vom Kuchen ab haben?“ „Ich sage nur: „Was wird Kouyou denn jetzt nur machen? Er hat sich seit dem 14. nicht mehr gemeldet. Hoffentlich geht es ihm gut und hoffentlich isst er auch vernünftig. Was, wenn die ihn nicht gut behandeln? Und er war so lange nicht mehr zu Hause. Wenn er wieder mal hier ist, dann koche ich ihm sein Lieblingsessen.“ Wissend blickte Taka in das Gesicht des Models. „Okay, okay, du hast gewonnen! Ist in Ordnung. Und richte Mum aus, dass es mir leid tut, dass ich so lange nicht nach Hause konnte. Ich versuch es bald einzurichten.“ Reumütig sah er auf die signierten Photocards. „Und wenn, dann bitte ohne einen erneuten Skandal. Was war denn da neulich überhaupt los mit dieser einen komischen Schauspielerin? Die hat doch behauptet, da lief was zwischen euch auf so nem Empfang und ihr hättet es in der Küche des Hotels getrieben…“, versuchte sich der angehende Designer zu erinnern, traf damit aber einen Nerv. „Hör mir auf mit der Schrapnelle. Ehrlich, die kann mich mal kreuzweise. Alles erstunken und erlogen. Ich war ein paar Mal mit ihrer Schwester aus. Die beiden wohnen zusammen. Die hat andauernd gebaggert und ich hab sie abblitzen lassen und dann hat die mir bei dem Empfang eine Szene gemacht und behauptet, dass wir was miteinander am Laufen hätten und ich sie mit ihrer eigenen Schwester betrogen hätte. Zack, schon war der Skandal fertig und ich stand da wie der letzte Depp.“ Taka grinste vor sich hin, schnappte sich eines der Autogramme und wedelte mit der Karte in der Luft herum, damit die Signatur trocknete. „Du Armer. Ein Grund mehr die Weiber in den Wind zu schießen. Kerle sind nicht solche intriganten bitches!“ Siegessicher warf Taka dem anderen einen wissenden Blick zu. „…das sagst du…“ Totale Resignation auf Seiten des Models. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)