Der Drache und die Nacht von Arianrhod- (OneShots) ================================================================================ [Valentinstag | OTP² + Geschenk] The Teddy Incident --------------------------------------------------- Yukino stellte ein großes, liebevoll mit einer roten Schleife verziertes Glas auf den Tisch und ließ sich auf die Bank fallen. Es war eines von diesen großen Einmachgläsern mit der Erdbeere an der Seite und war mit winzigen, dunkelroten Briefumschlägen gefüllt. Die breite Schleife war über und über mit weißen Herzchen bedruckt und ein Schildchen hing davon herunter, auf dem groß You are my Love stand, abscheulich mit noch mehr Herzchen verziert. Sting starrte diese Kitschigkeit einen Moment lang dumpf an und in seinem Hinterkopf regte sich vage ein Gedanke, als sollte er sich an etwas erinnern. Nur kam er beim besten Willen nicht darauf, was es sein könnte. Nach einem Augenblick sah er von dem Glas auf und richtete den Blick auf Yukinos süßes Gesicht, die mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen auf ihrem Handy herumtippte. Ihr kurzes, weißes Haar bewegte sich leicht in dem scharfen Wind und ihre sonst eher blassen Wangen waren von der Kälte gerötet, obwohl sie den Schal bis über das Kinn hochgezogen hatte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sich hier zu treffen, immerhin gab es an der Uni sowas wie Cafeterien oder einfach nur Eingangshallen, in denen Bänke standen. Dort würde ihnen zumindest kein kalter Wind um die Ohren pfeifen. Sting jedenfalls fror sich inzwischen schon den Arsch ab, weil Yukino ihn so lange hatte warten lassen. „Was soll die Flaschenpost?“, wollte er nach einem Moment wissen, da sie seinen Blick anscheinend nicht registrieren wollte. Sie blickte überrascht von ihrem Handy auf, die großen, braunen Augen weit aufgerissen. „Das ist mein Valentinsgeschenk für Loke.“, erklärte sie ahnungslos, dass sie ihm mit nur so wenigen Worten den Boden unter den Füßen wegziehen konnte. „Hast du vergessen, welcher Tag heute ist?“ Sting starrte sie mit weit aufgerissenem Mund an. Er hatte ja gewusst, dass ihm etwas durch die Lappen gegangen war…! Und das an seinem ersten Valentinstag, seit er mit Rogue zusammen war! Rogue, der perfekt und wundervoll und großartig war, und so etwas nicht verdiente! Bis jetzt hatte Sting dieser Tag nie sonderlich interessiert. Kitschig, kommerzgeil, unnötig. Aber bis jetzt war er auch noch nie so ... so … so verliebt gewesen. Ein Gedanke an seinen Freund reichte und er hatte ein dümmliches Lächeln im Gesicht. Allein die Idee, den Schwarzhaarigen zu treffen, ließ ihn aufgeregt und hibbelig werden und sein Bauch kribbelte dann immer vor Vorfreude. Schon bei Rogues Anblick wurden ihm die Knie weich und er wollte sich in dessen Arme werfen, um ihn nie wieder loszulassen. Und wenn dabei ein paar Küsse raussprangen, dann würde er sich nicht beschweren und stattdessen zufrieden grinsen wie die Katze, die den Kanarienvogel gegessen und die Sahne noch in Aussicht hatte. Sting ließ den Kopf nach vorne auf den Tisch fallen, so dass er auf die Tischplatte krachte, laut. „Au!“, jammerte er und rieb sich die Stirn. „Blute ich jetzt?“ Dann hätte er wenigstens eine Ausrede, warum er kein Geschenk für Rogue hatte und sich vor diesem verkroch. Allerdings würde er Rogue dann auch nicht sehen, was eindeutig ein Nachteil in diesem Plan war. Und vielleicht würde ihm eine blutende Wunde ein paar Mitleidsküsse einbringen…? Yukino griff über den Tisch und tätschelte seine Schulter. „Du hast nicht einmal eine Beule.“ Sting seufzte theatralisch auf und ließ wieder den Kopf auf die Tischplatte fallen, auch wenn er diesmal aufpasste, nicht zu hart aufzukommen. Also kein Mitleid? „Sei nicht immer so dramatisch.“, befahl sie ihm gutmütig und ein einsichtsvoller Ausdruck schlich sich auf ihr Gesicht. Auf sie und ihr weiches Herz konnte er eben doch immer zählen! „Hast du nichts für Rogue?“ Er schüttelte den Kopf, den Blick auf seine Stiefel gerichtet. Die müssten mal wieder geputzt werden… „Ich war voll in dieses Projekt vergraben.“, gab er nach einem Moment nuschelnd zu und drehte den Kopf, um sie ansehen zu können. „Und ich hab’s voll vergessen!“ Er warf die Arme hoch und fasste sich an den Kopf. Wie konnte er nur so blöd sein?! „Oh…“, machte Yukino und ihr Blick huschte an ihm vorbei. Vielleicht hatte sie eine Idee für ihn? Immerhin war sie der Liebesguru unter seinen Freunden! Wenn sie keine Lösung wusste, wer dann? „Ich… Hm…“ Sie verstummte, den Mund nachdenklich verzogen. „Ja…?“ Er beugte sich vor. „Du könntest…“ „Jaaaa…?“ Er rutschte auf der Bank nach vorne, bis er auf der Kante saß. „Wie wäre es mit…?“ „Jaaaaaah…?“ Er griff über den Tisch nach ihren Händen. „Du bist meine einzige Chance! Bitte rette mich!“ „Dramaqueen.“ Sie grinste, befreite ihre Finger aber nicht aus seine Griff, sondern erwiderte den Händedruck. „Du hast jetzt zwei Möglichkeiten.“ Sting starrte sie konzentriert an und wagte es kaum zu atmen. Seine Professoren würden jauchzen, wenn er in ihrem Unterricht auch so aufmerksam wäre. „Erstens, du stehst dazu, dass du es vergeigt hast und sagst ihm dazu. Ich bezweifle, dass Rogue dir deswegen die Hölle heiß macht.“ „Aber er ist immer perfekt.“, antwortete Sting, wenig überzeugt von der Idee. „Ich will auch perfekt für ihn sein.“ Jetzt nahm sie ihm doch eine ihrer Hände weg und zog ihm eins über den Kopf. Empört starrte Sting sie an und rieb sich die Stelle, wo sie ihn getroffen hatte. „Er liebt dich so, wie du bist.“, versicherte sie ihm, ihr Tonfall streng. „Versuch nicht, dich zu verdrehen.“ Sting verzog das Gesicht. „Und die andere Möglichkeit?“ „Zweitens, du geht jetzt los und besorgst ein Geschenk für ihn. Er hat doch noch ein Seminar oder so?“ Sting nickte. „Und danach muss er arbeiten.“, murmelte er und seine Gedanken überschlugen sich. Eigentlich hatte er auch noch eine Vorlesung. Aber die war eh langweilig und einmal konnte er sie auch sausen lassen. Irgendeinen Kommilitonen konnte er schon dazu überreden, dass er die Notizen bekam. Jetzt hatten sie erst kurz nach eins, wie ein kurzer Blick auf seine Uhr zeigte. Also hatte er noch ein paar Stunden, bevor er Rogue überhaupt treffen konnte. Bis dahin würde er schon etwas finden! Und ihm würde vorher irgendetwas einfallen! „Worauf wartest du dann noch?“, wollte Yukino wissen und machte eine scheuchende Bewegung mit der Hand. „Ich muss jetzt langsam eh zu Lokes Wohnung und mit dem Kochen anfangen.“ Sting sprang von seinem Platz auf. „Du bist die Beste!“ Er stolperte beinahe über die Bank in seiner Hast und bemerkte gar nicht mehr, wie seine beste Freundin nachsichtig lächelnd den Kopf schüttelte, während sie ihm hinterher sah. ~~❣~~ღ~~❣~~ Mit hängenden Schultern starrte Sting durch das Schaufenster auf die dahinter kunstvoll angerichtete Auslage. Schokoladenherzen, -schleifen, -tafeln und was man sonst noch so alles aus der leckeren Süßigkeit herstellen konnte, schienen ihn von ihren kleinen Podesten aus anzulachen. Handgeschriebene Kärtchen aus schwarzem Karton, verziert mit Gold und Silber, zeigten die Preise an – hoch, aber durchaus angemessen für die Produkte. Alles wirkte sehr edel und erstklassig, die Schrift elegant und geschwungen, die Süßigkeiten in dunkelblaues Papier geschlagen oder edle Boxen aus Karton verpackt. Auch der Laden, der im Hintergrund zu sehen war, sah ähnlich aus. Sting lief allein bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Er hätte keine Probleme, alles dort zu verspeisen und zwar in einer Sitzung. Echt absolut kein Problem. Außer die mit Fruchtgelatine, widerlich, wie konnte man sich solche Abscheulichkeiten nur antun?! Es gab in der Auslage natürlich einen ganzen Abschnitt, der extra den Valentinstagpräsenten vorbehalten war, die teilweise sogar in ein für ihn bezahlbares Preissegment fielen. Und davon würde sicher etwas für den Schenkenden abfallen. Der Haken? Im Gegensatz zu seinem Freund aß Rogue vielleicht alle Jubeljahre mal ein Stück Schokolade oder eine Praline. Damit konnte man ihm also keine große Freude machen. Nur mit Mühe riss Sting sich von dem Schaufenster los. So nett die Geste auch wäre, sie ginge an die falsche Person. Nett und vor allem einfach und jetzt noch machbar. Im Gegensatz zu anderen Sachen… Er hatte einfach keine Idee und mit den typischen Geschenken wollte er auch nicht einfach ankommen! Zuerst hatte er einen Blumenladen angestrebt. Eine Weile war er um die doch eher magere, weil halb ausverkaufte Auswahl herumgeschlichen, während eine übereifrige Verkäuferin ihm gefolgt war. Sie war zur Hälfte damit beschäftigt gewesen, ihm hässliche Gestecke aufzuschwatzen, halb damit, ihm auf den Arsch zu starren. Also hatte er das Geschäft ohne Ausbeute wieder verlassen. Rogue würde mit einem Blumenstrauß nicht viel anfangen können und Sting konnte das durchaus nachvollziehen. Mit einer Topfpflanze wäre er besser bedient, wenn er nicht ganz genau wüsste, dass Rogue jede Blume nach spätestens einem Monat zugrunde richten würde. Das war nicht der Sinn der Sache. Irgendeine dumme Karte wollte er nicht besorgen und sich so einen Aufwand machen wie Yukino, die ihr Geschenk von Hand selbst hergestellt hatte, das war ihm zu viel. Für solche Sachen wie ein Foto mit ihm und seinem Freund, irgendein personalisiertes Schmuckstück oder Klimbim hätte er schon früher daran denken müssen und auch eine selbstgemachte Torte fiel in diese Sparte – nicht dass er überhaupt backen konnte. Außerdem war da wieder das Problem, dass sein Freund nicht auf Süßigkeiten stand. Kitschigen Blödsinn wie ‚Schlüssel zu meinem Herzen‘, Schlüsselanhängern mit Aufschriften wie ‚Be My Valentine‘ oder noch schlimmer, kleine Pfeile mit demselben Schriftzug waren auch nicht gerade so sein Ding. Andere Sachen fielen für ihn eh von vorn herein weg – sie konnten nichts mit einem Set von zwei Tassen anfangen, auf denen ‚Mr. Right‘ und ‚Mrs. Right‘ stand, verdammt noch mal! Selbst Ausstecherformen in Form von vögelnden Leuten oder Nudeln, die wie … ähem … gewisse männliche Körperteile geformt waren, waren jetzt nicht wirklich das Richtige, auch wenn sie ihn zum Lachen gebracht hatten. Aber Rogue hatte viel mehr Klasse als das. Warum genau hatte Rogue noch einmal zugestimmt, auf ein Date zu gehen…? Und danach auch noch damit weiter zu machen? So wirklich hatte Sting sich das noch nicht erschlossen, aber er würde jetzt sicher nicht anfangen, irgendwelche blöden Fragen zu stellen! Aber das half ihm bei seinem aktuellen Problem auch nicht weiter. Er wollte Rogue ja eine Freude machen… Aber er hatte nur noch wenig Zeit, nachdem er die meiste davon damit vergeudet hatte, durch Geschäfte zu streifen und sich selbst abzulenken. Ein Blick auf die Turmuhr zeigte, dass es keine zwei Stunden mehr waren und er musste auch noch zur Wohnung rausfahren. Aber wirklich eine Idee hatte er immer noch keine. Vielleicht sollte er einfach hingehen und sich selbst eine Schleife um den Hals binden. Das wäre zumindest ein Geschenk, das Rogue gefallen würde. Hoffte er zumindest. Lustlos schob er seine Hände in die Hosentaschen und stapfte weiter. Warum musste er sich über so einen Mist überhaupt Gedanken machen? Früher hatte der alberne Tag ihn auch nie interessiert und er hatte immer über die Leute gelacht, die so einen Aufwand dafür betrieben. Ach ja… Weil Rogue es ihm wert war. Mehr als das. Mit einem lauten Seufzen steuerte er das nächste Schaufenster an und setzte seine Suche fort. In allen Auslagen gab es im Moment kleine Valentinstagecken, vielleicht bekam er ja so eine Idee? Aber es gab nichts, das ihm zusagte, obwohl das Angebot so groß und weit gefächert war. Dessous waren nicht so wirklich das Richtige für ihn – ach nee! Diese kitschigen Teddys mit ihren Herzen auch nicht so das Wahre, zumal sie nicht einmal eine substantielle Größe hatten, außerdem befanden sich nur noch ein paar recht traurig aussehende Exemplare in den Regalen. Aftershave und Co fielen auch flach, außerdem mochte er den Geruch von dem, den Rogue im Moment benutzte, ganz gern. Eine Packung Kondome erschien ihm zu vulgär. Auf seiner Suche nach dem passenden Geschenk wanderte er Straßen hinunter, die ihm vorher noch nie aufgefallen waren. Rogue kannte sie vermutlich alle auswendig – er liebte die adretten, schmalen Gassen des mittelalterlichen Viertels, die teilweise nicht einmal groß genug für Autos waren und in denen sich obskure Läden, kleine Cafés und Bistros aneinanderreihten, unterbrochen von Privatwohnungen und Torbögen, die in Hinterhöfe führten. Vielleicht sollte er einfach etwas besorgen, das Rogue gefallen würde, unabhängig von dem Tag und seinem Thema. Dummerweise wusste er nicht, was sein Freund alles schon für Bücher besaß, das erweiterte sich ständig, Filme kaufte er sich selber und Musik sowieso… Was war mit einem Gutschein zum Essen? Aber Gutscheine waren die Lösungen für Verzweifelte, die keine anderen Ideen hatten. So tief war er noch nicht gesunken! Außerdem waren sie immer arschteuer, zumindest, wenn man eine angemessene Mahlzeit damit bezahlen wollte – drei Gänge, mindestens, und für zwei. Keine Chance, dass Sting sich das leisten konnte! Er seufzte tief und starrte auf eine Auslage eines Pfandleihers slash Antiquariats. Selbst hier gab es ein paar kleine Valentinstipps – einige Schmuckstücke, ein altes Buch mit Liebesgedichten (ugh!), echte Schallplatten mit bekannten Liebesliedern… „Du bist reichlich spät, wenn du deinem besonderen Mädchen noch eine kleine Aufmerksamkeit besorgen willst.“, bemerkte eine freundliche Stimme neben ihm. Sting fuhr herum, automatisch in Defensivstellung. „Ich habe an einem wichtigen Projekt gearbeitet!“, verteidigte er sich heftig. „Und was geht Sie das überhaupt an!“ Neben ihm stand ein winziger, alter Mann mit einem schütteren, grauweißen Haarkranz um den ansonsten kahlen Schädel und einem gutmütigen, runzligen Gesicht. Er trug einen langen Mantel mit Pelzbesatz, der eine Spezialanfertigung sein musste, denn wo gab es solche Kleidungsstücke in Miniaturausfertigung? Der Knirps musste ja in der Kinderabteilung einkaufen! Jetzt zuckte er mit den Schultern und hob die Hände. „Du siehst ziemlich verzweifelt aus und ich dachte, ich könnte vielleicht helfen.“ Seine Stimme war nicht urteilend und schon gar nicht abschätzend; sein Gegenüber zählte einfach Fakten auf. Und irgendwie hatte der freche, alte Kerl ja recht… Aber er musste es ihm trotzdem nicht so unter die Nase reiben! Sting sackte zusammen und verzog beleidigt das Gesicht. Machte er wirklich so einen mitleiderregenden Eindruck, dass Fremde ihn auf der Straße ansprachen? Wo kam er denn da hin?! „Na, komm mal mit rein und wir sehen, was wir für dich finden…“ Der Alte schob die hölzerne Tür zum Geschäft auf, auf deren Schreibe mit verschnörkelten Buchstaben Fairy Tail stand, und hielt sie ihm einladend auf. Sting folgte ihm nur zögernd. Wiese sollte er einem Typen trauen, der nicht einmal den Namen seines Ladens richtig schreiben konnte? Muffige Luft drang ihm entgegen und der hintere Teil des verwinkelten Verkaufsraumes wirkte ziemlich düster. Die hohen, mit allem möglichen Klimbim vollgestopften Regale machten ihn noch unübersichtlicher und formten eine Art Labyrinth. Tische, Kommoden, Sofas und andere Möbelstücke, die zum Verkauf standen, sorgten für noch mehr Verwirrung und diverser Kram, der auf dem Boden herumstand oder -lag – Statuen, Bücherstapel, hohe Kerzenständer, Blumentöpfe, was auch immer – vervollständigten das Chaos. Wie fand sich hier überhaupt jemand zurecht?! Vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen… Sting erschauderte und wartete beinahe darauf, dass ein maskierter Axtmörder hinter einem der Regale hervorsprang, während er dem Alten zum Verkaufstresen folgte. Das wäre ein tolles Valentinstagsgeschenk für Rogue… Die Theke war verglast, so dass man einen Blick auf die Schmuckauslage darin sehen konnte, und verschlossen. Es waren ein paar wirklich schöne Stücke darunter, manche offensichtlich auch alt genug, um aus Urgroßmutters Schmuckkiste zu stammen, selbst für einen Laien wie Sting. Aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass das nicht so das Richtige für Rogue war. Hinter dem Tresen gab es offensichtlich eine Erhöhung, denn plötzlich befand er sich mit dem winzigen Ladenbesitzer beinahe auf Augenhöhe. „Also.“, begann der Mann, nachdem er seinen Mantel von den Schultern gestreift und einen altmodischen, aber schicken Anzug darunter zum Vorschein gebracht hatte. „Was mag deine Liebste denn so? Eine solche Kette kommt immer gut an oder vielleicht lieber ein Paar Ohrringe? Aber du wirkst nicht sehr interessiert daran…“ Der Alte schaute an Sting vorbei und ließ den Blick durch seinen Laden schweifen. „Etwas Praktisches vielleicht, je nachdem, wie weit ihr schon in der Beziehung vorangeschritten seid? Oder wie wäre es mit einem Bild oder vielleicht eine edle Vase aus Übersee? Darin würde sich ein schöner Strauß gut machen und es gibt nur wenige Frauen, die so etwas widerstehen können.“ „Er mag Bücher.“, murmelte Sting und sah sich um. Tatsächlich studierte Rogue Altfiorianisch, vielleicht fand er hier tatsächlich etwas? Außer, der Alte schmiss ihn jetzt hochkant raus, nachdem der schon die ganze Zeit von der ‚Liebsten‘ gefaselt hatte und Sting jetzt das korrekte Geschlecht angab…? Doch der Ladenbesitzer überging seinen eigenen Faux Pas mit einer Nonchalance, als wäre er nie passiert. „Bücher also! Damit kann ich natürlich dienen. Hier entlang.“ Der Alte führte ihn noch tiefer in den Laden, bis sie zu einem Abschnitt kamen, an dem die Regale so dicht standen, dass es sicher einige Leute gab, die darin stecken blieben würden. In jede freie Lücke waren Bücher gestopft, alte, in Leder gebundene Wälzer, Bildbände, Paperbacks, gebundene Literatur… Sie waren in keiner erkennbaren Reihenfolge geordnet, sondern wirkten eher, als wären sie so untergebracht worden, um jeden Millimeter optimal auszunutzen. Gigantische Bücherstapel lehnten an den Frontseiten, die diese Theorie nur noch unterstützten. „Welches Genre darf es denn sein? Klassische Liebespoesie? Oder doch lieber schlüpfrigere Geschichten?“ Der Mann wackelte mit den Augenbrauen und Sting wäre am liebsten zurückgewichen. In Gegenwart dieses alten Knackers wollte er nicht einmal an dieses Thema denken! Da verging es doch jedem! Doch ehe er antworten konnte, fiel sein Blick auf einen anderen Gegenstand, der auf einem antiken Stuhl lag, und unwillkürlich breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht aus. „Ich nehme das da.“ ~~❣~~ღ~~❣~~ Das Geschenk die Treppen der drei Stockwerke hochzuschleppen war definitiv anstrengender, als Sting es sich vorgestellt hatte. Warum lebte Rogue in einem Haus, in dem es keinen verdammten Fahrstuhl gab?! Oh ja, weil es bezahlbar war. Wenigstens war seine Last für die doch beachtliche Größe – immerhin war Sting selbst nur wenig größer – doch relativ leicht, wenn auch ein wenig unhandlich und sperrig. Es tendierte außerdem dazu, an Ecken und Geländern hängen zu bleiben, als würde es sich festklammern. In der Straßenbahn hatte er einige seltsame oder sogar pikierte Blicke bekommen, weil er es neben sich auf den Platz gesetzt hatte. Keuchend kam er endlich auf dem gewünschten Treppenabsatz an und lehnte sich einen Moment an die Wand, das Geschenk auf seinen Füßen abgestellt. Die alte Hexe, die neben Rogue wohnte, starrte erst es, dann ihn an, als hätte er sie persönlich beleidigt. Sting schenkte ihr sein liebenswürdigstes Lächeln, während sie sich mit einem Schnaufen an ihm vorbeischob. Er sammelte seine Last wieder ein und schleppte sie nach hinten vor Rogues Tür. Sie noch etwas höher hievend, betätigte er mit einer Hand die Klingel und trat dann einen Schritt zurück um zu warten. Einen Moment später hörte er Schritte und dann wurde die Tür geöffnet und- „Was zum Teufel…?!“, hörte er Rogues fassungslose Stimme. „Wa…“ Offensichtlich fehlten ihm die Worte. Sting streckte den Kopf hinter seinem Geschenk hervor und grinste seinen Freund, der strumpfsockig in der Tür stand, in Jeans und einem einfachen Sweatshirt einfach umwerfend gutaussehend. Das halblange schwarze Haar trug er zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden, so dass nur eine Ponysträhne in sein attraktives Gesicht fiel, und das eine rubinrote Auge, das zu sehen war, war weit aufgerissen. „Schöner Valentinstag!“, posaunte Sting triumphierend heraus. Rogue brauchte einen Moment, um den überwältigten Blick von dem präsentierten Geschenk loszureißen und seinen Freund anzusehen. Sein Mund bewegte sich, als wollte er etwas sagen, nur das kein Ton über seine Lippen drang, offensichtlich überwältigt von der Überraschung. Stings Grinsen wurde breiter. Bis dahin hatte er doch ein wenig gezweifelt, ob er wirklich das Passende gefunden hatte. Aber wer wollte denn keinen Riesenteddy haben?! Er hatte doch gewusst, dass es das Richtige war! Doch seine Freude wurde schon einen Moment später gedämpft, als sich Rogues vermeintliche Freude als verblüffte Verständnislosigkeit herausstellte, denn er murmelte: „Oh richtig…“ Er rieb sich die Stirn. „Ich hätte es wissen müssen, als Minerva mit der Schokolade kam.“ Sting blinzelte verwirrt. „Warum schenkt Minerva dir Schokolade?“ Dann hellte sich sein Gesicht auf. „Isst du sie alleine? Sicher nicht, oder?“ Er versuchte seinen unschuldigsten Augenaufschlag. Rogue zog eine Augenbraue hoch und ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. „Das ist da erste, woran du denkst…? Minerva macht jedes Jahr für diesen Tag Schokolade, daran hätte ich denken können, als sie heute Morgen damit ankam.“ Es dauerte einen weiteren Moment, ehe der Sinn der Worte bei Sting ankam. Dann klappte seine Kinnlade herunter. „Wa…?“, begann er dann entsetzt. Rogue hatte es vergessen?! Sogar noch mehr als er selbst?! Obwohl er tatsächlich schon Schokolade bekommen hatte? „Warum hab ich mir die Mühe gemacht?!“, jammerte er los. „Ich habe Kälte und unzählige kitschige Ideen und nervige Verkäufer, die mir allen möglichen Scheiß aufschwatzen und mich fast angefallen hätten, auf mich genommen! Und das nur, um dir ein perfektes Geschenk zu bringen! Und du hast es vergessen?!“ Dass er selbst von Yukino darauf aufmerksam gemacht worden war, ließ er weise unter den Tisch fallen. „Und dein Ergebnis war ein riesiger Teddy? Ein ziemlich verunglückt aussehender Teddy, möchte ich hinzufügen.“ Die Worte klangen ziemlich zweifelnd an Stings Verstand. Aber da der noch immer versuchte, wieder auf den richtigen Weg zu kommen, bemerkte er das nicht einmal. „Vergessen?!“, wiederholte er weinerlich. Warum hatte er bloß Yukino getroffen? Er hätte in unschuldiger Unwissenheit hierherkommen, ohne eine Odyssee durch die Innenstadt anzutreten, und den Abend in glückseliger Ahnungslosigkeit mit seinem Freund verbringen können, mit ihnen beiden so klug wie zuvor. „Ich bin nicht so der Fan davon…“, gab Rogue zu und trat endlich einen Schritt zurück um ihn hereinzuwinken. Sting konnte allerdings nur dastehen und nach richtigen Worten suchen. Sein Verstand war ziemlich leer, was allerdings öfter der Fall war, wenn er Rogue gegenüberstand, also hatte er genug Übung damit, um zumindest eine zusammenhängende Antwort hervorzubringen: „Aber er ist so toll!“ Um seinen Punkt zu unterstreichen hob er den Teddy hoch und schüttelte ihn einen Moment. Der Kopf schlenkerte ziemlich bedenklich herum und sein Gesicht war etwas platt und eingedrückt, weil ihm Füllung fehlte, und die einzelnen Züge waren nicht ganz am richtigen Platz, sondern alle um ein paar Millimeter verschoben. Eines der Augen aus riesigen, schwarzen Knöpfen fehlte und das hellbraune Fell war an einigen Stellen bereits ein bisschen kahl, an anderen hatte er Flicken aus einem komplett anderen Material – ein rosa Stoff mit Blümchen hier und ein schwarzer mit weißen Totenköpfen da und dort himmelblaue Karos… Ein Teil von dem rechten Ohr fehlte, das trotzdem rücksichtslos geflickt worden war, so dass das Organ jetzt ziemlich krumm und verkrüppelt aussah. Sting hatte sogar einige Minuten damit verbracht, ihn auszuklopfen, so dass der Staub größtenteils weg war. Zudem war er fast so groß wie er. Rogue jedenfalls überzeugte dieses einleuchtende Argument nicht. „Und was soll ich denn damit anstellen?“ „Jeder will einen Riesenteddy!“, erklärte Sting überzeugt und ein wenig enttäuscht, dass seine Idee nicht so gut ankam wie erhofft. „Aber…“ Rogue unterbrach sich und atmete tief ein. Er wirkte ziemlich überfordert, aber dann kam er zu einer Entscheidung. „Jetzt komm erstmal rein.“ Sting folgte der Aufforderung und sein Freund schloss die Tür hinter ihm. Im Vorbeigehen streifte er sich die Schuhe von den Füßen und ließ umständlich Rucksack und Jacke fallen, ohne den Bären aus der Hand zu geben, während er fieberhaft versuchte, Rogue doch noch von seinem Geschenk zu überzeugen. Eigentlich war Valentinstag ihm egal. Aber jetzt hatte er so viel Mühe damit gehabt, jetzt wollte er doch, dass seinem Freund etwas davon hatte, verdammt noch mal! „Ich meine, okay, er sieht ein wenig mitgenommen aus, aber das zeigt nur, dass er ein aufregendes Leben hatte und große Schlachten geschlagen hat! Seine Narben berichten noch davon! Ein richtiger Lebemann!“ Rogue schenkte ihm einen amüsierten Blick, sagte aber nur: „Setz ihn erstmal irgendwohin.“ Mit einem tiefen, dramatischen Seufzen kam Sting der Antwort nach und platzierte den Bären auf einem der beiden Stühle, die in der engen Küche standen. Der Kopf des Teddys sackte niedergeschlagen nach vorne und Sting tätschelte ihn zwischen den Ohren, was ihn ein wenig gerader aufrichtete. „Keine Sorge, Kumpel, er wird lernen, dich mit all deinen Fehlern und Unvollkommenheiten zu akzeptieren. Du musst ihm nur ein wenig Zeit lassen. Ich verspreche dir, früher oder später wirst du die richtige Person treffen, die dich trotzdem oder genau deswegen lieben wird.“ Rogue hinter ihm stieß ein abgehaktes Husten aus, das verdächtig nach unter unterdrücktem Kichern klang. Sting drehte sich zu ihm um und deutete anklagend auf den Teddy. „Du hast ihn traurig gemacht. Ich finde, du solltest dich entschuldigen.“ Statt einer Antwort überquerte Rogue den Abstand zwischen ihnen mit zwei Schritten, nahm sein Gesicht in beide Hände und presste ihm die Lippen auf den Mund. Stings Verstand gab endgültig auf, als würde er kurzschließen. Dann hob er automatisch den Kopf, um sich Rogue entgegen zu recken, und ließ die Hände um die Hüften seines Freundes gleiten, um sich näher an ihn zu pressen. Rogues Wärme sickerte durch seine Kleidung hindurch, um die Kälte zu verbreiben, die sich während des langen Nachmittags im Freien in Stings Knochen festgesetzt hatte. Er seufzte genüsslich auf und bewegte die Lippen gegen die des anderen, ein langsamer, sinnlicher Tanz. Rogues Hände glitten in seinen Nacken und der Schwarzhaarige knabberte zärtlich an der Unterlippe seines Partners, ehe er mit der Zunge über die Stelle strich und dann tiefer in seine Mundhöhle vordrang. Sting merkte erst, dass er langsam zurückgedrängt wurde, als er mit den Schultern gegen die Wand stieß. Nicht, dass ihn das störte… Rogues muskulöser Körper presste sich verlangend und fordernd gegen seinen und er stöhnte in den Kuss, während die Lippen des anderen sich von seinen lösten und einen heißen Pfad über seine Wange und zu seinem Hals zog. Stings Blick irrte haltlos durch die Küche, zu gefangen von den Zärtlichkeiten und den wilden Gefühlen, die sie in ihm auslösten – Liebe, Leidenschaft, Erregung, wie immer gemischt mit dem Unglauben, dass es wirklich und echt Rogue war – um sich auf etwas konzentrieren zu können. Dann glitt sein Blick an dem braunen, etwas unförmigen Gesicht vorbei und blieb an dem schwarzen Knopfauge hängen. „Hey, Mann, schau uns nicht so an. Spannen ist unhöflich.“, erklärte er dem Teddy über Rogues Kopf hinweg. Der hielt inne, die Lippen noch immer auf Stings Haut und warum hatte er aufgehört? Seine Finger krallten sich um Stings Hüften und einen Moment später zuckten seine Schultern unter lautlosem Gelächter, das er ohne viel Erfolg zu unterdrücken versuchte. Sting fuhr ein Schauer über den Rücken von dem Gefühl, das Amüsement seines Partners so direkt zu spüren. „Ist doch wahr.“, erklärte er und machte eine Handbewegung in Richtung des Teddys. „Der schaut, als könnte er nicht genug von der Show kriegen.“ Rogues Schultern zuckten noch heftiger und er löste sich jetzt endgültig von seinem Freund. Der verzog beleidigt das Gesicht bei dem Verlust des Körperkontaktes, aber Rogue lehnte sich lachend neben ihm an die Wand und ihre Schultern pressten sich gegeneinander. „Manchmal frage ich mich, was in deinem Kopf vor sich geht.“, erklärte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. „Ich verstehe immer noch nicht, warum du das für eine gute Idee gehalten hast.“ „Jeder will einen Riesenteddy.“, wiederholte Sting seine Überzeugung zuversichtlich. „Ich meine… wie kann man ihn nicht lieben?“ Er machte eine Bewegung mit beiden Händen, die den gesamten Wunderbären einfassen sollte. „Er ist ein riesiger Staubfänger, der im Weg herumgeht.“, antwortete Rogue praktisch und offensichtlich noch immer nicht überzeugt. „Hör nicht auf ihn!“, erklärte Sting dem Bären sofort dramatisch. „Er braucht nur etwas, um sich für jemanden zu erwärmen. Mach dir mal darum keine Sorgen.“ Rogue brach wieder in hilfloses Gekicher aus und ließ sich schwer auf den zweiten Stuhl fallen. Wenigstens fand er die ganze Sache lustig – oder wohl eher die damit zusammenhängenden Possen seines Freundes. Sting folgte ihm langsamer, die Hände in die Hosentaschen geschoben. Etwas enttäusch war er schon, das musste er zugeben. Aber was hatte er erwartet bei seiner überstürzten, verspäteten Suche nach einem passenden Geschenk? Aber auch wenn es seinem Freund letztendlich doch nicht gefiel, zumindest einen guten Lacher hatte er davon. Das war doch auch schon etwas wert. Doch seine Aufmerksamkeit wurde bald abgelenkt, denn auf dem Tisch stand eine flache metallene Dose in Herzform, deren Deckel zur Seite geschoben war, so dass der Inhalt deutlich zu sehen war. Es waren Süßigkeiten, größtenteils Bruchschokolade mit Smarties, Nuss- und Keksstücken darin, eingeteilt in schwarze, weiße und braune, und ein paar äußerst professionell aussehende Pralinen. „Hey, ist das die Schokolade, die Minerva dir gegeben hat?“, wollte er wissen und blickte seinen Freund, der sich inzwischen wieder beruhigt hatte, aufgeregt an. „Kann ich sie haben? Du magst sie ja eh nicht.“ Rogue starrte ihn für einen Moment ungläubig an und zuckte dann mit den Schultern, ehe er nachsichtig den Kopf schüttelte. „Weißt du, du bist der einzige, den ich kenne, dessen Reaktion darauf, dass dein Partner zum Valentinstag Schokolade von jemand anderem bekommt, fragt, ob er sie essen kann, anstatt sich sorgen um seine Beziehung zu machen.“ „Du würdest niemals Minerva daten.“, erklärte Sting überzeugt und Rogue zog eine Augenbraue hoch, doch sein Schmunzeln zeigte, dass er es nicht ernst meinte. „Ach ja?“ „Natürlich nicht! Erstens würde niemand Minerva daten, der noch einen Funken Verstand übrig hat. Und du hast davon mehr als die meisten.“ Rogue wurde leicht rot unter dem Kompliment, fiel aber nicht aus der Rolle, sondern wiegte nur den Kopf, als würde er über die Worte nachdenken, aber noch nicht ganz überzeugt sein. „Und zweitens, du bist mit mir zusammen.“ Sting breitete die Arme aus, als wäre das alle Erklärung, die man brauchte. Tatsächlich hatte er sich noch nie so unsicher in eine Beziehung gefühlt. Gerade weil sie ihm so wichtig war, weil Rogue mehr war, als er je erwartet hatte, und besser und perfekter und alles, was er wollte und brauchte. Gerade weil er ihn so verdammt liebte und sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte. Und Rogue sah äußerst süß aus, wie er sich auf seinem Stuhl noch etwas dunkler verfärbte und dann eine verlegene Handbewegung zu der Schokolade machte. „Lass mir was von der schwarzen übrig, okay?“ Sting grinste ihn erfreut an und realisierte kaum den atemlosen Ausdruck auf Rogues Gesicht, während er sich schon bediente und ein Stück der weißen Bruchschokolade aus der Box fischte. Er stieß ein genüssliches Stöhnen aus, als er hineinbiss. Sie zerging geradezu auf der Zunge, einfach himmlisch. Warum studierte Minerva eigentlich, statt eine eigene Patisserie zu eröffnen? Verschwendetes Talent… Eine Weile knabberte er an dieser göttlichen Süßigkeit, jeden Bissen genießend, ehe er sich räusperte und erklärte: „Ich wollte dir nur eine Freude machen.“ Den Blick noch immer auf die Tischplatte gerichtet wagte er es nicht, Rogue anzusehen. Er hatte noch nie mit dem anderen darüber gesprochen; tatsächlich fand er, dass er seine Unsicherheit, was ihre Beziehung anging, ganz gut überspielt hatte. „Du bist immer so perfekt und … und … perfekt und ich wollte das auch mal für dich sein und…“ Er verstummte und nagte an seiner Unterlippe. Wie konnte er das alles nur in Worte fassen? Mit sowas hatte er nicht viel Erfahrung, bevorzugte er es doch, eine selbstbewusste Fassade zu wahren. Finger umschlossen sein Handgelenk und er wandte sich dem anderen unwillkürlich zu. „Hey… Du musst dich nicht überschlagen, um mich irgendwie … glücklich zu machen oder so. Du machst überhaupt nichts falsch. Und ich bin nicht perfekt.“ Stirnrunzelnd sah Rogue ihn an, Verwirrung im Blick. „Irgendwie schon.“, verteidigte Sting sich. „Du weißt immer genau, was los ist und was ich brauche, genau wenn ich es brauche. Und du versuchst, es mir zu geben. Du bist immer auf alles vorbereitet, deine Noten sind perfekt und du hast dein Leben schon komplett durchgeplant und weißt genau, was du dafür tun musst und du tust das auch. Ich bin Chaos personifiziert, vor allem neben dir, und im Moment bete ich nur, dass ich die nächste Prüfung nicht in den Sand setze und ich habe noch keine Ahnung, was ich nach der Uni mal tun will, und…“ „Sei still.“ Rogues Hände glitten um seine Hüften und er zog ihn zu sich herüber und herunter, so dass Sting schließlich auf seinem Schoß saß. Sich bereits vorbeugend nahm Rogue ihm blind die Schokolade aus der Hand, um sie auf den Tisch fallen zu lassen, während er die Lippen seines Partners erneut mit den eigenen einfing. Der Kuss war so unglaublich zärtlich und sanft, dass Sting nichts tun konnte, als seine Lider zufallen zu lassen und ihn zu genießen. Darin lagen alle Gefühle, die Rogue sonst nie aussprach, so klar und deutlich übermittelt, als würde er sie in Blockbuchstaben aufschreiben. Und Sting wusste nicht, was er mit dieser zielstrebigen, nachdrücklichen Intensität anfangen sollte, so sehr überwältigt war er davon. Doch Rogue ließ nicht wieder von ihm ab und seine Bewegungen wurden fordernder, leidenschaftlicher, aber nicht weniger liebevoll. Unsicher ließ Sting sich auf den Kuss ein, noch immer erschüttert davon, die Arme auf Rogues Schultern abgelegt. Er wagte es kaum, etwas anderes zu tun, aus Angst, den Zauber zu brechen, diese Zärtlichkeiten zu verlieren, wenn er nur eine heftige Bewegung tat. Doch Rogue schien auf der gleichen Wellenlänge wie er zu sein, denn seine Hände glitten in Stings Gesäßtaschen, um ihn festzuhalten, doch auch er vertiefte den zarten Kuss nicht. Es schien ihm zu reichen, einfach in Stings Nähe zu sein, die zaghaften Erwiderungen zu spüren und zu wissen, dass seine Gefühl erwidert wurden. Es dauerte eine Weile, ehe sie sich voneinander lösten, und er lehnte die Stirn gegen die seines Freundes und sein Atem fächerte über dessen Haut. „Ich liebe dich.“, flüsterte Rogue gegen seine Lippen und Sting fühlte die Worte bis in sein tiefstes Innerstes. Das war das erste Mal, dass Rogue sie so direkt aussprach, und Sting konnte seinen Herzschlag im ganzen Körper spüren, wie eine Antwort auf die Worte. „Chaos personifiziert und alles. Gerade… gerade weil du so wild und ungezügelt und lebensfroh bist, weil du einfach für den Moment lebst ohne dir Sorgen um die Zukunft zu machen und… all das.“ Das Lächeln, das sein ganzes Gesicht zu verändern schien, war sanft und wunderschön und voller Liebe. Sting brauchte nicht mehr Worte um zu verstehen, dass sie zusammengehörten, die zwei Gegensätze, die sich so perfekt ergänzten. Er konnte nicht anders, er grinste breit und beugte sich für einen weiteren Kuss vor, wilder diesmal und tiefer. Rogue keuchte unwillkürlich in seinen Mund und krallte die Hände in seinen Hintern, wie um ihn noch näher zu sich zu ziehen, und Sting konnte ein lautes Stöhnen nicht unterdrücken. Nach einem letzten, sachten Biss löste er sich von seinem Partner und warf einen kurzen Blick zu dem Teddy hinüber. „Ich bin dafür, dass wir in dein Schlafzimmer umziehen, wo wir unsere Ruhe haben.“ Rogue warf ihn beinahe auf den Boden in seiner Hast aufzustehen, und ließ ihn nicht einmal los. „Aber können wir die Schokolade mitnehmen?“ ~~❣~~ღ~~❣~~ Sting packte gerade seine Bücher ein, als sein Handy vibrierte und anzeigte, dass er eine neue Nachricht bekommen hatte. Weil er nach diesem Seminar heute sonst nichts mehr hatte und eh noch eine Stunde Zeit, ehe er im Café zum täglichen Spießrutenlauf – auch bekannt als Arbeit – antreten musste, nahm er es hoch. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über sein Gesicht, als er erkannte, dass es eine Nachricht von Rogue war und er öffnete sie. Frosch liebt ihn, stand da nur und für einen Moment fragte er sich, worum es hier ging. Ihn? Das konnte alles bedeuten, angefangen bei einem hypothetischen, von Rogue selbstgemachten Kuchen, über einem angenommenen Lurch, den sie im Garten gefangen hatte, bis hin zu dem Alien, den sie aus dem Teich gerettet haben könnte. Letzteres würde ihn gar nicht wundern, Frosch machte lauter so verrückte Sachen und tat dann so, als wären sie ganz normal. Zumal es äußerst leicht war, Rogues kleine Schwester von irgendetwas zu begeistern, das schränkte das Gebiet also auch nicht sonderlich ein. Einen Augenblick später trudelte ein Foto ein und Sting klickte drauf, um es zu vergrößern. Darauf war der Teddy mit einem neunjährigen Mädchen zu sehen, das ein ganzes Stück kleiner war als das Plüschtier. Sie hatte ein süßes, rundes Gesicht, das grüne Haar zu zwei Rattenschwänzchen gebunden und strahle. Ihre Arme hatte sie fest um den Bären geschlungen, dessen Pranke über ihre Schulter drapiert war und ihr glücklich-herausforderndes Gesicht war mit einem triumphierenden Ausdruck auf die Kamera gerichtet. Sieh, das ist mein neuer Freund und wenn du ihn haben willst, musst du es mit meiner Armee von lebenden Amphibien und Stofftieren aufnehmen, du Spitzbube! (Es war eine traurige Tatsache, dass dies schlimmste Schimpfwort war, das Frosch kannte oder zumindest benutzte. Irgendwann würde er ihr schon noch die Kunst Des Anständigen Fluchens beibringen, auch wenn Rogue ihn dafür umbringen würde.) Eine weitere Nachricht kam an. Ich hab gesagt, sie kann ihn haben. Mein Vater hätte mich fast mit seinen Blicken erdolcht. Sting grinste. Siehst du, ich sagte doch, jeder will einen Riesenteddy. Nur du bist ein Kunstbanause. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)