The decisions we make von Victualia ================================================================================ Kapitel 15: beneath the underneath ---------------------------------- Viel zu spät bemerkte die rosahaarige Kunoichi, dass Itachi seine Augen geschlossen halten musste und seine Atmung viel zu schnell und flach erfolgte. Sie war mit ihren Gedanken noch immer bei den Ereignissen von vor über zehn Jahren, wollte noch immer nicht recht begreifen, was sich damals alles abgespielt hatte. Doch als der Mann, in den sie sich mit der Zeit verliebt hatte – ganz gleich, was oder was er nicht getan hatte – seine verkrampfte Hand an sein Gesicht führte, schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Sanft schlug sie seine starke Hand beiseite, sodass sie selbst eine ihrer kleineren dorthin wandern lassen konnte. Ihre Hand allerdings war von einem seichten, grünen Schimmer umgeben, welches unverkennbar ihr heilendes Chakra darstellte. In einem Anflug von Sorge fragte sie barsch: »Warum hast du denn nichts gesagt? Wenn es dich so sehr anstrengt, warum benutzt du dann dein Mangekyou Sharingan ständig?« Zu ihrer Erleichterung gab der Ältere keine Antwort. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihm ein solcher Ton gefiel, aber er verhielt sich ihrer Meinung nach äußerst rücksichtslos. Scherte er sich denn gar nicht um seine Gesundheit? Oder zumindest der übermäßige Gebrauch seines Bluterbes?   Ihr Chakra strömte durch Itachis Körper, er konnte es ganz deutlich spüren. Kühlend und wohltuend, doch es hinterließ eine solch nachdrückliche Wärme, dass es dem Uchiha einen Schauer über den Rücken jagte. Jedes einzelne Mal, wenn sie ihn heilte und von den Schmerzen befreite, fühlte es sich so richtig an. So, als ob sie dazu geschaffen wurde zu heilen und andere von ihrem Leiden zu erlösen. Es war ihr Wesen, und womöglich auch ihre größte und gefährlichste Waffe. »Deaktivier dein Sharingan für mich!«, orderte sie knapp in diesem Befehlston, den sie immer annahm, wenn sie einen Patienten behandelte. Und nur bei ihr hatte er das Gefühl keinen Widerstand leisten zu müssen, also tat er, was sie von ihm verlangte und ließ das Sharingan langsam verschwinden. Ihm war bewusst, dass ihr im Moment viel im Kopf herumschwirren musste, bedachte man die Erinnerungen, die er ihr so bereitwillig offenbart hatte. Und genau deshalb rechnete er es ihr hoch an, dass sie sich voll und ganz auf die Geschehnisse im Hier und Jetzt konzentrieren konnte. Sie konnte ihre Gefühle abschotten, um sich einem anderen Leben zu widmen. Dieses Verhalten und Können war für einen Iryounin essentiell, doch er hatte noch nie jemanden kennengelernt, der es so intensiv ausgeprägt verfolgte wie sie. Es war, als wäre sie dazu bestimmt gewesen, diesen Weg im Leben einzuschlagen.   Die Haruno durchforstete Itachis Augen mittels ihres heilenden Chakras, auf der Suche nach dem Grund für seine Schmerzen. Es war nicht einfach, da jede noch so kleine, falsche Stimulation verheerend sein konnte. Die Gefäße im und um das Auge herum waren äußerst delikat, deshalb musste sie sich vollständig ihren »blinden« Beobachtungen widmen. Mithilfe ihres Chakras jedoch konnte Sakura die Ursache innerhalb von einigen Augenblicken identifizieren: »Die Keirakukei, die eigentlich dafür verantwortlich sind Chakra in deine Augen fließen zu lassen sind beschädigt, was wahrscheinlich auch deine Sehnerven beeinträchtigt.« Als sie keine Regung seinerseits wahrnahm, sprach sie weiter: »Es ist momentan so, dass das Chakra, welches du zum Aktivieren seines Doujutsus verwendest, auch die Nerven und Adern in und um deine Augen herum zerstört. Theoretisch gesehen kann man es als Selbstzerstörungsmechanismus bezeichnen. Meine einzige Vermutung ist, dass dein eigener Körper, dir durch diese Degeneration anzeigt, dass du das Mangekyou Sharingan nicht anwenden solltest. Deine Augen sind dafür nicht ausgelegt, solch einem Stress ausgeliefert zu sein. Das Sharingan allein übt schon einen gewissen Druck auf die Augen aus. Bedenkt man also die Menge an Chakra, die du zu deinem Mangekyou pumpst, um seine besonderen Fähigkeiten zu aktivieren, ist es medizinisch gesehen kein Wunder, dass dein Körper in solch einem Maße reagiert. Es ist eine Art Warnung.« Als sich der Ältere auch dieses Mal nicht zu regen schien, ließ die Rosahaarige ihr Chakra verblassen, bis sie schweigend vor ihm saß und seine markanten Züge betrachtete. Er allerdings hielt die Augen geschlossen, damit das Licht im Zimmer ihn nicht allzu sehr blendete. »Hörst du mir zu, Itachi?«, fragte die junge Kunoichi etwas beunruhigt nach. »Aa«, antwortete er prompt.   Itachi wusste, was Sakura von ihm erwartete, und er würde ihr diesen Gefallen nur zu gern ermöglichen, denn auch er sehnte sich danach, sie wenigstens ein Mal in ihrer vollen Pracht bewundern zu können. Er wusste, dass sie wollte, dass er sie fragte, ob sie ihn heilen könnte und wollte. Und ihrer Erklärung zufolge konnte sie, ihrer Tonlage zufolge wollte sie. Aber war es das wert? Es wäre nur für eine kurze Zeit, war er sich doch sicher, dass Sasuke ihn bald ausfindig machen würde, um sein Leben zu fordern. Und Itachi würde sich diesem Vorhaben nicht entgegenstellen. Er hatte nicht das Recht dazu.   »Möchtest du überhaupt, dass ich dich heile?«, fragte die Rosahaarige zögerlich nach, und äußerte damit seine eigenen Bedenken. Stille kehrte in dem kleinen Zimmer ein, welche nur durch den Lärm auf den Straßen vor der Taverne gestört wurde. Dann konnte er erneut ihre liebliche Stimme vernehmen, konnte spüren, wie sie ihre starken Hände um seine Wangen schloss, während ihre Stirn die seine in einer intimen Geste berührte: »Itachi, was auch immer dich zögern lässt, ist die Sache nicht wert. Du musst verstehen, dass, wenn dein Augenlicht erst einmal erloschen ist, es kein Iryounin dir mehr zurückgeben kann. Niemand ist dann mehr in der Lage, dich wieder sehen zu lassen. Ich weiß, dass du dich größtenteils daran gewöhnt hast, ohne deine Augen auszukommen, und bei Kami, es würde dich keinesfalls in deiner Funktion als Shinobi einschränken. Das weiß ich. Aber ist es nicht auch dein Wunsch, etwas sehen zu können? Mich sehen zu können?« Ein Zucken seines Kopfes ließ sie wenigstens einen Funken Hoffnung empfinden. Es war kein Nicken, keine Zustimmung. Und dennoch war es besser als sein völlig regloser Ausdruck und sein stummes Dasitzen. Er war kein Mann vieler Worte, aber diese Entscheidung war wichtig. Und wenn Itachi etwas als wichtig empfand, dann äußerte er dies für gewöhnlich, soviel war Sakura bewusst. »Onegai, Itachi. Wenn du es schon nicht für dich tun willst, dann tu es für mich«, flehte die junge Frau beinahe, »Ich weiß, dass es egoistisch von mir ist, so etwas von dir zu verlangen, aber tu es für mich. Was auch immer deine Beweggründe sein mögen, dass du dich dieser Behandlung verweigerst, schieb sie beiseite! Ich verlange nicht viel von dir, aber ich möchte, dass du das Leben wenigstens ein wenig genießt – mit mir –, ohne dir Sorgen machen zu müssen, was morgen geschieht. Onegai.« Die verzweifelten Worte Sakuras bewirkten, dass der Uchiha seinen Kopf ein wenig anhob, ohne jedoch seine überanstrengten Augen zu öffnen. »Hai. Heile meine Augen, Sakura!«   * * *   Ein Klopfen erklang an der schweren Holztür, die zum Büro des Hokage führte. Zu so später Stunde jedoch sollte man meinen, dass sich niemand mehr in diesem aufhielt. Allerdings entsprach dies der traurigen Wahrheit, denn die Blondine, die mit verschränkten Händen am unteren Rücken den großen Fenstern zugewandt stand, wandte ihren Kopf schweigend zur Tür. Noch einmal erklang das Klopfen, ehe, kurz darauf, jemand mit einem Puff und einer Rauchwolke in ihrem Büro erschien. »Shikamaru«, erkannte Tsunade ihren neuen Gast an, »Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man einen Raum nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis betritt?« Der junge Mann seufzte genervt auf, ehe er antwortete: »Meine Mutter hat mir auch beigebracht, dass man manchmal Leute dazu bringen muss, ihre Geheimnisse auszuspucken, damit man die beschützen kann, die einem am Herzen liegen.« »Und was für Geheimnisse, meinst du, habe ich, die jemanden in deinem inneren Kreis gefährden?«, fragte die Godaime nach, während sie sich erneut dem Dorf widmete, welches von der untergehenden Sonne angestrahlt wurde. Die Farben tanzten über die Gebäude, warfen Schatten in den wenigen Gassen, ehe die ersten paar Lichter erhellt wurden, um auch bei Nacht Orientierung zu gewährleisten. »Das muss ich erst noch in Erfahrung bringen«, erklärte er schließlich weniger genervt. Auch seine ganze Körperhaltung änderte sich, wurde ernst und aufrecht, ehe er sich neben sie gesellte und ebenfalls sein Heimatdorf überblickte, wie es langsam von der Dunkelheit verschluckt wurde. »Weißt du«, erhob der Hokage erneut seine Stimme, »Sakura ist auch mir sehr wichtig. Ich würde sie niemals einer Gefahr aussetzen, der sie nicht gewachsen ist.« Noch immer verlor der junge Nara nichts von seiner ernsthaften Haltung, als er sagte: »Ich frage mich nur, ob es etwas mit Uchiha Itachi zu tun hat, dass Sakura nicht im Dorf ist.« Es war wie eine Bestätigung, als die Blondine ihm keine klare Antwort zukommen ließ. »Mir hätte von Anfang an klar sein müssen, dass du hinter die Geschehnisse blickst. Immerhin hast du die beiden agieren sehen.« »Ich war bei Ino, und sie hatte keine Ahnung, wovon ich überhaupt spreche. Sie wusste noch nicht einmal, dass Sakura überhaupt das Dorf verlassen hat. Und ich weiß mit Sicherheit, dass sich die beiden jedes Mal vor einer neuen Mission Bescheid geben, damit sie sich gegenseitig um ihre Wohnungen kümmern können. Nur wenn es nicht anders geht oder der jeweils andere auf Mission ist, weichen sie auf andere Personen aus. Das machen sie schon seit Jahren so«, erklärte der Schwarzhaarige. Die Godaime lächelte sanft. »Also lag es gar nicht an deinen Beobachtungen hinsichtlich Itachi und Sakura. Ino war diejenige, die dich in deinen Vermutungen bestätigt hat.« Shikamaru nickte und erwiderte ein knappes »Aa.« »Also?«, fragte Tsunade, »Was möchtest du von mir?« Shikamaru zuckte kurz mit den Schultern, ehe er interessiert nachfragte: »Können wir ihm vertrauen? Nicht nur, was Sakura betrifft, hier geht es auch um das Wohlergehen des Dorfes.« »Ich kann dir versichern, dass Uchiha Itachi sein ganzes Leben lang im Sinne Konohas gehandelt hat«, antwortete die Braunäugige, »Und es noch immer tut.« »Er ist also ein Spion?«, fragte der junge Nara misstrauisch und ungläubig zugleich. Der Hokage lachte ob der Verwunderung des jungen Mannes kurz auf und entgegnete: »Ist es dir nie aufgefallen? Itachi hatte etliche Möglichkeiten das Dorf zu vernichten. Mit ihm als Kapitän eines ANBU-Trupps hat er die geheimsten Aufträge erledigt. Er kennt sämtliche Möglichkeiten, wie man unentdeckt ins Dorf kommt – und wieder heraus. Obwohl das Dorf und dessen Shinobi ihr Möglichstes tun, Schwachstellen gibt es immer. Und Uchiha Itachi ist wohl die größte von allen.« »Er steht in den Bingo-Büchern sämtlicher Nationen. Aber bis jetzt hat ihn noch niemand zur Strecke gebracht«, stellte Shikamaru fest. »Es ist nicht unsere Priorität Uchiha Itachi auszuschalten«, erwiderte die Godaime leichthin. Entnervt seufzend sagte er: »Er gehört Akatsuki an.« »Aa. Das tut er. Und Akatsuki will etwas, das wir haben«, gab Tsunade ihm den Hinweis. »Also gibt es zwei mögliche Entwicklungen«, überlegte der junge Mann, während er das Dorf überblickte, »Entweder wir spielen ihnen damit direkt in die Hände oder wir können das Leck ausnutzen und selbst Informationen sammeln.« Mit einem scharfen Blick, wandte sich die Blondine dem Jüngeren zu und erklärte: »Ich habe Sakura darauf angesetzt, sich mit Itachi auszutauschen, aber das war nicht der einzige Grund, warum ich sie habe gehen lassen.« Als Shikamaru nun seinerseits dem Oberhaupt seines Dorfes entgegenblickte, hatte sie sich bereits wieder von ihm abgewandt. »Sakura hat mich darum gebeten.« »Also hat es sie erwischt«, seufzte der Nara müde und genervt auf, ehe seine Körperhaltung wieder etwas an Anspannung verlor. »Es hat sie so was von erwischt«, stimmte Tsunade ihm hell lachend zu. Die Stille, die schließlich die zwei Personen in dem großen Büro umgab, war angenehm – beinahe zufriedenstellend. Sämtliche Straßen Konohas wurden nun durch Laternen und Lampen erhellt, Shinobi waren auf ihren Wegen zu Missionen, nach Hause, oder einfach unterwegs, um sich mit Freunden zu treffen, zu essen oder zu trinken. Es war friedlich und ruhig. Wenn auch nicht im wortwörtlichen Sinne. »Können wir ihm denn wirklich vertrauen?«, durchbrach der Schwarzhaarige erneut ihr Schweigen. Man konnte förmlich das Lächeln, das ihre rot-bemalten Lippen umspielte, aus ihrer Stimme heraushören, als sie sprach: »Du klingst wie Naruto. Und ich werde dir dasselbe antworten: Ich denke, wir können ihm, was Sakura angeht, vertrauen. Jedoch bin ich mir nun sicher, dass wir ihm ebenfalls vertrauen können, wenn es um vertrauliche Informationen geht. Im Prinzip hat Uchiha Itachi nie seinen Status als Shinobi Konohas eingebüßt.« Mit zusammengezogenen Augenbrauen stellte Shikamaru skeptisch die Vermutung auf: »Also ist er kein Nukenin.« »Das ist sein offizieller Status«, klärte die Godaime ihn auf, »Doch es ist nicht meine Verantwortung diese Geschichte zu erzählen. Ich denke sowieso, dass bald alles ans Licht kommt. Früher oder später.« »Du weißt mehr, als du zugeben möchtest, Hokage-sama«, stellte der junge Mann mit einem Seitenblick auf seine Vorgesetzte fest. Es war dieser Ausdruck in ihren rehbraunen Iriden, der ihm verriet, dass sie irgendetwas ausheckte. Ihre Worte bestätigten ihn nur in seiner Annahme. »Es wird sich alles fügen, wenn es so abläuft, wie ich es mir vorstelle.« Kurz bevor Shikamaru bereit war, seinen Heimweg anzutreten, wurde er jedoch von der Blondine zurückgehalten. »Gib nicht Sakura die Schuld dafür, dass sie es euch nicht gesagt hat. Ich habe es ihr untersagt, darüber zu sprechen.« »Wakatta«, sagte der Schwarzhaarige nickend, »Aber Naruto weiß es.« »Hai, er weiß es«, stimmte ihm der Hokage ebenfalls nickend zu, »Ich möchte, dass du Neji und Kakashi morgen früh zu mir schickst. Ich werde es ihnen und auch Jiraiya offenbaren. Und es muss vor Sakuras Ankunft geschehen, damit der Hyuuga-Bengel sich vorher ein wenig abreagieren kann.« Seufzend murmelte der Nara verstimmt: »Dann muss ich wieder so früh aufstehen.« »Außerdem sage ich dir, was ich bereits Naruto gesagt habe: Niemand – nicht einmal Temari – darf von dieser Mission erfahren. Ich gestatte es euch nur, weil ihr in unmittelbarem Kontakt zu Sakura steht und ihr Team seid. Es ist wichtig, dass ihr euch vertrauen könnt, und in eurer momentanen Situation könnt ihr das nicht. Was Jiraiya angeht: Ich kann ihn aus dieser Sache nicht ausschließen. Immerhin war es seine Mission Informationen über Akatsuki zu sammeln. Es ist sein gutes Recht, über den weiteren Verlauf in Stand gesetzt zu werden«, erhob die Blondine erneut das Wort. Zustimmend nickte der Schwarzhaarige knapp und hob dann seine Hand, um Fingerzeichen formen zu können. »Shikamaru«, sprach die Ältere ihn noch einmal an, »Nimm gefälligst die Tür! Wenn du schon nicht durch diese gekommen bist, kannst du wenigstens aus dieser verschwinden.« Mit einem geseufzten »Mendokuse« schritt er lässig zur Tür, ehe er durch diese entschwand und schweigend seinen Heimweg antrat. Was zurückblieb, war nur die vollbusige Frau, dessen Blick noch immer auf das nun verdunkelte Dorf gerichtet war. Und das helle Lachen, das den großen Raum erfüllte, als wären es Glöckchen, die lieblich aneinanderklirrten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)