Der Junge im Bus von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 1: Der Junge im Bus --------------------------- Derek rammte wütend seine Hände in die Hosentaschen und starrte sein Auto an, als wollte er es ermorden. Dumm nur, dass er dafür zu spät kam, denn sein Camaro war bereits tot; sprang einfach nicht mehr an! Und weit und breit niemand, den er bitten konnte, ihm Starthilfe zu geben. Er ließ seinen Wagen ungern um diese Zeit, es war beinahe Mitternacht in dieser Gegend stehen, doch was sollte er machen? Morgen würde er sich um einen Abschleppdienst kümmern, doch jetzt wollte er erst einmal einfach nur noch nachhause. Er fragte die kleine, elektronische Frau, die in seinem Handy wohnte und sie gab ihm die Auskunft, dass drei Straßen weiter ein Bus fuhr. Wenn er diesen bis zur Endhaltestelle nähme, wäre er beinahe schon vor seiner Haustür. Derek streichelte noch einmal über die Motorhaube, als würde er sich von einem Freund verabschieden und dann setzte er sich in Bewegung. Einen Augenblick später stand er mit einigen anderen müden Gestalten an der Bushaltestelle und wartete. Es war Ende Oktober und für kalifornische Verhältnisse ungewöhnlich frisch. Nasse, dunstige Luft war von der San Francisco Bay her in jeden Winkel der Stadt gekrochen. Der Nebel und die grellen Lichter der Großstadt verbargen den Vollmond am Himmel, doch Derek spürte ihn dennoch in den Eingeweiden. Wie immer machte er ihn ein klein wenig unruhig. Das würde sich wohl niemals ändern, ganz gleich, wie alt er wurde. Endlich kam der Bus. Beim Fahrer löste Derek sein Ticket und dann suchte er nach einem Sitzplatz, denn er hatte keine Lust, die vierzig Minuten Fahrtzeit stehend in dem schaukelnden Gefährt zuzubringen. Der einzig freie Platz allerdings befand sich gegenüber einem jungen Mann, welcher die Augen geschlossen und die Beine unverschämt weit ausgestreckt hatte. Der Fremde schlief möglicherweise und darum sagte Derek lauter und zugegebenermaßen auch unfreundlicher, als eigentlich nötig: „Darf ich mal?“ Der Junge schreckte auf und blickte ihn verstört an. Seine Augen hatten in dieser Beleuchtung die Farbe von Honig: „Entschuldigung!“ murmelte er müde und zog sein Fahrgestell ein. Erst danach schien der Bursche Derek richtig wahrzunehmen und begann, sein Gegenüber beinahe schon ein wenig dreist zu mustern. Derek verdrehte die Augen. In dieser verflixten Stadt wurde er wirklich permanent angemacht! Anscheinend gab es irgendetwas an ihm, dass schwulen Kerlen suggerierte, dass er auf ihrer Speisekarte stünde. Er verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Offensichtlich bemerkte der kleine Kerl sofort, dass sein Interesse unerwünscht war. Er sah ertappt aus, senkte die Augen zunächst zu Boden und einen Augenblick später schloss er sie ganz einfach wieder. Nun da es ungefährlich war, weil seine Neugier nicht mehr fehlinterpretiert werden konnte, begann Derek seinerseits, den Jungen zu mustern. Im Grunde genommen gab es da gar nichts Besonderes an ihm: Vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahre alt, im Grunde gutaussehend, wenn auch ein wenig heruntergekommen; hellbraunes Haar, das mal wieder einen frischen Schnitt vertragen könnte, blasse Haut, zerrissene Jeans, ramponierte Stoffturnschuhe, roter Kapuzenpullover, ein wenig fleckig. Bei sich trug er einen kleinen, vollgestopften Rucksack, den er im Klammergriff hielt, als habe er Angst, jemand könnte ihm diesen stehlen. Und Derek ahnte, dass sich in dieser Tasche möglicherweise alles befand, was dieser Bengel besaß. Da war etwas in den Gesichtszügen des Jungen, woran Dereks Blick hängen blieb; Anspannung, etwas Gehetztes, Verlorenes und um seinen Mund spielte ein verletzlicher Zug. `Zweifellos ein Ausreißer!´ dachte Derek bei sich. Kids wie ihn richtete die große Stadt in kürzester Zeit zugrunde. Er konnte den Magen des Jungen knurren hören. Ganz offensichtlich hatte dieser schon seit einiger Zeit nichts mehr zu Essen gehabt. Gegen seinen Willen spürte Derek, wie der Knabe, der ihm gegenüber saß an sein Herz rührte, aber was sollte man machen. Wenn man anfing, sich um all´ die Streuner in dieser Stadt zu kümmern, dann wurde daraus ganz schnell ein Vollzeitjob und Derek hatte im Grunde wirklich andere Sorgen. Der Junge schien mittlerweile fest eingeschlafen zu sein und seine Gesichtszüge entspannten sich ein wenig. Außerdem lockerte sich dadurch auch der Griff um seinen Rucksack. Dereks Blick fiel nun auf den Kerl neben dem Schlafenden und dieser witterte in jenem Augenblick offenbar seine Chance, sich unrechtmäßig zu bereichern. Derek funkelte ihn böse an und knurrte leise: „Denk´ nicht mal dran!“ An der nächsten Haltestelle stieg der glücklose Dieb mit einem wehmütigen Blick zurück auf die vermeintlich leichte Beute aus. Je näher der Bus der Endhaltestelle kam, umso mehr lichteten sich die Reihen und bei den letzten vier Stationen gab es nur noch drei Personen im Fahrzeug; den Fahrer, Derek selbst und den schlafenden Jungen. Als sich die Bustüren ein letztes Mal öffneten, erhob sich Derek und begab sich in Richtung Ausgang. Der Junge indes schlief einfach weiter und als der Fahrer dessen gewahr wurde, kam er fluchend hinter seinem Lenkrad hervor: „Es ist doch immer dasselbe!“ Schimpfte er. Aus irgendeinem Grund hielt Derek inne und wartete ab, was geschah. Der Busfahrer, ein großer, übergewichtiger, kräftiger und brutal aussehender Kerl Anfang vierzig, hatte den Jungen mittlerweile am Schlafittchen gepackt und schüttelte ihn unnötig grob wach: „Hör zu, du kleiner Punk! Das hier ist kein Nachtasyl und ich hab´ jetzt Feierabend, also verpiss´ dich, ehe ich die Cops rufe!“ brüllte er und nun ohrfeigte er den Burschen auch noch, der offensichtlich gar nicht wusste, wie ihm geschah und der hilflos im Griff des körperlich überlegenen Kerls zappelte. Derek hatte selbst keine Ahnung, warum er sich nun einmischte, denn eigentlich war er müde, wollte bloß nachhause und überhaupt ging ihn das Ganze doch gar nichts an, richtig? Dennoch rief er: „Hey Kumpel. Ganz ruhig! Der Bursche hat dir doch gar nichts getan. Er ist lediglich im Bus eingeschlafen. Das ist ja wohl kein Verbrechen, also lass´ ihn jetzt gefälligst los.“ Der Busfahrer fuhr wütend zu Derek herum. Er war größer als dieser und schwerer war er in jedem Fall auch, doch Derek hatte keinen Grund, sich davon allzu beeindruckt zu zeigen. Er richtete sich zu voller Größe auf und ließ in seinem engen Shirt unverhohlen Brustmuskeln und Bizeps spielen. Anstatt sein Wort weiterhin an den Fahrer zu richten, sagte er nun zu dem Jungen: „Na, komm Kleiner! Lassen wir den Hulk hier seinen Feierabend machen und steigen aus; was meinst du dazu?“ Der Bursche entwand sich dem Griff des Aggressors, schnappte sie seinen Rücksack und folgte Derek eilig aus dem Fahrzeug. Der Fahrer schaute den beiden feindselig hinterher und murmelte etwas, das klang wie `Gottverdammte Schwuchteln!´, doch als Derek sich noch einmal auf dem Absatz umdrehte und ihn streng musterte, hatte er dann doch nicht den Mumm, es ein weiteres Mal zu wiederholen und trottete stattdessen zurück in den vorderen Bereich des Busses. Als sie draußen waren, bedankte der Junge sich knapp bei Derek und schenkte ihm einen misstrauischen Blick: „Nichts zu danken!“ gab Derek schulterzuckend zurück, wandte sich zum Gehen und eigentlich hätte es damit gut sein können. Er hatte seine gute Tat für heute vollbracht wie ein wahrer Pfadfinder und hätte nun selbstzufrieden nachhause trotten können, aber nein! Er musste sich ja unbedingt noch einmal umschauen und erkannte dann, dass der Junge sich auf der kalten, unbequemen Bank der Haltestelle für die Nacht einrichtete. Der Bursche hatte seine Kapuze hochgeschlagen und den Rucksack, vermutlich gleichermaßen aus Sicherheitsgründen, wie auch als Schutz gegen die Kälte vor den Bauch geschnallt. Das würde eine unbequeme, kalte und gefährliche Nacht für den Kleinen werden. Seufzend machte Derek also kehrt und erkundigte sich: „Hey Junge! Soll ich dich vielleicht auf einen Kakao oder so etwas einladen? Das Diner auf der anderen Straßenseite hat noch geöffnet.“ Sogar in Dereks eigenen Ohren klang es, als habe er dem Jungen gerade Hundewelpen und Süßigkeiten versprochen, damit er ihm in einen dunklen Keller folgte und auch der Knabe selbst fragte nun skeptisch: „Wieso? Was willst du von mir?“ Derek war froh, dass man sein Erröten in der Dunkelheit nicht sah. Er überspielte seine Peinlichkeit, indem er grob erwiderte: „Wie bitte? Ich will doch bloß nett sein, du kleines Arschloch! Christliche Nächstenliebe, weiter nichts!“ Dann drehte er sich ruckartig um und ging. Es dauerte etwa eine halbe Minute, ehe Derek hörte, wie der Junge hinter ihm her gerannt kam: „Hey, du! Tut mir leid!“ murmelte er unbehaglich: „Du warst heute echt nett zu mir. Nicht nur wegen des Busfahrers. Auch vorher schon, als du den Typ verjagt hast, der meinen Rucksack klauen wollte!“ Verflucht! Das hatte der Junge also mitbekommen! Derek errötete schon wieder! Was war er? So ein verdammtes, zwölfjähriges Schulmädchen? Der Junge fuhr fort: „Ich habe einfach nicht so gute Erfahrungen gemacht, seit ich hier in der Großstadt bin, wenn ich mich auf `die Freundlichkeit von Fremden´ verlassen habe!“ Er malte hierbei Anführungszeichen in die Luft. Derek schaute den Burschen ratlos und ein klein wenig mürrisch an und dieser erläuterte hilflos: „Na, das ist ein klassisches Filmzitat. Das kennt man doch! Blanche sagt das; in `Endstation Sehnsucht´. Sie habe sich immer auf die Freundlichkeit von Fremden verlassen“ Derek zog genervt die Augenbrauen hoch. Nun war es definitiv: Der Kleine WAR schwul! Kein heterosexueller Junge in seinem Alter würde jemals diesen alten Schmachtfetzen zitieren. Oder überhaupt kennen! „Verstehe!“ brummte der Ältere: „Also los, Blanche! Besorgen wir dir `nen Kakao!“ Der Knabe sah aus, als wollte er etwas einwenden, doch er tat es nicht. Im grellen Neonlicht des Diners konnte Derek nun ganz deutlich sehen, wie unendlich müde sein Gegenüber sein musste. Die letzte Nacht, die er komplett durchgeschlafen hatte, musste wohl schon eine Weile zurückliegen. Ihre Bedienung war eine rundliche, mütterlich wirkende, kleine Frau Anfang fünfzig mit Pudeldauerwelle, die trotz der späten Stunde putzmunter wirkte: „Was kann ich euch bringen, Jungs?“ wollte sie wissen. Derek bestellte den versprochenen Kakao und weil der Magen des Jungen nicht zu knurren aufhören wollte, auch noch zwei Burger mit French Fries und je einen kleinen Salat. Als die Kellnerin fort war, sagte der Junge unbehaglich: „Ich kann mir das aber nicht leisten.“ Derek schnaubte: "Hast du mir nicht zugehört? Ich habe doch gesagt, ich lade dich ein!“ Im Gesicht des Jungen stand deutlich zu lesen, dass er sich fragte, wo der Haken sein mochte, doch er sagte nichts: „Wie kommt es eigentlich, dass du an Bushaltestellen schläfst?“ Wollte Derek nun wissen: „Wo sind deine Eltern?“ Der Bursche blickte unglücklich zu Derek hinüber: „Ich sprech´ darüber nicht gern.“ gab er leise und unglücklich zurück: „Bist du von zuhause abgehauen?“ bohrte Derek dennoch weiter. Sein Gegenüber nickte: „Gewalttätige Eltern?“ fragte der Ältere nun. Der Junge blickte verstört auf: „Was? Nein!“ rief er aus. Sein Vater hatte nicht ein einziges Mal in seinem Leben die Hand gegen ihn erhoben. Allein der Gedanke daran war absurd und das konnte er so nicht im Raum stehen lassen. Und so seufzte der Junge und begann nun doch noch, dem Fremden seine Geschichte zu erzählen, auch, um nicht darüber nachdenken musste, wie sehr er seinen Vater und sein Zuhause vermisste: „Es war an meinem achtzehnten Geburtstag. Mein bester Freund und ich hatten ein bisschen gefeiert und auch ziemlich viel getrunken. Irgendwann haben wir...“ er stockte, weil er nicht wusste, wie dieser Kerl auf das reagieren würde, was vorgefallen war: „...na ja, er und ich haben ein bisschen rumgeknutscht. In genau diesem Moment kam mein Dad vom Dienst und hat uns erwischt.“ Sein Gastgeber wirkte nicht sonderlich überrascht über seine Enthüllung. `War es etwa so offensichtlich, was er war?´ fragte sich der Junge verunsichert. Er selbst war sich seiner Sache ja noch nicht einmal zu hundert Prozent gewiss und so sagte er: „Es ist nicht, was du denkst! Scott und ich haben nur herumgealbert. Wir haben so etwas vorher noch nie gemacht und sind nicht verliebt ineinander, oder so! Aber mein Dad...er hat mich so eigenartig angeschaut...so, als würde er mich gar nicht mehr erkennen...so, als wäre etwas...absolut verkehrt mit mir. Danach war es zwischen uns nicht mehr wie vorher. Wir haben kaum noch geredet. Ich dachte, nach dem Schulabschluss würde es irgendwann auch mal wieder besser werden, doch so war es nicht. Ich habe diesen Blick irgendwann einfach nicht mehr ertragen. Und so habe ich eines Nachts ein paar Sachen gepackt und bin abgehauen.“ Und nun stand dem Jungen doch noch das Wasser in den Augen. Derek reichte ihm wortlos eine Serviette aus dem Spender auf dem Tisch und fragte, um seinen Tischnachbarn abzulenken: „Sag´ mal, wie heißt du eigentlich, Kleiner?“ „Stiles.“ erwiderte dieser und zog unglücklich und lautstark den Rotz hoch. „Huh?“ machte Derek und riss überrascht die Augen auf: „Was ist das denn für ein Name? DER wäre doch mal ein guter Grund, um von zuhause wegzulaufen, denn der grenzt an Kindesmisshandlung, aber doch nicht die Tatsache, dass dein Dad dich komisch anschaut. Hast du mit ihm überhaupt mal offen über die ganze Sache gesprochen? Hast du ihm gesagt, dass du schwul bist?“ Stiles Stimme überschlug sich beinahe: „Also erstens habe ich mir den Namen selbst ausgesucht, weil er mir gefällt, denn in Wahrheit ist es mein wirklicher Name der, der zum Weglaufen ist und zweitens habe ich nie gesagt, dass ich schwul wäre!“ „Aber das bist du, oder?“ wollte Derek wissen. Stiles blickte unsicher zu ihm auf, zuckte mit den Schultern und flüsterte: „Ich weiß es nicht.“ Derek runzelte die Stirn: „Was soll das denn heißen? So etwas weiß man doch! Ich meine, schläfst du mit Jungs oder mit Mädchen? Das würde uns schon mal einen Anhaltspunkt geben.“ Stiles sah aus, als wollte er sich am liebsten in den Ritzen der `Schaumstoff-mit-kotzgrünem-Plastik-bezogenen-Sitzbank´ verkrümeln, doch er antwortete nicht. Derek verstand, was hier los war und konnte sich mit Ach und Krach ein schallendes Lachen verkneifen. Er biss sich hierfür fest in die Innenseite seiner Wangen: „Noch Jungfrau, hmm!“ machte er stattdessen halbwegs ernst. Stiles sackte so tief in die Sitzbank hinab, dass er beinahe unter dem Tisch verschwand und Derek beeilte sich, zu versichern: „Hey, ist doch nicht schlimm! Ich finde es sogar ganz süß, dass du dich aufhebst!“ Der Junge knurrte: „Es gibt aber einen feinen Unterschied zwischen `sich aufheben´ und `einfach übrigzubleiben, weil niemand einen will´!“ Nun konnte Derek einfach nicht mehr an sich halten und er lachte doch noch ein wenig. Stiles grollte: „Auch, wenn du das Essen zahlst muss ich dir leider trotzdem sagen, dass du ein Vollarsch bist!“ Derek grinste schief: „Tut mir echt leid, Kleiner! Ich lache bloß, weil das Blödsinn ist. Ich bin vielleicht der Falsche, das zu beurteilen, denn ich bin nun einmal nicht...SO, aber mit dir ist doch alles in Ordnung, soweit ich sehen kann. Nur weil du noch nicht den Richtigen gefunden hast, bedeutet das nicht, dass es ein Problem mit dir gibt. Du bist doch noch so jung, Stiles!“ Dann schüttelte er den Kopf: „Also an den Namen muss ich mich erst noch gewöhnen!“ „Pfft!“ machte Stiles verächtlich: „Wie heißt DU denn überhaupt?“ „Derek!“ gab der Ältere zurück. Stiles zog ungläubig die Augenbrauen hoch: „Das ist doch ein Name für irgend so einen gruseligen, alten Sack!“ Er schüttelte den Kopf und wiederholte verächtlich: „Derek? Mit so einem Namen würde ich mich echt nicht so weit aus dem Fenster lehnen und mich über die Namen anderer Leute lustig machen, Mister!“ Derek grinste immer noch: „O.K., das habe ich verdient. Verrätst du mir denn nun auch, wie dein wirklicher Name lautet?“ Stiles schmunzelte zurück: „Kommt nicht in Frage!“ erwiderte er entschlossen: „Diese Info ist Top Secret. Den habe ich nicht einmal meinem besten Freund verraten.“ „Na dann muss er ja wirklich grauenhaft sein.“ gab Derek zurück. In diesem Moment kam die Kellnerin mit ihrer Bestellung zurück und da zeigte sich, dass Dereks mit seiner Annahme, dass Stiles vollkommen ausgehungert war, richtig gelegen hatte, denn dieser stürzte sich auf die Mahlzeit, wie ein hungriger Löwe, so dass der Ältere, der eigentlich gar keinen rechten Appetit hatte, ihm auch noch seine Pommes überließ. Der Junge blickte ihn so dankbar an, als habe Derek ihm eine Niere gespendet. Dem Älteren, welchem diese übergroße Dankbarkeit mehr als unangenehm war, zuckte lediglich unwirsch mit den Schultern und behauptete, es sei ohnehin zu spät für Kohlenhydrate. Nach dem Essen bedankte sich Stiles noch mehrmals für die Einladung und nachdem Derek gezahlt hatte, Stiles war nicht entgangen, dass dieser der Kellnerin ein ziemlich üppiges Trinkgeld dagelassen hatte, wollte sein Gastgeber wissen: „Und was machst du nun, Stiles? Wo wirst du schlafen?“ Statt einer Antwort zuckte der Junge mit den Schultern und deutete mit dem Kinn auf die Bushaltestelle auf der anderen Straßenseite. Derek runzelte die Stirn und murmelte dann ein knappes: „Na, dann pass´ gut auf dich auf, Kleiner!“ und wendete sich zum Gehen. „Danke! Für alles!“ rief Stiles ihm noch ein weiteres Mal hinterher. Derek nickte, ohne sich umzuwenden und schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Verflucht kalte Nacht! Da mochte man nicht einmal einen Hund vor die Tür jagen. Derek glaubte selbst nicht, was er als nächstes tat. Er machte kehrt und fragte Stiles: „Ich wohne einen Block von hier. Willst du nicht lieber auf meiner Couch schlafen? Da gibt es keine Obdachlosen, die dir deinen Rucksack klauen wollen. Und auch nur ein Minimum an Ratten und Waschbären, die dich im Schlaf anknabbern möchten.“ Verflucht nochmal, er legte es wohl darauf an, Pfadfinder des Jahres zu werden, dachte Derek, von sich selbst gleichermaßen überrascht, wie auch genervt. Stiles sah mehr als skeptisch aus, und so knurrte Derek mürrisch: „Was ist denn das für ein Blick, hmm? Also gut, jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit, Stiles: Ich bin nicht andersrum! Aber selbst wenn ich es wäre; denkst du allen Ernstes, dass ich es dann nötig hätte, kleine Jungs wie dich in mein Apartment zu locken, um sie im Schlaf anzufallen?“ Stiles funkelte ihn böse an: „Erstens bin ich kein kleiner Junge mehr, sondern ich bin achtzehn! Und zweitens habe ich ja nicht gesagt, dass du es nötig hättest, denn du bist wirklich heiß, aber vielleicht ist es ja ein Sport für dich? Woher soll ich das wissen? Ich kenne dich schließlich nicht.“ Überraschenderweise grinste Derek nun: „Du findest mich heiß, hmm? Klingt, als wäre ich derjenige, der nervös werden sollte, wenn wir allein in meiner Wohnung wären.“ Nun war es einmal an Stiles, rot zu werden: „Was könnte ich schon gegen deinen Willen mit dir anstellen, bei deinem Bizeps?“ schnappte er. „Du könntest eine Waffe bei dir tragen!“ gab Derek schmunzelnd zu bedenken: Stiles schüttelte den Kopf: „So ein Unsinn! Filz mich, wenn du das denkst! Du darfst mich gern ganz genau untersuchen!“ Der Junge überdachte seine Worte noch einmal. Dann riss er plötzlich erschrocken die Augen auf und stotterte: Das…das war kein unsittliches Angebot oder so! Fuck! Du weißt, wie ich das gemeint habe, oder?“ Derek begann zu kichern: „Ja, Stiles! Ich weiß, wie du das gemeint hast. Also was ist nun? Kommst du mit? Wenn du willst, darfst DU mich auch genau untersuchen. Und nein; auch das ist kein unsittliches Angebot!“ Stiles nickte: „Also gut! Ich komme mit dir. Aber nur, weil ich mittlerweile so müde bin, dass es mir egal wäre, ob du mich aus dem Tiefschlaf reißt, um mir meine Jungfräulichkeit zu rauben.“ Er hielt einen Moment inne und fügte dann kindlich hinzu: „UND deshalb, weil du mir mit der Vorstellung von menschenfressenden Waschbären Angst gemacht hast.“ In seinem Kopf sah Stiles das sorgenvolle Gesicht seines Vater. Und er hörte die Stimme von Scotty, die rief: „Alter, das kannst du nicht machen. Was, wenn der Kerl ein Axtmörder ist?“ `Tja, Leute!´ sagte er innerlich zu sich selbst: `Irgendwo muss ich schließlich schlafen.´ Und so folgte der behütete Kleinstadtjunge dem großen, muskulösen, älteren Kerl, den er gerade erst kennengelernt hatte in seine Wohnung. Kapitel 2: Ein Pyjama für Zwei ------------------------------ Vorwort: Eigentlich sollte das hier ja bloß ein klitzekleiner One-Shot werden, aber nun habe ich mich in die Idee verliebt und es wird doch was Längeres mit uns beiden. ;-) Und eigentlich wollte ich endlich mal eine Peter-freie Sterek-Geschichte schreiben, doch dann fehlte mir der Mistkerl und voilá: Da ist er wieder! Ich hoffe, ihr habt Spaß! Liebe Grüße Ginger _______________________________________________________ Dereks Apartment war zu einhundert Prozent auf die Bedürfnisse eines Singles zugeschnitten. Man trat durch die Tür und stand sofort in einem großen Wohnzimmer mit offener Küche hinter einem Tresen. Hiervon gingen zwei weitere, im Augenblick verschlossene Türen ab; Schlaf- und Badezimmer, wie Stiles vermutete. Außerdem gehörte zum Wohnzimmer auch noch ein großzügiger Balkon, der im Augenblick im Dunkeln lag. Ein paar Dinge fielen Stiles sofort an Dereks Zuhause in Auge: Zum Ersten war alles wahnsinnig sauber und ordentlich. Die Einrichtung war minimalistisch und beinahe steril in ihrer Nüchternheit. Außerdem war alles in weiß und hellgrau gehalten und die Möbel waren allesamt modern, edel und sahen teuer aus. Derek hatte inzwischen Kissen und Decke besorgt und drückte dem Jungen beides mit den Worten in den Arm: „Da steht das Sofa. Mach´s dir bequem! Wenn du etwas brauchst, darfst du gern an den Kühlschrank gehen. Und ein Wort der Warnung: Wenn ich morgen früh aufwache und du bist zusammen mit meinem Laptop und meiner Brieftasche verschwunden, dann werde ich mich an deine Fährte heften, dich finden und fertig machen, Capisce?“ Stiles blickte den Älteren mit großen Augen an und antwortete erschrocken: „Hey! Ich bin kein Dieb!“ „Wir werden sehen!“ gab Derek schulterzuckend zurück: „Schlaf´ gut!“ Stiles jedoch rührte sich nicht vom Fleck und wirkte unbehaglich und so fragte Derek genervt: „Was ist denn noch? Wartest du auf einen Gute-Nacht-Kuss, oder was?“ „Ich...“ Stiles schluckte und fuhr beinahe flüsternd fort: „Also, ich würde gern duschen, wenn ich darf.“ Er kam sich unverschämt vor, überhaupt zu fragen. Derek grinste: „DAS ist alles? Na, dann geh´ doch! Das Badezimmer ist dort drüben.“ Er deutete auf eine der Türen: „Nimm´ dir ein Handtuch vom Regal.“ Stiles nickte schüchtern und verschwand im Bad. Derek blickte ihm kopfschüttelnd hinterher und machte sich eine Tasse Tee als Schlummertrunk. Das Badezimmer war von oben bis unten weiß gefliest und auch hier war alles peinlich sauber. Das einzig Schmutzige in diesem Raum war Stiles selbst. Er legte seine dreckstarrenden Kleider ab und betrachtete sich in dem großen Spiegel über dem Waschbecken. Er stellte erschrocken fest, dass er tüchtig abgenommen hatte. Er war immer schon schlank gewesen, doch das was ihm da gerade im Spiegel entgegenblickte, sah erbärmlich aus. Eine Überraschung war dies natürlich nicht, denn seit drei Wochen war er permanent auf den Beinen gewesen, hatte wenig zu essen gehabt, weil er mit dem Taschengeld, dass er bei seiner Flucht dabei gehabt hatte, sehr sparsam umgegangen war. Und dennoch war sein Erspartes nun bereits seit zwei Tagen aufgebraucht gewesen. Wenn dieser Derek ihn heute nicht zum Essen eingeladen hätte, hätte er nicht gewusst, was er tun sollte. Er hatte schon so kurz davor gestanden, sich aus dem Müll zu ernähren. Stiles trat in die Dusche, schloss die Glaskabine hinter sich und stellte das Wasser an. Und als er schließlich umhüllt war von Wasserdampf und dem Duft des Duschgels und als die warmen Wassertropfen ihn streichelten, dachte er plötzlich an zuhause und begann zu weinen. Eine heiße Dusche war ihm in seinem bisherigen Leben stets so selbstverständlich vorgekommen, doch nach den Erfahrungen der letzten Wochen erschien sie ihm nun wie der reinste Luxus. Derek hockte mit seinem Tee am Küchentresen, hörte dem Kleinen im Bad beim Heulen zu und schüttelte den Kopf über ihn. Was hatte dieser Stiles sich bloß dabei gedacht, einfach so von zuhause abzuhauen und in eine wildfremde Stadt zu kommen? Es war doch mehr als offensichtlich, dass er für das Leben auf der Straße überhaupt nicht geschaffen war und hier untergehen würde! Einen Moment später kam Stiles mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Bad zurück. Derek verdrehte die Augen, als er die magere, blasse Gestalt erblickte. Der Junge begann, in seinem Rucksack herumzukramen und nun sah Derek auch endlich, welche unglaublichen Schätze sich unter anderem darin verbargen. Es handelte sich um saubere Kleidung! Stiles zog ein T-Shirt und eine Boxershorts hervor und vergewisserte sich, dass Derek gerade nicht hinsah, ehe er sein Handtuch ablegte und sich anzog. Er zuckte zusammen, als Derek ihn unvermittelt ansprach: „Was hältst du davon, wenn wir das Zeug, dass du heute anhattest in die Waschmaschine stecken? Dann kommt es morgen früh in den Trockner und du kannst es wieder mitnehmen?“ Stiles blickte den Älteren an, unsicher, ob er das Angebot annehmen durfte, doch schließlich nickte er. Als er sich schließlich auf der, mit festem, hellgrauen Baumwollstoff bezogenen, erstaunlich bequemen Couch eingerichtet hatte und Derek im Begriff war, ins Bett zu gehen, murmelte Stiles noch: „Ich bin dir wirklich wahnsinnig dankbar! Seit ich hier in San Francisco angekommen bin, habe ich kaum einen freundlichen Menschen getroffen. Ich...“ Stiles kämpfte schon wieder mit den Tränen. Scheinbar machte ihn diese ganze `Mutterseelenallein-in-der-Großstadt´-Erfahrung nicht härter, sondern weicher. Es war ihm vor Derek wahnsinnig peinlich loszuheulen, wie ein Baby, also murmelte er bloß noch rasch ein: „Danke!“ streckte sich dann auf dem Sofa aus und kehrte Derek den Rücken zu: „Keine große Sache!“ behauptete Derek darauf: „Schlaf gut, Kleiner!“ Mit diesen Worten zog er sich in sein Schlafzimmer zurück. Stiles fiel beinahe augenblicklich in tiefen Schlaf. Er erwachte erst am nächsten Morgen wieder, erfreulicherweise mit intakter Jungfräulichkeit und ohne, dass man seinen Kopf mit einer Axt von seinem Rumpf getrennt hatte. Und er hörte, dass jemand in der Küche hantierte. Ein Blick auf seine Armbanduhr zeigte, dass es bereits nach zehn Uhr war. Stiles schreckte hektisch auf, tapste barfuß hinüber in die Küche und murmelte ein verlegenes: „Guten Morgen!“ „Morgen, Kleiner.“ Erwiderte Derek säuerlich: „Ich dachte schon, du wachst überhaupt nicht mehr auf! Als nächstes hätte ich deinen Puls gefühlt. Ich muss wohl nicht fragen, wie du geschlafen hast, oder? Die Antwort lautet wohl: Wie ein Stein!“ „Entschuldige dass ich so ewig gepennt habe, aber ich war wirklich wahnsinnig müde.“ erwiderte Stiles kleinlaut: „Danke, dass ich hier bei dir schlafen durfte! Wirklich! Vielen Dank!“ „Du musst echt aufhören, dich alle fünf Minuten für jede Kleinigkeit zu bedanken. Du fängst nämlich an, mich zu nerven!“ brummte Derek. `O.K., dieser Derek war definitiv kein Morgenmensch!´ dachte Stiles bei sich und nickte. „Frühstück?“ wollte Derek wissen. Statt eine Antwort trat Stiles unsicher von einem Fuß auf den anderen. Derek stöhnte: „Jetzt hör auf, dich zu zieren!“ verlangte er und schob einen Teller mit Rührei und Schinken und einen Becher Kaffee zu Stiles hinüber: „Danke!“ wisperte dieser schüchtern: „Was habe ich dir denn gerade gesagt?“ knurrte Derek: „Du sollst damit aufhören!“ Nein, definitiv kein Morgenmensch! Stiles blickte zwischen zwei Bissen unsicher zu dem Älteren auf: „Entschuldige!“ murmelte er. Als die beiden Männer nebeneinander saßen und sich ihr Frühstück einverleibten, erkundigte sich Derek, wie Stiles gedachte, den weiteren Tag zu verbringen. „Ich werde das tun, was ich jeden Tag mache.“ Erwiderte dieser niedergeschlagen: „Versuchen, irgendwo einen Job zu finden, damit ich Geld für eine Bleibe habe.“ Nach dem Essen verschwand Stiles, immer noch in seinem Schlafgewand, mit seiner Zahnbürste im Bad. Als er zurückkam, hatte Derek unterdessen offenbar Besuch gekommen. Ein attraktiver Fremder saß nun auf dem Sofa, auf welchem Stiles die vergangene Nacht verbracht hatte. Der Typ hatte dunkelblondes Haar, strahlend blaue Augen, trug Jeans und ein unverschämt weit ausgeschnittenes V-Shirt, welches eine ausgesprochen gut definierte Brust erahnen ließ. Als der Unbekannte Stiles erblickte, erhob er sich, trat ungemütlich nah an ihn heran und kommentierte: „Süß!“ Von Derek wollte er wissen: „Wer ist der Kleine, Neffe? Ein Stricher, den du über Nacht hier hattest. Ich wusste gar nicht, dass du auf solche Sachen stehst. Ich habe dich für einen notorischen Spaßverweigerer gehalten!“ Der fremde Kerl legte übergriffig einen Arm um Stiles Hüfte und wollte wissen: „Und? Hast du eine Karte, oder ´ne Telefonnummer für mich? Vielleicht kommst du ja auch mal zu mir? Was meinst du dazu, Süßer?“ Stiles blickte Derek mit ängstlich aufgerissenen Augen an und dieser schimpfte: „Lass den Jungen in Ruhe, Peter und hör´ auf, dich als Kinderschreck aufzuführen. Der Kleine steht nicht zum Verkauf, also lass´ ihn los. Was willst du überhaupt hier? Hast du mir das schon verraten?“ „Mein Kaffee war alle!“ gab der Fremde zurück, der mittlerweile von Stiles abgelassen und sich in der Küche eine Tasse aus dem Schrank genommen hatte: „Außerdem wollte ich meinen Lieblingsneffen sehen. Das ist doch kein Verbrechen, oder? Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du morgens noch unausstehlicher bist, als gewöhnlich?“ Derek schnaubte: „Also erstens kannst du in dieser Stadt nicht ausspucken, ohne einen Coffee-Shop zu treffen, darum musst du nicht kommen, um mir meinen Kaffee wegzutrinken und zweitens ist es nicht schwer, jemandes Lieblingsneffe zu sein, wenn der ganze Rest der Familie tot ist, oder? Also warum bist du wirklich hier, Peter?“ Dereks Onkel grinste schief: „Dir kann man wirklich nichts vormachen, wie!“ kommentierte er: „Du hast natürlich recht! Ich will noch etwas anderes als Kaffee von dir, mein Lieber und zwar die Schlüssel zu deinem Strandhaus. Ich möchte da nächstes Wochenende mal wieder eine Party feiern.“ Stiles, der die Szene zwischen Onkel und Neffe still beobachtete, während er sich eine frische Jeans überzog, konnte sehen, wie sich Derek Gesicht zu einer Gewitterfront verdunkelte. Und tatsächlich polterte dieser im gleichen Moment los: „SCHON WIEDER? Das letzte Mal, als ich dir das Strandhaus überlassen habe, sah es da hinterher aus, wie die letzten Tage von Rom! Die Nachbarn haben sich bei mir beschwert, weil es offenbar geklungen habe, wie zur Paarungszeit im Wildgehege. Und ich habe dort nachher die unglaublichsten Dinge vorgefunden; unter anderem ein benutztes Kondom IN MEINEM ZUCKERTOPF! Wie ist so etwas überhaupt möglich, frage ich dich? Und ich will gar nicht wissen, was ich alles sehen würde, wenn ich mein Haus einmal gründlich mit Schwarzlicht untersuchen würde. Vermutlich fände ich dort mehr DNA an Wänden und Möbeln, als am Schauplatz eines Schwerverbrechens. Das ist wirklich widerlich, Peter!“ Der Angesprochene zeigte nicht die geringste Spur von Scham oder Reue, stellte Stiles verwundert fest. Im Gegenteil! Dereks Onkel lachte: „Jetzt sei doch nicht immer so ein verkniffener Langweiler, Junge! Ich verspreche auch, dass ich dafür sorge, dass es nicht wieder so ausartet und ich hinterher einen Trupp Tatortreiniger durch´s Haus schicke, die alles wieder blitzsauber schrubben. Und wenn du willst, kannst du auch kommen. Bring´ dein Boytoy hier ruhig mit!“ Er deutete auf Stiles. Derek sah mittlerweile aus, als stünde er kurz vor der Explosion: „WAA...NEIN! Stiles ist nicht mein...VERDAMMT PETER, WAS STIMMT BLOß NICHT MIT DIR!“ brüllte er: „Du gehst auf die Vierzig zu und benimmst dich immer noch wie ein aufgekratzter Teenager!“ „Ich bin Mitte dreißig!“ behauptete Dereks Onkel entrüstet: „Und du bist bloß neidisch auf meinen...aktiven Lebensstil, weil bei dir seit einer Ewigkeit nichts mehr gelaufen ist. Also was ist nun? Kriege ich deine Hütte?“ „Versprichst du, endlich zu verschwinden, wenn ich `Ja´ sage?“ fragte Derek grollend: „Versprochen!“ Gab Peter zurück. Derek griff in eine Schublade, zog ein Schlüsselbund daraus hervor und warf es seinem Onkel zu. Dieser fing es grinsend auf und sagte: „Danke, Junge! Du hast etwas gut bei mir! Und wenn du nächsten Samstag noch nichts vorhast, komm´ vorbei! Ich sorg´ schon dafür, dass du ein bisschen lockerer wirst. Bring´ ne Badehose mit. Oder auch nicht, denn die meisten werden ohnehin nackt baden, nehme ich an.“ Mit diesen Worten wendete sich Dereks Onkel zum Gehen und Derek rief ihm noch angewidert hinterher: „Sorg´ nach deiner Orgie auch dafür, dass das Wasser im Pool gewechselt wird.“ Peter lachte, winkte über seine Schulter, ohne ein weiteres Wort oder sich noch einmal umzuwenden und dann war er verschwunden. „Dein Onkel ist...interessant!“ kommentierte Stiles verunsichert: „Ist er schwul?“ „Eher polymorph pervers, würde ich sagen!“ erwiderte Derek mit einem mürrischen Blick zur Tür, durch welche Peter gerade verschwunden war: „Was bedeutet das?“ fragte Stiles ratlos: „In Peters Fall bedeutet es, dass er absolut alles flachlegt, was ihm vor die Flinte kommt und nicht bei drei auf den Bäumen ist. Tut mir übrigens leid, dass er dich angemacht hat.“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Er hat mich für eine Hure gehalten! MICH, die letzte lebende Jungfrau!“ Sagte er fassungslos: „Ich war bloß froh, dass du in der Nähe warst. Ich bin nämlich nicht so schnell im Bäume hinaufklettern.“ Derek grinste. Stiles war mittlerweile zum Aufbruch bereit, hatte seinen Rucksack gepackt und seine Turnschuhe und Jacke angezogen: „Ich werde dann mal verschwinden!“ verkündete er. Und dann umarmte er Derek zum Abschied, welcher unter der Berührung zum Eiszapfen erstarrte. Schließlich sagte der Jüngere mit einem schiefen Grinsen: „Auch, wenn du es nicht hören magst, sage ich es trotzdem noch einmal: Danke für alles!“ Derek gab einen knurrenden Laut von sich, aber dann rang er sich scheinbar doch noch ein klitzekleines Lächeln ab. (Es konnte sich dabei aber auch allein um Stiles Wunschdenken oder eine Täuschung durch günstiges Licht gehandelt haben.) „Pass´ auf dich auf, Kleiner!“ murmelte Derek. Dann regte sich etwas in seiner Brust; vielleicht war es Besorgnis, vielleicht auch irgendetwas anderes; jedenfalls rief Derek Stiles noch hinterher, als dieser schon beinahe aus der Tür war : „Wenn du willst, kannst du heute Abend wiederkommen! Ab acht müsste ich zuhause sein.“ Stiles warf einen unsicheren Blick zurück und weil er nicht wusste, was er dazu sagen sollte, nickte er einfach nur. Er hatte allerdings nicht die Absicht, auf das Angebot einzugehen, denn schließlich wollte er niemandem zur Last fallen. Draußen regnete es und es schien über Nacht sogar noch kälter geworden zu sein. Stiles knöpfte seine Jeansjacke zu, schlug den Kragen hoch und machte sich auf den Weg in einen weiteren ungewissen Tag. Obwohl er endlich wieder einmal eine ganze Nacht durchgeschlafen und etwas im Bauch hatte, fühlte Stiles sich heute dennoch erschöpfter, als in den vergangenen Tagen. Er schob es darauf, dass es wieder einmal in jedem Diner und in jeder Burgerbude, nur Absagen hagelte. Es war frustrierend! Er war der Zweitbeste seines Jahrgangs gewesen; der Zweitbeste nach Lydia Martin und das war nun wahrlich keine Schande, denn dieses Mädchen war ein heimliches Genie. Wieso also war es da bloß so verflucht schwer, einen ganz simplen Aushilfsjob zu ergattern? Überall, wo er sich bewarb, fragte man ihn nach Vorkenntnissen, doch Stiles hatte noch nie in seinem Leben auch nur einen einzigen Tag gearbeitet. Sein Dad war der Sheriff der Stadt und sie waren auch so immer über die Runden gekommen. Und John Stilinski hatte nicht gewollt, dass Stiles jobbte, denn er sollte sich voll und ganz auf die Schule konzentrieren. Nun war er ein Einser-Schüler, der demnächst verhungern würde. Stiles hatte zwar kein Geld mehr, aber immerhin sein Monatsticket für den Bus. Und das nutzte er, um am Nachmittag hinaus zum Bakers-Beach zu fahren, um auf´s Meer und die Golden-Gate-Bridge zu blicken. Der Regen hatte inzwischen nachgelassen, aber dafür blies hier am Wasser ein kräftiger, kalter Wind, der ohne Schwierigkeiten durch Stiles nasse Kleider, bis auf seine Haut kroch. Der Junge saß am Pier und rollte sich gegen die Kälte zusammen, wie ein ängstlicher Igel. Nach einer Weile wäre er beinahe eingeschlafen. Nun wurde es wirklich höchste Zeit, sich in Bewegung zu setzen, machte er sich klar, denn sonst würde der Hunger keine Chance erhalten, ihn zu töten. Dann würde er an Unterkühlung sterben. Er musste weg von hier; irgendwohin, wo es warm war, die Frage war nur, wo das sein sollte? Gerade war er sogar so weit, dass er nachhause zu seinem Dad gefahren wäre, wenn er noch das Geld für ein Ticket gehabt hätte. Doch diese Möglichkeit fiel ja nun aus. Damit blieben noch zwei weitere Optionen: Er konnte sich entweder irgendwo eine Brücke oder einen warmen Hauseingang zum Übernachten suchen, wo die Wahrscheinlichkeit groß war, überfallen, ausgeraubt, vergewaltigt oder abgemurkst zu werden, oder er konnte noch einmal an die Tür von Derek klopfen und hoffen, dass dieser sein Angebot heute Morgen nicht nur aus einer Laune heraus gemacht hatte. Er hatte seine Entscheidung noch nicht getroffen! Derek hatte heute einige Erledigungen zu machen gehabt. Zuallererst musste er sich natürlich darum kümmern, dass sein Baby, welches die Nacht tatsächlich ohne Einbruch und Sachbeschädigung überlebt hatte, in die Werkstatt kam und dann gab es noch ein paar geschäftliche Dinge, die er erledigen musste. Seltsamerweise dachte er über den Tag immer mal wieder an den jungen Mann, den er gestern kennengelernt hatte. Er fragte sich, ob er Stiles wohl wiedersehen würde und wie es ihm heute ergangen war. Die Antwort auf beide Fragen erhielt er, als er am Abend heimkehrte, denn da hockte der Junge in seinem Hauseingang; blass und schlafend. Derek legte Stiles eine Hand an die Wange, um ihn zu wecken und obwohl es heute saukalt war, glühte das Gesicht des Jungen: „Fuck!“ rief Derek aus und begann nun Stiles wachzurütteln: „Hey, Kleiner! Was ist mit dir?“ Widerwillig öffnete Stiles die Augen, blinzelte und versuchte sich zu orientieren, wo er war und was gerade mit ihm geschah. Als er Derek sah, murmelte er ein dümmliches: „Hi!“ „Selber `Hi´!“ knurrte Derek: „Was machst du denn hier draußen? Willst du dir den Tod holen? Du hast Fieber, Mann! Ich werde jetzt einen Krankenwagen rufen!“ Stiles schüttelte heftig den Kopf: „Kein Krankenwagen! Dass kann ich mir nicht leisten. Es ist bestimmt nur ein kleiner Schnupfen, oder so. Dürfte ich heute Nacht vielleicht noch einmal auf deinem Sofa schlafen? Morgen früh bin ich bestimmt schon wieder O.K. und du bist mich wieder los.“ Derek zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. So wie Stiles aussah und sich anfühlte, war das hier weit mehr als bloß ein harmloser Schnupfen und seine Planung für den Abend hatte wirklich etwas anderes vorgesehen, als Krankenschwesternpflichten. Vielmehr hatte er an Essen vom `Panda-Express´ und einen alten Film aus seiner DVD-Kollektion gedacht. Na ja, vielleicht ging ja beides: „Na dann komm´!“ sagte Derek und ergab sich in sein Schicksal. Stiles erhob sich mit wackligen Beinen: „Geht schon!“ sagte er mit zusammengebissenen Zähnen, als Derek ihm hilfreich einen Arm anbot. Oben im Apartment ließ Stiles sich direkt auf das Sofa sinken: „Hast du schon gegessen?“ Wollte Derek wissen. Anstatt einer Antwort blickte Stiles ihn nur mit großen Augen an. Derek seufzte und griff nach der Speisekarte des Take-Away-Service: „Ich nehme die `Vier Kostbarkeiten´. Was willst du?“ fragte er seinen Patienten: „Ich...ich kann mir das nicht...“ Ungehalten wurde Stiles von Derek unterbrochen: „Ich weiß, dass du kein Geld hast, du kleiner Spinner! Danach habe ich dich auch nicht gefragt. Ich will wissen, was du essen möchtest. Also? Raus mit der Sprache!“ Stiles zuckte bei der barschen Ansprache ein wenig zusammen und erwiderte schließlich kleinlaut: „Scharfe Hühnersuppe mit Glasnudeln.“ Derek nickte zufrieden: „Klingt nach einer guten Wahl in deinem Zustand.“ Er setzte seine Bestellung ab und wollte danach wissen: „Lust auf eine DVD oder willst du bald zu Bett?“ „Film!“ murmelte Stiles matt. Seine Augen waren blank vom Fieber. Derek nickte: „Such´ ruhig schon einen aus. Ich bin gleich wieder da!“ verkündete er und verschwand in der Küche, wo er Tee aufsetzte und ein paar Zitrusfrüchte mit dem Entsafter bekannt machte. Wenig später kehrte er zu Stiles zurück und erklärte: „Du brauchst Vitamine und musst viel trinken. In der Kanne ist Ingwer-Tee!“ Stiles machte Kulleraugen wie ein Vierjähriger und murmelte ein überwältigtes: „Danke!“ Derek knurrte drohend und Stiles hielt es für angezeigt, nun brav zu gehorchen; schenkte sich Tee in eine Tasse und trank seinen Saft in großen Schlucken: „Welchen Film hast du ausgesucht?“ Wollte Derek wissen: „Ehrlich gesagt kannte ich keinen dieser alten Schinken!“ gab Stiles kleinlaut zu: „Ich habe diesen genommen, weil mein Vater einmal gesagt hat, dass er ihn mit meiner Mutter angeschaut habe, als sie noch ein junges Paar gewesen sind.“ Es war `Ein Pyjama für Zwei´ mit Doris Day und Rock Hudson in den Hauptrollen: „Eine gute Wahl!“ kommentierte Derek schmunzelnd, legte die Silberne Scheibe in den DVD-Spieler und ließ eine Leinwand von der Decke herunterfahren. Wenig später kam ihre Lieferung und obwohl Stiles sogar Mühe hatte, seinen Löffel zu halten, aß er tapfer seine Suppe auf. Nach dem Essen saßen die beiden Männer schweigend nebeneinander auf dem Sofa und schauten den Film. Nach einer Weile registrierte Derek, dass Stiles seinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt hatte. Derek knurrte leise und warf einen empörten Blick zur Seite, doch Stiles reagierte nicht, denn er war mittlerweile eingeschlafen. Natürlich hätte Derek Stiles nun von sich schieben können, doch das tat er nicht. Er ließ ihn gewähren und nutzte die Gelegenheit stattdessen, das Gesicht in diesem unbeobachteten Moment eingehend zu studieren: blasse Haut, die Wangen vom Fieber ein wenig gerötet, ein paar Leberflecken, eine wirklich nette, kleine Stupsnase, ein schmaler, herzförmiger Mund und lange, dichte, dunkle Wimpern, welche die, momentan geschlossenen hellbraunen Augen kränzten. Ganz und gar kein hässlicher Kerl, auch wenn dieser Junge das ganz offenbar von sich selbst dachte. Derek schüttelte über sich selbst ein kleines bisschen erschrocken den Kopf und wendete seine Aufmerksamkeit lieber wieder ganz schnell dem Film zu. Als dieser vorüber war fragte er sich, was er nun wohl mit dem Fremden anstellen sollte. Wenn er diesen hier im Wohnzimmer schlafen ließe, dann würde er sich in der nächsten Zeit in seiner eigenen Wohnung nicht mehr frei bewegen können, denn wer wusste schon, wie lange diese Erkältung anhalten würde? Eines war jedenfalls gewiss: Stiles würde morgen früh nicht aus dem Bett springen, wie eine neugeborene Gazelle! Dies hier war eine längerfristige Sache. Was hatte er sich da bloß aufgehalst, fragte Derek sich selbst genervt? Eigentlich hatte er sich in seinem Leben doch so wunderbar gemütlich eingerichtet: Keine Freunde, die ständig irgendetwas von einem wollten; seit einer Ewigkeit keine Gefährtin mehr, nur hin und wieder ein One-Night-Stand, wenn die Not zu groß wurde; nein, er kannte ja nicht einmal seine Nachbarn! Es war im Grunde herrlich! Und da war ja auch keine Familie mehr, um die man sich sorgen musste; einmal abgesehen von Peter, der hin und wieder hereinschneite, um ihm auf den Wecker zu gehen. Aber der passte schon auf sich selbst auf! Und genau so wollte Derek es! Niemand, der etwas von ihm verlangte. Er war ganz und gar unabhängig. Ein einsamer Wolf! Er bedauerte die vielen anderen Leute, die sich ständig in die Abhängigkeit ihrer Mitmenschen begaben, bloß um nicht allein zu sein. Derek selbst hatte überhaupt nichts gegen das Alleinsein. Er war sich selbst genug! Außerdem hatte man auf diese Weise nichts zu verlieren! Derek warf einen weiteren Blick auf den schlafenden Jungen, der an seiner Schulter lehnte. Er würde ihn jetzt wecken, damit Stiles hinüber ins Schlafzimmer ging, um sich dort ins Bett zu legen, beschloss er. Nur, dass er nicht das Herz hatte, den armen, kranken Burschen zu wecken. Und so erhob er sehr vorsichtig und trug Stiles hinüber, wobei er mit erschrecken feststellte, dass dieser mittlerweile beinahe glühte. Derek legte den Jüngeren in sein Bett und nahm ihm Pullover und Jeans ab, ohne ihn zu wecken. Stiles war mittlerweile wirklich vollkommen weggetreten, dachte er besorgt. Er ging ins Badezimmer, kramte dort ein wenig in den Schubladen und fand schließlich das Gewünschte; ein Fieberthermometer, dass eine frühere Liebhaberin bei ihm zurückgelassen hatte. Er steckte es in das Ohr seines Patienten und nach dem Piepton stellte er fest, dass Stiles Temperatur bei neununddreißig sechs lag. So weit er wusste, war das ziemlich hoch für einen Menschen. Derek selbst kannte sich nicht gut aus mit menschlichen Krankheiten, denn er selbst blieb davon ja verschont. Seine einzige Erfahrung, auf die er hier zurückgreifen konnte, war eine Infektion mit mutierten Staupe-Erregern im Jahr 2006. Damals hatte er gedacht, er würde sterben. Er hatte sich hundeelend gefühlt: Hohes Fieber, Übelkeit, Schnupfen und Husten! Und anstatt ihn liebevoll zu pflegen, hatte Peter sich damals bloß über ihn lustig gemacht. Aber er hatte sich gerächt, erinnerte Derek sich grinsend, indem er den Mistkerl angeniest und damit angesteckt hatte. Derek wickelte den schlafenden Stiles in zwei dicke Decken, die er ihm um den Körper stopfte und hatte dann eigentlich vor, selbst einmal auszuprobieren, wie gut seine Couch zum Schlafen geeignet war. Dann stellte er sich die bange Frage, was wäre, falls Stiles ihn in der Nacht brauchen sollte. Er könnte sich auch einfach neben den Jungen legen, denn sein Zweimeter-Bett war immerhin groß genug hierfür, schoss es ihm durch den Kopf, doch ebenso schnell verwarf er diesen abwegigen Gedanken wieder. Das kam nun wirklich nicht in Frage! Schließlich kannten er und der Junge sich kaum. Stattdessen zog Derek sich also einen Schlafsessel ans Bett und machte es sich in diesem bequem. Oder zumindest so bequem, wie es eben möglich war: „Schlaf gut Kleiner und werd´ gesund!“ flüsterte er seinem Patienten noch zu. Kapitel 3: Im Fieber -------------------- Es war schummrig im Krankenzimmer. Stiles war neun Jahre alt und er und seine Mom waren ganz allein. Die Maschinen neben ihrem Bett gaben unterbrochen diese Pieptöne von sich. Sie würden Moms Herz überwachen, hatte Scotts Mutter ihm erklärt und dass sie bedeuteten, dass Claudia Stilinski noch lebte. Trotzdem machten die Töne Stiles nervös. Seine Mom sah blass aus; die Haut trocken und pergamentartig. Sie sah überhaupt nicht mehr aus, wie sie selbst. Da sei etwas in ihrem Kopf nicht in Ordnung, hatte sein Dad ihm erklärt und auch, dass die Ärzte es nicht reparieren könnten. Sein Dad hatte ihm auch gesagt, dass seine Mom nicht wieder gesund werden würde. Stiles verstand, was das bedeutete. Und er verstand es wiederum nicht! Stiles hatte früher einen Hamster gehabt, den er Charlie getauft hatte. Eines Morgens war er aufgewacht und wollte Charlie zum Spielen aus seinem Käfig herausholen, doch dieser hatte sich nicht mehr bewegt. Der kleine Körper war ganz steif und eingefallen gewesen und das sonst so seidige Fell wirkte stumpf, ebenso, wie die kleinen, schwarzen Knopfaugen. Natürlich war Stiles traurig gewesen, denn er hatte Charlie lieb gehabt. Sie hatten das Tier dann in einer Keksdose im Garten beerdigt, mit Blumen und einem kleinen Holzkreuz unter der knorrigen Eiche. Mom und er hatten ein Lied für ihn gesungen und er hatte geweint, doch nach ein paar Wochen war es wieder gut gewesen. Hamster starben eben. So war das Leben! Aber Moms nicht! Nein, Moms durften nicht sterben und er, Stiles, würde das einfach nicht zulassen! Er schlief ganz einfach nicht mehr. So einfach war das! Er konnte nicht riskieren, morgens aufzuwachen und seine Mutter lag in diesem scheußlichen Krankenbett, mit steifem Körper und stumpfen Haaren und Augen. Schon zu blinzeln wagte Stiles kaum. Sein Blick haftete fest auf ihr, damit der Tod es nicht wagte, sich ihr zu nähern. Und dann war es trotzdem passiert! Aus den regelmäßigen Pieptönen wurde ein langgezogener Sirenenschrei und es gab am Ende doch rein gar nichts, was er dagegen hatte tun können. Ärzte und Schwestern kamen hereingerannt, machten grelles Licht an und bearbeiten den Körper seiner Mutter. Einer der Ärzte schrie ihn an: „Was machst du denn noch hier, Junge? Sieh´ zu, dass du raus kommst!“ Und dann achtete niemand mehr auf ihn, bis irgendwann Melissa McCall kam, die Arme um ihn legte und sagte: „Es tut mir so wahnsinnig leid, mein Kleiner!“ Derek erwachte mit wehen Knochen mitten in der Nacht. Ein ungewohntes Geräusch hatte ihn geweckt. Was war es gewesen? Er versuchte sich zu orientieren. Da war es wieder und es klang wie ein Schluchzen und Jammern. Mühsam rappelte er sich hoch und dann erinnerte er sich, warum er in diesem wahnsinnig unbequemen Ungetüm schlief, anstatt in seinem eigenen Bett. Stiles! Derek knipste die Nachttischlampe an und blickte auf den schlafenden Jungen in seinem Bett, der sich wimmernd wand und nach seiner `Mommy´ rief. Die verschwitzten Haare klebten an seiner Stirn und sein Gesicht war gerötet und tränennass: „Hey Kleiner! Wach´ auf!“ sagte Derek und schüttelte ihn sanft. Es dauerte eine Weile, ehe Stiles die Augen öffnete, doch wirklich ansprechbar erschien er dennoch nicht. Der Blick des Jüngeren war gehetzt und ängstlich und er atmete schwer. Derek half ihm auf und versicherte: „Es ist in Ordnung, Stiles! Du bist in Sicherheit!“ Dann schlug er vor: „Du und ich sollten vielleicht erst einmal mal ins Bad gehen, nun da du wach bist, oder?“ Stiles blickte ihn an, als sei diese Frage im Grunde zu schwer für ihn, doch dann nickte er schwerfällig. Der Kranke erhob sich und ging auf wackligen Beinen, gestützt von Derek hinüber ins Badezimmer. Kaum hatte Stiles die Wärme des Bettes verlassen, begann er zu zittern und mit den Zähnen zu klappern. Derek verspürte keine große Lust, dem Jungen bei seinem Toilettengang zu assistieren, also fragte er: „Kommst du hier klar?“ Stiles nickte und so ließ Derek ihn kurz allein, um in seinem Schrank nach einem Pyjama zu suchen, welcher Stiles passen könnte, denn T-Shirt und Boxershorts des Jungen waren beide klatschnass geschwitzt. Nach einer Zeit, die ihm angemessen erschien, klopfte Derek an die Badezimmertür. Als er keine Antwort erhielt, trat er dennoch ein und fand Stiles vor, wie er kraftlos über dem Waschbecken hing. Derek stützte ihn, damit er aufrecht stehen konnte und wollte wissen: „Hast du…? Ich meine…?“ Er deutete ein wenig verlegen auf die Toilette. Stiles schaute ihn fiebrig an und nickte: „Gut!“ sagte Derek: „Ich habe hier etwas trockenes zum Anziehen für dich. Denkst du, du schaffst das allein?“ „Ja!“ behauptete Stiles krächzend. Derek wollte die Nasszelle eben wieder verlassen, als er aus dem Augenwinkel erkannte, dass Stiles im Begriff war, zu fallen. Blitzschnell wandte er sich um und schaffte es gerade noch, den Jungen aufzufangen, ehe er der Länge nach hinschlug: „Mensch Kleiner, was machst du denn!“ flüsterte er erschrocken, klappte den Klodeckel herunter und ließ Stiles dort Platz nehmen. Er griff sich ein Handtuch vom Regal und trocknete zunächst einmal Stiles verschwitztes Haar, so gut es ging. Dann zog er ihm sein T-Shirt aus und erntete dafür einen erstaunten, müden Blick. Derek ignorierte ihn und versuchte, den schlaffen Körper in das Pyjamaoberteil zu manövrieren. Dann kam der schwere Teil und zwar in mehr als einer Hinsicht. Derek zog Stiles wieder auf die Füße, machte sich selbst ein wenig Mut und zog dann dem im Grunde genommen wildfremden Kerl seine Boxershorts aus. `Nicht darüber nachdenken, was er hier gerade tat!´ sagte er sich selbst, angelte nach der Pyjamahose und zog sie Stiles an. Als das geschafft war, atmete Derek erleichtert aus. Dann versuchte er, Stiles wieder dazu zu bewegen, ihm ins Schlafzimmer zu folgen, doch dem Patienten knickten immer wieder die Beine weg und so hob Derek ihn kurzerhand hoch und trug ihn hinüber. Auch das Bett war feucht vom Schweiß, also legte er Stiles zunächst einmal in den Schlafsessel, zog das Bettlaken ab und stopfte es gemeinsam mit der Bettdecke, die zuvor zuunterst gelegen hatte und Stiles Kleidern in die Waschmaschine. Er kam mit einer neuen Bettdecke zurück, zog ein frisches Laken auf, verfrachtete den Kranken ins gemachte Bett und befand dann, dass Stiles etwas trinken müsse, nachdem er so viel Flüssigkeit verloren hatte und so holte er eine Flasche Fruchtsaft aus der Küche. Jetzt war nur noch die Frage, wie Derek das Getränk am geschicktesten in den bewusstseinsgetrübten Jungen bekommen sollte. Er hockte sich neben Stiles ins Bett, lehnte ein paar Kissen an die Wand, um es bequemer zu haben, setzte nun Stiles auf, legte einen Arm um ihn, lehnte den Patienten an seine Brust und nahm dann das Glas in die freie Hand. Er war heilfroh, dass niemand ihm bei dem, was er gerade tat zuschaute und Stiles sich höchstwahrscheinlich an nichts erinnern würde, wenn er wieder gesund war. ER in der Rolle als Florence Nightingale? Das war sogar für Derek selbst schwer zu glauben: „Du musst das hier jetzt trinken, Stiles!“ befahl er und setzte dem Kranken das Glas an die Lippen. Stiles gab einen unzufriedenen Laut von sich, doch sein Krankenpfleger war unerbittlich und ließ seinen Patienten erst wieder in Ruhe, als dieser den gesamten Inhalt der Saftflasche intus hatte. Erst dann erlaubte er ihm wieder, sich hinzulegen. Eigentlich hatte Derek nun vor, wieder seinen Platz auf dem Schlafsessel einzunehmen, doch Stiles schien nicht die Absicht zu haben, ihn gehen lassen zu wollen. Als Derek versuchte, vorsichtig von ihm abzurücken, folgte ihm Stiles mit seinem Körper. Wie es schien, fror der Kranke immer noch, denn er litt spürbar unter Schüttelfrost. Vermutlich hatte er deswegen offenbar keineswegs die Absicht, die Wärmequelle, welche Dereks Körper in diesem Moment darstellte freiwillig freizugeben, sondern schlang jetzt sogar die Arme um ihn. Derek seufzte. Und was nun? Er hätte sich natürlich gewaltsam losmachen können, doch was war die Alternative? Zurück in den unbequemen Schlafsessel? Und er würde sich schon keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn er einem kranken, frierenden Jungen ein wenig Gesellschaft leistete! Da war doch nichts dabei, richtig? Derek blieb also, wo er war und war wenig später eingeschlafen. Als er das nächste Mal von einem Seufzen und Stöhnen wach wurde, klang es, als würde Stiles dieses Mal von einem Fiebertraum der ganz anderen Art geplagt, doch sicher war Derek nicht. Bis der Junge sich ein wenig weiter in Derek Umarmung drehte und dieser dann etwas an seiner Hüfte spürte, was seine Befürchtung in eine Gewissheit verwandelte. VERDAMMT! DAS DURFTE DOCH WOHL NICHT WAHR SEIN! Dereks erster Impuls war es, den Jungen gewaltsam aus dem Schlaf zu reißen und anzubrüllen, was ihm wohl einfiele. Stattdessen knipste er die Nachttischlampe an und blickte auf Stiles hinab. Es war offensichtlich, dass dieser keine Ahnung, was gerade passierte. Er sah ganz harmlos und unschuldig aus, mit seinem jungen Gesicht und den vom Fieber rosigen Wangen. Aus irgendeinem Grund plötzlich sanfter gestimmt, verlegte Derek sich nun einfach bloß noch darauf, mit seiner Hüfte von Stiles abzurücken und dann zu versuchen, weiterzuschlafen. Bis ihm dies wirklich gelang, verging eine weitere Stunde. Als Derek ein weiteres Mal erwachte, schien bereits die Morgensonne durch die Jalousien und Stiles, der ebenfalls wach war, blickte ratlos auf ihn herunter: „Wieso bin ich in deinem Bett? Mit dir? Was ist denn hier passiert? “ fragte er leise und ratlos. Derek richtete sich auf und war mit einem Satz aus dem Bett gesprungen: „Nichts!“ erklärte er schnell: „Gar nichts! Ich hab nur...ich meine, du wolltest...“ Derek hatte absolut keine Ahnung, was er zu seiner Verteidigung vorbringen sollte und Stiles schaute ihn mit fragend hochgezogenen Augenbrauen an: „Ich schwöre, ich habe dich nicht angerührt!“ flüsterte der Ältere schließlich erschrocken. Stiles nahm unter Ächzen und Stöhnen eine sitzende Position ein, setzte ein müdes und dennoch schelmisches Grinsen auf und erwiderte: „Du meinst sicher abgesehen davon, dass du mir die Kleider vom Leib gerissen hast, oder? Denn diesen Pyjama habe ich mir nicht selbst angezogen, soweit ich mich erinnere.“ Derek ließ den Kopf hängen und entlockte Stiles damit ein verschnupftes, kleines Kichern. Und so berichtete Derek, wie es dazu gekommen war, dass sie beide im selben Bett geschlafen hatten, wobei ihn die ganze Zeit das Gefühl nicht losließ, dass er dich gerade rechtfertigte, ganz so, als habe er etwas Unrechtes getan. Schließlich versicherte er sogar ein weiteres Mal, dass er Stiles ganz bestimmt nicht angerührt habe, doch dieser winkte leise lächelnd ab: „Weiß ich doch!“ versicherte Stiles und fügt noch hinzu: „Mir tut es leid, dass ich offensichtlich so aufdringlich war und mich im Schlaf an dir festgekrallt habe. Aber ich schwöre, ich wusste nicht, was ich tat. Warum hast du mich denn nicht einfach auf dem Sofa schlafen lassen? Das wäre doch auch in Ordnung gewesen und mehr wollte ich doch gar nicht.“ „Du bist krank!“ erwiderte Derek empört: „Hätte ich dich allein etwa allein da drüben liegen lassen sollen und riskieren, dass du unbemerkt an deinem Fieber verreckst?“ Stiles war beinahe zu Tränen gerührt, über die Fürsorge dieses praktisch fremden Menschen: „Danke!“ sagte er mit krächzender Stimme: „Weißt du eigentlich, was du für mich getan hast, Derek? Ich schätze, du hast mir wohl das Leben gerettet. Da draußen auf der Straße wäre ich heute Nacht mit Sicherheit draufgegangen! Ich weiß wirklich nicht, wie ich das jemals wieder gutmachen soll.“ Er ließ sich wieder in die Kissen zurücksinken: „Gott, ich fühle mich, als hätte mich ein Lastwagen überfahren. Aber ich sollte mich wohl schleunigst wieder auf den Weg machen. Erstens will ich dir nicht länger zur Last fallen und zweitens bringt das vielleicht meinen Kreislauf in Schwung.“ Der Kranke machte einen kläglichen Versuch, sich aus dem Bett zu erheben doch Derek drückte ihn energisch wieder zurück ins Bett und schimpfte: „Bist du von allen guten Geistern verlassen! Du wirst in den nächsten Tagen NIRGENDWO hingehen, nur weil du dich heute morgen vielleicht ein kleines bisschen besser fühlst. Du bist noch längst nicht über den Berg! Der einzige Weg, den ich dir erlaube, ist der Umzug vom Bett auf´s Sofa, falls du das willst.“ Stiles blickte den Älteren sprachlos und überwältigt an: „Und was ist, wenn ich dich anstecke?“ fragte er kleinlaut: „Ich werde nicht krank!“ behauptete Derek mit dem Brustton der Überzeugung. Als er einen Augenblick später verkündete, er werde jetzt noch einmal Fieber messen, blickte Stiles den Älteren ein wenig misstrauisch an, was in diesem eine Mischung aus Empörung und Belustigung hervorrief: „IM OHR! Also mach dir keine Hoffnungen!“ erwiderte er kopfschüttelnd Stiles errötete und Derek fragte sich ein klein wenig gehässig, ob dies der rechte Moment wäre, dem Jungen von seinem erotische Fiebertraum der letzten Nacht zu berichten, verzichtete dann allerdings darauf, aus Gründen der Menschlichkeit. Stiles Temperatur lag heute Morgen bei achtunddreißig sieben- immer noch verflucht hoch: „Und SO willst du auf die Straße?“ Murmelte Derek kopfschüttelnd: „Sag´ mir lieber, was du frühstücken willst!“ „Ich habe keinen Appetit!“ erwiderte Stiles: „Danach habe ich nicht gefragt!“ grollte Derek: „Du siehst aus wie ein mahnender Aufruf der Organisation `Brot für die Welt´, also wirst du gefälligst irgendetwas essen. Die hast die Wahl zwischen Toast mit Erdnussbutter und Gelee, Haferbrei oder Rührei.“ Nicht nur den Worten, auch dem Tonfall und dem Gesichtsausdruck war deutlich zu entnehmen, dass ein `Nein Danke!´ als Antwort nicht durchging, also antwortete Stiles kleinlaut: „Kann ich geriebenen Apfel zu meinem Haferbrei bekommen?“ „Kannst du!“ gab Derek zurück: „Aber ich werde mir das selbst zubereiten. Sag´ mir nur, wo alles steht!“ sagte Stiles und war schon wieder im Begriff, aus dem Bett aufzustehen. Derek drückte ihn nicht allzu sanft erneut zurück in die Kissen und fluchte: „Sag´ mal, willst du mich böse machen? Du bleibst liegen, kapiert? Ich bin gleich wieder da.“ Stiles war gerade dabei, wieder einzudösen, als Derek mit seinem Frühstück zurückkam: „Soll ich dich füttern, oder kriegst du das allein hin?“ wollte der Ältere wissen. Stiles Augen weiteten sich entsetzt. Das ging nun wirklich eine Spur zu weit! Er war doch kein verdammter Säugling mehr: „Allein!“ erwiderte er bestimmt und nahm sein Kinderessen entgegen. Unter dem strengen Blick von Derek auf dem Sessel neben dem Bett, begann Stiles sich seinen Brei einzuverleiben. Es hätte sich nach seiner Ansicht hierbei auch um gesüßten Tapetenkleister handeln können, denn sein Geschmackssinn war durch die Grippe vollkommen außer Betrieb, doch das sagte er Derek nicht. Auch nicht, dass das Schlucken sich wie Tantalusqualen anfühlte, weil sein Hals eine offene Wunde und seine Lymphknoten tüchtig geschwollen waren, so dass sich selbst die Breispeise wie Stahlwolle anfühlte und der Saft des Apfels wie Batteriesäure. Er aß artig auf und hatte anschließend das Gefühl, Schwerstarbeit geleistet zu haben: „Willst du nun hier liegen bleiben und schlafen, oder dich mit mir ins Wohnzimmer setzten und ein bisschen fernsehen?“ Wollte Derek wissen. „Fernsehen!“ bestimmte Stiles, erhob sich sehr langsam und behäbig und tapste los. Derek trug ihm seine beiden Decken hinterher und deckte ihn zu. Stiles wusste vor Verlegenheit nicht, was er sagen sollte, schaute Derek lediglich mit riesigen Augen an und dieser zwinkerte ihm als Antwort zu. Die beiden Männer verbrachten den Vormittag auf sehr unterschiedliche Weise. Zwar hockten beide an unterschiedlichen Enden desselben Sofas, doch während Stiles dalag wie der sterbende Schwan und sich mit der Fernbedienung durch die hundertachtzig zur Verfügung stehenden Kanäle zappte und gelegentlich mal bei einer spanischen Telenovela, einer Talkshow, oder einer Dauerwerbesendung hängenblieb, hatte Derek sich Kopfhörer auf die Ohren gezogen, über welche er zweifelsohne klassische Musik hörte, während er eine ledergebundene Ausgabe von Dostojewskies `Der Idiot´ las. Irgendwann schlief Stiles einfach ein und als er wieder erwachte, war der Fernseher aus, Derek las noch immer und die Musik, die dieser zuvor über seinen Kopfhörer gehört hatte, erfüllte nun leise den Raum. Es war Klassik, wie Stiles vermutet hatte, Klavier, ohne weitere Begleitung: „Das ist schön!“ kommentierte Stiles heiser. Derek blickte mit einem kleinen Lächeln von seinem Buch auf: „Chopin! Die `Nocturnes´!“ erklärte er und las weiter. Stiles schüttelte sein Kissen auf und legte sich dann so, dass er Derek anschauen konnte. Zum ersten Mal, erlaubte er sich, sich etwas einzugestehen. Derek war attraktiv! Und das war eigentlich die Untertreibung des Jahrhunderts, denn in Wirklichkeit war er wohl der schönste Kerl war, den Stiles je gesehen hatte. Außerdem war Derek lieb, wenn auch auf eine manchmal ziemlich griesgrämige Art und Weise. Er mochte merkwürdige Sachen, wie alte Bücher und Filme und klassische Musik. Und er kam Stiles sehr einsam vor, auch wenn er dies an nichts wirklich festmachen konnte. Es war nur so ein Gefühl. Stiles wusste, dass er möglicherweise einfach nur die Dankbarkeit gegenüber seinem Retter mit etwas anderem verwechselte, doch einen flüchtigen Moment lang hatte er das Gefühl, dass er sich früher oder später in Derek verlieben könnte. Dieser Gedanke erschreckte Stiles so sehr, dass er ihn schnell wieder hinter der kleinen Tür in seinem Geiste verbarg, aus der er gekommen war. Nein, es waren nur die schwermütige Musik und sein körperlicher Zustand, welche ihm solche Gedanken eingaben. Er schüttelte sich, um sie loszuwerden. Stattdessen fragte er Derek: „Sag´ mal, warum machst du das eigentlich alles für mich. Seit wir uns begegnet sind, tust du nichts anderes, als mich permanent zu retten. Wieso?“ Derek blickte auf und sah ratlos aus: „Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll, Stiles.“ Erwiderte er: „Du hast Hilfe gebraucht, ich konnte helfen: So einfach ist das!“ `Nichts Persönliches also!´ dachte Stiles ein klein wenig verletzt. `Einfach nur einer von diesen Gutmenschen, die jedes verletzte Kätzchen aufpeppelten.´ Er rollte sich traurig zusammen und war bald darauf wieder eingeschlafen. Derek blickte den Jungen noch eine Weile nachdenklich an. Irgendetwas war ihm gerade entgangen, auch wenn er keinen Schimmer hatte, was das sein mochte. Am frühen Abend begann sich Stiles Zustand wieder zu verschlechtern. Er zappelte, murmelte und weinte im Schlaf und als Derek die Temperatur des Jungen überprüfte, stellte er entsetzt fest, dass das Fieber sich bedenklich der Vierziggradmarke näherte. Er musste jetzt etwas unternehmen, doch natürlich hatte er keine Medikamente im Haus, denn sie wirkten bei ihm ja nicht und brauchen tat er sie ebensowenig. Rausgehen und etwas besorgen mochte er allerdings auch nicht, weil er Stiles in diesem Zustand nicht allein lassen wollte und so tat er das eigentlich Unfassbare und griff nach seinem Handy: „Wer stört?“ knurrte Peter atemlos ins Telefon: „Du musst mir helfen und für mich in die Apotheke gehen!“ erwiderte Derek: „Ich glaube kaum, dass ich das muss.“ erwiderte Peter barsch: „Ich habe zu tun und lege jetzt auf!“ Derek wusste genau, was sein Onkel zu tun hatte, so wie er schnaufte: „O.K. Peter! Bring es für dich und sie...oder ihn...oder wer auch immer gerade bei dir ist, zu einem schnellen, glücklichen Abschluss und dann setz` deinen Hintern in Bewegung und besorge mir aus der Apotheke etwas Fiebersenkendes und alles was sie gegen Erkältung da haben.“ Schweigen in der Leitung. Dann wollte Peter wissen: „Wozu brauchst du das? Hat sich dein kleiner Stricher `nen Schnupfen eingefangen, oder was ist los?“ Derek knurrte böse: „Stiles ist kein Stricher, verdammt! Hör´ auf , ihn so zu nennen! Er ist...er ist noch Jungfrau, verdammt nochmal! Also, was ist nun? Machst du es?“ „Eine Jungfrau in Nöten also, wie? Na das ist etwas anderes. In einer Dreiviertelstunde bin ich da!“ erwiderte sein Onkel kichernd: „PETER!“ sagte Derek scharf: „Es geht hier nicht darum, dass du den Jungen in die Geheimnisse des bedeutungslosen Quickies einführst, sondern darum das er nicht stirbt. Verstehst du, was ich sage?“ „Laut und deutlich!“ schmollte Peter: „Du gönnst mir aber auch nicht den kleinsten Spaß. Wir sehen uns später!“ Ein Tuten in der Leitung verriet Derek, dass Peter aufgelegt hatte; zweifellos, um in aller Ruhe erst einmal die schäbige Nummer fortzusetzen, während der er gerade so unhöflich unterbrochen worden war. Derek schüttelte sich! Dann bemühte er eine Internetsuchmaschine mit der Frage, wie er Stiles Fieber mit den Mitteln senken konnte, die er im Augenblick zu Hand hatte. Er entschied sich, Wadenwickel auszuprobieren. Stiles murrte unzufrieden, als er Bekanntschaft mit dem kalten Wasser machte, doch hier ließ Derek nicht mit sich verhandeln. Hernach ließ Derek Stiles noch lauwarmes Wasser trinken, um Dehydrierung vorzubeugen und Stiles erhielt ein kühles Tuch auf die Stirn. In seinem Fieber und der Erschöpfung sah sein Patient sehr jung aus. Beinahe konnte man das Kind erahnen, das er einmal gewesen sein musste. Ohne darüber nachzudenken, begann Derek dem Jungen sacht die Wange zu streicheln. Er fragte sich, was in ihn gefahren war, als er sich selbst dabei ertappte. Endlich klingelte es. Peter platzte in die Stille, wie eine Dampfwalze, warf einen Blick auf den kranken Stiles und macht: „Uagh! Sieht aus, wie etwas, dass die Katze angeschleppt hat und dann lieber doch nicht fressen wollte. Der ist ja total verrotzt! Das sind definitiv nicht die Körperflüssigkeiten, auf die ICH es abgesehen habe.“ „Shht!“ machte Derek ärgerlich: „Er schläft! Also poltere hier nicht so herum. Was hast du mitgebracht?“ Peter bewarf Derek mit einer Packung Aspirin mit dem Kommentar: „Fiebersenkend! So wie er aussieht, gibst du ihm am besten gleich drei Stück.“ Dann packte Peter noch einen Haufen anderes Zeug aus: Hustensaft, Nasentropfen, irgendwelche Tabletten, Kapseln und Tinkturen und aus einem unerfindlichen Grund auch Zwiebeln, Honig und Zitronen. Mit dem Kinn auf Stiles deutend wollte Peter wissen: „Sag mal, was treibst du hier eigentlich? Was willst du von dem Jungen? Wieso hilfst du ihm? Wenn es hier nicht darum geht, ihn flachzulegen, was soll das Ganze dann?“ Derek fuhr hoch und knurrte: „Typisch für dich Peter! Du beurteilst Menschen nach ihrem Gebrauchswert. Was sollte ich denn deiner Meinung nach tun? Ihn nach draußen bringen, wie Müll und auf der Straße verrecken lassen?“ Ja, Derek war wütend, doch im Grunde war die Frage seines Onkels berechtigt. Warum tat er das alles für diesen Fremden? Er hatte keine wirkliche, wahrhaftige Antwort darauf. Kapitel 4: Zurück ins Leben --------------------------- Peter blieb noch eine Weile, sah zu, wie sein Neffe sich ein Bein ausriss, um das zitternde Bündel Mensch auf seinem Sofa wieder zurück ins Reich der Lebenden zu holen. Hin und wieder warf er eine lieb gemeinte Gemeinheit in den Raum oder einen hilfreichen Vorschlag, wie mit dem Patienten vorzugehen sei, wie zum Beispiel diesen: „Wieso stecken wir den Bengel nicht in eine Wanne mit Eis? Das wird seine Temperatur schon senken!“ Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund schaute Derek ihn plötzlich an, als habe er den Verstand verloren: „Ja, Peter!“ erwiderte er und seine Stimme triefte vor Sarkasmus: „Das würde seine Temperatur sicher senken. Und zwar genau auf Umgebungstemperatur, weil das nämlich sein armes Herz stehen bleiben lassen würde! Was hast du vor? Willst du Stiles etwa umbringen?“ Peter strich dem Jungen eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn: „Natürlich nicht! Das wäre doch wirklich schade drum! Nicht, bevor ich ihn wenigstens einmal gekostet habe.“ Derek knurrte: „Sei dir gewiss, dass ich versuchen werde, dass zu verhindern. Wenn Stiles wieder auf den Beinen ist, werde ich ihm raten, auf jeden Fall die Finger von dir zu lassen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das etwas hilft, denn er scheint jemand zu sein, der gern einmal dumme Entscheidungen trifft. Wenn es nicht so wäre, dann wäre er wohl gar nicht erst in diese Situation geraten, sondern Zuhause bei seinem Dad und in Sicherheit. Also vielleicht hast du ja tatsächlich Glück, Peter, denn scheinbar hat es der Junge eilig, seine Unschuld zu verlieren und ich wüsste wirklich niemanden, mit dem man das so gründlich könnte, wie mit dir, denn du bist der ANTICHRIST!“ „Zu viel der Ehre!“ Gab Peter lachend zurück: „Aber erst einmal musst du ihn wieder in Ordnung bringen, denn in diesem Zustand rühre ich ihn mit Sicherheit nicht an. Das ist echt eklig!“ Derek gab ein Schnauben von sich: „Sicher Peter! Das ist der Plan. Ich richte ihn für dich auf, damit du ihn anschließend flachlegen kannst. Prima Idee!“ Peter grinste schelmisch und erwiderte zwinkernd: „Also aufrichten kann ich ihn selbst. Mach ihn einfach bloß gesund!“ „Uagh!“ machte Derek: „Da zeigt es sich mal wieder: Selbst ein Widerling wie du schafft es immer noch, sich selbst zu übertrumpfen.“ „Was soll ich sagen, Derek? Ich bin wie ein guter Wein: Ich werde immer besser!“ erwiderte Peter schulterzuckend: „Und was passiert jetzt? Krankenpflege ist ein ziemlich ödes Geschäft, oder?“ Derek hatte gerade noch einmal Stiles Temperatur gemessen: Neununddreißig neun! Angst kroch in ihm hoch und er erneuerte die Wadenwickel: „Tut mir ja wirklich leid, dass Stiles Überlebenskampf nicht unterhaltsam genug für dich ist!“ brummte er grantig: „Mach´ dir keine Vorwürfe. Ist ja nicht deine Schuld!“ entgegnete Peter, Dereks Sarkasmus absichtlich ignorierend: „Ich denke, ich verschwinde dann mal. Heute ist Mittwoch. Es gibt da eine Bar im Castro, die haben das Flatrate-Saufen bis zweiundzwanzig Uhr eingeführt. Und da hockt dann immer ein ganzer Pulk von Jungs; betrunken, willig und jung, die bloß darauf warten, dass einer wie ich sich liebevoll ihrer annimmt!“ Derek verspürte den Wunsch, das selbstgefällige Gesicht seines Onkels mit seiner großen, harten Faust bekannt zu machen. Stattdessen sagte er: „Na dann Waidmanns Heil! Vor ´nem Tripper muss unsereins ja keine Angst haben.“ Er brachte Peter noch zur Tür; brachte ihn, indem er ihn grob vor sich her schob! Im ersten Moment war Derek erleichtert den alten Lustmolch endlich wieder los zu sein, doch als er zu Stiles zurückkehrte, spürte er, dass der Schlagabtausch mit seinem Onkel ihn auch ein wenig von seiner Besorgnis abgelenkt hatte, die ihm nun mit aller Macht um die Ohren schlug. Aspirin! Derek weckte Stiles und zwang ihn, nicht drei, sondern gleich vier der kleinen weißen Tabletten zu schlucken und mit reichlich lauwarmem Wasser nachzuspülen und nach oberflächlichem Studium der Packungsbeilagen verabreichte er dem Jungen auch noch beinahe all´ die anderen, von Peter mitgebrachten Medikamente in der angegebenen Dosierung. Irgendetwas davon würde schon helfen! Dann trug Derek Stiles hinüber ins Schlafzimmer und legte sich dann einmal mehr neben ihn ins Bett. In seiner Unruhe und Angst kontrollierte er die Temperatur seines Patienten zwanghaft alle fünf bis zehn Minuten, als ob das irgendetwas zu ändern vermocht hätte. Stiles schlief nicht, doch wach war er im Grunde auch nicht. Vielmehr dämmerte er in einer Art Semi-Bewusstlosigkeit vor sich hin und das gefiel Derek überhaupt nicht. Nach einer Stunde begann Stiles Temperatur dann endlich zu sinken und hatte sich nach einer Weile bei etwa siebenunddreißig fünf eingependelt. Dafür hatte der Junge nun unglaublich zu schwitzen begonnen. Er strampelte die Decken von sich und jammerte, dass er duschen müsse: „Das fehlt mir gerade noch; dass du in deinem benommenen Zustand in der Dusche ausrutschst und du dir den Schädel brichst!“ schimpfte Derek. Dann machte er einen Vorschlag zur Güte: „Ich werde dir ein Bad einlassen, in Ordnung? Peter hat einen Badezusatz gegen Erkältung mitgebracht“ Stiles nickte erschöpft. Dann fragte er stirnrunzelnd: „Dein Onkel war hier?“ Wenig später waren sie beide im Bad und Derek schaute Stiles erwartungsvoll an. Offenbar erwartete der Ältere, dass Stiles sich nun vor seinen wachsamen Augen auszog und ins Wasser begab und würde erst verschwinden, wenn Stiles bewiesen hatte, dass er das schaffen konnte, ohne hinzufallen oder im flachen Wasser zu versaufen. Unter normalen Umständen wäre es für Stiles undenkbar gewesen, sich vor einem Adonis wie Derek komplett auszuziehen, doch erstens hatte dieser ohnehin schon alles von ihm ohne textilen Sichtschutz gesehen, als Stiles im Fieber vor sich hin vegetiert hatte und zweitens waren dies hier keine normalen Umstände, denn Stiles hatte das Gefühl, mehr tot als lebendig zu sein und daher war es ihm in diesem Moment scheißegal, was Derek über seine dürren Beine, seine magere Brust, seinen winzigen, bleichen Arsch oder seine Genitalien denken mochte. Er entkleidete sich ganz einfach und ließ sich ins warme Badewasser gleiten. Und es fühlte sich an, wie der Himmel! Seine schmerzenden Glieder entspannten sich ein wenig und das Atmen fiel mit einem Mal leichter. Stiles seufzte und vor Wonne wären ihm beinahe die Tränen gekommen. Derek gewährte ihm etwa eine Viertelstunde Privatsphäre im Bad, ehe er wieder hineinkam und bestimmte: „Du wirst jetzt das hier essen!“ Es handelte sich um eine Instantnudelsuppe in einem Plastikschälchen; die Art, die man einfach nur noch mit heißem Wasser übergießen musste. Dann stellte Derek noch eine Flasche stilles Wasser an den Badewannenrand und forderte: „Und hiervon trinkst du, soviel wie möglich, kapiert?“ „Jawohl, Sir!“ erwiderte Stiles mit dem schwachen Versuch eines Lächelns, tippte sich mit der Hand an die Stirn und löffelte zunächst einmal seine Suppe. Sie schmeckte überhaupt nicht, aber sie war ziemlich salzig und das war etwas, was Stiles in diesem Moment gut brauchen konnte, nach dem schweren Verlust von Mineralien durch das Schwitzen. Außerdem machte dies es ihm leichter, sich gehorsam beinahe den gesamten Inhalt der Wasserflasche einzuverleiben. Vom Badewasser getragen zu werden war angenehm; Stiles fühlte sich beinahe schwerelos. Sich hinterher wieder daraus zu erheben, war dagegen eine ganz andere Sache. Er hatte das Gefühl, die Schwerkraft habe sich zwischenzeitlich verdreifacht und als er versuchte aus der Wanne zu steigen, wäre er beinahe in sich zusammengesackt. Zum Glück war Derek zur Stelle, der ihm ein großes Badetuch hingehalten hatten und ihn nun zur gleichen Zeit damit auffing und einwickelte: „Mein Held!“ murmelte Stiles, in dem Bemühen, mit dem lockeren Spruch seine Peinlichkeit zu überspielen. Mit mäßigem Erfolg, denn nun schämte er sich sogar noch ein kleines bisschen mehr. Und Derek knurrte leise, wie ein böser Hund. Stiles mochte es irgendwie, wenn er das tat und schenkte ihm ein kleines, schüchternes Grinsen! Halbwegs eigenständig schaffte der Junge nun seinen Weg zurück ins Schlafzimmer, wo bereits ein frischer Pyjama auf ihn wartete. „Danke!“ sagte Stiles: „Hab´ ich dir nicht gesagt, dass du das mit dem ewigen `Danke hier´ und `Danke da´ bleiben lassen sollst?“ Bellte Derek. Stiles zuckte mit den Achseln und erwiderte ungerührt: „Sorry! Ich schätze, beinahe zwei Jahrzehnte gutes Benehmen lassen sich nicht einfach so über Nacht abschütteln.“ Er kroch zurück ins Bett. „Und ICH schätze, dir muss es besser gehen, wenn du die Klappe schon wieder so weit aufreißen kannst!“ schimpfte Derek. Dann blieb er unschlüssig mitten im Raum stehen, bis Stiles sagte: „Na, komm´ schon Großer! Es ist dein Bett und es ist groß genug für uns beide, oder nicht?“ Derek sagte nichts dazu, doch er folgte der Einladung mit finsterer Miene und knipste dann energisch das Licht aus. Fünf Stunden später klingelte ein Wecker, den Derek eigens dafür gestellt hatte, Stiles Temperatur zu messen, denn nun würde die Wirkung des Aspirin langsam wieder abklingen. Und tatsächlich hatte das Fieber von Stiles wieder zu steigen begonnen. Das Thermometer zeigt nun achtunddreißig fünf an und damit wurde es Zeit für eine weitere Dosis des Schmerzmittels, die Stiles brav einnehmen musste, ehe ihm erlaubt wurde, weiterzuschlafen. Nach dieser Nacht begann es Stiles ganz langsam ein klein wenig besser zu gehen. Sein Fieber war in den folgenden Tagen nicht mehr ganz so hoch gewesen und verwandelte sich nun nach und nach in erhöhte Temperatur. Stiles gelang es mittlerweile bereits, mehrere Stunden am Tag wach zu bleiben, auch wenn er immer noch sehr schwach war und Derek konnte endlich einmal wieder das Haus verlassen, um frische Luft zu schnappen, seinen Geschäften nachzugehen und Einkäufe zu erledigen. Und weil Stiles ihm in einem fort von den legendären World-of-Warcraft-Schlachten mit seinem besten Freund Scott erzählt hatte, kam Derek an diesem Morgen mit einer Spielekonsole wieder. Da er keine Ahnung von diesen Dingen hatte, hatte er sich im Elektrofachmarkt eigens beraten lassen. Als Derek das Gerät vor Stiles hinstellte, schaute dieser ihn an, als habe er den Verstand verloren: „Hast du das Ding etwa für mich gekauft?“ erkundigte er sich fassungslos. Derek errötete ein klein wenig und behauptete dann barsch: „Natürlich nicht! Es ist für mich! Aber vielleicht bringst du mir ja bei, wie man damit spielt. Und du kannst es natürlich auch gern benutzen. Vielleicht hilft es dir ja dabei, schneller gesund zu werden?“ Stiles tat, als würde er der fadenscheinigen Erwiderung glauben schenken und nickte, doch sein Herz machte gerade diese merkwürdigen Hüpfer in seiner Brust: Derek hatte ihm tatsächlich zugehört bei seinem endlosen Gequatsche über dummes Teenager-Zeug! Und er war losgegangen, um eine Spielekonsole für ihn zu besorgen! Um ihn glücklich zu machen! Denn Stiles wollte daran glauben, dass dies so etwas wie ein Geschenk an ihn war, auch wenn Derek nicht den Mut hatte, dazu zu stehen. Bedeutete das wohl, dass sein Retter wahrhaftig etwas für ihn übrig hatte? War es vielleicht sogar...? Das Blut schoss Stiles ins Gesicht. Um den Schein zu wahren, machte Stiles ein wenig später tatsächlich den Versuch, Derek den Sinn der verschiedenen Spiele zu erklären und ihm die Handhabung der Controller beizubringen, doch es zeigte sich schnell, das dem Älteren hierfür jegliche Leidenschaft fehlte. Derek wandte sich lieber schnell wieder seinen Büchern zu, während Stiles, mit Kopfhörern auf den Ohren für sich alleine spielte. Derek stellte drei Mahlzeiten am Tag auf den Tisch und erwartete, dass Stiles tüchtig zulangte, um wieder zu Kräften zu kommen. Allerdings bereitete er lediglich das Frühstück selbst zu. Mittags und abends gab es Fertiggerichte, Tiefkühlpizza oder irgendetwas vom Take-Away. Das Kochen hatte Derek scheinbar nie gelernt. Endlich fühlte sich Stiles sowohl körperlich, als auch seelisch dazu in der Lage, sein bereits seit drei Wochen totes Handy aufzuladen und zu hören, wer versucht hatte, ihn zu erreichen. Wie erwartet, piepte es dann auch ohne Unterlass, sobald es wieder in Betrieb war: Textnachrichten, verpasste Anrufe und Mailboxbenachrichtigungen; allesamt von Scott und seinem Dad! Stiles hörte also die Mailbox ab, las die Nachrichten und der Inhalt war allenthalben derselbe: WO STECKST DU? LEBST DU NOCH? WIR MACHEN UNS SORGEN! KOMM NACHHAUSE, VERFLUCHT! „Wirst du dich bei ihnen melden?“ Wollte Derek wissen. Stiles blickte ihn an, wie ein neugeborenes Kätzchen und der Ältere grollte: „Du solltest sie wenigstens wissen lassen, dass du lebst, verdammt nochmal!“ Stiles nickte und dann verfasste er eine Textnachricht an Scott: `Hey Bro, ich bin in Ordnung! Mach Dir keine Sorgen! Sag´ bitte auch meinem Dad Bescheid! Stelle das Handy nun wieder aus und melde mich, wenn ich dafür bereit bin. Bitte verzeiht mir!´ Er hielt einen Moment inne, las die Nachricht noch einmal und fügte dann, einem spontanen Impuls folgend hinzu: `Hab´ Dich lieb! Und Dad auch! lg, S.´ Er drückte auf senden und schaltete das Telefon dann tatsächlich, wie angekündigt wieder aus. Dann brach er in Tränen aus. Derek seufzte, legte sein Buch beiseite und rückte an Stiles heran, unschlüssig, was er nun eigentlich vorhatte. Die Entscheidung wurde ihm von seinem Patienten abgenommen, der sich verzweifelt an seine Brust warf. `Menschen!´ dachte Derek einen unzufriedenen, mulmigen Moment lang. Dann gab er sich selbst einen Ruck und legte die Arme um den schluchzenden Jungen, welcher sein Shirt gerade ungeniert mit seinen Tränen und seinem Rotz durchweichte. Als Stiles sich wieder beruhigt hatte, entschuldigte er sich ganze dreimal für seinen Gefühlsausbruch, bis Derek genervt versichert, dass er ja durchaus verstand, dass das schwer für ihn war: „Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum du überhaupt von zuhause weg bist? Da gibt es doch ganz offensichtlich zwei Menschen, die dich sehr lieben. Wieso hast du die verlassen?“ „Es ist wegen meines Dads!“ Begann Stiles seine lahme Begründung: „Er und ich, wir hatten doch immer nur einander! Ich wollte stets, dass er stolz auf mich ist! Und dann ist diese Sache passiert! Und er denkt nun, ich wäre…und vielleicht bin ich das ja auch...und...und solange ich nicht sicher weiß, ob es wirklich so ist…solange ich nicht wirklich weiß, wie ich selbst dazu stehe, wenn es wirklich so wäre, kann ich ihm einfach nicht wieder unter die Augen treten!“ Derek, der fand, dass die Umarmung nun lange genug gedauert hatte, rückte ein wenig von Stiles ab, blickte ihn ernst an und sagte dann: „Vielleicht solltest du zu aller erst einfach mal damit anfangen, dass Wort auszusprechen: Schwul! Es wird dich schon nicht umbringen, es zu sagen. Sprich in einen Spiegel und sag dann `Ich bin schwul!´ Und dabei ist es gar nicht so wichtig, ob es wirklich so ist. Schau einfach mal, wie sich das anfühlt.“ Und während Stiles ihm noch einen `Drehst-du-jetzt-vollkommen-durch?´-Blick zuwarf, machte Derek sich bereits auf den Weg, um besagten Spiegel nun auch tatsächlich zu besorgen. Als er ihn Stiles hinhielt, murrte dieser: „Das mach´ ich nicht! Das ist doch komplett albern!“ Aber Derek ließ nicht mit sich verhandeln und so gab Stiles schließlich nach, nahm den Spiegel entgegen und schenkte sich selbst einen kritischen Blick. Dann schaute er zu Derek hinüber und erkundigte sich nochmals unglücklich: „Muss ich wirklich? Derek nickte lediglich. Stiles konnte spüren, wie sein eigenes Herz gegen seine Rippen hämmerte. Er machte mehrfach den Versuch, die Worte zu sagen, doch sein Hals war wie zugeschnürt: „Atmen, Kleiner!“ befahl Derek und Stiles versuchte zu folgen, auch wenn er im Hintergrund spürte, dass da etwas auf ihn lauerte. Stiles holte also tief Luft, straffte sich und sagte zu seinem Spiegelbild: „Ich bin schwul!“ Und dann traf es ihn mit der Wucht eines Hochgeschwindigkeitszuges: Die schlimmste Panikattacke seines Lebens brach über Stiles herein! Derek blickte ihn entsetzt an: „Hey Kleiner, was ist mit dir? Du bist ja weiß wie Schnee! Du hast das doch sehr gut gemacht. Kein Grund für Panik!“ Stiles kugelte sich auf dem Sofa sitzend zusammen, wie ein Gürteltier, verbarg sein Gesicht zwischen seinen Knien und wirkte dabei so verdammt mitleiderregend, dass Derek ihn, entgegen seiner Gewohnheit schon wieder in den Arm nahm: „Ist nicht schlimm, Junge! Ehrlich! Davon geht die Welt nicht unter!“ versicherte er. Nach einer gefühlten Ewigkeit brachte Stiles hervor: „Scheiße! Ich denke es ist wahr!“ Schniefen und Schluchzen: „Aber… ich will das nicht, verdammt! Ich will normal sein!“ Derek seufzte: „Du BIST normal, Stiles; ein ganz normaler Junge, der Kerle mag. Das ist kein so großes Drama, wie du jetzt gerade denkst, also bleib locker, O.K.?“ Weiterer Rotz, Sabber und Tränen verschmierten Dereks Shirt und dieser hatte langsam das Gefühl, er habe es mit einem Säugling zu tun; doch duldsam wie er war, hielt er den Weinenden ganz einfach fest und sicher im Arm, bis dieser sich wieder ein wenig beruhigt hatte. Dann verschwand Derek für einen Moment in der Küche und kam bald darauf mit einer dampfenden Tasse Kakao für Stiles wieder. Der Jüngere konnte es beinahe nicht fassen, nahm das Trinkgefäß strahlend entgegen, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und murmelte verlegen: „Du bist echt der allerliebste, netteste schlechtgelaunte Einzelgänger, den ich je getroffen habe. Du bist wirklich toll, Derek!“ Der Angesprochene gab ein verlegen-grimmiges Grunzen von sich und gab vor, sich jetzt unbedingt sportlich betätigen zu müssen, was offenbar keinen Aufschub duldete und Stiles wendete sich mit einem kleinen Grinsen wieder seinem Videospiel zu, doch irgendwie war seinen Aufmerksamkeit in diesem Moment zweigeteilt. Im Rahmen der Schlafzimmertür klemmte eine Stange und Stiles hatte sich schon gefragt, wofür die wohl wäre. Nun erfuhr er es! Derek hatte sein eingesautes Shirt ausgezogen und machte nurmehr im Unterhemd gefühlte zweihundert Klimmzüge, ohne auch nur im geringsten in Schweiß auszubrechen. Darauf folgte dann eine ebenso beeindruckende Anzahl Sit-Ups und Push-Ups. Zuletzt konnte Stiles nicht einmal mehr vorgeben, zu spielen, so gefangen war er von dem Muskelspiel, der Anmut und der Mühelosigkeit. (Aber auch von der Sinnlichkeit seines Überwachungsobjekts, dem Testosteron das im Raum umherschwirrte und seiner eigenen, verrückt spielenden Libido!) Fuck! Er war ja so was von schwul! „Genug geglotzt?“ fragte Derek mürrisch, als er eigentlich schon beinahe damit fertig war, schamlos mit seiner Fitness und seinem unwahrscheinlich heißen Körper anzugeben: „Sorry, Mann! ADHS!“ brabbelte Stiles, um sich herauszureden: „Meine Augen wandern ganz automatisch dahin, wo Bewegung ist. Weiter nichts!“ „Aber sicher doch!“ gab Derek spöttisch zurück: „Und ich schätze, bei dir ist gerade der Bildschirm eingefroren, wie?“ Stiles errötete heftig. Doch dann überkam den Jüngeren Ärger. Das hatte Derek doch mit Absicht gemacht; hier derart vor ihm herum zu posieren. Und außerdem hatte Stiles auch das sichere Gefühl, dass Derek die bewundernden Blicke durchaus genossen hatte, sonst hätte er sich doch schon viel früher beschwert oder seine Aktivität einfach abgebrochen, oder nicht? Mistkerl! Stiles wandte sich wieder seinem Spiel zu, ohne Dereks Frage einer Antwort zu würdigen. Eine Weile später klingelte es an der Tür und es war der unvermeidliche Peter: „Gibt´s Kaffee?“ erkundigte er sich: „Wenn ich welchen koche!“ erwiderte Derek muffelig und verschwand in der Küchenecke. Peter nutzte die Zeit, um sich ungeniert an Stiles heran zu schmeißen: „Na, süße, kleine Jungfrau? Hat mein Neffe dich also wirklich den Armen des Todes entreißen können?“ „DU HAST ES IHM ERZÄHLT? schimpfte Stiles so laut, das Derek es auch an der lauten Kaffeemaschine , die gerade frisch die Bohnen mahlte, nicht überhören konnte: „TEILEN WIR DIE INFORMATION ÜBER MEIN ERBÄRMLICHES SEXUELLES VERLIERERDASEIN JETZT ETWA MIT JEDEM?“ „Ich habe lediglich deine Ehre verteidigt!“ rechtfertigte sich Derek: „Er hat dich schon wieder als `meinen Stricher´ bezeichnet. Da ist es mir einfach herausgerutscht!“ „Du meinst also, du hast DEINE Ehre verteidigt, damit dein Onkel dich nicht für jemanden hält, der Stricher bezahlt. Ich persönlich würde nämlich lieber für ein Flittchen als für einen sexuellen Pariah gehalten werden!“ Schimpfte Stiles erbost und erhielt lediglich ein geseufztes Knurren zur Antwort. Doch ehe die beiden ihr hübsches kleines Streitgespräch fortsetzen konnten, zog Peter Stiles gesamte Aufmerksamkeit auf sich, indem er ihm seinen Controller aus der Hand nahm, sich rittlings auf dessen Schoß setzte, die Hände auf Stiles Brust platzierte und schnurrte: „Nun sei doch nicht traurig, Süßer! Ich kann deinem Pariahdasein ein Ende machen!“ Peter drängte seinen Unterleib eng an den von Stiles und entlockte diesem damit ein überraschtes kleines Stöhnen: „Ich könnte Dinge mit dir anstellen, von denen du nicht einmal ahnst, dass sie möglich sind. Ich würde dich von Grund auf verderben und du müssest dich nie wieder fragen, ob du nun fickbar bist, oder nicht. Was sagst du?“ Das Gesicht des Älteren hatte sich dem von Stiles nun auf Kussdistanz genähert „DEREK!“ schrie der Junge panisch: „HILFE!“ Derek kehrte mit Peters Kaffee zum Sofa zurück, knallte ihn lautstark auf den Couchtisch und schimpft: „Steig´ von dem Jungen runter, verflucht! Er hatte einen schweren Morgen! Er kann jetzt keine unerwünschten Paarungsversuche eines Geriatriepatienten brauchen, kapiert“ Mit diesen Worten schnappte er seinen Onkel im Nacken, wie eine Wolfsmutter es mit einem vorwitzigen Welpen tun würde und zerrte ihn von Stiles herunter. Peter murrte ein wenig und wendete sich dann aber gleich wieder dem Jüngsten in der Runde zu: „Was denn? Du hattest einen bösen Tag, Baby?“ säuselte er: „Hat Derek dich etwa geärgert? Erzähl´s dem Onkel!“ „Ich hab´ gesagt, du sollst ihn in Ruhe lassen!“ grollte Derek: „Erzähl´ mir lieber, wie deine Orgie war? Steht mein Strandhaus noch? Ist es noch bewohnbar? Bleibt man jetzt endgültig überall kleben, wo man hin fasst?“ Peter griff in seine Hosentasche und zog die Schlüssel heraus: „Wie versprochen: Alles wieder pieksauber!“ versicherte er: „Und meine Nachbarn? Werde ich demnächst von ihrem Anwalt hören?“ Peters Grinsen hatte beinahe schon etwas Obszönes: „Sie kamen rüber, um sich über den Krach zu beschweren doch dann habe ich ihnen etwas von den Brownies angeboten, die irgendwer mitgebracht hatte und plötzlich wurden sie ganz locker und haben ein bisschen mitgefeiert. Ich schätze, ich habe ihren Horizont ein wenig erweitert!“ Derek machte ein angewidertes Gesicht: „Du schreckst wirklich vor gar nichts zurück, oder? Die beiden sind über sechzig!“ „Und gut in Form!“ gab Peter schulterzuckend zurück: „Wusstest du, dass er jeden Morgen zwei Stunden joggen geht? Und in seiner Jungend war er ein berühmter Footballspieler. Eigentlich war er Quarterback, aber seit dieser besonderen Nacht ist er ein Wide Receiver Und SIE macht Pilates! Donnerwetter ist diese Dame gelenkig!“ Derek schüttelte sich, wie ein nasser Hund. Peter ignorierte das geflissentlich und sagte nur: „Wie auch immer; ich wollte dir ja auch nur deinen Schlüssel wiederbringen und sehen, ob dein Schätzchen noch lebt.“ Er erhob sich, drückte Stiles seine Visitenkarte in die Hand, platzierte einen Schmatzer auf dessen Wange und sagte: „Also gut Kleiner; wenn du es satt hast, von meinem Neffen hier, so was von gründlich NICHT flachgelegt zu werden, dann melde dich!“ Er wandte sich in Richtung Tür und rief: „Also gut Mädels! Viel Spaß noch. Bis zum nächsten Mal!“ Dann war er verschwunden. Stiles blickte ihm mit offenem Mund hinterher und sagte schließlich: „Dein Onkel ist wirklich unglaublich!“ „Unglaublich WIDERLICH!“ erwiderte Derek, registrierte dann, dass Stiles Peters Karte in seinen Rucksack geschoben hatte, anstatt sie direkt in den Müll zu werfen: „Wirst du ihn anrufen?“ fragte er und konnte den giftigen Unterton in seiner eigenen Stimme hören: „WAS?“ murmelte Stiles ertappt: „Nein, natürlich nicht!“ Als Stiles am folgenden Morgen auf dem Sofa erwachte, auf dem er nun wieder schlief, seit es ihm besser ging, wurde ihm etwas klar: Er war wieder gesund und damit gab es keinen Grund mehr für ihn, noch hier zu sein und Derek zur Last zu fallen! Zur Sicherheit nahm er noch einmal seine Temperatur; sechsunddreißig zwei. Damit war es definitiv! Er hatte hier nichts mehr zu suchen! Er ging unter die Dusche, zog sich an, packte seine Sachen zusammen, setzte für Derek einen Kaffee auf und wartete. Als Derek aus seinem Schlafzimmer getapst kam, sah er aus, wie so ein verdammter Disney-Prinz. Es war vollkommen egal, dass seine Haare zerwühlt waren und er nur eine zerknitterte Pyjamahose und ein Unterhemd trug. Er war atemberaubend! Stiles wünschte nur, dass er auch nur annähernd so aussehen würde, wenn er aufstand, doch das. was ihm morgens aus für gewöhnlich aus dem Spiegel entgegen schaute, sah eher so aus, wie die Reste des Hackbratens, die man manchmal ganz hinten im Kühlschrank fand. Und das war auch noch so ein Grund, warum er hier weg musste: Er war auf dem besten Weg, sich in diesen Halbgott zu verlieben und sie beide spielten nun einmal überhaupt nicht in derselben Liga. Ja,Stiles war sich noch nicht einmal sicher, ob sie überhaupt derselben Spezies angehörten! Also nichts wie weg hier, ehe ihm hier noch das Herz in tausend kleine Stück brach! Derek erkannte, dass Stiles seine Straßenkleidung anhatte und sozusagen auf gepackten Koffern saß. Dennoch fragte er: „Was ist denn hier los?“ „Ich gehe! Ich bin wieder gesund, dank dir und nun will nicht länger deine Gastfreundschaft strapazieren.“ Er erhob sich, trat mit gesenktem Kopf vor Derek hin und murmelte: „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll dir zu danken. Du hast mich immer und immer wieder gerettet, obwohl du dazu überhaupt keinen Grund hattest. Ich verdanke dir im wahrsten Sinne mein Leben! Einmal ganz abgesehen davon, dass du mich versorgt und durchgefüttert hast! Sobald ich Geld habe, bekommst du einen Scheck von mir, auch wenn das Geld nur der kleinste Teil dessen ist, für den ich mich in deiner Schuld fühle. Deine Fürsorge, deine Freundlichkeit, deine Großherzigkeit, das sind Dinge, die ich wohl nie wieder an dir gut machen kann! Ich kann dir nur danken und dir versichern, dass ich das, was du für mich getan hast zu schätzen weiß!“ Derek hatte sich das alles schweigend angehört und wollte nun lediglich wissen: „Und wo willst du jetzt hin?“ Schulterzucken! „Und was hast du vor? Wovon wirst du leben?“ Erneutes Schulterzucken, beantwortet von Dereks allgegenwärtigem Knurren: „Super! Klingt ja, als hättest du alles wunderbar durchdacht! Na dann, gute Reise, Fremder!“ bellte er. War das Ärger oder Gleichgültigkeit in Dereks Stimme? Stiles wusste es nicht! „Ich kann dir meine neue Adresse geben, sobald ich etwas gefunden habe. Soll ich?“ fragte der Junge unsicher. Nun war es an Derek mit den Schultern zu zucken: „Wenn du willst!“ Es klang so kalt und desinteressiert, dass Stiles sich nun nicht einmal mehr traute, Derek zu umarmen, was er eigentlich fest vorgehabt hatte. Er sagte einfach nur: „Na, dann mach´s gut, Derek! Pass auf dich auf!“ „Ciao!“ war alles, was von Derek kam und darum schnappte Stiles sich seinen Rucksack und ging ganz einfach. Auf der Straße spürte Stiles, wie die Tränen zu fließen begannen. Sicher, er hatte nicht damit gerechnet, dass es ein dramatischer Abschied von Dereks Seite aus werden würde, aber totales Desinteresse hatte er nun auch nicht unbedingt erwartet. Und auch nicht, dass es ihm selbst derart wehtun würde. Derek blickte noch einen Moment zur Tür und zog sich dann mit einem Becher Kaffee auf`s Sofa zurück. Also gut! Er hatte diesen verflixten kleinen Borderliner bis hierhin am Leben gehalten, aber wenn Stiles jetzt einfach so sang- und klanglos verschwinden wollte, dann war das ja wohl nicht mehr sein Problem. Natürlich würde er da draußen verhungern, erfrieren, vergewaltigt oder ausgeraubt werden, aber was konnte Derek schon dagegen unternehmen, wenn Stiles unbedingt von ihm weg wollte? Das war´s dann eben! Er starrte auf diese blöde Spielekonsole, die vor ihm stand und ihn auszulachen schien. Am liebsten hätte er dem verfluchten Ding einen kräftigen Tritt verpasst, doch das tat er nicht. Stattdessen stellte er seine Kaffeetasse ab, sprang auf, schnappte sich seinen Haustürschlüssel von der Kommode und sprintete los, so wie er war. Auf der Straße blickte er sich nach links und rechts um. In der Ferne erkannte er die vertrauten Umrisse von Stiles, wie der gerade um die nächste Ecke verschwand und Derek rannte. Als er Stiles beinahe erreicht hatte, rief er dessen Namen. Der Junge blieb abrupt stehen und drehte sich um. Stiles blickte Derek an, als habe dieser den Verstand verloren und dies aus gutem Grund: „Derek, du bist barfuß! Du bist im Pyjama! Es ist November!“ Murmelte er verstört: „Du wirst dir den Tod holen!“ Derek lief hochrot an und erwiderte: „Ich sagte doch, ich werde nicht krank!“ „Aber die Leute!“ fuhr Stiles fort: „Sie gucken schon!“ „Mir egal!“ behauptete Derek: „Und was willst du noch von mir? Ich schwöre, ich habe deinen Laptop und deine Brieftasche nicht angerührt!“ versicherte Stiles: „Weiß ich doch, du kleiner Idiot!“ bellte Derek barsch: „Komm´ wieder Nachhause!“ Stiles glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. Kapitel 5: Männerwirtschaft --------------------------- Stiles konnte gar nicht anders, als wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen: „Nachhause?“ echote er: „DU willst dass ICH wieder mit dir zurückkomme?“ Derek knurrte böse: „Habe ich das nicht gerade gesagt? Also? Was ist nun? Kommst du? Wie du schon ganz richtig bemerkt hast, bin ich barfuß und im Pyjama! Ich will hier nicht festfrieren!“ Stiles zog seine Jacke aus und hielt sie Derek hin, doch der knurrte lediglich erneut, ohne auch nur in Betracht zu ziehen, das Kleidungsstück anzurühren. Stattdessen verschränkte er die Arme vor der Brust, gegen den kalten Wind: „Entweder du kommst auf der Stelle mit mir, oder ich gehe allein!“ „Warte!“ rief Stiles aus: „Ich komme mit dir! Aber ich habe zwei Bedingungen.“ Dereks Gesicht verfinsterte sich noch ein kleines bisschen mehr: „WIE BITTE!“ donnerte er fassungslos: „Bedingungen hast du?“ Stiles würde jetzt nicht fragen, wieso Derek hinter ihm hergelaufen war, oder wieso er ihn bat, mit ihm zu kommen. Das wagte er noch nicht und hatte überdies Angst , dass ihm die Antwort nicht gefallen würde! Natürlich; eines Tages würde er es wissen wollen, aber noch nicht heute, nein! Er ließ sich aber in diesem Augenblick auch nicht von Dereks zur Schau getragenem Ärger beirren. Dieser hatte ihn schließlich gerettet, versorgt und gepflegt und nun war er ihm einen Block lang ohne Schuhe und praktisch in nichts weiter als seiner Unterwäsche hinterhergejagt. Irgendetwas MUSSTE das doch bedeuten, oder? Und das gab ihm nun genug Selbstvertrauen, um zu sagen, was ihm wichtig war: „Meine erste Forderung lautet, dass du es mir sofort sagst, wenn du mich irgendwann wieder loswerden willst. Ich meine, dein Apartment ist nicht groß und es ist im Grunde nur für eine Person geeignet. Außerdem weiß ich, dass du eigentlich ein Einzelgänger bist und deine Ruhe magst. Ich will nicht das Gefühl haben, ich falle dir zur Last. Also: Wenn es dir mit mir zu viel wird, musst du es gleich sagen, denn ich will nicht raten müssen, hörst du?“ Stiles Stimme war fest und entschlossen. Derek blickte ihn skeptisch an. Dann nickte er knapp: „Akzeptabel! Und was willst du NOCH?“ Stiles schaute ihn von unten her an und in der Morgensonne glommen seine Augen beinahe golden: „Du hast die ganze Zeit für mich gesorgt und dich um mich gekümmert. Ich will, dass du mir erlaubst, nun auch Dinge für DICH zu tun, wenn ich kann und mich um DEIN Wohl zu sorgen!“ „Ich brauche niemanden, der sich um mich sorgt! Ich komme klar!“ behauptete Derek grimmig. Stiles lächelte. So leicht würde er Derek nicht davon kommen lassen: „Das ist Unsinn! Jeder braucht jemanden! Also? Was sagst du? Wirst du mir das erlauben?“ „Was soll dass überhaupt bedeuten? Komme ich dir etwa irgendwie hilfebedürftig vor? Was genau willst du denn für mich tun?“ murrte Derek: „Was immer ich kann! Zu aller erst einmal: Schluss mit Pizza und Take-Away! Von dem Mist kann man auf die Dauer nicht leben. Ich werde für dich kochen! Und ich kann das wirklich gut! Ich habe all´ die Jahre, seit meine Mom tot ist, für meinen Dad gekocht. Und der ernährt sich noch furchtbarer als du, wenn man ihm freie Hand lässt lässt!“ erklärte Stiles schmunzelnd. Derek gab ein unschlüssiges Grunzen von sich: „Also dieser Bedingung stimme ich erst zu, wenn ich gekostet habe, was du so zusammenrührst!“ Stiles Grinsen wurde breiter: „Abgemacht! Und Du WIRST zustimmen, denn ich bin VERDAMMT GUT in der Küche!“ Irgendwie klang dieser letzte Satz von Stiles in Dereks Ohren schmutzig und gar nicht nach der Zubereitung von Mahlzeiten. Er hoffte bloß für Stiles, dass dieser es nicht so gemeint hatte. „Also gut, was ist nun? Können wir jetzt endlich zurück!“ bellte Derek noch unfreundlicher als gewöhnlich: Stiles nickte und legte Derek im Gehen seine Jacke um die Schultern. Als dieser ihn finster anfunkelte, sagte der Junge bloß: „Ich fange schon mal mit der Fürsorge für dich an, damit du weißt, woher jetzt der Wind weht! Und wage es bloß nicht, die Jacke da weg zu nehmen.“ Stiles hätte beim besten Willen nicht sagen können, woher er die Frechheit nahm, so mit Derek zu sprechen. „Ist dieser Befehlston jetzt die Art, wie ich in meinem eigenen Haushalt mit mir sprechen lassen muss?“ Fragte Derek dann auch sogleich unzufrieden. Stiles setzte mit seiner Entgegnung sogar noch einen drauf: „Gewöhn´ dich besser beizeiten daran!“ antwortete er zwinkernd und hakte sich bei Derek unter. Und registrierte mit einem leichten Kribbeln im Bauch, dass seine Jacke tatsächlich da blieb, wo sie war. Als sie wieder zurück in Dereks Apartment waren, verlangte dieser dann überraschend: „Käseomelett! Ich hätte gern eins!“ Als wäre er die Königin von England, oder so. Stiles lachte, nickte, ging ans Werk und fünfzehn Minuten später stellte er dem Älteren einen hübsch dekorierten Teller vor die Nase. `Wo hatte Stiles in seiner Küche bloß die Balsamico-Reduktion gefunden, um damit den Tellerrand dekorativ zu bemalen?´ fragte sich Derek. Stiles blickte unzufrieden auf das Mahl und klagte: „Wenn du eine gute Currymischung im Haus hättest und nicht das billige Zeug aus dem Supermarkt, dann wäre es besser; oder mit frischen Kräutern. Hier muss dringend mal jemand einkaufen gehen!“ Derek kostete und fand das Omelett eigentlich auch so bereits ganz wunderbar. Bis auf dass Stiles ihn mit Argusaugen beobachtete, während er kaute: „WASCH?“ fragte Derek mit vollem Mund und mit Eikrümeln um sich spuckend. Stiles lachte und reichte ihm eine Serviette: „Du kannst wirklich süß sein, wenn du übellaunig bist!“ „Isch bin nisch...!“ Derek schluckte herunter und versuchte es noch einmal: „Ich bin nicht süß, kapiert? Niemals!“ Und war dabei wahnsinnig süß! Stiles blickte ihn weiterhin belustigt an und Derek knurrte, auf den Teller deutend: „Ist ganz gut!“ „Danke! Sag ich doch: Ich kann das!“  Gab Stiles schulterzuckend zurück. In Gedanken war er allerdings schon wieder ganz woanders und legte sich gerade einen Plan zurecht. Sein Blick viel auf das alte, zerschlissene, aber immerhin frisch gewaschene T-Shirt von Derek, das auf dem Sofa lag und in welchem Stiles ein paar Nächte lang geschlafen hatte: „Brauchst du das noch, oder würdest du es mir vermachen?“ Wollte Stiles nun wissen. „Was willst du mit dem schäbigen Ding?“ erkundigte sich Derek: „Das ist doch eigentlich schon fast ein Fall für den Müll!“ „Vorstellungsgespräche!“ erwiderte Stiles geheimnisvoll. Derek zog fragend eine Augenbraue hoch, doch dann erwiderte er bloß mit einem Schulterzucken: „Von mir aus. Bedien´ dich!“ Stiles strahlte, zog eine Schere aus einer Schublade und begann den Kragen aus dem T-Shirt zu schneiden, zog es über, betrachte sich im Spiegel und verfeinerte sein Werk noch ein wenig.  Derek beobachtete ihn dabei, sagte jedoch nichts. Dann zog Stiles die zerschlissene, durchlöcherte Jeans aus seinem Rucksack, die er getragen hatte, an dem Abend, als er Derek kennengelernt hatte, produzierte mit der Schere absichtlich noch ein weiteres Loch auf der linken Gesäßseite, direkt unterhalb der Arschbacke und und schlüpfte dann hinein. Er drehte sich noch einmal zufrieden vor dem Spiegel. Ein Stück seiner Boxershorts lugte aus dem neuen Loch in seiner Hose und durch den ausgeschnittenen Hals des T-Shirts entblößte er einen, gerade noch so vertretbaren Teil seiner Brust, was im Klartext bedeutete, man sah seine Nippel nicht und damit war es noch für´s Fernsehen tauglich, wie ein gewisser Vorfall beim Superbowl vor ein paar Jahren bewies. Außerdem lugte entweder die eine, oder die andere Schulter heraus, je nachdem, wie Stiles sich gerade hielt. Er fragte Derek: „Und? Wie sehe ich aus?“ „Wie ein Flittchen und zwar wie ein billiges!“ brummte Derek und zog eine eigenartige Grimasse. Stiles grinste: „Ausgezeichnet!“ Derek schenkte ihm einen verblüfften Blick und fragte: „Und wo bitte willst du dich genau bewerben? In einem Bordell vielleicht?“ Stiles Grinsen bekam etwas Dreckiges: „Sicher Kumpel! Ich werde meine Jungfräulichkeit meistbietend versteigern!“ Derek, der dem kleinen, unvorsichtigen Verrückten, dem er gerade aus einem unerfindlichen Grund eine dauerhafte Bleibe angeboten hatte, beinahe alles zutraute, war sich nicht sicher, ob dieser gerade einen Scherz gemacht hatte, oder nicht und bekam es ein kleines bisschen mit der Angst zu tun: „Ich will gleich los.“ verkündete Stiles nun: „Es kann ein paar Stunden dauern. Gehen wir später zusammen einkaufen, damit ich dir Abendessen machen kann?“ Derek zuckte mit den Schultern: „Von mir aus.“ sagte er betont gleichgültig. Dann griff er in eine Schublade, zog einen Schlüssel heraus und warf ihn Stiles zu: „Den hier wirst du brauchen!“ bellte Derek: „Ich habe heute auch noch andere Dinge zu tun und werde bestimmt nicht wie ein Heimchen am Herd hier sitzen und darauf warten, dir die Tür aufzumachen!“ Stiles blickte ihn verblüfft an, kehrte dann noch einmal um und schlang die Arme um Dereks Nacken: „Danke, Grummelwolf! Danke für alles!“ Derek löste sich von ihm und schenkte ihm einen ganz merkwürdigen Blick: „GRUMMELWOLF?“ Stiles lachte: „Na, das bist du doch, oder nicht? Ein schlecht gelaunter, einsamer Wolf! Oder willst du etwa sagen, das sei keine treffende Beschreibung für dich?“ „Treffender, als du denkst!“ brummte Derek in seinen Drei-Tage-Bart und fügte lauter hinzu: „Na dann: Viel Glück im Puff! Und denk dran: Immer nur nach Vorkasse!“ „Werd´s mir merken!“ rief Stiles über seine Schulter hinweg und schon war er aus der Tür. Derek fragte sich, übrigens nicht zum ersten Mal, seit er Stiles kennengelernt hatte, ob er denn eigentlich den Verstand verloren hatte, sich mit diesem Bengel einzulassen. Stiles war ewig nicht mehr derart guter Dinge gewesen, als er sich in den Bus ins Zentrum setzte. Als er an seinem Ziel, dem Castro-Distrikt anlangte, lief er beschwingt durch die sonnigen Straßen, traute sich sogar, dem einem oder anderen Kerl ein Lächeln zu schenken oder ihm zuzuzwinkern, denn so war Stiles nun einmal: An einem Tag noch eine Panikattacke, wenn er das böse Wort mit S aussprechen musste und am nächsten stürzte er sich bereits kopfüber hinein ins queere Leben. Er hatte in seinem Leben nie ein Gefühl für das richtige Maß entwickelt, nie gemerkt, ob und wann er sich überforderte, ob er eine kluge Entscheidung traf, oder geradewegs in eine Katastrophe steuerte. Und nun führte Stiles sein Weg in jedes Geschäft und in jede Gaststätte mit einer Regenbogenfahne über der Tür; sogar in einen Sex-Shop, wo man ihn zwar genommen hätte, wenn sein gefälschter Ausweis nicht durchgefallen wäre und in eine Lederboutique, wo der Bär hinter dem Tresen den nuttigen Stiles mit den Augen noch ein klein wenig weiter auszog, so dass dieser schließlich freiwillig verzichtete. In einem süßen kleinen Straßencafé passte dann schließlich alles! Stiles führte das Vorstellungsgespräch mit einem Jungen in seinem Alter namens Danny, der ein süßes schüchternes Lächeln hatte. Und eine tolle gestählte Brust, auf die er mit tiefem V-Ausschnitt und wohl nicht ohne einen gewissen Stolz, sondern eher schon ein wenig schamlos hinwies: „Du hast Glück, Stiles. Wir suchen tatsächlich händeringend nach jemand Neuem. Mein Kollege Ethan hat sich letzte Woche so gründlich mit seinem Bruder verkracht der, nebenbei bemerkt sowieso ein ziemliches Arschloch war und ich bin heilfroh, dass wir ihn los sind und darum ist nun eine Stelle frei. Ansonsten arbeiten hier bei uns noch Isaac und Mason der heute auch da ist.“ Ein schmaler, schwarzer Junge, der keinen Tag älter aussah, als zwölf schenkte ihnen beiden ein strahlendes Lächeln und winkte ihnen zu: „Wir können hier nicht mehr als den Mindestlohn zahlen, aber der Tipp ist sehr gut, insbesondere, wenn du dich so kleidest, wie jetzt gerade!“ Mit einem Schmunzeln fügte Danny hinzu: „Auch, wenn du ein paar Pfund mehr auf den Rippen vertragen könntest. Außerdem schadete es sicher nicht, wenn du gelegentlich ins Gym gehen würdest! Auch wenn manche Kerle auf magere Twinks wie dich stehen.“ „Ich war krank!“ rechtfertigte sich Stiles „HIV?“ fragte Danny verständnisvoll. Stiles riss entsetzt die Augen auf: „Grippe!“ beeilte er sich zu sagen: „Dabei habe ich ziemlich abgenommen!“ „Ach so!“ erwiderte Danny. Dann wollte er wissen: "Kannst du morgen um elf anfangen? Dann kann Ethan dich einarbeiten. Er ist ein netter Kerl. Du wirst ihn mögen. Außerdem ist er heiß! Er und ich haben so eine On-Off-Sache miteinander laufen, aber momentan ist es eher Off, also falls du interessiert bist...“ Stiles lachte über das großzügige Angebot, doch er winkte ab: „Ich denke, eher nicht.“ dann fügte er schüchtern hinzu: „Ich habe jemand anderen im Auge. Aber der ist straight. Behauptet er wenigstens, auch wenn er mich heute gebeten hat, bei ihm einzuziehen!“ Stiles hatte keine Ahnung, warum er dem wildfremden Kerl überhaupt irgendetwas über seine Gefühle erzählte. Vielleicht weil er so schöne, dunkelbraune Augen hatte und ihm Scott wie verrückt fehlte. Danny erwiderte Anteil nehmend: „Die Unentschlossenen! Das sind die Schlimmsten! Lass´dir bloß nicht das Herz brechen, Kleiner!“ „Dafür könnte es möglicherweise schon zu spät sein!“ gab Stiles leise zurück. Nachdem er sich auch noch ein wenig mit Mason bekannt gemacht hatte, verabschiedete Stiles sich nach einer Weile und kehrte in sein neues Zuhause zurück. Ohne vorher zu klingeln ließ er sich selbst mit dem Schlüssel ein, einfach weil wissen wollte, wie sich das anfühlte. Und es fühlte sich toll an! Nach zuhause! Derek war da, hockte am Küchentresen und aß gerade einen Donut. Stiles schüttelte nachsichtig den Kopf. „Und?“ wollte Derek wissen: „Wie war´s im Freudenhaus? „Super!“ gab Stiles zurück: „Sie zahlen den Mindestlohn, doch wenn ich schamlos Haut zeige, wird’ s vielleicht ein bisschen mehr. Morgen früh um elf fange ich an!“ „Aha!“ machte Derek stirnrunzelnd und wartete auf mehr Information. Als diese jedoch nicht kam, hakte er auch nicht weiter nach. „Gehen wir jetzt einkaufen?“ erkundigte sich Stiles: „Heute müsstest du noch einmal zahlen, aber sobald ich etwas verdiene, werde ich etwas beisteuern.“ „Pfft!“ machte Derek, was immer er damit auch ausdrücken wollte, und fragte dann: „Willst du dir nicht vorher etwas zivilisiertes Anziehen?“ „Nö!“ gab Stiles zurück: „Das ist mein neues Glücks-Outfit!“ Derek rollte mit den Augen und brummte: „Deine Beerdigung, Kumpel!“ Dann schnappte er sich seine Autoschlüssel, zog sich seine schwarze Lederjacke über und sie verließen gemeinsam das Apartment. Als Stiles den Camaro sah, gingen ihm beinahe die Augen über: „Das ist deine Karre, Derek?“ fragte er ungläubig: „Also ich selbst habe ja zuhause einen klosteinfarbenen Jeep, der eigentlich nur noch von Klebeband zusammengehalten wird und nur jedes dritte Mal anspringt. In einer guten Woche!“ „Klebeband?“ fragte Derek verständnislos. Anstatt einer Antwort zuckte Stiles lediglich mit den Schultern. Im Auto wollte er dann von Derek wissen: „Und? Was würdest du heute gern essen?“ „Fleisch!“ war die einsilbige Antwort von der Fahrerseite: „Geht´s ein bisschen präziser?“ fragte Stiles und machte diese eigenartige Sache mit seinen Augen, die er immer tat, wenn er ratlos war, wobei er das eine kurz schloss, während er das andere offenhielt: „Zum Beispiel die Zubereitungsform? Schaschlik? Frikassee? Braten? Und wie steht´s  mit der Spezies? Affe? Schlange? Bisamratte?“ „Steak! Kuh!“ erwiderte Derek brummend: „Alles klar!“ erwiderte Stiles: „Und es bringt wahrscheinlich nicht viel, wenn ich dir einen kleinen Vortrag über das Darmkrebsrisiko in Verbindung mit rotem Fleisch halte, oder?“ „Ich werde nicht krank!“ behauptete Derek ein weiteres Mal: „Also verschone mich!“ „Wie steht´s mit Beilagen? Sind grüne Bohnen und Kartoffelpralinen O.K.?“ Derek warf einen Blick zur Seite und fragte abfällig: „Was zur Hölle sind Kartoffelpralinen?“ Stiles rollte mit den Augen: „Vergiss´ es einfach! Du kriegst total männliche Ofenkartoffeln!“ Im Supermarkt schoben die beiden Männer einen riesigen Einkaufswagen vor sich her, der sich immer weiter füllte, weil Stiles auch gleich die, im Grunde nicht vorhandenen Vorräte bei Derek ein wenig aufstocken wollte. Beim Fleisch forderte Derek: „Nimm auch gleich noch ein Steak mehr mit. Ich habe Peter seit vierundzwanzig Stunden nicht gesehen. Das heißt, er wird bestimmt heute noch irgendwann überraschend hereinschneien, um mir den letzten Nerv zu rauben.“ Stiles grinste über die Hassliebe zwischen Onkel und Neffe. Dass sie nicht miteinander konnten, war mehr als offensichtlich. Doch ohne einander ging es offensichtlich eben auch nicht. Auf dem Weg zur Kasse kamen Derek und Stiles zwei Kerle entgegen, die ganz offensichtlich ein Paar waren und die ihnen beiden verschwörerisch zuzwinkerten. Stiles antworte mit einem Lächeln. Derek mit einem kleinen Knurren: „Siehst du?“ brummte er, als die Zwei außer Hörweite waren: „Das wäre nicht passiert, wenn du dir etwas Seriöses angezogen hättest!“ Stiles kicherte und entgegnete: „Ich denke, dein guter Ruf wird es überleben, dass die Zwei dich gerade für schwul gehalten haben!“ Statt einer Erwiderung erhielt Stiles ein weiteres Knurren. Wieder zuhause machte Stiles sich gleich daran, die Lebensmittel zu verstauen und zu kochen, während Derek ihm vom Sofa aus dabei zuschaute. Stiles schenkte dem Älteren ein kleines Lächeln und erwartete eigentlich bloß, einmal mehr unfreundlich dafür angebrummt zu werden, doch offensichtlich geschahen noch Zeichen und Wunder, denn Derek lächelte zurück. Und Stiles blieb bei dem Anblick beinahe das Herz stehen. Schließlich senkte er den Blick und tat als müsse er jetzt unglaublich dringend die Zwiebeln schneiden. Dereks Instinkt hatte ihn nicht getrogen, denn einen Augenblick später klingelte es an der Tür und es war natürlich wieder einmal Peter, der sich neben Derek auf das Sofa plumpsen ließ, dann einen Blick auf Stiles in der Küche warf und mit unverschämtem Grinsen kommentierte: „Na so was, Derek! Ist unser Stiles jetzt etwa dein kleiner Haussklave? Dann würde ich ihm aber nicht erlauben, Kleider zu tragen.“ „Halt die Klappe Peter!“ schnaubte Stiles. Dereks Onkel fiel der Unterkiefer herunter. Und Derek selbst? Der lachte so laut und befreit, dass er damit beinahe die Zimmerwände zum Beben brachte. Stiles staunte, denn er hatte nicht angenommen, dass Derek überhaupt zu solch einem Freudenausbruch fähig wäre. `Derek so oft wie möglich zum Lachen bringen!´ schrieb er in diesem Moment glücklich auf seine innere To-Do-Liste.zum Lachen bringen!´ schrieb er in diesem Moment glücklich auf seine innere To-Do-Liste. Kapitel 6: Singing in the Rain ------------------------------ Stiles wollte wissen, wie die beiden Männer ihr Steak wollten, obwohl er es sich eigentlich schon denken konnte und tatsächlich antworteten Derek und Peter wie aus einem Munde: „Englisch!“ Stiles selbst war mehr ein `Medium´-Mann. Und allgemein gar nicht so sehr für Fleisch. Als er noch in der Küchenecke am werkeln war, kam natürlich irgendwann Peter angeschwänzelt, legte ihm von hinten sanft eine Hand auf den Bauch und flüsterte in Stiles Nacken: „Und Süßer? Ist Derek jetzt dein Boyfriend, oder was? Hat er dir ein Zettelchen hingelegt, mit der Frage: Willst du mit mir gehen?“ Derek betrachte das Schauspiel und rollte genervt mit den Augen, ohne zunächst zu intervenieren. Er wollte sehen, wie Stiles diese Situation selbst handhabte, denn wenn der Junge von nun an dauerhaft hier wohnte, würde er Peter ja regelmäßig ertragen müssen. Stiles drehte sich in der Umarmung Peters herum, blickte diesem fest ins Auge und streichelte ihm mit dem Zeigefinger sacht über die breite Brust. Derek beobachtete, was jetzt wohl geschehen mochte und hielt vor Spannung die Luft an. „Nein, ich bin Single, Peter.“ antwortete Stiles: „Mit dir gehe ich trotzdem nirgendwo hin! Sorry! Eher sterbe ich als Jungfrau!“ „Da entgeht dir aber etwas, Kleiner!“ erwiderte Peter selbstbewusst, mit einem klitzekleinen Bösewichtlächeln. Dann hauchte er einen zarten Kuss auf Stiles Lippen. Der Junge grinste, schüttelte den Kopf und fragte: „Also gut Peter, war´s das dann? Oder hast du noch irgendwo einen Wurf Katzenbabys versteckt, den du mir zeigen willst, wenn ich mit dir in ein finsteres Kellerverlies komme. Oder gibt es da vielleicht Süßigkeiten tief unten in deiner Hosentasche, die ich mir aber selbst dort heraus holen muss?“ Derek schmunzelte beinahe unsichtbar in sich hinein. Peter schenkte Stiles einen letzten, intensiven Blick, ehe er zu seinem Neffen auf´s Sofa zurückkehrte und kommentierte: „Wow? Der Kleine ist kreativ und bringt mich auf Ideen. Ich sollte künftig immer unbedingt etwas Süßes im Slip haben.“ Derek brach grollend auf dem Sofa zusammen. Stiles indes kochte ungerührt weiter und ignorierte die beiden anderen Männer im Raum für´s Erste. Als sie später am Küchentresen beim Essen beieinandersaßen, hatte der junge Koch das Gefühl, dies sei seine Feuerprobe: Derek war die gestrenge Jury, die darüber entschied, ob Stiles eine Runde weiter käme oder rausflog! Stiles beobachtete ihn genau und sah es hochzufrieden, wie Derek seine Kartoffel zerquetsche, um auch noch das letzte bisschen der selbstgemachten Pfeffersoße aufsaugen zu können. Das Steak war längst restlos verschlungen! Peter, welcher für ein bösartiges Schlitzohr erstaunlich sensibel und einsichtig war, bekam natürlich genau mit, was hier vor sich ging und kommentierte scharfzüngig: „Du wirst eine wunderbare Ehefrau für meinen Neffen abgeben, mein Kleiner!“ Diesmal fiel Stiles keine schlagfertige Antwort ein, so dass Derek sich nun schützend vor ihn stellte, indem er sagte: „Echt jetzt Peter? Stiles ist eine Frau? Das ist ja ein echter homophob- sexistischer Brüller! Total 1955! Aber du bist ja nun mal auch ein Relikt aus grauer Vorzeit, richtig?“ „Pfft!“ machte Peter: „Also gut, Mr. Political-Correctness; wenn du mir jetzt auf die seniorenfeindliche Tour kommst, hetze ich dir die Grauen Panther auf den Hals!“ Derek grinste böse: „Klang, als habe Peter gerade zugegeben, dass er ein alter Sack ist. Was meinst du, Stiles?“ Ehe dieser etwas antworten konnte, kläffte Peter: „Lass´ dir nichts vormachen, Stiles. Derek und mich trennen gerade mal sieben Jahre!“ Stiles, dessen Blick bis dahin zwischen Neffe und Onkel hin- und hergewandert war, wollte nun von Derek wissen: „Wie alt bist du denn eigentlich?“ Derek zog ein miesepetriges Gesicht; also eigentlich genau so, wie immer und knurrte: „Geht dich nichts an, Stiles!“ Dieser zuckte ein wenig zusammen und murmelte: „Entschuldige! Ich wusste nicht, dass das so ein sensibles Thema ist.“ „Ist es nicht! Ich sprech´ nur nicht darüber!“ erwiderte Derek böse: „Wie bitte? Er weiß noch von gar nichts?“ Mischte Peter sich überrascht ein: „Wieso sagst du es ihm nicht? Er versteht es doch sicher. Wahrscheinlich findet er es sogar total cool. Wir sind doch gerade voll in Mode bei den Kids. Ich kann´s ihm sagen, wenn du willst.“ „SCHNAUZE PETER!“ Brüllte Derek nun erbost „Okay!?“ murmelte Stiles verstört, der mittlerweile gar nichts mehr verstand, aber einen Teufel tun würde zu fragen was hier vorging und rasch versuchte, auf ein anderes Thema umzuschwenken, weil es ihm nicht behagte, wie wütend Derek gerade wurde: „Hat es dir geschmeckt, Derek?“ fragte er also mit einem sehr kleinen Piepsstimmchen. Und er wollte es tatsächlich wirklich ganz dringend wissen! Ob er seine Sache gut gemacht hatte? Ob er es sich verdient hatte, zu bleiben? Als er einen Blick in Stiles, vor Nervosität weit aufgerissenen Augen warf, schien Derek sich augenblicklich zu beruhigen und erwiderte: „Es war richtig gut, Stiles! Danke für´s kochen!“ Stiles strahlte wie ein Fünfjähriger, dem es gelungen war, das Wohlwollen seiner Eltern zu erlangen. Derek konnte gar nichts dagegen tun, dass ihm in diesem Moment das Herz aufging. Und Peter amüsierte es. „Interessiert es jemanden, wie es MIR geschmeckt hat?“ trompete er in den Raum. „Nein!“ antworteten Derek und Stiles wie aus einem Munde und lachten dann wie Verschwörer. Nach dem Essen spendierte Derek seinem Onkel und sich selbst ein Bier. Der Achtzehnjährige Stiles hingegen bekam keins, auch wenn Peter einwendete: „Ach komm´ schon Derek! Die drei Jahre! Außerdem werde ich ja vielleicht interessanter, wenn der Kleine ein bisschen was getrunken hat?“ „Ein Grund mehr, es sein zu lassen!“ brummte Derek und reichte Stiles eine Cola. Nach dem dritten Bier und der dreißigsten Absage von Stiles, hatte Peter dann scheinbar endgültig genug, verabschiedete sich und ließ die anderen beiden Männer allein zurück. Belustigt sah Derek, dass Stiles sich nun unauffällig seiner Klimmzugstange genähert hatte und einen unbeholfenen Versuch machte, sich daran hochzuziehen. Unter Ächzen und Stöhnen und wild grimassierend schaffte er es gerade eben, die Spitze seine Stupsnase über die Stange zu erheben und ließ sich dann fallen, wie ein nasser Sack: „Bei dir sieht es so einfach aus!“ maulte Stiles missmutig: „Wie kommt das?“ Derek lachte: „Vielleicht weil ich kein dürres, schmalbrüstiges, blasses Hemd bin, wie du?“ Die Worte trafen Stiles bis ins Mark und er ließ geknickt den Kopf hängen. Sofort tat es Derek leid und er murmelte: „Hey, Kleiner! War nicht so gemeint!“ „Doch, war es.“ sagte Stiles kläglich: „Und du hast recht! Ich bin ein Witz! Eine blasse, mehlwurmartige Witzfigur, die nie irgendjemand flachlegen wird, weil es bei meinem Anblick jedem sofort vergeht!“ Derek seufzte gequält: „Das ist Bullshit und das habe ich dir auch schon einmal gesagt! Du bist...O.K.. Wirklich! Vollkommen ausreichend!“ Stiles sah aus, als habe man ihn geohrfeigt und Derek erkannte, dass er die Sache mit seinen Worten nicht besser machte, also fragte er: „Wollen wir einen Film schauen, Kleiner?“ Wie jemand, der einen Fünfjährigen von einem aufgeschürften Knie ablenken will, indem er fragt: `Wer will Eiscreme?´ Der Junge blickte ihn giftig an und zuckte mit den Schultern. Schließlich nickte er und hockte sich auf das Sofa, die Knie unters Kinn gezogen und die Arme um die Beine geschlungen. Insgesamt ein Abbild des Elends! Derek verschwand kurz in der Küchenecke und kam wenig später mit einer Schale Mikrowellenpopcorn, einem weiteren Bier für sich selbst und einer Limonade für Stiles wieder. Er legte den Film ein und nahm in einigem Abstand zu Stiles auch dem Sofa Platz. Die DVD lief bereits eine halbe Stunde und Stiles hatte noch immer keinen Kommentar losgelassen. Derek war mittlerweile aufgegangen, dass dies für den Jungen kein natürliches Verhalten war, sofern er nicht gerade von Fieber geschüttelt wurde, also warf er einen Blick zur Seite und erkannte, dass Stiles immer noch schmollte: „Wenn du so weitermachst, dann wirst du noch deine Lippen verschlucken, Stiles!“ schimpfte er. Der Angesprochene warf ihm einen verächtlichen Blick zu und dachte bei sich: `Also gut böser Hund, wenn du ständig knurrst, dann darf ich das jetzt auch einmal!´ Also tat er es und klang dabei, wie ein getretener Welpe. Derek biss sich auf die Zunge, um nicht zu lachen und schaute Stiles unschuldig von der Seite an. Dieser wiederum maulte noch ein wenig expressiver und schließlich grollte Derek entnervt: „Oh, Mann, Stiles! Du bist wirklich eine Nervensäge!“ Er rückte näher an den Jungen heran, um dann das eigentlich Undenkbare zu tun: Er legte einen Arm um Stiles und zog ihn zu sich heran. Im ersten Moment schaute der Junge Derek entgeistert an, doch als dieser seinen Arm nicht fortzog, begann Stiles schließlich, dem Frieden zu trauen und sich bequem in der Umarmung einzurichten, legte seinen Kopf auf Dereks Brust ab und schlang ihm einen Arm um dessen Taille. Nach einer Weile zog Stiles dann seine Bettdecke, die neben ihm lag über sich. Nicht das ihm kalt gewesen wäre, denn von Derek ging immer so eine wunderbare Wärme aus. Es war vielmehr so, dass Derek so gut roch. Und dass die feste Brust unter seinem Kopf und die Bauchmuskeln unter seinen Fingen sich atemberaubend anfühlten. Und darauf reagierte Stiles hormonstrotzender, unberührter Körper in diesem Moment. Um von sich abzulenken, fragte er: „Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass in diesem Film die ganze Zeit nur getanzt und gesungen wird?“ Derek warf einen genervten Blick auf den Jungen in seinem Arm und wollte wissen: „War irgendetwas an dem Titel `Singing in the rain´ zu kompliziert für dich, Stiles?“ „Ich meine ja nur!“ gab Stiles zurück: „Ist so eine Musical-Komödie nicht ein bisschen zu `girlie´ für einen Kerl wie dich?“ „Ich passe mich meiner Umgebung an!“ schnappte Derek. Stiles lachte: „Darf ich dich daran erinnern, dass du derjenige warst, der angefangen hat, auf Kuschelkurs zu gehen.“ „Weil du mit deiner Stimmung angefangen hast, die Sonne zu verdunkeln!“ schnaubte Derek „Es ist Nacht!“ merkte Stiles an: „Irgendwo auf der Welt ist aber jetzt Tag!“ grollte Derek beleidigt: „Und wir müssen auch gar nicht kuscheln! So ist das ja nicht!“ „Doch, das müssen wir!“ erklärte Stiles entschlossen und rutschte an Dereks Körper ein wenig hinab, bis sein Kopf in dessen Schoß lag. (Und er starb dabei ein kleines bisschen, vor Aufregung!). Derek gab ein schlecht gelauntes Brummen von sich, was Stiles allerdings nicht dazu ermutigte, sich auch nur einen einzigen Zentimeter zu entfernen. Und nach einigen Minuten begann Derek schließlich gedankenverloren mit Stiles Haar zu spielen und mit dem Zeigefinger dessen Gesichtszüge nachzufahren. Stiles schloss die Augen und versuchte verzweifelt zu verhindern, dass er zu schnurren oder zu sabbern begänne, wie ein zufriedenes Kätzchen. Er hoffte, dieser Film würde noch ewig weitergehen, denn er wusste, sobald er vorüber war, wäre es auch mit den Streicheleinhaiten vorbei. Und genau so kam es dann auch: Der Film war aus und Derek erhob sich prompt und sagte gute Nacht. Als sein Gastgeber in seinem Schlafzimmer verschwunden war, stöhnte Stiles unzufrieden, denn diese unschuldigen Berührungen hatten definitiv Lust auf mehr gemacht. Auf sehr viel mehr! Warum machte Derek so etwas? Entweder er hatte keine Ahnung, was das in Stiles auslöste, oder er legte es darauf an, ihn um den Verstand zu bringen. Oder Derek empfand möglicherweise doch mehr, als Fürsorge und Freundschaft für Stiles; sah in ihm mehr, als den Ersatz für seine tote Familie; mehr, als den kleinen, schutzbedürftigen Bruder? JA! Klar! Selten so gelacht! Diese Möglichkeit schied definitiv aus. Allein schon der Gedanke grenzte an Größenwahn! Und nun lag Stiles hier verzweifelt herum. Na ja, nicht alles an ihm lag und das war genau das Problem! Was sollte er nun dagegen unternehmen? Er konnte sich hier auf dem Sofa doch keinen runterholen! Aber so würde er auch auf keinen Fall einschlafen können. Das Badezimmer? Zu riskant! Schließlich erhob sich Stiles, schnappte sich aus der Küche eine Papierserviette, löschte überall das Licht und trat hinaus auf den großen Balkon. Er blickte sich nach allen Seiten um, ob es irgendwo Nachbarn gäbe, die ihn hören oder sehen könnten, doch es schien sicher zu sein. Und als er die Hand in seine Hose schob, dachte er an Derek, dessen Geruch immer noch an ihm haftete. Hinterher schlich er sich mit hochrotem Kopf wieder hinein, machte einen kurzen Umweg über das Bad und richtete sich dann für die Nacht auf dem Sofa ein. Verwirrt und immer noch ziemlich geil schlief er ein und entsprechend fielen auch seine Träume aus. Bis zum Tag seines Todes würde er keinem Menschen gegenüber zugeben, was sein verkorkstes Unterbewusstsein ihm an diesem Tag für eine schrille mitternächtliche Kinovorstellung geboten hatte. Und das Eigenartige: Wenn Derek und er es in diesen Träumen nicht gerade auf alle erdenklichen Arten taten, wie zwei Karnickel auf Viagra, dann sangen und tanzten sie? Oh´ Mann! Er würde wohl nie wieder `Singing in the rain´ sehen können, ohne kirschrot anzulaufen. Derek hatte in dieser Nacht nicht allzu viel Schlaf gefunden. Irgendwie empfand er eine innere Unruhe, die er sich absolut nicht erklären konnte und die auch so gar nicht typisch für ihn war? Vielleicht lag´ s daran, dass er zu spät zu viel Popcorn gegessen hatte? Das musste ihm wohl schwer im Magen gelegen haben. Er stand jedenfalls früh auf und ging erst einmal ins Bad, um Stiles noch nicht sofort zu wecken. Frisch geduscht schlich er dann in die Küche, um Frühstück für sie beide zu machen. Irgendwann kam dann Stiles verschlafen hinterher getapst und maulte: „Ich hab´ doch gesagt, ICH mache Essen für dich.“ Derek drehte sich zu ihm um und musterte ihn: Ein Abdruck des Kopfkissens seitlich im Gesicht, Haare, die in alle Richtungen abstanden und ein verräterischer Geruch: „Nächstes Mal! Geh´ duschen, Stiles!“ sagte er. Wenn Stiles sich nicht so ertappt gefühlt hätte, dann hätte er vielleicht eine sarkastische Antwort gegeben, um seine Selbstbestimmung in Sachen Körperhygiene zu verteidigen, doch so beschränkte er sich lediglich auf einen bösen Blick. Und ging duschen. Als er wiederkam und einen Teller voll mit Toast, Rührei, Butter und EINER ECHTEN TOMATENROSE AM RAND vorfand, schüttete Stiles sich aus vor Lachen und schrie begeistert: „Gott, ist das toll!“ Derek machte ein sauertöpfisches Gesicht: „WAS STILES?“ knurrte er böse: „WAS ZUR HÖLLE BRINGT DICH SO DERMAßEN ZUM LACHEN?“ Stiles bekam mittlerweile kaum noch Luft: „Du hast...du hast...“ stammelte er und deutete auf den Teller und schließlich hatte Derek die Schnauze voll, schnappte sich Stiles am Kragen, schob ihn vor sich her und drängte ihn unsanft an eine der Zimmerwände: „DU HÄLTST JETZT AUF DER STELLE DIE KLAPPE!“ Grollte Derek zornig Und Stiles hielt auf der Stelle die Klappe und schaute ihn aus großen Augen an. War das Angst? Nein, es war definitiv etwas GANZ ANDERES als Angst. Derek ließ augenblicklich erschrocken die Hände sinken. Stiles holte tief Luft, um sein Zwerchfell nach dem Lachanfall zu entspannen und sagte dann: „Tut mir leid! Ich habe dich nicht ausgelacht. Aber du hast eine Tomate geschält und aus der Haut ein Röschen geformt. Das ist so unglaublich süß. DU bist so unglaublich süß!“ Derek machte zornige Akrobatik mit seinen dichten, dunklen Augenbrauen und rief: „Ich hab´ doch gesagt, ich bin nicht...“ „Doch! Bist du!“ unterbrach ihn Stiles und verschränkte hochherrschaftlich die Arme vor der Brust, als sei die Sache damit in Stein gemeißelt: „Du bist süß! Und du bist sehr, sehr lieb!“ Derek funkelte ihn böse an, gab dabei das altvertraute Knurren von sich und stellte fest, dass er sich beizeiten einen neuen Abwehrzauber einfallen lassen musste, denn dieser wirkte nicht mehr im Geringsten, was das verdeutlichte, was Stiles als nächstes tat: Der Junge trat an ihn heran und murmelte: „Beiss´ mich nicht, Grummelwolf, aber das muss jetzt sein!“ Und dann schlang Stiles die Arme um seine Taille! Derek erstarrte und wusste zunächst nicht, wie er darauf reagieren sollte. Doch Stiles ließ einfach nicht wieder los, sondern schmiegte nun auch noch sein Gesicht in Dereks Halsbeuge. Der Ältere seufzte also und fragte verzweifelt: „Ist diese Schmuserei wirklich nötig?“ Und Stiles, der König der wortreichen Antworten sagte bloß: „Ja!“ „Iss´ jetzt, Stiles. Es wird kalt!“ sagte Derek geschlagen. Der Junge kam der Aufforderung nach. Jedoch nicht, ohne vorher einen feuchten, herzhaften Kuss auf Dereks stachliger Wange zu platzieren. Der Geküsste fragte sich verzweifelt, was er eigentlich verbrochen hatte? Er hatte doch nur einem armen, kleinen Streuner ein Obdach geboten! Eine gute Tat, oder nicht? Warum wurde er dafür bestraft? Derek warf einen Blick auf den kauenden Stiles, der ihm nun ein Lächeln zuwarf, welches die Sonne aufgehen ließ. Und Derek lächelte zurück, wie ein Idiot! Was zum Teufel lief eigentlich gerade schief in seinem Leben? „Wo genau arbeitest du jetzt eigentlich?“ erkundigte sich Derek nun harmlos und ganz nebenbei, während er auf seine eigene Portion Rührei mit der Gabel einpickte. „Castro-Distrikt!“ gab Stiles geheimnisvoll zurück: „Geht´s ein bisschen genauer?“ hakte Derek nach: „Castro STREET.“ sagte Stiles grinsend. „Aha!“ machte Derek und dachte bei sich: `So ein kleiner Mistkerl!´ Als sie aufgegessen und aufgeräumt hatten, machte Stiles sich für die Arbeit fertig und fragte: „Was hältst du von Lasagne zum Abendessen?“ „Einverstanden!“ erwiderte Derek nickend. Als Stiles die Wohnungstür öffnete und eine Verabschiedung über seine Schulter rief, griff Derek sich seinen Autoschlüssel und sagte: „Warte Stiles! Ich fahre dich!“ Der Junge blickte sich verblüfft um und Derek behauptete: „Es liegt auf meinem Weg!“ „So, so!“ sagte Stiles grinsend und wenig später saßen sie gemeinsam in Dereks Camaro. Als sie in die Castro-Street einbogen, sagte Stiles: „Du musst mich nicht bis vor die Tür bringen.“ „Doch, muss ich!“ erwiderte Derek fest. Stiles grinste und zeigte Derek schließlich, wo er halten musste: „Ein Café?“ fragte der Ältere schließlich mit schlecht verhohlener Erleichterung. Stiles lachte: „Klar! Was hast du denn gedacht?“ Kapitel 7: Die Sache mit den Gefühlen ------------------------------------- Vorwort: Derek ist ein Idiot! Etwaige, diesbezügliche Hassnachrichten bitte an mich. Ich leite sie weiter! Liebe Grüße Eure Ginger ____________________________________________ Stiles kam, dank des unerwarteten Taxiservices eine halbe Stunde zu früh. An einem der Tische vor seinem neuem Arbeitsplatz saß ein gutaussehender Typ mit dunkelblonden Haaren und rauchte. Das Café war noch geschlossen und der Fremde stellte fest: „Du musst Stiles sein! Ich bin Ethan. Wir arbeiten heute zusammen.“ Er streckte ihm die Hand hin und Stiles ergriff diese: „Wir haben noch einen Augenblick. Setz´ dich doch!“ forderte Ethan und nahm noch einen Zug aus seinem Glimmstängel, der so gar nicht wie eine gewöhnliche Zigarette roch: „Willst du?“ fragte Ethan: „Macht dich locker!“ Stiles schüttelte den Kopf und versuchte nonchalant zu klingen, als er sagte: „Das ist noch ein bisschen zu früh am Tag für mich!“ Obwohl kleine Sheriffssohn natürlich in Wirklichkeit noch nie Gras geraucht hatte. „Coole Karre, die dich gerade abgesetzt hat.“ kommentierte Ethan: „Und das heiße Teil am Steuer? War das dein Lover?“ „Das war Derek!“ erwiderte Stiles versonnen, als ob das irgendwas erklären würde. Ethan verstand ihn dennoch: „Ach, das ist dann wohl der Kerl, der sich nicht entscheiden kann, wie? Danny hat so etwas angedeutet, als wir gestern telefoniert haben.“ Stiles blickte seinen neuen Kollegen überrascht an und nickte dann bloß zur Antwort. Als Ethan seinen Joint aufgeraucht hatte, warf er ihn achtlos zu Boden und trat ihn mit dem Absatz seiner Bikerboots aus. Stiles betrachtete seinen neuen Kollegen neugierig aus dem Augenwinkel. Danny hatte nicht gelogen: Ethan war ein wirklich attraktiver Kerl, kräftig, athletisch und mit einem ansteckenden, sonnigen Lächeln: „Hast du schon mal als Kellner gearbeitet?“ Wollte der Blonde nun von ihm wissen. Stiles schüttelte ertappt den Kopf und Ethan lachte: „Na, macht nichts. Das ist keine Raketenwissenschaft oder so. Du kriegst das schon hin. Versuch´ einfach, unsere Gäste nicht allzu oft mit ihren Getränken zu begießen, dann passt es schon! Und falls es doch passiert, biete ihnen an, sie wieder trocken zu lecken. Das versöhnt sie dann mit Sicherheit wieder.“ Stiles lachte und tat, als hole er sich einen Notizblock hervor: „Warte, das muss ich mir aufschreiben! Punkt eins: GÄSTE ABLECKEN! Danke für die Info!“ Ethan kicherte: „Du bist lustig! Das hilft in unserem Job enorm. Ich zeige dir jetzt, wie der Kaffeeautomat funktioniert. Wir nennen ihn `den Drachen´, weil er nicht mehr ganz richtig funktioniert und immer mal wieder siedendheißen Dampf ausspuckt und dir, wenn du ungünstig stehst, den Arsch verbrüht. Und das kann einem für ein paar Tage echt das Liebesleben versauen, also sieh´ dich vor!“ Stiles lachte höflich, während er verzweifelt bei sich dachte: `Welches Liebesleben? Ein Soloflug auf dem nächtlichen Balkon etwa?´ Der Drachen konnte ruhig kommen! Das hatte keinen Schrecken für ihn! Vermutlich wäre ER sogar die einzige Art von Liebesleben, die Stiles für lange Zeit haben würde. Nachdem Ethan Stiles die Handgriffe am Kaffeeautomaten gezeigt hatte, ohne dass einer von beiden währenddessen Verbrennungen zweiten Grades erlitten hätte, waren die anderen Getränke dran. Stiles fand, dass es irgendwie ironisch war, dass er nun die Spirituosen ausschenken würde, die zu trinken ihm noch verboten waren: „Wenn die Leute Cocktails bestellen, dann findest du die Herstellungsweise hier in diesem Hefter.“ Ethan hielt ihm eine bebilderte Mappe mit den Rezepten vor die Nase: „Aber du kannst mir dann auch Bescheid sagen, wenn du nicht weiterweißt.“ Stiles nickte. Sie gingen die gesamte Getränkekarte durch und besprachen sie, doch dieser Schuppen bot überdies auch eine beachtliche Anzahl von Kuchen und Torten an, die morgens von einer benachbarten Konditorei geliefert wurden, sowie eine kleine Auswahl Snacks, die in der kleinen Küche aufgewärmt oder zubereitet werden mussten. Zumindest dieser Teil der Arbeit würde für einen versierten Koch wie Stiles ein Kinderspiel werden! Nachdem Ethan und Stiles die Tische abgewischt, Karten, sowie Zuckerstreuer und Milchkännchen auf diesen verteilt hatten, öffneten sie die Tore und dann strömten auch schon die ersten Gäste herein: Ein paar Anzugträger, die noch schnell einen Kaffee und ein Croissant vor der Arbeit wollten, ein offenbar ganz frisch verliebtes Frauenpaar, welches die Augen nicht einmal für den kurzen Moment voneinander nehmen konnte, in dem Stiles ihre Bestellung aufnahm und drei Kerle um die sechzig mit affektierter Sprechweise und schrillen Outfits, die Stiles mit vielsagendem Blick erklärten, dass sie Lust auf etwas Süßes hätten! Und außerdem noch Kuchen wollten! Als Stiles hinter den Tresen zurückkehrte, um die Bestellungen umzusetzen und Ethan einen hilflosen Blick von ihm auffing, erklärte dieser lachend: „Die drei sind total harmlos! Sie sind lustig, wollen bloß ein bisschen flirten und geben gutes Trinkgeld. Soll ich vielleicht lieber ihren Tisch übernehmen?“ Stiles schüttelte den Kopf: „Ich schaffe das!“ beteuerte er und Ethan ließ der dramatisch-heroische Tonfall seines neuen Kollegen ein klein wenig schmunzeln. Eineinhalb Stunden nachdem Derek Stiles abgesetzt hatte, würde er ein geschäftliches Treffen haben. Am anderen Ende der Stadt! Er hatte also ein bisschen Zeit zu vertrödeln und da war er im Castro-Distrikt gerade richtig, denn er hatte eine Idee. Er fuhr ein wenig durch die Straßen und fand dann genau das, wonach er gesucht hatte. Es sollte sich schnell zeigen, dass Ethan recht hatte: Kellnern WAR keine Raketenwissenschaft und die Arbeit ging Stiles leicht von der Hand. Es kam ihm entgegen, dass er so schmal war, so dass er sich mühelos zwischen den Tischen hindurchschlängeln konnte, um Bestellungen zu servieren oder Tische abzuräumen. Und bislang war es glücklicherweise noch nicht nötig gewesen, irgendwen abzulecken. Stiles flottes Mundwerk kam bei den Leuten gut an. Er flirtete nach allen Seiten und ein Kerl; vielleicht ein bisschen zu alt für ihn, aber trotzdem irgendwie süß, steckte ihm sogar seine Telefonnummer zu. Am frühen Nachmittag fiel Stiles Blick einmal aus dem Fenster und da sah er eine vertraute Gestalt vorbeischlendern. Dummerweise hatte die Person ihn auch gesehen und machte auf dem Absatz kehrt, um ins Café zu kommen: „Ja Hallo!“ säuselte Peter und zog dass `o´ unnötig in die Länge: „Was machst du denn hier, Prinzessin?“ „Arbeiten!“ sagte Stiles knapp: „Was denn? Hat mein Neffe dir etwa den Geldhahn zugedreht? Dieser Schuft!“ empörte sich Peter übertrieben: „Dann komm´ doch zu mir Stiles. Bei mir musst du nicht arbeiten. Also wenigstens nicht im herkömmlichen Sinne!“ Stiles verzog das Gesicht: „Ach komm´ schon Peter!“ stöhnte er: „Das ist echt widerlich! Außerdem findest du doch bestimmt auch jemanden, den du nicht dafür bezahlen musst, oder.“ Peter setzte ein anzügliches Grinsen auf: „Es kommt darauf an, wie dringend ich etwas will, kleine Jungfrau!“ erklärte er, schlang ungefragt die Arme um Stiles und legte ihm beide Hände auf den Arsch: „Übrigens gefällt mir dein verheißungsvolles Outfit.“ fügte er an und freche Finger suchten sich nun ihren Weg in das Loch, dass Stiles in seine Jeans geschnitten hatte: „H-hey, moment Mal!“ Stammelte der Junge und entwand sich der Umarmung: „Ich muss jetzt echt weiterarbeiten, Peter!“ „Soll ich dich vielleicht nach deiner Schicht abholen, Süßer? Wenn du willst, stellen wir etwas an. Etwas Aufregendes!“ Wollte Peter wissen, der Stiles Herzschlag und körperlicher Verfassung entnehmen konnte, dass seine Chancen bei diesem Jungen am Ende möglicherweise doch gar nicht so schlecht standen. Dennoch beeilte sich Stiles zu sagen: „Nein Danke, Peter. Ich habe schon eine Verabredung mit deinem Neffen.“ „Du weißt, dass er dich niemals ranlassen wird, oder Stiles?“ fragte Peter mitleidig: „Wer sagt, dass ich das überhaupt wollen würde?“ schnappte Stiles. Peter lachte ein wenig: „DU sagst mir das. Das verrät mir dein rasender Herzschlag und der beschleunigte Atem, wenn du bloß seinen Namen aussprichst; die leichte Röte, die dir jetzt gerade ins Gesicht schießt und ich kann es außerdem an dir riechen, Stiles!“ Der Junge blickte ihn ärgerlich an: „Was für ein Blödsinn! Du kannst meinen Herzschlag nicht hören und du kannst schon gar nicht riechen, was ich fühle. Du versuchst bloß, mir unter die Haut zu gehen, um mich zu ärgern, aber du irrst dich! Da ist gar nichts!“ „Wenn du meinst, Stiles.“ sagte Peter mit einem mitfühlenden Grinsen, für das Stiles ihm am liebsten die Fresse poliert hätte. Dann verabschiedete Peter sich mit den Worten: „Wir sehen uns!“ und war verschwunden. Ethan, der die Szene von Ferne beobachtet hatte, kam nun zu Stiles herüber und fragte: „Wow! Kennst du eigentlich NUR gutaussehende Kerle?“ „Kerl eins und Kerl zwei sind miteinander verwandt. Vielleicht liegt´s daran?“ brummte Stiles missmutig: „Und was wollte Kerl zwei nun von dir?“ wollte Ethan wissen: „Mich stalken, bis ich mich eines Tages für ihn hinlege!“ Schimpfte Stiles. Ethan kicherte: „Klingt nicht wie der schlechteste Deal auf der Welt. Ich persönlich mag´s, wenn sie ein bisschen Erfahrung mitbringen.“ „Verflucht! Er hat mir Geld dafür angeboten! Und zwar nicht zum ersten Mal!“ empörte sich Stiles. Nun lachte Ethan noch ein bisschen lauter: „Also auf meiner Pro- und Contra-Liste käme das eindeutig auf die Pro-Seite?“ Stiles zog überrascht die Augenbrauen hoch und machte sich nun daran, eine Kaffeebestellung für eine ältere Dame umzusetzen, wobei ihn beinahe dabei die Rache des Drachens dabei erwischt hätte. Er schaffte es gerade noch eben so, seine Hüfte zur Seite zu drehen. Der erste Arbeitstag war für Stiles wie im Flug vergangen. Es hatte Spaß gemacht, er hatte nette Leute kennengelernt, er mochte seinen Kollegen Ethan irgendwie und die Arbeit selbst fiel ihm nicht schwer. Nun war es fünf Uhr und Danny kam mit einem großen schlaksigen Lockenkopf herein, der sich ihm als Isaac vorstellte, um ihn und Ethan abzulösen. Ethan hatte zwischendurch einen Dienstplan erstellt. Diese Woche würde Stiles mit wechselnden Kollegen in der Frühschicht arbeiten, am Wochenende hatte er frei und nächste Woche hätte er dann die Spätschicht von fünf bis elf in der Nacht, plus aufräumen: „Die Wochenenden teilen wir unter uns auf.“ erklärte ihm Ethan: „Ich habe mir gedacht, da du der Neue bist, lassen wir dich diese Woche erst Mal außen vor.“ Stiles bedankte sich dafür mit einem kleinen Lächeln. Ethan grinste zurück und verkündete „Und jetzt kommt der gute Teil! Zahltag!“ Der Mindestlohn in Kalifornien betrug zehn Dollar. Das bedeutet sechzig Dollar für Stiles ersten Arbeitstag. Doch dann kam noch das Trinkgeld hinzu und selbst Ethan staunte nicht schlecht: „Zweiundsiebzig Mäuse an einem Wochentag in der Frühschicht, wenn die Leute noch nicht so betrunken sind, dass sie nicht mehr rechnen können? Glückwunsch Stiles! Dein Flittchenlook, gepaart mit deiner flinken Zunge machen sich definitiv bezahlt. Soviel hatte ich in vergleichbaren Situationen höchstens, wenn ich mit meinem Bruder hinter dem Tresen ein bisschen `Zwillingsaction´ betrieben habe.“ Stiles blickte Ethan fragend an und dieser erläuterte: „Aus irgendeinem bescheuerten, kranken Grund macht es die Leute an, sich vorzustellen, es mit Zwillingen zu treiben und Aiden und ich haben gelegentlich damit gespielt, indem wir die Musik ein bisschen lauter gedreht und miteinander getanzt haben. Das hat die Trinkgeldkasse jedes Mal klingeln lassen. Und es war hierbei auch völlig Schnuppe, dass mein Bruder eigentlich gar nicht schwul ist. Es hilft einfach, wenn man die Fantasie der Leute ein wenig ankurbelt. So wie du mit deiner Jeans, Stiles!“ Der Angesprochene kratzte sich verlegen am Hinterkopf und grinste schüchtern: „Werd´s mir merken!“ murmelte er: „Dann fragte er verstört. Du bist schwul und dein Zwillingsbruder nicht? Ich dachte, das wäre genetisch?“ Kopfschüttelnd und grinsend erwiderte Ethan: „Blödsinn! Sexuelle Orientierung und Identität sind ein bisschen komplizierter als das. Und das ist unser Glück, denn sonst hätten sie in der Vergangenheit mit Sicherheit schon einen Weg gefunden, um solche wie uns schon pränatal auszusortieren. Stiles zuckte ein wenig zusammen bei der Vorstellung und dachte an seinen Dad. Hätte dieser sich wohl einen anderen Sohn gemacht, wenn er gekonnt und vorher schon geahnt hätte, dass sein eigener derart missglücken würde? Stiles schluckte hart. Schließlich überließen er und Ethan nun das Feld Isaac und Danny und verließen das Café gemeinsam: „Und? Was hast hast du heute noch vor?“ wollte Ethan wissen: „Ich gehe nachhause zu Kerl eins, hoffe das Kerl zwei heute einfach mal nicht uneingeladen vorbeikommt und wenn der Abend gut läuft, werde wir erst Lasagne essen und dann werde ich bei irgendeinem alten Film Kerl eins auf die Schulter sabbern, in der traurigen Gewissheit, dass dies die einzige Form der Körperlichkeit sein wird, die jemals zwischen uns stattfinden wird.“ „Dich hat´s ganz schon erwischt, oder?“ fragte Ethan. Stiles nickte bloß. Einem Impuls folgend umarmte er seinen neuen Kollegen kurz und verabschiedete sich dann. `Endlich wieder Geld in der Tasche!´, dachte Stiles glücklich. Und das Erste, was er davon kaufen wollte, war ein Geschenk für Derek, nur hatte er leider nicht die blassesten Ahnung, was das sein könnte. Das einzige, von dem Stiles sicher wusste, dass Derek es mochte, waren alte Filme und Bücher, doch von beidem hatte Derek schon eine Menge und Stiles wusste nicht, was ihm in seiner Sammlung noch fehlen mochte. Also lief Stiles durch die Straßen in der verzweifelten Hoffnung, ganz zufällig auf das perfekte Geschenk zu stoßen. Ein aussichtsloses Unterfangen! Oder etwa nicht? Was Stiles nämlich plötzlich in einem der Schaufenster entdeckte, war genau das, wonach er niemals gesucht hätte, weil er nicht geahnt hätte, dass er es für Derek hätte wollen können. Und es war absolut vollkommen! Es war ein kleiner schwarzer Wolf aus Plüsch, mit grimmigem Gesichtsausdruck und gefletschten Zähnen, aber dennoch: Es war doch bloß Plüsch! Und genauso war Derek! Er betrat das Geschäft ohne überhaupt darauf zu achten, was hier überhaupt verkauft wurde, trat zu dem Mann an dem Verkaufstresen und sagte aufgeregt: „Ich hätte gern das Kuscheltier aus dem Schaufenster. Was kostet es?“ „Der kleine Wolf? Der gehört nicht zum Sortiment. Er ist bloß Dekoration. Vielleicht findest du hier ja etwas anderes, was dir gefällt mein Junge?“ erwiderte der Verkäufer. Stiles riss enttäuscht die Augen auf und sagte: „Bitte, Sir! Ich muss ihn haben! Er ist das perfekte Geschenk für einen ganz besonderen Menschen!“ Der Kerl hinter dem Tresen musterte Stiles belustigt. Er war recht groß und kräftig, Afroamerikaner, hatte ein freundliches, breites Gesicht, mit einem etwas mysteriösen Lächeln. Stiles blickte sich in dem Geschäft um und konnte gar nicht genau sagen, was dies hier eigentlich für ein Laden war? Am besten könnte man es wohl als `Homosexuellenausstatter´beschreiben. Es gab Ständer mit Postkarten mit Regenbogenfahnen, frechen Sprüchen und mit weiblichen oder männlichen Akten. An einer Wand gab es Bücher; allesamt zu queeren Themen. Es gab Anstecker und T-Shirts mittels derer man Anderen seine sexuelle Orientierung mitteilen konnte, DVDs, regenbogenfarbenen Schnickschnack und etwas versteckt im hinteren Winkel des Ladens auch ein paar Sextoys. Eigenartig! Der Inhaber dieses Ladens schien so gar nicht hierher zu passen. Stiles konnte ihn sich eher als Grundschullehrer vorstellen. Oder als Kartenleger auf einem Jahrmarkt, wegen seines geheimnisvollen Lächelns. Oder nein: eigentlich sah er aus wie ein Tierarzt! „Bitte Sir!“ versuchte Stiles es noch einmal: „Ich habe sechsundneunzig Dollar! Die gebe ich ihnen, wenn sie mir den Plüsch-Wolf verkaufen!“ Der Verkäufer lachte leise: „Das muss ja ein besonderer Freund sein, wenn du bereit bist, so viel Geld für ein wertloses Stück Stoff auszugeben, nur um ihn glücklich zu machen.“ Stiles grinste ertappt: „Er hat mein Leben gerettet. Er...er ist einfach der Beste!“ bestätigte er. Der Ladeninhaber nickte schmunzelnd, holte den kleinen Wolf aus dem Schaufenster und sagte: „In Ordnung! Gib´ mir fünfzehn dafür!“ Stiles blickte ihn überrascht an: „Wirklich?“ fragte er unsicher. Der Verkäufer zuckte mit den Schultern: „Wer bin ich, mich einer so wichtigen Sache entgegenzustellen?“ Stiles zahlte und stopfte seine Beute in seinen Rucksack, ehe der Verkäufer es sich anders überlegen konnte: „Danke Sir!“ murmelte er. Der Angesprochene lachte: „Du kannst mich Alan nennen, Kleiner!“ sagte er und streckte ihm die Hand entgegen: „Stiles!“ erwiderte der zufriedene Kunde und ergriff die hingehaltene Hand. Nach dem glücklichen Geschäftsabschluss stöberte Stiles noch ein wenig in der Auslage des Geschäfts herum und arbeite sich langsam und unauffällig zu den Sextoys vor. Ehrfürchtig blieb er vor einem gigantischen, aber abgesehen davon sehr naturalistischen Dildo stehen und betrachtete ihn, als sei er eine fremde Lebensform. Nach einer Weile traute er sich sogar das Ungetüm in die Hand zu nehmen. Stiles zuckte zusammen, als Alan ihm unvermutet eine Hand auf die Schulter legte: „Du solltest vielleicht lieber mit so etwas hier anfangen, wenn du ein bisschen üben willst, Stiles.“ sagte er lachend und drückte ihm einen rosa-hellblau melierten phallusförmigen Delfin in die Hand: „Und dies hier könnte auch hilfreich sein.“ Alan reichte Stiles einen kleinen Plug und eine Flasche Gleitgel. `Verdammt!´ dachte Stiles. Hatte er die Worte `spätes Mädchen´ etwa auf seiner Stirn stehen? „Danke?“ sagte er brummend und es klang eigentlich mehr wie eine Frage: „Fünfundzwanzig Mäuse für das Starterset. Ist ein Schnäppchen!“ gab Alan zurück. Stiles ließ den Kopf hängen: „Ist es wirklich so offensichtlich, dass ich bloß eine ahnungslose Jungfrau bin?“ wollte er wissen. Alan lächelte: „In meinen Laden kommen viele Kids wie du; jung, auf der Suche nach sich selbst, ein bisschen verloren...Es wird besser, Stiles! Versprochen!“ Dann fügte er hinzu: „Ich hab´ vorhin gesehen, dass du bei den Jungs im Café arbeitest. Das ist doch ein guter Anfang, oder nicht? Bei ihnen bist du gut aufgehoben.“ Stiles blickte ihn überrascht an und nickte dann: „Das Gefühl habe ich auch.“ Erwiderte er. Dann fügte er leise hinzu: „Ich will nicht, dass die Anderen wissen, dass ich noch nie...ich meine, dass ich noch keine Ahnung habe. Es ist so wahnsinnig peinlich!“ Alan lachte: „Von mir erfährt bestimmt keiner etwas!“ versicherte er: „Und es ist gar nicht peinlich. Ich war einundzwanzig bei meinem ersten Mal.“ Stiles blickte ihn überrascht an, doch Alan zuckte bloß mit den Schultern: „Ich war wahnsinnig schüchtern. Und irgendwann hatte ich dann so lange gewartet, dass es mir wie eine viel größere Sache vorkam, als es das am Ende war.“ „Das Gefühl kenne ich!“ erwiderte Stiles und fügte dann mit einem schiefen Grinsen hinzu: „Ich denke, ich nehme das `Starterset´.“ Alan nahm das Geld entgegen und schenkte Stiles noch ein weiteres mysteriöses Lächeln: „Vielleicht schaust du irgendwann mal wieder rein und erzählst mir, wie dein Einkauf angekommen ist?“ Der Angesprochene schaute ihn mit großen Augen an und Alan stellte lachend klar: „Ich meinte das Kuscheltier, nicht die Toys. Diese Erfahrung darfst du sehr gern für dich behalten.“ „Und wenn ich nun aber unbedingt genau DARÜBER sprechen wollte?“ fragte Stiles zwinkernd Alan lachte: „Dann solltest du damit in eine Talkshow gehen, wie jeder normale Mensch.“ „Abgemacht!“ gab Stiles lachend zurück. Dann verabschiedete er sich. Wieder auf der Straße stellte er fest, dass es mittlerweile bereits Viertel vor sechs war und er beeilte sich, nachhause zu kommen, um Derek nicht länger auf sein versprochenes Abendessen warten zu lassen. Als er die Tür aufschloss, zeigte sich allerdings schnell, dass Stiles noch nicht allzu sehr vermisst worden war, denn bei Derek auf dem Sofa saß eine wunderschöne Frau und die beiden turtelten und lachten miteinander. Augenblicklich wich das Blut aus Stiles Kopf, Armen und Beinen und zog sich schmerzhaft in seiner Körpermitte zusammen. Stiles schaffte es gerade eben so zu sagen: „Hi! Da bin ich wieder.“ Derek sah ertappt aus und er erkundigte sich: „Hey, Stiles. Wie war dein erster Arbeitstag?“ „Fein!“ antwortete Stiles knapp. Er hielt der Fremden die Hand hin, stellte sich vor und wollte dann wissen: „Also dann Lasagne für drei?“ Die Schönheit, die sich ihm als Braeden vorstellte, schüttelte lächelnd den Kopf: „Nein Danke! Ich muss bald wieder los.“ Derek erklärte: „Braeden ist meine...ich meine wir sind...“ Offensichtlich wusste er selbst nicht, wie dieser Satz weiterging, also richtete er seinen Blick hilfesuchend auf die Frau in seinem Arm, die grinsend sagte: „Ich glaube, so etwas wie uns nennt man `Part-Time-Lovers´, Baby!“ Stiles wünschte sich gerade, dass er die Einladung Peters vom frühen Nachmittag angenommen hätte, denn dann würde er jetzt wohl unter diesem liegen und sich zeigen lassen, wie man die Toys, die er heute erworben hatte, fachgerecht benutzte, anstatt seinem Herzen dabei zuzuhören, wie es ganz langsam und Stück für Stück in tausend kleine Scherben zersprang. „Braeden ist beruflich viel unterwegs, aber wenn sie gerade mal in der Stadt ist, dann treffen wir uns.“ erklärte Derek und aus irgendeinem Grund klang es wie eine Rechtfertigung. „Aha!“ machte Stiles und hackte auf die Zwiebeln vor sich ein, damit er eine gute Erklärung für die Tränen haben würde, die er in diesem Moment anrollen spürte: „Was machen sie beruflich, Braeden?“ fragte er; nicht weil es ihn wirklich interessierte, denn er hatte gerade beschlossen, diese Frau aus tiefster Seele zu hassen; da konnte sie noch so wunderschön und sympathisch ein. Er tat es nur, um nicht durch allzu schlechtes Benehmen sofort zu offenbaren, wie er sich gerade fühlte: „Ich arbeite für die Regierung.“ Gab die Fremde zurück, was viel Raum für Spekulationen ließ: „Sie tut immer so geheimnisvoll.“ erklärte Derek schmunzelnd: „Ich weiß auch immer noch nicht genau, als was sie wirklich arbeitet.“ Dann küsste er sie. „Aha!“ machte Stiles wieder und versuchte nicht hinzuschauen, sondern sich voll und ganz auf´s Kochen zu konzentrieren. Verflucht! Verflucht! Verflucht! Gab es kein Gesetz, dass Männern, in die Stiles verliebt war verbot, in ihrer eigenen Wohnung schöne Frauen küssten? Wenn nicht, dann sollte wirklich schleunigst eins verabschiedet werden. Braeden erhob sich, kam zu Stiles um den Küchentresen herum und bemerkte: „Schade, dass ich keine Zeit mehr habe, denn es riecht wirklich verführerisch!“ Sie streckte Stiles die Hand entgegen, welcher diese zögerlich ergriff. Erstaunlich fester Händedruck für so eine kleine, zierliche Person: „Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Stiles.“ „Geht mir ebenso.“ log Stiles. Und zu seinem eigenen Ärger musste er feststellen, dass es schwer werden würde, diese Frau zu hassen, denn sie war so nett. Derek brachte seine Teilzeitliebhaberin noch zur Tür, was eine Weile dauerte und Stiles versuchte das Kichern und die eindeutigen Kussgeräusche zu ignorieren, die zu ihm herüberschallten. Als er die Lasagne in den Ofen schob, dachte er, dass es früher besser war, als die Menschen noch Gasöfen hatten, mit denen man sich auf dramatische Art und Weise umbringen konnte. „Alles in Ordnung bei dir, Stiles?“ Fragte Derek, als sie beide wieder allein waren: „Du bist so komisch.“ „Alles O.K.!“ behauptete Stiles und ließ sich auf das Sofa fallen: „Ein bisschen Heimweh. Das ist alles.“ Derek stutzte, doch er sagte nichts dazu, sondern fragte stattdessen: „Und die Arbeit? Gefällt sie dir?“ Stiles zuckte mit den Schultern und lächelten leise: „Ja! Es ist ziemlich cool. Mein neuer Kollege Ethan ist wirklich heiß. Und single! Ich hätte heute beinahe zum ersten Mal in meinem Leben Gras geraucht.“ Dereks Augen weiteten sich entsetzt, doch Stiles ignorierte das und sprach einfach weiter: „Außerdem war dein Onkel kurz da und hat angeboten mich dafür zu bezahlen, seine exklusive kleine Nutte zu sein.“ Derek knurrte leise: „Und ein gutaussehender Kerl Anfang fünfzig hat mir seine Telefonnummer gegeben. Ich hatte sowieso den Eindruck, ich komme ganz gut an. Ich wurde den ganzen Tag von Kerlen angeflirtet. Ethan meinte, das würde sich auch am Trinkgeld bemerkbar machen.“ Aus irgendeinem Grund schien Derek überhaupt nicht zu gefallen, was Stiles zu berichten hatte: „Klingt ja toll!“ knurrte er: „Von der Jungfrau zum Drogenstrich in nur einem Tag! Was für eine Karriere! Deine Geschichte sollten sie verfilmen und jedes Jahr zu Weihnachten in der Glotze bringen!“ Stiles lachte: „Keine Sorge. Ich bin immer noch eine arme, kleine Jungfrau und werd´s wohl auch bleiben. Ich will´s nämlich nicht mit dem Erstbesten tun, sondern mit jemand Besonderem.“ Derek schaute ihn eigenartig an, doch er sagte nichts. Eine Weile später war die Lasagne fertig und sie schien Derek ausgesprochen gut zu munden, auch wenn sie mit Stiles bitteren Tränen gewürzt war. „Hast du sie gern?“ traute der Jüngere sich irgendwann zu fragen: „Wen? Braeden?“ fragte Derek zurück. Stiles verdrehte die Augen und schnaubte: „Nein, Angelina Jolie! Natürlich Braeden, oder waren hier in der letzten Stunde noch andere Frauen, mit denen du rumgemacht hast?“ „Dutzende!“ Behauptete Derek grinsend, doch Stiles war nicht zum Scherzen aufgelegt. Er stellte geräuschvoll ihre Teller zusammen und ließ sie mit dem anderen Geschirr in die Geschirrspülmaschine krachen. „Gibt es eigentlich einen bestimmten Grund, warum du meine Küchenutensilien misshandelst, Stiles?“ erkundigte sich Derek: „Gibt es einen besonderen Grund, dass du auf meine Fragen nicht antwortest?“ Schnappte Stiles. Plötzlich stand Derek hinter ihm: „Bist du eifersüchtig, Stiles?“ fragte er sanft. Den Angesprochenen traf beinahe der Schlag: „Natürlich nicht!“ sagte er viel zu schnell und scheuerte wie besessen auf imaginären Flecken auf der Anrichte herum „Ein bisschen besorgt vielleicht. Willst du, dass ich von hier verschwinde, damit du mit Braeden allein sein kannst?“ „Braeden hat heute keine Zeit und außerdem hat sie ihre eigene Wohnung in der Stadt, wo wir allein sein können, wenn wir das wollen!“ Allein sein! Der Code für: Sex miteinander haben! Verdammt! Nun legte Derek eine Hand auf Stiles Schulter, unter welcher dieser zu Eis erstarrte: „Ich habe dich gern hier bei mir! Und wir haben doch die Verabredung, dass ich es dir sage, wenn sich daran etwas ändern sollte.“ Stiles nickte und schlang die Arme um seinen eigenen Körper. Da fiel Derek etwas ein: „Moment Mal!Ich hab´ doch etwas für dich!“ Er ging ins Schlafzimmer hinüber und kam mit mehreren Einkaufstüten aus Boutiquen zurück: „Ich war heute einkaufen, doch ich hätte das Zeug vorher anprobieren sollen. Alles zu klein! Vielleicht ist etwas dabei, was du bei der Arbeit tragen kannst?“ erklärte Derek Stiles durchstöberte den Tüteninhalt und seine Augen wirden immer größer. Es handelte sich um mehrere Skinny-Jeans und Oberteile. Nichts davon sah aus wie etwas, was Derek jemals anziehen würde; nicht mal unter Androhung von Todesstrafe. Eins der Oberteile bestand aus neongelb- und orangenem Latex. Hauteng! Dann gab es ein T-Shirt, von dem offenbar die Rückseite fehlte, denn hinten wurde es lediglich von Bändern zusammengehalten. Ein anderes Teil hatte mit Straßsteinen das Wort `Slut´ auf die Vorderseite geschrieben. Dies hielt Stiles in die Luft und fragte: „Du bist sicher, dass du das nicht für dich selbst willst? Du würdest bezaubernd darin aussehen. Und Braeden würde es sicher an dir lieben!“ Derek lachte und Stiles machte die Feststellung: „Du bist losgegangen und hast Arbeitskleidung für mich gekauft. Warum?“ Derek zuckte die Achseln: „Du kannst doch nicht immer in demselben T-Shirt und der selben schrottreifen Jeans herumlaufen, oder? Und wenn es die Trinkgeldkasse klingeln lässt...ich nenne es eine Investition in die Zukunft eines jungen Menschen. Und wenn es mit dem Kellnern nicht klappt, kannst du immer noch jederzeit in die Pornobranche einsteigen!“ Stiles wusste selbst nicht genau, warum er ausgerechnet jetzt heulen musste. Er trat auf Derek zu und legte diesem die Hände in den Nacken: „Danke!“ sagte er und schmiegte seinen Kopf an Dereks Schulter. Und scheinbar hatte dieser sich mittlerweile an derartige Zudringlichkeiten gewöhnt, denn er ließ Stiles einfach gewähren und entgegnete: „Gern geschehen, Kleiner! Habe ich denn deinen wenigstens Geschmack getroffen?“ Stiles lachte gegen Dereks Brust: „Ich würde es eher so ausdrücken: Es erfüllt seinen Zweck!“ „Und du wirst so unglaublich billig darin aussehen. Das wird ganz toll!“ antwortete Derek gespielt begeistert: „Willst du mich etwa auf den Strich schicken?“ empörte sich Stiles scherzhaft: „Nur wenn es finanziell ganz hart kommt!“ gab Derek nüchtern zurück: „Da bin ich aber erleichtert.“ entgegnete Stiles, löste sich wieder von Derek und dann sagte er: „Ich habe übrigens auch etwas für dich!“ Er kramte in seinem Rucksack, peinlich darauf bedacht, Derek nicht sehen zu lassen, was er, abgesehen von seinem Geschenk sonst noch so gekauft hatte. Dereks Geschenk war in Seidenpapier eingeschlagen und der Ältere nahm es mit fragendem Blick entgegen: „Öffne es!“ forderte Stiles. Derek wickelte den Plüschwolf aus und ihm gingen beinahe die Augen über. Mit einem Blick forderte er eine Erklärung: „Das bist du, Grummelwolf: zähnefletschend und knurrend, aber im Grunde kuschelig und weich.“ murmelte Stiles und fand seine Idee plötzlich gar nicht mehr so toll. Derek hatte die feste Absicht, ernst zu bleiben, doch als er Stiles ängstlichen Gesichtsausdruck sah, musste er lachen: „Danke Kleiner!“ sagte er und hielt sein angebliches Ebenbild aus Plüsch zum Vergleich neben seinen Kopf. Dann nahm er das Zottelviech mit ins Schlafzimmer, wo der kleine Derek einen Ehrenplatz auf dem Nachttisch erhielt. Stiles lächelte erleichtert. „Und nun?“ fragte Derek, als er wieder bei ihm war: „Schauen wir wieder einen Film?“ Stiles nickte stumm und eine halbe Stunde später lag er mit einer Schale Erdnüsse neben Derek auf dem Sofa, den Kopf auf dessen Schoß gebettet und ließ sich das Haar kraulen, während sie `Ist das Leben nicht schön?´ auf DVD schauten. Kapitel 8: Chicken Cajun ------------------------ Stiles hatte eine weitere Nacht voller Sehnsucht auf Dereks Sofa verbracht und stand nun unter der Dusche, um sich den Geruch der Verzweiflung abzuwaschen. Dann machte er seinen zum Sterben schönen und unerreichbaren Gastgeber Kaffee und Frühstück und brachte ihm beides ans Bett: „Guten Morgen, Sonnenschein!“ rief Stiles munterer und heiterer, als er sich in Wahrheit fühlte und zog die Vorhänge im Schlafzimmer auf. Er wollte von Derek wissen: „Und? Wie gefällt dir mein Outfit?“ Stiles trug eine seiner neuen Jeans und das `Slut´-Shirt und drehte sich nun ein bisschen, damit Derek ihn von allen Seiten angemessen bewundern konnte. Dieser bedeckte seine Augen gegen die Sonne und knurrte unzufrieden: „So gut, dass ich spontan Lust bekomme, dir Dollarnoten in den Bund deiner Hose zu schieben!“ „Prima!“ sagte Stiles: „Dann habe ich ja alles richtig gemacht!“ Er setzte er sich auf Dereks Bettkante und verkündete: „Ich habe Croissants besorgt.“ Er hielt dem Älteren eines direkt unter die Nase und dieser schnappte grinsend zu. Stiles lächelte auf ihn hinab und erlaubte sich einen flüchtigen, leichtsinnigen Moment lang darüber nachzudenken, wie schön es doch sein könnte. Aber gleich im nächsten Moment fühlte es sich dann auch schon wieder so an, als würde jemand mit einer Gabel in seinem Herzen herumstochern, weil Stiles da nämlich die Aussichtslosigkeiten seiner Situation bewusst wurde. Denn `Morgende danach´, mit gemeinsamem Ausschlafen, einem kleinen Quickie, um sich an die Freuden der vergangene Nacht zu erinnern, Croissants und dann kuscheln bis zum frühen Nachmittag; das alles würde es für ihn mit Derek niemals geben, denn dieser mochte schöne Frauen mit schokoladenbrauner Haut in seinem eigenen Alter und keine blassen, nervösen, hyperaktiven, achtzehnjährigen Spinner, die sich dreist bei ihm zuhause einnisteten und ihm auf den Wecker gingen. Und wer konnte es ihm verdenken? Stiles jedenfalls nicht! Er reichte Derek seinen Kaffee; stark und schwarz, und sagte dann schnell: „Ich muss bald los zur Arbeit. Was willst du heute Abend essen? Ich werde auf dem Heimweg etwas einkaufen gehen.“ „Hühnchen vielleicht?“ fragte Derek, reckte sich und biss ein weiteres Mal von seinem Croissant ab. Stiles lächelte: „Abgemacht! Ich werde mein Cajun-Huhn für dich machen. Du wirst es lieben, das tut nämlich jeder!“ „Ich bin gespannt.“ erwiderte Derek und wollte dann wissen: „Kannst du vielleicht gleich etwas mehr machen, falls Peter oder Braeden mitessen wollen?“ Stiles schluckte kurz. Braeden! Natürlich, da war ja noch etwas. Wie nett von Derek, ihn daran zu erinnern. „Klar!“ sagte er leichthin und dann machte er sich rasch, beinahe schon fluchtartig auf den Weg. Im Bus weinte Stiles ein bisschen. Es war nicht die Dankbarkeit, weil Derek ihm das Leben gerettet hatte. Es war auch nicht deswegen, weil Derek so wahnsinnig schön war. Nein es war vielmehr so, dass etwas in Stiles Innerem genau wusste, dass Derek und er füreinander bestimmt waren. Blöd nur, dass etwas in Dereks Innerem das offenbar ganz anders sah. Stiles musste sich zwingen aufzustehen, als der Bus an seiner Haltestelle hielt, denn irgendwie tat ihm alles weh. So als seien seine Muskeln durchsetzt von Eiskristallen. Und das Herz war ja auch bloß ein Muskel! Heute würde Stiles gemeinsam mit Mason arbeiten. Dieser begrüßte ihn mit einem süßen, schüchternen, jungenhaften Lächeln und drückte ihm erst mal einen Schlüssel für das Café in die Hand: „Den hat Ethan gestern vergessen, dir zu geben.“ verkündete er und wollte dann wissen, wie er denn wohl seinen ersten Arbeitstag überstanden hätte: „Oh, es war toll! Alle waren echt nett und die Arbeit macht Spaß!“ gab Stiles zurück. Mason blickte ihn prüfend an: „Ich frage ja auch nur, weil du überhaupt nicht glücklich wirkst.“ `Na großartig!´, dachte Stiles wenig begeistert. `Offenbar war er sogar für vollkommen Fremde zu lesen, wie ein offenes Buch!´ Doch weil Mason wirklich lieb aussah und es scheinbar auch nur gut meinte, sagte Stiles: „Das hat nichts mit der Arbeit zu tun. Ich laboriere bloß gerade an einem gebrochenen Herzen herum. Weiter nichts.“ „Ach!“ sagte Stiles neuer Kollege: „Weiter nichts?“ Er schüttelte sorgenvoll den Kopf: „Klingt ernst, wenn du mich fragst! Und glaube mir, ich kenne dieses Gefühl! Es gibt da nämlich einen älteren Kerl, den ich sehr mag, aber der sieht bloß einen kleinen Bruder oder so in mir. Und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob er Kerle mag. Das geht schon seit einer Weile so und manchmal mag ich weder essen, noch kann ich schlafen. Ich kann an nichts anderes denken, als ihn. Ich sage dir: Es.Bringt.Mich.Um.Den.Verstand!“ Stiles blickte ihn überrascht an: „Echt? Scheint, als hätten du und ich eine Menge gemeinsam, denn ich kann jedes einzelne deiner Worte unterschreiben.“ entgegnete er. „Vielleicht sollten wir uns dann mal irgendwann zusammensetzen, uns den Magen mit einer ungesunden Mengen Eiscreme verderben, einen Gilmore-Girls-Marathon absolvieren und über Männer schimpfen?“ schlug Mason vor. Bei der Vorstellung musste Stiles lachen: „Aber nur, wenn wir uns dabei auch gegenseitig die Fußnägel lackieren und uns Zöpfchen in die Haare flechten!“ Mason grinste und reichte ihm den kleinen Finger zum Einhaken: „Pinkie-Schwur?“ „Pinkie-Schwur!“ bestätigte Stiles kichernd und hakte ein. Das Arbeiten mit Mason war wirklich angenehm. Stiles und er alberten herum und es fühlte sich schnell so an, als würden sie sich schon ewig kennen. Stiles erfuhr, dass Mason offiziell gar nicht hier im Café arbeiten dürfte, weil er erst sechzehn war und dass er, falls es einmal eine unangemeldete Inspektion geben sollte, ganz schnell verschwinden müsste. Die anderen Jungs hätten ihm lediglich gestattet, im Café zu arbeiten, weil Mason nirgendwo sonst einen Job gefunden hatte und sie Mitleid mit ihm gehabt hätten. Er sei von zuhause weggelaufen, erzählte Mason, weil seine Eltern mit seinem Schwulsein nicht klargekommen wären. Daher sei er nach San Francisco gekommen - noch so eine Gemeinsamkeit zwischen Stiles und ihm! Gerade würde er mit ein paar anderen jungen Leuten in einer WG leben. Seine Anfangszeit hier in der Stadt sei ziemlich schwierig gewesen, doch nun sei es in Ordnung, versicherte Mason. Irgendwann um die Mittagszeit betrat Alan überraschend das Café und Stiles freute sich, ihn wiederzusehen: „Und? Hat das kleine Wölfchen deinem besonderen Freund gefallen?“ wollte der Ladenbesitzer wissen. Stiles kratzte sich am Kopf: „Das kann ich nicht genau beantworten, denn das ist bei meinem Freund immer sehr schwer zu sagen. Er hat die Art Gesicht, bei dem man nie wirklich bestimmen kann, ob er sich nun freut, oder gerade unter schmerzhafter Verstopfung leidet.“ Alan lachte: „Klingt nach einer echten Frohnatur!“ kommentierte er. Dann erblickte er Mason hinter dem Tresen. Ein kleines Lächeln huschte über Alans Gesicht und er entschuldigte sich. Da Stiles im Augenblick nichts besseres zu tun hatte, beobachtete er die beiden. „Hey Hewitt!“ begrüßte der Mann den Jungen: „Hey, Deaton!“ gab dieser zurück, errötete ein wenig unter seiner braunen Haut und fragte: „Das Übliche?“ Als Alan nickte, erhielt er sogleich ein Stück Torte und einen Latte Macchiato mit Kakaoherzchen auf dem Milchschaum, begleitet von einem schmachtenden Blick Masons. Der Eine saß vor dem Tresen, der Andere dahinter und einen Moment lang schienen die beiden alles andere um sich herum auszublenden. Sie steckten die Köpfe zusammen und sprachen sehr intim miteinander, so dass Stiles kein Wort verstand. Sie sahen aus wie Liebhaber! Doch dann hatte Alan seinen Kaffee ausgetrunken, seine Torte verspeist und der Zauber war von einer Sekunde auf die nächste verflogen. Alan Deaton erhob sich, zahlte, verabschiedete sich winkend von Stiles und Mason und war verschwunden. Und Stiles konnte beinahe dabei zuschauen, wie der verliebte Junge vor seinen Augen zerbröselte, wie ein zertretenes Mürbeplätzchen. Es war herzzerreißend! Und so trat Stiles hinter den Tresen zu Mason, legte diesem kameradschaftlich einen Arm um die schmalen Schultern und bemerkte: „Als du sagtest, du seist verliebt in einen älteren Kerl habe ich gedacht, du meinst jemanden, der vielleicht zwanzig ist. Ich dachte nicht an jemanden, der geschätzte dreißig Jahre älter ist als du!“ Mason ließ den Kopf hängen: „War es so wirklich so offensichtlich, dass es um Deaton geht?“ fragte er niedergeschlagen. Stiles zuckte mit den Achseln: „Also für mich war es jedenfalls nicht zu übersehen.“ erwiderte er, doch als er Masons entsetzten Blick sah, schob er schnell hinterher: „Aber dass heißt nicht, dass Alan selbst es bemerkt haben muss. Oder irgendwer sonst!“ Weil das den Jüngeren offenbar nicht sonderlich beruhigte, fragte Stiles, um ihn abzulenken: „Warum nennen Alan und du euch denn eigentlich beim Nachnamen?“ Mason lächelte: „Als ich neu in der Stadt war, war Deaton einer der ersten, die ich hier kennengelernt habe. Er hat den Buchladen ein Stück die Straße runter, weißt du?“ Stiles nickte, auch wenn er Alans Laden nicht unbedingt als einen Buchladen identifiziert hätte und Mason fuhr fort: „Er war wirklich nett zu mir, hat mir geholfen, hier Fuß zu fassen. Er hat mir diesen Job und auch mein WG-Zimmer besorgt und dennoch konnte ich mich nie überwinden, ihn beim Vornamen zu nennen. Darum ist er irgendwann dazu übergegangen, es bei mir genauso zu machen und dabei ist es geblieben.“ „Verstehe!“ sagte Stiles: „Und wie wird das mit euch beiden weitergehen? Willst du ihm sagen, was du empfindest?“ Mason blickte ihn hilflos an: „Ich glaube, ich würde kein Wort herausbringen, wenn ich es versuchen würde. Und ich habe auch wirklich nicht die leiseste Ahnung, wie er darauf reagieren würde. Die Sache ist nämlich die: Er kennt beinahe jedes Detail meines Lebens, weil ich ihm einfach alles über mich erzählt habe, in den vielen langen Gesprächen, die wir geführt haben, doch ich weiß rein gar nichts über IHN! Er tut immer so verdammt geheimnisvoll. Er könnte ein verheirateter Familienvater sein? Oder sein Buchladen ist möglicherweise nur eine Tarnung, um Geld für die Mafia zu waschen? Vielleicht führt er auch ein geheimes Doppelleben voller sexueller Abartigkeiten und Ausschweifungen? Ich weiß es einfach nicht! Ich weiß rein gar nichts über ihn. Und es nicht zu wissen, macht bloß, dass ich ihn noch mehr will!“ Gegen seinen Willen musste Stiles ein wenig kichern: „Mit anderen Worten: Das Geheimnisvolle gibt dir den Kick?“ „Zur Hölle, ja!“ fluchte Mason lachend: „Und manchmal stelle ich mir vor, ich komme eines Tages zu Deaton in den Laden, wenn er gerade mal keine Kundschaft hat; dann schnappe ich ihn mir einfach und küsse ihn und danach ist dann alles klar: Er sagt mir, dass er mich genauso liebt, wie ich ihn, er nimmt mich mit zu sich nachhause, verrät mir all´ seine Geheimnisse, wir haben großartigen Sex und leben von da an glücklich, bis an das Ende unserer Tage!“ „Zu schade, dass das Leben keine RomCom ist.“ bestätigte Stiles: „Da funktionieren die Dinge auf diese Weise.“ „Weißt du, dass ich beinahe verzweifelt genug bin, es trotzdem einfach zu probieren? Danach weiß ich wenigstens Bescheid. Und das Schlimmste was mir passieren kann ist, dass ich hinterher um eine Illusion ärmer bin, oder nicht?“ Stiles dachte an seine eigene Situation und fragte sich, was ihm selbst eigentlich lieber wäre; verzweifelte Sehnsucht oder enttäuschte Hoffnung? Im Augenblick zog er die verzehrende, quälende Sehnsucht noch vor, doch SO lange trieben Derek und er dieses grausame Spielchen ja auch noch nicht. Wer wusste schon, wie er es in ein paar Monaten sehen würde. Vielleicht wären Braeden und Derek bis dahin ja bereits verlobt und Stiles würde gefragt werden, ob er Trauzeuge sein wolle. Dadurch könnten sich die Dinge wohl ein wenig verändern. „Hast du eigentlich schon einmal einen Freund gehabt?“ fragte Stiles, vor allem auch, um sich von den bezaubernd-grauenhaften Zukunftsvisionen abzulenken, welche sein bescheuertes Hirn netterweise für ihn ausspuckte. Mason ließ unglücklich seinen Kopf hängen: „Ganz ehrlich? Die einzige intime Erfahrung meines Lebens war ein betrunkenes Herumgeknutsche mit meinem besten Freund Liam und der ist straight! Ist das nicht erbärmlich?“ Stiles fragte sich gerade erstaunt, ob Mason und er wohl parallele Leben führten: „Nein! Das ist überhaupt nicht erbärmlich!“ versicherte er: „Es kommt mir nur reichlich bekannt vor, denn bei mir war es ganz genau so.“ „Im Ernst?“ fragte Mason überrascht: „Ein toller Kerl wie du? Ich meine, sieh´dich an! Du bist heiß!“ Die Röte suchte sich langsam ihren Weg aus dem Kragen von Stiles Schlampenshirt über seinen Hals und sein Gesicht und setzte zum Schluss seine Ohren in Brand: „Öh!“ machte Stiles ausgesprochen intelligent und zuckte mit den Schultern. Ehe es hier noch richtig peinlich wurde, rief nun zum Glück wieder die Pflicht: Nach und nach hatte das Café sich nämlich nun zu füllen begonnen und Stiles und Mason mussten ihre Plauderei abbrechen, um Bestellungen aufzunehmen. Bis zum Feierabend ergab sich keine Gelegenheit mehr für die beiden, ihr Gespräch fortzusetzen und als Ethan und Isaac kamen, um sie abzulösen, wollte Mason unbedingt noch einmal zu Alan in den Laden, um zu sehen, ob dieser wohl mit ihm zu Abend essen wollte: Stiles war damit also nicht der Einzige, der sich heute Abend noch seinen Anteil an Herzschmerz und Verzweiflung abholen würde. Er ging in den Supermarkt, um die Zutaten für Cajun-Chicken für vier Personen zu besorgen (Yeah!?) und setzte sich dann in den Bus nachhause. Vor der Tür zu Dereks Haus traf Stiles Peter, der ihn mit Küsschen links und rechts begrüßte, ihm galant die Einkäufe abnahm und dann begeistert erklärte: „Derek hat gesagt, du willst heute für uns Kochen, Süßer? Da konnte ich einfach nicht widerstehen Vorbeizukommen.“ „Darauf hatte ich gehofft, mein Prinz!“ erwiderte Stiles sarkastisch und stapfte hinter Peter her die Treppen hinauf. Als sie Dereks Apartment betraten, saß Braeden bereits auf dem Sofa und hatte elegant ein Bein über das andere geschlagen. Sie trug einen kurzen, knallroten Rock, einen Lippenstift in derselben Farbe und sah so umwerfend aus, das sich sogar in Stiles selbst etwas bei ihrem Anblick regte. Verflixt! Er konnte Derek so verdammt gut verstehen, denn diese Frau war einfach der Hammer! Braeden begrüßte Stiles so herzlich, als seien sie alte Freunde, umarmte ihn und schenkte ihm ein warmherziges, umwerfendes Lächeln. Der Empfang zwischen Peter und Braeden hingegen viel ausgesprochen frostig aus. Es war eindeutig, dass diese zwei sich nicht im Geringsten grün waren. „Sind Peter und du etwa gemeinsam gekommen?“ erkundigte sich Derek schließlich übellaunig bei Stiles und ehe dieser antworten konnte, verkündete Peter auchschon schnurrend: „Und wenn es so wäre? Stiles und ich sind zwei attraktive Single-Männer und können machen, was wir wollen, stimmt´s nicht, Süßer?“ Dabei schlang er seine Arme besitzergreifend um den Jüngeren. Statt irgendwie zu dementieren oder zu versuchen, Peters Umarmung loszuwerden, seufzte Stiles lediglich theatralisch und warf Derek einen `Womit-habe-ich-das-verdient´-Blick zu. Während Stiles kochte, hatte er einmal mehr das zweifelhafte Vergnügen, Derek und Braeden beim Knutschen und Herumturteln beobachten zu dürfen, während Peter bei ihm in der Küchenecke herumlungerte und sich sogar noch ein paar Extra-Hände wachsen ließ, um den Koch damit sexuell zu belästigen. Stiles versuchte ja, den Älteren in die Kocherei mit einzubinden, wie man es pädagogisch sinnvoll auch mit einem unausgelasteten Kind tun würde, dass zu Übersprungshandlungen neigte, doch ganz ehrlich: Dieser Mann hatte die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs! Die Frühlingszwiebeln waren noch nicht einmal bis zur Hälfte zerkleinert, da wurde Stiles von Peter auch schon wieder mit fordernden Beckenbewegungen gegen den Spülstein gedrängt. Und die Bitte, ob Peter nicht vielleicht Karotten schälen könnte, zog ausufernde Beschreibungen dessen nach sich, auf welche Arten sich phallusförmiges Gemüse sonst noch verwenden ließe. Stiles musste an den kleinen `Flipper´ denken, der noch immer in seinem Rucksack darauf wartete, seine Unschuld zu verlieren und musste gegen seinen Willen ein wenig kichern, was natürlich Öl in Peters Feuer war. Und während Stiles sich noch abmühte, Peter davon abzuhalten ihn zu bespringen und zu schwängern, traf den Jungen eine überraschende Erkenntnis: Er mochte Peter! Mit ihm fühlten sich schwere Dinge leichter an und das war für jemanden wie Stiles, der immer alles viel zu schwer nahm, der versuchte, die Fäden in seinem Leben zusammenzuhalten, der sich immer alles genau aufschrieb, weil er hoffte, auf diese Weise Sinn in die Sinnlosigkeit zu bringen, eine wahre Wohltat. Stiles machte sich natürlich nichts vor. Ihm war klar, dass es Peter höchstwahrscheinlich bloß darum ging, ihn zu erlegen, weil er seinen Kopf für seine Trophäenwand wollte (und auf Stiles Kopf hatte Peter es hierbei vermutlich auch gar nicht nicht in erster Linie abgesehen), aber Peter war lustig! Er wirkte irgendwie unverwüstlich! Und Stiles brauchte in diesen merkwürdigen Zeiten, Gott weiß etwas, dass so wirkte, als habe es Bestand. Er würde Peter deswegen vielleicht nicht gleich gewinnen lassen, doch was sprach dagegen, mit dessen eigenartiger Fixierung auf ihn ein wenig zu spielen, ein wenig mit ihm zu flirten und sich zu amüsieren? Schließlich hatte Peter es ganz richtig erfasst: Stiles war Single! Er konnte tun und lassen, was er wollte. Und auch, mit WEM er es wollte! Nach einer Weile stand dann endlich das Geflügelgericht auf dem Tisch, oder in diesem Fall auf dem Küchentresen und es schien allseits zu munden, wie Stiles zufrieden feststellte. Sogar so sehr, dass Derek und Braeden anfingen, sich gegenseitig verliebt und kichernd damit zu füttern. Stiles sah es und hatte das Gefühl, jeden Moment zusammenbrechen zu müssen, von seinem Barhocker zu sinken und hart auf dem Boden aufzuschlagen. Zum Glück war Peter hilfreich zur Stelle, um ihn abzulenken. Indem er ihm die Hand unter den Hosenbund schob und sie über Stiles nacktes Hinterteil wandern ließ: „Ahh....iieh!“ machte er erschrocken, wie eine kleine Prinzessin, die ein Maus gesehen hatte und brachte Peter damit vergnügt zum Lachen. Derek unterbrach seine süßliche `Susie und Strolch´-Performance und blickte die beiden streng an, um zu ergründen, was vor sich ging, doch da sie auf der anderen Seite des Küchentresens saßen, war es ihm unmöglich, zu sehen, was Peter tat. Sein Onkel grinste lediglich harmlos und Stiles mühte sie nun damit ab, Peters Hand wieder aus seiner Hose zu ziehen: „Du kannst es besser treffen, Stiles!“ kommentierte Braeden mit einem giftigem Blick auf Peter. „Ich weiß!“ erwiderte Stiles und musste sich zwingen, dabei nicht Derek anzuschauen. Nach dem Essen deckte Stiles das Geschirr ab und begann, die Küche aufzuräumen. Als Peter sich anbot, ihm zu helfen, drehte Stiles sich zu ihm um und fragte mit hochgezogener Augenbraue: „Hast du mir heute denn noch nicht genug geholfen?“ Peter zuckte grinsend mit den Schultern und räumte dann ganz brav und ohne irgendwelche Paarungsversuche die Spülmaschine ein. Nach getaner Arbeit servierte Stiles den Anderen auf dem Sofa die Eiscreme, die er zum Nachtisch besorgt hatte. Braeden erklärte, dass sie gern eine DVD schauen wolle und hatte auch schon eine zur Hand. Derek schaute sie ungläubig an, als er das Cover erblickte: „Echt jetzt? Den willst du sehen?“ Braeden nickte kichernd: „Jawohl; ganz genau! Ich will sehen, wie ihr weißes Kolonialherrenvolk euch schamhaft in meiner Gegenwart windet!“ Der Film den sie Derek gereicht hatte war `Vom Winde verweht´. Die nächsten vier Stunden hatten die vier also das zweifelhafte Vergnügen, Vivian Leigh in der Rolle einer verzogenen Gutsherrentochter aus den Südstaaten dabei zuzusehen, wie sie sich durch die Wirren des Bürgerkriegs kämpfte und eine dysfunktionale On-Off-Beziehung mit Clarke Gable und seinem lächerlich dünnen Bärtchen führte. Derek und Braeden bekamen von dem Film nicht allzu viel mit, weil sie offenbar versuchten, sich gegenseitig zu verspeisen, angefangen bei den Lippen. Es war absolut widerlich! Eine Zumutung! Eine widerliche, hundsgemeine, Herzen brechende Zumutung, die Stiles zwei dicke Tränen der Verzweiflung in die Augen trieb, die er sich rasch verstohlen wegwischte, ehe einer der beiden es mitbekam. Einer jedoch hatte es gesehen! Es war nicht ganz klar, ob Peter Mitgefühl mit Stiles hatte, oder er einfach nur seine verzweifelte Lage ausnutzen wollte, (vermutlich war es ein bisschen von beidem) jedenfalls zog er den Jüngeren in seine Arme und breitete liebevoll und schutzspendend eine Decke über sie beide. Diese Tat veranlasste Derek tatsächlich kurzzeitig, in seinem Treiben innezuhalten und zu schauen, was da gerade zwischen den beiden Männern vorging, bis Braeden es schließlich wieder schaffte, Dereks volle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Zumindest vor sich selbst musste Stiles sich eingestehen, dass es sich gut anfühlte, sich von Peter halten zu lassen. Irgendwie hatte dieser es geschafft, sich hinter Stiles zu manövrieren, so dass der Jüngere nun zwischen seinen Beinen saß, sich an den breiten Brustkorb schmiegen und den Kopf in Peters Halsbeuge legen konnte. Und als Stiles den heißen Atem des Älteren im Nacken spürte, und Peters Hand sich unter Stiles T-Shirt schob, um seinen Bauch und seine Brust zu streicheln, fühlte er sogar ein kleines, verdächtiges Zucken und Pochen in seiner Hose, dem er nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken versuchte. Doch auch das längste Südstaatenmelodram ging einmal vorbei und Braeden machte sich zum Gehen bereit, auch wenn Derek das überhaupt nicht passte: „Du kannst doch hierbleiben. Mein Bett ist groß genug!“ versuchte er die Schöne zu überreden und Stiles betete, dass Braeden gegen Dereks Augenaufschlag; ganz anders als er selbst, immun sein möge. Und so war es zum Glück auch: „Sorry, Süßer, aber ich muss morgen früh raus und schlafe am Besten in meinem eigenen Bett!“ sagte Braeden kaltlächelnd, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab Derek einen kleinen, letzten Kuss. Dann fügte sie hinzu: „Aber am Wochenende bin ich ganz Dein!“ `Oh, toll!´ dachte Stiles, `am Wochenende, wenn er selbst frei hatte und somit reichlich Zeit, sich vorzustellen, was Derek und Braeden wohl gerade miteinander trieben.´ War sein Leben nicht großartig? Als Peter sich von Stiles verabschiedete und ihn erwartungsvoll anschaute, hatte dieser plötzlich das Gefühl, dem Älteren etwas schuldig zu sein. Aber Peter konnte doch nicht allen Ernstes annehmen, dass Stiles mit ihm nachhause gehen wurde, nur weil er ihn heute Abend davor bewahrt hatte, sich aus dem Fenster zu stürzen, um seinem wehen Herzen zu entkommen, oder? Nein, das kam gar nicht in Frage! Stattdessen umarmte Stiles Peter und flüsterte ihm ein „Danke!“ ins Ohr. Peter seinerseits küsste Stiles sanft und erwiderte: „Es war mir ein Vergnügen, kleine Jungfrau. Jederzeit wieder!“ Als Derek und Stiles wieder unter SICH waren und Stiles mit geputzten Zähnen aus dem Bad zurückkehrte, saß Derek auf dem Sofa und fragte säuerlich: „Das nennst du also `Auf jemand besonderen warten´? Verdammt! Mein Onkel ist schon durch mehr Hände gegangen, als eine alte Fünfdollarnote. Er spielt doch bloß mit dir Stiles! Merkst du das denn gar nicht?“ Stiles gab ein trauriges, kleines Lachen von sich: „Natürlich merke ich das! Mir ist klar, dass er mich bloß ficken will. Aber vielleicht wäre das ja gar nicht mal das Schlechteste, was mir passieren könnte, denn schließlich WILL ich endlich gefickt werden, verflucht nochmal! Natürlich kann ich darauf warten, dass irgendwann endlich jemand kommt, der dann meine, bis dahin völlig überhöhten, unrealistischen Erwartungen enttäuscht. Aber ich könnte in der Zwischenzeit auch mit jemandem wie Peter ein bisschen üben, weil ich weiß, dass ich von ihm absolut nichts zu erwarten habe; keine Liebe, keine emotionalen Höhenflüge, wahrscheinlich nicht einmal ein bisschen Kuscheln hinterher. Er würde mich einfach nur ganz ehrlich und unsentimental flachlegen. Und die Tatsache, dass er es schon mit so ziemlich jedem und jeder getrieben hat, kann doch nur vorteilhaft für mich sein. Das heißt, er hat Erfahrung und wird mir bei meinem ersten Mal wenigstens nicht wehtun! Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Ich habe nicht allzu viele Optionen! Ich brauche jedenfalls noch keinen Besenstiel, um mir die möglichen Freier vom Leib zu halten!“ „Ich will aber etwas Besseres für dich!“ entgegnete Derek und seine Worte waren so aufrichtig und lieb, das Stiles beinahe das Herz stehen blieb: „Ich will jemanden, der deine überhöhten Erwartungen noch übersteigt und der dich liebt und überglücklich macht!“ Das war zu viel für Stiles: „Das Leben ist nun einmal kein Disney-Film!“ bellte er barsch, machte sich dann auf dem Sofa lang, zog sich die Decke über den Kopf, kehrte Derek den Rücken zu und fing an zu schluchzen. Hilflos legte Derek sich hinter Stiles, schlang die Arme um ihn und versicherte: „Ich werde dir bei der Suche helfen, Kleiner! Wir durchstöbern zusammen Datingportale, oder ich gehe mit dir auf schwule Tanzveranstaltungen. Ich werde dein Co-Pilot sein. Alles, was du willst, aber bitte, bitte verschwende dich nicht an jemanden wie Peter!“ Am liebsten hätte Stiles Derek grob von sich gestoßen und ihn angebrüllt, dafür dass er so lieb und gleichzeitig so unglaublich blind war, doch er tat das genaue Gegenteil davon, drehte sich zu seinem Gastgeber herum und klammerte sich an ihn. Irgendwann fragte Derek dann: „Willst du heute bei mir schlafen, Kleiner?“ Stiles war sich der Tatsache bewusst, dass es die wohl dümmste Entscheidung der Welt wäre, dieser Einladung zu folgen. Er tat es trotzdem! Kapitel 9: Latte Macchiato -------------------------- Als Stiles die Augen aufschlug, waren sein Gesicht und das schlafende von Derek so nah beieinander, dass Stiles eigentlich nur die Lippen hätte spitzen müssen, um ihn zu küssen. Natürlich tat er es nicht, aber es war dennoch furchtbar aufregend, es sich vorzustellen. Stattdessen beschränkte er sich darauf, Derek einfach nur zu betrachten. Die langen, dichten, dunklen Wimpern lagen wie kleine Fächer auf den Unterlidern. Und wie schaffte Derek es bloß, dass sein perfekter Drei-Tage-Bart jeden Tag exakt dieselbe Länge hatte? Stiles hätte nur zu gern gewusst, ob er sich weich oder eher kratzig anfühlen würde, wenn er ihn berührte, doch vermutlich ließe sich Bartfummelei ebenso wenig erklären, wie ein Kuss wider Willen, falls Derek nun urplötzlich die Augen aufschlüge, also behielt er seine Finger bei sich. Dereks Haut war einfach vollkommen. Jede Pore hatte scheinbar dieselbe Größe und sicher hatte keine von ihnen es zeitlebens gewagt, einen Pickel, oder etwas ähnlich Unappetitliches hervorzubringen. Und dann waren da natürlich diese wundervollen, gemeißelten Gesichtszüge eines griechischen Gottes, der gerade vom Himmel herabgestiegen war, um arme Sterbliche wie Stiles selbst um den Verstand zu bringen. Auch so ein besonderes Phänomen waren Dereks dichte, dunkle Augenbrauen, mit denen ihr Besitzer im wachen Zustand so unglaublich viel auszudrücken vermochte: Überraschung, Belustigung....und natürlich auch Ärger…und Rage…und Zorn…und Wut…und Raserei. Im Vergleich zu Dereks Stimmbändern, die dieser wortkarge Mensch scheinbar unbedingt zu schonen versuchte, wie eine Operndiva vor der Premiere, es sei denn, er knurrte gerade, wie ein tollwütiger Wolf, waren diese Augenbrauen echte Plaudertaschen. Vielleicht war es ja das? Vielleicht war Derek ja Sänger von Beruf? Das war jedenfalls ebenso gut, wie jede andere Vita, die Stiles sich für Derek ausdenken konnte. Denn plötzlich wurde Stiles etwas klar: Er wusste so gut wie nichts über Dereks Leben: Tote Familie, bis auf einen durchtriebenen, ausgesprochen handgreiflichen Onkel, eine heiße Teilzeitfreundin, ordnungsliebend, in vielen Dingen sehr altmodisch - beinahe wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Und eine fast schon vehiklophile Beziehung zu seinem Camaro. Das war alles, was Stiles mit Sicherheit über Derek sagen konnte, obwohl sie doch schon seit Wochen gemeinsam unter einem Dach lebten. Ach, ja, und das Derek immer Geld zu haben schien, ohne jemals wirklich arbeiten zu gehen. Derek könnte tatsächlich ein heimlicher Opernstar sein. Immerhin mochte er klassische Musik! Oder er war ein inaktiver Geheimdienstagent? Vielleicht auch ein Politiker a.D.? Aber höchstwahrscheinlich gehörte er einfach bloß einem Verbrechersyndikat an! „Gibt es eigentlich einen bestimmten Grund, warum du mich anglotzt, wie ein unheimlicher Spanner, Stiles?“ knurrte Derek urplötzlich verschlafen. Seine Augen waren dabei immer noch geschlossen. Ertappt zuckte Stiles zusammen, doch er dankte den Göttern für sein loses Mundwerk: „Den gibt es. Da ist so ein komisches, borstiges Haar mitten auf deiner Stirn. Es ist ein bisschen gruselig und es scheint mich zu beobachten.“ Zum Glück war da wirklich eins und es war überhaupt nicht gruselig, sondern eigentlich richtig süß, denn es war der einzige unbedeutende Makel in all´ der Perfektion: „Ich habe ein WAS?“ fragte Derek gerade, da hatte Stiles auch schon mit pinzettenförmigen Fingern nach jenem Haar gegriffen und riss es ihm aus: „AUTSCH!“ bellte Derek: „Hast du den Verstand verloren?“ „Stell´dich nicht an, wie ein Baby!“ erwiderte Stiles frech, schnappte sich Dereks Arm und arrangierte ihn so, dass er seinen Kopf in die Armbeuge des Älteren betten konnte. Ein schwerer Fehler! Derek trug obenrum nur ein Trägerhemd und nun lag Stiles mit der Nase in unmittelbarer Nähe zu dessen Achselhaaren. Sicher, Derek roch wie jemand, der sich regelmäßig duschte und ein Deo benutzte, aber da war untergründig noch etwas anderes. Es war etwas Herbes, Ursprüngliches und Sinnliches und Stiles musste mit aller Kraft den Impuls in sich niederringen, sich Derek so dermaßen schamlos anzubieten, dass dieser ihn sich entweder gründlich vorknöpfen würde, um ihn endlich von dieser lästigen Jungfrauen-Sache zu befreien, oder ihm gehörig die Fresse polieren würde. Und da Stiles ahnte, welches Szenario das wahrscheinlichere wäre, ließ er es lieber bleiben, hielt ganz still und genoss den Duft und die unglaublichen, überwältigenden Leidenschaften, die er in ihm auslöste. „Ich finde es übrigens überhaupt nicht schlimm, dass du für die Mafia arbeitest!“ plauderte Stiles drauflos, um sich nicht anmerken zu lassen, was gerade in ihm vorging: „Aber du bist doch kein Auftragskiller, oder?“ Er schaute Derek prüfend an und gab sich dann selbst die Antwort: „Nein, das bist du nicht. Dafür bist du viel zu lieb!“ „Wovon redest du bitte, du kleiner Spinner?“ knurrte Derek. Stiles schlang einen Arm um Dereks Oberkörper und erwiderte: „Ich rede von der Art und Weise, wie du dein Geld verdienst. Ich bin im Kopf mehrere Möglichkeiten durchgegangen und habe mich dann für `Mafioso´ entschieden, denn du erzählst ja nichts!“ „Ich...waas? Ich bin nicht bei der Mafia, kapiert?“ stellte Derek klar: „Ich habe geerbt und dann in Immobilien investiert. Mir gehören ein paar Häuser in der Stadt.“ Derek schüttelte ungläubig den Kopf: „Mafia!“ wiederholte er verächtlich: „Warum fragst du mich nicht einfach, wenn du etwas über mich wissen willst? Warum spinnst du dir so ein Zeug zusammen, du kleiner Blödmann?“ „Du bist nicht gerade mitteilsam, wenn es um dich geht.“ rechtfertigte sich Stiles: „Und außerdem: ICH bin ein Blödmann? Ich bin jedenfalls nicht der Schlaukopf, der sein Geld in Häuser in einem Erdbebengebiet investiert hat!“ Derek schenkte ihm ein schiefes Grinsen und entgegnete: „Keine Sorge! Ich bin bestens versichert!“ Stiles hob den Kopf ein wenig und wollte wissen: „Wie viele Häuser gehören dir denn überhaupt? Es müssen ja wohl mehr als zwei sein, wenn du davon leben und auch noch herumstreunende Teenager durchfüttern kannst?“ „Im Augenblick fütterst DU MICH durch, weil du jeden Tag einkaufen gehst und kochst!“ stellte Derek richtig: „Und ich komme finanziell ganz gut klar.“ Stiles blickte ihn prüfend an und schnappte dann: „Siehst du! Das habe ich gemeint! Du bist wirklich überhaupt nicht mitteilsam in Bezug auf dich selbst! Ich frage `wie viele´ und du sagst `ich komme klar´!“ „Knapp dreihundert.“ entgegnete Derek unbehaglich: „Mir gehören knapp dreihundert Häuser!“ Stiles fiel die Kinnlade herunter und er stellte fest: „Du bist ein Millionär! Dir gehört die halbe Stadt!“ er schüttelte ungläubig den Kopf: „Du bist ein Millionär, dem die halbe Stadt gehört und du lebst in einer Zweizimmerwohnung?“ Dereks Gesicht nahm aus einem unerfindlichen Grund einen schuldbewussten Zug an: „Ich spende für die Wohlfahrt!“ sagte er kleinlaut und es klang wie eine Rechtfertigung. Stiles blickte ihn ratlos an und so fuhr Derek fort: „Und ich brauchte bislang nicht mehr Platz. Dieses Haus gehört mir und ich mag die Gegend. Und nur zu deiner Information: So viele Millionen sind es gar nicht! Stiles lachte und kuschelte sich wieder in Dereks Achsel: „Na dann bin ich ja beruhigt! Ich hatte schon Sorge, du setzt mich auf die Straße, weil du mehr Platz für dein Geld brauchst.“ erwiderte er und streichelte sacht den Waschbrettbauch seines Gönners; dem Großfinancier und Immobilienhai Derek Hale. Derek blickte auf den Jungen in seinem Arm nieder. Wann war es eigentlich so selbstverständlich für sie beide geworden, sich körperlich so nah zu kommen? Und wann war es passiert, dass es aufgehört hatte, Derek etwas auszumachen? Im Gegenteil! Irgendwie hatte es etwas Beruhigendes, wenn er Stiles im Arm hielt. Es ließ ihn an früher denken, wenn seine kleine Schwester Cora zu ihm ins Bett gekrabbelt war, weil sie einen Alptraum gehabt hatte. Kurz fragte sich Derek, ob Stiles möglicherweise mehr in ihm sehen mochte, als einen großen Bruder? Dieser Gedanke behagte ihm nicht! Doch andererseits tat Stiles doch überhaupt nichts, was darauf hindeuten würde? Und so entspannte er sich wieder und genoss die Situation, wie sie war. Derek stellte fest, dass er es mochte, wie Stiles Augen in Augenblicken wie diesem aussahen. Das Morgenlicht fiel durch die Vorhänge, direkt in die Iris des Jungen und ließ diese beinahe honigfarben erscheinen. Überhaupt gefiel ihm Stiles gesamtes Gesicht: Markante Züge, die sich dennoch etwas Jungenhaftes und Freches bewahrt hatten. Und Stiles Humor war unschlagbar! In Dereks gesamten Leben hatte ihn niemals jemand so sehr zum Lachen gebracht, wie dieser Junge. Außerdem mochte er diese eigenartige Mischung aus Todesverachtung und Verletzlichkeit, die Stiles ausmachte. Es rief den Beschützer in Derek auf den Plan; den großen Bruder, das Rudeltier, den Wolf. Den Alpha! „Was denn? Wieso starrst du mich so an?“ fragte Stiles in seine Gedanken hinein: „Wächst mir etwa auch ein antennenartiges Haar aus der Stirn?“ Derek zuckte ein wenig zusammen: „Wie? Nein! Gar nichts!“ murmelte er fahrig und verkündete dann: „Ich gehe jetzt duschen!“ Und weg war er. `Verdammt!´, dachte Stiles, der allein im Bett zurückblieb. Er hätte einfach mal die Klappe halten und still genießen sollen. Nun schnupperte er an Dereks Kissen und als er hörte, wie in der Dusche das Wasser aufgedreht wurde, begann er sacht und mit halb geschlossenen Lidern damit, sich selbst zu berühren. Nach wenigen Sekunden machte er sich bewusst, was er hier gerade trieb. Ihm schoss beschämt das Blut in den Kopf und er sprang geschwind aus dem Bett. Er war abscheulich! Um sich selbst zu bestrafen, ging er ins Wohnzimmer und schaltete sein Handy ein. Dutzende verpasste Anrufe von Scott und seinem Dad und eine Textnachricht: `Ich hasse dich, Alter! Bin ich Dir nicht mal einen lausigen Anruf wert? Dein Vater flippt komplett aus vor Sorge und das College ist Scheiße ohne Dich! Ich hoffe für Dich, Du bist tot, denn sonst ist Dein Verhalten nicht zu entschuldigen. Hab´ Dich lieb und du fehlst mir wie verrückt, Scott´ Stiles schluckte und warf einen Blick auf die Uhr. Kurz nach neun! Sein Vater würde wohl gerade im Revier an seinem Schreibtisch sitzen. Stiles wählte die Nummer und als er die aufgeregte Stimme seines Vaters hörte, brachte er dann kein Wort raus: „Stiles? Stiles ich weiß, dass du das bist. Du hast die Nummer nicht unterdrückt. Jetzt sag´ schon etwas, du kleiner Mistkerl! Geht´s dir gut? SPRICH MIT MIR!“ „Hey Dad!“ sagte Stiles mit belegter Stimme: „Wie geht es dir?“ „Wie es MIR geht? Ich bin krank vor Sorge, stinksauer und ich könnte dich umbringen. Wo zur Hölle steckst du?“ „San Francisco!“ antwortete Stiles knapp. Kurzes Schweigen in der Leitung. Dann wollte sein Vater wissen: „Und was bitte machst du in San Francisco?“ „Herausfinden, wer ich bin.“ murmelte Stiles. Er hörte seinen Dad wütend schnauben: „Ich kann dir sagen, wer du bist, Stiles: Du bist ein undankbares, kleines Arschloch, dass sich bei Nacht und Nebel aus dem Staub macht und nur einen lausigen Zettel zurücklässt; das bist du!“ Stiles holte tief Luft: „Ich bin schwul, Dad!“ sagte er schlicht. Wieder war es eine Weile still in der Leitung: „Nein, bist du nicht, Stiles. Du bist nicht schwul; nicht so, wie du dich anziehst!“ Stiles Blick fiel auf das nuttige, von Bändern zusammengehaltene Shirt, das er gestern angehabt hatte. In diesem Moment kam Derek mit einem Handtuch um die Hüften aus der Dusche, blieb abwartend stehen und versuchte, die Lage zu erfassen. „Doch, Dad! Ich BIN schwul.“ bestätigte Stiles noch einmal: „Ich glaube dir nicht!“ bellte sein Vater: „Sag´ mir genau, wo du bist. Ich komme heute noch zu dir. Wir reden über alles. Wir kriegen das wieder hin!“ „Ich lege jetzt auf Dad!“ sagte Stiles mit tränenerstickter Stimme: „Ich wollte nur, dass du weißt, dass es mir gut geht! Pass´ auf dich auf! Iss´ zwischendurch auch mal einen Salat, ja? Ich hab´ dich lieb! Ciao!“ Weit entfernt in Beacon Hills starrte der Sheriff sein Telefon an. `Großartige väterliche Leistung!´ beglückwünschte er sich selbst bitter. Sein verlorener Sohn rief ihn an; zum ersten Mal seit einer Ewigkeit, sagte ihm, dass er schwul sei und er sagte ihm `Wir kriegen das wieder hin´? Stiles musste ja denken, dass er ihn in irgend so ein furchtbares Umerziehungscamp stecken wollte, wo die Kids entweder als hirntote Roboter wieder herauskamen, oder sich am Besten gleich die Pulsadern aufschnitten. Aber das hatte er doch gar nicht gemeint! John war auf so etwas einfach bloß nicht vorbereitet gewesen! Er dachte an all´ die Wünsche und Vorstellungen, die er einmal für das Leben von Stiles gehabt hatte, als dieser noch jünger gewesen war: Collegeabschluß, guter Job, eine nette Freundin, die er irgendwann heiraten und mit der er Kinder haben würde. John hatte sich darauf gefreut, Großvater zu werden. Er hätte liebend gern auch noch mehr eigene Kinder gehabt, doch dann war Claudia krank geworden. Und nun würde nichts von alledem je geschehen! Stiles war jetzt also in San Francisco. Wovon zum Teufel lebte er da wohl? Wahrscheinlich von irgendeinem miesen Hilfsjob. Sein brillanter Junge, der irgendwo Klos putzte! Wenn er nicht etwas ganz anderes tat. Wer wusste schon, in welche Kreise sein risikofreudiger Sohn mittlerweile geraten war. Vielleicht wurde er ja auch unter einem Haufen reicher Sugar-Daddys herumgereicht? Bei dieser Vorstellung wurde John ganz schlecht. Und Drogen? In San Francisco wimmelte es von Drogen. Schließlich lebten dort die ganzen ehemaligen Hippies! Die Revolution war gescheitert und auch die waren mittlerweile in der kapitalistischen Realität von Heute angekommen, um in Meth-Laboren irgendein Teufelszeug zusammenzukochen, mit dem sie arglose Ausreißer und Kleinstadtkids in lebende Tote verwandelten. Solche wie seinen kleinen Jungen! John raufte sich die Haare. Er überlegte fieberhaft, wie er Stiles finden konnte. Er versuchte, ihn noch einmal anzurufen, doch das Handy seines Sohnes war bereits wieder abgestellt. Wer konnte es ihm verdenken? „Was ist Stiles? Was hat dein Vater gesagt?“ wollte Derek wissen. Er war vor Stiles in die Knie gegangen, was den Knoten seines Handtuchs zwar in akute Gefahr brachte, doch Stiles hatte sich nun einmal leider unter dem Küchentresen versteckt, wo er, in einen winzigen Winkel gedrängt, heftig schluchzte. Der Junge antwortete nicht und Derek war sich nicht einmal sicher, ob er ihn überhaupt hörte, doch er versuchte es weiter: „Komm´ da bitte wieder raus, damit ich dich trösten kann, ja?“ Immer noch keine Reaktion. Natürlich hätte Derek versuchen können, Stiles einfach da hervorzuzerren, doch dann hätte sich sein Handtuch mit Sicherheit verabschiedet und er war sich nicht sicher, wie beruhigend der Anblick seiner entblößten Genitalien wohl auf Stiles wirken mochte - schwul oder nicht, also sagte er: „Ich bin gleich wieder bei dir, Kleiner. Okay?“ Er warf sich rasch eine Jogginghose und ein Unterhemd über und buddelte Stiles dann wieder unter seinem Küchentresen hervor, wo dieser sich hinter ein paar Wasserkisten und Reinigungsmitteln verborgen hatte, brachte ihn hinüber zum Sofa und platzierte ihn dort, wie eine Mumie in eine Wolldecke gewickelt. Er stellte ihm noch eine Box mit Taschentüchern hin, strich ihm sacht das Haar aus der Stirn und verschwand dann in der Küchenecke. Als Derek wenig später mit Stiles Frühstück zurückkehrte, war dessen schlimmstes Schluchzen bereits verebbt und er schniefte nur noch ein wenig vor sich hin: „Rück´ mal!“ forderte Derek und setzte sich nah zu ihm. Als Stiles das ihm zugedachte Frühstück erblickte, musste er durch den Tränenschleier hindurch grinsen. Derek hatte ihm Kakao mit kleinen Marshmallows gemacht und Toastwaffeln, denen er mit Sprühsahne und Schokosoße ein grinsendes Gesicht gemalt hatte. „Du bist...“ Stiles musste gegen seinen Willen lachen: „Du bist so unglaublich cheesy, Hale! Und lieb! Du bist richtig lieb! Und wehe du knurrst jetzt!“ Er kuschelte sich an Derek und begann sein `Diabetiker-Spezial für Dreijährige´ zu verdrücken. „Erzählst du mir jetzt, was gerade los war?“ fragte Derek, als er seinem Zögling beim Frühstück zuschaute. Stiles zuckte die Achseln: „Mein Dad will keine Schwuchtel als Sohn! Nichts weiter.“ „Ehrlich? So hat er dich genannt?“ fragte Derek skeptisch: „Nein, natürlich nicht. Ich hab´ ihm bloß gesagt, was ich bin und er hat es geleugnet und so getan als wäre diese Sache irgendwie verhandelbar.“ erwiderte Stiles unzufrieden: „Er braucht Zeit, Stiles!“ erwiderte Derek: „Diese Dinge sind nicht so leicht für Eltern. Er wird es schon noch begreifen.“ Er schlang einen Arm um Stiles Schultern, drückte ihm ein kleines Küsschen auf die Schläfe und sagte: „Geh´ schnell duschen, Kleiner! Ich fahr´ dich zur Arbeit!“ Stiles schaute ihn ungläubig an: „Ja `Dad´!“ murrte er. `Das war es also?´, dachte Stiles gereizt, als das warme Wasser über seinen Körper rann: `Derek sah bloß ein Kind in ihm? Jemand, um den er sich sorgen musste und den er bemuttern konnte?´ Und eigentlich war es nicht einmal verwunderlich, denn so hatte das mit ihnen beiden schließlich auch angefangen: Lebensretter, Bodyguard, Krankenschwester...auf die eine oder andere Art hatte Derek Stiles immer bloß als hilfsbedürftig erlebt. Als Stiles geduscht, gescheitelt, angezogen und auch ziemlich angepisst aus dem Bad gerauscht kam, erkundigte sich Derek stirnrunzelnd: „Hat dich da drinnen jemand geärgert, oder was?“ „Nö!“ schnappte Stiles. Was hätte er auch sagen sollen? Vielleicht: `Ich will, dass du mich flachlegst und nicht, dass du meine Windeln wechselst?´ oder `Wenn du mir schon die Brust geben willst, dann tu das gefälligst auf die sexy Art?“ Wohl eher nicht! Stattdessen versicherte er: „Du musst mich nicht fahren. Ich kann den Bus nehmen.“ „Ich weiß, dass du das kannst, aber ich WILL dich fahren. Ich will dich einmal im Einsatz erleben und dann kannst du mir auch gleich einen Latte Macchiato machen!“ Mit einem Blick, der sagte: `Wenn´s sein muss!´, folgte Stiles Derek zu dessen geliebtem kleinem, schwarzen Flitzer. Danny war schon da, als Stiles eintraf. Derek wurde erst einmal in einer Ecke geparkt, während die zwei das Café für den Tag vorbereiteten. Stiles Ärger verflog schlagartig, als sein Blick auf Derek fiel, der artig darauf wartete, dass er irgendwann seinen Kaffee bekäme und dabei einfach herzzerreißend schön aussah, in seiner schwarzen Lederjacke und mit seinen großen grünen Augen, die stets so schauten, als habe er gerade gewichtige philosophische Einsichten gewonnen, was, und so gut hatte Stiles ihn mittlerweile kennengelernt, sicherlich nicht in jedem Moment seines Lebens der Fall war. Als Danny und er mit ihren Vorbereitungen fertig waren, bedeutete Stiles dem Älteren, dass er nun zu ihm an den Tresen kommen und sich einen Kaffee abholen dürfte. `Derek wollte erleben, wie Stiles arbeitete?´dachte dieser, der plötzlich den Schalk im Nacken spürte bei sich und grinste in sich hinein. `Das konnte er haben!´ „Und schöner Mann? Wie kann ich dir dienen!“ schnurrte er verführerisch aus einer Laune heraus. Und Derek errötete tatsächlich ein kleines bisschen. „Gott, was für ein Laden IST das denn hier?“ fragte der Ältere gespielt entsetzt und ging auf Stiles Späßchen ein: „Ich wollte eigentlich bloß einen Kaffee!“ „Sicher Schätzchen, das sagen sie alle!“ erwiderte Stiles und machte sich an die Zubereitung von Dereks Milchkaffee, wobei er der Rache des `Drachen´durch geschickten Hüftschwung entging. „Und? Was machst du nach Feierabend?“ fragte Derek Wimpern klimpernd, nachdem er den ersten Schluck seines Getränks genommen hatte. Stiles grinste schief: „Sorry, ich bin schon verplant. Ich mache nämlich einem heißen Kerl ein `Filet Wellington´!“ verkündete er: Derek schmunzelte: „`Filet Wellington´ huh? Der Glückliche!“ gab er zurück: „Du machst übrigens tollen Kaffee.“ „Unter Einsatz meines Lebens!“ gab Stiles zurück und deutete auf den `Drachen´, der in diesem Moment auch wie auf´s Stichwort zischend heißen Dampf spie. „Ich weiß es zu schätzen!“ sagte Derek zwinkernd. Dann wurde er wieder ernst: „Ich muss gleich wieder los. Geht´s dir inzwischen etwas besser, Stiles? Kommst du klar?“ Stiles seufzte: „Du musst mich nicht ständig retten, Derek! Ich weiß, du meinst es gut, aber ich bin schon erwachsen. Und ich werde mir schon nicht gleich einen Strick nehmen, bloß weil mein Dad nicht mit mir einverstanden ist.“ Derek nickte. Er erhob sich, um zu gehen, wandte sich aber noch einmal um und teilte mit: „Ich werde übrigens heute nach dem Abendessen verschwinden und bin erst am Sonntagabend wieder da. Ich treffe mich mit Braeden.“ „Ach so!“ erwiderte Stiles, ignorierte das laute, schmerzhafte Klirren in seiner Brust und versicherte: „Na ja, ich werde mich schon irgendwie allein amüsieren! Bis später!“ Und während Stiles noch immer Derek hinterherschaute, war mittlerweile Danny hinter ihn getreten und legte ihm sein Kinn auf die Schulter: „War das dein Prinz?“ „Yupp!“ machte Stiles verzweifelt: „Der Kerl ist echt ein Kunstwerk!“ „Yupp!“ machte Stiles wieder: „Ein Kunstwerk, dass sich von mir heute Abend noch dass Dinner servieren lassen will, um dann gestärkt in ein Wochenende zu starten, dass er mit seiner heißen Freundin in der Horizontale verbringen wird. Gott, ich wünschte, ich wäre tot!“ „Da gibt es nur eins!“ bestimmte Danny: „Du musst an diesem Wochenende mehr Spaß haben, als er! Um dich abzulenken, weißt du? Ich bin morgen nach seiner Schicht mit Ethan verabredet. Wir gehen tanzen. Und weißt du was? Du kommst mit!“ Stiles blickte seinen Kollegen skeptisch an: „Ich will nicht das dritte Rad am Wagen sein. Wart ihr zwei nicht ein Paar, oder so? Vielleicht läuft ja wieder was? Aber bestimmt nicht, wenn ich dabei sitze und euch auf die Nerven gehe.“ Danny grinste: „Mach´ dir darüber keine Gedanken! Ethan und ich, wir sind...Freunde mit Extraleistungen. Du kannst da keine große Romanze zerstören. Er und ich, wir haben uns richtig gern. Und wir treiben´s gern miteinander. Aber mehr ist da nicht! Und Ethan wird sich auch freuen, wenn du mitkommst. Er hat dich echt gern. Komm´ schon! Das wird lustig!“ Stiles war immer noch nicht ganz überzeugt: „Du bist dir ganz sicher?“ „Sicher bin ich sicher! Und ich verspreche dir, das wird viel besser, als wie ein Mauerblümchen zuhause zu bleiben und dir zu überlegen was dein Prinz gerade mit seiner Prinzessin anstellt. Also? Was sagst du? Bist du dabei?“ Stiles nickte: „O.K.! Wenn du denkst, es ist in Ordnung, dann komme ich mit.“ „Fein!“ sagte Danny: „Sei morgen Abend um kurz nach elf hier!“ Am späten Vormittag kam Peter ins Café, nahm am Tresen Platz und verkündete mit vielsagendem Blick, dass er nichts gegen ein eiweißreiches Frühstück einzuwenden habe und wollte wissen, was Stiles ihm denn wohl anzubieten hätte. Stiles gewöhnte sich langsam an die unverschämten Paarungsanbahnungsversuche des Älteren: „Du bekommst ein Omelett und einen schwarzen Kaffee von mir!“ erwiderte er grinsend: „Schade! Ich hatte auf etwas Nahrhafteres gehofft, aber was soll man machen?“ erwiderte Peter gespielt enttäuscht. Als Stiles mit seinem Frühstück wieder da war, wollte Peter wissen: „Und mein Süßer? Wie hast du geschlafen?“ „In den starken Armen deines Neffen.“ erwiderte Stiles. Im ersten Moment sah Peter ein klein wenig verdutzt aus, doch er fing sich rasch wieder und kommentierte: "Nein, wie reizend! Und? Habt ihr Händchen gehalten? Habt ihr euch süße Nichtigkeiten ins Ohr geflüstert? Flachlegen wird er dich deshalb trotzdem nicht, Stiles. Derek ist ein verkrampfter Langweiler und Spaßverweigerer, also warum lässt du es nicht bleiben und hältst dich lieber an etwas, das verfügbar ist?“ „Ich liebe ihn!“ lautete Stiles betrübte Antwort: „Das weiß ich, Kleiner.“ erwiderte Peter mit einem kleinen, mitfühlenden Lächeln: „Aber Liebe ist eine Bitch! Du solltest wirklich die Finger davon lassen, denn sie bringt dir bloß einen Haufen Bullshit: wenig Sex, endlose Diskussionen über rumliegende Socken und falsch ausgequetschte Zahnpastatuben, die Ödnis zu zweit und am Ende ein gebrochenes Herz, weil die Liebe doch nicht für immer war, oder weil einer mehr geliebt hat, als der andere, oder weil der eine fremdfickt oder, oder, oder. Allein bist du besser dran. Du kannst machen, was immer du willst und wann und mit wem du es willst. Du musst auf niemanden Rücksicht nehmen, oder deine Lebensplanung nach der eines anderen Menschen richten.“ Stiles seufzte: „Und was ist mit dem Wunsch, sich geliebt und beschützt zu fühlen? Was ist damit, jemandem unbedingtes Vertrauen zu schenken; in jeder Lebenssituation, komme, was wolle? Was ist mit dem gemeinsamem Einschlafen und Aufwachen? Was ist damit, jemanden zu haben, von dem du weißt, dass er auf dich wartet?“ Peter lachte, griff über den Tresen hinweg und streichelte Stiles Wange: „Du bist wirklich süß, kleine Jungfrau! Aber diese Dinge sind Illusionen! Wir sind niemals sicher und beschützt. So ist das Leben: Es ist Scheiße und irgendwann bist du tot! Vertrauen kannst du sowieso nur dir selbst und wenn du nicht allein schlafen willst, nimm´ dir irgendwen für eine Nacht mit in dein Bett! Und wenn du willst, dass jemand auf dich wartet, dann besorg´ dir einen Hund.“ „Dein Neffe ist ohnehin nicht derjenige, der das Leben mit mir führen will, das ich mir wünsche. Und jetzt verbringt er erst mal das Wochenende mit Braeden.“ entgegnete Stiles traurig. „Armes Baby!“ sagte Peter mitfühlend: „Komm´ doch einfach morgen Abend zu mir und wir machen etwas? Ich verspreche auch, mich wie ein Gentleman zu benehmen. Zumindest solange, bis du so betrunken bist, dass es dir egal ist.“ Stiles war heilfroh, dass seine Tanzkarte für morgen Abend schon voll war, denn sonst hätte er höchstwahrscheinlich Ja gesagt. Und es hinterher mit Sicherheit bereut. „Ich passe!“ sagte er also: „Vielleicht ein anderes Mal.“ Und im Bezug auf Derek fasste Stiles einen Entschluss. Er würde ihm heute Abend das verdammt noch mal beste Filet Wellington zubereiten, dass die Welt je gekostet hatte. Er würde sogar den Blätterteig selbst machen, auch wenn das eine Heidenarbeit war. Und wenn Derek dann bei Braeden läge, dann würde an diese unglaubliche, sinnliche Mahlzeit zurückdenken. Und an Stiles! Kapitel 10: Another Saturday Night and I ain´ t got nobody ---------------------------------------------------------- Vorwort: Vorweg eine kleine Trigger-Warnung: In diesem Kapitel wird das Thema Alkohol- und Drogenkonsum angesprochen. Wenn dies ein problematisches Thema für Euch ist und es vielleicht Suchtdruck oder schlechte Gefühle auslösen könnte, Ihr aber trotzdem wissen wollt, wie es weitergeht, schreibt mir. Ich könnte dann zum Beispiel eine zensierte Version verschicken. Und mir ist wichtig, dass ich das Thema, auch wenn ich es hier nicht wirklich problematisiere nicht bagatellisieren, oder gar verherrlichen will. Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen, Ginger ____________________ Nachdem Stiles in der Küche wirklich alles gegeben und sich selbst übertroffen hatte, servierte er Derek eine absolut vollkommene Mahlzeit: Der Blätterteig war golden, das Fleisch zart und rosa, der Basmatireis locker und duftend, die Soße sämig und köstlich und die karamellisierten Karotten wunderschön anzuschauen und geschmacklich vortrefflich. „Das war unglaublich!“ bestätigte entsprechend auch Derek im Anschluss und rieb sich den Bauch: „Ich habe wirklich noch NIE so gut gegessen und ich bin in Sterne-Restaurants gewesen. Das war so gut, dass ich das Gefühl habe, nun eine Zigarette zu brauchen!“ Stiles grinste heftig errötend, denn genau so hatte er sich das vorgestellt. Er bedankte sich. Nach dem Dinner saßen er und Derek noch eine Weile beieinander wobei Stiles den Kopf auf Dereks Schulter betten durfte. Eigentlich hatte der Ältere schon seit einer halben Stunde weg sein wollen, doch er war in ein glückseliges Schnitzelkoma gefallen und hatte Braeden eine SMS geschickt, dass es später werden würde. Aber am Ende half es nichts. Auch das beste Essen konnte einen Mann nicht auf Dauer ans Haus binden, wenn er einem Wochenende voll sexueller Ekstase mit seiner schönen Geliebten entgegenblickte. Und Stiles fühlte sich aus irgendeinem doofen Grund wie die betrogene Ehefrau, die zuhause blieb: „Was machst du eigentlich am Wochenende?“ wollte Derek noch wissen, ehe er aus der Tür ging. Stiles zuckte mit den Schultern: „Morgen Abend gehe ich mit den Jungs aus. Ansonsten weiß ich es noch nicht.“ gab er zurück. Derek zwinkerte ihm zu: „Schlaf´ ruhig bei mir im Bett, wenn du willst. Da hast du es bequemer! Und was immer du tust; amüsier´ dich gut!“ sagte er und fügte hinzu: „Ich werd´s jedenfalls mit Sicherheit tun!“ „Da bin ich sicher!“ erwiderte Stiles, der die Bitterkeit nicht ganz aus seiner Stimme heraushalten konnte. Er setzte ein leidendes Lächeln auf und verabschiedete Derek mit einem Winken. Als er allein war, überkam Stiles zunächst ein echter Katzenjammer und er rollte sich traurig auf dem Sofa zusammen. Nach einer Weile stellte er fest, dass ihn das auch nicht weiterbrachte, also erhob er sich mühsam, räumte das Geschirr weg und machte die Küche sauber, die er beim Wirken seiner kulinarischen Magie in ein Katastrophengebiet verwandelt hatte. Und als er feststellte, dass es befriedigend war und ihn von seinen trüben Gedanken ablenkte, das Schmutzige sauber zu machen, fuhr Stiles einfach im Rest der Wohnung damit fort. Er putzte, wienerte und polierte, fegte und schwang den Staubsauger. Es war nur dumm, dass es in Dereks Wohnung schon von vornherein recht sauber gewesen war. Außerdem war sie auch nicht allzu groß und so war Stiles bereits nach eineinhalb Stunden damit fertig. Und was nun? Eigentlich wusste Stiles es, doch er hatte es bis jetzt vor sich hergeschoben, weil er Angst vor dem verdienten Donnerwetter hatte. Schweren Herzens griff er nun nach seinem Telefon und schaltete es ein. Der, den er anrufen wollte war gleichzeitig auch das Hintergrundbild auf seinem Display. Er hatte die allerliebsten braunen Welpenaugen und die süßesten Grübchen, die ein Mensch haben konnte. Trotzdem war er höchstwahrscheinlich stinksauer auf ihn. Man mochte es eigenartig finden, dass Stiles seinen besten Freund zu seinem Hintergrundbild gemacht hatte, aber erstens WAR Stiles nun einmal eigenartig und zweitens gab es einfach niemanden auf der Welt, der Stiles näher stand oder wichtiger für ihn war, vielleicht einmal abgesehen von seinem Vater und darum war dieser Ehrenplatz für Scott absolut richtig gewählt, fand Stiles. Also gut! Noch einmal tief durchatmen, sich fragen, ob er Mann oder Maus war; sich selbst die Antwort geben, dass das eine ganz saudumme Frage war und er selbstverständlich bloß ein kleines, mickriges, harmloses Nagetier war; dann aber schließlich doch noch die Arschbacken zusammenkneifen und endlich die Nummer wählen. Scott nahm nach dem zweiten Klingeln ab und statt eines `Hallo´ maulte sein bester Freund sofort: „ALTER! Das wurde aber auch höchste Zeit! Du bist ein verdammter Mistkerl, weißt du das?“ Und schon schwammen Stiles Augen in Tränen: „Bitte jetzt nicht schimpfen!“ flehte er: „Später, ja? Aber nicht jetzt! Du hast mit allem recht, ich bin schlecht, ich bin gemein, ich bin ein grässliches Ungeheuer, aber jetzt brauche ich einfach meinen Bruder!“ „Weinst du, Stiles?“ wollte Scott wissen: „Nö!“ behauptete dieser: „In Ordnung. Dann setze ich jetzt auch noch das Wort `Lügner´ auf die endlose Liste deiner Verfehlungen!“ sagte Scott streng. Dann schob er butterweich hinterher: „Gott, Stiles du fehlst mir so sehr, dass ich das Gefühl habe, ein schrecklicher Unfall habe mich entzwei gerissen und die eine Hälfte sei nicht mehr da.“ Und da fing Stiles erst recht das Heulen an. Er versuchte sich zu erinnern, ob er auch früher schon so ein Jammerlappen gewesen war? Als er endlich wieder einigermaßen verständlich sprechen konnte, versicherte er: „Mir geht´ s genauso, Bro. Ich vermisse dich!“ Scott hätte an dieser Stelle einen Kübel Schuldgefühle über ihm ausschütten und ihn fragen können, wieso er überhaupt fortgelaufen war, wie ein gelbbäuchiger Feigling, aber dann wäre er nicht der großartige Freund gewesen, der er war. Stattdessen fragte er Stiles bloß: „Geht es dir gut?“ Diese Frage war gar nicht so einfach zu beantworten: „Ich habe einen Job, ich habe ein Dach über dem Kopf, ich habe zu essen und ich bin zum ersten Mal in meinem Leben wirklich verliebt!“ sagte er also. Und nach einigem Überlegen fügte er ängstlich hinzu: „Und ich bin schwul, Scott!“ Und seltsamerweise kicherte sein bester Freund bei dieser Eröffnung ein bisschen: „Das weiß ich doch, Stiles!“ „Also hat Dad schon mit dir gesprochen, richtig?“ wollte Stiles wissen: „Das auch!“ gab Scott zurück: „Doch eigentlich weiß ich es schon seit der achten Klasse, als du nach dem Lacrossetraining in der Umkleidekabine Jackson Whittemore auf den Schwanz geglotzt hast, als würdest du eine religiöse Erfahrung machen.“ „Wie bitte?“ rief Stiles entsetzt aus: „In der achten Klasse wusste ich es ja noch nicht einmal selbst. Außerdem ist Jackson Whittemore ein riesiges Arschloch!“ Er hörte Scott schon wieder kichern und dann sticheln: „Und das ist nicht das einzige, was an ihm riesig ist, nicht wahr?“ „Ich bestreite jegliche Kenntnis des besagten Vorfalls und behaupte, es handelt sich um eine dreiste Unterstellung!“ kicherte Stiles nun unendlich erleichtert. Seinen besten Freund lachen zu hören, legte augenblicklich eine Seelenruhe um sein Gemüt, die sich anfühlte, wie eine warme Decke. „Erzähl´ mir von dem Kerl, in den du verliebt bist! Ist er gut zu dir? Ist er gut genug für dich?“ fragte Scott nun großmütterlich: „Derek ist der schönste Mann, den ich je gesehen habe. Er ist mehr als nur gut zu mir, denn ohne ihn wäre ich schon längst tot. Ihm verdanke ihm so ziemlich alles. Und er ist viel, viel zu gut für mich!“ entgegnete Stiles plötzlich wieder sehr ernst: „NIEMAND ist zu gut für dich!“ bestimmte Scott in einem Ton, der keine Widerrede duldete. Und mit einem Grinsen in der Stimme stellte er die Frage: „Und? Ist dieser Derek genau so gut bestückt, wie unser Jackson?“ „Waa...? SCOTT! Du bist unmöglich!“ schimpfte Stiles: „Und ganz ehrlich: Ich weiß es gar nicht!“ „Wie?“ fragte Scott verblüfft: „Ihr habt es noch gar nicht getan? WIESO?“ „Virgo intacta!“ bestätigte Stiles seufzend: „Immer noch! Und das wird wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben. Es sei denn, ich gebe beizeiten dem Liebeswerben von Dereks Onkel Peter nach. Derek selbst ist nämlich straight!“ „Moment mal! Was? Der Kerl den du magst mag dich nicht, aber dafür irgend so ein ekliger, alter Sack aus seiner Verwandtschaft? Ich setze mich sofort auf meine Maschine und komme zu dir. Gib´ mir die Adresse.“ „Also erstens: Ich geb´ dir die Adresse nicht, denn sonst hat sie als nächstes mein Dad, der dann mit einem halben Dutzend seiner Männer hier klingelt, um mich abzuholen. Denn, sagen wir es doch einmal wie es ist: Du hast den Verhörmethoden meines Vaters absolut nichts entgegenzusetzen, du kleines, reizendes, unschuldiges Hundebaby! Zweitens: Du hast keine `Maschine´! Du hast etwas, das aussieht, wie eine umgebaute, elektrische Zahnbürste und das in einer gerechten Welt für den Straßenverkehr gar nicht zugelassen sein sollte! Damit schaffst du es niemals lebend bis nach San Francisco. Und drittens: Peter ist eigentlich gar kein ekliger alter Sack. Er ist erst vierzig oder so. Und verflucht attraktiv. Das Problem bei ihm ist nur, dass er ein wirklich böser Junge ist. Er hat überhaupt keine Skrupel, ohne lange Vorrede nach meinen Genitalien zu langen und mir die ungezogensten Dinge vorzuschlagen, die er mit mir anstellen will. Und ich habe noch nicht entschieden, ob ich sie ihm eines Tages erlauben will.“ „Das klingt furchtbar. Jetzt sag´ mir schon die Adresse! Ich komme und reiße dem Kerl die Eier ab!“ rief Scott entsetzt. Stiles stellte sich plötzlich vor, wie Scott hinter Peter her wäre, um diesen ohne Narkose, mit einem stumpfen Buttermesser zu kastrieren und bei der Vorstellung musste er ein wenig kichern: „Vergiss´ es, Alter. Das schaffst du nicht. Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass Peter am Ende uns beide zu einem Dreier überredet. Er ist ein echter Menschenverführer! Und außerdem richtig stark! Mach´ dir keine Sorgen, Scott: Ich habe alles im Griff! Und außerdem beschützt mich Derek.“ „O.K.! Jetzt erklär´ mir nochmal ganz genau, wer dieser Derek überhaupt ist? Wie habt ihr euch kennengelernt, in welcher Beziehung stehst du zu ihm und was will er von dir als Gegenleistung für seinen `Schutz´?“ forderte Scott und klang dabei beunruhigt. „Mach dir wegen Derek keine Sorgen! Wir haben uns im Bus kennengelernt, wo er mich erst davor bewahrt hat, ausgeraubt und später auch noch davor, verprügelt zu werden. Dann hat er mich mit zu sich nachhause genommen. Er ist der liebste Mensch, den man sich vorstellen kann, wenn er nicht gerade schimpft, knurrt oder die Zähne fletscht, aber selbst das gefällt mir. Er hat mir wieder und wieder geholfen. Ich wohne übrigens auch bei ihm. Und er hat niemals auch nur die kleinste Gegenleistung für irgendetwas von mir gefordert.“ „Er knurrt?“ fragte Scott ratlos und unzufrieden: „Beißt er auch und hebt überall sein Beinchen? Hör mal, Stiles: Niemand tut irgendwas für einen völlig Fremden, ohne irgendeine eine Gegenleistung zu fordern. Du bist zu leichtgläubig. Warst du immer schon!“ „Das mit dem Knurren ist so eine Spezialität von ihm. Er tut immer wahnsinnig schlecht gelaunt und bärbeißig, ist aber in Wirklichkeit ganz lieb; so wie der Großvater bei `Heidi´, weißt du? Mit dem Unterschied, dass Derek richtig heiß ist! Und außerdem: Welche Gegenleistung sollte er denn von mir wollen? Wenn er meinen jungfräulichen Körper missbrauchen wollte, wäre ich sofort mit Begeisterung dabei und würde mich freiwillig mit gespreizten Beinen auf den Rücken werfen, aber leider zeigt er nicht das leiseste Interesse. Und dass ich kein Geld habe weiß er auch. Er selbst hat dafür umso mehr. Er hat mir heute Morgen gestanden, dass er Millionär ist.“ Scott war nicht überzeugt: „Dann...dann ist er wahrscheinlich ein Menschenfresser! Er wartet nur auf den passenden Moment um dich zu Steaks zu verarbeiten und in die Pfanne zu hauen. Sieh´ zu, dass du aus Hannibal Lecters Wohnung rauskommst, ehe es zu spät ist.“ Jetzt musste Stiles lachen: „Du spinnst! Derek ist kein Menschenfresser. Wenn er einer wäre, hätte er seine Chance gehabt, als ich mit vierzig Grad Fieber in seinem Bett gelegen habe. Das hätte ihm sogar einen Arbeitsgang erspart, denn da war ich schon halb gar. Nein, er ist einfach nur ein einsamer, aber sehr fürsorglicher Kerl. Vor ein paar Jahren wurde beinahe seine ganze Familie getötet. Er ist wirklich ziemlich allein! Und er hat mich schlicht gern, schätze ich. Vertrau´ mir bitte! Ich BIN in Sicherheit.“ Scott seufzte: „Kann ich dich trotzdem bald mal besuchen? Ich glaube, ich muss mich einfach mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es dir gut geht und erst dann kann ich aufhören, verrückte Visionen von deinem viel zu frühen Tod zu haben. Und dann werde ich deinen Derek genau unter die Lupe nehmen!“ „Aber nur wenn du mir zwei Sachen versprichst.“ erwiderte Stiles: „Nimm´ einen `Greyhound´, aber nicht deine `Maschine´, wenn du kommst und lass´ meinen Dad zuhause!“ Scott willigte ein und sie verabredeten sich für nächste Woche, wo Stiles tagsüber frei haben würde, weil er Spätschichten im Café schieben musste. Dann wollte Stiles wissen, was es in Beacon Hills Neues gäbe; ob der Coach mal wieder volltrunken samstagnachts ohne seine Hosen durch die Innenstadt spaziert wäre, ob die Spinner, die schon seit Jahrzehnten behaupteten, in der Stadt gäbe es Werwölfe, mal wieder einen Infotisch für ihre eigenartigen Verschwörungstheorien am Markttag abgehalten hätten, solche Sachen eben; der übliche Wahnsinn! Und natürlich interessierte es Stiles, wie es zwischen Scott und Allison lief. Wie zu erwarten, hatte sich da nicht viel getan. Die Argents hassten Scott noch immer und daran würde sich wahrscheinlich nicht einmal etwas ändern, wenn er ihre Tochter eines Tages heiratete und sich die ersten Enkelkinder ankündigen würden, aber Scott und Allison hielten Stand, denn das mit ihnen war nun einmal Bestimmung und damit würden Chris und Victoria Argent sich wohl oder übel abfinden müssen. Irgendwann hatten Scott und Stiles sich endlich alles berichtet, was sie in der Zeit ohne einander erlebt hatten und sie legten auf, mit der Gewissheit, dass sie sich ja schon in ein paar Tagen Auge in Auge gegenüberstehen würden. Stiles Blick fiel auf die Uhr. Es war kurz vor Mitternacht und er war noch überhaupt nicht müde. Er schaute sich in dem Regal mit Dereks DVDs um, doch dann wurde ihm klar, dass es nur Spaß machte, sich diese alten Schinken anzuschauen, wenn Derek bei ihm war und sie ein wenig geschwisterlich miteinander kuschelten. Allein würde es ihn bloß traurig machen und daran erinnern, dass Derek eben jetzt NICHT bei ihm war. Und was er stattdessen tat! Stiles drehte sein Handy in der Hand und überlegte, wenn er jetzt noch anrufen könnte. Er tippte zunächst, einer spontanen Eingebung folgend, eine Nachricht an Mason: `Lust, morgen zu mir zu kommen, damit wir diese `Gilmore-Girls-und-Eiscreme´-Sache durchziehen können? Wenn uns das irgendwann zu `girlie´wird, habe ich auch eine Spielekonsole.´ Fünf Minuten später erhielt Stiles Antwort: `Ich bringe Nagellack, Haarspängchen, die Gilmore-Girls-Prämium-Edition und Battlefield 1 mit!´ Stiles schrieb zurück: `Cool! Ich sorge für reichlich Häagen Dazs. Zwölf Uhr O.K.?“ Als die Bestätigung der Uhrzeit kam, legte Stiles sein Handy zunächst auf den Couchtisch, nur um es dann wie ferngesteuert ein paar Minuten später wieder zur Hand zu nehmen. Und außerdem noch die Visitenkarte von Peter. Denn wenn Stiles ganz ehrlich zu sich war, dann war er gerade ziemlich geil. Und allein! Er begann die Nummer zu wählen, doch mittendrin hielt er inne und überlegte sich, was das bedeutete. Derek würde das überhaupt nicht gefallen! Und abgesehen davon: Wie wäre es wohl, mit Peter allein zu sein und ihm das `Go´ zu geben? Dereks Onkel hatte Stiles nicht allzu viel Grund gegeben, ihm zu vertrauen. Was wenn Stiles zwischendurch feststellte, dass ihm das alles zu schnell ging? Oder er es sich ganz einfach anders überlegt? Stiles war sich nicht sicher, ob sich Peter dann noch zurückpfeifen ließe. Und diese Vorstellung war ziemlich beängstigend. Stiles legte also sein Telefon wieder hin. Er musste irgendwie auf andere Weise Abhilfe schaffen und griff nach seinem Rucksack. Erst jetzt stellt er fest, dass der kleine Dildo, den er gekauft hatte und der in seiner pastellfarbenen Unschuld eher wie ein Babyspielzeug aussah an seinem Fuß Saugnäpfe besaß. Und das brachte Stiles auf eine Idee. Es wurde mal wieder Zeit zum Duschen! Stiles stellte das Wasser an, flüsterte dem kleinen Delfin zu, dass sie nun beide gemeinsam ihre Unschuld verlieren würden und brachte das Spielzeug in der richtigen Höhe an der Wand der Duschkabine an. Er verteilte ein wenig von dem Gleitgel, brachte sich in Position, stellte einen Fuß auf den Duschwannenrand und dann begann er. Das Gefühl war eigenartig, ein kleines Brennen und so, als steckte da etwas, wo es eigentlich nicht hingehörte. Dennoch trieb Stiles sein kleines Experiment weiter und mittlerweile war er auch bereits hart. Er nahm noch ein wenig von dem Gleitgel in seine Rechte und begann, an seiner Erektion auf und ab zu fahren, während er gleichzeitig seine Hüfte vor und zurück bewegte. Er schloss die Augen und träumte sich Derek herbei, stellte sich vor, dass dieser nun hier bei ihm unter der Dusche wäre. Und es dauerte bloß wenige Minuten, ehe Stiles den heftigsten Orgasmus seines Lebens erlebte, der ihn weich in den Knien werden ließ und ihm einen kleinen Lustschrei entlockte. Nach einem kurzen Moment der inneren Sammlung spülte Stiles alle Spuren seiner göttlich-verwerflichen Selbstbefleckung fort, verließ die Dusche, trocknete sich ab und ging hinüber ins Schlafzimmer. Als Stiles dort die Pyjamahose und das Unterhemd entdeckte, welche Derek letzte Nacht getragen hatte, konnte er nicht widerstehen, zog sich beides über und kroch ins Bett. Er beendete damit seine heutige, erwachsene Interpretation von `Kevin - Allein zu Haus´, indem er beinahe augenblicklich einschlief, wie ein Baby. Wie ein böses, ungezogenes Baby! Am nächsten Morgen erwachte Stiles ein kleines bisschen schuldbewusst, aber abgesehen davon eigentlich recht guter Dinge. Er freute sich auf den heutigen Tag, den er mit seinen neuen Freunden verbringen würde. Er schwang die Beine mit Elan über die Bettkante, zog den Pyjama von Derek schweren Herzens aus, schnupperte noch einmal daran und steckte ihn dann mit ein paar anderen Kleidern in die Waschmaschine. Derek musste ja nicht unbedingt mitbekommen, dass sein Mitbewohner ein kranker Perverser war, der heimlich seine getragenen Kleidung anzog. Nach einem üppigen Frühstück ging Stiles einkaufen, um die Vorräte wieder aufzustocken, damit er nachher seinen Besuch bewirten konnte und um etwas im Haus zu haben, was er Derek Sonntagabend vorsetzen konnte, denn der ganze heterosexuelle Geschlechtsverkehr würde diesen dann sicherlich hungrig gemacht haben. Mit Mason war es wirklich witzig. Sie verzichteten am Ende doch noch darauf, sich Bänder in die Haare zu flechten. Stattdessen begruben sie ihr Cookiedough-Eis unter Bergen von Marascino-Kirschen und Schlagsahne und aßen davon, bis ihnen kotzübel war, während die Dramen von Lorelai und Rory Gilmore über die Leinwand von Dereks Heim-Entertainment-Systems flimmerten. Als sie dessen überdrüssig wurden, starteten sie die Spielekonsole und lieferten sich heiße Schlachten. Es sollte sich schnell zeigen, dass Mason mindestens ein ebenso großer Zocker war, wie Stiles selbst. Am frühen Abend erkundigte sich Mason, ob Stiles Lust auf Pizza habe. Stiles nickte grinsend, doch anstatt eine zu bestellen, stellte er sich selbst in die Küche, improvisierte einen Quark-Öl-Teig, weil der nicht vorher gehen musste und zauberte ihnen in einer Dreiviertelstunde ein Blech Pizza Margherita. Und als ihre Bäuche gefüllt waren, sprachen sie schließlich über das Thema, das sie bislang an diesem Tag erfolgreich ausgeklammert hatten: Ihre unglücklichen, einseitigen Lieben zu mysteriösen, älteren Männer! „Ich war neulich bei Deaton zuhause.“ berichtete Mason mit einem versonnen Lächeln: „Keine Spur von Ehefrau und Kindern: Ein typischer Junggesellenhaushalt! Er hat mich zu sich zum Abendessen eingeladen. Gott, ich war so aufgeregt und unsicher, aber am Ende ist gar nichts passiert, außer essen und reden. Ich denke, er hat nicht einmal eine Ahnung, dass ich so für ihn empfinden könnte. Der Gedanke ist mit Sicherheit viel zu abwegig für ihn. Und ich kann´s ihm nicht mal verdenken. Ich meine, er ist fast zehn Jahre älter als mein Dad. Aber ich will ihn nun mal, verdammt! Andere Kerle sind mir total egal und ich denke pausenlos nur an ihn!“ „Ich kenne das Gefühl.“ erwiderte Stiles mitfühlend: „Aber hast du eine Ahnung, was Alan für DICH empfindet? Mag er dich?“ Mason lachte bitter: „Oh, ja, er hat mich gern. Wie einen kleinen Bruder oder Sohn, um den man sich kümmern muss, dem man ein paar Streicheleinheiten zukommen lassen muss und dem man hin und wieder einen Schein zusteckt, damit er klar kommt.“ „Verdammt!“ rief Stiles aus: „Ja Mann, ich kenne das Gefühl! Derek lässt mich bei sich im Bett schlafen, hält mich im Arm und während IHM dabei die Muttermilch einschießt, kann ICH nur daran denken, es mit ihm schmutzig zu treiben! Es ist einfach zum Heulen!“ Mason riss überrascht die Augen auf: „Du schläfst bei ihm im Bett? Himmel! Ich würde tausend Tode sterben!“ Stiles zeigte mit beiden Daumen auf sich selbst und kommentierte: „Schau mich an! `The Walking Dead´!“ Mittlerweile lief der Fernseher und Mason zappte gelangweilt durch die Kanäle: „Wir zwei sind ziemlich dämlich, weißt du das eigentlich?“ sagte er unvermittelt: „Wir verlieben uns in ältere Kerle, die wir nicht haben können und mit denen wir im Grunde nichts gemeinsam haben, dabei wären du und ich doch eigentlich ideal füreinander: Ähnliche Interessen, beinahe gleich alt, eine ähnliche Biographie...es könnte so einfach sein!“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Ich schätze, diese Dinge kann man sich nicht aussuchen.“ Mason legte den Kopf schief und fragte: „Wollen wir es trotzdem mal ausprobieren?“ Stiles brauchte eine Weile, ehe er überhaupt begriff, worauf Mason hinauswollte. Dann fragte er sich flüchtig, ob er damit möglicherweise seine Gefühle für Derek verriet, doch noch im selben Augenblick wurde ihm klar, dass allein schon der Gedanke ein großer Haufen Pferdescheiße war. Derek wollte ihn schließlich überhaupt nicht und wäre vermutlich der Erste, der ihn beglückwünschte, wenn er einen netten Freund fände! Und so antwortete er betont gelassen: „Klar! Wieso nicht?“ Also näherte sich Masons Gesicht seinem eigenen, bis sich ihre Lippen schließlich berührten; zunächst noch ganz zaghaft, doch dann immer fordernder, bis Stiles schließlich den Mund ein wenig öffnete und Masons Zunge einließ. Nach einer Weile lösten die beiden sich voneinander und Mason blickte Stiles skeptisch an: „Und? Wie war das für dich?“ Stiles überlegte kurz, wie er es ausdrücken sollte. Schließlich sagte er: „Da hast schöne, weiche Lippen und für jemanden, der genauso wenig Erfahrung hat, wie ich selbst, küsst du wirklich gut, aber wenn ich ganz ehrlich bin, dann hat irgendetwas gefehlt. Der Funke vielleicht?“ Mason nickte: „Ging mir genauso. Schade! Du bist nämlich echt süß! Lust, noch ein bisschen zu daddeln?“ Er reichte Stiles seinen Controller. Der Angesprochene kicherte, nahm die Steuerung entgegen, legte seinen Kopf auf Masons Schulter und dann spielten sie. Die Situation zwischen ihnen hätte peinlich sein können, doch aus irgendeinem Grund war sie es nicht. Nach einer weiteren Stunde verabschiedete sich Mason, weil er heute noch eine WG-Besprechung mit anschließendem Kochen und Gesellschaftsspielen hatte und für Stiles wurde es Zeit, sich zu entscheiden, was er anziehen wollte, wenn er heute Abend mit Danny und Ethan tanzen ging. Er drehte sich mit seiner neuen Garderobe vor dem Spiegel, bestimmte dann aber, der Schlampenlook sei nur etwas für die Arbeit und er entschied sich für das Althergebrachte: ein schlichtes, weißes T-Shirt, darüber ein blau kariertes Flanellhemd, dass er offen trug und seine best sitzende Jeans in der ihm sein eigener Arsch so gut gefiel. Dann gab er schließlich noch eine Portion Stylingcreme in seine Haare und knetete daran herum, bis er mit seiner Optik halbwegs zufrieden war. Er steckte sich Geld, seinen gefälschten Ausweis, laut dem er zweiundzwanzig war, seinen Schlüssel und sein Busticket in die Hosentasche, griff nach seiner Jeansjacke, auch wenn ihm jetzt schon klar war, dass er darin frieren würde und verließ das Apartment. Er hätte ja eine andere Jacke angezogen, wenn er eine gehabt hätte, aber er war im Spätsommer von zuhause ausgerissen und nun war schon beinahe Winter und für den war er, bezüglich seiner Garderobe nicht eingerichtet. Sicher hätte Derek gar nichts dagegen gehabt, wenn Stiles sich eine von seinen Jacken geliehen hätte, aber er wollte es trotzdem nicht tun, ohne seinen großzügigen Gastgeber vorher wenigstens zu fragen. Da fror er lieber. Im Café war Ethan gerade dabei, die letzten Gäste hinauszukomplimentieren. Danny war auch schon da und begrüßte Stiles mit einer Umarmung. Er sah heiß aus in seinem hautengen, tief ausgeschnittenen T-Shirt, dass einen Blick auf den Ansatz einer bestens definierten Männerbrust gewährte. Dann kam jemand aus dem Keller, den Stiles sehr wohl kannte, aber im Leben nicht hier erwartet hätte und ihm fiel die Kinnlade herunter: Großartige Figur, teure, hervorragend sitzende Kleidung und im Kontrast dazu das fiese, blasierte, ein wenig echsenhafte Gesicht: „Kennst du Jackson schon?“ wollte Danny wissen: „Er arbeitet manchmal am Wochenende bei uns als Springer.“ Stiles grinste schief: „Hey, Whittemore! An dich habe ich ja schon seit Jahren nicht mehr gedacht.“ log er und vermied den Blick auf die bestens ausgefüllte Jeans. „Stilinski!“ sagte Jackson mit einem gemeinen, kleinen Grinsen: „Ich hab´ immer schon geahnt, dass du eine Tunte bist, aber jetzt ist die Sache wohl klar!“ „Hey, Alter! Benimm´ dich nicht wie ein Arschloch!“ ermahnte ihn Danny. Dann wollte er wissen: „Woher kennt ihr Zwei euch eigentlich?“ „Ich bin mit unserem Schätzchen hier ein paar Jahre lang gemeinsam zur Schule gegangen.“ beantwortete Stiles die Frage. „Ist nicht wahr? Die Welt ist echt klein!“ erwiderte Danny verblüfft: „Ja! Bedauerlicherweise!“ brummte Jackson mit abfälligem Blick auf Stiles: „Was ist los, Jackson? Machen dir deine Hämorrhoiden wieder zu schaffen, oder warum guckst du so verkniffen aus der Wäsche?“ stichelte Stiles. „Immer noch dasselbe vorlaute, kleine Arschloch wie früher, was Stilinski?“ knurrte Jackson und machte sich dann daran, Ethan halbherzig beim Aufräumen zu helfen. Als sie zum Aufbruch bereit waren, wollte Danny wissen: „Und Jackson? Willst du nun mit uns kommen?“ Jackson schaute ihn an, als ob allein schon das Angebot eine Zumutung sei: „Machst du Witze? Geht ihr mal schön allein zu eurer kleinen Loserparty. Wann immer ich mit euch ausgehe, endet es doch sowieso bloß damit, dass ich die Hände von irgendeinem Kerl aus meiner Hose ziehen muss und so etwas ist nun einmal echt nicht mein Ding!“ Danny lachte: „Du meinst wohl `Ist nicht mein Ding, bis ich das zweite Bier intus habe´, wie?“ „Bild´ dir bloß nicht ein, du wüsstest etwas von mir, bloß weil ich dich einmal an meinen heißen Luxuskörper gelassen habe. Ich hatte bloß Mitgefühl mit dir!“ Wieder ein Lachen von Danny: „Sicher Kumpel. Das ist auch das Erste, was mir zu dir einfallen würde, wenn ich dich beschreiben müsste: Dein mitfühlendes Herz! Aber weißt du, womit ICH Mitgefühl habe? Mit euch armen Schrankschwestern! Das Leben könnte so leicht sein, aber was macht ihr? Pisst euch ein bei der Vorstellung, dass jemand rauskriegt, wer ihr wirklich seid. Hab´einen prächtigen Abend, Jackson! Leg´ ein paar Babes flach und beweis´ dir, was für ein ein toller Hecht du bist!“ „Du mich auch, Mahealani! Einen schwulen Abend für euch, Mädels!“ bellte Jackson, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand. Als er weg war, fragte Ethan: „Warum fragst du überhaupt ob er mit will, Danny? Du weißt doch, was dabei rauskommt. Der Typ ist ein widerlicher, feindseliger Troll!“ „Ich mag ihn trotzdem irgendwie.“ gab Danny zurück und wollte dann von Stiles wissen: „War er in der Schule eigentlich auch schon so liebenswert?“ „Ich schätze, seine charmante Persönlichkeit wurde Jackson in die Wiege gelegt, denn er ist immer noch genau so ein Sonnenschein, wie ich ihn in Erinnerung habe. Ich wundere mich nur, dass er es nötig hat, in der Gastronomie zu jobben. Seine Adoptiveltern sind doch reicher als die Rockefellers.“ Ethan kicherte: „Seine Eltern halten ihn kurz und zahlen nur noch seine Miete und ein kleines Taschengeld. Das soll seinen ekelhaften Charakter formen, oder was auch immer.“ „Sei nicht so gehässig!“ forderte Danny und wollte dann wissen: „Nehmen wir deinen Wagen, Eth?“ Ethan schüttelte den Kopf, bückte sich unter den Tresen, schnappte sich eine große Flasche Bourbon, hielt sie hoch und verkündete: „Nope! Öffentlicher Personennahverkehr, Baby, denn ich will mich heute wegschießen!“ Danny grinste: „Bin dabei!“ bestätigte er und so machten die Drei sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Die Disco, die sie betraten war gigantisch und mit nichts zu vergleichen, was Beacon Hills zu bieten hatte. Stiles war auf der Stelle eingeschüchtert, bis ins Mark. Er schickte ein Stoßgebet in Richtung der Gottheit, die sich für kleine, schwule Jungfrauen zuständig fühlte; dass Ethan und Danny ihn hier nicht allein lassen mochten, denn dann wäre er verloren gewesen. Er folgte seinen Begleitern in Richtung eines Tresens wo er sie zunächst einmal alle auf ein überteuertes Bier einlud. Einen Augenblick später hatten die drei Lust zu tanzen. Zunächst bewegte sich jeder für sich allein auf der überfüllten Tanzfläche zur Musik. Dann lagen sich Ethan und Danny plötzlich in den Armen. Stiles bespannte sie heimlich aus dem Augenwinkel und musste zugeben, dass diese Zwei wirklich verdammt heiß miteinander aussahen, wie ihre Körper praktisch miteinander verschmolzen, während sie sich küssend und mit geschlossenen Augen wie eins zur Musik bewegten. Ein paar Stücke später besannen sich die Zwei offenbar, dass sie heute nicht allein hier waren und sie nahmen Stiles in ihre Mitte. Später gingen die Jungs eine Weile vor die Tür, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Und offensichtlich mochte Ethan Gras zu seiner frischen Luft, denn er zündete sich einen Joint an und ließ ihn kreisen. Und diesmal sagte Stiles nicht nein! Hinterher fragte er sich dann, warum alle so ein Theater ums kiffen machten, denn er spürte überhaupt nichts. Sie gingen schließlich wieder hinein und nahmen nach einer Weile ihren tanzenden Dreier wieder auf, wobei Stiles ein weiteres Mal die Füllung des Sandwiches darstellte. Zunächst tanzten sie einfach nur, doch dann spürte Stiles unvermittelt Ethans Zunge an seinem Nacken und dessen Zähne, die zärtlich an seinem Ohr knabberten. Im selben Moment verschloss Danny ihre Lippen miteinander und ging auch sofort mit seiner Zunge zum Nahkampf über. Stiles erstarrte ein wenig. Nichts gegen Mason und seinen süßen, unschuldigen Kuss von heute Nachmittag, aber bei dem, was Stiles gegenwärtig erlebte, zeigte sich, dass ein wenig Erfahrung einen großen Unterschied machen konnte. Stiles spürte Ethans Becken, das sich gegen sein eigenes drängte und damit auch gleichzeitig seines gegen das von Danny, der in diesem Moment mitbekam, dass sich in Stiles Jeans langsam eine Reaktion auf die gegenwärtigen Ereignisse bemerkbar machte. Stiles blickte ihn schuldbewusst an, doch Danny hatte scheinbar überhaupt kein Problem damit, sondern ließ seine Hand mit erfahrenen Fingern ein paar Mal über seinen Schritt fahren, was Stiles ein Stöhnen entlockte, welches allerdings von der Musik verschluckt wurde. Und plötzlich dämmerte es Stiles, dass das THC in seinem Blut scheinbar doch eine gewisse Wirkung haben mochte. Nach einer Weile schlug Danny vor, dass sie zum Bakers Beach hinausfahren sollten, um auf die Golden-Gate-Bridge und den Ozean hinauszuschauen und so machten sie es schließlich auch. Bei einer Außentemperatur von zwölf Grad und dem Wind, der vom Pazifik her ins Land blies und sich deutlich kälter anfühlte, fror Stiles ziemlich in seiner dünnen Jeansjacke, doch die beiden Jungs nahmen ihn netterweise in ihre Mitte. Die Bourbonflasche und der zweite Joint, die nun im Kreis herumgingen, taten ihr Übriges um Stiles sein Frieren vergessen zu lassen. Derek lag auf dem Rücken, postorgasmisch und ein wenig atemlos. Er schaute an Braedens Zimmerdecke und musste plötzlich an Stiles denken. Er fragte sich, was der Junge wohl gerade trieb und ob es ihm gut ging. Er war froh, dass Stiles heute mit seinen Kollegen ausgehen wollte. So war wenigstens sichergestellt, dass er in dieser Minute nicht unter seinem Onkel lag, denn diese Vorstellung passte ihm ganz und gar nicht. Wenn Derek es irgendwie verhindern könnte, das Stiles Peter in die Hände fiel, dann würde er es tun, denn er wusste, wie sein Onkel sein konnte. Er benutzte Menschen, saugte ihnen das Leben aus und ließ sie dann hinter sich, ohne auch nur noch einmal zurückzublicken. Das wollte Derek nicht für Stiles. Er wollte ihn um jeden Preis retten und hätte dabei selbst nicht einmal sagen können, warum. Vielleicht einfach nur, weil er ihn bereits bis hierhin gerettet hatte und einfach nicht gern auf den letzten Metern verlor? Aber vielleicht auch einfach deswegen, weil er den kleinen, frechen Kerl mittlerweile richtig gern hatte. Es gab nicht viele Menschen, die sich einen so sicheren Platz in Dereks Herzen erobert hatten. Und schon gar nicht in so kurzer Zeit, denn immerhin kannten Stiles und er sich ja tatsächlich erst seit wenigen Wochen. Derek kam es deutlich länger vor. Als habe sie seine Gedanken erraten, legte sich Braeden nun halb auf Derek und verlangte: „Erzähl´ mir etwas über diesen Jungen, der bei dir wohnt!“ „Wer? Stiles?“ fragte Derek überrumpelt, um Zeit zu schinden. Braeden rollte mit den Augen: „Nein, Derek, ich spreche über einen der anderen Jungs, die neuerdings mit dir in deiner Zweizimmerwohnung wohnen. Natürlich rede ich über Stiles! Wie kommt es, dass du ihn bei dir aufgenommen hast? Ich hätte im Leben nicht geglaubt, dass du so etwas einmal machen würdest. Gerade jemand wie du: Menschenscheu, einzelgängerisch!“ „Menschenscheu und einzelgängerisch sind Synonyme!“ knurrte Derek: „Stimmt!“ räumte Braeden ein: „Aber ich bleibe dennoch bei meiner Formulierung, um meinem Gedanken Nachdruck zu verleihen. Und jetzt lenk´ nicht ab, Hale! Stiles? Warum hast du ihn bei dir aufgenommen?“ „Na ja, er hat doch ein Dach über dem Kopf gebraucht!“ entgegnete Derek eingeschüchtert: „Diese Stadt ist voll von obdachlosen Kindern, aber die nimmst du auch nicht alle mit nachhause, oder? Was ist das Besondere an Stiles?“ Diese Frage hatte Derek bislang vermieden, sich selbst zu stellen. Er hatte sich bis dato gesagt, das eben einfach eins zum anderen geführt hatte: Erst der gewalttätige Busfahrer, dann die kalte Nacht, in der er den obdachlosen Jungen nicht draußen schlafen lassen wollte, dann Stiles Grippe... Aber was hatte am Anfang von alldem gestanden? Wieso war Stiles ihm überhaupt aufgefallen? Warum hatte er ihn nicht ausgeblendet, wie die geschätzten dreißig anderen Leute, die an jenem Abend mit ihnen im Bus gefahren waren? Derek ahnte, dass es irgend so eine merkwürdige Wolfssache war, die da am Wirken gewesen war. So war es doch immer, wenn er irgendetwas tat oder fühlte, was er nicht verstand. Und Derek war nun einmal nicht gut darin, solche Dinge zu entschlüsseln. Nabelschau war einfach nicht seine Sache! „Ich weiß nicht. Es war nur ein Gefühl. Ich habe nicht groß darüber nachgedacht, als ich Stiles mitnahm.“ beantwortete Derek also Braedens Frage so ehrlich, wie er konnte. Auf Braedens Gesicht lag ein mysteriöses Lächeln: „Aha?“ gab sie vieldeutig zurück: „Was denn?“ brummte Derek: „Willst du mir vielleicht irgendetwas sagen?“ Braeden schien nachzudenken. Dann schüttelte sie den Kopf: „Nein, sorry! Ich bin abergläubisch. Wenn ich anfange, in deinem Karma herumzupfuschen, versaue ich mir damit mein eigenes! Du musst selbst drauf kommen.“ Sie knuffte Derek mit einer Faust sacht in die Seite und fragte: „Und Großer? Bereit für die nächste Runde?“ „Karma?“ murmelte Derek verwirrt und wollte gerade protestieren, doch er wurde abgelenkt, weil Braeden auf einmal auf ihm saß und anregend ihr Becken bewegte. Am Strand ging der Inhalt der Bourbonflasche gerade zur Neige und Ethan zog eine Tüte mit bunten Pillen aus seiner Tasche und bot Danny und Stiles davon an. Stiles Augen weiteten sich erschrocken und er schüttelte den Kopf. Danny hingegen schimpfte: „Steck´ diesen Dreck weg. Das letzte Mal, als ich etwas probiert habe, was einer deiner komischen Freunde in seiner dreckigen Badewanne zusammengekocht hat, bin ich im Krankenhaus aufgewacht. Und biete Stiles nichts von der Scheiße an, Eth! Er ist ein harmloser Kleinstadtjunge und hat vor dem heutigen Tag vermutlich noch nicht einmal Whiskey getrunken, stimmt´s nicht?“ Stiles senkte ertappt den Kopf, doch Danny nahm sein Gesicht in seine Hände und sagte: „Wusste ich´s doch! Du bist wirklich wahnsinnig süß, Kleiner!“ Danny küsste ihn sanft und Stiles ließ es sich artig gefallen. Von Ethan forderte Danny: „Jetzt steck´ schon die Pillen weg und spendier´ uns stattdessen lieber noch etwas zu rauchen!“ Ethan folgte tatsächlich, ließ das Ecstasy verschwinden und fischte stattdessen einen weitere Thai-Stick aus seiner Tasche, zündete ihn an und schickte ihn auf die Reise. Als er bei Danny ankam, inhalierte dieser tief, drückte dann seine Lippen auf die von Stiles, blies ihm den Rauch in den Mund und forderte: „Drinnen lassen!“ Stiles gehorchte, bis ihm schwindelig wurde und er nach Luft schnappen musste. Dann spürte er den Rausch. Sein Dad würde ihn umbringen, wenn er wüsste, was er hier gerade tat, aber es machte nun mal kurzfristig, dass alles nicht mehr so weh tat. Im Gegenteil: Er fühlte sich gut! Erst recht, als sich Ethans Hand plötzlich eine Weg unter sein T-Shirt suchte und Danny seinen Nacken zu küssen begann. Und auf einmal schien die ganze Welt nur noch aus Armen und Beinen zu bestehen, aus Lippen und Händen und aus Hüften, die sich an Hüften drängten. „Verflucht! Es ist zu kalt, um es hier draußen zu machen!“ schimpfte Danny nach einer Weile verfroren und Ethan schlug vor: „Wir könnten zu mir fahren. Da ist heut´ niemand und mein Bett ist groß genug für drei, wie wir wissen!“ Ethan und Danny tauschten einen vielsagenden Blick und Danny wollte wissen: „Bist du dabei, Stiles?“ „Sicher!“ bestätigte der Angesprochene hastig, als sei er gar keine arme Unschuld vom Lande, sondern als seien Dreier mit Kerlen, die er eigentlich noch gar nicht richtig kannte keine große Sache für ihn. „Also gut!“ sagte Danny, nahm Stiles und Ethan bei der Hand und rannte mit ihnen zurück zur Straße. Sie beschlossen ein Taxi zu nehmen, weil sie keine Lust hatten, in der Kälte auf den Bus zu warten, während sie es eigentlich kaum erwarten konnten, einander anzuspringen, wie die paarungswilligen Primaten, die sie in diesem Augenblick waren. Ihre Taxifahrerin war ein Trans*Frau um die vierzig; riesig, üppig und von madonnenhafter Schönheit, wie Stiles beiläufig bemerkte. Sie beobachtete die drei Jungs, die auf dem Rücksitz offenbar versuchten, einander gegenseitig zu verzehren mit einem kleinen Lächeln diskret im Rückspiegel und fuhr sie dann auf dem schnellstem Weg zum Ziel, weil sie offenbar ganz genau verstand, dass manche Dinge keinen Aufschub duldeten. Als die Drei Ethans Heim betraten, wurde Stiles eines sofort klar: Dies hier war nicht einfach irgendein Schlafzimmer, es war eine Fickhöhle! Der ganze Raum bestand praktisch nur aus einem riesigen Bett, auf welches ein pornorotes Laken gezogen war. Darüber prangte der Druck eines Gemäldes in Grautönen, das zwei liegende, nackte Kerle in leidenschaftlicher Umarmung zeigte. Auf dem Nachttisch standen zwei naturalistische Dildos unterschiedlicher Hautfarbe. Aus irgendeinem bekloppten Grund, nahm es Stiles für Ethan ein, dass er bezüglich der Auswahl seiner Sextoys kein Rassist war. Außerdem befanden sich rund um das Bett verteilt Dutzende Kondome; zu Stiles Erleichterung nur originalverpackte und keine bereits benutzten, und eine riesige Tube Gleitgel – ganz offensichtlich die Familienpackung! „Bist du eigentlich aktiv oder passiv, Stiles?“ fragte Danny, so als sei das eine ganz normale Frage, die man mal eben so ohne Vorwarnung stellen konnte. Stiles blieb beinahe das Herz stehen und er machte: „Öhh...“ Auch wenn das nicht Stiles eloquentester Moment gewesen war, verstand Danny ihn trotzdem und sagte verblüfft: „Du hast es noch nie getan, oder?“ Ethan kicherte und Stiles blickte betreten zu Boden: „Wollt ihr vielleicht lieber, dass ich gehe?“ Danny warf Ethan einen strafenden Blick zu und küsste Stiles auf die Stirn: „Ich finde, das erste Mal sollte deinem Prinzen vorbehalten sein. Ich bin eben auch ein romantisches Ding! Aber das heißt nicht, dass du jetzt gehen solltest. Wir machen einfach eine kleine Lehrstunde daraus!“ Stiles hatte keine wirkliche Ahnung, worauf Danny hinauswollte, doch er blieb. Sowohl Ethan als auch Danny zogen ihre T-Shirts aus und schauten dann Stiles an, als ob sie von ihm dasselbe erwarteten, doch irgendwie fühlte er sich gerade ganz und gar nicht motiviert zu strippen, im Angesicht dieser beiden vollkommenen Körper. Wieder war es Danny, der Stiles zu Hilfe kam: „Na, komm´ schon, Stiles! Du musst nicht schüchtern sein!“ sagte er schnurrend: „Ein dürrer Junge mit milchweißer Haut und breiten Schultern? Das ist doch mal eine sexy Abwechslung zu all den gebräunten Muskelschwestern, mit denen wir es sonst zu tun haben.“ Er stand hinter Stiles, zog ihm sein Hemd von den Schultern und begann, sein T-Shirt hoch zu schieben. Nun war auch Ethan zur Stelle. Er schenkte Stiles ein bezauberndes, kleines Grinsen und versicherte: „Du musst keine Angst vor uns haben, Süßer! Hier passiert nichts, was du nicht willst. Wenn du Stopp sagst, ist sofort Schluss, hörst du?“ Ethan machte sich an seinen Jeansknöpfen zu schaffen. Stiles nickte unbehaglich, weil er sich fragte, was ihn wohl erwartete, das eine solche Ermutigung notwendig machte. Wenig später waren sie alle drei nackt. Und Stiles war überrascht, wie sehr ihm das gefiel, was nun folgte. Es war sanft und zärtlich und hatte nichts von der raubtierhaften Wildheit, vor der er gefürchtet hatte, sich nicht retten zu können. Ethan küsste Danny und dann küsste er Stiles. Stiles schickte seine Hände auf Wanderschaft, bald hier und bald dorthin und fremde Hände und Lippen berührten wiederum ihn, während Zähne kleine, zärtliche Bisse verteilten. Stiles war sich bewusst dass das, was hier gerade geschah vielleicht nichts mit der Liebe zu tun hatte, nach der er sich sehnte, aber es war dennoch liebevoll. Und es war etwas, was er gerade brauchte und nachdem er sich gesehnt hatte. Es war die lang vermisste Bestätigung, dass auch sein Körper es verdient hatte, berührt und liebkost zu werden und das mit ihm nichts verkehrt war. Ihre Leiber rollten sich neben- und übereinander: Blicke, Lächeln und starke Arme, die Körper festhielten! Sicherlich lag es auch an Stiles berauschtem Zustand, dass er sich in diesem Moment gehen lassen konnte, aber es war zum Teil auch seinen beiden Begleitern zuzuschreiben, für die Sex und Körperlichkeit offensichtlich etwas ganz Spielerisches und Selbstverständliches war. Das sorgte dafür, dass es auch Stiles, der ewigen Jungfrau, nicht mehr wie diese riesige, ernste, furchteinflößende Sache erschien. Erst als Ethan nach einem Kondom fischte, zuckte Stiles ein klein wenig zusammen und seine Augen wurden groß und furchtsam. Danny sah es und versicherte: „Keine Angst, das ist nicht für dich, sondern für mich!“ Stiles saß halb aufrecht, an den Kopf des Bettes gelehnt. Danny machte es sich zwischen seinen geöffneten Beinen bequem, legte seinen Oberkörper auf Stiles Bauch ab und den Kopf auf seiner Brust. Es sah geübt aus, wie Ethan das Kondom mit den Zähnen aufriss und sich mit einer Hand über seine Erektion rollte. Dann hatte er auch schon das Gleitgel zur Hand und verteilte es strategisch günstig. Er griff nach Dannys Beinen, legte sich eines über die Schulter und das andere um die Hüfte. Stiles staunte beiläufig über Dannys Gelenkigkeit und er hielt den Atem an, als er sah, wie sich Ethan langsam in Danny versenkte. Nun beobachtete Stiles Dannys Reaktionen sehr genau: Seinen Atem, seine Körperspannung, seine Mimik. Er wollte wollte wissen, was er wohl fühlte, während er gefickt wurde; ob es ihm gefiel oder ob es ihm vielleicht weh tat? Es war deutlich, dass es nicht das erste Mal war, dass diese Zwei dies miteinander taten. Sie wirkten aufeinander eingespielt, wussten, was der Andere mochte und auch was ihm nicht gefiel. Stiles hätte sich wie ein Eindringling und Fremdkörper fühlen können, doch das tat er nicht. Ethan und Danny ließen ihn spüren, dass er willkommen und Teil des Ganzen war und nicht nur dadurch, dass Dannys Rücken auf Stiles Unterleib und ruhte und dieser dadurch Ethans Stöße in gleicher Weise spürte, sondern auch, weil Danny Stiles Hand währenddessen hielt und diese in seiner Erregung drückte, weil er zwischendurch gelegentlich den Kopf in den Nacken legte, ihn anschaute und ihm zulächelte, um sich zu vergewissern, dass es Stiles gut ging und weil Ethan zwischendrin immer wieder die Lippen nicht nur von Danny, sondern auch von Stiles suchte und sie beide warm, keuchend und hungrig küsste. Und während Stiles die beiden Liebhaber beobachtete, stellte er sich vor, an Dannys Stelle zu sein und Derek sei an der von Ethan. Allein diese Vorstellung reichte aus, um ihn erregt aufstöhnen zu lassen. Dannys Körper, der rhythmisch gegen den von Stiles gestoßen wurde und die Reibung, die dadurch an seinen Genitalien entstand, reichten schließlich aus, dass Stiles gemeinsam mit seinen beiden Bettgefährten kam. Als sie alle wieder Luft zum Atmen hatten, bemerkte Stiles verlegen an Danny gewandt: „Sorry! Ich fürchte, ich habe dich eingesaut!“ Danny kicherte: „Ist nicht schlimm!“ versicherte er und reichte Stiles eine Box mit Papiertüchern. Ethan angelte sich auch eines der Tücher, um das Kondom zu entsorgen, ließ sich dann seufzend neben Danny plumpsen und legte einen Arm um diesen. „Jetzt pass´ gut auf!“ wies Danny Stiles an und dann beobachteten sie beide, was Ethan nun wohl täte. Und es dauerte keine zwei Minuten, bis dieser eingeschlafen war. „Das ist seine Spezialität!“ verkündete Danny und strich liebevoll durch Ethans Haar. Sowohl er, als auch Stiles musste ein bisschen lachen. „War das hier O.K. für dich, Stiles?“ wollte Danny nun wissen. Stiles zuckte mit den Achseln: „Es war sicher nicht das, was ich von diesem Abend erwartet habe, aber es war...irgendwie schön!“ dann fiel ihm etwas ein: „Kann ich mich jetzt eigentlich immer noch `Jungfrau´ nennen?“ Danny lachte und küsste ihn sacht: „Du bist wirklich süß! Und ja; ich denke, wir können mit gutem Gewissen behaupten, dass deine Jungfräulichkeit immer noch intakt ist. Das, was hier heute geschehen ist, war doch eher so etwas, wie Anschauungsunterricht, stimmt´s“ „Ja, und es war auch wirklich sehr anschaulich!“ bestätigte Stiles mit einem schiefen Grinsen. Dann traute er sich zu fragen: „Machen du und Ethan so etwas eigentlich öfter? Habt ihr das hier geplant?“ Danny stützte den Kopf auf den Arm und blickte belustigt auf Stiles hinab: „Fragst du mich gerade allen Ernstes, ob wir zwei Perverse sind, die regelmäßig unschuldige Jungs mit in unsere Lasterhöhle schleifen, um mit ihnen Unzucht zu treiben?“ „Ich…ähm…Nein!“ stammelte Stiles verlegen, doch Danny lachte bloß und versicherte: „Nein, Stiles. Ethan und ich haben das hier nicht geplant. Es war ganz spontan. Und ich fand es übrigens auch schön mit euch beiden! Und zum anderen Teil deiner Frage: Ja, Ethan und ich hatten auch früher schon mal einen Dreier! Bist du jetzt schockiert?“ Stiles schüttelte den Kopf und schmiegte sich an Danny: „Nein bin ich nicht!“ Sie lagen noch eine Weile Arm in Arm beieinander und streichelten einander sanft und müde, doch Stiles wurde plötzlich klar, dass er nicht die Nacht hier verbringen wollte. Er brauchte jetzt ein bisschen Zeit allein, um die Erlebnisse des heutigen Tages zu verarbeiten. „Bist du mir böse, wenn ich jetzt einfach verschwinde?“ fragte er Danny zaghaft. Danny schüttelte den Kopf: „Nicht doch, Kleiner.“ Stiles küsste Danny noch einmal. Bat ihn, Ethan auszurichten, dass es eine schöne Nacht für ihn gewesen sei und suchte in dem Durcheinander seine Kleider zusammen. Das Taxi, dass ihn heimfuhr erinnerte Stiles noch einmal daran, was das hier für ein verrückter Tag gewesen war, indem ihn das Interieur mal eben in die Straßen von Bombay entführte. Der Taxifahrer war klein, alt, hatte dunkelbraune Haut und trug einen Turban. Irgendwo brannten Räucherstäbchen und Stiles war sicher, dass so etwas vermutlich in einem Taxi nicht erlaubt war. Aus dem Radio erklang fremdartige und für westliche Ohren irgendwie zu schrille Musik. Die Fahrerkabine war wild geschmückt und das Zentrum bildete eine goldene Statue von Ganesha, dem Elefantengott, der würdevoll auf dem Armaturenbrett thronte. Als Stiles schließlich vor Dereks Apartment ankam, ging in der Ferne bereits die Wintersonne auf. Stiles war zu müde, um zu duschen und fiel ganz einfach in dem T-Shirt und der Boxershorts ins Bett, die er gerade anhatte. Er wurde wieder wach, weil es an der Tür Sturm klingelte. Er hatte keine Ahnung, wie spät es sein mochte, tapste verschlafen und benommen zur Tür. Sein Kopf fühlte sich dabei an, als habe jemand sein Hirn entnommen und ihn mit nassen Windeln gefüllt und zu allem Überfluss stand vor der Tür auch noch ein putzmunterer Peter Hale, ready for action! „Derek ist nicht da!“ maulte Stiles: „Umso besser! Dann hab´ ich dich ja endlich mal für mich alleine!“ sagte Peter begeistert, drängte sich geschickt durch die halb geöffnete Tür, um dann sofort die Arme um Stiles zu schlingen: „Wow Stiles! Du Riechst ja wie eine Seefahrerkneipe: Rauch und Alkohol!“ stellte er fest. Dann vergrub Peter seine Nase an Stiles Hals und schnupperte weiter. Er hob den Kopf und schenkte Stiles ein schmutziges Grinsen: „Falsch! Du riechst wie ein orientalisches Bordell! Was zur Hölle hast du letzte Nacht getrieben?“ Stiles machte sich los und sagte schnell: „Ich muss duschen!“ „Fein! Ich komme mit!“ behauptete Peter: „Auf keinen Fall!“ bestimmte Stiles: „Und wenn du es dennoch wagst, mir zu folgen, mache ich dich fertig. Dann ist die Duschszene in `Psycho´ nicht mehr die schlimmste in der Geschichte, kapiert? Mach´ dich lieber nützlich und mach mir einen Kaffee, weil mir nämlich gleich der Kopf platzt!“ „Jawohl, Sir!“ erwiderte Peter: „Gott, ich stehe drauf, wenn du diesen Befehlston anschlägst, Baby!“ Okay, Peter hatte ihn wieder einmal rumgekriegt mit seinem Charme. Stiles schenkte ihm ein halbes Lächeln. Im Bad schloss er trotzdem vorsichtshalber die Tür ab. Nicht, dass er denken würde, dass Peter sich im Ernstfall von einer verschlossenen Tür hätte aufhalten lassen. Es war eher symbolisch! Als er und Peter einen Augenblick später beim Kaffee beieinander saßen, wollte Stiles wissen: „Gibt es einen bestimmten Grund für deinen Besuch? Du wusstest doch, dass Derek nicht hier sein würde.“ „Einsamkeit, Langeweile und die Sehnsucht nach dir führen mich her, Süßer!“ gab Peter zurück: „Und nun erzähl mir all´ die schmutzigen Details deines Wochenendes!“ „Träum´ weiter, Peter! Ich erzähle dir gar nichts!“ gab Stiles energisch zurück. „Ach, komm´ schon Prinzessin! Ich male mir sonst die Schlimmsten Sachen aus, die passiert sein müssen!“ bettelte Peter. Stiles kicherte: „Deine Fürsorge ist rührend, aber vergiss´ es! Meine Lippen sind versiegelt!“ „Glaube ich nicht!“ sagte Peter und küsste ihn. Mit vollem Zungeneinsatz! Stiles fragte sich gerade, ob man zur selben Zeit eine Jungfrau und ein Flittchen sein konnte, denn dies war der vierte Kerl, den er in zwei Tagen küsste: „Lass´ gut sein, Peter!“ sagte er atemlos: „Lass´ uns lieber etwas spielen!“ „Aber wir spielen doch schon etwas!“ behauptete Peter, drückte Stiles in das Sofa und nagelte ihn mit seinem Gewicht dort fest: „Komm schon Stiles! Nun, da das Siegel ohnehin schon gebrochen ist, hast du doch nichts mehr zu verlieren. Und ich weiß ja nicht, welcher Stümper sich da letzte Nacht Zutritt verschafft hat, aber jetzt kann ich dir wenigstens nochmal zeigen, wie es richtig geht!“ Stiles blickte kopfschüttelnd zu Dereks Onkel hinauf: „Weißt du, was ich an dir bewundere Peter? Deine übergroße Bescheidenheit! Aber jetzt mal ganz im Ernst: Du willst es HIER mit mir treiben? Auf dem Sofa deines Neffen und das, obwohl dieser jeden Augenblick zur Tür reinkommen könnte.“ „Wir können doch auch in Dereks Bett umziehen und ein `Bitte-nicht-stören!´-Schild an die Tür hängen.“ gab Peter gleichgültig zurück. „Schreckst du eigentlich vor irgendwas zurück?“ erkundigte sich Stiles, doch es war mehr eine rhetorische Frage: „Mein Neffe kennt mich. Ich müsste schon wirklich kreativ werden, um ihn sprachlos zu machen.“ entgegnete Peter: „Andererseits hat er für dich wirklich etwas übrig und er würde sich zu Tode ärgern wenn wir es tun würden.“ Er grinste und fügte an: „Bonus, würde ich sagen.“ Stiles wurschtelte sich mühsam unter dem Körper des schwereren und stärkeren Mannes hervor und ging hinüber zu einem Schrank in Dereks Wohnzimmer: „Sorry Peter!“ sagte er über seine Schulter hinweg, während er kramte: „Ich schätze, du solltest dein Glück nochmal versuchen, wenn ich verzweifelter bin, als heute. Und nur zur Information: Mein `Siegel´ ist noch intakt!“ Er fand das Gesuchte und hielt es hoch: Dereks Schachbrett! Peter machte ein unzufriedenes Gesicht und nannte ihn `Nerd´. Schach war Stiles Spiel, aber natürlich war es nicht das von Peter, der seine Befriedigung sofort wollte und nicht etliche Züge darauf warten konnte. Und so stellte Stiles das Schachbrett wieder zurück und zog stattdessen Spielkarten hervor. Peter klatschte begeistert in die Hände und rief: „Yeah! Strip-Poker!“ Stiles wollte ernst bleiben, doch es gelang ihm nicht. Er kehrte kichernd zu Peter zurück, reichte ihm die Spielkarten, damit er mischen konnte und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn. Als Derek heimkehrte, war Peter schon wieder gegangen und Stiles stand in der Küche, um das Abendessen zuzubereiten. Heute stand Jäger-Bigos mit Pilzen auf der Speisekarte; ein Eintopf mit reichlich Schweinefleisch und fettiger Wurst nach einem Rezept von Stiles polnischer Großmutter. Nach einem Wochenende voll von Sex, würde Derek etwas Handfestes brauchen, dass ihm seine Kräfte wiedergab, hatte sich Stiles überlegt. „Das riecht gut!“ stellte Derek fest und linste hungrig über Stiles Schulter. Dann wollte er wissen: „Wie war dein Wochenende?“ „Sex, Drugs and Rock and Roll!“ antwortete Stiles betont lässig und beiläufig: „Und bei dir?“ „Genauso!“ behauptete Derek, weil er dies wieder für einen von Stiles flapsigen Sprüchen hielt, doch dann ließ ihn etwas an Stiles Tonfall aufhorchen und er blickte seinen Hausgast prüfend von der Seite an. Kapitel 11: Brüderliche Liebe ----------------------------- „Moment mal, Stiles!“ sagte Derek scharf: „Was ist dieses Wochenende hier passiert?“ Er schnupperte: „Mein Onkel war hier, oder? Sein fieses Rasierwasser hängt immer noch in der Luft. Erzähl´ mir sofort, was geschehen ist?“ „Deine Nase ist genau so gut, wie Peters.“ stellte Stiles fest: „Was seid ihr zwei? Vielleicht ein missglücktes genetisches Experiment, halb Mensch, halb Bluthund, oder so?“ „Jetzt lenk´ nicht ab, Stiles!“ bellte Derek und lenkte damit seinerseits ab, weil sein junger Freund der Wahrheit, die Derek Stiles auf keinen Fall wissen lassen wollte, gerade ein wenig zu nahe kam: „Sag´ mal, wäschst du da gerade meine Bettwäsche? Wieso? Etwa weil Peter dich darin missbraucht hat, oder wie?“ Derek hatte Stiles nicht besonders sanft an beiden Armen gepackt und und blitzte ihn mit einer Mischung aus Ärger und Besorgnis an. Stiles blinzelte Derek zunächst ein wenig verblüfft an und legte den Kopf schief, wie als versuche er zu begreifen, was gerade vor sich ging. Dann tat Stiles etwas, dass Derek vollkommen unerwartet traf: Er legte die Arme um ihn, den Kopf auf seine Schulter und kuschelte sich an ihn, wie ein kleines Kätzchen. Derek hätte es im Leben nicht zugegeben, doch er fand es bezaubernd! „Niemand hat mich missbraucht, Derek! Ehrlich nicht! Dein Onkel hat zwar wirklich alle Register gezogen, viel massiver als sonst, wenn du in der Nähe bist, um auf mich aufzupassen, aber letztlich hat er doch auf Granit gebissen und wir haben bloß Karten gespielt. Ich habe deine Bettwäsche in die Waschmaschine gesteckt, weil sie gestunken hat, nachdem ich mich ungeduscht und todmüde hineingelegt habe, als ich vom Tanzen wiederkam und das war alles!“ „Und was soll dann diese beschwichtigende Schmuserei?“ fragte Derek skeptisch, aber dennoch irgendwie auch sanft und hob die Arme, um Stiles seinerseits festzuhalten. Stiles gluckste gegen Dereks Schulter und erwiderte: „Das ist nur, weil du so lieb und besorgt um mich bist. Als Dankeschön sozusagen.“ Derek nahm Stiles Kinn in die Hand und hob sein Gesicht um ihn anschauen zu können: „Und was sollte dann diese Bemerkung über Sex und Drogen?“ Stiles grinste verlegen: „Diese Jungs, mit denen ich arbeite, sind ein bisschen...ungezogen!“ gestand er: „Wie? Ungezogen?“ forderte Derek zu erfahren und war schon wieder voll und ganz im `Deutscher-Schäferhund-Modus´: „Ethan hat mir irgendwelche Pillen angeboten, doch ich habe sie nicht genommen. Aber ich habe gekifft, Whiskey getrunken und sie haben mich zuschauen lassen.“ bekannte Stiles errötend. „Zuschauen lassen? Bei was?“ fragte Derek naiv. Stiles schenkte ihm ein nachsichtiges Lächeln: „Na, rate mal!“ „OH! Okay...?“ machte Derek und wollte dann wissen: „Und war das in Ordnung für dich, Stiles?“ Der Angesprochene grinste: „Es war mehr als nur in Ordnung. Es war aufregend. Und schön! Ich war nicht zu betrunken oder zu bekifft, um nicht mehr zu wissen, was ich tat. Es geschah alles freiwillig. Und es hat mir ein für alle Mal gezeigt, dass es das ist, was ich möchte. Eines Tages. Mit dem Richtigen! Oder dem Falschen, falls der Richtige zu lange auf sich warten lässt.“ Stiles wusste nicht, was er von dem Blick halten sollte, den der Ältere ihm in diesem Moment schenkte. Ehe er aber noch lange darüber nachdenken konnte, fragte Derek ihn: „Willst du vielleicht einen Film sehen?“ Als Stiles nickte, wählte Derek „Die Reifeprüfung“ mit Dustin Hoffman für sie aus. Und als der Film lief, war es erstmals Derek, der von sich aus auf Tuchfühlung ging: Er machte sich auf dem Sofa lang, klopfte neben sich, zog Stiles dann zu sich heran und platzierte ihn vor sich, so dass sie den Film in der Löffelchenposition genießen konnten. Oh Boy! Nach der Handlung des Films befragt, wäre Stiles hinterher ratlos gewesen. Er war mit anderen Dingen beschäftigt; dem Riechen, dem Fühlen, dem Genießen. Und der gleichzeitigen Kontrolle seiner körperliche Reaktionen auf diese Reize. Später nahm Derek Stiles ein weiteres Mal mit in sein Bett, denn schließlich war es dort doch bequemer, nicht wahr? Stiles wehrte sich nicht. Er genoss, er litt Qualen, aber er wehrte sich nicht. Am folgenden Tag holte Stiles Scott vom Busbahnhof ab: „Willkommen in der Stadt der brüderlichen Liebe!“ rief er seinem Herzensbruder fröhlich entgegen. Der Angesprochene zog belustigt die Augenbrauen hoch: „Die Stadt der brüderlichen Liebe ist Philadelphia, Mann!“ Stiles grinste und erwiderte: „Also das bezweifle ich! In keiner Stadt sind die Brüder so liebevoll wie hier in San Francisco! Und das kann ich auch beweisen!“ Er schnappte sich Scott und drückte ihn so fest, dass dem armen Asthmatiker beinahe die Luft wegblieb. Scott lachte überrumpelt: „Hör mal, Bro, ich habe dich ja auch vermisst, aber deswegen will ich dich nicht gleich umbringen. Also? Lässt du mich auch irgendwann mal wieder los?“ Stiles machte keine Anstalten, behauptete allerdings: „Ehrlich Mann, ich will dich ja loslassen, aber irgendwie ist die Verbindung zwischen meinem Hirn und meinen Armen gerade unterbrochen. Der Befehl kommt nicht durch!“ Scott zerzauste liebevoll Stiles Haar und murmelte gegen dessen Hals: „Ich hab´ dich lieb!“ „Ich dich auch!“ versicherte Stiles, dem es schließlich doch noch gelang, die Krakenarme sinken zu lassen und Scott die Freiheit wiederzugeben: „Wirst du eigentliche über Nacht bleiben?“ wollte er wissen: „Ich habe Derek nämlich noch nicht gefragt, ob er damit einverstanden wäre. Außerdem ist bei ihm nicht besonders viel Platz.“ „Ich werde bei meinem Dad in der Wohnung schlafen, denn der ist nämlich gerade in total wichtigem FBI-Einsatz unterwegs und gar nicht hier.“ gab Scott zurück: „Und ich hatte sogar vor, die ganze Woche in der Stadt zu bleiben. Wir Zwei haben schließlich einiges nachzuholen!“ „Cool!“ erwiderte Stiles begeistert: „Dann können wir ja so richtig die Stadt auf den Kopf stellen! Und? Was willst du als erstes tun? Sightseeing? Etwas essen gehen? Meine neuen Arbeitsplatz sehen?“ „Ich will deinen Freund, den Menschenfresser kennen lernen und seinen charismatischen Päderasten-Onkel!“ bestimmte Scott. Stiles rollte mit den Augen: „Also noch einmal: Derek IST kein Menschenfresser! Er ist ein schlecht gelaunter ENGEL! Und Peter ist auch kein Päderast, denn falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Ich bin schon groß! Und wenn ich mich entscheiden sollte, mich von ihm flachlegen zu lassen, dann nennt man so etwas eine einvernehmliche Handlung unter Erwachsenen.“ Scott schaute ihn mit einem Blick an, der sagte: `Na sicher doch, Kumpel!´ und beharrte: „Also, was ist nun? Darf ich die beiden treffen?“ „Wo Peter steckt, kann ich dir nicht sagen, denn der ist ein Streuner, aber zu Derek könnten wir von mir aus jetzt gehen.“ erwiderte Stiles, fügte dann jedoch streng hinzu: „Aber du wirst lieb zu ihm sein, verstanden? Er hat es nämlich verdient! Er ist mein Lebensretter!“ „Wir werden sehen.“ erwiderte Scott: „Ich werde ihn unter die Lupe nehmen und wenn ich finde, dass er in Ordnung ist, dann hat er nichts zu befürchten.“ Stiles drückte Scotts Schultern liebevoll und versprach: „Derek IST in Ordnung. Er ist wirklich der Beste! Und wie gesagt: Ob du Peter treffen wirst, weiß ich nicht. Er kommt und geht, wie es ihm passt. Aber mal etwas anderes: Wenn du meinem Dad Dereks Adresse verrätst, nehme ich dir dein Asthmaspray weg!“ Als sie bei Derek zuhause ankamen, machte dieser gerade Klimmzüge an seiner Stange und dazu spielte Violinenmusik. Die Melodie erkannte Stiles als den `Frühling´ aus den `Vier Jahreszeiten´ von Vivaldi. Derek ließ sich von den Neuankömmlingen nicht bei seinen Leibesübungen stören und absolvierte seine geschätzten zweihundert Wiederholungen ungerührt bis zum Ende. Oben ohne. Und Schweiß fing langsam an, Dereks Brust glänzen zu lassen. Stiles biss sich auf die Unterlippe. Scott und er nahmen auf dem Sofa Platz, von wo aus Stiles seinen schönen, athletischen Gönner aus dem Augenwinkel beobachtete. Nach vollendetem Workout, stellte Derek die Musik aus und baute sich wortlos, mit grimmig-fragendem Gesichtsausdruck vor dem Sofa auf. Stiles schüttelte den Kopf und erhob sich: „Nun guck´ doch nicht so, alter Grummelwolf! Das hier ist jemand, der dich unbedingt kennen lernen wollte, weil er dir niedere Motive unterstellt, mich zu beherbergen, egal wie sehr ich ihm versichert habe, dass du mein Held und Ritter in weißer Rüstung bist. Bitte zeig´ ihm dein schönes Zahnpastalächeln, denn dies hier ist mit liebster, bester Freund von zuhause; Scott McCall!“ und zu Scott sagte er: „Scott: Das ist Derek Hale, mein Schutzengel!“ „Hi, Scott!“ sagte Derek, streckte zum Gruß die Hand aus und wollte dann wissen: „Was für niedere Motive?“ Scott ergriff Dereks Hand, doch ehe er antworten konnte, sagte Stiles: „Scott denkt, du willst mich zu Hühnersuppe verarbeiten, oder so.“ Derek ließ seinen Blick einmal über Stiles Körper wandern und bemerkte dann nüchtern: „Hühnchen stimmt! Trotzdem lohnt sich das nicht. An dir ist doch nichts dran?“ „Moment Mal! Wir können ja schließlich nicht alle aussehen, als seien wir gerade vom Olymp herabgestiegen, Mister! Kein Grund, beleidigend zu werden!“ Derek lachte und gab Stiles einen kleinen Klaps hintendrauf: „Du weißt doch, dass du süß bist, oder nicht? Du bist doch der, der ständig Telefonnummern zugesteckt bekommt, den mein Onkel mit seinem Geifer bekleckert und der neuerdings Dreier hat. Also entspann´ dich Stiles!“ Mit diesen Worten verschwand Derek unter der Dusche und ließ Stiles mit offenem Mund zurück. Als er seine Sprache wiedergefunden hatte, rief er seinem Gastgeber durch die offene Badezimmertür hinterher: „Deinem Onkel zu gefallen zu gefallen, ist jawohl keine Kunst. Hat man zwei Beine und einen Puls, kommt man auch schon in die engere Auswahl!“ Derek stellte das Wasser an und rief lachend: „Das stimmt vielleicht, aber trotzdem habe ich noch nie erlebt, dass er sich für eine einzige Nummer so ins Zeug gelegt hätte. Du kannst dich geschmeichelt fühlen.“ Stiles errötete ein wenig und Scott wiederholte ungläubig: „Dreier? Du hast also neuerdings Dreier? Was ist aus dem Kerl geworden, der immer gejammert hat, dass er als Jungfrau sterben wird?“ „Den gibt es immer noch. Ich war ja sozusagen bloß als Zuschauer dabei. Das ist dann wie bei Sea-World: Wenn du dich nicht ausgerechnet in die erste Reihe setzt, dann wirst du auch nicht nass gespritzt.“ murmelte Stiles mit einem kleinen Grinsen. Scott rümpfte die Nase bei dem Vergleich. „Und die Drogen! Hat er dir das mit den Drogen erzählt?“ rief Derek aus dem Bad herüber. Scott riss entsetzt die Augen auf. Verflixt! Wie konnte Derek unter der lauten Dusche überhaupt dem Gespräch folgen? „Petze!“ beschimpfte Stiles Derek und Scott gegenüber rechtfertigte er sich: „Nur Gras! Und ich hab´s ja bloß mal ausprobiert! Ich bin kein Pothead, oder so!“ „Egal! Ich werde dich trotzdem auf jeden Fall wieder mit nachhause nehmen, Freundchen!“ bestimmte Scott entschlossen: „Vergiss´ es Alter! Ich komme nicht mit. Mir geht’ s gut! Ehrlich! Und im übrigen habe ich hier ja auch schon jemanden, der wie ein Wachhund auf mich aufpasst!“ „Sehr richtig!“ sagte Derek, der das Badezimmer mittlerweile mit einem Handtuch um die Hüften dürftig bekleidet verlassen und sich Stiles unbemerkt von hinten genähert hatte, was diesen heftig zusammenzucken ließ. Derek fuhr fort: „Und darum würde ich auch heute gern mein Versprechen wahr machen, mit dir auszugehen und dir einen netten Jungen zu suchen. Den `Richtigen´! Was hältst du davon? Und Scott könnte mir dabei helfen, wenn er will.“ Scott nickte begeistert bei der Aussicht, doch Stiles stöhnte: „Das ist doch nicht, wie in den Supermarkt gehen! Du besuchst kein schwules Tanzvergnügen, suchst dir den schönsten Prinzen aus, der dann auch noch nett ist, nimmst ihn mit nachhause und dann lebt ihr glücklich, bis das der Tod euch scheidet! Wenn es so einfach wäre, gäbe es nicht so viele unglückliche Singles da draußen. Und außerdem bin ich schwer vermittelbar. Ein Restposten sozusagen! Ein spätes Mädchen!“ Derek schüttelte den Kopf und zerzauste Stiles liebevoll das Haar: „Das ist Bullshit, Stiles. Du bist ein guter Fang.“ Dann verschwand er ins Schlafzimmer, um sich etwas anzuziehen. Stiles hungriger Blick folgte dem Älteren. Er stellte sich gerade vor, Derek die letzten Wassertropfen von der Haut zu lecken. Scott, der das gierige Geglotze seines besten Freundes sehr wohl mitbekommen hatte, schüttelte belustigt den Kopf. Als Derek wenig später sittsam bekleidet zu ihnen zurückkehrte, bereitete er für sie alle erst einmal einen Kaffee. Nun war Scotts Moment gekommen, dem Fremden auf den Zahn zu fühlen, der so unverschämt vertraut mit seinem besten Freund schien: „Also Derek, wie hast du Stiles eigentlich kennengelernt?“ verlangte er also in scharfem Tonfall zu erfahren: „Hab´ ihn im Bus gefunden und mit nachhause genommen!“ gab Derek achselzuckend zurück. Die beiden musterten einander, wie Duellanten in einem alten Western. „Wieso?“ forschte Scott weiter: „Was willst du von meinem Freund? Denn wenn du ihn auf irgendeine Art missbrauchen oder verletzen willst, dann...!“ Derek grinste kopfschüttelnd, unterbrach Scott und wollte von Stiles wissen: „Ist dein Freund immer so eine überbeschützerische Pest?“ Stiles lachte, drückte Scott einen lauten Kuss auf die Wange und entgegnete: „Nur, wenn es um mich geht und dafür liebe ich ihn.“ Mit einem Zwinkern an Derek gerichtet fügte er an: „Aber scheinbar löse ich das in den Menschen aus.“ Dann wendete Stiles sich wieder an Scott, mit der Forderung: „Und du sei lieb zu Derek, Bro! Er ist es nämlich auch zu mir!“ Er zog seinen besten Freund langsam in Richtung Tür und erklärte: „Scott und ich sind dir lange genug auf den Wecker gegangen, Derek. Wir verschwinden jetzt erst einmal wieder. Aber was hältst du von einem Dinner zu dritt gegen vier hier bei dir, bevor ich zur Arbeit muss. Und dann könnt ihr mich ja um elf nach meiner Schicht im Café abholen und mich in die schwule Szene schleppen, wo ihr mich dann schamlos meistbietend für ein paar Schafe und Kamele verschachert!“ Unten auf der Straße wollte Stiles wissen: „Musste das ehrlich sein, dass du Derek so angehst, Kumpel!“ „Ja, definitiv!“ behauptete Scott: „Der Typ hat Kohle, sieht aus wie ein Model, hat angeblich keine schmutzigen Absichten. Irgendwas stimmt da doch nicht!“ „Ja, er sieht toll aus, stimmt´s?“ schwärmte Stiles und ignorierte Scotts restliche Worte: „Soweit ich das beurteilen kann.“ brummte Scott:“ Hast du gesehen, wie viele Klimmzüge der Kerl gemacht hat? Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.“ „Stimmt! Aber hast DU seinen Körper gesehen? Woher soll der denn sonst kommen, wenn nicht von einer ungesunden Dosis Sport?“ gab Stiles zurück: „Du sabberst, Bro!“ sagte Scott naserümpfend. „Klappe!“ schnappte Stiles und zog seinen besten Freund in Richtung Bushaltestelle: „Wir gehen jetzt shoppen. Ich brauch´ mal wieder was neues, nuttiges für die Arbeit, damit beim Trinkgeld weiterhin der Rubel rollt!“ So machten sie es dann auch und liefen die Market-Street hinab, bis ins Castro-Viertel. Stiles schleifte Scott in jede Boutique und jedes Bekleidungsgeschäft auf ihrem Weg. Die Teile, bei denen Scott am heftigsten mit den Augen rollte, oder behauptete, es handele sich dabei wohl kaum um Herrenbekleidung, kamen in Stiles engere Auswahl. „Und so läufst du wirklich bei der Arbeit herum!“ fragte Scott ungläubig: „Die ziehen dich doch bestimmt mit den Augen aus!“ „Jupp!“ bestätigte Stiles: „Und ich find´s toll! Alle halten mich für ein Flittchen und keiner ahnt, dass ich immer noch unschuldig bin, wie frisch gefallener Schnee.“ „Heilige und Hure in Personalunion! Meine Damen und Herren: Mein bester Freund!“ rief Scott ein wenig zu laut in einer Filiale von `GAP´ und einige Köpfe drehten sich ruckartig nach ihnen um: „Jetzt sei nicht so spießig! Es ist bloß Arbeitskleidung!“ stellte Stiles klar: „Privat gibt’s immer noch Jeans, Hoodies und Flanellhemden – sittsam und hochgeschlossen.“ „Das gefällt mir gar nicht! Ich würde den Puff ja gern mal sehen, in dem du neuerdings anschaffst.“ maulte Scott. Stiles grinste und nahm Scott ein weiteres Mal ins Schlepptau: „Nichts leichter, als das! Es ist bloß ein paar Straßen weiter.“ Im Cafe hatten heute Ethan und Danny zusammen Dienst: „Die anderen zwei Drittel des Dreiers!“ raunte Stiles Scott zu. Als die Kollegen Stiles erblickten, kamen sie grinsend auf ihn zu geschlendert. Danny begrüßte ihn mit einem Kuss und Ethan legte einen Arm um Stiles und ließ die Hand auf seinem Hintern liegen. Stiles war erleichtert über diesen Empfang, denn er hatte befürchtet, dass es komisch werden könnte, wenn sie sich nach ihrer gemeinsamen Nacht wiederträfen. Er stellte Scott den Anderen vor, setzte sich dann mit mit seinem Freund an einen der Tische und sie bestellten jeder einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Irgendwann fiel Stiles Blick auf seine Armbanduhr und er stellte fest: „Oh, Mist! Wir müssen los, damit Derek etwas zu Essen bekommt.“ „Musst DU etwa dafür sorgen, dass sein Teller nicht leer bleibt, oder wie?“ fragte Scott misstrauisch: „Der Kerl ist doch erwachsen!“ „Ich muss es nicht, aber ich will es. Er hat so viel für mich getan und das ist meine Art, ihm etwas zurückzugeben.“ erwiderte Stiles schulterzuckend: „Und Derek liebt meine Küche und darum macht es richtig Spaß, für ihn zu kochen.“ „Mit anderen Worten, du bist seine sexlose Ehefrau? Du machst ihm Essen, du wärmst des nachts sein Bett, aber das, was du von ihm willst, bekommst du trotzdem nicht?“ giftete Scott. „Er ist nun einmal nicht so, wie ich. Er hat eine ziemlich heiße Teilzeitfreundin und kann doch nichts dafür, dass ich in ihn verliebt bin. Er weiß ja noch nicht einmal von seinem Glück. Für ihn ist das, was wir haben, bloß eine Art eigenartige Freundschaft.“ nahm Stiles seinen Retter in Schutz: „Und die tut ihm gut, denke ich, weil er im Grunde ein sehr einsamer Mensch ist. Und mir tut es auch gut, denn er kümmert sich um mich und ist lieb zu mir, auch wenn es mir eben manchmal das Herz bricht.“ Scott schaute ihn traurig an: „Aber ich will nicht, dass dir das Herz gebrochen wird, Mann!“ Stiles lächelte und drückte Scotts Hand: „Daran kannst du aber leider nichts ändern, Bruder!“ Scott dachte eine Weile nach und stellte dann fest: „Ich finde es merkwürdig, dass ein Typ, der angeblich straight ist, einen anderen Kerl auf engstem Raum bei sich beherbergt und sogar mit ihm kuschelt! Das ist doch ein bisschen...unkonventionell!“ „Das hat sich eben einfach so entwickelt. Ich denke, er sieht wohl so etwas, wie einen kleinen Bruder in mir. Es gefällt ihm, mich zu beschützen. Er ist...so etwas wie ein einsamer Wolf und durch mich ist ihm wieder klar geworden, dass Wölfe eigentlich ein Rudel brauchen.“ Scott runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts weiter dazu. Sie zahlten, machten auf dem Heimweg noch einen Abstecher in den Supermarkt und eine Weile später saßen sie in Dereks Apartment vor ihren Tellern, die Stiles mit Entrecôte, Bandnudeln mit einer Kräuter-Sahnesoße und Zuckerschoten gefüllt hatte. Dereks Augen leuchteten und Stiles platzte beinahe vor Stolz. Scott rollte mit den Augen. „Wer immer dich am Ende bekommt, kann sich wirklich glücklich schätzen.“ stellte Derek zufrieden fest: „Alles, was du mir bislang vorgesetzt hast, war ein Traum!“ „Sicher hat Stiles auch noch andere Dinge im Sinn, als seinen Prinzen lediglich zu füttern!“ ätzte Scott und erhielt dafür von Stiles unter dem Küchentresen, für Derek unsichtbar, einen Tritt. Derek blickte lediglich irritiert auf, sagte jedoch nichts dazu. Nach dem Essen schaute Scott kopfschüttelnd dabei zu, wie Stiles den Tisch abdeckte und die Küche aufräumte, während Derek auf dem Sofa saß und in einem Buch las. Als sie später wieder unter sich und auf dem Weg zur Bushaltestelle waren, spottete Scott: „Na, du bist ja eine brave kleine Hausfrau!“ „Halt die Klappe!“ schimpfte Stiles: „Ich tue das gern für Derek und ich rechtfertige mich dafür nicht vor dir!“ Scott zuckte lediglich mit den Achseln mit einem Blick, der sagte: `Es ist deine Beerdigung, Kumpel!´ Ihre Wege trennten sich vorerst und Stiles ging zur Arbeit. Er hatte heute mit Isaac gemeinsam Schicht. Aus ihm wurde Stiles nie so richtig schlau. Isaac war zwar nett, aber auch ein wenig eigenartig und irgendwie umgab ihn immer eine etwas düstere Aura. Es musste irgendetwas sehr Hässliches in seiner Vergangenheit geben, ahnte Stiles, auch wenn der Lockenschopf sich niemals dazu äußerte. Stiles hatte allerdings bereits herausgefunden, dass Isaac nie um eine Ausrede verlegen war, um nicht in den Vorratskeller hinunter zu müssen. Anfangs hatte er sich darüber geärgert und seinem Kollegen Faulheit unterstellt, doch mittlerweile ahnte Stiles, dass mehr dahinterstecken musste, machte kein großes Ding daraus und erledigte diese Gänge eben an Isaacs Stelle. Um Punkt elf erschien Derek im Café und sah aus, wie der dunkle Prinz der Nacht: schwarze Lederjacke, verheißungsvoll enge Jeans und ein hautenges, recht weit ausgeschnittenes Shirt. Stiles Knie verloren augenblicklich ihre übliche Festigkeit und bekamen stattdessen die strukturelle Integrität von Tapioka-Pudding. Um diesen Umstand zu überspielen, blickte er an sich selbst hinab; hellgraue Skinny-Jeans, olivgrünes, enges Trägerhemd und darüber ein verwaschenes Flanellhemd und er kommentierte: „Mensch Derek! Hat dir keiner gesagt, dass der Co-Pilot nicht besser aussehen darf, als der Kerl, den er an den Mann bringen will? Am Ende wirst du dich vor unliebsamen Angeboten nicht retten können und ich sitze wie ein Mauerblümchen in der Ecke!“ Derek grinste und versicherte: „Du siehst gut aus, Stiles. Das wird schon!“ Fünf Minuten später traf auch Scott ein. Stiles und Isaac räumten noch rasch zu Ende auf und dann brachen Stiles, Scott und Derek auf. Der Club, den sie heute besuchten war kleiner und übersichtlicher als jener, in welchem Stiles am Samstag mit seinen Kollegen gewesen war, aber er war dennoch erstaunlich gut besucht für einen Montagabend. Sie flüchteten sich erst einmal zum Tresen und der Erste, dem sie dort in die Arme liefen, war natürlich dummerweise Peter, dessen Augen sich begeistert weiteten, als er sie erblickte: „Prinzessin!“ rief er übermütig: „Wen schleppst du denn da an? Hast du Derek also endlich rumgekriegt? Das wurde aber auch Zeit? Seid ihr Zwei in eurer Beziehung eigentlich schon so weit, euch gegenseitig tiefe Rektalmassagen zu geben? Davon würde mein lieber Neffe ja so sehr profitieren. Er ist immer so furchtbar verkniffen und unentspannt.“ „Witzig Peter!“ bellte Derek: „Warum verziehst du dich nicht. Wir können dich gerade überhaupt nicht brauchen. Wir suchen nämlich heute einen Mann für Stiles!“ „Da habt ihr aber Glück. Ich BIN ein Mann!“ rief Peter, schnappte sich den überrumpelten Stiles, bog ihn über den Tresen und schob ihm, unter den Augen seines knurrenden Neffen, seine Zunge in den Hals. Als er damit fertig war, richtete Stiles seine Kleidung und stellte vor: „Scott; das ist der berüchtigte Peter Hale.“ und mit einem Fingerzeig fügte er hinzu: „Und das sind seine ungezogenen Pfoten! Peter, das ist mein bester und sehr heterosexueller Freund Scott! Sei lieb!“ Peter streckte eine seiner ungezogenen Pfoten aus und sagte: „Enchanté!“ Scott ergriff die hingehaltene Hand mit einiger Vorsicht und Peter plapperte: „Heterosexuell? Bedeutet dass etwa, es gab auch keine Hilfe unter Brüdern zwischen dir und unserem Stiles in der Vergangenheit? Das wäre aber wirklich überaus schade, denn ich verliebe mich gerade in die Vorstellung!“ Scott sah ertappt aus und Peter frohlockte: „Wusste ich es doch!“ „Schieb´ ab Peter!“ knurrte Derek: „Du bist zu unserer kleinen Kuppel-Show nämlich nicht eingeladen!“ „Jetzt sei doch nicht so unhöflich!“ empörte sich Peter theatralisch: „Stiles und ich werden jetzt erst einmal ein wenig tanzen, denn wenn er sich hier wie eine graue Maus versteckt, wird ihn sicherlich niemand bemerken. Ich führe ihn jetzt mal ein bisschen vor. Na, komm, mein kleines Zirkuspferdchen!“ Mit diesen Worten riss Peter Stiles das Flanellhemd von den Schultern und warf es Derek zu und ehe sein Neffe sich noch beschweren konnte, flog ihm Peters T-Shirt ins Gesicht und sein Onkel zog Stiles durch die Menge, in die Mitte der Tanzfläche, wo sie tatsächlich die Blicke auf sich zogen: Ein heißer, muskulöser Vierzigjährigen oben ohne und ein blasser, schlanker, hübscher Junge, die sich lasziv zur Musik bewegten. Natürlich hätte Stiles versuchen können, Peter loszuwerden, aber irgendwie gefiel es ihm, wie angepisst Derek aussah, während er ihnen zuschaute. Und außerdem fühlten Peters Hände, die über seinen Körper wanderten sich irgendwie gut an. Stiles schloss die Augen und überließ sich ganz seinem Tanzpartner. Derek stand am Tresen und beobachtete das Schauspiel mit knirschenden Zähnen und geballten Fäusten: „Wollen wir nichts dagegen unternehmen?“ schimpfte Scott: „Stiles hat mir gesagt, was dein Onkel für ein Mensch ist. Willst du wirklich, dass so einer ihn mit nachhause nimmt, ihm sein erstes Mal stiehlt und ihn dann wegwirft, wie den Fisch vom Vortag? Ich dachte du hättest Stiles gern!“ Aus den tiefen von Dereks Kehle ertönte ein tiefes, leises und dennoch bedrohliches Knurren. Er funkelte Scott böse an und fragte: „Und was soll ich bitte dagegen unternehmen? Ich habe Stiles bereits gewarnt. Und ich glaube sogar, dass er selbst weiß, was es für eine dumme Idee wäre und trotzdem scheint dein bester Freund der Typ Mensch zu sein, der gern dumme Entscheidungen trifft; wie zum Beispiel die, ohne Geld und einen Plan in eine fremde Stadt zu kommen. Denn so habe ich ihn nämlich gefunden: Hungrig, frierend und schutzlos! Wer macht denn so etwas?“ „Es ist das ADHS.“ erklärte Scott: „Es ist typisch, dass die Betroffenen sehr risikobereit sind. Es ist schon sehr viel besser geworden. Stiles ist heute ruhiger, als früher, als wir Kinder waren, aber er wird wohl immer irgendwie impulsiv bleiben.“ Scott und Derek beobachteten Stiles und Peter, dem es mittlerweile gelungen war, Stiles das Unterhemd über den Kopf zu ziehen. Dereks Knurren wurde lauter. Und nun zwinkerte Peter auch noch dreist zu ihm hinüber. „Ich bringe ihn um! Verdammt! Ich bringe den Bastard um!“ murmelte Derek vor sich hin. Dann fasste er einen Beschluss. Er drückte Scott Peters T-Shirt und Stiles Hemd in die Hand und dann auch noch seine eigene Lederjacke und sein Shirt, dass er sich kurzerhand über den Kopf zog. Dann drängte er sich durch die tanzenden Menschen, bis er Stiles und seinen Onkel erreicht hatte: „Darf ich abklatschen?“ fragte er und ergriff eine von Stiles Händen. Der Junge schaute ihn an, wie ein Auto und richtete dann den Blick auf Peter. Dieser zuckte belustigt mit den Schultern, küsste Stiles noch einmal auf den Mund und zog sich mit einem: „Na dann habt Spaß, Mädels!“ kampflos zurück. „Du bist nackt!“ stellte Stiles dümmlich fest: „Nicht mehr, als du!“ stellte Derek klar: „Und jetzt tanz´ mit mir, hörst du?“ Stiles schmolz beinahe, als er seine Hände auf Dereks nackten Rücken und sein Gesicht auf dessen Schulter legte. Derek fühlte sich zunächst ein wenig ungelenk, als er Stiles umarmte. Er blickte hinab auf das entspannte und zufriedene Gesicht seines Tanzpartners, dessen Körper vertrauensvoll mit jeder seiner Bewegungen mitging. Das ließ ihn lächeln. „Hey kleiner Welpe. Lust, zu tanzen?“ wollte Peter von Scott wissen: „Ich...ich habe eine Freundin!“ stammelte dieser und wurde blass. Peter lachte: „Süß!“ kommentierte er und schleifte Scott hinter sich her auf die Tanzfläche. Diesem war es vorher gerade noch möglich gewesen, die Kleidungsstücke, die er im Arm hielt, auf einem Barhocker zu platzieren: „Ich verspreche auch, dass ich deiner Freundin nichts verrate, falls es dir am Ende ein wenig zu gut gefallen sollte, mit mir zu tanzen!“ neckte ihn Peter. „Denkst du, bloß weil du bei Stiles abgeblitzt bist, kannst du jetzt bei mir weitermachen?“ schimpfte Scott. Peter lachte: „Ich bin nicht bei Stiles abgeblitzt. Ich bin sein Cupido!“ Scott blickte ihn verständnislos an, doch Peter schien keineswegs die Absicht zu haben, seine Aussage weiter zu vertiefen. Und Scott hätte nicht sagen können, warum er Peter nicht einfach eine klare Absage zu dem Tanz erteilte. Vielleicht lag es ja daran, dass es netter war, zum Tanzen aufgefordert zu werden, als allein am Rand herumzustehen. Aber vielleicht hatte Stiles auch einfach recht damit gehabt, dass dieser Peter war ein Menschenverführer war. Es fühlte sich jedenfalls irgendwie gut an, seine Aufmerksamkeit zu erhalten. Stiles grinste kopfschüttelnd, als er sah, was sein bester Freund gerade über sich ergehen ließ. Er selbst war mit diesem Tanzpartnerwechsel jedoch alles andere als unzufrieden. Irgendwann wollte Derek wissen: „Und? Hast du dich schon ein wenig umgesehen? Gibt es in diesem Laden irgendeinen Jungen, der dir gefällt.“ Ja, den gab es, doch das erzählte Stiles Derek natürlich nicht. Stattdessen sagte er: „Bist du mir böse, wenn ich dir gestehe, dass dies hier für mich nicht funktioniert? Sicher, hier laufen viele gutaussehende Männer herum, aber ich habe doch bislang mit keinem einzigen auch nur ein einziges Wort gewechselt. Und selbst wenn ich auf einen zugehen würde: Hier ist es zu laut, um sich zu unterhalten, also würde ich dann wohl mit ihm nachhause gehen. Dort würden wir dann vermutlich eher miteinander schlafen, anstatt uns zu unterhalten. Die Typen, die hierher kommen, suchen bestimmt nicht nach der großen Liebe, sondern nach dem nächsten Fick. Ich tue das aber nicht, weißt du?“ „Heißt das, du willst nachhause gehen?“ wollte Derek wissen. Stiles schüttelte den Kopf: „Nein. Das heißt bloß, dass ich niemanden ansprechen möchte. Tanzt du trotzdem noch ein bisschen mit mir?“ Statt einer Antwort schlang Derek seine Arme ein wenig enger um Stiles, so dass dieser beinahe das Gefühl hatte, über die Tanzfläche getragen zu werden. Und er fand es toll! Irgendwann bekamen sie beide Durst, holten sich an der Bar etwas zu trinken; alkoholfrei, darauf bestand Derek und danach tanzten sie noch eine Weile weiter, nicht mehr so eng, aber dafür lachend und ausgelassen. Peter und Scott blieben indes an der Bar zurück, wo der Ältere sein Möglichstes tat, um die sexuelle Orientierung seines Gegenübers in Zweifel zu ziehen und so in Scotts Jeans zu kommen. Als Peter merkte, dass er glücklos bleiben würde, suchte und fand er schließlich leichtere Beute, einen süßen, blonden Jungen, mit dem er sich dann in den Darkroom im Keller zurückzog. Etwa zwei Stunden später beschlossen Derek, Scott und Stiles aufzubrechen. Peter hatte sich noch nicht wieder blicken lassen. Vermutlich hatte er da unten noch schwer zu tun. Keiner der drei fühlte sich bemüßigt, dort hinunterzugehen und Peter zum Abschied die Hand zu geben, also verschwanden sie einfach. Derek setzte Scott vor der Wohnung seines Dads ab und fuhr dann mit Stiles nachhause. Dort gingen beide als erstes an den Kühlschrank, um sich eine Flasche Wasser herauszuholen, weil es heiß in dem Club gewesen war und sie beim Tanzen ins Schwitzen geraten waren. Da hatte Stiles plötzlich das eigenartige Gefühl, Derek würde an ihm schnuppern. Seltsam! Dann waren sie einander auf einmal sehr nah,wie sie so in der geöffneten Kühlschranktür standen und Stiles hielt den Atem an. Sehr langsam traute er sich nun, die Augen auf Derek zu richten. Was war denn das für ein Blick? Kapitel 12: Followed by a Moonshadow ------------------------------------ Gleich würde Derek irgendetwas tun; den Kühlschrank schließen, sich wegdrehen, aufhören ihn so anzuschauen und dieser Moment wäre einfach so vorüber. Aber Stiles wusste plötzlich, dass er das nicht zulassen konnte. Ehe er selbst es noch richtig begriff, was er tat, legte er einen winzigen, schüchternen und flüchtigen Kuss auf Dereks Lippen. Der Ältere riss im ersten Moment erschrocken die Augen weit auf. Dann änderte sich sein Blick. Er nahm Stiles ernst und fest ins Visier. Keiner von ihnen sprach in diesem Moment. Stiles bewegte sich rückwärts einige Schritte weit fort, bis er den Küchentresen im Rücken spürte. Es war ihm unmöglich zu ergründen, was in Derek nun vorging. Es war gut möglich, dass Derek jetzt sehr wütend wäre. Es bestand eine ebenso gute Chance, dass er zornig genug war, um Stiles für das zu schlagen, was er soeben getan hatte. Und so verhielt sich der Junge ängstlich abwartend. Derek konnte seinen Blick nicht von Stiles Lippen nehmen; schmal, herzförmig und sensibel geschwungen. Seine ganze Welt schrumpfte für einen Moment auf diesen kleinen Bildausschnitt zusammen und er fühlte sich fiebrig, was eigentlich nur am Vollmond liegen konnte. Und nun bewegte er sich sehr langsam auf Stiles zu. Aus irgendeinem Grund ließ dies den Jungen an einen Wolf denken, der seine Beute in die Enge getrieben hatte. Und er selbst war in diesem Fall das winzig kleine, zitternde Kaninchen in der Falle. Dennoch gelang es Stiles irgendwie, einfach still stehen zu bleiben. Als Derek endlich unmittelbar vor ihm stand, wartete er einfach furchtsam ab, was nun wohl geschehen mochte. Dereks Hände wanderten hinab zu Stiles Hüften und griffen danach, unerwartet sanft und ohne Eile und dann zog der Ältere ihn zu sich heran, wobei er Stiles immer noch fest aus diesen intensiven, grünen Augen anstarrte. Dann küsste Derek ihn! Und an DIESEM Kuss gab es überhaupt nichts Flüchtiges, Schüchternes oder Zurückhaltendes. Er war hungrig und fordernd und schickte kleine, erregende Stromstöße durch Stiles gesamten Körper. Hinterher blickten beide Männer einander erneut bloß an, doch sie sprachen noch immer noch kein Wort. Dann schob Derek Stiles vor sich her zum Sofa, wo der Jüngere stolpernd zum Liegen kam und erwartungsvoll hinaufschaute. Stiles stutzte. Da war ganz kurz so etwas wie ein Glühen in Dereks Blick. Aber wahrscheinlich war es nur ein merkwürdiges Spiel mit dem Licht gewesen. Was sollte es sonst sein? Doch warum zögerte Derek denn jetzt? Stiles streckte die Hand nach ihm aus: „Komm!“ flüsterte er. Und tatsächlich ließ Derek sich nun von Stiles zu sich auf das Sofa ziehen. Stiles mochte es, wie dessen gesamtes Gewicht auf ihm ruhte. Er legte sanft die Hand in Dereks Nacken und zog dessen Gesicht zu sich hinab. Was mit zärtlichen, kleinen Küssen begann, entwickelte im Laufe der Zeit immer zu einem wilden Geknutsche, welches Stiles die Hitze ins Gesicht trieb und heiß-kalte Schauer über seinen Körper jagte. Derek hatte seine Handgelenke gepackt und hielt sie über seinem Kopf fest. Der Griff war fest genug, um später Abdrücke zu hinterlassen, doch das störte Stiles nicht. Im Gegenteil; es gefiel ihm sogar. Und ihm gefiel auch die Wildheit in Dereks Blick, der sagte: Du bist Mein und du entkommst mir nicht! Aber dann war plötzlich alles vorbei. Mittendrin brach Derek einfach ab, setzte sich auf Stiles Hüfte, blickte auf ihn hinab und sagte: „Ich denke, wir sollten das hier doch lieber lassen. Wollen wir stattdessen nicht einfach eine Pizza bestellen, oder so? Stiles fühlte sich, als habe Derek ihm ins Gesicht geschlagen: „Pizza?“ murmelte er verstört: „Wovon redest du eigentlich?“ Derek stieg von Stiles herunter, hockte sich ans andere Ende der Couch und sagte: „Wir sollten einfach vergessen, dass dies hier passiert ist. Das will doch im Grunde keiner von uns beiden wirklich. Wir haben eine wirklich schöne Freundschaft, die mir viel bedeutet. Das sollten wir uns nicht kaputt machen mit dieser Spielerei.“ In Stiles Ohren rauschte das Blut. Er nahm diese ganze Situation wie durch Nebel wahr, schüttelte den Kopf und dann schrie er: „Weißt du was, Hale? Du bist ein Idiot! Du bist ein echter Idiot und... ich verschwinde!“ Stiles sprang vom Sofa auf und begann seine Sachen in seinen Rucksack zu stopfen. Und weil er mittlerweile mehr Zeug besaß, als dort hineinpasste, nahm er zusätzlich noch zwei Plastiktüten hinzu. „Hey, Stiles! Jetzt warte doch mal!“ rief Derek und griff den Jüngeren bei den Schultern. Stiles fuhr zornig herum und brüllte: „Fass´ mich gefälligst nicht an, kapiert?“ Dann holte er tief Luft und fügte ruhiger hinzu: „Ich danke dir für alles was du für mich getan hast. Aber ich... ich muss jetzt gehen!“ Er legte seinen Apartmentschlüssel als Symbol auf dem Küchentresen ab, zog sich seine Jacke über, schnappte sich sein Gepäck und lief zur Tür. „Stiles, komm´ schon!“ rief Derek ihm hilflos hinterher: „Das muss doch jetzt echt nicht sein! Bitte bleib´ hier und lass´ uns darüber reden.“ Doch er blieb unerhört und die Tür schlug geräuschvoll hinter Stiles zu. Derek ließ sich mit einem unzufriedenen Seufzen auf das Sofa nieder und vergrub sein Gesicht in den Händen. Kaum war Stiles unten auf der Straße, begannen auch schon seine Tränen zu fließen, während ein gleichgültiger Vollmond silbrig auf ihn hernieder schien. Verzweifelt ging Stiles im Kopf seine Optionen durch: Er könnte zu Scott hinüber fahren, doch der würde sicherlich bloß sagen, dass er es doch gleich gewusst hatte, dass mit diesem Derek etwas nicht stimmte und das wollte Stiles gerade echt nicht hören. Er könnte zu Peter gehen und den Onkel das vollenden lassen, was der Neffe verweigert hatte. Und einen wütenden, trotzigen Moment lang dachte er ernsthaft darüber nach. Dann jedoch entschied er sich anders. Mason war noch wach; das behauptete er zumindest am Telefon und er versicherte, dass Stiles selbstverständlich vorbeikommen und bei ihm schlafen könne. Masons Bett war gerade groß genug für sie beide. Der Junge hielt Stiles fest, als sie nebeneinander lagen und hörte sich geduldig dessen etwas konfusen Bericht des heutigen Abends an, bis Stiles irgendwann endlich müde genug war, um einzuschlafen. Als Stiles und Mason am nächsten Morgen beim Kaffee in der WG-Küche saßen, murmelte der Jüngere verschlafen: „In gewisser Weise beneide ich dich ein bisschen. Du weißt nun wenigstens, woran du bist. Ich hänge mit Deaton immer noch in der Schwebe. Wahrscheinlich werde ich nie den Mut finden, klare Verhältnisse zu schaffen, so wie du es nun getan hast.“ „Glaub´ mir: Es ist ein zweifelhaftes Vergnügen!“ murmelte Stiles unzufrieden. Mason hatte heute die Tagesschicht im Café, also musste er sich fertig machen. Stiles beschloss, sich ihm anzuschließen und sich mit Scott dort zum Frühstück zu treffen. Auf dem Weg erblickten sie Deaton, welcher gerade dabei war seinen Laden aufzuschließen und der ihnen von weitem zuwinkte. Unerwartet packte Mason Stiles beim Arm und verkündete: „Ich tu´s jetzt!“ „Huh?“ machte Stiles ratlos: „Du tust...was?“ Doch da war Mason auch schon verschwunden und Stiles musste ihm hinterherrennen. Der Junge verschwand hinter Alan Deaton in der Ladentür und Stiles beobachtete durch das Schaufenster, was nun geschehen mochte. „Hewitt!“ begrüßte Deaton den jungen Mann fröhlich: „Was kann ich für dich tun? Brauchst du etwas zu lesen? Nette Gesellschaft?“ Er blickte den Jungen prüfend an: „Oder brauchst du vielleicht Geld?“ Mason schüttelte den Kopf und verkündete: „Nein! Das Einzige, was ich von dir brauche ist Klarheit.“ Dann nahm er mit Todesverachtung das Gesicht von Alan Deaton in seine Hände, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Und Deaton küsste ihn zurück. Hinterher schaute Mason den Älteren erwartungsvoll an, doch der sagte nichts und wirkte ziemlich überrumpelt. Also war es Mason, der das Wort ergriff: „Ich bin verliebt in dich, Alan. Schon lange! Ich wollte nur, dass du das weißt!“ Er benutzte den Vornamen. Zum ersten Mal! „Oh!“ machte Deaton bloß. „Mehr hast du nicht zu sagen?“ fragte Mason stirnrunzelnd. Deaton kratze sich am Kopf. Eine Verlegenheitshandlung: „Du weißt, wie alt ich bin, oder?“ wollte er wissen. „Weiß ich und es ist mir piepegal!“ stellte Mason klar: „Du weißt auch, dass man mich überall für deinen Dad halten wird, wo wir als Paar auftreten würden?“ vergewisserte sich Deaton noch einmal. Mason zuckte mit den Schultern: „Du bist es aber nicht, also wen juckt´s?“ „Du bist sechzehn! Ich würde mich strafbar machen, Kleiner.“ warf Deaton ein. „Und wer soll dich anzeigen? Etwa meine Losereltern, die mich mit fünfzehn auf die Straße gesetzt haben, weil ich schwul bin? Ich liebe dich, Alan! Ich will mit dir zusammen sein. Und du? Was willst du?“ „Mason...!“ sagte Alan gequält. Der Junge sackte ein wenig in sich zusammen: „Du willst mich nicht, richtig?“ stellte er niedergeschlagen fest. Der Buchhändler schaute den Jungen unbehaglich an und einen Moment lang war sich Mason sicher, dass er ihr wegschicken würde, doch dann zog Alan ihn zu einem weiteren Kuss zu sich heran und kommentierte hinterher unbehaglich: „Gott, ich bin das Letzte!“ Mason schlang die Arme um ihn und versicherte: „Das bist du nicht! Hol´ mich nach meiner Schicht im Café ab. Wir können bei dir etwas kochen und dann vielleicht...?“ Alan schluckte: „Und du bist dir ganz sicher?“ Mason nickte, schenkte dem Älteren ein schüchternes Lächeln und einen kleinen Wangenkuss zum Abschied und drehte sich um: „Bis später! Ich freue mich auf dich!“ rief er noch über die Schulter und dann war er auch schon zur Tür raus. Deaton blickte dem Jungen fassungslos hinterher. „Das sah vielversprechend aus.“ stellte Stiles fest, als sein Freund wieder bei ihm war. „Hab´ mich bei ihm eingeladen. Für Abendessen und... Nachtisch!“ erwiderte Mason und errötete heftig unter seiner braunen Haut: „Ich hoffe bloß, er macht keinen Rückzieher?“ „Das wird er schon nicht!“ Stiles Herz mochte in tausend Scherben liegen, doch er freute sich trotzdem über Masons Happy-End. Als Scott kam, bedurfte es keiner Worte, um Stiles besten Freund erkennen zu lassen, dass etwas nicht stimmte: „Was ist passiert Stiles?“ wollte Scott wissen: „Du siehst ja aus, wie eine Wasserleiche!“ „Besten Dank, Kumpel!“ erwiderte Stiles beleidigt. Scott starrte ihn jedoch lediglich eindringlich an und schließlich rückte Stiles mit der Sprache heraus: „Ich bin bei Derek ausgezogen!“ „Also doch ein Menschenfresser?“ wollte Scott wissen: „Und du bist mit Ach und Krach Messer und Gabel entkommen?“ „Nein, du Arsch!“ Schimpfte Stiles: „Siehst du? Darum habe ich letzte Nacht auch nicht dich, sondern Mason angerufen! Du bist nämlich total voreingenommen! Derek ist genau der Mensch, als den ich ihn dir beschrieben habe; lieb, großzügig, ein guter Freund... das Problem ist nur: Er will mich nicht!“ Stiles wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Scott entschuldigte sich und drückte seine Anteilnahme aus, indem er über den Tisch langte und den Arm seines besten Freundes streichelte. Dann ließ er sich von Stiles ausführlich schildern, was vorgefallen war: „Weißt du, was eigenartig ist?“ wollte dieser hinterher von Scott wissen: „Ich hatte währenddessen das Gefühl, dass es Derek gefallen hätte, was wir tun. Ich hatte sogar das Gefühl er habe eine... also ich meine, ich habe da etwas an meiner Hüfte gespürt, als er auf mir lag. Aber warum sollte er dann hinterher so tun, als ob es nicht so wäre?“ „Vielleicht ist er noch nicht so weit?“ spekulierte Scott: „Möglicherweise gefällt es ihm nicht, dass es ihm gefällt?“ „Das ist aber total dämlich!“ murrte Stiles unzufrieden. Scott zuckte ratlos mit den Achseln: „Stimmt!“ bestätigte er. Sie knabberten eine Weile schweigend an ihrem kontinentalen Frühstück, bis Scott plötzlich fand: „Aber dann gibt es für dich doch jetzt auch keinen Grund mehr hierzubleiben, oder? Lass´ uns diese Woche hier noch einen drauf machen und dann nehme ich dich mit nach Hause. Was hältst du davon?“ Stiles schüttelte unbehaglich den Kopf: „Sorry, Bro, aber ich will hier bleiben. Mein neues Leben gefällt mir. Ich mag diese Stadt, diesen Job, meine neuen Freunde. Das einzige, was mir fehlt, ist mein bester Freund in meiner Nähe.“ „Aber was ist mit dem College? Was ist mit deinem Dad?“ fragte Scott und alles an ihm schrie `Enttäuschung´! „Ich denke daran, mich zum Sommer an der UC San Francisco einzuschreiben. Und ich denke, Dad und ich brauchen beide noch ein bisschen Zeit, bis das mit uns wieder gut werden kann. Unser letztes Telefonat war nicht gerade der Hit. Aber weißt du, was toll wäre? Wenn DU hierher an die Fakultät wechseln würdest! Dann könnten wir zusammen studieren, wie wir es immer schon vorgehabt haben. Und seien wir doch mal ehrlich: Die UC Beacon Hills ist bloß ein popeliges, kleines Provinzcollege. In der Großstadt hast du doch viel mehr Möglichkeiten. Und willst du wirklich dein ganzes Leben in diesem verdammten Kaff versauern, in dem wir aufgewachsen sind?“ „Und was ist mit Allison?“ fragte Scott unglücklich. Stiles grinste: „Überrede sie doch einfach, mitzukommen. Es kann eurer Beziehung nur gut tun, wenn du sie dem Einfluss von Ma und Pa Argent entziehen kannst. Diese beiden sind doch total gruselig!“ Scott kratzte sich am Kopf: „Ich... muss darüber nachdenken. Und mit Allison sprechen.“ Stiles grinste. Er wusste, dass er schon halb gewonnen hatte. Dann wollte Scott wissen: „Aber wo willst du denn jetzt wohnen, wenn nicht bei Derek?“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Ich finde schon etwas. Zur Not ziehe ich zu Peter.“ „Du weißt, dass du dafür einen Preis zahlst, oder?“ fragte Scott alarmiert. Wieder ein Schulterzucken von Stiles: „Na und? Mich für ihn zu bücken hat zwei Vorteile: Erstens hat Peter viel Erfahrung und kann mir beibringen, wie es geht und zweitens würde es Derek wahnsinnig machen. Und der hat nach letzter Nacht echt eine Strafe verdient!“ „Dieser Peter macht mir eine Gänsehaut. Versprich mir, dass du dich nicht mit ihm einlässt, nur um Derek zu ärgern!“ bat Scott inständig: „Ich verspreche dir nichts!“ erwiderte Stiles schnaubend: „Hör´ auf, mich dauernd zu bemuttern. Du bist ja schlimmer als ein Elternteil!“ „Bin halt der große Bruder.“ behauptete Scott großspurig. „Die zwei Monate!“ bellte Stiles und boxte seinem Herzensbruder in den Arm. „Acht entscheidende Wochen!“ behauptete Scott lachend und erwiderte den Boxhieb. Stiles revangierte sich noch einmal und plötzlich rangelten die beiden kichernd mitten im Café an dem zierlichen Tischchen, an welchem sie saßen, während alle Köpfe sich nach und nach zu ihnen umdrehten. Sie ignorierten es geflissentlich, denn es war plötzlich wieder so wie früher, als sie beide noch zusammen zur Schule gegangen sind und das war einfach toll: „Ich hab´ dich lieb, Bro!“ stieß Stiles hervor und es klang viel dramatischer, als er beabsichtigt hatte: „Komm nach San Francisco und lebe hier!“ Er hatte immer noch nicht bemerkt, dass die Aufmerksamkeit aller Gäste im Café auf ihnen ruhte. Dann stimmte irgendein Idiot plötzlich an und rief: „Kuss! Kuss! Kuss!“ Und natürlich stimmte das übrige Hornvieh mit ein. „Sorry!“ murmelte Stiles verlegen, doch Scott lachte nur und stellte fest: „Na ja es wäre ja schließlich nicht das erste Mal für uns beide!“ und er drückte Stiles einen Kuss auf die Lippen. Zunächst glotzte Stiles ihn verblüfft an, doch dann bemerkte er kichernd: „Und es ist DOCH ansteckend! Diese ganzen homophoben Republikaner und die religiösen Fanatiker da draußen haben es immer schon gewusst, doch nun haben wir den Beweis. Sorry, Allison Argent, wo immer du gerade steckst, aber dieser Mann ist nun für die Frauenwelt verloren!“ Scott schüttelte den Kopf und stimmte in Stiles Kichern mit ein. Und es dauerte nicht lange, bis dieses sich in ein ausgewachsenes Gelächter auswuchs, in dessen Folge einer den anderen vom Stuhl zog und beide schließlich mit einem schweren Zwerchfellkrampf am Boden kullerten. Und genau so etwas hatte Stiles gebraucht. `Ich pfeif´ auf dich, Derek Hale!´ dachte er trotzig. Die Freunde einigten sich darauf, nun besser zu zahlen und aufzubrechen, bevor sie an Stiles Arbeitsplatz noch einen ausgewachsenen Skandal provozierten. Stiles besorgte sich den Wohnungsschlüssel von Mason, damit er seine Sachen, die noch immer dort lagerten in das Apartment von Scotts Dad schaffen konnte, denn dort würde Stiles bis zu Scotts Abreise erst einmal bleiben. Stiles übertraf sich heute selbst bei der Auswahl seiner Arbeitskleidung: Skinny-Jeans und darüber ein langes, weites aber unverschämt weit ausgeschnittenes hellblaues T-Shirt mit der Aufschrift: „Try me!“ Um das Ganze perfekt zu machen formte er seine Haare mit Gel zu einer verwegenen Frisur und trug sogar, und dies zum ersten Mal in seinem Leben, ein wenig Guyliner auf. Er würde die Kerle in den Wahnsinn treiben, aber niemand würde ein Stück von ihm bekommen. So lautete von jetzt an Stiles Plan! Scott biss sich auf die Zunge, als er seinen Kumpel erblickte und sagte alles, was er mitzuteilen hatte mit den Augen. Derek blickte angewidert auf das Fertiggericht in der Plastikschale, welche er gerade aus der Mikrowelle geholt hatte. Angeblich sollte es sich um Roastbeef, Kartoffelpüree und Erbsengemüse handeln. Die einzelnen Elemente der vorgeblichen Mahlzeit waren in unterschiedlichen Fächern des Wegwerfbehältnisses untergebracht. Das Fleisch, welches in braunem Spülwasser badete, war irgendwie blässlich, glasig und in der Mitte von einer fetten, widerlichen Sehne durchzogen. Das Püree war klumpig und hatte einen unnatürlichen Gelbton. Die Erbsen waren winzig und runzlig. Über den eigenartigen Geruch des Ganzen wollte Derek lieber gar nicht nachdenken. Als Derek kostete kam es ihm beinahe wieder hoch, doch er hatte Hunger, also zwang er es sich hinein und hatte hinterher ein Völlegefühl, bei gleichzeitiger, totaler Unzufriedenheit. Irgendwie war es ziemlich still in seinem Apartment fand Derek und legte eine CD mit Arien nach Purcell ein. Allerdings stellte er schnell fest, dass dies überhaupt nicht seiner Stimmung entsprach, also schaltete er das Radio ein. Die munter vor sich hin plappernden Diskjockeys entsprachen mehr Dereks Gemütsverfassung. Seltsam. Sonst hörte er niemals Radio, weil ihm das Gequatsche furchtbar auf den Wecker ging. Er blickte sich in seinem Apartment um und stellte fest, dass es ihm so sehr viel besser gefiel: Niemand ließ irgendwo seine getragenen Socken herumliegen, oder sein nasses Handtuch nach dem Duschen. Keiner fasste beim Kochen sämtliche Schranktüren mit klebrigen Fingern an und kleckerte alles voll. Endlich hatte Derek wieder seine Ruhe in seinen vier Wänden. Da fiel ihm die Spielekonsole auf dem Tisch ins Auge, die Stiles einfach hatte stehen lassen. Derek erhob sich eilig und verstaute sie im Schrank, denn irgendetwas an dem dummen Ding nervte ihn zu Tode, verflucht! Kapitel 13: Why do birds suddenly appear...? -------------------------------------------- Peter blickte sich in Dereks Apartment um und wusste es sofort: „Das Vögelchen ist ausgeflogen, huh? Was hast du denn ausgefressen, Neffe? Hast du dich schlecht benommen?“ Derek schenkte ihm einen seiner, zum Patent angemeldeten `Warum-fällst-du-nicht-tot-um´-Blicke, doch der perlte an Peter ab, als besäße dieser eine All-Over-Teflonbeschichtung: „Es wurde ja wohl auch Zeit, dass Stiles weiterzieht, oder nicht?“ bellte Derek: „Es ist schließlich verflucht eng hier bei mir; selbst für EINE Person. Da geht man sich eben schnell auf die Nerven.“ Peter zog wissend eine Augenbraue hoch und erwiderte grinsend: „Bullshit! Ihr seid euch nicht auf die Nerven gegangen. Ihr wart doch praktisch wie siamesische Zwillinge, oder so. Nach meinen Informationen seid ihr sogar zusammen auf´s Klo gegangen.“ „Stimmt doch gar nicht!“ gab Derek lahm zurück. „Spuck´s schon aus! Was ist hier gestern gelaufen, nachdem ihr euch auf der Tanzfläche so herrlich aneinander gerieben habt?“ forderte Peter beharrlich zu erfahren. Man merkte ihm an, dass er Spaß an diesem Gespräch hatte: „Nichts. Und das geht dich auch gar nichts an!“ grollte Derek: „Wenn gar nichts passiert ist, gibt es ja auch keinen Grund, zu schweigen.“ gab Peter zurück. Und dann ging ihm plötzlich ein Licht auf: „Moment mal! Ich glaube, ich verstehe jetzt langsam, was hier los ist, Derek! Ich muss schon sagen, du bist doch ein verdammter Idiot, Neffe!“ „Wie bitte?“ empörte sich Derek: „Und darf ich auch fragen, wieso ich ein Idiot bin?“ „Weil du in diesen Jungen verliebt bist!“ erwiderte Peter kopfschüttelnd: „Hast du denn wirklich gar nichts gelernt? Unseresgleichen lässt sich nicht mit Menschen ein!“ Derek blickte ihn fassungslos an: „Also erstens BIN ich nicht in Stiles verliebt und Zweitens: Ich glaube ja wohl nicht, was ich da gerade höre! Ausgerechnet DU hältst eine Rede pro Werwolfseparatismus? Ich meine, sind denn deine `Spielgefährten´…“ er malte Anführungszeichen in die Luft: „… nicht allesamt Menschen? Gelten für dich etwa andere Regeln als für mich?“ „Du verstehst mich falsch, Neffe! Geh´ mit Stiles aus, küss´ ihn, vögel´ mit ihm, spiel´ den Daddy für ihn, wenn du willst, aber verlieb´ dich nicht in ihn, verdammt nochmal! Diese Menschen passen nicht zu uns. Sie haben die Lebenserwartung von Fruchtfliegen, sie sind schwach, zerbrechlich, werden krank...! Sie taugen einfach nicht als Gefährten für uns. Und vor allem nicht für jemanden wie dich! Du und dein sentimentales Langweilerherz, ihr bindet euch doch mit Sicherheit gleich für´s ganze Leben! Und was machst du dann in sechzig oder siebzig Jahren, wenn dein Junge an Altersschwäche stirbt? Wenn er es überhaupt solange schafft und ihn nicht vorher eine schwere Krankheit oder ein Verkehrsunfall dahinraffen. Was wirst du dann anstellen, Derek? Vielleicht mit ihm sterben, oder wie?“ „Ich wiederhole noch einmal, Peter: I c h b i n n i c h t i n S t i l e s v e r l i e b t!“ beharrte Derek erbost. „Und wieso riechst du dann aus jedem Knopfloch nach ihm?“ verlangte Peter zu wissen: „Weil wir uns geküsst haben.“ Derek klang recht kleinlaut bei diesem Geständnis. Peter schaute ihn mit hochgezogener Augenbraue an und Derek fügte rasch hinzu: „Aber er hat angefangen!“ „Er hat angefangen?“ fragte Peter verächtlich: „Mensch, wie alt bist du? Fünf?“ Er schüttelte mit dem Kopf und wollte dann wissen: „Und? Hast du irgendwann zurück geküsst, oder hast du ihn zurückgestoßen und dramatisch ausgerufen: `NEIN! Das dürfen wir nicht! Ich bin doch ein aufrechter Heterosexueller und das wäre falsch!“ Peters Stimme bekam etwas Schrilles und er gestikulierte wie wild, während er seinen Neffen karikierte. Ganz offensichtlich amüsierte er sich königlich. „Blödes Arschloch!“ knurrte Derek. Peter schüttete sich aus vor Lachen: „Aber genau so war es, richtig? Du bist so eine Witzfigur, Derek! Und dieses Theater wirklich bloß, weil er ein Junge ist? Na und? Dann musst du eben ein bisschen umlernen, aber so schwierig ist das nun auch wieder nicht. Und so viel ist sicher: Mit Kerlen macht es auch auch Spaß! Frag´ einen, der es wissen muss. Ich mach´ dir ein paar hilfreiche Zeichnungen, falls du nicht weißt, wie es geht und wo alles hingehört.“ „Halt` die Schnauze, du Widerling!“ kläffte Derek: „Ich weiß, wie es geht! Ich bin bloß nicht daran interessiert, es auch auszuprobieren. Und ich bin auch NICHT verliebt!“ Peter hatte ein diabolisches Grinsen aufgesetzt: „Na wunderbar! Dann macht es dir ja wohl nichts aus, wenn ich jetzt mal einen gewissen Jungen suchen gehe. Ich schätze, er braucht nun ein wenig Trost. Ich sehe ihn schon vor mir: Die feuchten, riesigen Augen eines waidwunden Rehs, bereit, sich nun endlich dem großen, bösen Wolf hinzugeben.... das wird großartig! Ich werde ihn verderben, bis ins Mark!“ Derek hatte knurrend die Krallen ausgefahren, doch ehe er noch irgendetwas erwidern konnte, hatte Peter sein Apartment auch schon verlassen. Und so drosch Derek kurzerhand mit den Fäusten auf eine seiner Wände ein, so dass der Putz nur so flog. Es war Tag zwei nach dem Pizza-Debakel. Wie echte `Gentlemen of leisure´ schliefen Scott und Stiles am Morgen gründlich aus, frühstückten dann erst einmal ausgiebig, schauten danach eine Weile in die Glotze und fochten später ein heroisches Duell an der Spielekonsole aus, welche Rafael McCall eigens für seinen Sohn angeschafft hatte, als durchsichtigen Bestechungsversuch, um öfter einmal Besuch von Scott zu erhalten. Natürlich hatte dies ein Jahrzehnt väterliches Versagen nicht auslöschen können und seine Wirkung somit verfehlt. Gestört wurde das süße Nichtstun der beiden Freunde lediglich von dem lästigen Umstand, dass Stiles am Nachmittag zu seiner Spätschicht aufbrechen musste. Hierfür donnerte Stiles sich ein weiteres mal auf, wie ein Flittchen. Und auch wenn Derek ihn nie so sehen würde, ging es dabei dennoch in erster Linie darum, ihm etwas heimzuzahlen! Außerdem musste Stiles sich selbst auf Teufel komm raus etwas beweisen; nämlich dass er das Zeug dazu hatte, den Leuten die Köpfe zu verdrehen und ein paar Herzen zu brechen und dass es nicht an ihm lag, wenn man ihn nach einer wilden Knutscherei einfach so mit einem Halbmast liegen ließ und versuchte, ihn mit italienischem Essen abzuspeisen. Nein, das war allein Dereks Schuld, weil er ein Trottel war, der nicht wusste, was er wollte, oder nicht wollte, was er wusste, oder was immer sein verdammtes Problem sein mochte! Und momenteweise tat es auch wirklich gut, wütend auf Derek zu sein und auf ihn zu schimpfen. Bis Stiles wieder einfiel, wie dieser einmal barfuß und im Pyjama einen Block lang hinter ihm her gerannt war, um Stiles zu bitten, bei ihm zu bleiben. Oder er erinnerte sich daran, wie er von Derek aufopfernd gepflegt worden war, als er selbst so furchtbar krank gewesen war und wie der Ältere ihm auf diese Weise aller Wahrscheinlichkeit nach das Leben gerettet hatte. Oder Stiles rief sich einfach nur in Erinnerung, wie unglaublich schön und lieb Derek war und wie sehr er den Klang seiner Stimme liebte. Und manchmal zwischendurch schloss Stiles auch einfach bloß die Augen und erinnerte sich an die unerhörten Gefühle, welche die atemlosen, hungrigen Küsse zwischen ihm und Derek in ihm ausgelöst hatten. Es war erst zwei Tage her, aber die Erinnerung daran fühlte sich dennoch irgendwie schon jetzt episch, herausragend und irgendwie nostalgisch an. Dummerweise hatte diese Erfahrung bewirkt, dass Stiles völlig das Interesse daran verloren hatte, seine Unschuld an irgendeinen x-beliebigen Kerl zu verschleudern. Er wollte Derek oder keinen! Und das bedeutete höchstwahrscheinlich, dass er als alte Jungfer sterben würde. Doch dieser traurige Umstand hinderte Stiles keineswegs daran, den Hormonhaushalt der schwulen Bevölkerung San Franciscos ein wenig aufzupolieren! Nur gucken, nicht anfassen; so lautete seine Devise. Während seiner heutigen Spätschicht war wenig los und Stiles langweilte er sich ein wenig. Er hatte Lust, sich zu amüsieren und außerdem war das Trinkgeld bislang ziemlich bescheiden gewesen, darum drehte Stiles die Musik ein wenig auf. Madonna und Britney Spears gaben „Me against the music“ zum Besten. Nun griff Stiles sich einen grinsenden Danny bei den Hüften, umtanzte ihn einige Male, wobei er eng, wirklich sehr eng auf Tuchfühlung ging, seine Fingerchen bald hier, bald dorthin wandern ließ und als er schließlich wieder an Dannys Vorderseite angekommen war, ging er lasziv und langsam vor ihm in die Knie, hielt inne, als sein Kopf auf Hüfthöhe angekommen war und blickte feurig und vielsagend zu Danny hinauf. Dann erhob er sich wieder, um seinem Kollegen einen kleinen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Die Café-Besucher johlten und Danny zog Stiles lachend an sich: „Die bist wirklich ein ziemlich freches Ding, kleine Jungfrau!“ flüsterte er Stiles ins Ohr: „Ich glaub´ ich gehe mich mal eben abkühlen.“ Mit einem selbstzufriedenen Grinsen blickte Stiles seinem Mitarbeiter hinterher, wie er im Keller verschwand, um den Waschräumen seine Aufwartung zu machen. In diesem Moment öffnete sich die Tür des Cafés. Stiles hatte Mason nicht mehr gesehen, seit dieser sich endlich getraut hatte, Deaton zu küssen und ging einfach mal optimistisch davon aus, dass dies dem Umstand zuzuschreiben war, dass die beiden frisch Verliebten jetzt sicherlich jede freie Minute im Bett verbrachten, um Dinge zu tun, von denen er selbst nach wie vor nur träumen konnte. Als Mason jedoch nun das Café betrat und Stiles das Gesicht sah, welches der Jüngere zog, war alles klar. Er musterte den Freund prüfend: „Was ist?“ erkundigte er sich. Mason ließ den Kopf hängen und gestand: „Ich habe gekniffen, Stiles!“ „Wie bitte?“ fragte dieser entgeistert: „Sag´ nicht, dass du vorgestern gar nicht mit zu Alan gegangen bist?“ „Doch bin ich!“ rechtfertigte sich Mason kläglich: „Wir haben gemeinsam gekocht, gegessen, danach ein wenig auf dem Sofa gelegen und geschmust und das war auch wirklich alles sehr schön, sogar noch, als die ersten Kleidungsstücke fielen, doch als es dann richtig ernst wurde, habe ich es mit der Angst zu tun bekommen.“ „Und wie hat Alan reagiert?“ erkundigte sich Stiles: „War er sauer? Enttäuscht?“ „Enttäuscht war er bestimmt, aber auch sehr lieb und verständnisvoll.“ Gab Mason traurig zurück: „Ich bin dann irgendwann nachhause gegangen und seitdem haben wir nicht mehr miteinander gesprochen. Denkst du, es ist ein sehr schlechtes Zeichen, dass er sich nicht gemeldet hat?“ Stiles schüttelte heftig den Kopf: „Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, er will dir lediglich Zeit geben und dich nicht bedrängen.“ spekulierte er und wollte dann wissen: „Aber wovor hattest du denn eigentlich so große Angst?“ „Ist das nicht offensichtlich?“ schnaubte Mason unzufrieden: „Ich habe doch eigentlich gar keine Ahnung, wie es überhaupt läuft. Und Deat...also ich meine Alan, der ist dreißig Jahre älter als ich! Er hat mit Sicherheit schon eine Menge Sex in seinem Leben gehabt. Ich wollte ihn nicht enttäuschen oder mich total blamieren.“ Der Junge zog ein unglückliches Schnäuzchen: „Trotzdem habe ich ja wohl beides geschafft und zwar gründlich! Alan wird nie wieder ein Wort mit mir sprechen. Ich hab´s echt total versaut!“ „Nein, das hast du nicht!“ erwiderte Stiles entschieden: „Ich bin mir ganz sicher, Alan versteht das.“ Mason blickte ihn zweifelnd an und klagte: „Ich verstehe es ja nicht einmal selbst, denn das Dümmste an der ganzen Angelegenheit ist, dass ich es im Grunde ja wirklich will. Ich WILL mit ihm schlafen und zwar mehr, als alles andere!“ „Also gut!“ erklärte Stiles: „Dann weißt du ja, was du jetzt tun wirst: Du gehst auf direktem Weg zu Alan und erklärst es ihm! Und er wird dir dann sagen, dass alles gut ist, der Himmel über euch verfärbt sich rosarot, sanft setzen die Streicher ein und dann...“ Stiles schenkte ihm ein schelmisches Grinsen: „... dann treibt ihr es, wie die Karnickel!“ Mason wurde rot: „Ich soll jetzt noch zu ihm gehen?“ fragte er unsicher und blickte auf seine Armbanduhr: „Bis ich bei ihm bin, ist es zehn Uhr abends. Da kann ich ihn doch nicht mehr stören!“ „Keine Ausreden!“ entgegnete Stiles streng und deutete mit dem Zeigefinger auf die Tür: „Geh´!“ Der Junge zögerte einen Augenblick, doch Stiles präsentierte den Trick mit den bösen Augenbrauen, den er von Derek gelernt hatte und das machte scheinbar Eindruck, denn nun trabte Mason tatsächlich artig los. Stiles blickte ihm mit einem belustigten Kopfschütteln hinterher. Und ein klein wenig beneidete er ihn. Masons Herz hämmerte wie wild gegen seine Rippen, als er Deatons Klingelknopf betätigte. Er zuckte ein wenig zusammen, als der schrille Ton erschallte. Einige Sekunden lang geschah gar nichts und Mason dachte schon darüber nach, einfach wieder zu verschwinden, doch dann öffnete sich Alans Tür und der Ältere blickte ihn erwartungsvoll an: „Hi!“ piepste Mason mit einem schüchternen, kleinen Lächeln: „Hey, Kleiner! Schön, dich zu sehen!“ gab der Buchhändler zurück und zu Masons Erstaunen wirkte er dabei uncharakteristisch verunsichert. Zunächst herrschte einen Moment lang Stille zwischen den beiden. Schließlich war es Mason, der sich dazu durchringen konnte, das Schweigen zu beenden, indem er fragte: „Ich schätze, ich habe dir wohl ein bisschen was zu erklären, oder?“ Deaton schüttelte den Kopf und beeilte sich zu versichern: „Nein, Mason, du musst mir gar nichts erklären. Ich verstehe das schon! Es war viel zu früh für dich. Es hat dich überfordert. Und es tut mir leid, denn ich hätte es echt besser wissen müssen und hätte dich nie in diese Situation bringen dürfen. Du bist viel zu jung, um...“ An dieser Stelle wurde er von Mason energisch unterbrochen: „Hey! Stopp! Lass´ uns gar nicht erst so anfangen!“ forderte er und verschränkte die Arme vor der Brust: „Ich bin echt kein Kind mehr und ich weiß schon ganz gut, was ich will. Und was ich will, das bist DU!“ Deaton schaute den Jungen zweifelnd an: „Ich habe dich wirklich gern, Mason.“ versicherte er: „Aber deine Reaktion von vorgestern Abend hat mir gezeigt, dass du noch nicht bereit dafür bist. Und das ist ja auch gar nicht schlimm. Ich habe keine keine Eile! Ehrlich! Lass´ uns noch ein bis zwei Jahre warten und dann weitersehen.“ „Deaton!“ sagte Mason fest. „Hewitt?“ fragte Deaton, überrascht von der Schärfe des Tons seines Gegenübers. „Halt´ die Klappe!“ Mason Stimme klang nun wieder ganz sanft und er strich mit beiden Händen über den kahlgeschorene Kopf des Älteren: „DU hast vielleicht keine Eile; ich aber schon.“ Er küsste Alan und bat: „Also? Können wir jetzt bitte einfach in dein Schlafzimmer gehen und so tun, als ob ich nie gekniffen hätte, wie ein elendiger Waschlappen?“ „Du bist kein W... !“ setzte Deaton an doch er kam nicht weiter, weil er von einem weiteren Kuss unterbrochen wurde, sowie von ungeduldigen Fingern, die sich ihren Weg unter seine Kleidung suchten. Denn diesmal würde Mason nicht kneifen! Stiles kam zurecht! Es war Samstag; Tag fünf nach seinem überstürzten Auszug bei Derek und er kam wirklich gut mit dieser Sache klar. Oh, ja! Stiles hatte heute wieder einmal die Spätschicht im Café. Scott war gestern schon nach Beacon Hills zurückgekehrt; mit einen liebevollen Brief an Stiles Vater im Gepäck, der alles erklären, aber auch deutlich machen sollte, dass Stiles nicht die Absicht hatte, wieder nachhause zu kommen, weil er nun hier in San Francisco lebte. Außerdem enthielt das Schriftstück ein Versprechen. Das Versprechen, dass sie sich bald wiedersehen würden! Noch hatte Stiles keine feste Bleibe gefunden, doch Scott hatte seinen Vater, der immer noch auf Außendiensteinsatz war dazu überredet, dass sein Freund noch eine weitere Woche in seinem Apartment verweilen durfte und Stiles hatte ab morgen vier Tage am Stück frei und würde sich dann ausgiebig auf Wohnungssuche begeben. Und er würde sich für den kommenden Sommer an der Universität von San Francisco einschreiben! Dann würde sein Leben endlich wieder in normalen Bahnen verlaufen: Ein Job, Freunde, ein Studium...wer brauchte da bitteschön noch die Liebe? Die würde ihn doch sowieso nur ablenken. Alles paletti also, richtig? Derek hatte miese Laune! Wann hatten Fertiggerichte eigentlich angefangen, wie Dreck zu schmecken? Wann hatte Stille aufgehört, sich nach Frieden und Beschaulichkeit anzufühlen? Wann hatte das Alleinsein damit begonnen, ihm wie Einsamkeit vorzukommen? Derek kannte die Antwort und sie passte ihm überhaupt nicht! Eine Ewigkeit, und bei einem Leben, dass so lange währte, wie seines war das wörtlich zu verstehen, war Derek bestens allein klargekommen. Er hatte hin und wieder eine Liebhaberin gehabt, hatte einen Onkel, der ihm mit schöner Regelmäßigkeit auf die Eier ging und mehr Gesellschaft hatte er beim besten Willen nicht gewollt. Braeden würde noch eine Weile fort sein und Peter hatte in einer Samstagnacht wichtigeres zu tun, als Derek zu bespaßen, denn das war für dauergeile Lustmolche wie seinen Onkel selbstverständlich so etwas wie die `Hauptgeschäftszeit´. Grimmig fragte sich Derek, ob es Peter wohl mittlerweile gelungen war, Stiles ausfindig und sich zu Willen zu machen. Nicht, dass es ihn jetzt noch etwas anging, aber er schüttelte sich bei diesem Gedanken. Derek hatte plötzlich das Bedürfnis, an die frische Luft zu kommen, also schnappte er sich Brieftasche und Schlüssel und machte sich auf den Weg zu seinem Camaro. Er nahm sich vor, einfach ein wenig ins Blaue fahren; ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen. Und irgendwie landete Derek auf diese Weise irgendwann im Castro-Distrikt. Na ja, und wenn er schon mal hier war, dann könnte er doch wenigstens mal einen kurzen Blick riskieren, um sich zu vergewissern, dass es Stiles gut ging und das Peter nicht in seiner Nähe war, oder nicht? Da war doch nichts bei! Fünfmal war Derek nun bereits verstohlen an jenem Café vorbei geschlichen, in welchem Stiles arbeitete, ehe er sich endlich dazu durchringen konnte, einzutreten. Als die Tür sich öffnete, hatte Stiles nur kurz von dem Kakaoherz aufgeblickt, welches er gerade für einen Kunden auf dessen Milchschaum gezaubert hatte. Bei dem Anblick hätte ihn dann beinahe die Rache des kaffeebereitenden „Drachen“ ereilt, welcher in seinem Rücken gefährlich zischte, denn da stand nun Derek, der sich unsicher im Eingang des Café herumdrückte und scheinbar die Erlaubnis suchte, näher zu treten. Fuck! Warum musste dieser Kerl in Natura noch so viel besser aussehen, als in den lästigen Bildern die ungefragt in den letzten Tagen dann und wann vor Stiles geistigem Auge entstanden waren? Schlagartig war alles wieder da: Die heißen Blicke, die brennenden Küsse und schließlich der eiskalte Interruptus. Stiles entschied sich trotzig dafür, Derek zunächst einmal zu ignorieren und die Kaffeebestellung an den Mann zu bringen; in diesem Fall an einen hübschen Kerl Anfang zwanzig mit babyblauen Augen. Die zwei plänkelten kurz miteinander und Stiles verabschiedete sich mit einem Zwinkern und einem Hüftschwung. Und ihm war völlig egal, wie albern und kindisch dies sein mochte und dass es Derek vermutlich ohnehin vollkommen kalt ließ, mit wem Stiles flirtete. Großzügig wandte er sich dann schließlich doch noch einem beklommen wirkenden Derek zu und erkundigte sich: „Bist du für einen Kaffee hier, schöner Mann? Oder willst du mich vielleicht mal wieder auf eine Pizza einladen?“ Zunächst einmal versuchte Derek, sich ausschließlich durch Blicke mitzuteilen, weil Worte ihm nun einmal nicht so recht lagen, aber dann rang er sich schließlich doch noch mühsam dazu durch zu fragen: „Können wir reden?“ „Na dann schieß´ mal los!“ gab Stiles kühl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Derek blickte sich unbehaglich in dem gut besuchten Café um und so wandte sich Stiles schließlich mit einem genervten Seufzer an seinen heutigen Kollegen Jackson: „Ich bin kurz vor der Tür!“ teilte er diesem mit, weil er wusste, was passieren würde, wenn er den Bödmann auch noch höflich um Erlaubnis fragen würde. Doch auch so ließ Jackson sich natürlich nicht von einer Arschloch-Antwort abhalten und bellte: „Ficken kannst du in deiner Freizeit, Stilinski!“ „Ja, ja, du mich auch!“ gab Stiles zurück, griff Derek am Arm und zog ihn hinter sich her, nach draußen. „Sprich!“ forderte er, nachdem sie sich auf den Treppen eines Hauseingangs niedergelassen hatten. Natürlich sprach Derek nicht! Das wäre ja auch zu leicht gewesen. Stattdessen war er damit beschäftigt, herzzerreißend schön auszusehen, während er Stiles mit einer Mischung aus Scheu und Unbehagen anschaute. „Was mache ich bloß mit dir?“ schimpfte Stiles nun kopfschüttelnd: „Du bist geschminkt!“ stellte Derek dümmlich fest. Stiles boxte dem Älteren in den Oberarm: „Na und? Wenn du bloß für eine Stilberatung vorbeigekommen bist, dann kannst du dich gleich wieder verpissen!“ „Sieht gut aus!“ murmelte Derek kleinlaut, doch Stiles ahnte, dass er dies lediglich aus Verlegenheit sagte: „Ich verliere langsam die Geduld mit dir!“ knurrte Stiles: „Wieso bist du gekommen? Doch nicht, um mit mir über mein Outfit zu sprechen?“ „Warum... bist du weggegangen?“ brachte Derek schließlich unter einiger Anstrengung hervor. „Allein schon für diese dämliche Frage sollte ich dich gleich noch einmal schlagen, du Trottel!“ entgegnete Stiles böse. Doch Derek kapierte es offensichtlich wirklich nicht, denn er blickte ihn fragend an und wollte wissen: „Können wir denn nicht einfach alles vergessen, was neulich Nacht passiert ist und so weiter machen, wie vorher? Es lief doch gut mit uns. Wir waren Freunde! Und das neulich war ein kleiner, bedeutungsloser Ausrutscher; weiter nichts!“ „War es nicht!“ stellte Stiles klar: „Nicht für mich!“ „Oh!“ machte Derek. Stiles schüttelte den Kopf: „Kapierst du es eigentlich wirklich nicht, Derek? Ich will nicht dein Freund sein. Ich bin verliebt in dich!“ Dereks Blick war missmutig: „Nein, das glaube ich nicht. Du bist dankbar, weil ich dir geholfen habe, als es dir schlecht ging. Du verwechselst da bloß etwas! Das kann schon mal passieren.“ Diesmal hieb Stiles fester zu: „Idiot!“ knurrte er. Beleidigt rieb sich Derek den Oberarm und wollte wissen: „Wieso schlägst du mich andauernd?“ „Weil du so unglaublich dumm bist!“ schimpfte der Angesprochene: „Ich bin nicht dankbar und verwechsele etwas! Ich liebe dich, Mann! Und nicht nur auf die süße, brüderliche Art! Wenn ich dich anschaue, dann denke ich nur an ein einzige Sache, nämlich daran, dass ich dich packen und in irgendeine finstere Ecke zerren will, um es da schmutzig mit dir zu treiben, kapiert? Ich will nicht, dass wir losziehen und gemeinsam einen Kerl für mich aussuchen, weil ich den Mann, den ich will nämlich schon gefunden habe! Und bedauerlicherweise will er mich eben nicht!“ „Sorry!“ murmelte Derek: „Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich nicht das für dich sein kann, was du dir wünschst.“ Betont gleichgültig zuckte Stiles mit den Schultern. Und dann blinzelte er verdächtig. Derek streckte verstohlen die Hand nach der von Stiles aus und verschränkte ihre Hände miteinander: „Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du nicht wieder mit nachhause kommen willst?“ Stiles war klar, dass es nur eine richtige Antwort auf diese Frage gab. Kapitel 14: Besties forever! ---------------------------- Ganz offensichtlich hatte Stiles vollkommen unterschätzt, wie einsam Derek war und wie groß seine Sehnsucht nach einer Familie; nach jemandem, der sein Leben teilte. Sie war so groß, dass Derek bereit war, die Realität zu leugnen; groß genug, um in Kauf zu nehmen, dass es Stiles wehtun würde: „Ich komme damit klar, dass du diese Gefühle für mich hast.“ sagte der Ältere gerade: „Gar nicht schlimm!“ `Na prima!´ dachte Stiles giftig: `Und wie sollte er selbst bitteschön damit klarkommen?´ „Der zweite Kuss ging von dir aus, Derek! Wieso hast du das getan?“ bellte Stiles: „Du hättest sagen können `Danke, aber nein, danke!´, als ich dich geküsst habe, oder du hättest mir eine verpassen können, oder was auch immer, aber das hast du nicht! Stattdessen hast du mich zurück geküsst, auf´s Sofa geworfen und bist leidenschaftlich über mich hergefallen. So etwas tut man doch nicht, wenn da keine Gefühle sind, oder man auf die ganze Sache keine Lust hat!“ schimpfte Stiles. „Aber da sind doch Gefühle!“ rechtfertigte sich Derek: „Ich habe dich ehrlich gern, Stiles! Wäre ich sonst jetzt hier? Ich habe dich irgendwie vermisst! Und als ich dich zurück geküsst habe.... wahrscheinlich war ich einfach neugierig auf diese ganze Sache?“ „Ach neugierig warst du?“ schnaubte Stiles aufgebracht: „Na, dann hoffe ich, dass dieses Experiment dir etwas gebracht hat. Mir hat es jedenfalls Herzschmerz beschert!“ „Tut mir leid!“ murmelte Derek kleinlaut: „Du hattest eine Erektion, Derek! Du hättest wirklich dazu sagen müssen, dass es der unermüdliche Forschergeist gewesen ist, der dich hart gemacht hat und nicht die Lust auf mich! Vielleicht hätte ich es dann verstanden!“ knurrte Stiles sarkastisch. Derek hätte jetzt sagen können, dass es Dinge gab, die Stiles nicht wusste und deswegen nicht verstand, doch dann hätte er womöglich noch mit der Wahrheit herausrücken müssen und das kam gar nicht in Frage. Zumal Derek ja noch nicht einmal selbst vollständig begriff, was da neulich in ihn gefahren war. Und im Grunde wollte er auch lieber nicht allzu genau darüber nachdenken, denn es hätte ihn beinahe fortgespült. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können! Und so zuckte er auf Stiles Worte hin lediglich mit den Schultern. „Geh´ nachhause, Derek! Ich habe noch zu tun und ich will dich gerade echt nicht sehen!“ Stiles klang bitter! Er erhob sich und verschwand wieder im Café. Und Derek ging nachhause! Jackson blitzte Stiles böse an, als er ihn hereinkommen sah: „Wenn du denkst, du kannst hier einfach kommen und gehen, wie es dir passt und dich in der Dienstzeit mal eben in irgendeinem Hauseingang nageln lassen, dann...“ „Halt deine Schnauze, Whittemore, oder ich schwöre, ich schlage dir dein blödes Zahnpastagrinsen ein!“ drohte Stiles: „Du wirst dir schon keinen Fingernagel abbrechen nur, weil du einmal fünf Minuten lang tatsächlich arbeiten musstest.“ „Was ist denn mit dir los, Stilinski? PMS? Oder hat dein Stecher es nicht gebracht?“ ätzte Jackson. Stiles schnaubte wütend und auf seinem Weg hinter den Tresen, stieß er seinen Kollegen absichtlich heftig mit der Schulter beiseite. Er war heilfroh, dass gleich Feierabend war, so dass er sich weder Jacksons blasiertes Gesicht länger anschauen, noch so tun musste, als sei er in irgendeiner Weise charmant oder kundenfreundlich. Er wollte einfach nur noch ins Bett! Und als er sich dann schließlich schlaflos im Gästebett in der Wohnung von Agent McCall herumwälzte, versuchte Stiles seine Gedanken und Gefühle zu sortieren. Derek hatte ihn gern und vermisste ihn. Er wollte ihn bei sich haben. Doch offensichtlich nicht in seinem Bett. Und was wollte Stiles? Ein Leben völlig ohne Derek etwa, weil es so erträglicher war? Und warum fühlte er sich dann jetzt gerade so todtraurig und verloren? War es vielleicht möglich, dass Derek und er einfach nur als Freunde miteinander leben könnten? War das denn überhaupt das, was Derek wollte? Oder machte dieser sich einfach bloß etwas vor, weil er nicht wahrhaben wollte, dass er Stiles genauso mochte und wollte, wie dieser ihn? Und waren ein paar gelegentliche Streicheleinheiten vom Richtigen nicht am Ende sogar besser, als Sex mit dem Falschen? Schließlich konnte Stiles auch ohne Sex leben. Dass hatte er ja bereits achtzehn Jahre lang bewiesen. Vielleicht war Liebe ohne Sex ja besser, als Sex ohne Liebe? Und er konnte scheinbar nun einmal nicht das Gesamtpaket haben. Und nun war die Katze ja auch aus dem Sack; Stiles hatte Derek unmissverständlich klar gemacht, was er fühlte. Wenn Derek nun trotzdem immer noch bei Popcorn und einem Schwarz-Weiß-Streifen mit ihm kuscheln wollte, musste Stiles sich wenigstens nicht mehr schuldig fühlen, wenn in ihm dabei mehr als geschwisterliche Empfindungen aufkamen. Vielleicht konnte man sich ja an ein gebrochenes Herz als Dauerzustand gewöhnen? Man konnte schließlich mit so vielen Dingen leben. Zum Beispiel mit Migräne! Nur dass Stiles nicht der Kopf, sondern das metaphorische Herz schmerzen würde. Aber wenn der Gegenwert war, dass Stiles dafür in der Nähe des einen Menschen sein durfte, den er liebte, dann war das doch kein zu hoher Preis, oder? Um sechs Uhr morgens gab er es auf zu versuchen, zu schlafen, packte seine Sachen zusammen und machte sich auf den Weg. Er klopfte zaghaft an Dereks Tür, weil er fest damit rechnete, dass dieser noch schlafen würde, doch zu seinem Erstaunen war der Ältere bereits wach, hatte einen Kaffeebecher in der Hand und sah ebenso übernächtigt aus, wie Stiles sich fühlte: „Und? Hast du dein Sofa bereits dem nächsten Straßenkind angeboten, oder steht dein Angebot noch, dass ich nachhause kommen kann?“ fragte der Junge betont cool, während sein Herz ihm davon galoppierte. Derek öffnete ganz einfach nur die Tür ein Stück mehr und nahm Stiles seine Tasche ab: „Kaffee?“ wollte er wissen. Stiles nickte heftig und als er seine Tasse erhielt, stürzte er das Gebräu schwarz und viel zu heiß hinunter. Derek musterte den Jungen. Zu gern hätte er gefragt, was den Sinneswandel bewirkt hatte, doch er traute sich nicht und fürchtete das Gespräch, welches sie dann führen würden. Er war einfach nur froh, ihn zu sehen: „Musst du heute noch arbeiten?“ fragte er stattdessen. Stiles schüttelte den Kopf: „Habe vier Tage frei.“ Derek grinste, denn das brachte ihn auf eine Idee: „Lust auf einen kleinen Tapetenwechsel?“ Eine Stunde später saßen die beiden in Dereks Wagen und fuhren die Küste hinunter. Sie hielten in einer kleinen Ortschaft an einem `Wal-Mart´, weil Derek erklärte: „Da, wo wir hinfahren, gibt es rein gar nichts. Nicht einmal ein Café oder ein Kiosk. Wir müssen alles mitbringen, was wir brauchen.“ Stiles blickte ihn überrascht an. Wo zum Teufel war diese Ferienhütte? Idyllisch gelegen, am fünften Kreis der Hölle? Kurz fragte er sich, ob dieser kleine Trip so kurz nach der Pizza-Katastrophe wirklich so eine gute Idee war? Was, wenn Derek und er nun doch nicht mehr so einfach mit einander klar kämen, wie früher? Dann hätte er keine Chance, einfach so zu verschwinden. Dann würde er mit seinem wenig entschlussfreudigen Kumpel Derek mitten in der Pampa festsitzen. Stiles verschob diesen ungemütlichen Gedanken auf später. Derek schob den großen Einkaufswagen vor sich her und wollte wissen: „Und? Was wollen wir essen, Stiles?“ Der Jüngere zuckte mit den Schultern: „Das kommt darauf an. Wie ist denn dein Strandhäuschen ausgestattet? Gibt es bloß eine Mikrowelle, dann werden wir wohl auf Fertiggerichte zurückgreifen müssen.“ „Bitte nicht!“ rief Derek ein wenig zu schnell und mit Entsetzen: „Nein, Stiles, die Küche dort ist komplett eingerichtet.“ Stiles dachte zurück an einen Urlaub mit seinem Dad vor vielen Jahren und er fragte sich, was diese Aussage von einem Nicht-Koch wie Derek wert war. Damals hatten sein Vater und er auch eine Hütte am Strand gemietet. Die Dusche war kalt gewesen, sie hatten eines dieser Chemie-Klos gehabt, es gab keinen Kühlschrank und kochen konnte man nur auf einer einzigen, winzigen Gasflamme: „Gibt´s wenigstens eine Heizung bei?“ fragte er Derek skeptisch und fröstelte bei der Erinnerung. Der Ältere lachte: „Ehrlich! Da draußen ist alles, was wir brauchen!“ versicherte Derek. Dann angelte er nach einer Daunenjacke in einem Regal: „Trotzdem solltest du die hier mal anprobieren, denn wenn wir mal draußen unterwegs sind, wirst du mit der dünnen Jeansjacke, die du ständig trägst nicht weit kommen!“ Stiles blickte skeptisch auf das angebotene Kleidungsstück und dann auf den Kerl, der es ihm hinhielt; seinen Lebensretter, seine Krankenschwester, seinen Obdach-Geber, seinen Freund Derek Hale. Der nicht wollte, dass er fror! Schließlich griff er nach der Jacke und probierte sie an. Sie passte, wie angegossen und in ihr würde er vermutlich auch einen nuklearen Winter überleben und so legte er sie mit in den Einkaufswagen. Als sie in der Frischfleischabteilung angelangten, fiel Dereks hungriger Blick bald hier, bald dorthin: „Denkst du wohl, du wirst Lust haben, so richtig zu kochen?“ fragte er harmlos. Stiles kicherte: „Werde ich bestimmt!“ versicherte er und begann damit, den Einkaufswagen so vollzupacken, als ginge es darum, einen hungrigen Wolf durchzufüttern. Als sie eine Weile später bei Dereks `Strandhäuschen´ ankamen, klappte Stiles der Unterkiefer herunter. Nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte, wollte er wissen: „In San Francisco lebst du in einer winzigen Zweizimmerwohnung, obwohl dein Feriendomizil praktisch der Buckingham Palace ist?“ „So groß ist es gar nicht.“ behauptete Derek kleinlaut, schloss die Tür auf und sie traten in die kolossale Eingangshalle die in einen gigantischen Salon führte, an dessen Stirnseite sich ein riesiger Marmorkamin befand: „Stimmt, Derek, so groß ist es gar nicht. Aber zur Sicherheit sollten wir vielleicht trotzdem lieber einen Treffpunkt vereinbaren, falls wir uns hier mal verlieren. Oder hast du vielleicht Walkie-Talkies? `Bin im Westflügel. Wo bist du? Over!´“ stichelte der Junge. „Du übertreibst!“ schnappte Derek mit einer garstig geäußerten Verlegenheit und begann, die Einkäufe in die Küche zu schleppen: „Such dir lieber ein Schlafzimmer aus!“ forderte er. „Nein, ich denke, ich werde einfach jede Nacht in einem anderen Raum übernachten, wenn ich schon einmal diesen Luxus habe!“ neckte ihn Stiles, lief los und begann damit, Zimmertüren aufzureißen und sich genauestens umzuschauen, wie ein dreistes, neugieriges Kind. Er zählte acht voll eingerichtete Schlafzimmer, alle mit einem großen Bett, einem Kleiderschrank, einem Sofa und Kleinmöbeln wie Tischchen, Kommoden und Nachttischen; hochwertige Möbel, zum Teil Antiquitäten; kein schwedischer Kiefernholzbruch mit unaussprechlichen Namen, welche entschieden zu viele Ö´s enthielten. Es gab zwei Badezimmer, beide mit riesigen einladenden Wannen, separaten Duschen und sogar noch ein Extra-WC im Erdgeschoss. Aber der eigentliche Traum für Stiles war die Küche, denn die hatte wirklich alles, was das Herz eines Kochs begehrte: einen Kühlschrank, in den man hätte mit einer Kleinfamilie einziehen können, wenn man es frostig mochte, einen Gasherd, der auch ein kleines Grillfeld besaß, zusätzlich noch ein Induktionskochfeld und ZWEI Backöfen. In den Schränken befanden sich Dutzende hochwertige Töpfe, Pfannen und Kasserollen, sowie Besteck und Geschirr, um riesige Dinner-Partys zu geben. An die Küche schloss sich eine Speisekammer mit einem Vorrat an hochwertigen Weinen an, sowie das Esszimmer mit einer langen Tafel und zwölf Stühlen daran: „Was ist das hier alles?“ fragte Stiles fassungslos: „Das passt doch überhaupt nicht zu dir! Du bist doch der klassische Einzelgänger. Hast DU dieses Haus etwa eingerichtet? Wen wolltest du denn hierher einladen?“ „Ich habe das Haus geerbt. Es hat meiner Familie gehört.“ Die Trauer in Dereks Stimme traf Stiles mit der Wucht eines Faustschlags in den Magen. Plötzlich hatte er eine Vision eines sehr viel jüngeren Dereks mit Geschwistern, Eltern, Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen; von Weihnachtsfesten, Zusammenhalt, Streits und Lachen. Und dann fiel sein Blick auf den ernsten, einsamen Mann von heute. „Tut mir leid!“ murmelte Stiles betroffen: „Bin drüber weg!“ behauptete Derek betont gleichgültig: „Hast du schon den Pool gesehen?“ „Pool?“ fragte Stiles, denn er hatte schließlich schon hinter jede Tür geschaut und keinen Pool gefunden: „Folge mir!“ forderte Derek und trat durch die Terrassentür nach draußen, wo sich ein schöner, großer Pool unter einer Plane befand. Und nicht nur das; es gab auch noch einen Yakuzi, groß genug für mindestens fünf Personen gleichzeitig. Der Garten war gepflegt. Es gab kugelige Buchsbäumchen, eine Rosenhecke, die nun, im Winter allerdings einen eher traurigen Anblick bot, ein Baumhaus in einer knorrigen alten Eiche, eine Schaukel und eine Rutsche. Derek musste wohl eine Gartenbaufirma damit beauftragen um all´ dies hier in Schuss zu halten: „Es ist unglaublich schön hier! Und im Sommer muss es ein Traum sein!“ murmelte Stiles überwältigt: „Kommst du oft her?“ Derek schüttelte den Kopf: „Ehrlich gesagt ist Peter öfter hier als ich, um seine kleinen Orgien zu feiern. Ich bin vielleicht ein, oder zweimal im Jahr hier, wenn ich mal das Bedürfnis habe, ganz allein zu sein.“ Er stutzte kurz und stellte dann fest: „Mir fällt gerade auf, dass ich noch nie jemanden hierher mitgebracht habe. Eigenartig! Du bist mein erster Gast.“ Ein warmes Gefühl breitete sich in Stiles Magengegend aus. Braeden war also noch nicht hier gewesen. Und auch sonst keine der Frauen, mit denen Derek sonst so geschlafen haben mochte. Er konnte nicht anders, als dümmlich vor sich hin zu grinsen. Bevor er dabei noch erwischt wurde, fragte er schnell: „Sag´ mal stört es dich denn gar nicht, wenn dein Onkel dein Elternhaus mit seinen Körperflüssigkeiten besudelt, bei seinen kleinen... Events?“ Derek lächelte: „Solange er hinterher wieder sauber macht... immerhin erfüllt er diesen Ort auf diese Weise wieder mit Leben! Außerdem ist dies hier nicht mein Elternhaus. Hier haben wir nur unsere Ferien verbracht. Mein Elternhaus ist abgebrannt. Als wir alle darin gewesen sind. Nur Peter und ich haben es hinausgeschafft. Ich schätze, der Name Hale wird wohl mit uns beiden aussterben. Auch wenn ich wetten möchte, dass da draußen Hunderte von Peters Bastarden herumlaufen.“ Stiles hatte Dereks Hand genommen und hielt sie: „Tut mir leid!“ flüsterte er. „Was soll man machen. Peter kann man nun einmal nicht ändern!“ erwiderte der Ältere leichthin. Stiles stupste ihm in die Seite: „Davon spreche ich nicht und das weißt du ganz genau! Und jetzt komm´ rein! Ich mache uns den polnischen Schweinebraten mit Pflaumen, Kartoffelklößen und Wirsinggemüse, nach dem Rezept meiner Großmutter. Als ihr klar wurde, dass sie keinen Enkelin mehr bekommen würde, hat sie ihre Rezeptesammlung nämlich mir vermacht. Und ich halte sie in Ehren!“ Wie erhofft, sah Derek bei der Mahlzeit, die ihm in Aussicht gestellt wurde, gleich schon wieder etwas weniger aus, wie ein armes, trauriges Waisenkind: „Ich werde in der Zwischenzeit Holz hacken, und den Kamin anmachen. Dann wird es auch gleich ein bisschen gemütlicher im Haus.“ erklärte der Ältere. In knapp zwei Stunden brachte Stiles in der Küche etwas zustande, was Grandma Stilinski gewiss stolz vom Himmel aus auf ihren Enkel hinab lächeln ließ. Außerdem hatte er ein weißes Tischtuch, lang genug für die riesige Tafel gefunden und machte sich nun einen Spaß daraus, für Derek und ihn an gegenüberliegenden Enden des Tisches zu decken. Im Garten schnitt er ein wenig Efeu ab, um den Tisch damit zu dekorieren und in Mitte stellte er einen riesigen silbernen Leuchter mit siebzehn Kerzen. Als angerichtet war, rief er Derek hinzu und als der Stiles Werk erblickte, legte er den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft. Stiles hatte ihn noch nie so schön gefunden, wie in diesem Moment: „Du bist so ein Quatschkopf, Stiles! Wie sollen wir uns denn so unterhalten?“ erkundigte Derek sich schmunzelnd: „Du sollst ja auch nicht quatschen, sondern die Köstlichkeiten würdigen, die dir serviert wurden!“ bestimmte Stiles und schob Derek galant den Stuhl hin. Und dieser ließ es stirnrunzelnd geschehen. „Dein Großmutter war ein Genie!“ rief Derek nach dem Essen aus und rieb sich zufrieden den Bauch: „Und du bist auch eins! Immer wenn ich denke: `Besser kann´s nicht werden!´, legst du noch eins drauf und servierst mir etwas, dass so gut ist, dass mir beinahe die Tränen kommen.“ Stiles wären bei diesem Kompliment auch um ein Haar die Tränen gekommen, doch das kam gar nicht in Frage, also sagte er stattdessen lieber frech: „Das ist alles Teil eines perfiden Plans, dir die Figur zu ruinieren, Adonis!“ Derek lachte: „Kommt nicht in die Tüte! Dagegen hilft Bewegung. Und darum machen wir zwei jetzt einen ausgedehnten Spaziergang!“ Stiles stöhnte ein wenig. Er hätte den Nachschlag weglassen sollen. Trotzdem brachte er artig seinen Teller in die Küche, machte ein wenig Ordnung und stand eine Viertelstunde später fertig angezogen vor der Eingangstür. Derek musterte ihn von oben bis unten, erblickte die Converse und schüttelte den Kopf: „In den Dingern hast du sofort nasse Füße. Zieh´ diese hier an!“ Er reichte dem Jungen ein paar Gummistiefel. Stiles rümpfte die Nase: „Die ruiniere das Outfit dann restlos!“ quengelte er divenhaft: „Schlimm genug, dass ich eine Jacke anhabe, in der ich wie der Marshmallowmann aussehe!“ „Keine Widerrede! Das ist hier nicht wie in deinem Job, wo du deine Nippel für Trinkgeld vorzeigen musst!“ knurrte Derek: „Außer mir wird dich ohnehin niemand sehen, denn nicht einmal meine Nachbarn sind zur Zeit hier. Und ICH weiß, wie du aussiehst! Also sei ein lieber Junge und zieh´ die Dinger an!“ Murrend gehorchte Stiles und sie brachen auf. Das Meer, dass man vom Haus aus bereits hören konnte, lag keine fünfhundert Meter von Dereks Feriendomizil entfernt hinter einem Deich. Seite an Seite marschierten sie mindestens eine Stunde lang in dieselbe Richtung immer am Wasser entlang. Es war wunderschön hier, auf eine schwermütige, raue, archaische Art und Weise. Das Meer war wild und wurde vom Wind ins Land gedrückt. Ein paar unerschrockene Seevögel legten sich elegant in die Böen. Hier waren der Ozean auf der einen und der Strand und schroffe Felsen auf der anderen Seite. Die Elemente Luft, Wasser und Erde lagen miteinander in einem ewig währenden Kampf, welchen keines von ihnen je gewinnen würde. Derek passte perfekt in diese Kulisse! Stiles nicht! Der Wind blies kalt und erbarmungslos und fand in jede Ritze seiner Kleidung. Er beschwerte sich nicht mehr über die plumpe Daunenjacke, die er trug. Im Gegenteil; im Geiste verfasste er gerade ein Liebesgedicht auf sie, während er die Kapuze noch fester zuzog, damit ihm nicht die Ohren abfroren: „Arschhässlich bist du, plump und rot, doch sterb´ ich nicht den Kältetod! Der Gänse Daunen gilt mein Dank, doch in Frisco landest du im Schrank!“ Derek hatte recht gehabt! Hier gab es tatsächlich weit und breit keine einzige Seele, außer ihnen. Vielleicht lag es an der Jahreszeit, denn der Winter am Pazifik war nun einmal nicht so furchtbar attraktiv. Aber vielleicht lag es ja auch an der Hale-Familie, die sich vorsätzlich einen Rückzugsort weitab der Zivilisation gesucht hatte, um auch ja zu vermeiden, jemals jemandem Hallo sagen zu müssen? Möglicherweise war Derek ja gar nicht erst durch den Verlust seiner Familie zu diesem einsiedlerischen Grantler geworden, der er heute war, sondern es war etwas Genetisches? Gerade jetzt stellte Stiles sie sich vor: Männer, Frauen und Kinder, allesamt Drei-Tage-bärtig, einsilbig und mürrisch dreinblickend, wie sie an der langen Tafel im Strandhaus saßen und sich beim Abendessen gegenseitig anknurrten. Er kicherte in sich hinein. Dann schüttelte er den Kopf über sich selbst: Erst schlechte Poesie und dann eigenartige Visionen? Woran erkannte man eigentlich Erfrierungsschwachsinn? „Wie lange müssen wir eigentlich noch hier draußen herumlaufen?“ fragte er vorsichtig nach und bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass seine Gesichtszüge bereits mehr oder weniger eingefroren waren. Derek grinste: „Willst du umkehren, Stiles?“ Der Junge nickte heftig und so machten sie sich auf den Rückweg. Als sie am Haus angekommen waren bestimmte Derek: „Und jetzt werde ich uns den Yakuzi anmachen, damit du wieder abtaust, was Kleiner?“ Stiles hatte noch nie in einem Yakuzi gesessen, aber das mit dem Abtauen klang klasse, also stimmte er begeistert zu. Und zu spät machte er sich klar, dass er sich dafür vor Derek würde ausziehen müssen. Doch zum Glück war dieser ein Gentleman und schaute gar nicht hin. Stiles hingegen war KEIN Gentleman. Er war ein dauergeiler Teenager, der unfreiwillig Jungfrau geblieben war. Er SCHAUTE in einem unbeobachteten Moment hin und was er sah, würde ihn heute Nacht mit Sicherheit wachhalten, wenn er allein in seinem Bett lag. Der Abend brach herauf und es dauerte nicht lange, bis sich über ihnen der gewaltigste, wundervollste Sternenhimmel erstreckte, den Stiles jemals gesehen hatte. Sie selbst saßen mehr oder weniger im Dunkeln, der Mond war abnehmend, doch Milliarden Sterne und ferne Galaxien sendeten ihr Licht in Richtung Erde und wurden hieran auch nicht durch die Lichtverschmutzung der Großstadt gehindert. Dieser fantastische, imposante Anblick machte für einen Moment lang, dass Stiles bereit war, an alles Mögliche zu glauben; daran, dass sein Vater und er sich wieder versöhnen würden, dass er doch noch die Liebe finden würde, nach der er sich sehnte, dass seine tote Mutter irgendwo da draußen war und über ihn wachte und sogar an einen gütigen Gott, der all das geschaffen hatte. Und Stiles musste ein klein wenig weinen. Es war ihm schleierhaft, wie Derek das mitbekommen haben konnte, bei den lauten Düsen, die unermüdlich blubbernde Luftblasen im warmen Wasser produzierten, dennoch er fragte er den Jungen: „Alles in Ordnung bei dir, Stiles?“ „Ja, alles okay! Ich bin nur... ein bisschen überwältigt, das ist alles!“ sagte der Junge schnell und hoffte, dass Derek und sein unglaublicher Körper auf seiner Seite der Wanne blieben. Zum Glück tat er ihm diesen Gefallen und sagte bloß: „Ja, man fühlt sich winzig unter diesem Himmel, stimmt´s?“ Als es Zeit wurde für das Abendbrot, schlug Stiles vor, dass sie ja vielleicht vor dem Kamin essen könnten und verschwand dann in der Küche, um alles vorzubereiten. Er hatte bereits vorhin einen Hefeteig angesetzt, den er mit Rosmarin gewürzt hatte. Daraus formte er nun einen Laib und gab ihn in den vorgeheizten Backofen. Dann bereitete er die Platten vor und belegte sie mit Käse, Trauben, Räucherfisch und Gemüsestiften, für welche er noch rasch einen Dip zusammenrührte. Er trug alles hinüber in den Salon und stellte fest, dass Derek bereits die Glut wieder angefacht und einige Scheite nachgelegt hatte. Was er außerdem getan hatte, war eine Art Lotterbett vor dem Kamin aufzubauen; eine Matratze, Decken und unzählige Kissen. Im Hintergrund lief leise Klaviermusik. Stiles schluckte! Es fiel schwer, sich bei dieser romantischen Kulisse NICHT vorzustellen, dass er und Derek sich nun gleich gegenseitig füttern, dann irgendwann die Kleider vom Leib reißen und sich vor dem Feuer lieben würden. Er hatte bis gerade eben darüber nachgedacht, ob er Wein zum essen reichen sollte. Nun war die Entscheidung gefallen. Nüchtern würde er das hier jedenfalls nicht aushalten. Er rannte also zurück in die Küche, besorgte ein Flasche Roten, zwei Gläser und einen Korkenzieher. Derek sah es und verdrehte die Augen: „Du darfst noch keinen Alkohol trinken, Stiles!“ merkte er an: „Pfft!“ machte Stiles lediglich, entkorkte die Flasche und nahm einen tüchtigen Schluck, ehe er sich niederließ und Derek ebenfalls ein Glas voll schenkte. Sie hatten ihr Mahl beinahe schon beendet, als Stiles in die Flammen starrte und unvermittelt sagte: „Ich danke dir!“ Derek blickte ihn fragend an, also fügte Stiles hinzu: „Na ja, für das hier, für unseren Ausflug. Das ist einfach schön! Ich habe mich seit einer Ewigkeit nicht mehr so wohl und entspannt gefühlt.“ Eine ganze Weile kam gar nichts von Derek. Dann sagte er: „Ich mich auch nicht.“ Kapitel 15: Somewhere beyond the sea ------------------------------------ Stiles erwachte mit klappernden Zähnen und in beinahe vollkommener Dunkelheit, abgesehen von zwei winzigen Lämpchen, die von der Stereoanlage herüber glommen, wie die Augen eines dämonischen Raubtiers und der beinahe verloschenen Glut im Kamin. Er konnte nicht einmal die Umrisse, des Raumes erkennen, in welchem er sich befand und brauchte einen kleinen Moment, um sich darüber klar zu werden, wo er überhaupt war. Erst nach und nach fiel der Groschen: Derek, das Meer und das Strandhaus! Im Dunkeln fischte er blind nach der Wolldecke und dem Sweatshirt, von welchen er sich zuvor befreit hatte, weil es ihm vor dem Kamin zu warm geworden war. Als er beides endlich gefunden hatte, schlüpfte er dankbar in den Pulli und wickelte sich ein, bis zur Stupsnase, auch wenn es nicht wirklich viel half, denn der riesige Raum war gründlich ausgekühlt. Und außerdem irgendwie unheimlich! In dieser Finsternis sah Stiles keine Chance, heil in eines der Schlafzimmer zu finden und er hatte sich leider auch nicht gemerkt, wo die Lichtschalter saßen. `Wieso hatte Derek ihn denn nicht geweckt, sondern einfach hier liegen lassen?´, dachte er ärgerlich? Unschlüssig lauschte Stiles in die furchteinflößende Finsternis hinein. Und da hörte er es plötzlich; das leise Atmen an seiner Seite. Das konnte nun entweder Derek sein, oder irgendetwas, was in unmittelbarer Nähe auf ihn lauerte, um ihm die Kehle durchzubeißen. Sein schlaftrunkenes Nachtbewusstsein war sich zunächst nicht ganz darüber im Klaren, welche Variante wohl zutraf und sein gesunder Menschenverstand brauchte einen kleinen Moment, um sich dazuzuschalten und darauf hinzuweisen, dass es Monster, Werwölfe und Vampire nicht gab. Erst da traute er sich, sich seinem Nachbarn ein wenig nähern: „Derek!“ flüsterte er: „Derek, wach auf! Wir sind eingeschlafen! Wir sollten ins Bett gehen!“ Ein wohlvertrautes Knurren ertönte und so versuchte Stiles es erneut: „Lass´ uns zu Bett gehen Derek! Es ist so kalt hier!“ Es antwortete ihm lediglich ein schnarchender Laut, also begann Stiles nun vorsichtig damit, an Dereks Schulter zu rütteln: „DUNERVSTMANNLASSMICHSCHLAFENVERFLUCHT!“ bellte es nun verschlafen aus der Dunkelheit. Doch dann hob Derek kurzerhand seine Decke und zog Stiles zu sich heran. Der Junge dachte kurz über Protest nach, aber andererseits konnte er an seinem Atem hören, dass Derek ohnehin schon wieder fest eingeschlafen war. Und außerdem war es so wunderbar warm in der Umarmung des Älteren, dass er gar nicht anders konnte, als auch selbst zufrieden die Augen zu schließen. Er hätte nicht gedacht, dass Derek und er sich schon so bald wieder körperlich so nah kommen würden. Eigentlich hatte er sogar den festen Vorsatz gehabt, dass es NIE WIEDER dazu kommen würde. So viel dazu! Stiles rückte sich noch ein kleines bisschen bequemer in Dereks Armen zurecht und schlief darauf auch selbst sehr rasch wieder ein. Als Derek am nächsten Morgen erwachte, stellte er fest, dass Stiles und er komplett ineinander verschlungen waren. Der Kopf des Jungen war in seine Halsbeuge gekuschelt, sie hatten die Arme umeinander geschlungen, Dereks Oberschenkel befand sich zwischen Stiles Beinen und darum spürte er auch ganz genau, wie dieser ihm in seiner schlafenden Sorglosigkeit seine Morgenlatte entgegen presste. Na Großartig! Wenn Stiles jetzt aufwachte und dieser Situation gewahr wurde, würde er das vollkommen falsch verstehen und sie hätten gleich das nächste Gefühlschaos am Wickel, mit dem sie dann umgehen müssten. Derek musste schleunigst etwas unternehmen. Und die Frage, die sich ihm nun stellte, war dieselbe wie beim Pflaster abziehen: Mit einem Ruck oder schön langsam und Stück für Stück? Derek entschied sich für die Zimperliesen-Methode! Als Erstes und Wichtigstes würde er mal sein Bein in Sicherheit bringen und so zog er es hübsch vorsichtig zentimeterweise zwischen jenen von Stiles hervor. Dann löste er sich behutsam aus der Klammeraffenumarmung des Jungen, hielt inne, wenn dieser drohte, aufzuwachen und als endlich alle Verschränkungen und Verbindungen aufgehoben waren, rückte Derek blitzschnell ab und schwang sich auf die Füße. Er warf noch einen letzten Blick auf den schlafenden Stiles, rückte fürsorglich dessen Decke wieder zurecht, damit er nicht fror und verschwand dann in der Küche. Er fragte sich lieber nicht, wie es zu der Schmuserei zwischen Stiles und ihm im Schlaf gekommen war, denn er wusste, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde. Es war sicher wieder so eine Wolf-Sache! Er hatte das nie zu verstehen oder zu kontrollieren gelernt und hasste es im Grunde, weil es ihm nie etwas anderes als Schwierigkeiten eingebracht hatte. Er setzte stattdessen einen Kaffee auf und formte mit ungeschickten Fingern etwas croissantähnliches aus Fertigblätterteig. Stiles hätte das ohne Zweifel besser hinbekommen! Als das Backwerk im Ofen war, sprang Derek rasch unter die Dusche. Als er in die Küche zurückkehrte, saß dort Stiles, verfroren in zwei Wolldecken gewickelt, verschlafen, zerknautscht und mit zerzausten Haaren. Derek grinste kopfschüttelnd: „Willst du schnell unter die Dusche gehen? Dann mache ich inzwischen das Feuer wieder an und wir können frühstücken.“ schlug er vor. Nachdem sie sich die warmen Croissants mit Erdbeerkonfitüre und Milchkaffee einverleibt hatten, fragten sich die beiden Männer, was sie nun mit diesem neuen Tag anstellen wollten, doch da die Gegend nicht allzu viel Abwechslung bot und weil sonnenbaden und im Meer planschen jahreszeitenbedingt ausfiel, lief es auf einen weiteren Spaziergang hinaus. Zunächst war es auch recht schön, gelegentlich brach die Sonne durch und Stiles sammelte Steine und Muscheln, doch nach und nach zog es sich immer mehr zu und ein heftiger Sturm zog herauf. Zwar befanden sie sich bereits auf dem Rückweg, doch es war zu spät! Ein unerbittlicher Regenguss brach von einer Sekunde auf die andere auf sie hernieder und schien irgendwie immer genau von vorn zu kommen, ganz gleich, in welche Richtung Stiles sich auch wendete. Doch es wurde schlimmer! Es dauerte nicht lange und dann wurden aus den Tropfen dicke Hagelkörner, einige so groß wie Golfbälle und sie schlugen um die beiden herum ein, wie kleine Geschosse. Und als dann auch noch Blitze anfingen, bedrohlich um sie herum zu zucken, bekam Stiles es endgültig mit der Angst zu tun. Derek packte ihn am Arm, zog ihn vom Strand weg, die Felsen hinauf in den Wald und von dort aus rannten sie nun zurück zum Haus, bis ihnen die Lungen brannten. Kaum waren sie jedoch dort angekommen, war der Spuk schlagartig vorbei, der Himmel brach auf und die liebe Sonne grinste harmlos und unschuldig auf sie hinab: „Sehr witzig!“ knurrte Stiles gen Himmel: „Wenn du jetzt anfängst, das Wetter persönlich zu nehmen, dann machst du es dir unnötig schwer, Stiles! Solche Wetterumschwünge stehen hier draußen an der Tagesordnung! “ erwiderte Derek: „Wie sieht´s aus? Hast du jetzt vielleicht Lust, schwimmen zu gehen?“ Stiles schaute ihn an, als hätte er nun restlos den Verstand verloren: „Sag´ mal, verarschst du mich? Ich bin nass bis auf die Haut und zum Eiszapfen erstarrt. Da spring´ ich doch jetzt nicht ins kalte Wasser!“ „Der Pool ist beheizbar, Stiles.“ erwiderte Derek geduldig: „Und bis das Wasser warm genug ist, könnten wir ja zum Aufwärmen noch einmal in den Yakuzi steigen. Was meinst du?“ „Klingt gar nicht mal so übel!“ gestand Stiles zu: „Auch wenn es eigentlich ökologisch absolut unvertretbar ist, bloß für uns zwei Figuren einen ganzen Pool aufzuwärmen.“ „Ökologisch unvertretbar!“ äffte Derek ihn mit verstellter Stimme nach, schnappte ihn beim Arm und zerrte ihn hinter sich her, in den Garten. Zuerst stellte er dort den Yakuzi an und ließ dann vollautomatisch die Plane über dem Pool zurückfahren. Stiles stand indes immer noch regungslos da und schaute ihm zu: „Was ist los? Willst du da festfrieren? Raus aus den nassen Klamotten und rein in den Yakuzi, sonst erkältest du dich noch! Und ich habe keine Lust, dich schon wieder aufzupäppeln, also sieh´ zu!“ Überrumpelt ließ Stiles die klammen Hüllen fallen und kletterte blitzschnell in den warmen Bassin. Es tat so unendlich wohl zu spüren, wie das Leben in seine Zehen, Fingerspitzen und Ohrläppchen zurückkehrte. Er schloss ganz einfach die Augen, ließ sich vom Wasser tragen und von den aufsteigenden Blubberblasen hin und her treiben, wie ein Blatt im Wind. Es war ganz einfach DER HIMMEL und Stiles fasste den Beschluss, hier erst wieder herauszukommen, wenn ihm Schwimmhäute gewachsen waren. Doch da hatte er die Rechnung ohne Derek gemacht, der sich irgendwann einfach seinen Fuß schnappte und versuchte, ihn aus der Wanne zu ziehen: „Komm´ du Faulpelz! Der Pool ist nun warm genug! Es wird Zeit, sich die Croissants wieder abzutrainieren!“ „Deshalb habe ich doch heute morgen schon ein Spaziergang am idyllischen Polarkreis unternommen!“ maulte Stiles unzufrieden. Aber dann fügte er sich doch in sein Schicksal, erhob sich, stieg aus dem Yakuzi, fing sofort wieder an, vor Kälte zu klappern, also rannte er hinüber zum Pool und hechtete mit einem Kopfsprung hinein. `Unfair!´, dachte er beim Eintauchen noch. `Derek schien absolut nie zu frieren! Er fühlte sich immer an, als ob er von innen her beheizt würde! Aber DIESEM Geheimnis käme er auch noch auf die Spur!´, nahm Stiles sich vor. `Wahrscheinlich war es einfach bloß diese unverschämte Masse an Muskeln, die solch einen Überschuss an Energie produzierte, dass es Derek gar nicht kalt werden KONNTE.´ Natürlich war Derek auch ein großartiger Schwimmer, stellte Stiles zu gleichen Teilen erregt und maulig fest. Sein Freund und Gastgeber durchpflügte den Pool im Delphin-Stil wie ein Profi, zog seine Bahnen, ohne dabei die geringsten Spuren von Ermüdung zu zeigen, während Stiles selbst sich gemütlich brustschwimmend fortbewegte, als sei er sein eigener Großvater. Es fehlte eigentlich nur noch eine drollige Badekappe! `Nicht auszudenken, was Derek mit dieser Kraft wohl im Schlafzimmer mit ihm anstellen könnte!´ rechnete Stiles sich aus und ein heiß-kalter Schauer überlief ihn. Zum Mittagessen bereitete Stiles heute grüne Bandnudeln mit Lachs in einer Dill–Weißwein-Sahnesauce zu. Derek sah so aus, als wolle er ein Bad darin nehmen, wie der Koch zufrieden registrierte. Und weil es nach dem Essen schon wieder in Strömen regnete, schlug Derek einen faulen Video-Nachmittag vor. Etwas, dass sich im Salon als Schrank getarnt hatte, entpuppte sich als Versteck für einen großen Fernseher, einen Videorecorder und grob geschätzt einhundert Kassetten. `Ein Videorecorder!´, dachte Stiles belustigt. So etwas hatte er ja schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Sie hatten Tee, Kekse und Wolldecken und machten es sich auf einem der Sofas gemütlich, während der Sturm durch alle Ritzen des Hauses pfiff und fette Regentropfen geräuschvoll an den Fensterscheiben zerschellten. Bei der Filmauswahl dachte Stiles, innerlich mit dem Kopf schüttelnd: `Straight, my ass!´, denn das, was ihm da geboten wurde, war selbst IHM zu schwul! Es gab: `Was geschah wirklich mit Baby Jane´ und danach `Der Zauberer von Oz´. Erst Joan Crawford und Bette Davis im allerschönsten Zickenkrieg und dann die kleine Dorothy die sich durch das technicolorbunte, wunderbare Land von Oz tanzte und sang. Stiles enthielt sich jeglichem Kommentars, aber er fragte sich ernsthaft, warum einem Kerl wie Derek so etwas gefiel. Und das war nicht das einzig merkwürdige, was sich während dieses Doublefeatures ereignete. Derek kroch nämlich klammheimlich immer näher an Stiles heran und legte schließlich seinen Kopf auf dessen Schulter ab. Stiles hatte das Gefühl, dies war wohl einer dieser seltenen, magischen und im Grunde undenkbaren Momente im Leben. So als wenn unmittelbar vor einem auf einer Lichtung im Wald plötzlich ein Reh erschien und ganz friedlich weiter äste. Oder als wenn einem ein Schmetterling auf der Nase landete und einfach dort sitzen blieb. Es war ein Moment, in welchem man einfach andächtig still hielt, damit der Zauber noch ein klein wenig länger währte. Und wenn Stiles auf dieser Welt auch etwas zu sagen hätte, dann dürfte dieser kleine Kurzurlaub nie zu Ende gehen, denn er war ganz einfach richtig glücklich. Und NEIN, das lag nicht daran, dass er gerade etwa zweihundert Gramm Schokokekse mit gesüßtem Tee heruntergespült hatte und seine Bauchspeicheldrüse kurz vor dem Exitus stand. Ihr Abendbrot nahmen Derek und Stiles ein weiteres Mal auf dem Lotterbett vor dem Kamin bei Kerzenschein ein, doch diesmal würden sie nicht hier einschlafen, wenn es in diesem Haus doch genug echte Betten für eine ganze Kompanie gab, beschloss Stiles. Allerdings wurde er gerade schon wieder verdächtig müde. Die Seeluft schaffte ihn und das hypnotische Zucken der Flammen und das Knistern der brennende Scheite im Kamin gaben ihm darüber hinaus nun beinahe den Rest. Eigentlich nur um sich wach zu halten fragte er: „Das Feuer, dass deine Familie getötet hat; ist das ein Unfall gewesen?“ „Nein!“ erwiderte Derek bloß und klang dabei ein wenig lauter und frostiger, als nötig. Blitzartig war Stiles wieder hellwach, als er sich klar machte, was das bedeutete: „Aber wenn es kein Unfall war, dann war es...!“ Er traute sich nicht weiterzusprechen, doch das erledigte Derek für ihn: „Mord, Stiles! Es war Mord!“ Dereks Tonfall riet ihm zwar, nicht weiter nachzufragen, doch so war Stiles nun einmal nicht programmiert: „Hat man die Täter je gekriegt? Ich hoffe sie verrotten lebenslang im schlimmsten Knast der Vereinigten Staaten!“ rief er böse. „SIE hat ihre Strafe erhalten!“ gab Derek sehr leise zurück: „Eine Frau hat das getan?“ fragte Stiles verblüfft: „Wer war sie? Warum hat sie das gemacht?“ „Sie war jemand, dem ich vertraut habe. Diesen Fehler werde ich vermutlich nie wieder machen, obwohl es nun ja ohnehin egal ist, denn sie sind alle weg. Und wenn du nach ihren Motiven fragst: Ich habe keine Ahnung! Ich schätze, sie war einfach eine Soziopathin; ohne Mitgefühl und ohne Reue.“ erwiderte Derek bitter. „`War´?“ fragte Stiles: „Ist sie tot?“ „Ja!“ kam es zurück, mit einem implizierten `Frag jetzt bloß nicht weiter!´ Stiles hörte es und ging dennoch darüber hinweg: „Hast DU sie getötet?“ „Nein, Stiles!“ erwiderte Derek, um Gelassenheit bemüht. „Ehrlich nicht?“ bohrte Stiles weiter: „Meine Familie, das sind mein Dad, Scott und dessen Mutter Melissa. Wenn jemand ihnen etwas antun würde, dann würde ich mich auf die Suche nach ihm machen, ihn jagen und töten!“ „Das sagst du nur, weil du nicht weißt, was es bedeutet, tatsächlich ein Leben zu nehmen!“ entgegnete Derek mit Schärfe in der Stimme: „Und noch einmal: Ich habe Kate nicht getötet!“ Stiles stutzte kurz. Dann sagte er: „Dann war es Peter! Er hat sie getötet, richtig?“ „ICH WILL DARÜBER JETZT NICHT MEHR SPRECHEN, STILES!“ knurrte Derek. Der Junge zuckte ein wenig zusammen und hielt sich vorerst an das verordnete Schweigen. Wenn Derek richtig sauer wurde, dann mischte sich immer so ein gebieterisches Donnern in seine Stimme. Stiles blickte den Freund eine Weile lang einfach bloß prüfend an. Dann wollte er wissen: „Darf ich dir eine Frage stellen?“ „`Darf ich dir eine Frage stellen?´ ist doch bereits eine Frage.“ bellte Derek. „Huh?“ machte Stiles zunächst begriffsstutzig und sagte dann: „Nein, eine andere Frage!“ „Nein!“ erwiderte Derek Doch als hätte er überhaupt nichts gesagt, fragte Stiles dennoch: „Erzählst du mir etwas über deine Familie?“ Erneut ertönte ein unmissverständliches: „Nein!“ „Dann halt nicht.“ erwiderte Stiles: „Dann erzähle ich dir eben von MEINER Mom!“ Derek rollte mit den Augen. Stiles begann dennoch: „Ihr Haar war blond und hat immer irgendwie nach Honig gerochen. Es fühlte sich weich in meinem Gesicht an, wenn sie mir meinen Gute-Nacht-Kuss gegeben hat. Nach ihrem Tod hat mein Vater nie wieder eine ernsthafte Beziehung begonnen. Ich schätze, er vermisst sie noch immer. Ich auch! Die Krankheit, an der sie gestorben ist heißt frontotemporale Demenz. Sie ist erblich, also ist es möglich, dass ich sie auch eines Tages bekomme. Es geschah alles ganz langsam und schleichend. Dad und ich haben es zunächst gar nicht richtig mitbekommen. Sie hat sich anfänglich nur manchmal ein bisschen eigenartig benommen, hat komische Sachen gemacht, wie mir zum Mittagessen bloß Schokolade zu geben, oder so, doch nach und nach veränderte sich ihre ganze Persönlichkeit und schließlich fing sie an, richtig gemeine Sachen zu Dad und mir zu sagen. Am Ende konnte sie nicht einmal mehr sprechen. Mein Vater war im Dienst, als sie starb. Aber ich war bei ihr. Bis zum Schluss und ich habe ihre Hand gehalten. Damals war ich neun.“ Stiles hatte gar nicht gemerkt, dass er zu weinen begonnen hatte. Erst, als Derek ihn in seine Arme zog, wurde ihm das bewusst. Doch was machte das schon? Es war schließlich nicht das erste Mal, dass der Ältere ihn heulen sah! Egal! Sollte er ihn doch für einen Waschlappen halten! Er kuschelte sich gegen Dereks Brust und saute ihm hemmungslos sein Shirt mit Rotz und Tränen voll. Irgendwann erhob sich Derek und Stiles glaubte er wolle nun zu Bett gehen, doch in Wirklichkeit legte er lediglich zwei weitere Scheite in den Kamin. Und dann begann er zu sprechen: „Ich hatte zwei jüngere Schwestern; Cora und Laura. Die zwei haben sich stets einen Sport daraus gemacht, mich zu quälen, aber das ist wohl das Schicksal eines großen Bruders und ich habe sie trotzdem abgöttisch geliebt. Laura ähnelte in ihrem Wesen dir, Stiles. Sie war lustig, wahnsinnig clever, mit einer spitzen Zunge und sie war irgendwie zäh und mutig, auf eine leichtsinnige Art und Weise. Cora dagegen war ein bisschen so wie ich: Einsilbig, stoisch, dickköpfig und ein bisschen... impulsiv!“ Stiles fand es interessant, wie der Ältere über ihn dachte. Und auch über sich selbst Derek fuhr fort: „Meine Mutter war… eine geborene Anführerin. Sie hatte fünf Geschwister und außer Peter hatten diese allesamt selber Kinder. Peter war der jüngste im Wurf… ähm… ich meine, in der Geschwisterfolge. Ich vermisse meine Mutter sehr. Am meisten vermisse ich ihren Rat, denn sie wusste immer, was zu tun ist. Doch nun habe ich den größten Teil der Zeit das Gefühl, ich treibe einfach nur so haltlos vor mich hin!“ Derek sah unbehaglich aus, so als habe er bereits viel mehr erzählt, als er eigentlich gewollt hatte. Stiles hatte das Bedürfnis, irgendetwas zu tun, damit der große starke Kerl sich nicht mehr so entblößt vorkam: „Das ist Blödsinn, Derek!“ versicherte er also: „Wenn du wirklich so furchtbar haltlos wärst, könntest du mir nicht dieses Gefühl geben, dass ich in deiner Nähe immer habe. Ich fühle mich immer absolut sicher bei dir. Das, was du alles für mich getan hast, ist der Wahnsinn und ich werde es nie wieder gut machen können. ICH war haltlos und außerdem völlig am Ende, bevor ich dich getroffen habe, aber du hast alles wieder gut gemach! Du bist mein Fels!“ Derek rollte die Augen und nannte Stiles einen „Spinner“, doch in Wirklichkeit liebte er es wohl, so von ihm gesehen zu werden. Dies wurde zu einer weiteren Nacht, in der die beiden nicht ins Bett fanden, sondern gemeinsam vor dem Kamin einschliefen. Die kommenden beiden Tage vergingen wie im Flug, mit gutem Essen, uralten Hollywoodstreifen, Spaziergängen und Gesprächen, doch auch der schönste Urlaub ging einmal zu Ende. Stiles wusste irgendwie, wenn sie nun heimkehrten, wäre dieser kleine Abstecher in seinen persönlichen, sexlosen siebten Himmel vorbei. Und wie auf´s Stichwort, kaum dass sie im Auto saßen, um die Rückfahrt anzutreten, erhielt Derek eine Kurzmitteilung auf seinem Handy. Er las sie und Stiles musste nicht fragen, wer ihm da geschrieben hatte, denn sein Freund hatte dieses Grinsen auf dem Gesicht, das bedeutete: `Ich bekomme Sex!´ Ganz offensichtlich hatte Braeden sich angekündigt. Kapitel 16: Close, but no cigar! -------------------------------- Vorwort: Triggerwarnung: Drogen und Alkohol! Und an alle STEREK-Fans da draußen: Hasst mich nicht und habt noch ein bisschen Geduld mit mir! ;-) Liebe Grüße Ginger _______________________________________________ Derek bemühte sich wirklich, diskret zu sein. Wenn er aufbrach, sagte er nicht: „Ich treffe mich mit Braeden!“ Er sagte einfach nur: „Ich ziehe los. Kann spät werden,“ oder etwas in dieser Art. Doch irgendwie machte es das alles noch viel schlimmer! Derek nahm Rücksicht auf Stiles! Er hatte Mitleid mit ihm! Das war nun wirklich das ALLERLETZTE! Stiles hasste es und es verursachte in ihm eine Scheißwut! Und am schlimmsten war, dass Braeden diesmal nicht einfach bloß auf eine Stippvisite vorbeigekommen war. Sie hatte Urlaub und würde gleich MEHRERE WOCHEN bleiben! Doch Danny war ein Schatz! Die letzten beiden Spätschichten hatten sie gemeinsam gearbeitet und sein Kollege hatte sich beinahe ein Bein ausgerissen, um Stiles aufzumuntern. Er zog wirklich alle Register, wies Stiles jedes Mal darauf hin, wenn ein Kerl Interesse zeigte, sagte ihm, wie heiß er in seinem Outfit aussah, tätschelte ihn zwischendurch, oder schenkte ihm ein Zwinkern oder Lächeln. Sie hatten das Café für heute geschlossen und waren mit dem Aufräumen und Saubermachen fertig. Stiles graute es nun davor, in Dereks leeres Apartment zurückzukehren. Da kam Danny mit dem halben Käsekuchen an, der heute übriggeblieben war. In der anderen Hand hielt er zwei Gabeln und er verkündete: „Was gut für die `Golden Girls´ ist, ist auch gut für uns beide!“ Stiles kicherte: „Sprichst du von dieser Fernsehserie mit den alten Ladies? Die ist doch schon lange vor unserer Geburt abgedreht worden.“ Danny zuckte mit den Schultern: „Na und! Ich finde sie toll. Ich habe die DVD-Collection zuhause! Und nun iss´! Das hilft gegen Herzschmerz, Heimweh und Wechseljahresbeschwerden!“ „Ich habe keine Wechseljahresbeschwerden!“ stellte Stiles klar, nahm einen großen Bissen und fügte mit vollem Mund hinzu: „Isch bin übrigensch Blanche!“ „Irrtum, Kumpel! ICH bin Blanche!“ bestimmte Danny: „Du machst dich nicht gut in der Flittchen-Rolle, kleine Jungfrau. Aber weißt du was? Du kannst die süße, naive Rose sein.“ Stiles schüttelte verdrießlich den Kopf und brummte: „Nein, vermutlich bin ich eher die schlaue, aber sexlose Dorothy!“ Danny beugte sich über den Tresen und küsste seinen Kollegen auf die Stupsnase: „Iss´ dein Trostfutter, Kleiner, ja? Und tu dir selbst einen Gefallen und vergiss´ deinen Prinzen! Er mag zwar heiß sein, aber was soll´s? Du bist jung und wahnsinnig süß! Du solltest in schönen Kerlen BADEN, dir jede Nacht einen Anderen mitnehmen und dich hemmungslos amüsieren! Dies hier sind schließlich deine besten Jahre, Schätzchen!“ Stiles schenkte ihm einen herzzerreißenden Blick: „Will ich aber nicht. Ich will bloß IHN! Und nicht, weil er schön ist. Auch nicht, weil er lieb ist und mich gerettet hat, sondern weil ich weiß, das es Bestimmung ist! Wir gehören einfach zusammen!“ Danny legte den Kopf in den Nacken und lachte: „Okay, das war´s! Keine Rom-Coms mehr für dich! Die setzen einem bloß romantische Flausen in den Kopf. Dein Prinz liegt jetzt bei seiner Prinzessin und sie wälzen sich in den Laken. Halt dir das einfach vor Augen! Es mag keine schöne Vorstellung für dich sein, aber dafür ist sie umso heilsamer! Lass´ einfach los! Und dann machst du dich auf die Socken und amüsierst dich noch viel mehr, als er es tut!“ „Warst du schon einmal verliebt?“ fragte Stiles ernst: „Einmal.“ gab Danny zurück: „Hab´s mir abgewöhnt!“ Stiles blickte den Freund prüfend an, hielt es aber dennoch für klüger, nicht nachzufragen. Stattdessen stachen sie beide weiter beherzt mit den Gabeln auf den Kuchen ein und so dauerte es nicht lange, bis dieser verspeist war: „So! Und jetzt gehen wir los und suchen dir eine Ersatzbefriedigung der etwas anderen Art, einverstanden?“ rief Danny aus und klatschte begeistert in die Hände: „Du magst sie groß, düster und muskulös? Da sollte sich doch das passende auftreiben lassen!“ Stiles lächelte entschuldigend: „Sorry, aber ich schätze, ich bin noch nicht so weit. Ich werde jetzt in eine dunkle, leere Wohnung heimkehren, mir eine warme Milch mit Honig machen und so lange wichsen, bis ich einschlafen kann.“ „Was für eine Verschwendung!“ kommentierte Danny, strubbelte ihm liebevoll durch das Haar und stellte dann den Kuchenteller in die Spülmaschine. Bevor sie auseinandergingen probierte Danny es noch ein weiteres Mal: „Also was ist nun? Letzte Chance, um deine Unschuld an einen Fremden in einem Darkroom zu verschleudern! Bist du dabei?“ Stiles lächelte müde, schüttelte den Kopf und stimmte die Titelmusik der `Golden Girls´ an: `Thank you for being a friend...´. Danny lachte. Sie umarmten sich und verabschiedeten sich von einander. Stiles hatte die Erlaubnis, sich in Dereks Bett zu legen, wenn dieser nicht da war und das tat er auch. Kurz nach dem Morgengrauen hörte er allerdings, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Derek kam auf direktem Weg ins Schlafzimmer, zog sich alles bis auf die Boxershorts aus, ließ die Sachen einfach auf dem Boden liegen, sagte: „Hey Kleiner!“ als er sah, dass Stiles wach war, plumpste neben ihn ins Bett, wie ein Stein und brauchte keine Minute, ehe er unter leisem Schnarchen eingeschlafen war. Stiles schnaubte empört. Was fiel Derek bloß ein, hier mitten in der Nacht anzutanzen, nach den Pheromonen einer nubischen Göttin zu riechen und zu denken, es sei in Ordnung, seinen Luxuskörper einfach so neben ihn in sein EIGENES Bett zu legen? So ein Flegel! Gab es keine Gesetze gegen so etwas? Der Junge klaubte seine Decke und sein Kissen zusammen, verzog sich schmollend auf die Couch und stellte die Glotze an. Es lief eine Folge der `Golden Girls´. „Habe ich geschnarcht, mich zu breit gemacht oder dir die Decke geklaut?“ fragte Derek am folgenden Morgen stirnrunzelnd, als er aus dem Schlafzimmer kam und Stiles auf dem Sofa vorfand: „Ja!“ brummte der Junge: „`Ja´ was?“ fragte Derek verwirrt: „Ja, du hast all´ diese Dinge gemacht!“ behauptete Stiles: „Und außerdem musste ich wohl ein bisschen für mich allein sein.“ Derek seufzte und setzte sich zu ihm: „Tut mir leid, dass es weh tut, Kleiner! Was kann ich für dich tun, damit es besser wird?“ Stiles knurrte ein wenig: „Zuerst einmal kannst du aufhören, mich mitfühlend anzuschauen! Und ansonsten kannst du gar nichts tun. Es ist, wie es ist und es ist nicht zu ändern. Ich bin nicht das, was du willst, aber vielleicht lerne ich ja irgendwann, mich zu `entlieben´. Oder ich nehme mir einen Strick, oder so.“ Derek begann damit, Stiles zu streicheln, doch der drehte sich mit einem Ruck herum und so erhob sich der Ältere seufzend und ging in die Küche, um einen Kaffee aufzusetzen. Stiles erhob sich schließlich müde, um French-Toast für sie zum Frühstück zu machen und anschließend saßen sie beide einander am Küchentresen gegenüber und aßen schweigend. So vergingen Tage und Wochen. Stiles ging zur Arbeit, übernahm teilweise sogar Doppelschichten, weil erst Jackson und dann Isaac erkältet waren und es ihm gelegen kam, denn so war er wenigstens abgelenkt. Manchmal ging Stiles im Anschluss auch noch mit den Jungs aus dem Café zum tanzen, doch sobald ein Kerl Interesse zeigte, hatte er schon keine Lust mehr. An manchen Tagen war es zwischen Derek und ihm dann wieder so, wie früher; Stiles kochte, sie schauten irgendeinen alten Film, kuschelten sogar ein wenig miteinander und es war wirklich schön! Das waren dann wohl die Abende, an denen Braeden Derek zuvor erklärt hatte: `Tut mir leid, Süßer aber heute habe ich etwas wichtigeres zu erledigen, als dich!´ Für Stiles war bloß schwer vorstellbar, was das bloß sein konnte. Wenn er an ihrer Stelle wäre, würde er Derek in jeder freien Minute ans Bett fesseln. Vielleicht sogar wortwörtlich! Doch natürlich war er nicht an ihrer Stelle und würde es auch nie sein. Stiles befolgte Dannys Rat und hielt sich vor Augen, wo Derek war und was er tat, wenn er nicht bei ihm war. Und es erfüllte ihn mit Bitterkeit. Er konnte es einfach nicht verstehen! Braeden und Derek passten überhaupt nicht zu einander. Sie mochten zwar diese Körper haben, die sich ineinander fügten, wie zwei Puzzle-Teile, doch abgesehen davon...? Derek brauchte jemanden, der für ihn da war, sich um ihn sorgte, ihm Sicherheit und Stabilität gab. Konnte diese Braeden denn überhaupt kochen? Braeden war wie eine Katze; unabhängig, selbstständig, eine Streunerin! Sie suchte doch eigentlich nur nach jemandem, der hin und wieder ihre Laken wärmte und sie abgesehen davon gefälligst nicht einschränkte. Stiles hingegen hätte Derek jedes Versprechen gegeben. Er würde `Für immer!´ sagen und es auch so meinen. Ihre Körper waren vielleicht keine Puzzle-Teile, aber dafür doch ihre Seelen, richtig? War es da wirklich so wichtig, was sich zwischen seinen Beinen befand? Oder hatte Danny am Ende recht und Stiles war bloß ein romantischer Spinner? Eins stand jedenfalls fest: So wie es war, konnte es nicht weitergehen! Beim Frühstück wollte Derek heute wissen: „Essen wir später wieder zusammen?“ Stiles schüttelte den Kopf: „Ich bin zum Mittag bei Mason und seinem Freund eingeladen und danach muss ich arbeiten. Aber ich habe einen Auflauf für dich vorbereitet. Du stellst ihn einfach bei zweihundert Grad eine halbe Stunde in den Ofen, wenn du Hunger bekommst.“ „Danke!“ sagte Derek, doch irgendwie sah er nicht wirklich glücklich aus. `Nicht sein Problem!´, sagte sich Stiles und fügte noch hinzu: „Es reicht für zwei, falls du... ich weiß nicht... jemanden einladen willst, oder so.“ „Irgendwie sehe ich dich kaum noch!“ klagte Derek. Stiles warf ihm einen finsteren Blick über seine Müslischale hinweg zu und wollte rufen: `Ist das vielleicht meine Schuld? Sage ich dir etwa, dass du ständig im Bett deiner heißen Freundin liegen sollst?´ In Wirklichkeit sagte er bloß schulterzuckend: „Ich hab´ eben zu tun!“ Wieder dieser unzufriedene Gesichtsausdruck von Derek. Stiles sah es nicht ohne eine gewisse Genugtuung! Sich mit einem frisch verliebten, glücklichen Paar zu treffen war wohl doch keine so gute Idee, stellte Stiles später fest. Alan und Mason waren so glücklich, süß und lieb miteinander, dass er sich am liebsten einen Baseballschläger über den Kopf geschlagen hätte. Das Glück dieser beiden machte, dass er sich gleich zweimal so einsam fühlte. Die zwei schienen davon jedoch nichts mitzubekommen. Erst als Stiles seinen Kopf auf die Tischplatte plumpsen ließ, fragte Deaton: „Und Stiles? Wie läuft es mit dir und deinem Wolf?“ Stiles hob den Kopf wieder und blickte ihn fragend an: „Erinnerst du dich nicht? So haben wir uns kennengelernt! Du wolltest den Stofftierwolf aus meinem Schaufenster für einen besonderen Menschen haben!“ erklärte der Buchhändler. Stiles nickte: „Ich erinnere mich.“ Er zuckte mit den Schultern: „Der `Wolf´ ist lieber bei seiner Wölfin, als bei mir.“ „Es tut mir leid, das zu hören!“ gab Alan mitfühlend zurück: „Da kann man wohl nichts machen!“ erwiderte der Junge seufzend, in der Hoffnung, das Thema damit zu beenden. Das Essen war wirklich gut; Mason hatte gekocht. Überdies gaben seine Gastgeber sich alle Mühe, dafür zu sorgen, dass Stiles sich wohlfühlte. Er war dennoch froh, als es schließlich Zeit wurde, zur Arbeit aufzubrechen. Heute hatte er gemeinsam mit Ethan die Spätschicht und darüber war er froh. Dannys mütterliches Getue hätte er heute nicht ertragen, ein kaltes Arschloch wie Jackson allerdings auch nicht. Und Isaac, mit seinen ganzen kleinen, merkwürdigen Ticks wäre auch nicht der Richtige, bei Stiles mieser Stimmung, doch Ethan; unsentimental, ohne allzu großen Tiefgang, aber trotzdem wirklich lieb, war der perfekte Kollege für den heutigen Abend. Er schaffte es sogar ein paar Mal, Stiles zum Lachen zu bringen Irgendwann wies er Stiles darauf hin: „Dieser Opa ist wieder da!“ `Dieser Opa´ war eigentlich gar keiner. Es war ein Kerl Anfang fünfzig, der Stiles bereits in seiner allerersten Schicht seine Telefonnummer zugesteckt und seitdem nicht locker gelassen hatte, sondern ihm sogar regelrecht nachstellte. Er war häufig da, wenn Stiles seine Schicht hatte, blieb dann immer ewig und ließ die Augen nicht von ihm. Er war ein ziemlich gutaussehender Kerl; groß, muskulös, mit strahlend blauen Augen und noch all seinen Haare und Stiles hätte sich auch nicht davon abhalten lassen, dass er vermutlich in etwa so alt wie sein Dad war. Aber irgendetwas an diesem Typen ließ ihn dennoch davor zurückschrecken, auf seine Flirtversuche einzugehen. Dieser Mann war ein wenig ZU hartnäckig, seine Blicke ein wenig ZU intensiv und so blieb Stiles lieber auf Abstand. Und gerade heute hatte er schon mal gar keine Lust auf unerwünschte Avancen: „Machst du seinen Tisch?“ bat Stiles also seinen Kollegen: „Sicher.“ gab Ethan zurück: „Auch wenn der Tattergreis enttäuscht sein dürfte, denn an mir hat er ja nun einmal so gar kein Interesse.“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Scheiß drauf! Dann wird er sich heute eben mit dem Trinkgeld zurückhalten. Ist mir egal!“ Als ihre Schicht zu Ende war, war Stiles irgendwie erleichtert. Normalerweise arbeitete er gern, doch schlecht gelaunt, wie er heute war, hatte er eher das Bedürfnis, sich schmollend in eine Ecke zu legen. Nach dem aufräumen saß er mit Ethan noch eine Weile an einem der Tische. Einem Impuls folgend fragte er seinen Kollegen: „Sag´ mal, hast du noch welche von den Pillen, die du mir vor einer Weile mal angeboten hast?“ Ethan schaute ihn mit großen Augen an: „Yupp! Aber ich gebe dir keine!“ gab er zurück: „Wenn ich es täte, würde Danny mir nämlich die Eier abreißen und an denen hänge ich nun einmal! Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie schießt Danny bei dir immer die Muttermilch ein.“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Scheinbar löse ich das bei einigen Männer aus.“ erwiderte er und dachte dabei an Derek. Dann grinste Ethan plötzlich und gab zurück: „Aber wenn du dich wegschießen und deinen Liebeskummer für ein paar Stunden vergessen willst weiß ich etwas anderes. Kommst du mit zu mir?“ Stiles war es recht, denn er hatte ohnehin keine Lust in eine Wohnung zurückzukehren, in der Derek nicht war. Und so saß er eine halbe Stunde später neben Ethan im Schneidersitz auf dessen Bett mit dem pornoroten Laken und schaute ihm dabei zu, wie er aus mehreren, aneinandergeklebten Papers ein wenig Tabak und einer ziemlichen Menge würzig riechendem Gras den größten Joint fertigte, den Stiles je gesehen hatte. Als Ethan fertig war, hielt er das konisch geformte Prachtstück hoch und erklärte: „So etwas nennt man in meinen Kreisen einen `Jeff Stryker´!“ Stiles kicherte und schaute dabei zu, wie Ethan das Hütchen an der Spitze des Joints abbrannte und sich diesen dann ansteckte. Nach zwei tiefen Zügen reichte er ihn weiter und Stiles inhalierte tief den würzigen, bitteren Rauch und behielt ihn so lange in den Lungen, wie er es aushalten konnte und schnappte dann nach Luft. Es dauerte scheinbar eine Ewigkeit, bis sie das Ungetüm aufgeraucht hatten und bei den letzten Zügen empfand Stiles eigentlich eher Unbehagen als Vergnügen, doch er wollte sicher gehen, dass die Dosis groß genug war, um gründliches Vergessen zu gewährleisten und so hielt er durch. Kaum waren die sterblichen Überreste dieses `Jeff Strykers´ im Aschenbecher ausgedrückt, ließ Stiles sich nach hinten auf das Bett fallen und war für die nächste Zeit, von der er unmöglich hätte sagen können, ob es sich um Minuten oder Stunden handelte, absolut bewegungsunfähig. Ethan hatte sich an seine Seite gelegt und damit begonnen, sein Gesicht und seinen Oberkörper zu streicheln. Weil sich das angenehm und beruhigend anfühlte und wie der Anker, der dafür sorgte, dass Stiles nicht irgendwohin ins Nirwana abdriftete, ließ er Ethan gewähren. Irgendwann wollte Stiles wissen: „Hast du vielleicht etwas zu trinken? Und etwas Süßes?“ Ethan, der mit Kifferhunger wohl vertraut war grinste, erhob sich, verschwand und tauchte kurze Zeit später mit Schokodragees und Gummibärchen, jeweils in einer Großpackung und einer halben Flasche Whiskey wieder auf. Stiles hatte zwar eigentlich eher an Wasser gedacht, nahm aber dennoch zwei große Züge des scharf-brennenden Gesöffs und schob schnell eine handvoll Schokodragees hinterher, um den widerlichen Geschmack loszuwerden. Die Süßigkeiten kamen Stiles vor, wie reinstes Ambrosia. Zweifelsohne das Beste, was er je gegessen hatte! Und obwohl es sich vermutlich um mindestens ein Kilo Zucker gehandelt hatte, das Ethan da angeschleppt hatte, schafften die beiden es dennoch in kürzester Zeit, das ungesunde Zeug durch Verzehr zu vernichten. Überraschender Weise fühlte Stiles sich hinterher wieder ein bisschen klarer im Kopf. Und nun knutschten und fummelten Ethan und er ein wenig. Doch irgendwie schien es ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen ihnen beiden zu geben, dass es dabei auch bleiben sollte, denn keiner von ihnen versuchte sich Zugang zur Jeans des jeweils Anderen zu verschaffen. Irgendwann verkündete Ethan dann, dass er jetzt müde sei und bot an: „Wenn du willst, kannst du ruhig hier schlafen, Stiles!“ Der Angesprochene hatte jedoch gerade andere Pläne gefasst: „Danke, aber ich gehe jetzt jemanden besuchen!“ verkündete Stiles: „Aber nimm ein Taxi, okay? Nicht, dass du in deinem Zustand noch vor ein Auto rennst!“ befahl Ethan schläfrig: „Denn auch dafür würde Danny mir die Eier abreißen! Außerdem wäre es wirklich schade um dich!“ „Versprochen! Und Danke!“ sagte Stiles, gab Ethan noch einen kleinen Abschiedskuss, deckte ihn richtig zu und machte sich dann aus dem Staub. Als er dem Taxi entstiegen war, fragte Stiles sich selbst noch einmal, ob er sich seiner Sache WIRKLICH VOLLKOMMEN SICHER war. Die ehrlichste Antwort, die er sich selbst darauf geben konnte war: `So sicher, wie es in seinem benebelten Zustand eben möglich war!´ Und so stieg er die Treppen hinauf und drückte den Klingelknopf mit dem Namen `Hale´ darauf. Wäre er nüchtern gewesen, hätte er sich vielleicht kurz die Frage gestellt, ob es dreist war, hier einfach so um halb zwei Uhr morgens aufzuschlagen, doch zum Glück war wer ja stoned und betrunken und darum war es ihm egal. Peter öffnete beim zweiten Klingeln und war ganz offensichtlich noch nicht im Bett gewesen. Er sah sexy aus mit seiner breiten Brust in seinem Unterhemd und mit seiner engen Trainingshose. Sexy und gefährlich! „Prinzessin!“ rief der Ältere überrascht: „Na so was! Dass du mich mal besuchst?“ Stiles schlüpfte durch die Tür, hielt sich vorsichtshalber lieber an einer Wand fest und verkündete: „Da bin ich! Du kannst mich haben! Lass´uns ficken!“ Peter lachte leise und schüttelte den Kopf: „Das ist wirklich süß, Prinzessin, aber ich verzichte. Danke! Diese ganze Sache stinkt zu sehr nach Rache und Verzweiflung und das ist leider echt nicht sexy!“ Stiles fühlte sich, als verstünde er die Welt nicht mehr: „Scheiße, Peter! Du willst mich doch! Seit Monaten baggerst du an mir herum und du hast mir sogar mehrfach Geld angeboten und nun weist du mich zurück? Ist das irgend so ein krankes Spiel von dir?“ Er trat auf Peter zu und griff beherzt in dessen Schritt, einerseits um diesen zu überzeugen, seine Meinung zu ändern, andererseits jedoch auch deswegen, weil er etwas brauchte, um sich daran festzuhalten, denn irgendetwas stimmte nämlich mit dem Boden nicht. Er schwankte! Möglicherweise ein Erdbeben, dachte Stiles beiläufig. Immerhin waren sie hier in San Francisco! „Woah!“ rief Peter lachend, nahm Stiles Finger von seinen Genitalien und legte ihm unterstützend einen Arm um die Hüfte: „Das lassen wir mal schön bleiben, Süßer, denn auch wenn mein Neffe dir zweifelsohne etwas anderes hat weismachen wollen, mag ich meine Sexualpartner am liebsten bei vollem Bewusstsein und du, Stiles, bist VOLL WIE EIN EIMER! Und warum deine Augen so rot und trübe sind, frage ich wohl lieber gar nicht erst.“ „Na und! Dann bin ich eben, besoffen und bekifft! Ich weiß immer noch meinen Namen, welches Jahr wir haben und leider auch, wer gerade Präsident ist! Und ich weiß, was ich will! Ich will endlich Sex, verflucht! Komm´ schon, Peter! Du bist heiß, ich bin schon halb hart, also lass´ es uns tun! Du machst es doch mit jedem! Also warum dann nicht mit mir, huh?“ Peter schaute ihn irgendwie mitleidig an, küsste ihn auf die Wange und sagte: „Komm erst mal rein, Kleiner! Ich wollte mir gerade `Stirb Langsam´ Teil 4 und 5 anschauen. Du kannst mir Gesellschaft leisten.“ Stiles schmollte, doch er folgte Peter in sein Wohnzimmer. „Willst du was trinken, Stiles?“ wollte der Ältere wissen. Stiles nickte und traute seinen Augen kaum, als Peter ihm sein Glas hinstellte: „Was ist das?“ fragte er, um noch einmal sicherzugehen, dass es sich nicht um einen Irrtum handelte. „Wonach sieht es denn aus, huh? Das ist Milch! Das erschien mir angemessen, wo du dich doch noch im Wachstum befindest und dich außerdem gerade wie ein Dreijähriger aufführst und so!“ Stiles verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte verächtlich, wie ein Dreijähriger. Peter kicherte und verkündete: „Ich mache dir ein Sandwich, Prinzessin!“ Wortlos und ohne eine Dankeschön, wie eine richtige Göre grapschte Stiles nach dem Sandwich, spülte mit der Milch nach, wischte sich den weißen Bart, den das auf seiner Oberlippe hinterließ mit dem Handrücken ab und als der Film begann, rollte er sich auf dem Sofa zusammen. In der Mitte von Teil 5 bemerkte Stiles: „Bruce Willis sieht aus wie du!“ „Wie bitte?“ empörte sich Peter: „Der Kerl ist alt und hat keine Haare mehr!“ Stiles schenkte ihm ein freches Grinsen: „Das sagst du nur, weil du immer noch beleidigt bist!“ gab Peter zurück und stellte den Film auf Pause: „Was ist denn nun eigentlich mit dir und meinem Neffen?“ „Er hat eine Ehefrau und eine Geliebte. Und jetzt rate mal, welche von beiden ICH bin!“ maulte Stiles: „Sag´ s mir ehrlich, Peter: Stimmt irgendetwas nicht mit mir? Bin ich echt so ein Ladenhüter? Wieso zum Teufel bin ich immer noch Jungfrau?“ „Na ja, wenn deine kleine Darbietung von vorhin typisch für deine Geschlechtverkehrsanbahnungsversuche war, würde ich sagen, es liegt daran! Hast du meinem Neffen vielleicht Angst gemacht?“ „Du bist echt ein Arsch, Peter!“ knurrte Stiles: „Du machst dich doch bloß lustig über mich, dabei bin ich doch schon am Boden! Hast du nichts Hilfreicheres anzubieten? Nur zur Erinnerung: Ich bin geil und unter Drogen!“ Peter blickte ihn lange an. Dann seufzte er und sagte: „Also gut, Stiles. Du willst etwas Hilfreiches? Wir zwei werden jetzt ein kleines Spiel spielen. Ich nenne es `Close, but no cigar´.“ Der Junge blickte ihn ratlos an, doch da war Peter schon aufgestanden, hatte ihn bei der Hand genommen und zog ihn auf die Füße: „Wohin gehen wir?“ fragte Stiles verunsichert: „Na, dahin wo du hin wolltest; in mein Schlafzimmer!“ antwortete der Ältere und ging voraus. Als sie dort angekommen waren, wollte Stiles wissen: „Und was kommt nun? Wie funktioniert dieses Spiel? Was muss ich tun?“ Peter grinste listig und Stiles fand es zur selben Zeit erregend und furchteinflößend: „Du wirst dich jetzt ausziehen und abgesehen davon wirst du gar nichts machen und bloß das Wachs in meinen Händen sein, kapiert?“ Als Stiles nichts tat, sagte Peter nachdrücklich: „Mach´ schon, ehe ich es mir anders überlege, Prinzessin!“ Stiles gehorchte also, legte zögerlich seine Kleider ab, registrierte jedoch, dass Peter die seinen anbehielt. Er schämte sich und verschränkte die Arme vor seinem Körper. Peter lächelte: „Na, komm´ schon, Süßer! Ich beiße nicht und ich schwöre, dieses Spiel wird dir gefallen.“ Er nahm ihn erneut bei der Hand, führte ihn zum Bett und ließ ihn sich hinlegen. „Kondome?“ nuschelte Stiles, weil er ganz kurz einen wachen Moment hatte: „Wir brauchen keine!“ versicherte Peter, legte sich nun mit seinem ganzen Gewicht auf den Jungen und blickte auf ihn hinunter. Stiles gab ein kleines, zufriedenes Seufzen von sich und spreizte die Beine. Als er den Versuch unternahm, Peter sein Unterhemd auszuziehen, wurde er von diesem aufgehalten: „Was habe ich denn gerade gesagt? Du tust hier rein gar nichts und lässt mich einfach machen! Hast du verstanden, Stiles?“ fragte er streng Der Junge nickte ein wenig eingeschüchtert und verschränkte die Arme über den Kopf: „So ist es brav!“ lobte ihn Peter und umfuhr dann mit der Zungenspitze sehr zart die herzförmigen Lippen des Jungen, bis er ihn schließlich küsste. Stiles war zunächst ein wenig überrumpelt von der Zunge, die verlangend in seinen Mund stieß und mit seiner rang. Die Dominanz, die in dieser Geste lag, ging Stiles durch und durch. `Was für ein Küsser!´, dachte er und gab jeden Widerstand auf. Doch dann entzog Peter ihm urplötzlich seinen Mund. Stiles wollte sich schon beschweren, wurde dann aber entschädigt durch den warmen, feuchten Atem und die talentierte Zunge, welche sich zunächst an seiner Ohrmuschel, dann an seinem Hals und schließlich an seinen Brustspitzen zu schaffen machte. Er stöhnte, bäumte sich auf vor Lust und hatte beinahe das Gefühl, den Verstand zu verlieren. Irgendwann forderte Peter, dass Stiles sich auf den Bauch drehen sollte, so dass dieser schon die Hoffnung hatte, nun endlich am Ziel zu sein, doch Peter fuhr einfach bloß damit fort, ihn in den Wahnsinn zu treiben, indem er an seinem Nacken, seinem Rücken, seinem Gesäß und der empfindlichen Rückseite seiner Oberschenkel, nippte, knabberte und leckte: Irgendwann rief Stiles verzweifelt: „Bitte Peter! Ich halt´s nicht mehr aus!“ Und da hörte der Ältere einfach auf mit dem was er tat. Stiles drehte sich ruckartig um und blickte Peter entgeistert an: „Und nun?“ fragte er fassungslos: „Willst du mich jetzt etwa einfach so liegen lassen?“ „Close, but no cigar! So sind die Spielregeln!“ gab dieser ungerührt zurück: „Du bist echt ein Arsch!“ wiederholte Stiles und boxte den Älteren in den Oberarm. Peter grinste bloß und erwiderte: „Sei nicht traurig! Es ist nämlich NICHT gegen die Spielregeln, wenn du dir jetzt selbst ein bisschen hilfst.“ „Hier? Und vor deinen Augen?“ fragte Stiles entsetzt. Peter grinste bloß. Stiles rang einen Moment mit sich und funkelte sein Gegenüber böse an. Dann dachte er sich: `Scheiß drauf! Wenn er jetzt nichts unternahm, würde er vermutlich eine Thrombose im Penis oder so riskieren!´ und so begann er tatsächlich, selbst Hand an sich zu legen. Peter beobachtete ihn genau und Stiles hielt seinem Blick grimmig stand. `Dies war eine sehr ärgerliche Situation!´, fand er. `Eine ärgerliche und leider auch eine verdammt aufregende Situation! Es dauerte länger als sonst, wenn Stiles es sich selbst machte, was vermutlich am Gras lag, doch schließlich hatte er einen Wahnsinnsorgasmus und ließ sich anschließend atemlos in die Kissen fallen: „Du bist so ein Arsch, Peter!“ schimpfte er noch ein letztes Mal und warf seinem Bettnachbarn einen finsteren Blick zu: „Sorry, Prinzessin, aber Spielregeln sind Spielregeln!“ Sagte Peter lachend und zog Stiles in seinen Arm, wo dieser ziemlich bald eingeschlafen war. Kapitel 17: Der Pfad der Erkenntnis ----------------------------------- Stiles brauchte einen Moment, um sich darüber klar zu werden, wo er sich überhaupt befand. Dies war nicht Dereks Apartment. Und... Moment mal! Wieso zum Teufel war er nackt? Irgendetwas war mit seinem Kopf nicht in Ordnung. Ganz offensichtlich war in der Nacht jemand vorbeigekommen, hatte ihm den Schädel aufgesägt, sein Hirn entnommen und den entstandenen Hohlraum mit schmutzigen Sportsocken gefüllt. So zumindest fühlte es sich an. Stiles kramte also tief in den Windungen der müffelnden Fußbekleidung, bis es ihm nach und nach wieder einfiel: Ethan, Jeff Stryker, Peter, Bruce Willis und ein Spiel ohne Zigarren! F U C K! Er drehte sich ruckartig herum, nur um festzustellen, dass er allein im Bett lag. Ein Blick auf einen Radiowecker auf dem Nachttisch zeigte ihm, dass es bereits nach elf war; spät, aber immer noch reichlich Zeit, bis er zu seiner Spätschicht im Café musste. Stiles wälzte sich schwerfällig aus dem Bett und sein Kopf puckerte lustig vor sich hin, als hätte ihm jemand eins mit einer Keule drübergezogen. Er schlüpfte mühsam in Boxershort und T-Shirt und machte sich auf die Suche nach Peter. Der saß seelenruhig am Küchentisch; frühstückend, Zeitung lesend und Kaffee trinkend. Als er Stiles erblickte, welcher zweifelsohne so aussehen musste, als sei er qualvoll einer Fischvergiftung erlegen, rief der Ältere lachend aus: „Keine Macht den Drogen, was Prinzessin?“ „Ich wünschte, ich wäre tot!“ krächzte Stiles und rubbelte sich durch das ohnehin schon zerzauste Haar: „Dagegen hilft Kaffee!“ behauptete Peter und reichte ihm eine Tasse. Stiles trank erst einmal, während er fieberhaft überlegte, was er nach so einer verrückten Nacht zu Peter sagen konnte, das nicht total dämlich gewesen wäre. Als er den Boden der Tasse sehen konnte, wusste er schließlich, was es war: „Entschuldige Peter!“ murmelte er kleinlaut. Der Ältere grinste: „Wofür entschuldigst du dich?“ „Zwingst du mich wirklich, das laut auszusprechen?“ fragte Stiles unbehaglich: Peter zuckte mit den Schultern: „Ein bisschen mehr Kontext wäre jedenfalls hilfreich, wenn du willst, dass ich dich verstehe. Aus meiner Sicht gibt es nämlich nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.“ „Aus meiner aber schon!“ gab der Junge zurück:„ Zum Beispiel dafür, dass ich mitten in der Nacht hier hereingeplatzt bin, oder dafür, dass ich dir ein schmutziges Angebot gemacht und dich dann ziemlich plump begrapscht habe.“ Der Ältere kicherte in seine Kaffeetasse: „Ich LIEBE schmutzige Angebote UND ich liebe es, plump begrapscht zu werden! Ich habe mich also bestens amüsiert! Dein kleiner Auftritt hat mich vor einer sehr langweiligen Nacht gerettet, Stiles.“ „Ich lebe um zu dienen!“ behauptete der Jüngere zunächst großmäulig, doch dann errötete er ein wenig: „Und was ist mit dem, was danach in deinem Schlafzimmer passiert ist? Ich meine... bedeutet das etwas?“ Peter lachte: „Was sollte es denn schon bedeuten? Etwa, dass wir jetzt verlobt sind, oder wie? Perversionen DIESER Art kannst du gern mit meinem Neffen ausleben. So etwas ist mir zu kinky!“ „Kann ich eben nicht! Das ist ja genau das Problem!“ Unzufrieden rutschte Stiles so tief in seinen Stuhl, dass er beinahe unter dem Küchentisch verschwunden wäre. „Glaub´ mir einfach, Kleiner: Dieses ganze Tamtam um die große Liebe ist die reinste Zeitverschwendung: Du projizierst deine Hoffnungen und Sehnsüchte in ihn, er tut dasselbe mit dir, doch irgendwann holt euch die Realität ein und dafür gebt ihr euch dann gegenseitig die Schuld. Mehr ist es doch nicht! Es beginnt im Himmel und endet in der Hölle!“ behauptete Peter, ignorierte Stiles traurigen Babykätzchenblick und fuhr fort: „Der Einzige auf der Welt, auf den du dich halbwegs verlassen kannst, das bist du selbst, Stiles! Merk´ dir meine Worte!“ „Was hat dich denn eigentlich so zynisch werden lassen?“ wollte Stiles wissen: „Hat dir vielleicht jemand das Herz gebrochen?“ „Pfft!“ machte Peter verächtlich. Sein Gesicht verfinsterte sich: „Ich habe gar kein Herz! Und was du Zynismus nennst, nenne ich gesunden Menschenverstand!“ Die ungewohnte Schärfe in Peters Stimme verriet Stiles, dass er auf dünnem Eis unterwegs war, also ließ er das Thema fallen und wollte stattdessen wissen: „Darf ich mir bei dir noch schnell die Sünden der letzten Nacht abspülen, ehe ich gehe?“ Peter grinste schief: „Das Bad ist am Ende des Flurs. Ruf´ mich, wenn dir die Seife runterfällt, oder ich dir irgendwie zur Hand gehen soll, oder so!“ Stiles schenkte ihm das verschämte kleine Lächeln einer errötenden Jungfrau und versicherte: „Ich schätze, ich kriege das ohne deine Hilfe hin, aber danke!“ Weil Stiles Zeit zum vertrödeln hatte, fuhr er mit dem Bus zum Bakers Beach, hockte sich auf einen Felsen, blickte hinaus auf die Bucht und die Golden Gate Bridge und wartete auf die große Eingebung. Er hatte keine Ahnung, wie sein Leben nun weitergehen sollte. Sicherlich könnte er noch eine Weile die Zähne zusammenbeißen und so weitermachen wie bisher, aber das machte ihn traurig und müde. Stiles beobachtete das Meer und das ewige Hin und Her zwischen dem Anbranden und dem Rückzug des Wassers war ein ziemlich gutes Bild für die Situation, in der Derek und er steckten! Der Wind zerzauste Stiles das Haar und drang durch seine viel zu dünne Kleidung. Und irgendwann erhob er sich wieder; nicht nur weil ihm kalt wurde, sondern auch, weil er endlich die überfällige Entscheidung getroffen hatte. Er nahm sein Handy zur Hand und stellte fest, dass es sich abgeschaltet hatte, weil der Akku schwach gewesen war. Als er es wieder anstellte, entdeckte er, dass er fünf verpasste Anrufe von Derek hatte. Er ignorierte diese für´s Erste und führte, mit dem kleinen, verbliebenen Reststrom ein Telefonat mit Mason. Dann machte er sich auf den Weg zu Derek, in der Hoffnung, dass dieser Zuhause wäre. Das Apartment war leer, als Stiles eintraf und er machte sich ein weiteres Mal daran, seine Sachen zusammen zu packen, um zu gehen. Er war gerade damit fertig, als sich der Schlüssel im Schloss herumdrehte und plötzlich Derek vor ihm stand: „Verdammt! Wo warst du denn die ganze Nacht? Ich habe mir Sorgen gemacht! Dein Telefon war aus und ich war auf der Suche nach dir!“ schimpfte Derek. Da erst entdeckte er die gepackten Taschen: „Was wird das denn jetzt? Verlässt du mich schon wieder? Wird das denn nicht langsam langweilig?“ Mit ernster Miene trat Stiles auf Derek zu, nahm ihn bei der Hand und hieß ihn, sich neben ihn auf das Sofa zu setzen. Derek Hand ließ er indes nicht los. Im Gegenteil! Er bedeckte sie sogar noch mit seiner anderen: „Ich würde es dir gerne erklären, Derek.“ begann er: „Nein, ich `verlasse´ dich nicht, weil das ja bedeuten würde, wir wären ein Paar und das sind wir nicht. Aber das ist genau mein Problem! Keine Sorge, ich versuche diesmal nicht, einfach so auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, denn das kann ich gar nicht, weil du mir viel zu viel bedeutest. Aber unser lustiges WG-Leben funktioniert für mich nicht! Ich halte es einfach nicht aus, hier allein zu sitzen und dich zu vermissen, wohl wissend, wo du bist und was du machst.“ An dieser Stelle wurde er von Derek unterbrochen: „Meinst du nicht, dass du es noch für zwei weitere Wochen aushältst? Dann ist Braeden wieder weg; für mindestens ein halbes Jahr, denn sie wurde nach Europa abberufen. Komm´ schon Stiles! Das mit uns klappt doch gut. Ich finde es schön, wenn du da bist.“ Stiles schüttelte den Kopf: „Es ändert nichts, ob Braeden nun hier ist, oder nicht, denn ich will nun einmal so viel mehr von dir, als du mir geben kannst. Was ich für dich empfinde, ist nicht einfach bloß so eine kleine Verliebtheit. Ich LIEBE dich, Derek! Ich meine, so richtig! Ich habe so ein Glück, dass du und ich Freunde geworden sind und ich möchte dich auch weiterhin in meinem Leben haben. Wir können uns jederzeit verabreden. Vielleicht einmal in der Woche, oder so? Ich kann zu dir kommen, ich koche für dich und wir schauen einen dieser alten Schinken, die du so liebst. Aber hier bei dir zu wohnen schaffe ich nicht mehr! Ich mache mir sonst immer wieder Illusionen über das, was zwischen uns sein könnte. Ich muss endlich anfangen, der Realität in die Augen zu sehen. Es tut sonst einfach zu sehr weh!“ Dereks Miene stand im krassen Kontrast zu den markanten Zügen seines Gesichts. Er sah jung und irgendwie verletzt aus, als er sagte: „Aber mit dir ist dies hier ein Zuhause!“ Stiles schluckte. Dereks Offenheit traf ihn, wie eine Faust im Magen. Er legte ihm sanft und entschuldigend eine Hand an die Wange und erwiderte: „Ich weiß! Tut mir leid!“ Derek wirkte unzufrieden, vielleicht sogar unglücklich und er schien über etwas nachzugrübeln. Nach einer Weile wiederholte er seine Frage von zuvor: „Und wo warst du nun vergangene Nacht?“ Stiles war sich nicht ganz sicher, was geschehen würde, wenn er die Wahrheit sagte, doch er ahnte auch, dass Derek mitbekommen würde, wenn er log und so gestand er: „Ich bin bei deinem Onkel gewesen!“ Derek gab ein leises Knurren von sich und wollte dann wissen: „Hast du mit ihm geschlafen? Wirst du jetzt etwa zu IHM ziehen?“ „Also zu Frage eins: Nein, nicht so richtig! Und zu Frage zwei: NEIN, auf gar keinen Fall! Ich bin doch kein Idiot!“ antwortete der Junge. Derek blickte ihn prüfend an. Vermutlich weil er überlegte, was er von der Antwort `Nicht so richtig“ zu halten hatte, doch er hakte nicht weiter nach. Stattdessen wollte er wissen: „Aber wo wirst du denn dann bleiben? Du willst doch wohl nicht wieder ohne einen Plan auf die Straße gehen, oder?“ Stiles lächelte: „Nein, diesmal nicht! Ich habe dazugelernt. Ich kann vorübergehend in Masons Zimmer wohnen, weil der sowieso die meiste Zeit bei seinem Freund ist. Und wenn er doch mal zuhause schlafen will, dann rücken wir eben ein bisschen zusammen.“ „Und du bist dir wirklich ganz sicher?“ fragte Derek noch einmal missmutig. Stiles verschränkte ihre Finger miteinander und nickte: „Ja, Derek, das bin ich! Ich bin dir wirklich wahnsinnig dankbar für alles, was du in den letzten Monaten für mich getan hast; du bist echt mein Held, aber ich muss einfach etwas ändern, sonst gehe ich noch kaputt! Tu mir einen Gefallen und bitte mich nicht noch einmal, wieder zu dir zurück zu kommen, denn höchstwahrscheinlich würde ich es immer wieder tun, auch wenn es mich umbringt. Aber der einzigen guten Grund für mich, hierher zurückzukehren wäre, dass du eines Tages vor mir stehst und sagst: `Ich liebe dich! Komm´ nachhause!´, aber weil das nun einmal nicht passieren wird und mir von mehreren Seiten nahegelegt wurde, aufzuhören mich wie ein kleines Mädchen zu benehmen und mich von meinen schwachsinnigen, romantischen Phantasien zu verabschieden, versuchen wir es wohl besser doch lieber mit ein bisschen mehr Distanz und einer echten, raubeinigen, total un-schwulen Männerfreundschaft. Was sagst du dazu?“ „Und was heißt das nun? Wann sehen wir uns wieder?“ frage Derek und klang, wie ein unzufriedenes Kind: „Ich habe übermorgen frei. Ich mache dir ein mächtiges T-Bone-Steak, um dieses Männerding zu besiegeln und du suchst den Film aus, einverstanden? Vielleicht was mit John Wayne, oder Marlon Brando?“ schlug Stiles mit einem kleinen Lächeln vor. „Einverstanden!“ bestätigte Derek knapp und verschränkte die Arme vor der Brust. Nun griff Stiles sich seine Taschen und wollte einfach so verschwinden, doch an der Tür hatte der Ältere ihn bereits eingeholt, zog ihn fest in die Arme und flüsterte: „Du wirst mir fehlen!“ „Du mir auch!“ versicherte Stiles, machte sich geschwind los und verschwand, ehe er doch noch einknickte. Und draußen, auf dem Weg zur Bushaltestelle erlaubte er es sich, ein wenig zu heulen. Derek war überhaupt nicht glücklich! Jemand würde nun dafür büßen und es war ja wohl klar, wo er den Schuldigen zu suchen hatte. Kaum hatte Peter die Tür geöffnet, hatte sein Alpha ihn auch schon im Schwitzkasten: „Was hast du zu ihm gesagt, hm? Was hast du ihm da eingeredet? Warum passiert immer irgendeine Scheiße, wenn du in der Nähe bist!“ brüllte Derek. Peter kämpfte darum, frei zu kommen und japste: „Lass´ mich los und wir reden wie Erwachsene über alles, okay“ Derek ließ ihn zwar los, schleuderte ihn aber im selben Zug grob gegen eine der Wände und funkelte ihn böse an. Peter rappelte sich wieder auf, richtete seine Kleidung und klopfte sich grinsend imaginären Staub ab: „Ich nehme mal an, wenn du so... erregt bist, dann redest du von unserem süßen, kleinen Stiles, richtig?“ Derek schnaubte ärgerlich: „Lass´ das Theater! Du weißt sehr gut, von wem ich spreche! Ich weiß, dass er die letzte Nacht mit DIR verbracht hat und es ist bestimmt kein Zufall, dass er am Tag darauf bei mir sein Bündel schnürt und geht. Also? Was hast du zu ihm gesagt? Was hast du ihm versprochen? Was zur Hölle hast du ihm vorgelogen, dass es dazu kam? Und wieso kann er mir nicht sagen, ob ihr Sex hattet, oder nicht? Hast du ihn etwa eingeschüchtert, bedroht oder unter Drogen gesetzt?“ Dereks Onkel schüttelte ärgerlich den Kopf: „Also erstens: Wenn Stiles gegangen ist, dann kannst du nur einer Person dafür die Schuld geben und das bist du selbst, weil du ihn einfach nicht ranlässt, auch wenn mehr als offensichtlich ist, dass du ihn genau so dringend willst, wie er dich! Zweitens: Er stand bereits unter Drogeneinfluss, als er bei mir ankam! Und Drittens: Ich habe ihn nicht bedroht! Wir haben bloß ein bisschen rumgemacht und das, obwohl er sich mir angeboten hat, wie irgend so ein Flittchen. Dass ich ihn mir nicht einfach genommen habe, liegt allein an meinem Respekt vor dir, oh, großer Alpha und daran, dass ich nun einmal ein romantisches Ding bin. Ich will nämlich, dass ihr euer `erstes Mal´ gemeinsam habt, eine Woche später heiratet und dann ein paar Welpen zeugt, oder so. Und nach der Scheidung werde ich dann zur Stelle sein, um dir sagen zu können: `Ich hab´s dir doch gesagt, Blödmann!´“ „Hör´ endlich auf mit dem Unsinn! So ist das mit uns beiden nicht!“ bellte Derek. Peter schüttelte nur mitleidig mit dem Kopf: „Ach nein? Und hast du das auch schon deinem Wolf erklärt? Denn wie es aussieht, hat DER sich entschieden, ganz gleich, was du dir einreden willst!“ „Du bist so ein Idiot, Peter! Du hast doch überhaupt keine Ahnung!“ schimpfte Derek wenig schlagfertig. Dann ließ er die Wohnungstür krachend hinter sich zufallen und verschwand ganz einfach. Masons Wohngemeinschaft war ein lustig zusammengewürfelter Haufen von vollkommen Verrückten. Der Hauptmieter war ein echtes Kind San Franciscos, ein Alt-Hippie in seinen Sechzigern namens Sunflower; rauschebärtig, stirnglatzig und nichtsdestotrotz langhaarig, mit dem seligen, wasserblauen Blick eines Erleuchteten. Dann gab es noch ein Mädchenpaar in Stiles Alter, welches er im Stillen: `Die siamesische Sappho´ getauft hatte, weil sie einander einerseits so wahnsinnig ähnelten und andererseits scheinbar keine fünf Minuten die Finger von einander lassen konnten, so dass sie beinahe wie zusammengewachsen wirkten. Beide hatten denselben straßenköterblonden Bürstenhaarschnitt, dieselbe Vorliebe für Hoodies, Jeans und Sneakers und waren zudem auch noch in etwa gleich groß. Wobei `groß´ in diesem Fall eigentlich eine Lüge war, denn sie waren winzig und von Stiles Einsachtundsiebzig aus sahen die beiden aus wie Kinder. Als Stiles die Namen der beiden erfuhr, hätte er beinahe laut losgelacht. Sie hießen Chloe und Zoey, als wären sie die Heldinnen einer Kinderfernsehsendung, ein Komikerinnenduo, oder etwas in dieser Art. Dann zählte zu Stiles neuen Mitbewohnerinnen auch noch eine allzeit barfuß laufende Gesangslehrerin und Aromatherapeutin Anfang dreißig mit Namen Eleonore, die man stets in bodenlangen Gewändern antraf. Sie war groß, üppig, mit einem wunderhübschen Gesicht und ganz großartigen roten Haaren, die ihr bis auf die Hüfte reichten. Stiles hatte keinen blassen Schimmer, was eine Aromatherapeutin eigentlich genau tat. Er stellte sich ganz einfach vor, sie umtanzte einen, während sie mit Patchouli um sich spritzte, als sei es Weihwasser. Der Letzte in der Runde war Stuart. Stuart sah aus wie ein Buchhalter, in seinen Bundfaltenhosen, seinen gestärkten Oberhemden, den ständig wechselnden langweiligen Pullundern in `fifty shades of grey´ und dem akkuraten Seitenscheitel. Das lag vermutlich daran, dass Stuart auch tatsächlich die längste Zeit seines Erwachsenenlebens ein Buchhalter gewesen war; bis zu einem Zusammenbruch vor zwei Jahren; einem klassischen Burnout mit begleitender Sinnkrise. Und nun züchtete er Blumen, Biogemüse und erstklassiges Marihuana, lebte vom Verkauf dieser Produkte und das einzige, was an sein früheres Leben erinnerte, war Stuarts todlangweilige Garderobe. Aber eine bessere Tarnung als diese, gepaart mit seinem freundlichen, aber unscheinbaren Gesicht konnte es für einen Dealer wohl gar nicht geben, dachte Stiles amüsiert. Er räumte rasch sein Zeug in Masons Schrank und dann wurde es auch schon Zeit, sich für die Arbeit fertig zu machen. Stiles fühlte sich bereits erschöpft, als er bei der Arbeit eintraf, denn die vergangene Nacht, der Auszug bei Derek und dessen bekümmerte Reaktion hatten ihn ganz schön geschafft. Aber es half ja nichts, denn eine weitere Schicht im Café lag vor ihm. Er arbeitete gemeinsam mit Isaac, dem es heute scheinbar deutlich schlechter ging, als für gewöhnlich. Als Stiles ihn danach fragte, antwortete Isaac nur knapp: „Flashbacks!“ Was immer der arme Kerl in seiner Vergangenheit erlebt haben mochte; es musste heftig gewesen sein! Panikattacken waren Stiles nicht fremd, daher erkannte er die Anzeichen, als es so weit war, nahm seinen Kollegen für einen Moment mit in die Küche, hielt ihn im Arm, atmete mit ihm gemeinsam, kraulte beruhigend die blonden Locken und pfiff für den Moment auf die Kunden, die zahlen oder bestellen wollten. Der Anfall ging vorüber, doch auch danach wollte es Isaac nicht wirklich besser gehen und so schickte Stiles ihn nachhause und versicherte, er würde den Rest der Schicht auch allein bewältigen. Es geschah zum Glück auch nichts weiter Spektakuläres, bis auf dass Stiles Stalker wieder einmal auftauchte und dann den ganzen Abend dasaß und ihn angeiferte, während Stiles seinerseits sein Bestes tat, um ihn zu ignorieren. Ungemütlich wurde es erst NACH seiner Schicht, als der Kerl plötzlich aus dem Nichts hinter Stiles auftauchte und ihm eine Heimfahrt in seinem Auto anbot. Stiles winkte dankend ab und war heilfroh, dass sein Bus gerade kam und er rasch hineinspringen und er seinen aufdringlichen, alternden Romeo auf diese Weise abschütteln konnte. Er war dankbar, als er zuhause ankam, Masons Tür hinter sich schließen und in dessen Bett fallen konnte. Um Stiles Einzug würdig zu begehen, hatte Sunflower für den folgenden Morgen ein kathartisches Trommelritual mit anschließendem Soulfood-Brunch anberaumt. Stiles konnte schwerlich seine Teilnahme absagen, da dieser ganze Zirkus ja immerhin ihm zu Ehren veranstaltet wurde, aber ihm schwante, dass es schräg werden würde. Wie sich herausstellen sollte, war `schräg´ gar kein Ausdruck! Sunflower schlug rhythmisch auf zwei Bongos ein; anfänglich noch recht ruhig, doch dann sehr rasch schneller werdend. Die anderen Anwesenden begannen damit, sich tänzerisch zum Beat zu bewegen, wohingegen Stiles es zunächst noch vorzog, sich das Spektakel mit einem Stirnrunzeln und vor der Brust verschränkten Armen aus einer sicheren Ecke des Gemeinschaftsraums heraus anzuschauen. Chloe und Zoey wiegten sich, wie hätte es auch anders sein können, in völligem Gleichtakt zur Trommelmusik, Eleonore drehte sich im Kreis herum, wie ein Derwisch, so dass ihr weiter, langer Rock nur so flog, während sie eine Art Gesang anstimmte. Es handelte sich bei dem, was sie von sich gab nicht wirklich um ein Lied, sondern eher um eine Aneinanderreihung von Tönen und Lauten, doch es klang auf eine wilde, archaische Art trotzdem irgendwie recht schön, wie Stiles zumindest klammheimlich vor sich selbst zugeben musste. Das änderte jedoch nichts daran, dass seine neuen Mitbewohner aussahen, wie total verrückte Spinner. Und der Verrückteste von allen war Stuart. Er sprang herum, brüllte und hatte in diesem Moment mehr von einem alten Silberrücken, der im Busch nachdrücklich sein Revier verteidigte, als von einem Menschen. Es war irgendwie beängstigend! Stiles hatte zwar absolut nicht die Absicht gehabt, sich diesem Irrenhaus freiwillig anzuschließen, doch der hypnotische, stetige Rhythmus der Trommeln führte irgendwann beinahe zwangsläufig dazu, dass es in seinen Armen zuckte, seine Hände zu zappeln und seine Zehen zu wackeln begannen. Und noch ehe Stiles recht wusste, wie ihm geschah, tanzte er. Doch damit nicht genug, denn der Tanz verwandelte sich nach einer Weile in etwas anderes und irgendwann begann er damit, Arme und Beine kräftig auszuschütteln und schließlich dann sogar, herum zu hopsen wie ein Vollidiot. Es dauerte nicht lange und er vergaß alle seine Vorbehalte und Hemmungen, schloss die Augen und tobte sich alle Traurigkeit, Enttäuschung und Frustration der vergangenen Monate aus dem Leib und hinterher fühlte er sich so frei und gelöst, wie bereits seit einer Ewigkeit nicht mehr. Es war herrlich! Und später beim Brunch war aus einer Horde schwachsinnig Herumzappelnder dann auch wieder eine Gruppe von relativ normalen Leuten geworden, die Stiles wunderbare, hausgemachte, schwere und duftende Hefekräuterbrötchen lobten und in der Lage waren, ganz gesittet mit Messer und Gabel zu essen. Unglaublich zufrieden lag Stiles nach dem ausgedehnten Frühstück mit vollem Magen auf dem Bett und tippte eine Nachricht an Mason: `Es sind totale Freaks, aber sie sind großartig! xD´ `Sie sind die Besten!!!´ kam es von Mason umgehend zurück und Stiles fragte sich, ob seinen Freund wohl jetzt schon das Heimweh quälte. Wie versprochen besuchte Stiles Derek an seinem freien Tag, um für ihn ein wahnsinnig heterosexuelles Männerabendessen zuzubereiten. Die T-Bone-Steaks bedeckten beinahe Dreiviertel des Tellers, so dass die Süßkartoffelfritten und das Kürbis-Zucchini-Gemüse in Salbeibutter sich bescheiden an den Tellerrand quetschen mussten. Stiles hatte das Gemüse bei Stuart erworben. Auf das angebotene Gras zum `Nachtisch´ hingegen hatte er dankend verzichtet, denn er hatte für´s Erste genug von künstlich herbeigeführten Rauschzuständen. Als Derek und er sich dann später beim Essen gegenüber saßen, waren sie beide seltsam beklommen; ja fast schüchtern voreinander. Stiles hatte keine Ahnung, woran das wohl liegen mochte, aber es fühlte sich beinahe so an, als seien sie beide ein Ex-Paar, oder etwas in der Art und wussten nun, da die Spielregeln ihrer Verbindung sich geändert hatten, nicht mehr recht mit einander umzugehen. Derek hatte einen alten Western, nämlich `Die glorreichen Sieben´ für sie beide ausgesucht und während sie diesen genossen, saßen sie zunächst noch an unterschiedlichen Enden des Sofas. Derek überraschte Stiles schließlich mit der Frage: „Ich würde dich gern in den Arm nehmen, so wie sonst auch. Geht das? Ich will nicht, dass es unangenehm für dich ist.“ Der Ältere sah wahnsinnig unbehaglich aus und errötete vom Hals aus zu den Ohren und schließlich über das ganze Gesicht. Stiles schmolz geradezu, als er es gewahr wurde. Er nickte, robbte eilig an ihn heran und richtete sich in der Umarmung Dereks ein. Es hatte nichts Sexuelles, wie sie da lagen, sondern fühlte sich einfach nur behaglich, vertraut und sicher an. Stiles nahm Dereks Hand, legte sie sich auf den Bauch und verschränkte ihre Finger mit einander. Ein vollkommener Moment! Als der Film aus war, bot Derek an, dass Stiles doch auch bei ihm übernachten könne, weil es ja immerhin schon spät sei, doch der Junge lehnte dankend ab und so wurde er einfach bloß mit dem Camaro nachhause gefahren. Zum Abschied umarmte Stiles Derek noch einmal schüchtern und sie verabredeten sich für die kommende Woche erneut. Derek blieb noch vor dem Haus stehen, bis Stiles im Eingang verschwunden war. Dann wartete er, bis oben das Licht anging. Und schließlich blieb er sogar noch, bis das Licht wieder ausgeschaltet wurde. Erst dann machte er sich auf den Heimweg. Stiles war recht zufrieden damit, wie sein Leben im Augenblick lief. Er telefonierte regelmäßig mit Scott und hatte ihn jetzt auch endlich soweit, dass er und Allison sich zum Sommer an der UC San Francisco eingeschrieben hatten. Es würde toll werden, seinen besten Freund endlich wieder täglich um sich zu haben. Vielleicht könnten sie sich ein Zimmer im Wohnheim teilen? Oder sie würden sich zu dritt eine Wohnung teilen? Auch mit seinem Vater hatte in letzter Zeit wieder eine Annäherung stattgefunden und sie riefen einander gegenseitig an. John Stilinski wollte bei diesen Gesprächen hören, dass Stiles genug Geld hatte, oder sich warm genug anzog und war erleichtert zu erfahren, dass im Sommer nun endlich das Studium seines schlauen, begabten Sohnes beginnen würde. Stiles seinerseits forderte streng von seinem Dad, dass dieser gefälligst nicht essen solle, wie ein Hausschwein, sondern er sich auch ab und an auch mal einen Salat gönnen möge, auch wenn sein Sohn gerade nicht in der Nähe war, um ein Auge darauf zu haben. Außerdem erkundigte sich Stiles, ob John Stilinski vielleicht endlich mal wieder einer Verabredung mit einer netten Frau gehabt hätte, weil es ihm überhaupt nicht gefiel, dass sein Vater so ganz allein durch das Leben ging. Aber er und sein Dad gingen nicht in die Tiefe. Sie sprachen kaum über Stiles neues Leben in San Francisco. Alles, was im weitesten Sinne `schwul´ erscheinen mochten, wurde vom Sohn großräumig umschifft, während der Vater sich mit besorgten Fragen oder Äußerungen zum Lebenswandel seines Sprösslings vollständig zurückhielt. Es war fast so, als hätten sie beide diesbezüglich eine stillschweigende Übereinkunft getroffen. Möglicherweise war dies keine vollkommene Lösung, aber immerhin eine, mit der Stiles gut leben konnte. Und auch in einem anderen Bereich seines Lebens war ein Zustand erreicht, mit dem Stiles sich wohl fühlte, auch wenn es nicht perfekt war: Das Verhältnis zu Derek hatte sich deutlich entspannt, seitdem Stiles ausgezogen war. Es war BEINAHE in Ordnung, dass sie nicht die Art von Beziehung hatten, die Stiles vielleicht gern gehabt hätte. Es tat auch FAST GAR NICHT weh, dass Derek mit Braeden schlief und nicht mit ihm, solange Stiles nicht dauernd mit der Nase darauf gestoßen wurde. Gestern hatten sie ihre zweite Verabredung nach seinem Auszug gehabt und es war wieder einmal richtig schön gewesen. Stiles liebte Derek. Und eins stand fest: Derek liebte Stiles auch! Nur eben nicht auf die gleiche Weise. Und das war.... nun ja... BEINAHE OKAY. Schließlich gab es dann ja auch noch Stiles Arbeit und die war immer noch genau so großartig, wie am Anfang! Er bekam seine Kicks, wenn Kunden ihn gelegentlich anmachten und ihm damit bestätigten, dass er heiß aussah. Aus irgendeinem dummen, oberflächlichen, im Grunde belanglosen Grund brauchte er diese Beteuerungen. Dabei war es gleichgültig, dass Stiles noch immer viel zu sehr an Derek hing, um sich nach etwas anderem umzusehen. Stiles hatte seine Kollegen gern. Mittlerweile waren sie alle so etwas wie Freunde für ihn geworden und sogar die Arschgeige Jackson hatte er zu tolerieren gelernt. Es gab zwischendurch gar Tage, an denen lachten sie miteinander, wenn Whittemore einmal besonders gute Laune hatte. Zwar ging es dabei meist um irgendwelche Gäste, über die der Kollege sich lustig machte, weil er nun einmal eine gehässige Bitch war, aber immerhin! Und als Bonus kam hinzu, dass Stiles Stalker schon seit einer Woche nicht mehr im Café aufgetaucht war und ihm damit eine kleine Verschnaufpause gewährt hatte. Doch heute schien Stiles Glückssträhne diesbezüglich abzureißen, denn nun war dieser Kerl wieder da und zwinkerte ihm aufdringlich zu. Der Junge betrachtete ihn missmutig. Einer wie der hörte sicherlich nicht häufig ein `Nein´. Er war etwa eins achtzig groß, in beneidenswerter körperlicher Verfassung, nicht nur für sein Alter, mit eisenharten Muskeln, besaß ein attraktives, wenn auch einschüchternd-markantes Gesicht und ein selbstbewusstes Auftreten. Stiles ahnte, dass der Kerl bloß deswegen nicht locker ließ, weil er ihn partout nicht ran lassen wollte. Er schien einer von denen zu sein, die dies als besondere Herausforderung ansahen und da erst anfingen, Spaß zu haben. Aber andererseits musste diesem Mann ja vielleicht nur noch einmal deutlich genug gesagt werden, dass Stiles kein Interesse hatte? Vielleicht war er ja auch bloß einer von denen, die subtile Hinweise nicht verstanden? Als der Fremde also heute an den Tresen trat und fragte: „Na, Baby! Hast du mich vermisst?“ erwiderte Stiles: „Du, hör mal, Kumpel! Das mit uns beiden wird nichts, in Ordnung? Hier läuft ein Haufen Jungs mit Vaterkomplex herum, die sonst was geben würden, um einen Kerl wie dich als Hauptgewinn mit nachhause nehmen zu können, aber ich bin keiner von ihnen. Nimm´s mir nicht übel, wenn ich das so deutlich sage, aber ich will einfach nicht!“ Der Typ schaute ihn bloß an; ungläubig irgendwie, aber da war noch etwas anderes in seinem Blick. Stiles wollte lieber nicht zu genau darüber nachdenken, was es war, denn es machte, dass ihm innerlich eiskalt wurde. Umso erleichterter war er zu sehen, dass der Fremde sich nun ohne ein weiteres Wort umdrehte und das Café verließ. Als er weg war, klopfte ihm Ethan, der das Schauspiel aus einiger Entfernung beobachtet hatte anerkennend auf die Schulter und lobte: „Das hast du gut gemacht, Stiles! Manche Typen kapieren es eben nur so!“ Braeden saß auf Dereks Schoß, hatte eine Hand unter sein Shirt geschoben und spielte mit seinen Nippeln. Ohne den gewünschten Erfolg und so verlangte sie zu wissen: „Hey, Mann! Wo bist du eigentlich mit deinen Gedanken?“ Derek zuckte bei der unerwarteten Ansprache ein klein wenig zusammen: „Tut mir leid, Baby. Ich musste gerade an etwas denken.“ Braeden rollte mit den Augen: „Ja, Derek, das kann ich sehen! Das tust du oft in letzter Zeit.“ stellte sie fest. Er blickte sie verständnislos an: „Tue ich das?“ Sie boxte ihm unsanft in den Oberarm: „Ja, das tust du! Also? Was ist nun? Willst du mir sagen, was los ist? Oder muss ICH es DIR vielleicht sagen?“ „Was denn? Mit mir ist alles bestens!“ behauptete Derek brummend. Braeden schnaubte verächtlich: „Ich habe mir das jetzt echt lange genug mit angeschaut, Süßer! Warum unternimmst du denn nicht endlich etwas? Aus welchem Grund enthältst dir selbst das vor, was du dir mehr als alles andere wünschst? Ist es wegen dem, was mit deiner Familie passiert ist? Verlustängste vielleicht?“ Derek begann, wütend auszusehen: „Ich enthalte mir überhaupt nichts vor! Vielleicht könntest du mal aufhören, in Rätseln zu sprechen. Oder noch besser, wir sprechen überhaupt nicht mehr und amüsieren uns stattdessen lieber ein bisschen.“ „Hab´ ich doch versucht!“ schoss Braeden zurück und blickte vorwurfsvoll in seinen Schritt: „Aber bei dir regt sich ja nichts! Und ich weiß auch wieso: Weil du jetzt nämlich lieber woanders wärst, als bei mir!“ „Wovon zum Teufel redest du eigentlich? Seit das mit uns beiden läuft, habe ich keine andere Frau angefasst und das, obwohl ich weiß, dass wir zwei nichts Exklusives haben und du an einer festen Bindung kein Interesse hast.“ bellte Derek: „Machst ausgerechnet DU mir jetzt etwa gerade eine Szene? DU hast doch mit Sicherheit noch ein halbes Dutzend Kerle neben mir, oder nicht?“ Einen Moment lang blickte Braeden ihn sprachlos an. Dann brach sie schließlich in schallendes Gelächter aus. Sie brauchte ewig, um sich wieder zu beruhigen und Derek, der keine Ahnung hatte, was los war, funkelte sie zornig an. Schließlich sagte Braeden: „Mein Gott, Hale, du bist echt dümmer, als die Polizei erlaubt! Eifersucht ist mit Sicherheit nicht das, worum es hier geht. Ich mache mir Sorgen um dich und darum schicke dich jetzt auf den Weg, weil ich es nämlich einfach nicht mehr mit ansehen kann! Und ich pfeife mittlerweile sogar darauf, dass dadurch vielleicht mein Karma zu Teufel geht! Hör mir gut zu, mein Freund, denn ich habe Neuigkeiten für dich: DU.BIST.VERLIEBT! Verliebt in diesen Jungen!“ „Ich bin... WAAS? ICH BIN NICHT SCHWUL!“ antwortete Derek überrumpelt: „Wieso sagen das eigentlich alle? Nur weil ich gern mit Stiles zusammen bin und der zufällig Kerle mag, macht das doch noch keinen Homosexuellen aus mir!“ Braeden schüttelte nachsichtig den Kopf: „Ich habe nicht behauptet, dass du schwul bist. Ich habe gesagt, dass du in Stiles verliebt bist. Das ist ein Unterschied!“ „Ich habe ihn gern, na und?“ murmelte Derek unbehaglich. Braeden ließ sich seufzend auf dem Sofa nach hinten fallen: „Bullshit, Derek! Du bist verrückt nach dem kleinen Kerl! Und seit er ausgezogen ist, bist du ein Wrack. Du bist unzufrieden und launisch.... also ich meine, noch mehr als sonst und das will wirklich was heißen!“ „Aber ich bin nicht... so! Ich habe so etwas noch nie gemacht. Stiles ist ein Kerl, zum Teufel!“ warf Derek beinahe schon schüchtern ein: „Und zwar ein ziemlich süßer!“ gab Braeden zurück: „Das freche Grinsen, die kleine Himmelfahrtsnase, der hübsch geschwungene Mund... warum gibst du nicht einfach zu, dass dir das gefällt? Und das ist ja noch nicht alles: Dann ist da ja noch die Art, wie ihr miteinander umgeht! Er sorgt für dich, du sorgst für ihn. Ihr seid doch jetzt schon wie ein Paar, bloß ohne den Sex. Warum nicht endlich Nägel mit Köpfen machen. Und sag´ mir nicht, dass du darüber nicht schon nachgedacht hättest!“ Derek sagte nicht, dass er darüber nicht schon nachgedacht hätte. Es wäre auch eine Lüge gewesen. Aber neben allen anderen Bedenken war da ja auch noch diese andere Sache, die Braeden nicht ahnen konnte. Es war eine Sache, die er ja selbst nicht einmal richtig verstand. Er hatte es in dem Augenblick bemerkt, als Stiles und er sich geküsst hatten. Da war nämlich so eine Empfindung in ihm gewesen; mächtig, wild... ...und potenziell gefährlich! Und da war ihm klar geworden, dass er es nicht riskieren konnte, solange er es nicht vollständig unter Kontrolle hatte. Braeden schaute ihn prüfend an; so intensiv, dass Derek bereits anfing, sich unwohl zu fühlen. Dann sagte sie: „Ich tue dir jetzt einen Gefallen und mache Schluss mit dir, Derek! Ich will, dass du nun verschwindest! Vielleicht hilft dir das dabei, endlich anzufangen, wirklich zu leben und glücklich zu werden.“ Derek fiel die Kinnlade herunter: „Verarschst du mich gerade?“ „Ich meine es todernst! Hau ab! Kneif´ jetzt endlich mal die Arschbacken zusammen und sei ein Mann, oder was auch immer! Mach´ dich auf die Suche nach deinem Jungen! Oder stirb einsam und unglücklich! Es ist deine Entscheidung!“ bestimmte Braeden. Derek brauchte eine Weile, um zu begreifen, was hier gerade passierte. Dann erhob er sich verwirrt und verärgert und machte sich auf den Heimweg. Es war eine wirklich laue Sommernacht für Mitte März und so entschied sich Stiles nach seiner Schicht, zu Fuß nachhause zu laufen. Er hatte richtig gute Laune. Ethan und er hatten mal wieder eine spaßige, kurzweilige Zeit miteinander gehabt und das Trinkgeld war fürstlich gewesen. Stiles hatte Musik auf den Kopfhörern und pfiff fröhlich mit. Und so hörte er den Angreifer nicht, der sich ihm aus einer Gasse von hinten genähert hatte und ihn nun am Kragen packte und mit sich ins Dunkle zerrte. Es gelang ihm gerade noch, einen kleinen Schrei auszustoßen, da legte sich ihm auch schon eine kräftige Hand über den Mund und eine andere an seine Kehle: „Hab´ ich dich endlich, du kleine Nutte!“ zischte eine böse Stimme in seinen Nacken. Kapitel 18: Coming Out ---------------------- Stiles hatte den Angreifer in seinem Rücken bereits an der Stimme und dem britischen Akzent erkannt, doch als er nun herumgedreht und grob gegen eine Hauswand hinter einem Müllcontainer gedrückt wurde, weiteten sich seine Augen vor Schreck: Ja richtig, es war sein Stalker, der da gerade im Begriff war, mit der freien Hand seine Jeans zu öffnen, aber irgendwie war er es auch nicht, denn das, was ihn da angriff, war ja nicht einmal richtig menschlich! Die großen Augen glommen rot, das Gesicht war zu einer beängstigenden, dämonischen Fratze verzerrt, die Haut gräulich verfärbt und es spross eine Art Fell an seinen Wangenknochen. Aber am furchterregendsten wirkte dieses Gesicht, als der Fremde sich an so etwas wie einem Lächeln versuchte: „Ich nehme jetzt meine Hand von deinem Mund. Wenn du mitmachst, hast du vielleicht eine Chance, dass hier einigermaßen heil durchzustehen. Wenn du aber schreist, bringe ich dich um, kapiert?“ Die Stimme war kaum mehr als ein unmenschlich tiefes Grollen. Stiles nickte leise. Abgesehen davon war er jedoch erstarrt vor Angst. Die Hände des Fremden hatten sich in Klauen verwandelt, welche nun ausholten und Stiles das T-Shirt zerfetzten, wobei sie Kratzer auf seiner Brust hinterließen, welche sofort heftig zu bluten begannen. Stiles traute sich nicht, auch nur den kleinsten Ton von sich zu geben, doch er hatte stumm zu weinen begonnen. Nun würde er seine Jungfräulichkeit wohl auf diese Weise verlieren, schoss es ihm durch den Kopf, vergewaltigt in einer schmutzigen Gasse hinter einem Müllcontainer, wo es nach Urin und Abfall stank, von einem... Monster? Und wenn er brav war, stillhielt und mitspielte, würde er VIELLEICHT nicht sterben. Derek hatte eigentlich direkt nachhause fahren wollen, nachdem er bei Braeden hinausgestürmt war, doch es war, als würde sein blöder Wagen ein Eigenleben führen, denn plötzlich war er im Castro-Distrikt. Er passierte das Café, in welchem Stiles arbeitete und stellte fest, dass dort bereits alles dunkel war. Dennoch parkte er den Wagen und blickte durch die Scheiben. Vielleicht unterhielt Stiles sich ja nach Feierabend noch mit einem Kollegen und sie hatten bloß das Licht ausgemacht, um den Kunden zu signalisieren, dass geschlossen war. In diesem Fall könnte Stiles wohl eine Mitfahrgelegenheit nachhause gebrauchen, wenn Derek schon einmal in der Nähe war, dachte er, doch stellte dann fest, dass niemand mehr da war. Gerade wollte Derek enttäuscht zu seinem Wagen zurückkehren, da vernahm er einen Laut. Der Schrei war zu leise, als das ein menschliches Ohr ihn auf diese Entfernung hätte vernehmen können, doch sein Gehör war sehr viel feiner. Ihm war augenblicklich klar, wessen Kehle dieser Ruf entkommen war und er versuchte nun, zutiefst beunruhigt, die Witterung aufzunehmen. Dies wurde nach einer Weile um einiges leichter, denn der Geruch, dem er folgte, mischte sich nun mit jenem, von Blut und Angst. Außerdem wurde ihm gerade die Präsenz eines anderen Alphas bewusst und Panik stieg in ihm auf. Und so machte Derek sich in großen Sprüngen auf in jene Richtung, welche seine Sinne ihm wies, in der bangen Hoffnung, dass er noch nicht zu spät sein möge. Stiles hingen mittlerweile seine Jeans und Boxershorts um die Knöchel und er wurde mit dem Gesicht gegen die Ziegelwand gepresst. Die dadurch entstandenen Abschürfungen an der Wange, sowie auch die Kratzer auf seiner Brust brannten, doch in seiner Panik nahm Stiles es kaum wahr. Er weinte noch immer und hatte ein wenig zu hyperventilieren begonnen, doch das kümmerte seinen dämonischen Angreifer nicht. Der nannte ihn eine arrogante Hure, behauptete, Stiles würde sich doch von jedem ficken lassen und sollte sich jetzt gefälligst nicht so anstellen. Und nun hatte der Fremde seine eigene Hose geöffnet, spuckte sich selbst in die Hand und führte seine Finger hinab zu Stiles Hinterteil. Der Junge kniff die Augen zu und betete verzweifelt um ein Wunder. Und ein Wunder geschah! Ein Brüllen, wie von einem Löwen, oder irgendeinem anderen Raubtier, nur bedeutend lauter ertönte, ließ beinahe die Hauswände erzittern und dann rief jemand in ohrenbetäubender Lautstärke: „NIMM DEINE SCHMUTZIGEN PFOTEN VON IHM, DEUCALION! STILES IST M E I N UND DU BEFINDEST DICH IN M E I N E M REVIER!“ Tatsächlich ließ der Angreifer nun von Stiles ab und wandte sich der Stimme zu. Und obwohl diese tief, grollend und irgendwie verzerrt klang, erkannte Stiles, dass es sich um Derek handelte, also traute er sich, den Kopf zu wenden und hinzuschauen. Sein Freund sah anders aus als sonst, denn auch Dereks Augen zeigten nun dieses rote Glühen, ihm wuchsen Haare im Gesicht und auch seine Gesichtszüge waren verändert, doch irgendwie war es anders, als bei seinem Angreifer. Derek wirkte bei aller Veränderung immer noch sehr viel menschlicher und nicht wie ein verdammter Dämon aus der Hölle! Stiles zog eilig seine Jeans wieder hoch und beobachtete ängstlich, was nun wohl geschehen mochte und da brach auch schon der Kampf los. Als Kind hatte Stiles einmal beobachtet, wie zwei große Hunde auf einander losgegangen waren und sich beinahe zerfleischt hätten. Dies hier erinnerte ihn daran. Die beiden Gegner prügelten gnadenlos mit Klauen und Fäusten auf einander ein und versuchten, die Kehle des anderen mit den Fängen zu erwischen, um sie zu zerfetzen. Stiles hätte nun einfach weglaufen können, doch es war Derek; SEIN Derek, der hier für ihn kämpfte und dabei war es vollkommen gleichgültig, WAS er war, denn Stiles KANNTE ihn! Anfänglich sah es noch so aus, als seien die Kontrahenten gleich stark, doch nach einer Weile zeigte sich, dass der, den Derek mit Deucalion angesprochen hatte, der Überlegene war und es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis er Derek besiegt hätte. Besiegt und getötet! Und das bedeutete, Stiles musste sich umgehend etwas einfallen lassen! Er blickte sich also in seiner Umgebung um und tatsächlich fand er etwas Passendes und hob es leise auf. Alles hing davon ab, dass er es schaffte, sich ungesehen zu nähern, dann gut zu zielen und bei seinem Angriff genügend Kraft aufzubringen. Stiles passte also den rechten Moment ab und dann trieb er die lange Eisenstange mit aller Wucht, die er aufbringen konnte, einmal durch den Brustkorb des Dämonen, wo sie dann steckenblieb. Deucalion heulte vor Schmerz, Überraschung und Wut auf und wandte sich nun vom bereits ziemlich lädierten Derek ab und einmal mehr Stiles zu, doch der hielt immer noch das Ende seiner Eisenstange fest in beiden Händen, aber war dennoch weit genug entfernt, dass Deucalion ihn mit seinen Krallen nicht erwischen konnte. Und weil Stiles nun nicht mehr für sich selbst, sondern für Derek stark sein musste, fand er auch seine stärkste Waffe wieder: Sein loses Mundwerk! „Und? Was jetzt, großer Junge? Willst du aufgeben, oder bis ans Ende deiner Tage als lebender Kebab-Spieß herumlaufen?“ rief er tapfer aus: „Denkst du etwa, du könntest mir gefährlich werden, kleiner Mensch?“ grollte das Ungeheuer: „Ich bin der Alpha, der Alphas! Ich bin der Dämonen-Wolf! Ich bin unbesiegbar und werde dich fressen, kleines Rotkäppchen!“ „Ich weiß zwar nicht, was das bedeuten soll, aber es klingt wie eine Drohung und wenn du nicht willst, dass ich mit meinem großen Strohhalm tüchtig in deinen Eingeweiden herumrühre, dann lässt du das besser bleiben!“ befahl Stiles großspurig und hielt tapfer dem furchteinflößenden Blick seines Gegners stand: Seine Stimme quietschte bei seinen Worten fast gar nicht! Ebenso zitterten seine Hände kaum! Und um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen und sich selbst noch ein bisschen mehr Mut zu machen, rüttelte er einmal kräftig an der Eisenstange. Deucalion selbst blieb derweil jedoch auch nicht untätig. Er packte sein Ende der Stange, hielt es in seinem Leib fest; wohl um die eigenen Verletzungen nicht noch zu vergrößern und bewegte sich dann mit einem Ruck, der Stiles beinahe von den Füßen gerissen hätte. Doch mittlerweile hatte auch Derek sich wieder aufgerappelt. Er stand ganz aufrecht und wirkte unerschütterlich wie ein Fels, bis auf das rot-grüne Flackern in seinen Augen. Er packte Deucalion an der Kehle, so dass seine Krallen sich in dessen Fleisch bohrten und den Schlagadern gefährlich nahe kamen: „Sind unsere Regeln dir wirklich vollkommen gleichgültig? Stiles ist mein Gefährte! Er steht unter meinem Schutz! Du verlässt jetzt sofort mein Revier und lässt dich hier nicht mehr blicken, wenn du willst, dass ich dich weiterleben lasse!“ befahl er donnernd. Deucalion blickte prüfend zwischen Derek und Stiles hin und her und schließlich nickte er, soweit die Klauen an seinem Hals es zuließen: „Also gut, lass´ ihn gehen, Stiles!“ forderte Derek nun. Der Junge zögerte einige Sekunden. Offenbar traute er dem Frieden nicht recht, doch dann zog er schließlich doch noch mit einem Ruck die Eisenstange aus dem Körper. Auch Derek löste den Griff um den Hals Deucalions und dieser entfernte sich schwer angeschlagen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Erst als Derek ganz sicher sein konnte, dass er weg war, erlaubte er es sich, loszulassen und sackte in sich zusammen. Stiles kam zwar nicht rechtzeitig, um ihn aufzufangen, doch er ging neben Derek, der mittlerweile wieder vollständig menschlich aussah in die Knie und bettete dessen Oberkörper auf seinen Beinen: „Bitte hab´ keine Angst vor mir, Stiles!“ flehte Derek: „Ich tue dir nichts!“ Seine Lider flatterten. Stiles strich ihm sanft eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn: „Weiß ich doch!“ versicherte er: „Ich habe keine Angst vor dir, Derek. Ich meine, ich habe zwar ungefähr eine Milliarde Fragen an dich, aber ich habe KEINE Angst vor dir! Niemals! Und jetzt sag´ mir, wo dein Wagen steht, damit ich dich ins Krankenhaus fahren kann, ja?“ Derek schüttelte leise mit dem Kopf: „Kein Krankenhaus! Die können solchen wie mir nicht helfen! Deaton! Bring mich zu Deaton! Ich sage dir die Adresse!“ Moment mal! Das musste doch wohl ganz sicher bloß eine zufällige Namensgleichheit, oder so etwas sein: „Sprichst du etwa von ALAN Deaton? Der mit dem Buchladen?“ fragte Stiles unsicher. Derek blickte ihn verblüfft an: „Du kennst ihn? Woher?“ „Er ist der Freund von Mason! Darüber haben wir doch gesprochen. Aber wie kann ER dir denn helfen? Er ist doch bloß ein Buchhändler!“ erwiderte Stiles verwirrt: „Er ist sehr viel mehr als das!“ versicherte Derek stöhnend: „Bitte bring mich rasch zu ihm, ja?“ Angesichts von Dereks Zustand wollte Stiles lieber nicht hier herumsitzen und mit ihm diskutieren. Er schaffte ihn zum Camaro und fuhr ihn in Windeseile zu Alans Wohnung, wo er sogleich Sturm klingelte. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffneten Deaton und Mason endlich verschlafen und nur in Boxershorts und T-Shirts bekleidet die Tür. Der Buchhändler verblüffte Stiles, indem er überhaupt keine Fragen stellte. Er sagte bloß: „Verdammt Hale!“ nahm Stiles den Verletzten ab, welcher ihn bis hierher gestützt hatte und schaffte ihn ins Wohnzimmer auf die Couch: „Erst Stiles! Er ist auch verletzt!“ behauptete Derek matt, doch der Junge schüttelte heftig mit dem Kopf: „Schwachsinn! ICH habe Kratzer! ER verblutet! Bitte hilf ihm, Alan. Er hat gesagt, das könntest du?“ Deaton nickte bedächtig: „Das kann ich!“ bestätigte er. An Mason gewandt sagte er: „Ich brauche eine Schüssel mit warmem Wasser, einen Lappen und meine große schwarze Tasche aus der Bibliothek!“ Der Junge lief umgehend los, um die Sachen zu besorgen. Stiles wich indes nicht von Dereks Seite. Erst jetzt im Licht konnte er sehen, wie schwer die Verletzungen waren. Überall war Blut. Dereks Shirt und Jeans waren vollkommen durchtränkt: „Hilf mir, ihn auszuziehen. Ich muss mir das genau anschauen.“ verlangte Alan. Stiles nickte und sie machten sich ans Werk. Derek war kaum mehr in der Verfassung, ihnen zu helfen, denn er verlor immer wieder das Bewusstsein. Ohne die Kleidung wurde Stiles erst das volle Ausmaß der Verletzungen deutlich. Deucalion hatte seine Klauen tief in Dereks Brust, seinen Bauch und seine Seiten getrieben und damit Haut, Muskeln und Gefäße zerfetzt: „Wird er wieder gesund?“ wollte Stiles wissen. Seine Stimme klang dünn, belegt und sie kam ihm sogar selbst fremd vor. Er traute sich kaum, sich die Wunden genau anzuschauen, weil sie ihn zu Tode ängstigten. Mason war mit den angeforderten Materialien zurück. Deaton begann damit, den Verwundeten zu reinigen und behauptete: „Derek Hale ist verdammt zäh. Er schafft das! Außerdem heilt seine Art viel schneller, als wir!“ „Seine Art? Was bedeutet das? Was ist er?“ fragte Stiles nervös: „Er hat es dir nicht gesagt?“ fragte Deaton überrascht: „Na, dann werde ich es auch nicht tun, denn es steht mir nicht zu, diese Dinge auszuplaudern. Aber du solltest Derek danach fragen, wenn er wieder in der Lage dazu ist, dir zu antworten.“ „Er hat sich verwandelt!“ sagte Stiles abwesend: „Sie haben sich beide verwandelt!“ „Du hast den Angreifer also gesehen?“ wollte Alan wissen: „Welche Farbe hatten seine Augen? Bitte Stiles! Das ist sehr wichtig!“ „Rot!“ gab Stiles zurück: „Sie waren rot!“ „Hmm!“ machte der Buchhändler ernst: „Das ist nicht gut!“ „Wieso nicht?“ fragte Stiles: „Was bedeutet es?“ „Es bedeutet, dass sein Angreifer auch ein Alpha war. Es bedeutet, dass er länger brauchen wird, um zu heilen!“ erwiderte Deaton. Stiles nickte, auch wenn er kein Wort verstand. Alles, was heute Abend geschehen war, war viel mehr, als er begreifen konnte. Um ein Haar wäre er einem Mann zum Opfer gefallen, der gar keiner war, sondern eine Art Ungeheuer. Und gerettet hatte ihn der Mann, den er liebte. Doch auch der war eine Art Monster, oder nicht? Und dieser Mann lag nun hier, wirkte mehr tot, als lebendig, wollte aber partout nicht in ein Krankenhaus, um sich stattdessen lieber von einem Buchhändler verarzten zu lassen. Wer war die Person eigentlich wirklich, in die er sich da verliebt und der er sich in den letzten Monaten vorbehaltlos anvertraut hatte? Kannte er ihn überhaupt? Vom ersten Moment an hatte Derek Stiles geholfen, ihn gepflegt, beschützt, beherbergt und ihm vermutlich mehr als einmal das Leben gerettet. Er mochte vielleicht kein richtiger Mensch sein, aber er war gut. Und lieb! Und er war sein Freund! Daran hielt sich Stiles fest. Alles andere war vollkommen gleichgültig! Deaton hatte Derek, der davon nicht allzu viel mitbekam und nur gelegentlich ein kleines Stöhnen von sich gab, mittlerweile gereinigt und seine Wunden mit irgendeinem getrockneten Kraut bedeckt und verbunden. Nun zog der Buchhändler eine dunkle Flüssigkeit auf eine Spritze und schickte sich an, Derek diese zu verabreichen. „Was ist das?“ fragte Stiles skeptisch: „Es ist ein Mittel zur Kräftigung und Heilungsförderung! Keine Sorge, es ist pflanzlich!“ gab der Ältere zurück: „Aber sollte Derek nicht auch etwas gegen die Schmerzen erhalten!“ erkundigte sich Stiles und sah dabei aus, als leide er beim Anblick des Verwundeten selbst an starken Schmerzen. „Unsere Schmerzmittel wirken bei ihm leider nicht, sonst würde ich ihm sofort etwas geben.“ versicherte Alan mit Bedauern: „Aber ich fürchte, ich habe nun alles für ihn getan, was mir möglich ist. Den Rest muss die Natur erledigen. Am Besten ist, er bleibt erst mal hier und schläft sich ganz einfach aus. Wirst du bei ihm bleiben und über ihn wachen?“ Stiles nickte heftig. Er würde so was von Wache halten, dass er selbst einen deutschen Schäferhund in den Schatten stellen würde! Mason hatte mittlerweile T-Shirts und Jogginghosen für Derek und Stiles angeschleppt. Dann wurden noch kurz Stiles Kratzer verarztet, ehe der Junge sich neben Derek auf das Sofa schmiegte, dessen Kopf auf seiner Brust bettete, die Arme um ihn legte und eine kuschelige Decke über sie beide breitete. Mason und Alan gingen wieder zurück ins Bett und auch Derek fand in den Armen seines Wachhundes ein wenig Schlaf. Nur Stiles selbst wagte nicht, die Augen zu schließen. Er lauschte ängstlich auf jeden rasselnden Atemzug, nur um ganz sicher zu sein, dass Derek in Ordnung war. Mitten in der Nacht erwachte der Patient schwitzend. Er wirkte wild, gehetzt und er zitterte am ganzen Leib, während seine Augen rot in der Dunkelheit funkelten: „Shh! Ist okay, Derek!“ machte Stiles und knipste eine kleine Lampe an: „Hab´ keine Angst, ja? Ich bin bei dir!“ Immer noch das rote Glühen und Derek, der ihn sehr genau ins Visier nahm, ehe er fragte: „Wo sind wir?“ „Da, wo ich dich hinbringen sollte; bei Deaton zuhause.“ Stiles streichelte besänftigend das schwarze Haar und wollte wissen: „Hast du große Schmerzen?“ Es war beinahe so, als hätte Stiles etwas sehr Ungehöriges gefragt, denn Derek senkte den Kopf und sagte: „Nö!“ Stiles schüttelte den Kopf und wechselte dann das Thema: „Deine roten Augen sind sexy, weißt du?“ Derek schreckte hoch, stöhnte sogleich vor Schmerz und rückte von Stiles ab, während seine Augen wieder zu ihrer gewöhnlichen Farbe wechselten: „Du... du hast es gesehen!“ stellte er mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht fest. „Es ist in Ordnung, Derek!“ versicherte der Junge: „Alles ist in Ordnung! Reg´ dich bitte nicht auf, ja? Komm´ wieder her zu mir und schlaf´ noch ein bisschen!“ Stiles öffnete einladend die Arme. „Du weißt also, was ich bin?“ fragte Derek misstrauisch: „Ich habe keinen Schimmer, was du bist! Ich weiß nur das, was ich wirklich wissen muss; nämlich dass du ein guter Kerl bist. Alles andere wirst du mir schon erzählen, wenn du so weit bist, richtig?“ Dereks Blick blieb skeptisch und seine Körperhaltung war abweisend, also näherte sich Stiles ihm nun behutsam, nahm ihn bei den Schultern und zog ihn zurück in seine Arme: „Du bist sicher bei mir!“ wiederholte Stiles: „Schlaf jetzt, in Ordnung? Derek wirkte steif und unbehaglich in der Umarmung, doch der Junge streichelte ihm Schultern und Rücken, küsste sacht Dereks Stirn und erreichte damit, dass der Ältere nach und nach wieder ein wenig losließ und schließlich sogar einschlief. Und endlich fielen auch Stiles noch einmal für eine Weile die Augen zu. Als sie beide wieder erwachten, war es bereits hell und Kaffeeduft stieg ihnen von der Küche her in die Nase. Stiles versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er steife, wehe Knochen davon hatte, dass er Derek mehrere Stunden auf einer engen Couch festgehalten hatte, ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, sich zu bewegen. Er arbeitete sich nun behutsam unter dem schwereren Körper des anderen hervor, stand auf, reckte und streckte sich und wollte dann von Derek wissen: „Und? Fühlst du dich schon ein bisschen besser?“ Der Ältere nickte und wich Stiles Blick aus. Der Junge seufzte, kniete sich neben das Sofa und nahm die Hand des Freundes in seine: „Was?“ fragte er: „Warum verhältst du dich so eigenartig?“ „Ich finde, dass DU dich eigenartig verhältst, Stiles!“ brummte Derek unzufrieden: „Du hast letzte Nacht mein wahres Gesicht gesehen; mit Zähnen, Klauen, glühenden Augen und allem... hast du denn gar keine Angst?“ Stiles blickte ihn ernst an: „Soll ich dir sagen, was ich letzte Nacht gesehen habe? Ich habe gesehen, wie du dich schützend vor mich gestellt und dein Leben riskiert hast, als dieses Ungeheuer mich angegriffen hat! Das war wahnsinnig mutig von dir und ich bin dir sehr, sehr dankbar.“ „Ich wäre mit Sicherheit gestorben, wenn du Deucalion nicht verwundet hättest. DAS war wirklich mutig, Stiles! Hast du überhaupt eine Ahnung, mit wem du dich da angelegt hast? Er ist möglicherweise der älteste und mächtigste meiner Art!“ „Ich hätte es mir nie verziehen, wenn du wegen mir verletzt worden wärst!“ versicherte Stiles. Er wollte nun endlich seine unzähligen Fragen loswerden, danach was Derek und dieser Deucalion denn nun eigentlich waren und was das alles zu bedeuten hatte, doch da kamen Deaton und Mason mit einem Frühstückstablett herein: „Und? Wie geht es unserem Patienten heute morgen?“ wollte Alan wissen. Stiles blickte Derek fragend an. Der behauptete: „Alles Bestens!“ und strafte sich selbst Lügen, indem er laut aufstöhnte, bloß weil er sich vorbeugte, um nach einer Kaffeetasse zu greifen: „Ich mache das!“ schimpfte Stiles. Und an Deaton gewandt korrigierte er: „Also, es geht ihm NICHT gut, aber ich kümmere mich schon darum!“ Daraufhin reichte er Derek seinen Kaffee und bestrich ihm überdies einen Bagel mit Frischkäse. Der Patient konnte gerade noch verhindern, dass Stiles ihm sein Essen in kleine Häppchen schnitt und ihm diese mit der Frage `Na? Wo ist das kleine Flugzeug?´ in die Futterluke schob: „Ich komme klar, Stiles! Danke!“ brummte er und schnappte sich seinen Teller. Nach dem Frühstück wollte Deaton wissen: „Und? Wie soll es nun mit dir weitergehen, Derek? Willst du vielleicht ein paar Tage bei mir bleiben, bis du dich erholt hast?“ Derek schüttelte den Kopf: „Ich komme klar! Ich werden nachhause gehen!“ „Ohne Krankenschwester kommt das gar nicht in Frage!“ bestimmte Deaton: „Ich werde Peter anrufen und ihm sagen, dass er sich gefälligst um dich kümmern soll!“ Derek verzog bei dieser Aussicht schmerzhaft das Gesicht und Stiles versicherte eilig: „Ich mache das! Ich kümmere mich um ihn! Immerhin ist er mein tapferer Retter. Außerdem hat er dasselbe schließlich auch schon für mich getan, als ich krank gewesen bin.“ Mason versicherte, er würde im Café dafür sorgen, dass Stiles mindestens eine Woche lang von den anderen vertreten werden würde. Stiles war erleichtert und wenig später schaffte er Derek mit Alans Hilfe in den Camaro. Der Buchhändler versprach noch, jeden Abend zum Vebandswechsel vorbei zu kommen und dann verabschiedete er sich und ließ den Patienten und seine Krankenschwester fahren. Stiles hatte den Älteren in sein eigenes Bett bugsiert und verteilte nun Kissen um ihn, so dass der Verletzte einigermaßen schmerzfrei liegen konnte. Dann besorgte er ihm noch etwas zu trinken, ein paar Snacks und seinen Laptop, damit für das leibliche Wohl und Beschäftigung gesorgt war, hockte sich dann an die Bettkante und blickte Derek erwartungsvoll an. Derek lächelte mühsam und stellte dann fest: „Du willst endlich deine Fragen loswerden, was, Stiles?“ „Wenn du erst mal ein wenig Erholung brauchst... ?“ setzte der Junge halbherzig an, doch sein Patient schüttelte den Kopf: „Es ist in Ordnung, Stiles! Ich will schließlich nicht, dass du noch vor Spannung platzt, also schieß´ schon los!“ Stiles legte sich neben Derek, wandte sich ihm zu und wollte natürlich als erstes wissen: „Was bist du denn nun eigentlich?“ Kapitel 19: Drei in einem Bett ------------------------------ „Ein Werwolf bist du?“ fragte Stiles bloß. Er sagte nicht: `Du spinnst doch! So etwas wie Werwölfe gibt es doch gar nicht!´, denn er hatte letzte Nacht wirklich genug gesehen, um Dereks Worte nicht in Zweifel zu ziehen. Doch eine Sache erstaunte ihn dennoch: „Aber gestern war gar kein Vollmond!“ „Ich bin an jedem Tag des Monats ein Werwolf. Und an Vollmond bin ich es eben noch ein kleines bisschen mehr.“ erklärte Derek schüchtern, beinahe so, als sei an seinem Geständnis irgendetwas total Ungehöriges; ganz so, als habe er gesagt: `Im Freibad treibe ich mich immer gern bei den Umkleidekabinen herum und spanne durch die Ritzen.´, oder etwas in dieser Art. Vielleicht war Derek ja mit seinem Dasein als Kreatur der Nacht nicht so recht im Reinen, dachte Stiles bei sich, überging dies allerdings für den Moment, indem er die üblichen Fragen über den Vollmond, die Verwandlung, Silberkugeln und so weiter stellte, welche von Derek geduldig und wahrheitsgemäß beantwortet wurden. Dann wollte er wissen: „Und was ist mit Deaton?“ Derek schüttelte den Kopf: „Er ist kein Werwolf!“ „Aber irgendetwas ist er, richtig?“ hakte Stiles nach. Ein kleines Nicken von Derek: „Leute wie er helfen solchen wie mir. Er ist ein Druide. Er verfügt über Heilwissen, Wissen über Magie, andere Wesen, andere Welten... aber ehe du fragst: Abgesehen davon ist er ein ganz gewöhnlicher Mensch!“ Stiles blickte ihn prüfend an: „Und wie ist das mit Braeden?“ „Auch sie ist bloß ein Mensch!“ versicherte Derek: „Und weiß sie, was du bist bist?“ erkundigt sich der Junge. Derek schüttelte den Kopf und Stiles konnte mit Müh´ und Not ein breites Honigkuchenpferd-Grinsen unterdrücken. Er war nun in ein Geheimnis eingeweiht, welches nicht einmal die Frau ahnte, mit der Derek schlief? Er machte sich beinahe nass vor Freude! Ehe sein Gegenüber noch auf seinen, zwar unterdrückten, aber dennoch vollkommen unangemessenen Freudentaumel aufmerksam wurde, konzentrierte sich Stiles lieber auf etwas anderes und fuhr damit fort seine Fragen zu stellen: „Und was ist mit deinem Onkel? Ist er auch so, wie du?“ Derek sah wenig erfreut aus, als Stiles auf Peter zu sprechen kam und der Junge ahnte natürlich auch, warum: „Peter ist auch ein Wolf, wenn du das meinst, aber er ist NICHT wie ich, auch wenn er das gern wäre, denn Fakt ist, ich bin sein Alpha und er ist ein Beta!“ erwiderte Derek ein wenig triumphierend und erklärte dem Jungen dann die Unterschiede in der Werwolfhierarchie. „Und was müsste ich tun, um auch so zu werden, wie ihr?“ erkundigte sich Stiles interessiert. Derek schüttelte energisch den Kopf: „Das kannst du nicht!“ bestimmte er nachdrücklich und verdrängte die Erinnerung an Paige: „Es ist zu gefährlich!“ Natürlich verlangte Stiles dafür eine Erklärung und so erfuhr er alles über geborene Wölfe und solche, die sich nach einem Biss durch einen Alpha verwandelten. Sehr ausführlich schilderte Derek auch das Risiko, die dies barg. Es gab noch etwas anderes, was den Jungen beschäftigte: „Du hast gesagt, dieser Deucalion sei möglicherweise der Älteste eurer Art, doch so alt sieht er noch gar nicht aus. Also? Wie hast du das gemeint?“ Derek blickte Stiles unbehaglich an, denn dies war möglicherweise der Teil, der für den Jungen am Schwersten zu glauben war: „Deucalion ist mindestens zehnmal so alt, wie ich.“ sagte er. Stiles blickte ihn zweifelnd an: „Aha! Und wie alt bist du?“ wollte er wissen „Ich bin neunundzwanzig.“ erwiderte Derek und fügte kleinlaut hinzu: „Nach menschlichen Maßstäben jedenfalls.“ „Und was soll das bitteschön bedeuten?“ fragte Stiles verwirrt: „Ist das so, wie mit Hundejahren, oder wie?“ Derek schüttelte den Kopf: „In gewisser Weise ist es genau umgekehrt. Wir Werwölfe leben länger, als die Menschen.“ „Wie viel länger?“ erkundigte sich Stiles forschend. Derek zuckte mit den Achseln: „Das kann ich dir nicht so genau sagen. Die wenigsten von uns sterben tatsächlich an Altersschwäche. Unsere Welt kann sehr gewalttätig sein, auch wenn Peter und ich versuchen, uns aus diesem ganzen Theater herauszuhalten. Aber wir Werwölfe werden nicht krank und wie du gehört hast, heilen wir auch schnell und auch das trägt zu unserer Langlebigkeit bei. Ich zum Beispiel wurde vor hundertsechsundfünfzig Jahren geboren.“ Stiles schluckte: „Ist das wirklich die Wahrheit, oder verarschst du mich gerade?“ fragte er fassungslos: „Nein, es ist wahr! Ich habe die technischen Revolution mit erlebt, den Siegeszug von Auto, Telefon, Strom und fließend Wasser in allen Haushalten, die Geburt von Kino und später dem Fernsehen, den Beginn des Computerzeitalters.... ich habe in fünf Kriegen gekämpft, ich habe große Menschen und Tyrannen kommen und gehen sehen... ich... ich lüge nicht, Stiles!“ sagte Derek beinahe schüchtern: „Welche Kriege?“ wollte Stiles wissen und Derek fragte sich, ob es eine Fangfrage war, mittels derer Stiles ihn beim Schwindeln ertappen wollte: „Erster Weltkrieg, zweiter Weltkrieg, Korea, Vietnam und Irak.“ ratterte er also herunter. Sein Gesprächspartner schien immer noch nicht recht zu wissen, was er von all dem halten sollte und fragte: „Und was meinst du dann damit, dass du nach menschlichen Maßstäben neunundzwanzig bist? Das verstehe ich nicht!“ „Es bedeutet, dass ich die Reife eines Menschen mit neunundzwanzig besitze, ebenso wie den körperlichen Zustand.“ erklärte Derek. Stiles schien darüber nachzudenken, zog seine Stirn so sehr in Falten, dass er beinahe aussah, wie ein Shar Pei; einer diese zerknitterten, chinesischen Hunde: „Ich begreife das immer noch nicht! Dieser Deucalion sieht aus, als sei er Anfang fünfzig und du sagst, er ist mindestens zehnmal so alt wie du. Wie ist das denn rechnerisch möglich?“ „Das ist gar nicht so kompliziert. Werwölfe altern ganz einfach anders. Am Anfang, solange wir Kinder und Jugendliche sind, verläuft unsere Entwicklung noch parallel zu der der Menschen, doch dann entschleunigt sie sich immer mehr. Je älter wir werden, umso mehr verlangsamt sich der Alterungsprozess.“ „Praktisch!“ kommentierte Stiles lediglich: „Und du denkst also, Deucalion sei mehr als eintausendfünfhundert Jahre alt?“ „Manche Leute behaupten sogar, er sei noch sehr viel älter und er sei der wirkliche Deucalion, der Sohn des Prometheus. Dann würde er sogar auf das antike Griechenland zurückgehen, aber ich denke, das ist nur eine Legende, die er um sich selbst geschaffen hat, um Eindruck zu schinden, der aufgeblasene Penner!“ antwortete Derek grimmig: „Und denkst du, dieser Kerl wird dich oder mich noch einmal angreifen?“ Stiles klang nun doch ein wenig eingeschüchtert. „Ich weiß es nicht!“ bekannte Derek: „Es dürfte ihm sicher nicht geschmeckt haben, dass ein winziger, schwacher Mensch es gewagt hat, ihn zu attackieren und sogar zu verletzen. Der Kerl hat ein Ego, so groß wie ein Flugzeugträger. Aber er hat auch gegen unsere Regeln verstoßen und das weiß er! Er hat die Grenzen meines Reviers verletzt und sich etwas zu nehmen versucht, was… nicht ihm gehört!“ In Stiles Kopf begann es zu rattern. `Etwas genommen, was nicht ihm gehört?´ Die Rede war gar nicht von `etwas´, sondern von jemandem! Derek sprach von IHM! Stiles erinnerte sich an das, was Derek zu Deucalion gesagt hatte. Er hatte ihn als seinen Gefährten bezeichnet. Er hatte gesagt `Stiles ist Mein!´ Sicher, diese Werwölfe schienen sehr altmodische Typen zu sein, die sich einer eigenartigen Art zu sprechen bedienten, wenn sie unter sich waren, doch war es möglicherweise noch mehr als das? „Es gibt eine Sache, die ich immer noch nicht begreife, Derek. Warum warst du gestern Abend überhaupt in dieser Gasse?“ fragte Stiles forschend: „Wusstest du, dass ich deine Hilfe brauchen würde?“ Der Werwolf wurde blass. Was sollte er auf diese Frage antworten? Er könnte behaupten, dass es einfach nur purer Zufall gewesen sei und gestern Abend VOR dem Zusammenstoß mit Deucalion hatte er sich ja sogar beinahe selbst so weit, daran zu glauben, aber hier und heute, im Lichte des Tages und vor Stiles wurde es vielleicht wirklich langsam Zeit, um `Die Arschbacken zusammen zu kneifen und endlich ein Mann zu sein´, wie es Braeden von ihm gefordert hatte. Er griff also nach Stiles Hand und sagte: „Ich schätze, ich habe nach dir gesucht, auch wenn es mir selbst gar nicht so klar gewesen ist. Ich denke, ich wollte dir wohl etwas sagen.“ „Und was wäre das?“ fragte Stiles und blickte erst prüfend auf die Hand, welche die seine hielt und dann in das Gesicht seines Gegenübers. Derek zögerte eine Weile. Er fürchtete, dass er die Worte nicht herausbringen würde. Er hatte auch Angst davor, weil er das Gesagte hinterher nicht mehr zurücknehmen konnte, wenn sich herausstellen sollte, dass es doch nur ein Irrtum seinerseits gewesen sein sollte. Da plötzlich meinte er, eine feuchte Schnauze zu spüren, die ihn energisch in die Seite stupste und ihn daran erinnerte, dass er doch eigentlich ein großer, kräftiger Kerl war; ein Alpha, die wahre Krone der Schöpfung und kein erbärmlicher Jammerlappen! Verdammt, fühlte sich seine Kehle trocken an! Er angelte erst einmal nach der Wasserflasche auf dem Nachttisch und nahm einen kräftigen Schluck. Stiles durchbohrte ihn immer noch mit seinem Blick, denn er wollte nun endlich eine Antwort. Und schließlich piepste der große Alpha wie ein klitzekleine Maus: „Ich schätze, was ich dir sagen wollte ist: Ich liebe dich! Komm´ nachhause, Stiles!“ Krone der Schöpfung? Am Arsch! Stiles lächelte zärtlich und schüttelte den Kopf: „Ach Derek!“ sagte er nachsichtig: „Du bist verletzt und vermutlich hast du auch Angst und willst jetzt einfach nur nicht allein sein. Ich verstehe das! Aber ich bleibe auch so hier bei dir und pflege dich, bis du wieder bei Kräften bist! Dafür musst du mir keine Versprechen machen, die du am Ende vermutlich doch nicht halten kannst. Ist schon okay! Ehrlich!“ `Dafür hatte er sich beinahe in die Hosen gepisst vor Angst?´ dachte Derek ärgerlich: `Dafür, dass Stiles ihm nun überhaupt nicht glaubte?´ „Es ist aber wahr, verdammt!“ protestierte er: „Ich liebe dich! Das habe ich schon die ganze Zeit getan! Denkst du etwa, ich hätte sonst monatelang mit dir gekuschelt und im selben Bett geschlafen, oder wäre dir immer wieder hinterhergelaufen, damit du zu mir zurück kommst? So etwas tue ich für gewöhnlich nämlich nicht mit anderen Kerlen! Ich wollte es bloß nicht wahrhaben, dass ich diese Gefühle habe und um ehrlich zu sein, macht es mich immer noch ein wenig nervös!“ Stiles sah aus, als verstünde er die Welt nicht mehr: „Hast du etwa Angst? Aber wovor denn? Vor mir etwa?“ „Ich hatte aus verschiedenen Gründen Angst.“ erwiderte Derek unbehaglich: „Vor allem davor, wie du wohl auf mein... Geheimnis reagieren würdest. Erinnerst du dich daran, als wir uns geküsst haben? Damals hatte ich begonnen, mich zu verwandeln. Du hast es zwar damals nicht gesehen, aber das war der Grund, warum ich diese Sache abgebrochen habe! Es hat mir nämlich einen höllischen Schrecken eingejagt!“ „Du irrst dich!“ entgegnete der Junge: „Ich habe damals gesehen, dass du dich verwandelt hast. Ich habe es bloß nicht verstanden und so hat mein Gehirn es kurzerhand zu einer Sinnestäuschung erklärt. Was ich aber nicht begreife ist, was denn so schlimm daran sein soll, wenn du dich verwandelst, während wir uns küssen? Ist das für solche wie dich denn nicht ganz normal?“ „Nein, überhaupt nicht!“ klagte der Ältere: „Es ist nicht normal, dass mein Wolf sich so wild und unkontrolliert gebärdet! Vielleicht ist es ja gefährlich?“ ängstlich schickte er hinterher: „Vielleicht verletze ich dich sogar aus Versehen? Wer weiß? Das darf auf keinen Fall passieren!“ Stiles schüttelte energisch den Kopf und behauptete mit dem Brustton der Überzeugung: „Unsinn! Das würdest du nicht! Du verletzt mich nicht!“ „Woher willst du das denn wissen?“ bellte Derek: „Du weißt überhaupt nichts über Werwölfe und unsere Natur!“ „Total egal!“ beharrte Stiles und verschränkte hochherrschaftlich die Arme vor der Brust: „Ich kenne DICH und das ist alles, was ich wissen muss! Ich vertraue dir bedingungslos! Ist dir aufgefallen, dass ich nicht weggelaufen bin, als ich deine Verwandlung gesehen habe? Ich wusste, dass du mein Freund bist, egal WAS du bist!“ Er rückte ein wenig näher an Derek heran. Die Situation zwischen ihnen war so eigenartig! Stiles hatte keine Ahnung, was er davon halten sollte, dass Derek genau das zu ihm gesagt hatte, was der Junge nicht einmal zu träumen gewagt und sich dennoch mehr als alles andere gewünscht hatte. Warum also traute er der Sache nicht? Er schaute sich Derek heimlich von der Seite an. Selbst jetzt, schwer verletzt und nach großem Blutverlust war er immer noch das Allerschönste, was Stiles je gesehen hatte! Und in all den Monaten, seit sie sich zum ersten Mal getroffen hatten, hatte er eigentlich keine Minute an etwas anders gedacht, als daran, wie unbedingt er ihn haben wollte. Auch die neuen Informationen, die er nun erhalten hatte, hatten daran nichts geändert. Natürlich verwirrte es Stiles. Es erschreckte ihn auch ein klein wenig, denn er wusste ja noch immer nicht wirklich, was es tatsächlich bedeutete, dass Derek ein Werwolf war. Andererseits war es irgendwie auch... verdammt heiß! Also warum fielen sie beide nun nicht über einander her, wie ranzige Wölfe? Sicher, da gab es die besondere medizinische Situation, Dereks Verletzungen, doch sie hätten sich doch wenigstens küssen können, doch nicht einmal das geschah! Irgendetwas stand wohl immer noch zwischen ihnen. „Was ist ein Gefährte, Derek?“ fragte Stiles schüchtern: „Das hast du also gehört, hm?“ murmelte Derek unbehaglich. Stiles nickte und blickte ihn erwartungsvoll an, also begann Derek zu erklären, wobei eine leichte Röte sein Gesicht überlief: „Ein Gefährte ist ein Partner, Stiles. Er ist jemand, mit dem du dein Leben verbringst. Aber es ist anders, als bei vielen von euch Menschen. Es ist mehr! Wenn wir uns einen Gefährten oder eine Gefährtin wählen, halten wir ihm oder ihr die Treue. Ein Leben lang! Es kann sogar vorkommen, dass der andere Partner auch stirbt, wenn es der Gefährte tut.“ „Aber warum hast du dann vor Deucalion behauptet, dass ICH dein Gefährte sei?“ wollte der Junge nun wissen: „Ich wollte, dass er dich gehen lässt. Er sollte denken, dass du... na ja,... dass du mir gehörst!“ „Eine List also!“ stellte Stiles fest und versuchte, nicht bitter zu klingen: „Und was ist eigentlich mit Braeden? Wie würde sie es finden, dass du behauptest, Gefühle für mich zu haben?“ „Sie würde es toll finden! Sie hat es schon längst geahnt, dass es so ist und eigentlich hat SIE es MIR gesagt. Und dann hat sie mich rausgeworfen.“ Derek konnte den Gesichtsausdruck des Jungen nicht deuten, als dieser sagte: „Ach so ist das!“ „Alles in Ordnung bei dir?“ wollte der Werwolf wissen: „Bestens!“ behauptete Stiles: „Ich bin müde! Hab nicht viel geschlafen! Ruf´ mich, wenn du irgendetwas brauchst! Ich gehe auf die Couch!“ „Warum bleibst du denn nicht hier? Hier ist doch Platz!“ rief Derek ihm ein wenig enttäuscht hinterher. Stiles drehte sich in der Tür noch einmal um und erklärte kopfschüttelnd: „Hier finde ich ja doch keine Ruhe!“ Dann war er verschwunden. Derek hatte das eigenartige Gefühl, gerade irgendetwas verpasst zu haben. Stiles hatte irgendwie so unzufrieden gewirkt? Es war mehrere Stunden still im Apartment gewesen, doch dann hörte Derek von der Küche her Töpfe klappern und bald begann es nach angebratenen Zwiebeln und anderen Ingredienzien zu riechen. Nach einer Weile kam Stiles mit einem Tablett herein, auf welchem sich ein Pastateller befand: Nudeln mit einer Tomaten-Thunfisch-Soße und ein kleiner Obstsalat als Dessert! „Lass´ es dir schmecken! Deine Vorräte sind übrigens fast aufgebraucht, daher gibt es heute bescheidenere Kost. Aber ich werde gleich einkaufen gehen.“ verkündete Stiles knapp und begann damit, sich Straßenkleidung anzuziehen. „Moment Mal!“ sagte Derek eilig: „Isst du nicht mit mir? Stimmt irgendetwas nicht? Habe ich dich verärgert?“ „Nö!“ sagte Stiles bloß, verschränkte die Arme vor der Brust und schob die Unterlippe vor. Derek kniff die Augen zusammen und blickte Stiles scharf an: „Etwas habe ich dir noch nicht über Wesen wie mich verraten!“ erklärte er: „Wir können hören, wenn jemand lügt! Allerdings brauche ich meine Sinne in diesem Fall gar nicht, weil ich sehe, dass du nicht die Wahrheit sagst. Was ist los, Stiles? Was habe ich falsch gemacht?“ „Ich muss los!“ brummte der Junge: „Bitte geh´ nicht weg! Wir wissen nicht, ob Deucalion dir da draußen irgendwo auflauert!“ forderte Derek. Stiles schnaubte unzufrieden: „Und wie sollen wir dann etwas zu Essen bekommen?“ maulte er. Der Werwolf zog sich unter Stöhnen seinen Laptop heran und hielt sich dann die Bauchverletzungen: „Das Wunder der Neuzeit!“ erklärte er: „Wir bestellen alles, was wir brauchen online und lassen es uns liefern!“ Derek klopfte auf den Platz neben sich, sah lieb, friedfertig, versöhnlich und bildschön aus und machte es Stiles damit ausgesprochen schwer, in seiner Schmollecke sitzen zu bleiben. Unter einem weiteren unzufriedenen Schnauben rutschte er also neben den Älteren, welcher, die Pasta in den höchsten Tönen lobend, mit einer Hand aß und mit der anderen Mousepad und Tasten bediente und den Computer dann an Stiles weiterreichte, damit er beim ausgewählten Online-Feinkostgeschäft seine Bestellung aufgeben konnte. „Wie soll ich denn wissen, ob dass Fleisch nicht voller Sehnen ist, wenn ich es nicht selbst aussuche? Oder schlimmer noch: Wie soll ich wissen, ob es überhaupt Rindfleisch ist und nicht... was weiß ich... Bisamratte?“ maulte Stiles: „Ich wette, Bisamratte wäre teurer! Exotenzulage!“ entgegnete Derek trocken und griff nach Stiles Hand: „Jetzt sag´ mir doch endlich, was ich falsch gemacht habe, damit ich mich dafür entschuldigen kann! Ich... ich will dich jetzt nämlich endlich küssen, bitte!“ Stiles schaute den Älteren misstrauisch von der Seite an: „Sicher, dass du MICH küssen willst und nicht bloß deine Freundin vermisst?“ „Wie bitte?“ machte Derek verständnislos: „Na ja, du hast gesagt, dass SIE dir erst sage musste, was du fühlst, weil du selbst keine Ahnung hattest? Und sie musste dich erst verlassen, ehe du dich mir zugewandt hast! Und das, was du zu Deucalion gesagt hast, war ja auch bloß eine Lüge, oder nicht? Und am Ende willst du mich dann vielleicht bloß wieder mit Pizza abspeisen, ja?“ Stiles verschränkte die Arme vor der Brust und schmollte, wie ein Fünfjähriger. Derek fand es bezaubernd und ohne großes Nachdenken zog er ihn zu sich heran und küsste ihn. Schüchtern erwiderten Stiles Lippen den Liebesbeweis, doch dann hielt er inne und blickte Derek ängstlich an. Der lächelte und fuhr mit der Kuppe seines Daumen die Form der Lippen des Jungen nach: „Es ist alles in Ordnung!“ versicherte er, zog Stiles auf sich und verschloss ihre Lippen ein weiteres Mal. Die anfängliche Zurückhaltung der beiden Männer wich allmählich ihrer wachsenden Lust. Sie drängten sich aneinander, wälzten sich in den Laken und es war wunderbar! Bis Stiles spürte, wie sich Wärme auf seinem Bauch ausbreitete: „Scheiße, Derek! Eine deiner Wunden muss aufgegangen sein!“ rief er entsetzt, als er das viele Blut sah: „Stirb´ jetzt bitte nicht! Bitte nicht, in Ordnung?“ „Keine Angst!“ seufzte Derek und wirkte weniger besorgt, als vielmehr genervt, als käme ihm der Umstand, dass er gerade verblutete sehr ungelegen: „Gott, was soll ich denn jetzt tun? Ich bin total verantwortungslos! Ich hätte es niemals zulassen dürfen, dass es so weit kommt!“ stammelte Stiles und drückte mit der Hand auf den durchtränkten Verband, um die Blutung zu stillen: „Soll ich nun vielleicht doch einen Krankenwagen rufen? Oder Deaton?“ „Reg´ dich nicht auf! Das hört schon wieder von allein auf!“ behauptete Derek unglaublicher Weise. Stiles schüttelte heftig den Kopf. Die Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er mit einer blutigen Hand nach seinem Telefon angelte und Deatons Nummer wählte. Nachdem er diesem mit schriller Stimme geschildert hatte, was los war, seufzte der Buchhändler: „Ich wollte mich sowieso bald auf den Weg zu euch machen, Stiles. Ich bin unterwegs. Beruhige dich! Wenn Derek keine Angst hat, musst du auch keine haben!“ versicherte er und legte auf: „Das war nicht nötig, Stiles! Ich habe doch gesagt, ich bin in Ordnung!“ versichrte Derek. Stiles blickte hinab auf seine blutigen Hände in seinem Schoß und begann leise zu weinen. „Hey!“ sagte Derek sanft: „Ist in Ordnung! Ich halte einiges aus, ehrlich!“ Der Werwolf legte sich zurück in die Kissen, hielt sie mit der einen Hand die Wunde und zog mit der anderen Stiles zu sich heran und bettete diesen an seiner unverletzten Seite in seiner Armbeuge. Dort hielt der Junge ganz still, um nicht noch mehr Schaden anzurichten. Als Deaton eintraf schüttelte er den Kopf: „Was hast du gemacht, Hale? Ich habe doch gesagt, du sollst dich schonen!“ „Ich habe das Bett nicht verlassen!“ gab Derek zurück. Deaton blickte prüfend zwischen Stiles und dem Werwolf hin und her. Ganz offensichtlich hatte er eine ziemlich genaue Vorstellung, was vorgefallen war. Er seufzte, rollte die Augen und machte sich dann ohne einen weiteren Kommentar daran, Derek zu reinigen und seinen Verband zu erneuern. „Haltet euch einfach ein bisschen zurück!“ sagte er noch einmal streng, ehe der Druide wieder verschwand. Stiles war immer noch ziemlich blass. Er wechselte die Bettwäsche, half Derek in frische Kleidung und dann machte er sich daran, sich selbst zu reinigen. „Es tut mir wirklich wahnsinnig leid!“ murmelte der Junge unglücklich und ließ sich auf Dereks Bettkante nieder: „Mir tut es nicht leid. Ich finde, es war die Sache wert. Ich bedaure bloß, dass ich dir so einen Schrecken eingejagt habe, Stiles.“ erwiderte der Ältere mit einem kleinen Lächeln. „Ich hätte dich beinahe umgebracht, Derek!“ gab der Junge aufgebracht zurück: „Ich bin ein notgeiler Mistkerl!“ Der Werwolf gab ein Lachen von sich, dass in einem Husten mündete und er hielt sich den Bauch: „Bist du nicht, du kleiner Spinner. Und nur zu deiner Information: Es braucht ein bisschen mehr, als ein bisschen Geknutsche, um mir das Lebenslicht auszublasen! Also? Wollen wir weitermachen, wo wir stehengeblieben sind?“ Stiles sah fassungslos aus: „Bist du verrückt geworden? Ich rühre dich nicht mehr an, bis du wieder vollkommen in Ordnung bist. Ich zittere immer noch!“ Derek blickte ihn mitleidig an: „Ist okay, Mann! Ehrlich! Mir geht’ s gut! Und es würde mir noch besser, gehen, wenn du dich zu mir legen würdest, um mich mit deinem Körper zu wärmen. Das brauchen wir Wölfe nämlich, um schnell wieder gesund zu werden!“ Stiles blickte ihn skeptisch an: „Erfindest du das gerade?“ Der Ältere grinste verschmitzt: „Vielleicht?“ Stiles schüttelte mit einem gutmütigen Lächeln den Kopf und kroch dann sehr vorsichtig an Dereks Seite. In den nächsten Tagen war Stiles voll und ganz im Krankenschwestern-Modus. Er verbot es sich streng, jene Hitze wahrzunehmen, die sich in ihm ausbreitete, jedes Mal wenn er Derek anschaute und erfüllte seine Obliegenheiten mit vorbildlichem Pflichtbewusstsein. Derek seinerseits schien diese Zurückhaltung jedoch abzugehen. Er schnüffelte unverhohlen an Stiles, wenn dieser des nachts neben ihm lag, ließ seine Fingerspitzen über dessen Körper wandern, wenn dieser in wusch oder ihm beim umziehen half. Er stahl sich kleine, unschuldige Küsse und schenkte Stiles Blicke, dass dieser beinahe das Gefühl hatte, nackt dazustehen. Der Verband war seit gestern ab. Am folgenden Morgen, als Stiles noch schlief, entschied Derek, dass es endlich mal wieder Zeit für eine Dusche wäre. Als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, trug er lediglich ein Handtuch um die Hüften. Stiles richtete sich im Bett auf und blinzelte verschlafen: „Wie fühlst du dich?“ wollte er wissen: „Du siehst aus, als seist du wieder einigermaßen in Ordnung.“ „Das bin ich!“ erwiderte Derek. Und dann ließ er sein Handtuch zu Boden fallen Stiles schluckte, als der nackte Werwolf sich ihm langsam näherte: „Ich habe es langsam satt, zu warten!“ erklärte Derek schnurrend. „Oh- kay!“ antwortete Stiles heiser und nervös und ließ sich von Derek das T-Shirt über den Kopf ziehen: „Und du bist dir wirklich sicher? Also über alles, meine ich? Darüber, dass du nicht wieder verblutest, sobald wir anfangen? Darüber, dass du nicht wieder mittendrin Lust auf italienische Teigwaren bekommst? Darüber, dass dein innerer Wolf mich gerade nicht fressen will? Darüber, dass du es wirklich mit einem anderen Kerl tun willst? Darüber, dass ausgerechnet ich dieser andere Kerl sein soll? Darüber, dass....?“ „STILES!“ rief Derek aus. Ein Blick aus riesigen, blanken Honigaugen traf den seinen: „Was?“ fragte Stiles kleinlaut: „Du plapperst!“ erwiderte der Werwolf: „Bedeutet das, du hast es dir anders überlegt? Sollen wir lieber aufhören?“ „Nein!“ erwiderte der Junge schnell und verharrte dennoch ganz regungslos in seiner gegenwärtigen Position: „Aber?“ fragte Derek genervt und überspielte auf diese Weise seine eigene Verunsicherung: „Ich habe ein bisschen Angst!“ piepste Stiles. Der Ältere seufzte: „Also gut. Dann warten wir noch eine Weile, in Ordnung?“ Stiles schüttelte heftig den Kopf: „Nein! Nein, bitte nicht!“ Er schlang seine Arme um Derek und zog ihn auf diese Weise auf seinen Körper und begann, ihn hungrig und beinahe verzweifelt zu küssen: „Du musst mir nichts beweisen, Stiles!“ versicherte der Ältere: „Halt´ die Klappe und mach mit, ja?“ erwiderte der Junge und bemühte sich, trotz des Gewichts des anderen Körpers auf sich, sich aus seiner Boxershorts zu schälen. Als Derek realisierte, was er vorhatte, ging er ihm hilfreich zur Hand. Als Stiles nun nackt vor ihm lag, entfuhr der Kehle des Werwolfs ein kleines Knurren und seine Augen glühten rot: „Verdammt! Das ist so sexy!“ raunte der Junge und schien plötzlich überhaupt nicht mehr bange. Derek kniete auf dem Bett und Stiles kletterte eilig auf dessen Hüften, umschlang ihn mit Armen und Beinen und küsste ihn, als ob sein Leben davon abhinge. Derek zog den Jungen eng an sich und spürte plötzlich, wie sein Wolf sich entspannte. Er war endlich am Ziel und nun war er ganz zahm und folgsam. Derek sog Stiles Geruch ein, als bräuchte er ihn, wie die Luft zum Atmen, erforschte die weiche, weiße, von kleinen, süßen Leberflecken übersäte Haut mit Fingern, Lippen und Zunge und es war himmlisch! Bis es an der Tür klingelte! „Bestimmt hört es gleich auf, wenn wir nicht reagieren.“ sagte Stiles. Derek nickte, doch es hörte nicht auf! Nein, es klingelte zweimal, dreimal, zehnmal und schließlich nahm die Person den Finger gar nicht mehr vom Klingelknopf: „Das ist Peter!“ stöhnte Derek entnervt: „Lass´ ihn! Irgendwann wird er schon müde! Geh´ jetzt bitte nicht weg!“ maulte der Junge und klammerte sich an dem Werwolf fest: Derek schüttelte den Kopf: „Mein Onkel hat einen Zweitschlüssel!“ erwiderte er genervt. Und da hörten sie beide auch schon, wie aufgeschlossen wurde: „Fuck!“ rief der Werwolf aus, sprang aus dem Bett, als würde er in Flammen stehen und warf sich eine Morgenmantel über: „Ich werde ihn los!“ rief er Stiles über die Schulter hinweg zu und schon war er verschwunden. „Peter!“ rief Derek atemlos: „Was machst du denn hier?“ Sein Onkel runzelte die Stirn: „Was ich hier mache? Ich sehe nach dir, du Blödmann! Ich habe gestern Deaton getroffen und der hat mir erzählt, dass dieser räudige Köter Deucalion dich zerfleischt hat und er dich wieder zusammenflicken musste? Und DU sagst mir nichts? Bist du wieder in Ordnung, oder was?“ „Mir geht’ s gut! Lass´ uns ein anderes Mal reden, ja?“ forderte Derek: „Grad´ passt es gar nicht!“ „Wieso? Was hast du denn so Wichtiges zu tun? Wichsen kannst du auch später noch! Jetzt erzählst du mir erst einmal was passiert ist und wie du überhaupt lebend aus der Sache herausgekommen bist, so ganz allein? Gibt´s Kaffee?“ Derek stöhnte, begab sich in die Küchenecke, holte die Kaffeedose hervor und erklärte knapp: „Ich war nicht allein. Stiles war da!“ „Und was bitteschön konnte unsere Prinzessin tun, um dich vor unserem Wunderalpha zu retten? Hat er vor ihm blank gezogen und ihn so abgelenkt, oder was?“ Derek gab Wasser in die Kaffeemaschine und erwiderte: „Du wirst es nicht glauben, aber manchmal sind auch Menschen im Kampf zu etwas gut! Stiles hat Deucalion tüchtig den Arsch aufgerissen, als ich ich schon beinahe hinüber war. Also nicht wirklich den Arsch, sondern vielmehr den Brustkorb! Ohne sein Eingreifen wäre ich jetzt Futter für die Würmer! Stiles ist ein wirklich tapferer kleiner Kerl!“ Derek konnte das Stutzen und dann den Ausdruck der Erkenntnis im Gesicht seines Onkels nicht sehen, weil er immer noch mit dem Kaffeeautomaten beschäftigt war. Peter entschuldigte sich mit der Behauptung, ins Bad gehen zu müssen, doch in Wirklichkeit lief er schnurstracks in Dereks Schlafzimmer. Stiles zog sich erschrocken die Decke bis unters Kinn und Peter brach in schallendes Gelächter aus. Er ließ sich mit einem Satz neben Stiles fallen und zupfte spielerisch an dessen Bettdecke: „Ach komm´ schon Prinzessin! Das ist schließlich nichts, was ich nicht schon einmal gesehen hätte, also zeig´ dich!“ neckte er ihn. Mit einem wissenden Grinsen fuhr er fort: „So, so! Und du bist also der Grund dafür, dass mein Neffe gerade mit einem Halbmast herumläuft. Na, wenn das keine interessanten Entwicklungen sind! Und? Wie sieht es aus? Seid ihr schon fertig, oder fangt ihr gerade erst an?“ Peter vergrub seine Nase an Stiles Hals und schnupperte: „Nein, du riechst immer noch wie eine Jungfrau!“ Der Junge schob Dereks Onkel energisch von sich herunter und fragte verblüfft: „Das könnt ihr Werwölfe also auch? Riechen ob man im Leben schon einmal Sex hatte!“ Peter riss überrascht die Augen auf: „Er hat es dir also endlich gestanden, was wir sind? Na so etwas! Das ist man nur mal ein paar Tage mit anderen Dingen beschäftigt und schon ist alles anders!“ Mittlerweile hatte endlich auch Derek bemerkt, was in seinem Boudoir vor sich ging. Er stürzte sich brüllend auf seinen Onkel, packte ihn am Kragen und schüttelte ihn grob durch. Peter jedoch schien sich dennoch köstlich zu amüsieren. Er lachte und bot an, dass er gern noch eine Weile bleiben und hilfreiche Anweisungen geben könnte, während Derek und Stiles es taten, denn schließlich sei er der Einzige im Raum, der tatsächlich wisse, wie es funktioniere. Und hinterher würde er dann Haltungsnoten vergeben. „Du verschwindest jetzt hier, du Vollarsch und lässt Stiles und mich in Frieden!“ brüllte Derek und schleifte seinen Onkel aus seinem Schlafzimmer. Diesem gelang es gerade noch, Stiles einen in die Höhe gestreckten Daumen hinzustrecken und ihm ein: „Mazel tov!“ zuzurufen. Nachdem er Peter vor die Tür gesetzt hatte, kam Derek ins Schlafzimmer zurück gestapft. Sein Gesicht war immer noch hochrot vor Zorn: „Denkst du, da oben hat jemand etwas dagegen, dass du und ich es tun?“ murmelte Stiles unglücklich. Derek gab einen knurrenden Laut von sich: „Und wenn schon! Das ist mir scheißegal! Du und ich, wir bekommen unser Happy End!“ verkündete er entschlossen: „Lass´ uns ein paar Sachen packen. Wir fahren ans Meer! Und da werden wir dann ENDLICH ungestört sein!“ Kapitel 20: Fantasy Island -------------------------- Vorwort: Ihr Lieben, nach der langen Wartezeit für die Jungs kommt nun eine Überdosis Zuckerguss, also haltet die Insulinspritzen bereit! Liebe Grüße, Eure Ginger _________________________________________________________ Sie waren kurz bei Stiles zuhause gewesen und er hatte ein paar Sachen gepackt. Dann hatte er im Café Bescheid gesagt, dass er wegfahren würde und gefragt ob sie noch eine Weile ohne ihn klar kämen. „Wo soll´s denn hingehen?“ wollte Danny wissen. Stiles errötete: „Derek und ich... uhm...!“ stammelte er und warf einen Blick durch die Fensterscheibe nach draußen, auf den Camaro, der vor dem Café parkte. Dannys Grinsen hatte etwas verdammt dreckiges: „Ist der Kerl also endlich zur Vernunft gekommen und ihm ist klar geworden, dass er sich ein Prachtstück wie dich nicht entgehen lassen kann? Ich gratuliere dir Baby!“ Danny zog Stiles Gesicht zu sich heran und legte einen zarten Kuss auf seine Lippen: „Ich freue mich für dich! Habt ihr schon, oder...?“ Stiles schüttelte den Kopf: „Wir kommen nicht dazu! Immer ist irgendwas! Darum ja der kleine Ausflug!“ Danny kicherte: „Das heißt, Sightseeing wird es bei eurem Trip nicht gerade geben, wie? Das Einzige, was du sehen wirst, ist die Zimmerdecke! Und seinen verdammt heißen Körper, richtig? Und? Bist du nervös?“ „Kurz vor einem Herzinfarkt!“ beichtete Stiles. Dann wollte er wissen: „Denkst du, es wird weh tun?“ „Wenn dein Prinz sich geschickt anstellt, dann nicht...sehr!“ gab Danny zurück. Stiles schluckte. „Hey! Keine Sorge! Es wird ganz toll werden!“ versicherte Danny und zog Stiles in eine feste Umarmung: „Und jetzt zieh´ los und hab´ Spaß, ja? Mach´ Mutti stolz, Kleiner! Ich sorge unterdessen dafür, dass deine Vertretung hier gewährleistet ist!“ „Danke!“ murmelte Stiles und schenkte ihm ein kleines verschmitztes Grinsen, ehe er sich umwandte und zum Auto zurück trabte. „Ich hasse deinen Kollegen!“ knurrte Derek: „Er sieht echt verdammt gut aus! Und wieso befummelt und knutscht er dich andauernd?“ Stiles grinste frech: „Weil er sich für meine liebe, alte Frau Mama hält!“ Er kletterte auf Dereks Schoß, nahm dessen Gesicht in sein Hände und fuhr mit den Daumen seine Augenbrauen nach: „Du bist ja eifersüchtig! Das finde ich irgendwie gut! Musst du aber nicht! Ich bin ganz Dein! Und nun bring´ mich weg von hier, ja?“ Derek knurrte leise. Dann küsste er Stiles und stellte fest: „Falls du da sitzen bleiben willst, werde ich uns mit dem Auto aber höchstwahrscheinlich um den nächsten Baum wickeln!“ „Kommt nicht in Frage! So kurz vorm Ziel werde ich nicht doch noch als Jungfrau sterben!“ erklärte Stiles entschlossen und klettert zurück auf den Beifahrersitz, damit Derek den Motor anlassen konnte, jedoch nicht, ohne eine Hand auf dem Oberschenkel des Fahrer zu platzieren. Sehr weit oben auf dem Oberschenkel! Und dort ließ er seine Finger kleine Kreise beschreiben. Derek blickte hinab auf seinen Schoß, dann hinüber zu Stiles, der ihn frech angrinste und schüttelte dann gutmütig den Kopf: „Gut dass ich überlegene Reflexe besitze!“ kommentierte er. Sie erreichten ihren Bestimmungsort diesmal wesentlich schneller, als beim letzten Mal. Auch Derek hatte es scheinbar eilig anzukommen und hatte das Tempolimit daher offensichtlich bloß als unverbindlichen Vorschlag aufgefasst. Kurz vor dem Ziel hielten die beiden Männer an einem kleinen Supermarkt, um sich Vorräte zu beschaffen. Derek wollte dabei offenbar ganz, ganz sicher gehen, dass es ihnen am Ende an nichts fehlte, was dazu führen würde, dass sie noch einmal aus dem Haus müssten und kaufte daher den halben Laden leer. Oh, ja, Stiles würde wohl wirklich bloß die Schlafzimmerdecke und sonst nichts zu sehen bekommen. Doch er brauchte gar nicht erst so tun, als sei ihm diese Aussicht unrecht. Auf der kurzen Reststrecke zu Dereks Feriendomizil schien dieser es kaum noch abwarten zu können, denn er holte noch einmal wirklich alles aus dem Motor des Camaro heraus. Und dann waren sie endlich am Ziel. Sie schleppten Gepäck und Vorräte zur Vordertür und Derek zückte den Schlüssel. Kaum hatten sie die Tür hinter sich verschlossen, ließ Derek seine Taschen fallen, griff Stiles bei den Hüften, drängte ihn gegen die Wand hinter sich und presste sich mit seinem gesamten Körper gegen ihn. Wieder diese roten Augen und ein leises Knurren. Stiles erschauerte: „Wollen wir nicht wenigstens die Lebensmittel wegstellen bevor....? In der Papiertüte ist doch die Eiscreme!“ sagte er ein wenig atemlos. Derek grinste. Er schnappte sich den Becher `Ben & Jerrys´, griff Stiles am Unterarm und zog ihn hinter sich her ins Schlafzimmer. „Verdammt Stiles! Ich will dich so sehr!“ raunte Derek in seinen Nacken und schlang von hinten die Arme um ihn. Diese Worte ließen schlagartig scheinbar das gesamte Blut des Jungen in dieselbe Richtung fließen, denn wann hätte er sie je in Verbindung mit seinem eigenen Namen gehört? Er drehte sich in der Umarmung herum und legte seine Hände in Dereks Nacken: „Scheiße! Worauf wartest du dann noch?“ wollte er wissen und zog sich selbst das T-Shirt über den Kopf. War das ein Schnurren! Schnurrten Werwölfe etwa wie zufriedene Kätzchen, wenn ihnen die Aussicht gefiel? Stiles grinste und öffnete Dereks Gürtel. Sie entledigten sich ungeduldig ihrer Kleider und als sie endlich nackt vor einander standen, sagte Derek bloß: „Oh Mann! Endlich!“ Stiles lächelte schüchtern. Doch dann sah er plötzlich verunsichert aus, rannte weg und behauptete, über die Schulter rufend: „Ich bin gleich wieder da!“ Derek jedoch war sicher, Stiles hätte es sich nun doch noch anders überlegt und würde sich nun aus dem Staub machen. Ohne seine Hosen! Als der Werwolf bereits kurz vorm Durchdrehen war, tauchte der Junge mit einigen Gegenständen in der Hand wieder auf und sagte schüchtern: „Ich weiß ja auch nicht, aber vielleicht brauchen wir ja irgendetwas davon?“ Derek schaute sich die Dinge an: Ein kleiner pastellfarbener Delphin, Kondome, ein Fläschchen Gleitgel und eine Art Stöpsel, dessen Verwendungszweck der Werwolf nur ahnen konnte. Er grinste, griff nach dem Fläschchen und bestimmte: „Den Rest kannst du beiseite legen!“ Stiles machte sich auf dem Bett lang und blickte erwartungsvoll und auch ein bisschen ängstlich zu Derek hinauf, der immer noch aufrecht stand und den Jungen genau musterte. „Was?“ fragte Stiles verunsichert: „Du überlegst es dir jetzt aber nicht gerade anders, weil dir nun endgültig klar geworden ist, dass ich ein Kerl bin, oder?“ Derek grinste kopfschüttelnd und sagte: „Du bist schön, Stiles!“ Der Angesprochene kniff ungläubig die Augen zusammen: „Was? Ich? Nein, bin ich nicht! Du brauchst ja wohl `ne Brille? DU bist schön. Bist du wirklich! Aber ich? Ich bin nicht mal Durchschnitt! Ich bin...!“ Derek beugte sich zu ihm herunter und verschloss ihre Lippen zu einem Kuss: „Halt die Klappe Stiles. Du redest dummes Zeug!“ flüsterte er zärtlich und ließ sich auf dem Jüngeren nieder. Stiles liebte das Gewicht des anderen Körpers auf seinem eigenen. Er liebte auch die Wärme und den Duft, welche von diesem ausgingen, schlang die Arme um Dereks Oberkörper und öffnete die Schenkel, so dass sie nun Schoß auf Schoß lagen: „Ist das echt, Derek?“ murmelte er: „Ich träume das hier nicht, oder?“ Derek biss ihm sacht in den Hals: „Fühlt sich das echt an?“ „Autsch!“ erwiderte der Junge kichernd und drohte: „Wenn du nicht lieb bist, bringen wir dich zum Tierarzt. Der kennt Mittel und Wege!“ „Keine, die dir lieb sein dürften!“ erwiderte Derek mit einem frechen Grinsen, griff nach Stiles Hüfte, hob sie ein wenig an und rieb sich ein wenig gegen ihn. Der Junge seufzte, denn nun hatte Derek damit begonnen, seine Hände über seinen Körper fahren zu lassen und seinen Hals zu küssen. Es war schön, doch irgendwie wollte in Stiles Kopf immer noch keine Ruhe einkehren: „Und es stört dich gar nicht mehr, dass mein Körper nicht das ist, was du gewohnt bist, Derek?“ Derek seufzte schwer: „Versuchst du Zeit zu gewinnen, Stiles? Versuchst du, es mir auszureden, oder wie?“ Stiles schaute ihn aus riesigen Augen an und zuckte mit mit Schultern. „Du musst vor nichts Angst haben, Süßer, denn ich habe auch keine mehr!“ versicherte Derek und küsste ihn zart auf die Schläfe: „Ich bin da, wo ich jetzt sein will, mit der Person, bei der ich sein möchte und ich tue das, was ich tun will! Du auch?“ Stiles nickte heftig und schaute zu ihm auf, wie ein kleines Lämmchen. Natürlich gefiel das dem Werwolf. Er knurrte leise, griff die Handgelenke des Jungen unter ihm, hielt sie über dessen Kopf fest und küsste ihn. Dann richtete er sich auf, schnappte sich den Eisbecher vom Nachttisch und goss grinsend ein wenig von dem teilweise verflüssigten, aber immer noch ziemlich kalten Nachtisch über Stiles Brust. Dieser erschauerte daraufhin und gleich noch einmal, als eine warme, hungrige Zunge die süße Sauerei sehr gründlich und hingebungsvoll wieder beseitigte. Derek tauchte die Finger in den Eisbecher, um nun noch etwas von dem Eis, welches noch nicht geschmolzen war auf Stiles Brustspitzen zu verteilen, was diesem ein erschrockenes, aber auch wohliges kleines Stöhnen entlockte. Ehe die Eiscreme eine Chance hatte, sich zu verflüssigen und an Stiles Seiten hinabzulaufen, war Dereks Mund auch schon wieder zur Stelle. Stiles Nippel waren hart aufgerichtet und es war beinahe schon schmerzhaft, wie Derek wieder und wieder mit der Zunge darüber fuhr, doch der Junge war sich dennoch sicher, dass er auf der Stelle sterben würde, wenn der Ältere damit aufhörte, also griff er fest in das dichte schwarze Haar. Dennoch wanderte Dereks Kopf nach einer Weile eine Etage tiefer. Er verteilte Küsse auf dem Bauch des Jungen und umfuhr spielerisch dessen Nabel. Stiles war wider Erwarten doch NICHT gestorben, aber jetzt würde er es definitiv tun, denn Derek war inzwischen noch ein wenig weiter an ihm hinabgerutscht. Der Junge hob den Kopf, um zu sehen, was geschah; gerade rechtzeitig, um zu erkennen, wie der Ältere seine Lippen um ihn schloss und ihn in sich aufnahm. Der warme Mund und die forschende Zunge knipsten augenblicklich Stiles höheren Hirnfunktionen aus: „Fuck!“ rief er laut aus, ließ sich wieder in die Matratze fallen und krallte sich in das Laken. Es war wirklich schwer zu glauben, dass Derek das hier noch nie gemacht haben sollte, denn er bewies wahrlich großes Talent dafür. Entweder war er schon oft genug auf der Empfängerseite gewesen, um zu wissen, worauf er achten musste, oder irgendein übernatürlicher Sinn gab ihm Einsicht. Stiles Atem wurde zunächst keuchend, dann stöhnte er leise und schließlich steigerte er sich immer weiter, bis er sich schließlich lustvoll die Seele aus dem Hals schrie und sein ganzer Körper sich durchbog und anspannte. Es dauerte nun nicht mehr sehr lange, ehe Derek selbstzufrieden wieder zu ihm ans Kopfende rutschte, sich mit dem Handrücken über den Mund wischte und erklärte: „Glückwunsch, Stiles! Du bist nun offiziell keine Jungfrau mehr!“ Stiles stutzte: „Aber wir haben nicht... ich meine du hast gar nicht...?“ Derek kicherte: „Es gibt eine Menge Dinge, die wir noch nicht gemacht haben, aber glaub´ mir, es zählt trotzdem! Aber denk´ nun bloß nicht, ich sei schon fertig mit dir!“ Er lächelte zärtlich auf den Jungen hinab und bemerkte: „Ich mag, wie du gerade aussiehst!“ „Wie denn?“ fragte Stiles unsicher: „Rosig! Gelöst! Zufrieden!“ zählte Derek auf. „Soll ich... dich nun auch zufrieden machen?“ fragte der Junge schüchtern. Der Werwolf grinste: „Später! Was hältst du davon, wenn wir zusammen in den Yakuzi steigen? Immerhin sind wir ganz klebrig von der Eiscreme.“ „Aufstehen?“ fragte Stiles missmutig: „Ich bin nicht sicher, ob meine Beine mich schon wieder tragen.“ Derek lachte: „Ich werte das als Kompliment, in Ordnung?“ dann bot er an: „Weißt du was? Ich gehe alles vorbereiten und hole dich, wenn alles fertig ist. Und zur Not trage ich dich hin!“ „Einverstanden!“ erwiderte Stiles und klammerte sich mit Armen und Beinen an Derek fest. Der Ältere blickte stirnrunzelnd auf ihn hinab: „Irgendwie empfange ich hier gerade widersprüchliche Signale.“ Stiles rieb sein Gesicht gegen Dereks Hals und nuschelte: „Ich will in den Yakuzi! Aber wenn du mich jetzt allein lässt, dann breche ich höchstwahrscheinlich in Tränen aus!“ „Hey!“ sagte Derek sanft, aber auch ein wenig beunruhigt: „Alles okay bei dir?“ Der Junge nickte: „Ja, schon! Du hast wohl bloß meine Hormone ein bisschen durcheinander gebracht, sonst nichts.“ Der Werwolf lächelt und begann Stiles Gesichtszüge mit den Fingern nachzuziehen: „Du bist wirklich verdammt süß, weißt du das?“ „Nö?!“ entgegnete Stiles, war dabei verdammt süß und wurde mit vielen kleinen Küssen dafür belohnt. Nach einer Weile entschied der Junge: „So, ich denke, es geht wieder!“ und gab Derek frei. Die beiden erhoben sich, Derek holte zwei kuschelige Bademäntel aus dem Schrank, in welchen sie hinaus in den Garten gingen, um im Yakuzi das Wasser einzulassen. Während dies passierte, verschwand Stiles jedoch noch einmal kurz im Haus, ohne bekanntzugeben, was er vorhatte. Stiles kehrte zurück, doch nun mussten sie noch darauf warten, dass das Wasser sich erwärmte. Sie vertrieben sich die Zeit knutschend auf einer bequemen Gartenliege. Irgendwann vielen ihre Bademäntel und Stiles fragte unsicher: „Hast du keine Angst, dass deine Nachbarn uns sehen und Anstoß nehmen könnten?“ „Du meinst die beiden rüstigen Lustgreise, die sich von Peter haben flachlegen lassen?“ fragte Derek kichernd: „Ich habe höchstens Angst, dass sie rüberkommen und fragen, ob sie mitmachen dürfen. Und nur falls du dich das gefragt hast: Nein, das dürfen sie nicht! Ich will dich für mich ganz allein! Und nun komm! Zeit für ein Bad!“ Es war herrlich, sich vom warmen Wasser tragen zu lassen und sich darin aneinander zu schmiegen. Sie küssten einander, bis ihre Lippen ganz wund waren und erforschten mit den Händen den Körper des anderen und irgendwann hauchte Stiles schüchtern: „Ich schätze, ich bin jetzt bereit für dich. Ich habe mich übrigens schon ein bisschen vorbereitet!“ Er langte nach unten, holte wenig später den kleinen Stöpsel hervor, auf den sich Derek zuvor nicht wirklich einen Reim hatte machen können und stellte ihn auf den Rand des Yakuzis. Dann setzte er sich auf Dereks Schoß, schenkte ihm einen nervösen Blick und fragte: „Willst du?“ Derek nickte und legte die Arme um den Jungen: „Ich höre, wie dein Herz rast, also vergiss´ nicht weiterzuatmen, Stiles!“ forderte er sanft: „Und entspann´ dich einfach, denn ich schätze, sonst wird das hier nichts!“ Stiles schluckte! Dann holte er tief Luft und schaute Derek in die großen, grünen Augen, die beinahe wie ein Beruhigungsmittel auf ihn wirkten. Er nahm seinen Mut zusammen, brachte sich in die richtige Position, senkte vorsichtig sein Becken und hielt erst einmal inne, ehe damit begann, sich vorsichtig auf Derek zu bewegen. Währenddessen nahm er keinen Augenblick lang den Blick vom Gesicht seines Liebhabers, dessen Augen nun halb geschlossen waren und dessen Atmung sich hörbar beschleunigt hatte. Stiles liebte es, wie zufrieden und entspannt Derek aussah. Die markanten Gesichtszüge und der angespannte Kiefer wirkten mit einem Mal ganz weich. Seinetwegen! Und augenblicklich vergaß Stiles seine Ängste und Unsicherheiten. Es ging hier schließlich nicht nur um ihn! Es ging auch darum, DEREK glücklich zu machen. Derek, seinen Lebensretter; seinen Freund, seinen... Gefährten, dachte Stiles ganz heimlich und für sich. Das war er zwar nicht wirklich und würde es höchstwahrscheinlich auch niemals werden, weil Derek schon noch dahinterkäme, dass Stiles im Grunde eine nervtötende Pest war, mit der es auf die Dauer nicht auszuhalten war, doch es sich vorzustellen, dass der Werwolf ihn eines Tages so nennen und es auch meinen würde, brachte Stiles richtig in Fahrt. Er steigerte das Tempo seiner Bewegungen, legte den Kopf in den Nacken und begann, zunächst noch verhalten, aber schließlich immer lauter zu Stöhnen, bis es ihm dies selbst bewusst wurde, er erschrocken innehielt und fragte: „Oh, Gott, ich sollte hier im Freien wohl nicht so rumbrüllen, oder? Tut mir leid!“ Dereks Augen glühten und er knurrte: „Wag´ es ja nicht, irgendetwas zu verändern! Du bist der Wahnsinn!“ Das klang wie ein Befehl, also beschloss Stiles, ein braver Junge zu sein, ließ alle Selbstkontrolle fahren, krallte sich in Dereks Schultern und bewegte sich ungehemmt und laut stöhnend auf ihm, so dass es nicht lange dauerte, bis beide schließlich zu einem geräuschvollen Höhepunkt kamen. Nun ließ Stiles sich matt gegen Derek sinken und war dankbar, dass dieser ihn auffing und festhielt, denn sonst, so vermutete er, hätte wohl eine vage Chance bestanden, dass er ganz einfach kraftlos unter Wasser gesunken und ertrunken wäre: „Verdammt! Was war das?“ rief Derek lachend aus und wiederholte noch einmal: „Das war.. einfach der Wahnsinn!“ „Es hat dir also gefallen!“ murmelte Stiles benommen. Immer noch lachend erwiderte Derek: „Nope! Es hat mir nicht gefallen.“ Stiles riss ängstlich die Augen auf und so fuhr Derek rasch fort: „Es hat mir nicht einfach bloß gefallen, es hat mich umgehauen!“ Stiles Blick wurde skeptisch: „Ehrlich? Aber ich habe doch eigentlich gar keine Ahnung, was ich hier überhaupt tue.“ „Na ja, ganz offensichtlich hast du eine fantastische Intuition!“ versicherte Derek und legte warm und Schutz spendend seine Arme um den Jungen: „Das gerade war jedenfalls wirklich richtig schön!“ Stiles atmete auf und richtete sich in der Umarmung ein. Sie lagen eine kleine Ewigkeit so beieinander. Stiles war schon beinahe eingeschlafen, als Derek verkündete: „Wenn wir nicht langsam zusehen, dass wir hier rauskommen, dann werden wir Algen ansetzen!“ „Hmpf!“ machte Stiles und klammerte sich fester an den Älteren. Die Algenproblematik war ihm ganz offensichtlich scheißegal: „Na, komm´ schon Süßer!“ versuchte der Werwolf es noch einmal: „Warm!“ erwiderte Stiles bloß ungewöhnlich wortkarg. Derek kicherte: „In Ordnung! Folgender Deal: Ich gehe jetzt ins Haus, mache uns Kakao und ein Feuer im Kamin und dann rufe ich dich!“ Stiles schien immer noch nicht einverstanden, aber Derek machte sich dennoch mit sanfter Gewalt los und verschwand im Haus. Stiles blieb dümmlich grinsend und randvoll mit Oxytozin, diesem wundervollen Glücks- und Kuschelhormon zurück und wartete darauf, abgeholt zu werden. Derek kehrte erst nach einer ganzen Weile zurück, steckte Stiles in seinen Bademantel und nahm ihn mit nach drinnen: „Was ist denn das hier alles?“ wollte der Junge wissen und deutete auf ein Lager aus Decken und Kissen vor dem offenen Kamin. „So etwas nennt man ein gemachtes Nest, also setz´ dich hinein!“ erwiderte der Ältere und reichte Stiles den versprochenen Kakao: „Heißt das, du willst mit mir brüten, oder was?“ erkundigte sich der Jüngere schmunzelnd. Derek antwortete mit einem ungezogenen Grinsen: „Mit Eiern hat das, was ich vorhabe schon etwas zu tun, also zieh´ den Bademantel wieder aus!“ Stiles lachte. Er ließ sich sehr viel Zeit, öffnete umständlich den Gürtel und ließ das Kleidungsstück dann quälend langsam von seinen Schultern gleiten. Und dann ging es plötzlich zu, wie beim Football: Derek knurrte! Es folgte ein geschickter Tackle und Stiles plumpste in die Kissen und hatte Derek über sich: „Ich habe zwei Fertigpizzen in den Ofen geschoben. Die sollten wir auf keinen Fall vergessen!“ erklärte er noch, ehe er sich über Stiles hermachte. Eine Weile später genossen die beiden Männer besagte Pizzen, welche eine tiefe, äquatoriale Bräune aufwiesen, denn natürlich waren sie zu beschäftigt gewesen, um tatsächlich den rechten Zeitpunkt abzupassen, sie herauszuholen. Es war ihnen egal, denn sie waren komplett ausgehungert! „Heute Abend koche ich uns aber richtig für uns!“ verkündete Stiles: „Eigentlich hatte ich da etwas anderes vor!“ entgegnete Derek daraufhin: „Was hältst du davon, wenn wir heute Nacht am Strand schlafen? Wir könnten ein Lagerfeuer machen und die Steaks grillen, die wir gekauft haben. Hast du Lust?“ Stiles strahlte: „Klingt toll! Wir könnten auch Kartoffeln mitnehmen. Ich werde einen Teig für Stockbrot ansetzen! Und wir rösten Marshmallows!“ Und genauso machten sie es dann auch. Sie luden das Auto voll mit Zeug und fuhren hinunter zum Strand, wo sie sich ein windgeschütztes Plätzchen bei einigen Felsen suchten. Derek schleppte schwere Steinbrocken herbei, die bei ihm aussahen, als wären sie leicht wie Pappmaschee, um damit eine Einrahmung für die Feuerstelle zu bauen. Stiles hingegen schaffte es nicht einmal, besagte Steine überhaupt zu bewegen. Verdammt! Wie stark war dieser Kerl? Sie suchten sich Äste und Zweige als Feuerholz zusammen, hatten allerdings auch einige Scheite Kaminholz mitgebracht, weil diese länger brennen würden. Stiles baute ein gemütliches Lager aus Decken, Kissen und Schlafsäcken, wickelte Kartoffeln in Alufolie, welche er dann in die Glut legte und dann kamen die Steaks auf ein mitgebrachtes Rost über dem Feuer. Der Strand war menschenleer und die Sonne war gerade im Begriff, in einer wahnsinnig kitschigen Explosion von Farben unterzugehen. Und während sie darauf warteten, dass ihr Essen garte, liebten sie sich ein weiteres Mal. Es war absolut vollkommen! Sie waren immer noch nackt und in Decken gehüllt, als sie aßen und Stockbrot und Marshmallows über dem Feuer rösteten und nachdem sie satt waren behauptete Derek: „Und jetzt wird eine Runde geschwommen!“ „NASS!“ maulte Stiles vorwurfsvoll: „Ach komm´ schon, Stiles!“ bettelte Derek Der Junge schüttelte energisch den Kopf: „Nach dem Essen soll man nicht schwimmen gehen! Außerdem ist der Pazifik zu kalt für kleine zarte Menschlein wie mich, also vergiss es! Du kannst mich nicht zwingen!“ „Doch, kann ich! Ich bin der Alpha!“ erklärte Derek mit dem Brustton der Überzeugung: „Pfft! Versuch´s doch, Wölfchen! Du bist schließlich nicht MEIN Alpha!“ entgegnete Stiles und machte eine wegwerfende Handbewegung. Derek setzte ein böses, kleines Grinsen auf, als er sich den kreischenden, strampelnden, nackten Jungen über die Schulter legte, ihn zum Wasser schleppte, hineinwarf und selbst hinterher hechtete. „Scheiße, ist das eisig!“ fluchte Stiles: „Böser Wolf!“ „Komm her! Ich wärme dich auf!“ versprach der Angesprochene und zog den klappernden Jungen in seine Arme. Anschließend schwammen sie tatsächlich ein paar Minuten, bis Stiles angab, seine Arme und Beine nicht mehr fühlen zu können und Derek ihn rettete. Er brachte den Erfrierenden zurück zu ihrem Lager, steckte ihn in einen Schlafsack, legte noch einmal eine größere Menge Holz auf das Feuer, kroch dann dazu und zog den Reißverschluss zu. Es war so eng, dass die beiden sich nur noch minimal rühren konnten, doch das störte sie nicht im geringsten. Stiles ließ sich den Hintern vom Lagerfeuer auftauen, während sein Freund, der Werwolf an seiner Vorderseite in dieser Angelegenheit großartige Arbeit leistete. Es dauerte lediglich Minuten, ehe der Junge fest eingeschlafen war. Als er das nächste Mal erwachte, war es bereits stockfinstere Nacht und Stiles wurde beinahe erschlagen von dieser unglaublichen Menge Sterne über ihnen. Die Lichtverschmutzung der Stadt sorgte dafür, dass man dort einen solchen Himmel niemals zu Gesicht bekam. Der Blick in die Unendlichkeit machte, dass Stiles sich selbst winzig, unbedeutend und irgendwie auch ziemlich verloren fühlte. Und völlig unvermittelt spürte er eine Panikattacke auf sich zurollen. Diese rief jedoch Derek auf den Plan, welcher davon erwachte, dass er des rasenden Herzschlags an seiner Seite gewahr wurde: „Hey Baby? Was ist mit dir? Wovor hast du Angst?“ Baby? Dieser Kosename gefiel Stiles und ging ihm durch und durch. Er ließ ihn beinahe seine Panik vergessen: „Es sind bloß die Finsternis und dieser Wahnsinnshimmel. Ich fühle mich irgendwie... überfordert, überwältigt und unbedeutend, verstehst du?“ „Shht! Ist in Ordnung, Kleiner! Ich bin ja da und passe auf dich auf!“ versicherte Derek Stiles nickte: „Ja, das tust du!“ bestätigte er: „Das hast du von Anfang an getan!“ „Schau mal! Eine Sternschnuppe! Wünsch´ dir was!“ forderte Derek. Stiles schüttelte den Kopf, kuschelte sich enger an den Älteren und erwiderte: „Nicht nötig. Das wäre maßlos!“ Kapitel 21: Coming in --------------------- Die Sonne schien warm ins Schlafzimmerfenster und draußen lärmten die Vögel um die Wette. Als Stiles die Augen öffnete, fiel sein erster Blick auf Derek, welcher neben ihm lag, den Kopf auf den Ellenbogen gestützt, wie er ihn belauerte: „Was guckst du denn so?“ murmelte Stiles grinsend und noch ganz dumm vom Schlaf: „Das ist irgendwie gruselig!“ „Ich warte darauf, dass du aufwachst!“ antwortete Derek: „Ich bin geil!“ Stiles richtete sich auf und zog die Augenbrauen hoch: „Himmel! Das waren wohl die kürzesten Flitterwochen der Geschichte! Wir sind gerade mal seit vier Tagen so etwas wie ein Paar und schon ist die Romantik zum Teufel!“ Derek kicherte: „Was soll ich sagen? Das mit dir ist wie mit Gummibärchen; hast du erst mal eines genommen, kannst du nicht mehr aufhören! Verdammt, du riechst so gut, Stiles und ich kann in deiner Nähe einfach an nichts anderes mehr denken!“ „Gummibärchen?“ erwiderte Stiles gespielt streng: „Du bist ja ein echter Poet!“ Dann setzte er ein freches Grinsen auf und sagte herausfordernd: „Aber scheiß´ drauf! Komm´ und hol´s dir, Lassie!“ Natürlich ließ Derek sich das nicht zweimal sagen, rollte Stiles auf den Rücken und legte sich dessen Beine über die Schulter. Als er von Stiles allerdings ein unzufriedenes Stöhnen vernahm, hielt er sofort inne, setzte die Hüfte des Jungen wieder aber, legte sich an seine Seite und blickte bestürzt auf ihn hinab: „Du kannst dich wieder entspannen, Wolverine!“ kicherte Stiles: „Es ist doch bloß Muskelkater! Unser Workout der letzten Tage macht sich langsam bemerkbar, denn da habe ich Muskeln benutzt, die in meinem ganzen bisherigen Leben noch nichts zu tun bekommen haben. Mir geht’ s gut, also hör´ auf so ein komisches Gesicht zu ziehen!“ „Oh Mann, es tut mir leid, Stiles! Ich... ich hätte viel vorsichtiger und rücksichtsvoller mit dir sein müssen! Du bist immerhin bloß ein Mensch! Ich wollte dir wirklich nicht wehtun!“ sagte Derek reumütig: „Weißt du was? Wir kuscheln einfach ein bisschen, in Ordnung? Wenn du willst, kann ich dich auch massieren, oder so?“ Stiles setzte sich empört auf: „Kuscheln? Bloß ein Mensch? Wovon zum Teufel sprichst du? Jetzt wird gevögelt! Denk´ bloß nicht, dass ich mit dir nicht mithalten könnte! Ich muss mich in Zukunft vielleicht einfach vorher ein wenig stretchen, das ist alles!“ Und mit diesen Worten drehte er Derek energisch auf den Rücken, ließ sich auf dessen Hüfte nieder und begann damit sich anregend auf ihm zu bewegen, um diesem Unsinn umgehend ein schnelles Ende zu setzen. `Bloß ein Mensch?´ `Also, so weit kommt´s noch!´ Sehr viel später saßen die beiden dann an einem reichlichen gedeckten Frühstückstisch und Derek grinste immer reichlich zufrieden vor sich hin, bis sein Blick auf Stiles fiel, der lustlos in seinem Rührei herumstocherte: „Was ist?“ wollte der Ältere wissen: „Schmeckt´s nicht? In den letzten Tagen hast du hinterher doch jedes Mal gegessen, als hättest du einen Bandwurm, oder so!“ „Es liegt nicht am Essen! Mir graut bloß einfach davor, nachhause zurückzukehren! Hier sind wir die ganze Zeit in unserer kleinen Blase gewesen; ganz für uns allein. Wir haben keinen anderen Menschen gesehen und... und es war einfach der Himmel! Aber in San Francisco wird es nicht so sein!“ Derek schaute ihn bestürzt an. Dann zog er Stiles sanft von dessen Stuhl hinüber auf seinen Schoß: „Heißt das, du willst lieber noch eine Weile hier bleiben, Kleiner?“ wollte er wissen: „Denn das lässt sich bestimmt machen.“ Der Junge schüttelte den Kopf: „So unglaublich die letzten Tage auch waren, aber wir sollten heute Abend wohl wirklich wieder nachhause in die reale Welt zurückkehren. Ich habe morgen die Tagschicht im Café und Peter macht mit Sicherheit nichts als Unsinn, wenn du nicht endlich mal wieder nach ihm siehst und ihm mit deinen buschigen Augenbrauen drohst.“ „Peter ist wie eine Katze; ein Selbstversorger! Der liegt bestimmt gerade in einem Meer von Leibern und amüsiert sich köstlich, weil er das doch eigentlich immer tut.“ versicherte Derek: „Und bestimmt kann auch jemand anders den durstigen Jungs von San Francisco ihre Diät-Limo bringen!“ Stiles schüttelte heftig den Kopf und bestimmte mit Endgültigkeit in der Stimme: „Nein, das wirkliche Leben muss weitergehen! Und dann werden wir ja sehen, ob und wie das mit uns beiden funktioniert. Aber erst einmal liegt ja noch ein weiterer Tag im Paradies vor uns und wie ich dich kenne, werde ich dafür ja wohl ein bisschen Energie tanken müssen.“ Er zog sich grinsend seinen Teller wieder heran. Nach dem Frühstück machten sich die beiden Männer als erstes auf zu einen Spaziergang am Strand. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit gelaufen waren, pausierten sie auf einem Felsen, hielten sich bei den Händen, ließen sich von der Sonne braten und vom kräftigen, warmen Wind das Haar zerzausen. Abgesehen von den Seevögeln, die sich anmutig von den Böen tragen ließen, gab es hier weit und breit scheinbar kein lebendes Wesen, keine Stimmen, keine lärmenden Autos und auch keine ratternden Straßenbahnen. Das einzige, was sie hörten war das Tosen des Ozeans, das Pfeifen des Windes und das Geschrei der Möwen. Und ihre Küsse schmeckten großartig; nach Sonne, Salz und Verheißung. Als sie sich schließlich wieder auf den Rückweg machten, wurden Stiles nach einer Weile die Beine schwer und er beschloss auszuprobieren, ob sich Werwölfe auch als Reittiere eigneten. Wie sich zeigen sollte, waren sie durchaus für die Lastenbeförderung tauglich und Stiles ließ sich von Derek den Rest des Weges Huckepack tragen. Nach ihrer Rückkehr waren sie noch ein wenig im Pool schwimmen gewesen und wie automatisch waren sie nach dem Duschen ein weiteres Mal im Bett gelandet. Derek griff sich das Gleitgel vom Nachttisch, doch etwas an Stiles Blick ließ ihn innehalten: „Was denn?“ fragte der Ältere unsicher: „Hast du keine Lust?“ „Doch schon!“ erwiderte Stiles zögerlich. Dann nahm er dem Älteren das Fläschchen aus der Hand: „Oh!“ machte dieser ein klein wenig eingeschüchtert: „Ach so ist das!“ „Ich dachte mir, wir könnten ja vielleicht mal probieren, ob es dir gefällt?“ murmelte Stiles. Dann schob er blitzschnell hinter: „Aber wir müssen natürlich nicht, wenn du das nicht magst! Weißt du was? Vergiss´ es einfach wieder. Es war eine dumme Idee!“ Derek lächelte schüchtern, zog Stiles Körper auf seinen eigenen, schlang ihm die Beine um die Hüften und fragte: „Hältst du mich etwa für einen Feigling? Wenn es etwas ist, was du probieren möchtest... dann... na ja, dann tun wir es eben! Es wird schon irgendwie gehen.“ „Das ist aber sehr heldenhaft und selbstlos von dir!“ brummte Stiles sarkastisch: „Kannst du es jetzt vielleicht nochmal so sagen, als wolltest du mir nicht bloß einen großen Riesengefallen tun und als wäre ich auch nicht im Begriff, dich zur Schlachtbank zu führen? Vielleicht stelle ich mich ja auch halbwegs geschickt an und es wird... was weiß ich... ganz nett, oder so? Hast du darüber schon einmal nachgedacht?“ „Ich... uhm...nein, nicht doch, Stiles!“ stammelte Derek. Dann sah er plötzlich sehr bußfertig aus und schob sanft hinterher: „Ich hab´ doch bloß ein bisschen Angst. Aber das soll uns nicht abhalten, etwas Neues auszuprobieren.“ Grinsend fügte er hinzu: „Also los, du Hengst! Zeig´s mir!“ Unter diesen Umständen war es Stiles bedauerlicherweise unmöglich, an seinem Ärger festzuhalten: „Du bist echt ein Spinner!“ sagte er kopfschüttelnd zog Dereks Gesicht zu einem Kuss zu sich heran und beteuerte: „Keine Sorge, ich werde sanft mit dir sein!“ Und das war er auch! Er wusste ja neuerdings, worauf es dabei ankam, bereitete Derek mit geschickten Fingern ausgiebig vor, bis dieser schließlich ganz ungeduldig wurde und versicherte, dass er sich mehr als bereit fühle. Stiles wusste, dass es Derek; dem Älteren, dem Wolf, dem Alpha viel abverlangte, alle Kontrolle abzugeben und er war berührt davon, wie vollständig es ihm dennoch gelang. Derek suchte Stiles Blick während sie es taten, doch es wirkte irgendwie, als schäme oder fürchte er sich ein klein wenig und so versicherte Stiles: „Es ist alles in Ordnung! Ich hab´ dich! Du bist sicher!“ Der Jüngere dachte an den Morgen zurück, an das Anbranden und Sich-Zurückziehen des Meeres und genauso liebten sie sich nun: In sanften Wellen! Hinterher musterte der Junge Derek prüfend, doch dieser bestätigte leise: „Das war schön, Stiles! Wirklich!“ Er schmiegte sich an den Menschen und wenig später waren beide eingeschlafen. Es war bereits nach vier, als sie mit knurrenden Mägen wieder erwachten. Für langes Kochen war der Hunger bereits viel zu groß und so liefen sie nackt hinüber in die Küche und machten sich einen riesigen Stapel Sandwiches, welche sie am Pool verdrückten. Danach brieten sie noch eine Weile in der Sonne, bis Stiles feststellte: „Ich fürchte, es wird Zeit `Fantasy Island´ den Rücken zu kehren und zu sehen, wie gut uns beiden der Alltag und die Realität bekommen.“ „Zu früh!“ brummte Derek unzufrieden. „Na komm´ schon! Wir können doch jederzeit wiederkommen!“ versuchte ihn Stiles zu ermutigen, doch der Werwolf rührte sich nicht. Also erhob sich der Junge und verschwand allein im Haus, um ihr Gepäck zusammenzupacken. Irgendwann vernahm er hinter sich das Tapsen nackter Füße und Dereks unleidliche Stimme, die verkündete: „Ich bin nicht einverstanden, Stiles!“ Der Junge wandte sich um und schenkte ihm einen fragenden Blick und Derek ließ eine Erklärung folgen: „Hosen! Niemand hat dir erlaubt, welche anzuziehen, Stiles!“ „Aber wenn wir mit nackten Ärschen nach San Francisco einreiten, werden wir doch sofort festgenommen!“ gab Stiles grinsend zu bedenken und reichte Derek seine Kleider: „Du bist dir also vollkommen sicher, dass wir diesen kleinen Trip nicht noch ein bisschen verlängern sollen?“ wollte Derek wissen, schlang von hinten seine Arme um Stiles und schob ihm vorn eine Hand in den Hosenbund. Der Jüngere grinste, hielt die Hand fest und hielt dagegen: „Das geht doch nicht! Schließlich bin ICH ein Junge, der für sein Auskommen arbeiten muss!“ „Ich habe doch Geld! Du musst nicht mehr arbeiten gehen!“ beharrte Derek: „Du spinnst wohl? So fangen wir gar nicht erst an! Ich werde mit Sicherheit nicht bloß dein Lustknabe sein! Ich werde mein eigenes Geld verdienen!“ empörte sich Stiles nun: „Ist gut, Baby! Mir ist doch einfach bloß jedes Mittel Recht, um dich nicht mehr aus meinem Bett herauszulassen, doch ich wollte dich bestimmt nicht beleidigen.“ schnurrte Derek in Stiles Nacken und als der Nackte sich enger an den Jungen drängte, konnte dieser dessen Erektion an seiner Rückseite spüren: „Aber willst du wirklich SOFORT los?“ Stiles seufzte theatralisch drehte sich um und sagte streng: „Also gut! Aber nur ein Quickie!“ Eine Dreiviertelstunde später waren sie schließlich auf Landstraßen unterwegs zurück nach San Francisco. Stiles fragte sich, ob er es sich nur einbildete, dass Derek angespannter wurde, je näher sie der Stadt kamen? Es führte jedenfalls dazu, dass auch er selbst nun ein wenig unruhig wurde. Nach und nach nahm der Verkehr auf den Straßen zu und kurz vor der Stadtgrenze standen sie dann eine Weile im Stau. Der Abend dämmerte bereits herauf, als sie den Camaro endlich in der Nähe von Dereks Haus parkten. Stiles fühlte sich erschöpft und irgendwie war es so, als würde eine tonnenschwere Last auf seinen Schultern ruhen, seit sie wieder in der Stadt waren. Er schulterte seinen Rucksack und legte seine freie Hand in die von Derek als sie zum Haus hinübergingen, woraufhin dieser begann, sich hektisch umzublicken, wer sie beide dabei wohl gesehen haben könnte. Ein ganz schlechter Anfang! Stiles seufzte, doch er sagte sich, dass das ja alles noch neu für Derek war und er es schon noch in den Griff bekommen würde. Sie stiegen die Treppen hinauf und im Apartment schlossen sie schnell Tür hinter sich, legten ihre Taschen ab und fielen einander um den Hals: „Herzlich willkommen zuhause, Baby!“ flüsterte Derek und küsste Stiles. „Sieh´ an, sieh´ an!“ Das war die Stimme von Braeden, begleitet von dem Kichern von Peter. Die beiden mussten hier schon auf sie gewartet haben und waren nun aus dem Wohnzimmer zu ihnen in die Diele getreten. Derek zuckte zusammen und stieß Stiles von sich, als habe er sich an ihm die Finger verbrannt. Der Junge geriet hierbei sogar ein klein wenig ins straucheln. Stiles sagte nichts, schaute Derek bloß an, doch die Verletzung, die in diesem Blick lag, sagte so viel mehr als Worte. Es war herzzerreißend! „Uhm... Oh, Mann Stiles... ich... tut mir leid!“ stammelte Derek hilflos: „Ist mir egal!“ erwiderte Stiles bitter und schnappte sich seinen Rucksack. Als Derek versuchte ihn aufzuhalten, schlug Stiles seine Hand fort und bellte: „Versuch´ jetzt bloß nicht, mich aufzuhalten! Ich will jetzt erst mal allein sein! Wir telefonieren irgendwann!“ Er ließ die Tür mit einem Knall hinter sich ins Schloss fallen. Derek blickte ihm einen Moment lang erschüttert hinterher. Dann wirbelte herum und schnauzte seine ungeladenen Gäste an: „Was macht ihr Zwei denn hier, verdammt? Was habt ihr überhaupt hier zu suchen?“ „Du bist ja vielleicht ein Schwachkopf!“ gab Peter anstelle einer richtigen Antwort zurück. Und Braeden bestätigte kopfschüttelnd: „Ein echter Vollidiot!“ Kapitel 22: Bachblüten und Rosen – Happy and proud -------------------------------------------------- „Solange ihr zwei euch kennt, seid ihr euch also das erste Mal in einer Sache einig und das ausgerechnet darin, dass ich ein Trottel bin, richtig?“ bellte Derek zornig: „Jupp!“ bestätigte Peter: „So ist es!“ schloss Braeden sich an. Derek verpasste seiner Reisetasche ein wütenden Fußtritt, drängelte sich an den beiden Eindringlingen vorbei, ging ins Wohnzimmer und ließ sich dort unzufrieden auf das Sofa fallen. Peter und Braeden folgten ihm und er schrie sie an: „Das, was da eben passiert ist, ist allein eure Schuld! Das ist euch schon klar, oder?“ „Ts, ts!“ machte Peter: „Haben wir dir vielleicht gesagt, dass du dein kleines Boytoy wegschleudern sollst, wie einen Football, bloß weil wir euch beim Knutschen erwischt haben? Zur Hölle, wen interessiert´s! Was geschehen ist, hast du dir ganz allein zuzuschreiben, du Vollpfosten!“ „Ihr habt mich erschreckt. Wer rechnet denn schon mit Hausbesetzern, wenn er nachhause kommt? Es war doch bloß ein Reflex!“ rechtfertigte sich Derek böse: „Von wegen Reflex!“ gab sein Onkel zurück: „Du schämst dich und das ist echt schwach, du Jammerlappen!“ „Habt ihr zwei mir eigentlich schon verraten, warum ihr überhaupt hier seid?“ knurrte Derek und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust: „Also ICH bin hier, weil ich mich verabschieden wollte, denn ich fliege morgen und bin dann erst mal für eine Weile weg. Ich war überrascht, als mir dein Onkel die Tür geöffnet hat, aber er hat gesagt, du seist mit Stiles in den Flitterwochen, also dachte ich mir, ich warte einen Moment und bekomme dann vielleicht noch die Chance, dir zu deinem Happy End zu gratulieren. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du es gleich wieder so grandios vergeigen würdest!“ gab Braeden zurück. Derek ließ den Kopf hängen und murmelte unglücklich: „Das hab´ ich, oder? Ich hab´s grandios vergeigt und nun ist es vorbei, bevor es überhaupt richtig angefangen hat. Scheiße! Ich muss hinter ihm her!“ Er war bereits vom Sofa aufgesprungen und wollte loslaufen, als Braeden sich sein Handgelenk schnappte und ihn wieder neben sich zog: „Gib´ Stiles ein bisschen Zeit, um sich wieder abzuregen!“ sagte sie sanft: „Er ist jetzt wütend, verletzt und will dich nicht sehen! Geh´ morgen früh zu ihm und entschuldige dich! Das wird schon wieder!“ „Wie schlimm war mein Verhalten denn auf einer Skala von eins bis zehn?“ erkundigte sich Derek kleinlaut. „Es war schon ganz schön übel!“ gab Braeden zu: „Aber dieser Junge ist doch genauso verrückt nach dir, wie du nach ihm. Er wird es dir schon verzeihen! Vielleicht lässt er dich vorher bloß ein wenig durch den Schlamm kriechen, aber das hast du auch verdient!“ Peter im Hintergrund stöhnte: „Sei nicht so ein Schlappschwanz, Derek! So etwas hast du gar nicht nötig! Du wirst dir Stiles morgen schnappen und wenn er anfängt zu nörgeln, dann vögelst du ihm einfach das Hirn raus und schon ist wieder alles paletti!“ „Schnauze, Peter!“ schimpfte Braeden und Derek fügte hinzu: „Ehe ich von dir Beziehungstipps annehme erschieße ich mich lieber, du herzloses Stück!“ „Pft! Dann lass´ dich doch von diesem Teenager kastrieren. Ist ja schließlich deine Beerdigung!“ maulte Peter. Braeden nahm ihren ehemaligen Liebhaber bei der Hand, um ihn mit sich vor die Tür des Apartments zu nehmen. Im Gehen kommentierte sie: „Wir Zwei reden jetzt, aber nicht im Beisein dieses Scheusals!“ Sie setzten sich nebeneinander auf die Treppenstufen vor der Wohnung und Braeden griff nach Dereks Händen: „Erzähl´mir, wie es war!“ forderte sie: „Hattet ihr denn eine schöne Zeit miteinander?“ Derek senkte verlegen den Kopf und seine Ex-Geliebte kicherte: „Will heißen, ihr habt es getrieben, wie Karnickel, richtig?“ „NEIN!“ rief Derek aus: „Ich meine... also... doch, schon irgendwie! Der Sex war... er war einfach unglaublich! Aber das war´s ja gar nicht allein! Du hattest total recht; ich BIN verliebt in Stiles. Und wenn ich mich nicht total irre, dann hätte diese Sache mit uns das Potenzial gehabt, etwas richtig Großes zu werden. Aber das habe ich nun ja wohl jetzt versaut, richtig?“ „Nein, hast du nicht, Süßer! Er wird es dir schon verzeihen! Du wirst ihm wohl bloß beweisen müssen, dass du zu ihm und dieser Sache zwischen euch stehst, egal was der Rest Welt davon hält.“ erwiderte Braeden. „Ein Ring?“ fragte Derek ratlos und erhielt dafür von seiner ehemaligen Liebhaberin einen Schlag auf den Hinterkopf: „Bist du hirntot? Was denn für ein Ring? Ein Verlobungsring etwa? Das war doch wohl hoffentlich nur ein Scherz!“ „Aua!“ beschwerte sich der große Alpha wehleidig: „Wofür war das?“ „Dafür, dass du nach deiner letzten Dummheit gleich die nächste planst! Ich weiß, dass tief in dir die Sehnsucht steckt, sich auf ewig zu binden und komplett zu verschmelzen, auch wenn mir persönlich völlig rätselhaft ist, warum das irgendjemand freiwillig tun will, aber nun halt mal die Füße still, Derek! Ihr habt gerade mal EIN verlängertes durchvögeltes Wochenende hinter euch! Es ist zu früh für Hochzeitsglocken!“ „Und wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe?“ fragte Derek kleinlaut: „Willst du, dass ich dich noch mal schlage?“ knurrte Braeden: „Was habe ich denn gerade gesagt? Du sollst erst mal kleinere Brötchen backen! Entschuldige dich für dein Benehmen, führe ihn schick aus, mach´ ihm Komplimente für seine schönen Augen, oder so! Sei ein Gentleman!“ Derek blickte die Frau neben sich elend an und brachte sie damit zum Lachen: „Oder vergiss´ alles, was ich gerade gesagt habe und schau´ ihn genauso an, wie jetzt. Wer könnte schon dem Fiepen eines getretenen Welpen mit großen feuchten Augen widerstehen?“ Sie drückte ihm einen lauten Kuss auf die Wange: „Ich gehe jetzt, mein Schatz! Werde glücklich mit deinem Jungen, okay?“ Sie erhob sich und schickte sich an zu verschwinden. Dann wandte sie sich noch einmal um und erklärte: „Bitte bestell´ dem Scheusal da drinnen KEINE Grüße von mir!“ „Werd´ ich nicht!“ erwiderte Derek mit einem kleinen Lächeln, winkte ihr zum Abschied und kehrte dann zurück in sein Apartment zu seinem Onkel, der ihn mit einem Kopfschütteln begrüßte: „Also wirklich, Derek! Was habe ich dir denn über Menschen gesagt? Verlieb´ dich nicht in sie, habe ich gesagt. Und jetzt hast du den Salat!“ Derek rollte mit den Augen und brummte: „Bist du echt bloß hier, um mir auf den Wecker zu gehen, Peter?“ „Jupp! Irgendwie schon. Na ja, und um Entwarnung zu geben. Deucalion ist wie vom Erdboden verschluckt. In der ganzen Stadt gab es keine Spur von ihm. Ich denke, ihr seid erst einmal in Sicherheit.“ erklärte sein Onkel. „Wenigstens EINE gute Nachricht!“ gab der Alpha zurück: „Tust du mir jetzt eventuell den Gefallen und verschwindest einfach?“ Das tat Peter natürlich nicht! Das wäre ja auch viel zu leicht gewesen: „Erzähl mir erst, ob wenigstens der Sex den ganzen Ärger wert war!“ forderte er stattdessen: „Du tickst ja wohl nicht richtig! Einen Scheiß werde ich dir erzählen!“ empörte sich Derek aufgebracht: „Das geht dich gar nichts an!“ „Ach komm´ schon!“ quengelte Peter: „Hat die ausgehungerte, kleine Jungfrau dich vollkommen ausgelaugt? War es soft und kuschelig? Oder vielleicht richtig ungezogen?“ Statt zu antworten, zog Derek ein angewidertes Gesicht und so spekulierte Peter weiter: „Oder hast du es möglicherweise gar nicht gebracht? Aber so sah dein Junge eigentlich nicht aus. Zumindest nicht bis zu dem Moment, als du ihm sein kleines Herzchen gebrochen hast.“ „GEH´ JETZT, PETER, ODER ICH REIßE DIR DEINE VERDAMMTE ZUNGE HERAUS!“ donnerte der Alpha schließlich doch Peter entgegnete bloß kichernd: „Nicht doch Derek! Damit würdest du dann aber eine Menge Menschen sehr unglücklich machen! Und übrigens... sich seiner Lust zu schämen ist erbärmlich und lächerlich, Neffe!“ „Aber lebenslang seinem Schwanz wie einer überaktiven Wünschelrute hinterher zu hechten, wie du es tust ist die erhabenere Form des Daseins, Peter?“ giftete Derek. Peter schaute ihn ratlos an: „Entschuldige, aber ist das eine rhetorische Frage?“ Derek überlegte fieberhaft, mit welcher Drohung oder welchem Versprechen er seinen Onkel nun endlich loswürde, aber offenbar geschahen noch Zeichen und Wunder, denn nun erhob sich Peter freiwillig und ging auf die Tür zu. Doch es gab eine Sache, die er noch loswerden wollte: „Dieser Stiles... ich denke, er ist etwas Besonderes! Und wenn du schon das volle Programm mit ihm willst; bis das der Tod euch scheidet und so weiter, dann mach´ es wenigstens richtig; dann erlöse ihn von der Mittelmäßigkeit der menschlichen Existenz!“ „NIEMALS, PETER!“ rief Derek aufgebracht: „Wie kannst du so etwas auch nur in Erwägung ziehen nach Paige? Stiles ist vollkommen richtig, genau so wie er ist!“ Peter zog die Augenbrauen hoch und sah aus, als ob er noch etwas sagen wollte, doch anstatt dessen verschwand er einfach und Derek atmete auf. Er ließ sich auf dem Sofa auf den Rücken fallen und stierte an die Decke. Stiles war wie erstarrt, so als würde er unter Schock stehen. Er hatte keine Ahnung, ob er wütend war, traurig, oder ängstlich und eigenartigerweise hatte er nach dem Debakel in Dereks Apartment auch keinen Augenblick geweint. Er konnte einfach nicht! In der WG waren beinahe alle Vögel ausgeflogen, oder bereits im Bett und eigentlich wollte sich Stiles bloß schnell klammheimlich in Masons Zimmer verkrümeln, sich ins Bett fallen lassen und die Decke über den Kopf ziehen, doch da begegnete ihm im Flur Eleonore, die sich gerade einen sehr klischeehaften Kräutertee aufgebrüht hatte: „Was ist denn mit dir passiert, mein Sternchen?“ wollte die Gesangslehrerin Schrägstrich Aromatherapeutin wissen: „Deine Aura flackert ja, wie eine Discokugel!“ Sie stellte ihre Teekanne ab, griff Stiles bei den Händen, zog den überrumpelten Jungen hinter sich her in ihr Zimmer und erklärte: „Wir versorgen dich jetzt erst mal, hmm?“ In ihrem Raum sah es aus, wie in einem Beduinenzelt, denn die Wände waren rundherum mit farbenfrohen Tüchern abgehängt. Als sie Stiles fragenden Blick sah, erklärte die junge Frau: „Zimmerecken! Die töten wirklich jeden Energiefluss! Aber ich habe sie entschärft.“ Stiles nickte, als würde er verstehen und als sei das eben Gesagte nicht kompletter Blödsinn. Eleonore nahm ein Fläschchen aus einem Regal und gab ein Paar Tropfen der Tinktur, welche es enthielt in ein Glas Wasser: „Trink´ das!“ forderte seine Mitbewohnerin. Stiles schenkte ihr einen misstrauischen Blick: „Was ist denn das? Werde ich davon high?“ Eleonore kichert: „Nein, Sternchen; davon wirst du nicht high. Das sind Rescue-Tropfen. Bachblüten! Die sind zur Beruhigung. Ganz sanft!“ Stiles stürzte das Glas in einem Zug hinunter, auch wenn er keine Ahnung hatte, was ihm da gerade verabreicht worden war. „Soll ich dir jetzt erzählen, warum ich so durcheinander bin?“ fragte der Junge unsicher, der es wirklich sehr gern jemandem erzählen wollte, auch wenn diese Eleonore nicht unbedingt seine erste Wahl in Sachen Gesprächspartner gewesen wäre. Seine Mitbewohnerin schüttelte zu Stiles Enttäuschung jedoch den Kopf: „Worte werden überbewertet! Du kannst es mir später erzählen, wenn du dann noch willst. Jetzt atmen wir erst einmal zusammen!“ Der Junge hatte keine Ahnung, wovon die Frau wohl sprechen mochte. Sie atmeten doch schon zusammen; taten es doch schon die ganze Zeit, sonst würden sie schließlich ersticken, oder nicht? Also was sollte der Blödsinn? „Setz´ dich in den Lotussitz und dann atme bis in deinen Damm!“ forderte Eleonore. Stiles blickte sein Gegenüber an, wie ein Auto und so zeigte sie es ihm: „Das ist wie ein Schneidersitz, doch deine Fußsohlen zeigen in Richtung Himmel. Und dein Damm, das ist der Bereich zwischen Anus und Hoden.“ Stiles hüstelte verlegen und würde Eleonore nicht gerade so wahnsinnig ernsthaft aussehen, dann hätte er ihr vielleicht erklärt, dass es ihm körperlich unmöglich war dorthin zu atmen, weil er nun einmal keine Lungen im Arsch hatte, doch er traute sich nicht, gab sich stattdessen alle Mühe, so tief wie möglich zu atmen, konzentrierte sich dabei auf seinen Damm und fragte sich bloß im Stillen, was der Quatsch sollte? Und nachdem er eine Weile brav in seinen Damm geatmet hatte, musste er plötzlich furchtbar weinen und wusste überhaupt nicht, wieso? Eleonore zog den Jungen an sich und er verkrümelte sich schluchzend in den unzähligen Falten ihres nach Räucherstäbchen riechenden Batikrocks. Er weinte und weinte, wie noch nie zuvor in seinem Leben, denn plötzlich fiel ihm so vieles ein, um das er trauerte. Da war seine Mum, die ihn viel zu früh verlassen hatte und die Zeit nach ihrem Tod, als er Angst davor gehabt hatte, sein Dad würde es nicht überleben und ihn schließlich auch noch verlassen. Er dachte an die heutige Situation mit seinem Vater, den er schwer enttäuscht und allein gelassen hatte und der nach der Arbeit nun jeden Tag in ein stilles, leeres Haus zurückkehrte und daran, dass es zwischen ihnen beiden wahrscheinlich nie wieder gut werden würde. Stiles erinnerte sich an seine Ankunft in San Francisco, an die Wochen, in denen er hungrig, müde, frierend und allein durch die Straßen gelaufen war und sich nicht gestattet hatte heimzukehren, um sich selbst zu bestrafen, bis er irgendwann gar nicht mehr gewusst hatte, wie es mit ihm weitergehen sollte. Und daran, wie ihm in diesem Augenblick Derek begegnet war. Sein Retter! All´ die Monate des Hin und Hers, die Stiles immer wieder das Herz gebrochen hatten, bis er endlich geglaubt hatte, am Ziel zu sein und am Ende hatten sie doch bloß wieder verloren. Derek war einfach noch nicht bereit für ihn! Irgendwann hatte Stiles sich so sehr in seine Trauer hineingesteigert, dass es ihm gar nicht mehr gelingen wollte, sich zu beruhigen. Die Tränen versiegten zwar irgendwann, doch das Schluchzen schüttelte ihn noch eine ganze Weile und Eleonore rieb Stiles beruhigend den Rücken: „Keine Angst, Sternchen! Dein Zwerchfell ist ein wenig verkrampft. Es war ein bisschen viel, was?“ fragte sie sanft: „Keine Sorge, das haben wir gleich! Versuch´ einfach tief zu atmen!“ Stiles versuchte es. Es dauerte zwar einen Augenblick, doch irgendwann kehrte endlich wieder Ruhe in seinem Körper ein. Vielleicht hatte Eleonore ja Recht und Worte wurden wirklich überbewertet, denn urplötzlich war ihm gar nicht mehr nach erzählen. Er war einfach nur noch erschöpft und wollte ins Bett: „Danke!“ murmelte Stiles: „Das war zwar ein bisschen seltsam, aber es hat echt geholfen!“ Er erhob sich und wollte sich zurückziehen, doch Eleonore hielt ihn auf: „Eine Sache noch!“ sagte sie, legte Stiles eine ihrer großen, kühlen Hände auf den Scheitel und die andere auf den Magen. „Was machst du da?“ fragte Stiles vorsichtig: „Ich verbinde dein Kronenchakra, mit dem Herzchakra. Anbindung der Liebe an das Göttliche, verstehst du?“ Nein, natürlich verstand Stiles das nicht und es war sicherlich auch kompletter Blödsinn. Aber er mochte den Frieden, der sich mit einem Mal in ihm ausbreitete. „Danke!“ sagte er ein weiteres Mal. Eleonore nickte huldvoll und Stiles zog sich zurück. Nach dem Desaster mit Derek hätte er geschworen, dass er in dieser Nacht kein Auge zu tun und ewig grübeln würde, doch in Wirklichkeit schlief er, wie ein Baby! Am Morgen schaute Stiles als erstes auf das Display seines Handys, doch da waren keine verpassten Anrufe, keine Mailboxnachrichten und keine Kurznachrichten von Derek; kein Versuch, sich für das Geschehene zu entschuldigen. Tja, das war´s dann wohl, richtig? Stiles pfefferte böse das blöde Telefon zurück auf den Nachttisch, schwang die Beine über den Bettrand und begann seinen Tag; Zähne putzen, Müsli essen, etwas Nuttiges zum Anziehen finden und ein bisschen Kajal unter die Augen. Die Frühschicht im Café teilte Stiles sich mit Danny, der ihn prüfend musterte, als sie ihre Vorbereitungen erledigten. Die ersten Frühstücksgäste kamen und beide hatten viel zu tun, so das keine Zeit für Gespräche blieb, doch in einem ruhigen Augenblick hielt Danny es schließlich nicht mehr aus: „Was ist denn nun mit dir und dem Prinzen, verdammt? Und wieso siehst du heute aus, wie ein Gewitterwölkchen, Stiles? War´s etwa nicht gut? Mieser Sex? Oder habt ihr euch die ganze Zeit nur gestritten? WAS?“ Stiles seufzte schwer: „Der Sex war der absolute Himmel! Und wir waren uns nicht ein einziges Mal über eine Sache uneins, oder hätten uns gestritten. Wir hätten einfach bloß nie nachhause fahren dürfen, das ist alles!“ Und dann ezählte er Danny, was sich bei ihrer Heimkehr ereignet hatte: „Er hat nicht einmal versucht, hinter mir herzulaufen, um es wieder gut zu machen und hat keinen Versuch gemacht, sich zu erklären! Er ist wohl schlicht nicht bereit für ein Leben mit einem Kerl, so einfach ist das. Aber ich bin nicht bereit, sein kleines, dreckiges Geheimnis zu sein! Ich denke, es ist aus!“ „Bist du sicher?“ fragte Danny, der jetzt taktloser Weise vor sich hin grinste, Stiles bei den Schultern griff und ihn in Richtung Tür drehte. Und da stand Derek; reuige, traurige Kulleraugen, unbehagliche Körperhaltung, insgesamt ein Bild des Elends und der Schuld. Derek musste den fiependen, getretenen Welpen gar nicht mimen, sondern er war es, vom Scheitel bis zur Sohle. Stiles kam langsam hinter dem Tresen hervor, setzte eine kühle Miene auf und schritt würdevoll auf den Übeltäter zu: „Ich höre?“ fragte er eisig: „Ich war ein solcher Idiot, Stiles!“ brachte Derek hervor: „Kannst du mir bitte, bitte verzeihen?“ „Ich weiß nicht, Derek. Was sagt denn deine Freundin dazu?“ erwiderte Stiles, der nicht die Absicht hatte sofort einzuknicken, bloß weil Derek so reumütig guckte. „Ich habe keine Freundin, aber falls du von Braeden sprichst; sie wünscht uns Glück und hat die Stadt verlassen. Ich habe aber einen Freund, dem ich sehr weh getan habe. Er ist wahnsinnig süß, hat die allerschönsten Honigaugen, sein Körper ist für mich ein Wunderland und ich weiß, seine und meine Seele sind füreinander bestimmt, auch wenn er möglicherweise etwas Besseres als mich verdient hat!“ Derek pfiff auf Peter und seine Bemerkung, dass Stiles ihn entmannen würde. „So, so!“ sagte Stiles: „Und was versteckst du da hinter deinem Rücken?“ Ein prächtiger Strauß Baccara-Rosen kam nun zum Vorschein. Stiles seufzte, schüttelte den Kopf und schließlich lächelte er: „Das ist... das ist... uhm... also wirklich Hale, das ist unglaublich cheesy, selbst für einen altmodischen Jungen wie dich!“ Er nahm die Blumen entgegen. Derek pfiff auch auf Braeden, indem er nun flüsterte: „Ich liebe dich, Stiles!“ Dann sagte er es noch einmal und zwar so laut, dass jeder im Café es hören konnte: „ICH LIEBE DICH, STILES! Und ich will, dass es alle Welt weiß, weil es mich glücklich und stolz macht“ Applaus erscholl und Tränchen ließen Stiles Kajalstrich verlaufen. Wer sagte eigentlich, dass das Leben nicht doch manchmal wie eine Rom-Com sein konnte? „Komm´ her, du dummer Kerl!“ forderte Stiles, nahm Dereks Gesicht in seine Hände, küsste ihn und versicherte: „Ich liebe dich auch!“ Und was Derek als nächstes sagte, ließ beinahe Stiles Herz stillstehen: „Ich möchte, dass du mich deinem Vater vorstellst! So bald wie möglich!“ Kapitel 23: Guess who is coming to dinner ----------------------------------------- Derek hatte es selbst so gewollt! `Ich will deinen Vater kennenlernen, Stiles!´, hatte er gesagt, doch jetzt hockte er bleich und elend auf einem Hocker am Küchentresen, schaute Stiles beim Kochen zu und lauschte seinem bangen Herzen, wie es ihm davon galoppierte: „ICH hätte eigentlich das Essen zubereiten sollen! Jetzt wird dein Vater sicher denken, ich lasse dich für mich schuften, wie ein kleiner Haussklave! Er wird mich bestimmt hassen!“ Stiles rollte mit den Augen: „Wird er nicht! Und überhaupt... du kannst gar nicht Kochen, Liebling! Du würdest uns alle vergiften! Und wir setzen meinem Dad zum Dinner mit Sicherheit kein Rührei vor!“ Rührei war nämlich das einzige, was Derek einigermaßen passabel hinbekam, aber das war ja auch nicht gerade Hexenwerk! „Was kochst du denn da eigentlich? Hast du mir das überhaupt schon verraten?“ fragte Derek und verrenkte sich den Hals, um über Stiles Schulter sehen zu können. „Ich dachte, ein bisschen Bestechung und Manipulation könnten in unserer Situation nicht schaden und darum mache ich gebratene Entenbrust mit Röstkartoffeln und Brokkoli mit Mandelblättern in Buttersoße. Das liebt mein Dad nämlich und kaum hat er etwas davon auf der Zunge, wird er auch schon guter Dinge sein!“ erklärte Stiles nicht ohne einen gewissen Stolz. „Schon bei dem Gedanken daran nehme ich zwei Kilo zu! Ich glaube, ICH liebe es auch.“ schwärmte Derek hungrig. Stiles grinste selbstzufrieden: „Na, wunderbar! Dann habt ihr beide ja bereits ein Gesprächsthema, nämlich was ich für ein Genie in der Küche bin!“ „Darauf werden wir sicher zu sprechen kommen. Vielleicht gleich, nachdem wir deine sagenhafte Bescheidenheit ausführlich thematisiert haben.“ lachte Derek. Schmunzelnd reichte Stiles ihm die Schüssel, in welcher er gerade die Schokoladencreme für das Dessert zusammengerührt hatte, damit dieser die Reste auslöffeln konnte: „Hier! Mit vollem Mund bist du vielleicht nicht ganz so frech! Und nur zu deiner Information: Es gibt keinen Grund, bescheiden zu sein, wenn man echt gut in etwas ist!“ Derek riss überrascht die Augen auf: „Gesprochen, wie ein wahrer Schüler Peters! Du solltest dich vielleicht doch nicht ganz so oft mit ihm abgeben. Das ist ganz schlecht für den Charakter!“ Stiles zuckte grinsend mit den Schultern, ehe er die Dessertgläser im Kühlschrank zwischenparkte: „Dabei fällt mir ein: Du hast deinem Onkel doch hoffentlich klar gemacht, dass er sich besser für ein paar Tage nicht blicken lassen sollte, solange mein Vater in der Stadt ist, oder?“ Derek zog ein verdrießliches Gesicht: „Kennst du Peter überhaupt? Wenn ich etwas in der Art zu ihm sagen würde, dann wäre das nämlich die Garantie dafür, dass wir ihn tagelang nicht mehr loswerden würden! Schon aus Trotz würde er sich hier einnisten und alle Register ziehen, um uns auf die Eier zu gehen, wie ein verzogenes Kind! Meine Strategie lautet daher eher, überhaupt nichts zu sagen und das Beste zu hoffen. Vielleicht kommt er ja sowieso nicht hier her, weil er gerade drei gelenkige, sexuell unausgelastete Stewardessen kennen gelernt hat, oder was auch immer? Er taucht doch immer bloß auf, wenn er etwas will, oder Langeweile hat.“ „Na dann hoffen wir mal, dass Peter ein paar Tage lang voll ausgelastet und wunschlos glücklich ist, denn ich bezweifle, dass mein Vater diesen Halunken allzu sehr mögen würde.“ stellte Stiles fest, als er die Haut der Entenbrustfilets vor sich auf der Arbeitsplatte rautenförmig einschnitt: „Und wird er MICH wohl mögen?“ erkundigte sich der Ältere unbehaglich: „Immerhin bin ich ja schließlich der Mistkerl, der seinen unschuldigen Sohn befleckt?“ Stiles blickte verblüfft auf und dann brach er in schallendes Gelächter aus: „Also dank dir bin ich ja endlich nicht mehr unschuldig und ich zumindest liebe es, wenn du mich befleckst, Liebling!“ versicherte er amüsiert: „Und ich bin sicher, mein Vater wird dich gern haben: Deine altmodischen Wertvorstellungen, deine edle Wesensart und nicht zuletzt bist du immerhin mein heldenhafter Lebensretter und mir überdies bedingungslos ergeben! Das sind mit Sicherheit alles große Pluspunkte auf seiner Liste, also sei unbesorgt!“ „Und was ist mit der anderen Sache?“ fragte Derek vielsagend: „Wie erklären wir ihm das?“ Der Jüngere blickte ihn belustigt an: „Welche andere Sache? Etwa die, dass dir einmal im Monat ein Fell sprießt und du dann draußen in der Wildnis rumläufst, um Mäuse zu jagen, um sie mir dann am nächsten Tag mit der Morgenzeitung zu kredenzen?“ Der Werwolf knurrte beleidigt: „Das ist doch gar nicht wahr! Es klingt, als wäre ich ein böser, alter Kater! Machst du dich etwa lustig über mich?“ „Würde ich doch nie!“ behauptete Stiles und kicherte ein wenig. John war verdammt aufgeregt! Er durfte in den nächsten Tagen wirklich nichts verkehrt machen, wenn er seinen Jungen nicht gleich wieder verlieren wollte! Er war so froh gewesen, als Stiles und er sich endlich wieder ein wenig angenähert hatten. Sie telefonierten immerhin schon seit einer Weile regelmäßig miteinander und sein Sohn hatte den Mut gefunden, sich ihm gegenüber zu offenbaren. Und natürlich war John sich vollkommen im Klaren darüber, wie saudämlich er sich bei Stiles Coming Out verhalten hatte, doch mittlerweile hatte der Sheriff sich ausgiebig mit diesem Thema auseinandergesetzt. Er hatte lange Gespräche mit seinen beiden homosexuellen Officers Tate und Parrish geführt, welche ihm ausführlich Rede und Antwort gestanden hatten und nun sollte es John eigentlich gelingen, sich einigermaßen zivilisiert seinem Sohn und dessen Liebhaber gegenüber zu verhalten, oder nicht? Er wünschte, er hätte eine Vorstellung davon, was für ein Mensch dieser Derek wohl wäre. Er hoffte bloß, dass er Stiles anständig behandelte! John parkte den Wagen vor dem Haus und schließlich drückte er mit klopfendem Herzen den Klingelknopf. „Das muss er sein!“ rief Stiles aufgeregt: „Verdammt! Es ist noch nichts fertig! Es sollte doch perfekt sein!“ „Luft holen, Baby!“ erwiderte Derek beruhigend und betätigte den Summer: „Alles wird gut! Und nun komm´ her und begrüß´ deinen Vater!“ Stiles war ganz sein hibbeliges, blasses Selbst, als er zur Tür trippelte. Er holte sich noch einen kleinen Kuss zur Beruhigung von seinem Liebhaber ab und dann öffnete er, während Derek sich zunächst einmal in den Hintergrund zurückzog, um das familiäre Wiedersehen nicht zu stören. Der Sheriff stieg gerade die letzten Stufen hinauf, als sich die Apartmenttür öffnete. Einen kurzen Augenblick lang standen sich Vater und Sohn unschlüssig gegenüber. Sie sagten nichts, doch sie fielen sich in die Arme und hielten einander ganz fest, zumindest bis Stiles schließlich erstickt hervorbrachte: „Der Sauerstoffmangel wir langsam zum Problem, Daddy!“ John ließ seinen Sohn auf der Stelle los und murmelte eine Entschuldigung. Stiles jedoch grinste über das ganze Gesicht und Derek, der das Ganze es aus dem Hintergrund beobachtete, ging das Herz auf. Mittlerweile hatte John seinem Sohn die Hände auf die Schultern gelegt, hielt ihn eine Armlänge auf Abstand und besah ihn sich von oben bis unten: „Du bist total abgemagert!“ urteilte er unzufrieden. Stiles legte den Kopf in den Nacken und lachte herzhaft: „Stimmt überhaupt nicht! Ich war schon immer so dürr. Ich habe sogar zugenommen seit damals, als Derek mich gefunden hat, denn damals war ich pleite und ziemlich am Ende, aber er hat mich wieder aufgepäppelt, wie ein streunendes Kätzchen.“ John ließ den Kopf hängen: „Du hättest jederzeit heimkommen können!“ sagte er bedrückt: „Ach was; du hättest gar nicht erst weglaufen sollen, Junge! Ich weiß, ich habe zuletzt ziemlich versagt als dein Vater, aber ich habe einfach ein bisschen Zeit gebraucht! Weißt du denn nicht, wie lieb ich dich habe?“ „Es tut mir leid, Dad!“ murmelte Stiles und nahm die Hände seines Vaters in seine eigenen: „Aber ich habe auch Zeit gebraucht. Ich war verwirrt und ich habe mich so sehr geschämt! Ich wollte einfach nicht wahrhaben, was ich bin. Aber jetzt ist es besser. Alles ist jetzt besser! Willst du den Grund dafür kennenlernen? Er steht gleich da drüben! Dad, das ist Derek Hale, mein Freund! Derek, das hier ist mein Vater, Sheriff John Stilinski.“ Derek trat auf die beiden zu und reichte seinem Schwiegervater in spe schüchtern die Hand. John ergriff sie und musterte den Fremden. Er wusste nicht genau, was er erwartet hatte, doch das hier war es mit Sicherheit nicht. Vielleicht hatte er gedacht, Stiles würde sich jemanden erwählen, der ein bisschen so sei, wie Scott zum Beispiel; jünger, kleiner, schmaler, aber dieser Kerl, der nun vor ihm stand sah aus, als könne er Bäume mit bloßen Händen ausreißen: Breites Kreuz, riesige Hände, dicke Oberarme! Wenigstens hatte er ein freundliches Gesicht; zumindest in diesem Moment, wo er gerade mal lächelte. „Es freut mich wirklich, sie endlich kennenzulernen, Sir!“ versicherte Derek: „Stiles steht schon seit heute Morgen in der Küche, um ihr Lieblingsessen zu kochen. Er hat sich sehr auf sie gefreut!“ „Ich freue mich auch! Es tut mir leid, dass ich ein bisschen zu früh bin, aber vor Aufregung bin ich wohl ein bisschen zu schnell gefahren. Gott sei dank hat mich keiner der Kollegen von der Highway-Patrol erwischt!“ gab John ein wenig verlegen zurück und ließ sich von Derek zum Sofa führen: „Kann ich ihnen einen Aperitif anbieten, Mr. Stilinski!“ erkundigte sich Stiles Freund höflich. Und weil John wirklich etwas zur Entspannung benötigte, nahm er, den skeptischen Blick seines Sohnes ignorierend, einen irischen Whiskey. Derek hatte sich auch selbst einen eingeschenkt und sich zu ihm gesetzt. Natürlich fragte Stiles von der Küchenecke aus, in welcher er sich nun wieder befand frech: „Und? Bekomme ich nichts?“ „Du bist zu jung, Stiles. Nimm dir eine Cola aus dem Kühlschrank, wenn du Durst hast!“ bestimmte Derek und John nahm es wohlwollend zur Kenntnis. „Spielverderber!“ maulte Stiles und trug eine Platte mit Fingerfood herbei. „Passt Derek immer so genau auf dich auf, Stiles? Also dann denke ich, ich mag deinen Freund jetzt schon!“ erklärte John zufrieden, „Dann seid ihr eben beide Spielverderber!“ brummte Stiles und ließ sich mit seiner Cola zwischen die beiden Männer auf die Couch plumpsen wie eine Göre. Derek legte einen Arm um den Jüngeren, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn und befand: „Du bist süß, wenn du schmollst.“ John beobachtete die Szene verstohlen und auch ein klein wenig unbehaglich aus dem Augenwinkel und bestätigte: „Das war noch schlimmer, als er ein Kind war. Es war beinahe unmöglich, Nein zu ihm zu sagen, ohne sich wie ein Ungeheuer zu fühlen!“ John traf plötzlich eine Erkenntnis: Es lag nicht bloß daran, dass dieser Derek ein Mann war, auch wenn diese Tatsache nicht gerade half! Es war mit Sicherheit immer schwer zu akzeptieren, dass ein Kind erwachsen wurde und es plötzlich in seinem Leben einen Menschen gab, der wichtiger war, als jeder andere, sogar als die Eltern selbst. Und natürlich fragten Kinder auch nicht um Erlaubnis, ehe sie diesen Menschen in ihrer aller Leben holten. Nein, als Elternteil hatte man diese Person einfach ohne jedes Vetorecht zu akzeptieren. John besah sich seinen zukünftigen Schwiegersohn noch einmal ganz genau. Er war ein recht gutaussehender Mann, soweit er das beurteilen konnte, auch wenn er nicht wusste, was davon zu halten war, dass dieser irgendwie immer ein wenig finster wirkte. Und plötzlich bemerkte John, dass er von diesem Derek ebenfalls prüfend ins Visier genommen wurde. Was dieser wohl über IHN dachte? Immerhin war er ja das Monster, welches sein eigenes Kind aus dem Haus getrieben hatte! „Was ist denn mit euch beiden?“ fragte Stiles irgendwann unzufrieden: „Hört jetzt gefälligst damit auf einander komisch anzuglotzen, sondern fangt an zu essen! Das Brot habe ich nämlich selbst gebacken und sogar den Lachs selbst gebeizt! Und mit dem Käse-Dip zu den Gemüsesticks habe ich mich selbst übertroffen, also fangt endlich an!“ Beide Männer griffen gehorsam zu, doch Derek rechtfertigte sich, indem er sagte: „Die Situation ist nicht so einfach, Stiles! Wenn ich ganz ehrlich bin, dann muss ich gestehen, dass ich mich unsicher fühle! Dies hier ist immerhin dein Vater und natürlich hätte ich es gern, dass er mich mag.“ John lächelte Derek an, dankbar für dessen große Offenheit: „Mir geht es genau so!“ bekannte er: „Was müssen sie von mir denken? Immerhin haben sie meinen Sohn halb verhungert von der Straße aufgelesen. Sicher frage sie sich, wie ich es überhaupt so weit habe kommen lasse können?“ „Da kann ich sie beruhigen, Sir! Immerhin kenne ich Stiles mittlerweile auch ein wenig!“ versicherte Derek. Stiles richtete sich empört in seinem Sitz auf und schnaubte: „Was soll das denn bitteschön bedeuten, Mister?“ „Es soll bedeuten, dass du sensibel und ausgesprochen risikofreudig bist, Stiles!“ erwidert Derek gelassen: „Das willst du doch wohl nicht abstreiten?“ „Doch, natürlich bestreite ich das! Nenn´ mir ein Beispiel!“ forderte Stiles. Dereks Gesicht verfinsterte sich: „Peter!“ sagte er lediglich und Stiles zuckte ein wenig zusammen: „Ich bin froh, dass ich nicht wirklich weiß, was sich zwischen euch beiden abgespielt hat, denn ich glaube, sonst wäre es mit meiner gesegneten Nachtruhe vorbei!“ „Wer ist Peter?“ erkundigte sich John forschend , mit einem Mal voll und ganz im Sheriff-Modus: „Er ist Dereks ungezogener Onkel. Und ehe du fragst Dad: Da war gar nichts!“ antwortete Stiles schnell. Derek schüttelte ungehalten den Kopf und erwiderte streng: „Es war ein bisschen mehr als gar nichts, so viel steht fest, Stiles!“ Ehe einer der beiden anderen Männer noch etwas sagen oder fragen konnte, erklärte Stiles verdrießlich: „Ich muss mich um den Hauptgang kümmern!“ und zog sich in die offene Küche zurück, um den Brokkoli vorzubereiten. Bei John und Derek hatte sich wiederum unbehagliches Schweigen eingestellt und schließlich fragte Stiles Vater, als er es nicht mehr ertrug: „Haben sie gestern das Spiel gesehen, Derek!“ Der Angesprochene nickte dankbar und so ließen die beiden sich ausgiebig über die unmögliche Entscheidung des Schiedsrichters aus. Als dieses Thema sich erschöpft hatte, nahm John all seinen Mut zusammen und traute sich, eine sehr persönliche Frage zu stellen: „Wissen ihre Eltern eigentlich, dass sie... uhm... schwul sind? Wie haben sie reagiert?“ Dereks Augen weiteten sich überrascht: „Ich bin nicht... also ich meine... zumindest hat es vor Stiles in meinem Leben keine anderen Männer gegeben.“ „Ich habe ihn umgedreht und ihn seiner Freundin ausgespannt!“ erklärte Stiles selbstzufrieden von der Küche her. Johns Blick zeigte Überraschung und Derek schenkte dem Jungen am Herd ein gutmütiges Grinsen, ehe er fortfuhr: „Meine Eltern sind lange tot, genauso, wie der Rest meiner Familie, also hatte ich keine Chance, ihnen Stiles zu präsentieren. Da ist bloß noch mein Onkel Peter und der ist ein wenig....uhm...? Nun ja... das ich nun mit einem Mann liiert bin, ist für ihn jedenfalls keine große Sensation. Er ist ausgesprochen polygam, mit einer fluiden Sexualität. Ich schätze, es gibt absolut nichts, was er nicht mindestens schon einmal mit irgendeinem Menschen ausprobiert hätte.“ Derek schüttelte sich ein wenig bei der Beschreibung. „Das klingt, als sei er eine schillernde Persönlichkeit.“ befand John: „Nun bin ich neugierig, ihn einmal kennenzulernen.“ „Ehrlich gesagt bete ich, dass er nicht hier auftaucht, weil ich fürchte, dass das schlechte Benehmen, welches er fraglos an den Tag legen würde, auf mich zurückfällt.“ erwiderte Derek unglücklich. Doch es geschahen eben noch Zeichen und Wunder, denn Peter tauchte nicht auf und es wurde noch ein sehr netter Abend. Stiles wunderbares Essen wurde ausgiebig gelobt. Sie aßen alle Drei mehr als ihnen guttat und eine Weile lang lümmelten sie einfach nur auf dem Sofa herum, um zu verdauen. Als das Essen dann endlich eine Etage tiefer gesackt war, begannen die drei Männer ein Kartenspiel, bei welchem Stiles eine Runde nach der anderen gewann und hätten sie um Geld gespielt, dann hätte er seinen Vater und seinen Liebhaber mit Sicherheit bis auf´s Hemd ausgezogen. Es wurde spät und schließlich richtete Stiles für seinen Vater das Lager auf dem Sofa her, welches ja für eine lange Zeit seine eigene Schlafstätte gewesen war. Derek lag bereits im Bett und als Stiles aus dem Bad kam und seinem Dad eine gute Nacht wünschen wollte, ließ dieser ihn wissen: „Es war ein schöner Abend, Stiles. Ich mag deinen Freund und ich bin froh, dass er dich glücklich macht!“ Stiles schluckte gerührt, hockte sich zu seinem Vater auf das Sofa, schloss ihn in die Arme und legte ihm den Kopf auf die Schulter: „Danke Dad!“ murmelte er gegen Johns Hals: „Ich BIN auch wirklich glücklich! Es war ein langer, harter Weg bis hier hin, aber jetzt bin ich es endlich!“ Kapitel 24: Generationenkonflikt -------------------------------- Derek war gerade im Begriff einzuschlafen, als er etwas spürte, was eigentlich gar nicht sein dürfte: „Ist nicht dein Ernst, Stiles? Zieh´ sofort deine Hand da wieder raus!“ flüsterte er erschrocken: „Du glaubst doch nicht wirklich, dass hier jetzt irgendetwas läuft, oder? Nebenan schläft dein Vater! Er wird uns doch hören! Das geht nicht! Tut mir leid!“ „Ach, komm´ schon Derek! Mein Dad hat einen sehr festen Schlaf und ich werde auch wirklich ganz brav und leise sein!“ versprach Stiles schnurrend und saugte sich an Dereks Hals fest: „Du und leise? Das wäre ja mal etwas ganz Neues! Ich laufe mittlerweile nur noch mit gesenktem Haupt durch´s Treppenhaus, weil jeder einzelne meiner Nachbarn eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben dürfte, was wir Zwei so treiben.“ murmelte Derek: „Soll das etwa heißen, du sagst Nein zu mir? Du kannst doch nicht neben mir liegen, SO riechen und dich SO anfühlen und mich dann nicht wollen!“ fragte Stiles empört. Derek knurrte leise: „Ich will dich immer. Ich bin sogar total verrückt nach dir, aber es geht einfach nicht, solange dein Vater bei uns ist. Wirklich nicht!“ „Aber er wird eine ganze Woche hier bleiben. So lange halte ich es mit Sicherheit nicht ohne Sex aus.“ klagte der Jüngere: „Das ist doch Blödsinn.“ stellte der Werwolf klar: „Bevor das mit uns angefangen hat, warst du schließlich eine verdammt lange Zeit ohne und hast es trotzdem überlebt!“ „Das ist doch etwas vollkommen anderes!“ behauptete Stiles: „Jetzt haben wir die Büchse der Pandora nun mal geöffnet und es gibt kein Zurück mehr!“ Und weil Stiles von Derek nun einmal bekam, was Stiles wollte, dauerte es nicht lange, ehe sein Liebhaber sich breitschlagen ließ. Anfänglich gelang es ihnen auch noch ganz gut, den Geräuschpegel niedrig halten, doch irgendwann schien es Stiles dann völlig egal zu sein wer sie hörte, so dass Derek sich gezwungen sah, dem Jungen den Mund zuzuhalten. Stiles störte das allerdings nicht im Geringsten. Im Grunde war es... Bonus, denn es war verdammt heiß! „Kleiner Teufel! Du bist wirklich unmöglich!“ schimpfte der Werwolf liebevoll, als sie hinterher nackt, erhitzt und befriedigt nebeneinander lagen. Stiles reckte sich, um Derek zu küssen und versicherte mit einem Grinsen in der Stimme: „Ich liebe dich, Grummelwolf“ „Ich muss dich wohl auch lieben, sonst würde ich so etwas Bescheuertes mit Sicherheit nicht tun!“ knurrte der Angesprochene und fügte streng hinzu: „Jetzt wird aber geschlafen, kapiert“ „Süß, dass du denkst, du hättest mir irgendetwas zu sagen.“ gab Stiles zurück und als er Alphaaugen in der Dunkelheit aufblitzen sah, kicherte er. Derek fragte sich, was er sich mit diesem kleinen Frechdachs bloß eingehandelt hatte? Andererseits war er noch nie in seinem Leben so glücklich gewesen, wie seit dem Tag, als sie beide ein Paar geworden waren, also war es vielleicht gar nicht so schlimm, dass er hier jegliche Autorität eingebüßt hatte, oder? John ließ sich am folgenden Morgen nicht anmerken, ob er Stiles und Derek bei ihren mitternächtlichen Aktivitäten gehört hatte. Er verhielt jedenfalls ganz normal. Und Stiles schien es auch nicht im Geringsten zu jucken! Allein Derek fühlte sich, als müsse er unter einen Stein kriechen und sich ein Jahrhundert lang schämen. Unter seinem Dreitagebart zeigte sich ein verdächtiger, rosiger Schimmer und er musterte Stiles Vater verstohlen, ob nun vielleicht doch gleich noch das Donnerwetter folgte und Stilinski sie beide fragen würde, ob sie eigentlich den Verstand verloren hätten. Doch dann gab es plötzlich eine Ablenkung, die Derek einerseits von seinen Qualen erlöste, auch wenn sie andererseits abgesehen davon höchst unwillkommen war, denn kaum war die Luft erfüllt von Kaffeeduft, klingelte es an der Tür. Stiles, dem klar war, dass dies nur Einer sein konnte, der so früh am Morgen störte, ließ seinen Kopf auf die Platte des Küchentresens sinken: „Dad! Du musst jetzt sehr tapfer sein!“ stöhnte er: „Denn jetzt lernst du den fantastischen Peter Hale kennen.“ „Verdammt! Ich muss ihm unbedingt endlich diesen Schlüssel abnehmen!“ knurrte Derek, als er hörte, wie ebenjener im Schloss herumgedreht wurde. Als nächstes stand Dereks Onkel bei ihnen in der Wohnküche, in zerrissener Jeans und tief ausgeschnittenem V-Shirt. Er kam zweifelsohne von irgendeiner Party und ließ nun seinen Blick neugierig von einem zum anderen wandern, ehe er schnurrend fragte: „Ja H a l l o! Wen haben wir denn da? Das muss Stiles wahnsinnig gutaussehender älterer Bruder sein! Warum sagt mir denn keiner, dass hier gerade ein Familientreffen stattfindet?“ Peter hielt John eine Hand hin, welche dieser unsicher ergriff. Stiles rollte mit den Augen und Derek bellte: „Älterer Bruder? Also wirklich Peter. Das ist selbst für dich ziemlich billig! Können wir irgendwas für dich tun, oder darf es ein `Coffee-to-go´ sein?“ „Jetzt sei doch nicht so unhöflich! Der Daddy unserer Prinzessin brennt sicher bereits darauf, mich endlich kennenzulernen?“ Peter hockte sich ungemütlich nah neben John und schenkte ihm sein strahlendstes Lächeln: „Stiles hat mir vollkommen verschwiegen, dass sein Vater so ein unheimlich gutaussehender Mann ist. Sie sind Witwer, richtig Mr. Stilinski!“ John blickte sich hilfesuchend um und Stiles stöhnte: „Also wirklich Peter! Machst du eigentlich vor gar nichts Halt? Mein Vater ist ein Mann in einem gewissen Alter. Das kann doch nicht dein ernst sein?“ John richtete sich in seinem Sitz auf und murrte empört: „Klingt, als wäre es am Besten, wenn ich mir gleich mal ein Plätzchen zum Sterben suche, was mein Sohn? Ich bin noch nicht tot, weißt du?“ „Aber Dad! Du weißt doch, wie ich das meine!“ erwiderte Stilinski junior gequält: „Nein, eigentlich habe ich keine Ahnung, was du meinst!“ murrte John. Da schaltete Peter sich wieder ein: „Hören sie am besten gar nicht auf ihn! Sie sind in bemerkenswerter Form. Trainieren sie?“ Er befühlte ausgiebig Johns Bizeps. „Für den Polizeidienst muss ich mich fit halten. Wir haben da alle zwei Jahre diesen Sporttest...“ erwiderte der Sheriff überrumpelt. „Ein Polizist!“ schnurrte Peter entzückt: „Ich stehe auf Uniformen!“ Derek wedelte expressiv mit den Augenbrauen und Stiles rollte ein weiteres Mal genervt mit den Augen, doch Peter ignorierte beides, nahm sich ungefragt eine Portion Rührei, einen Kaffee und einen Frühstückbagel, ehe er wieder seinen Platz, beinahe auf Johns Schoß einnahm: „Und? Was haben wir heute vor, an diesem herrlichen Tag unter der kalifornischen Sonne?“ „Stiles wird seinem Vater seine neuen Freunde vorstellen und ihm die Stadt zeigen, aber DU kommst nicht mit!“ stellte Derek klar: „Aber sicher komme ich mit! Ohne mich wird das doch eine total öde Veranstaltung. Außerdem habe ich doch Zeit!“ erwiderte Peter, als sei es lediglich sein voller Terminkalender, über den sich irgendeiner der Anwesenden Sorgen machen würde. Derek blickte Stiles hilflos an, doch dieser zuckte bloß genervt mit den Schultern und so kam es, dass Peter schließlich seinen Willen bekam. So wie gewöhnlich! Stiles kam es vor, als habe er seinen Vater seit einer Ewigkeit nicht gesehen und er brannte darauf, ihm alles zu zeigen, was in seinem jetzigen Leben von Bedeutung war. Darum sollte John nun unbedingt all die Menschen treffen, die für ihn eine Rolle spielten. Ihren ersten Halt machten sie in Masons Wohngemeinschaft und sie kamen genau recht für eine Einheit der `Die fünf Tibeter´, eine Art Yoga unter der Anleitung des rauschebärtigen Sunflower. Derek und John tauschten verwunderte Blicke, Peter rollte stöhnend mit den Augen, doch Stiles schloss sich ihnen kurzerhand an, weil er festgestellt hatte, dass diese Form der Gymnastik sogar hilfreicher gegen sein ADHS war, als eine Dosis Adderall. Als sie eine Viertelstunde später fertig waren verteilte Stuart kleine Schnapsgläschen mit `goldener Milch´ nicht nur an seine Mitbewohner, sondern auch an die Gäste. „Was ist denn das überhaupt?“ fragte John misstrauisch und Stiles ahnte, dass sein Vater zweifelsohne irgendwelche pflanzlichen Drogen vermutete: „Keine Sorge, Dad! Das ist rein pflanzlich: Eine Gewürzpaste, die vorwiegend aus frischem Kurkuma und Ingwer und noch ein paar anderen Sachen besteht. Das Ganze wird in Sojamilch aufgekocht und wenn du willst, kannst du ein wenig Honig hineingeben. Stuart behauptet, er könne damit sogar Krebs heilen, auch wenn ich das für ein bisschen übertrieben halte. Es ist auf jeden Fall furchtbar gesund! Probier´ doch mal!“ Der Sheriff nahm einen vorsichtigen Schluck und runzelte die Stirn angesichts des absonderlichen Aromas. Nun machte Stiles seinen Dad mit seinen Freunden bekannt und berichtete bei der Gelegenheit ein wenig von den Anfängen zwischen Derek und ihm selbst und auch warum es zeitweise für ihn notwendig gewesen war, sich bei seinem Gönner auszuquartieren. Der Ältere ließ den Kopf hängen und rechtfertigte sich, dass das nun einmal alles neu für ihn gewesen sei, aber dass er doch am Ende schließlich noch zur Vernunft gekommen sei! Stiles küsste Derek beschwichtigend und Peter nannte seinen Neffen eine `Pussy´, weil er so lange für die Erkenntnis gebraucht hatte, Stiles zu wollen. John nahm diese Szene, ebenso wie die eigenartige Wohngemeinschaft skeptisch in Augenschein. Dies waren nun also die neuen Menschen im Leben seines Sohnes? Es war nicht ganz das, was er kannte, oder sich vorgestellt hatte. Nachdem sie ihren Zaubertrank ausgetrunken hatten, machten sich die Stilinskis und die Hales in Begleitung von Mason auf zu ihrem nächsten Ziel; Alan Deatons Buchladen! Als John die Begrüßung zwischen Mason und dem Buchhändler sah, schluckte er und stellte flüsternd fest: „Diese beiden sind wohl nicht Vater und Sohn, richtig?“ „Komm´ drüber weg, Dad!“ forderte Stiles: „Ich weiß, dass es erst einmal ein wenig gewöhnungsbedürftig aussehen mag, aber die beiden lieben sich! Und sie passen erstaunlich gut zusammen. Es ist ist in Ordnung!“ John versuchte wirklich aufgeschlossen zu bleiben, aber heimlich sprach er ein Dankgebet, dass es nicht sein Sohn war, der sich einen dreißig Jahre älteren Liebhaber gesucht hatte. Oder jemanden wie Peter Hale, welcher sich gerade mal wieder frech bei John untergehakt hatte und ihm auf die Pelle rückte. John blickte sich ein wenig in dem Laden um: Regenbogenfarbener Krempel, Postkarten, Bücherregale und, OH... eine Ecke mit Sex-Toys? Der Sheriff musterte den Ladeninhaber, welcher den MINDERJÄHRIGEN Jungen an seiner Seite verliebt anblickte und der Polizist in ihm fragte sich, ob er etwas dagegen unternehmen musste. Stiles wiederum waren diese Blicke natürlich nicht entgangen. Er starrte seinen Vater warnend an und zischte: „Wehe du mischt dich da ein, Dad!“ Um ganz sicher zu gehen, verabschiedete er sich rasch mit einer Umarmung von Alan und Mason und zog dann seinen Vater aus dem Laden: „Der Mann ist in meinem Alter, Stiles und wie alt ist dieser Junge? Fünfzehn oder sechzehn? Das ist doch nicht richtig!“ erklärte John: „Mason ist sechzehn, also ist es legal! Und Alan hat das doch schließlich nicht geplant. Es kam für ihn selbst vollkommen überraschend. Alle Initiative ist allein von Mason ausgegangen. Alan war davor bloß ein väterlicher Freund, der ihm immer wieder geholfen hat, nachdem seine Eltern ihn auf die Straße gesetzt haben. Er ist kein fieser Kinderschänder, oder was auch immer du dir gerade ausmalst und darum wirst du dich da gefälligst heraushalten!“ schimpfte Stiles. „Ich gebe mir Mühe, Stiles! Ich... ich versuche das alles zu verstehen,...“ erwiderte John kleinlaut: „... aber dein Leben hier ist schon ziemlich... anders. Das musst du zugeben!“ „Das alles war wahrscheinlich ein dumme Idee.“ erwiderte Stiles verletzt: „Vielleicht solltest du einfach wieder nachhause fahren, wenn mein Leben hier dir so zuwider ist, Dad! Gute Reise und ein schönes Leben noch!“ Er war sich halbwegs bewusst, dass er sich da vielleicht gerade in etwas hineinsteigerte. Möglicherweise nahm er das alles ja auch ein bisschen zu persönlich? Aber dieser vernünftige Teil seiner Persönlichkeit, der das alles wusste saß leider gerade nicht am Steuer, sondern es war jener andere, der sich bei Nacht und Nebel aus dem Staub gemacht hatte, weil er den enttäuschten Blick seines Vaters nicht länger ertragen hatte, was ihm dann mehrere Wochen lang ein Leben auf der Straße, mit Kälte, Hunger und Angst beschert hatte. Und nun war Stiles eben wütend, weil das viel leichter zu ertragen war, als die Angst, die Liebe seines Vaters womöglich verloren zu haben: „Ich bin stolz auf das was ich bin und ich werde mich nie wieder verstecken! Auch nicht für dich, hörst du Dad? Wenn du also nicht damit klar kommst, dann ist das ganz allein dein Problem!“ Stiles schrie mittlerweile beinahe. John sah unterdessen aus, als habe sein Sohn ihm ins Gesicht geschlagen, doch da erhielt er Hilfe von unerwarteter Seite: „Sei nicht so hart zu deinem Vater, Stiles!“ forderte Derek streng: „Du musst ihm doch wenigstens ein bisschen Zeit geben, dass alles zu verstehen. Bleib gefälligst fair!“ Stiles zuckte ein wenig zusammen, ob der scharfen Ansprache von Seiten seines Geliebten und ehe er es selbst noch recht begriff, kullerten ihm vor Schreck auch schon zwei große Tränen über die Wangen. Derek schickte sich nun an ihn trösten zu wollen, doch John kam ihm zuvor, legte die Arme um seinen Sohn und versicherte: „Es tut mir leid! Mir tut das alles so furchtbar leid. Ich wünschte, ich hätte diese ganze Sache damals viel besser hinbekommen. Mir wird ganz schlecht bei der Vorstellung, wie es für dich gewesen sein musst, als du ohne Schutz und Geld auf der Straße unterwegs gewesen bist. Und ich bin unendlich dankbar dafür, dass dir nichts Schlimmes zugestoßen ist und du jemanden wie Derek getroffen hast, der für dich da war, als ich es nicht gewesen bin!“ Plötzlich fühlte Stiles sich wie ein überreizter Dreijähriger. Er warf sich an die Brust seines Vaters, krallte sich in dessen Flanellhemd, welches nach Rasierwasser und zuhause roch und murmelte erstickt: „Es war so furchtbar schwer, Daddy!“ John musste schlucken: „Ich weiß, mein Kleiner. Aber jetzt ist alles wieder gut!“ Da musste Stiles erst recht heulen. Und während Dereks kleines Herzchen bei der Szene ein wenig zu bluten begann, rollte sein Onkel gelangweilt mit den Augen und murrte: „Ist ja gut jetzt, Kinder! Kriegt euch wieder ein! Ihr habt euch alle lieb und reitet in den Sonnenuntergang; kitschige Musik, Abspann und Vorhang! Können wir dann jetzt bitte wieder damit aufhören, gemeinsam zu menstruieren? Das ist echt öde!“ „Du mich auch Peter!“ knurrte Stiles über seine Schulter hinweg und Derek rammte seinem Onkel den Ellenbogen in die Seite und schlug ihm vor, Unzucht mit sich selbst zu treiben. John tat das einzig Richtige, ignorierte Hale Senior und forderte von Stiles: „Nun würde ich gern deinen Arbeitsplatz sehen, wenn ich das jetzt noch darf?“ Und so marschierten die vier hinüber in das Café, wo gerade Ethan und Isaac ihre Schicht verrichten und letzterer sah mal wieder so aus, als habe er eine schlimme, schlaflose Nacht voll von düsteren, erschreckenden Alpträumen gehabt. Die blonden Locken standen wild in alle Richtungen und die schönen, großen, blauen Augen waren dunkel umschattet. Stiles empfand Mitgefühl mit ihm. „Wen schleppst du uns denn da an, Sonnenschein?“ fragte Ethan munter und begrüßte Stiles mit einem kleinen Kuss auf die Lippen, wodurch sich Dereks Miene augenblicklich verdüsterte, worüber sich wiederum Peter bestens amüsierte. Stiles bekam davon allerdings nichts mit. Er nahm seinen Vater beim Arm, stellte ihm seine Kollegen vor, führte ihn herum und zeigte ihm alles: „Es ist der beste Job, den man haben kann und ich bin auch wirklich ziemlich gut darin!“ erklärte er zufrieden und Ethan bestätigte: „Ihr Sohn ist unser Trinkgeld-König. Die Kunden lieben ihn!“ „Das liegt nur daran, dass er sich bei der Arbeit anzieht, wie eine Nutte!“ blökte Peter unqualifiziert aus dem Hintergrund dazwischen: „Das ist wirklich heiß!“ John riss fragend die Augen weit auf und Stiles zuckte schuldbewusst ein wenig zusammen und behaupte: „Stimmt doch gar nicht!“ „Stimmt wohl!“ beharrte Peter: „Er hat sogar ein knappes, hautenges Shirt, auf dem das Wort `Slut´ draufsteht! UND er schminkt sich!“ Stiles schickte einen mörderischen Blick gen Peter und erklärte seinem Vater dann kleinlaut: „Nicht wie eine Frau, oder so! Eher wie ein... Rockstar? Ein bisschen Kajalstift, das ist alles. Und ich mache das nur bei der Arbeit, nicht in meiner Freizeit.“ Er blickte hilfesuchend zu Derek hinüber, doch John versicherte schnell: „Ist in Ordnung, Stiles. Ich... uhm... ist ja nicht schlimm.“ Damit ließen sie sich an einem der Tische nieder und Ethan nahm ihre Kaffeebestellung auf. Als sie auf ihre Getränke warteten, fiel Stiles etwas auf, dass ihm ganz und gar nicht passte. Peter zog Isaac praktisch mit den Augen aus und dem Jungen schien das zu gefallen, denn er lächelte ihm schüchtern zu. Derek und John waren angeregt in ein Gespräch vertieft und bekamen nichts davon mit, doch Stiles packte Dereks Onkel unsanft am Arm, zog ihn zu sich hinüber und zischte leise in dessen Ohr: „Denk´ nicht mal daran! Isaac ist tabu, kapiert? Er ist zu empfindlich für deine Spielchen. Er braucht jemanden, der ihn liebt und sich um ihn kümmert und kein Scheusal wie dich, dass ihn fickt und dann wegwirft. Wenn du es wagst ihm wehzutun, dann schwöre ich, ich schleife deinen haarigen Arsch zum Tierarzt und der macht diesem Blödsinn ein blutiges Ende!“ Peter machte sich los und erwiderte mit gerümpfter Nase: „Tierarzt? Du hast aber eine wirklich hässliche Phantasie, Stiles! Und wer sagt denn, dass ich nicht genau das bin, was dieser arme, kleine, getretene Welpe braucht? Ich kann lieb sein, weißt du? Zu dir war ich es schließlich auch.“ „NEIN!“ erwiderte Stiles streng: „Du wirst ihn gefälligst in Frieden lassen!“ Peter grinste diabolisch: „In Ordnung, Süßer. Aber dann will ich deinen Vater!“ „Pft!“ machte Stiles: „Versuch´ dein Glück. Ich weiß ja, dass du dir an ihm die Zähne ausbeißt!“ „Herausforderung angenommen!“ erwiderte Peter entzückt: „Dann werde ich nicht nur dein Schwiegeronkel, sondern auch deine Stiefmutti sein. Wie gefällt dir das, Prinzessin?“ „Lass´ den Blödsinn, Peter! Das war keine Herausforderung!“ beschwerte sich Stiles doch weiter kam er nicht, denn da kam Ethan mit ihren Getränken und schlug vor: „Was hältst du davon, wenn wir heute Abend alle in den Club gehen. Vielleicht hat dein Dad ja Lust auf ein wenig Party in seinem Urlaub? Ich könnte auch die anderen fragen; Jackson, Danny, Mason...?“ Stiles winkte heftig ab und behauptete: „Das ist nichts für meinen Vater!“ „Moment mal! Wieso ist das nichts für mich?“ beschwerte sich John: „Meine Tanzschuhe mögen ja schon ein wenig eingestaubt sein, aber ich hätte mal wieder Lust auszugehen.“ „Aber Dad! Weißt du denn nicht, was das für ein Club ist? Dort... werden nur Männer sein!“ erklärte Stiles: „Na und? Einem Fossil wie mir wird mir schon keiner an die Wäsche gehen.“ erwiderte John unbeeindruckt und sah dabei nicht, wie sich Peter hinter seinem Rücken grinsend die Hände rieb: „Ich bin dabei!“ „Großartig!“ rief Ethan aus: „Wir treffen uns dann so gegen halb zwölf im Club, abgemacht?“ „Ich freue mich darauf!“ bestätigte John und damit war die Sache entschieden. Am frühen Nachmittag begann es heftig zu regnen, so dass Stiles Derek und John ihre Sightseeing-Pläne vertagten und sich über einen kleinen Umweg über einen Supermarkt in Dereks Apartment begaben. Peter hatte sich abgesetzt. Er würde erst am Abend wieder zu ihnen stoßen und Stiles stellte sich erst einmal in die Küche, um für Vater und Liebhaber ein Bigosz zu kochen, dass Großmutter Stilinski stolz gemacht hätte. Als er wieder nach den beiden Männern sah, hatte John gerade Dereks DVD-Sammlung entdeckt und stand schwärmend vor den ganzen Klassikern der Filmgeschichte. Und damit war auch schon die Entscheidung gefallen, was sie bei dem Mistwetter den ganzen Tag anstellen würden, bis es Zeit wurde, sich für den Club fertig zu machen. Sie schauten zunächst `Ben Hur´, welcher vier Stunden ging und anschließend noch `Denn sie wissen nicht, was sie tun´ und `Casablanca´, bis sie allesamt viereckige Augen hatten. Als es daran ging, sich zum ausgehen umzuziehen, blickte John unzufrieden an sich hinab, verzog das Gesicht, zupfte an seinem Flanellhemd und an seiner verwaschenen Daddy-Jeans herum und wollte wissen: „Kann ich wirklich so gehen?“ „Warum nicht?“ fragte Stiles achselzuckend: „Auf dich wird doch sowieso niemand achten!“ John viel die Kinnlade herunter und Derek knuffte Stiles tadelnd mit dem Ellenbogen in die Seite, so dass dieser schnell hinterher schob: „Ich meine, du willst da doch niemandem Gefallen, oder? Also ist es doch egal, was du anhast!“ „Sich mit dir zu unterhalten ist wirklich ganz schlecht für das Selbstvertrauen, Sohn!“ murrte John unzufrieden und Derek schlug vor: „Du kannst dich gern in meinem Kleiderschrank umschauen, ob du da etwas findest, was dir gefällt. Hör´ gar nicht auf Stiles!“ Aus Trotz entschied sich John für eine figurbetonte Jeans und ein eng anliegendes, teilweise geknöpftes Shirt, bei dem er die Knöpfe offen ließ und frisierte sich anschließend noch das Haar, mittels Fön und Schaumfestiger. Stiles fand es lächerlich, wie sein Vater plötzlich auf jugendlich machte, doch er durfte ja nichts sagen, weil er dann ja gleich wieder von seinem Vater oder Derek als seniorenfeindlich bezeichnet werden würde, also drückte er seinem Unmut auf andere Weise aus, nämlich indem er sich herausputzte, als wolle er zur Arbeit gehen. Er wählte hierfür eine Skinny-Jeans und das Oberteil welches hinten nur von Bändern zusammengehalten wurde. Darüber zog er sich seine knappe, hellblaue Jeansjacke und schminkte sich die Augen. Sein Vater rollte genervt mit den Augen und fragte: „Hast du nicht vorhin noch gesagt, so ziehst du dich bloß für die Arbeit an, Stiles? Und wie findest du es, wenn er so herumläuft, Derek?“ „Ich hasse es!“ knurrte dieser: „Es steht ihm zwar, aber jetzt werde ich doch den ganzen Abend auf ihn aufpassen müssen!“ Stiles zuckte lediglich gleichgültig mit den Schultern. In diesem Moment klingelte Peter und als dieser das aufgedonnerte Vater-Sohn-Gespann erblickte, pfiff er anerkennend und erklärte mit einem unverschämten Grinsen: „Ich hab´ mal einen Porno gesehen, der so anfing! Willst du nicht vielleicht schon mal vorgehen, Derek? Die Jungs und ich kommen dann später nach, wenn wir fertig sind.“ Stiles verzog angewidert das Gesicht und Derek bellte: „Könntest du dich eventuell ein einziges Mal NICHT wie ein Triebtäter aufführen? Das ist echt widerlich, Peter!“ „Ach! Ihr Leute habt einfach keinen Humor! Ich weiß echt nicht, wieso ihr so verkrampft seid?“ erwiderte Peter munter und hakte sich dann bei John unter, um ihn hinter sich her zur Tür zu ziehen. Stiles und Derek folgten ihnen. Als du vier in dem Club eintrafen, waren Stiles Kollegen bereits da. Mason hatte Alan mitgebracht, der sich unter seinen vielen jüngeren Begleitern sichtlich unwohl zu fühlen schien. Irgendwie hatte Danny es geschafft, auch Jackson zu überreden mitzukommen und dessen geröteten Augen konnte Stiles ansehen, dass Ethan ihn bereits mit reichlich Gras hatte vorglühen lassen. Er hoffte bloß, dass seinem Vater nichts auffallen möge und er raunte Ethan bei der Begrüßungsumarmung ins Ohr: „Halt´ dich heute Abend ein bisschen zurück! Mein Dad ist bei der Polizei!“ Dann stellte Stiles John diejenigen vor, die dieser bislang noch nicht kennengelernt hatte. Zu Jackson erklärte er: „Erinnerst du dich noch an ihn, damals aus Beacon Hills? Wir sind zusammen zur Schule gegangen und er hat mich in der achten Klasse einmal in einen Spind gesperrt. Ich habe dort über zwei Stunden gesteckt, ehe Coach mich gefunden und befreit hat. Aber keine Sorge! Seit damals hat Jackson ein Persönlichkeits-Upgrade erhalten, von `absolut-unerträgliche-widerliche-Pest´ hin zu `nervtötendes-Stinktier´.“ „Du kannst mich mal, Stiles!“ brummte Jackson. John hingegen begrüßte er mit einem beinahe schüchternen: „Guten Abend, Sheriff Stilinski!“ Vermutlich war es aber bloß die Angst, festgenommen zu werden, weil er vollkommen stoned war. Stiles musterte seinen Vater und fürchtete, dass dieser sich in dieser Umgebung unwohl fühlen könnte. Und tatsächlich wirkte John ein wenig unbehaglich, wie er sich einen Barhocker ein wenig abseits des Trubels sicherte und verstohlen das Publikum an diesem Abend beobachtete. Sicher war es Stiles Vater nicht geheuer, diese ganzen Männer um sich herum zu sehen, die miteinander tanzten, lachten, oder einander küssten? Stiles fragte sich plötzlich, wie er das überhaupt hatte zulassen können. Sein Dad gehörte einfach nicht hier her, sondern viel eher vor die Glotze, wo sie sich bei Chips und einem Bierchen ein Spiel anschauten. Für solche Nächte in einem Schwulenclub war er doch viel zu alt und verklemmt! Und nun tauchte auch noch Peter auf, bewaffnet mit einem Bier für John und sich selbst. „Nett, dass du an uns alle gedacht hast!“ kommentierte Derek sarkastisch, doch Peter lachte bloß und konterte: „Wer bin ich? Deine Mutter? Hol dir selbst was, wenn du Durst hast, oder muss ich dich stillen?“ ehe er sich neben John niederließ und ihm zuraunte, dass er wirklich heiß aussähe. Und Stiles glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, denn sein Vater bedankte sich artig und schien tatsächlich ein kleines bisschen zu erröten, wie so ein saublödes Schulmädchen! Was war das hier? Die `Twilight-Zone´ etwa? „Das gefällt mir nicht!“ zischte er Derek zu: „Es kann doch nicht sein, dass dein verkommener Onkel sogar bei jemandem wie meinem Vater landet! Was ist denn das? Irgend so ein Werwolfs-Voodoo? Haben solche wie ihr vielleicht Zauber-Pheromone, mit denen ihr uns arme Normalsterbliche betört und herumkriegt, oder was passiert hier gerade?“ „Entspann´ dich Stiles. Am Ende wird Peter sich an John dennoch die Fänge ausbeißen! Aber überleg´ doch mal! Wie lange ist dein Vater schon Single? Zehn Jahre, oder so? Jeder braucht doch mal ein bisschen Bestätigung. Und das beherrscht Peter nun einmal; er versteht es wie kein anderer, seinem Gegenüber das Gefühl zu geben, attraktiv, interessant und einzigartig zu sein!“ erklärte Derek und schickte ein verschnupftes: „Aber das muss ich DIR jawohl nicht erklären, Stiles richtig? Sicher, dass du nicht bloß sauer bist, dass mein Onkel mit seinem Interesse nun auf ein neues Objekt umgeschwenkt ist?“ „Spinnst du?“ fragte Stiles entrüstet: „DU bist alles was ich brauche und deine Eifersucht auf Peter ist wirklich albern! Aber ausgerechnet mein Vater? Schreckt dein Onkel eigentlich vor nichts zurück. Ich meine... Dad ist doch schon total alt! Das ist völlig unangemessen!“ Derek schüttelte nachsichtig den Kopf und kommentierte: „Dafür, dass du so viel Aufhebens um deine eigene sexuelle Selbstbestimmung machst und deinem Vater sogar mit totalem Kontaktabbruch drohst, wenn er dich nicht so akzeptiert, wie du bist, bist du aber sehr schnell dabei, deinem alten Herrn seine eigene Sexualität abzusprechen. John ist nicht alt! Er ist ein gutaussehender, junggebliebener Mann in seinen Fünfzigern, der noch eine ganze Menge Leben vor sich hat. Er hat eine Ewigkeit um seine Gefährtin getrauert, doch jetzt scheint er endlich bereit zu sein, wieder ins Leben zurückzukehren. Und gerade du solltest ihm dabei nicht im Weg stehen. Er will sich doch bloß ein bisschen amüsieren! Was ist schon dabei? Und außerdem denke ich, er ist heute bloß mitgekommen, um dir zu beweisen, dass er aufgeschlossen ist und dein heutiges Leben akzeptiert. Wenn du mich fragst; dafür verdient er dein Lob und keine Schelte!“ Stiles wollte gerade heftig protestieren, doch Derek kam ihm zuvor, stopfte ihm den Mund mit einem wahrlich spektakulären Kuss und forderte dann: „Und nun überlassen wir deinen Vater Peter und du tanzt mit, denn du siehst heute so unwahrscheinlich heiß aus, dass ich am liebsten jetzt auf der Stelle mit dir schlafen würde. Und weil das nicht geht, will ich mich wenigstens in einem Meer schwitzender Leiber ganz eng an dir reiben.“ Stiles hätte nun eigentlich auf seinem Standpunkt beharren müssen, doch irgendwie hatte er durch Dereks letzte Worte und seinen hungrigen Blick vergessen, worüber sie eigentlich gerade gesprochen hatten. Und so tanzten sie, rieben sich ausgiebig, kühlten sich bei Bedarf mit kalten Getränken ab und zwischendurch tanzte Stiles auch mal im Sandwich zwischen Ethan und Danny, was Derek zähneknirschend duldete, oder aber mit Isaac. Jackson, der anfänglich noch bei ihnen gestanden hatte, war irgendwann verschwunden. Später erblickte Stiles ihn bei den Toiletten, die Hand auf dem Arsch irgendeines heißen Kerls, verwickelt in einen hemmungslosen Zungenringkampf. Stiles war darüber nicht wirklich erstaunt, denn er wusste ja bereits, dass es lediglich dreier Biere bedurfte, um aus dem aufrechten Heterosexuellen eine liebeshungrige Queen zu machen. Innerlich wünschte er dem kleinen Arschloch viel Spaß. Gegen halb vier fand Stiles, dass es Zeit sei, nachhause zu fahren, doch sein Vater verblüffte ihn mit der Erklärung, dass er noch ein wenig bleiben werde, da er sich gerade wirklich gut amüsiere. Stiles hatte offenbar ein Veto, doch Derek, dem die Aussicht auf eine sturmfreie Bude scheinbar ganz recht war, kam ihm zuvor, indem er sagte: „In Ordnung, John! Amüsier´ dich gut!“ An Stiles gewandt fügte er hinzu: „Gib deinem Vater deinen Schlüssel, Baby, damit er sich später selbst hereinlassen kann!“ Und weil der Werwolf es plötzlich sehr eilig hatte, zog er diesen dann auch höchstselbst aus der Hosentasche seines Liebhabers, um ihn John zuzuwerfen. Dann zerrte er Stiles hinter sich her, so dass diesem nichts weiter übrig blieb, als einen hilflosen Blick zurückzuwerfen auf seinen armen, alten gebrechlichen Vater, der zurückblieb in den Fängen eines sexuellen Raubtieres wie Peter Hale! Kapitel 25: Till death do us part --------------------------------- Zurück in Dereks Apartment fragte sich Stiles flüchtig, ob es seinem Vater wohl gut gehen mochte, doch ehe er den Gedanken vertiefen konnte, war auch schon Derek zur Stelle, um ihn gründlich abzulenken: „Hast du mitbekommen, wie die Kerle dich angeschaut haben, Baby?“ fragte der Ältere lüstern: „Aber ich allein durfte dich mit nachhause nehmen!“ „Ach Unsinn! Die haben alle bloß auf dich geschaut. Und du hättest dir in diesem Laden vermutlich jeden mitnehmen können!“ schnaubte der Junge: „Du weißt hoffentlich, dass du es besser treffen könntest, oder?“ „Sht! Halt die Klappe, Stiles!“ forderte Derek, pinnte den Menschen mit seinem Körper gegen die hinter ihnen liegende Wand und verschloss ihre Lippen: „Du bist perfekt, so wie du bist! Und vor allem gerade jetzt, in diesem Outfit und ein wenig verschwitzt von der ganzen Tanzerei. Weißt du, woran ich gerade denke?“ „Daran, dass ich duschen sollte vielleicht?“ fragte Stiles grinsend: „Denk´ noch einmal nach, Baby!“ erwiderte Derek und seine Stimme war eigentlich mehr ein dunkles Knurren, als er Stiles sein Shirt über den Kopf zog und sich dann ungeduldig daran machte, ihn aus der engen Hose zu schälen: „Das dauert zu lange! Ich werde die Klauen zu Hilfe nehmen.“ „Untersteh´ dich! Das ist meine Trinkgeld-Hose!“ erwiderte Stiles streng und ging dem Werwolf zur Hand. Sie taumelten knutschend und ineinander verschlungen ins Schlafzimmer hinüber. Über die Phase der Schüchternheit waren sie längst hinaus. Beide wussten genau, was sie von einander wollten. Und sie wollten es gefälligst sofort! Erhitzt wie sie nach diesem Abend waren, waren sie nach dem ersten Mal natürlich noch längst nicht satt. Sie taten es auch noch ein zweites und ein drittes Mal, ehe sie endlich so müde waren, dass sie eng umschlungen einschliefen. Als Stiles erwachte, war es halb zwölf am Mittag. Er spürte einen Druck auf der Blase, also zog er sich rasch etwas über und taperte hinüber zum Klo. Als er am Wohnzimmer vorbei kam, stellte er erleichtert fest, dass sein Dad irgendwann in der Nacht nachhause gekommen war, anstatt sich in dieser Minute mit Peter in den Laken zu wälzen. Allein von dieser Vorstellung wurde ihm nämlich ganz schlecht! Als er aus dem Bad zurückkehrte, setzte er erst einmal einen Kaffee auf und obwohl er sich leise verhielt, erwachte sein Vater: „Wie spät?“ murmelte Sheriff Stilinski. Stiles sagte es ihm, doch es gelang im nicht gänzlich, das Vorwurfsvolle aus seiner Stimme zu verbannen und so fragte John: „Also gut, Sohn; ich bin gerade seit einer Minute wach: Was kann ich bloß in dieser kurzen Zeit angestellt haben, um deinen Ärger auf mich zu ziehen?“ `Okay!´ dachte Stiles, `Wer eine direkte Frage stellte, sollte auch eine klare Antwort bekommen!´ „Warst du bei Peter zuhause?“ wollte er also wissen. John blickte seinen Sohn verständnislos an und fragte zurück: „Was sollte ich denn bei Peter zuhause?“ „Ach komm´ schon Dad! Stell´ dich nicht dümmer, als du bist! Peter hat doch die ganze Zeit versucht, in deine Jeans zu kommen. Sag´ nicht, dass sei dir nicht aufgefallen! Und du? Du hast nicht das Geringste dagegen unternommen! Wahrscheinlich hat es dir sogar auch noch gefallen! Also? Was läuft da?“ fragte Stiles scharf. Der Sheriff sah aus, als wisse er nicht, ob er lachen, oder laut lospoltern sollte. Er entschied sich für weder noch, atmete stattdessen ein paar Mal tief durch und erwiderte dann: „Im Ernst, Stiles? Du denkst, bloß weil so ein gutaussehendes Schlitzohr wie Peter ein bisschen um mich herum schwänzelt, vergesse ich wer ich bin und lege ich mich sofort für ihn auf den Rücken? Oder auf den Bauch, oder wie auch immer das bei euch funktioniert?“ Stiles verzog das Gesicht, doch John fuhr ungerührt fort: „Denkst du echt, ich und mein Ego hätten es SO wahnsinnig nötig, ein bisschen Bestätigung zu erhalten? Peter hatte niemals eine Chance bei mir und ich nehme an, das wusste er auch ganz genau. Er hat sich lediglich einen Jux daraus gemacht, es trotzdem zu versuchen, weil er wohl einfach so tickt, wie ich annehme. Ich hatte übrigens den Eindruck, er hatte besonderen Spaß daran, weil er damit DICH ärgern konnte, Stiles. Nie im Leben wäre da etwas passiert! Und nachdem ihr weg wart, hat Peter sich dann auch sofort an die Fersen dieses blassen, blondgelockten, englischen Jungen geheftet und IHN schließlich mit nachhause genommen. Ich habe mich noch eine Weile mit deinen beiden Freunden Danny und Ethan unterhalten. Nette Jungs, auch wenn ich glaube, dass sie Kiffer sind.“ Stiles Miene verdunkelte sich: „Peter und Isaac? Das hatte ich dem Mistkerl doch verboten!“ Dann stutzte er: „Moment Mal! Du weißt, das Danny und Ethan gekifft haben? Aber du hast sie nicht festgenommen, oder?“ John rollte mit den Augen: „Also wirklich Junge! Ich habe hier in San Francisco doch gar keine Befugnisse! Außerdem habe ich Urlaub! Und sie haben es ja auch nicht gerade vor meinen Augen getan. Sollen sie doch! Hauptsache, sie ziehen dich da nicht mit hinein! Und zu Peter: Wieso glaubst du eigentlich, du wärst in der Position, ihm etwas zu verbieten. Er ist doch ein erwachsener Mann, genau so, wie dieser Isaac. Das ist ja wirklich eine eigenartige Dynamik, die du und Dereks Onkel da habt.“ Bei den letzten Worten hatte Stiles seinem Vater schon gar nicht mehr richtig zugehört, denn er hatte sich bereits sein Handy gegriffen und Peters Nummer gewählt. Dieser ging nach dem dritten Klingeln dran und ohne eine Begrüßung polterte Stiles los: „Ich habe dir doch gesagt, nicht Isaac, du Arsch! Ich hänge dich an deinen Eiern auf! Lass´ gefälligst die Finger von ihm!“ Peter seufzte und erwidert: „Hallo Stiles! Es ist ja immer schön, dein liebliches Stimmchen zu hören. Leider habe ich jetzt überhaupt keine Zeit, mit dir zu spielen. Ich habe zu tun!“ Mit diesen Worten legte Peter einfach wieder auf. Und es entsprach auch tatsächlich der Wahrheit! Peter hatte in diesem Augenblick alle Hände voll zu tun. Er hielt nämlich Isaac in seinen Arm welcher ein wenig zitterte und vor dessen blassem Gesicht sich die dunklen Ringe unter seinen Augen besonders dramatisch ausnahmen: „Es war nur ein Traum, Lämmchen! Er kann dir doch gar nichts mehr tun! Du bist frei, Kleiner!“ versprach Peter: „Und außerdem bist du doch jetzt hierbei mir!“ Isaac nickte gegen die Brust des Älteren, entspannte sich ein wenig und ließ sich dankbar in die Umarmung fallen. Stiles starrte fassungslos auf sein Telefon. Da hatte dieser Mistkerl ihn doch einfach weggedrückt! Und als er es erneut versuchte, war Peters Handy ausgeschaltet! Also den Kerl würde er sich vorknöpfen! Wütend schleuderte Stiles sein Handy in eine Ecke. In diesem Augenblick trat Derek von rechts auf; zerzaustes Haar, müde Augen, nur in Unterhemd und Boxershorts gekleidet und dennoch sah er für Stiles aus, wie ein legitimer Sohn der Götter des Olymp: „Was ist denn das hier mitten in der Nacht für ein Gepolter?“ knurrte der Werwolf finster. „Mein Sohn spielt den Moralapostel und geht damit seinen Mitmenschen auf die Nerven!“ erklärte John: „Er meint nämlich, deinen Onkel erziehen zu müssen.“ „Um Peter geht es dabei überhaupt nicht, sondern um Isaac! Der ist empfindsam und instabil! Peter wird ihm am Ende mit Sicherheit genau jenen kleinen Tritt verpassen, der nötig ist, ihn endgültig in den Abgrund stürzen zu lassen!“ stellte Stiles erfüllt von rechtschaffener Entrüstung richtig. „Also ich weiß nicht?“ wendete John ein: „Dieser Junge wirkte wirklich angetan von Peter. Und Peter seinerseits war sehr bemüht um Isaac.“ „Und warum interessiert uns Peters Liebesleben?“ knurrte Derek schlecht gelaunt. Stiles kannte seinen Wolf ja mittlerweile ein wenig und wusste, dass mit ihm vordem ersten Kaffee nichts anzufangen war und so schenkte er sowohl für ihn, als auch für seinen Dad eine Tasse voll und reichte sie ihnen, ehe er erwiderte: „Es interessiert uns nicht. Ich will bloß sichergehen, dass meinem Freund nicht wehgetan wird.“ Derek setzte die Tasse an und nahm erst einmal einen tiefen Schluck, ehe er antwortete: „Können wir uns vielleicht darauf einigen, dass wir erst mal warten, bis Peter etwas falsch gemacht hat, ehe wir das Strafmaß verkünden. Ich verspreche dir auch, dass ich meinem Onkel die Hölle heiß machen werde, wenn er Mist baut. Und du kannst dann für deinen Freund Isaac da sein und ihn trösten, in Ordnung?“ „Mmhh!“ brummte Stiles bloß unzufrieden, hockte sich mit seinem Kaffee zu seinem Vater auf´s Sofa und schmollte ein wenig. Damit war das Thema für´s Erste vom Tisch und Derek machte sich daran, Frühstück zuzubereiten. Er machte sein preisgekröntes Rührei und dazu Aufbackbagels, welche Stiles gerade noch rechtzeitig davor bewahren konnte, in Flammen aufzugehen. Nach dem Frühstück gammelten die drei Männer, immer noch müde von der vergangenen Nacht ein wenig vor Dereks Heimkinoanlage herum und schauten sich: „Der große Diktator“ von und mit Charlie Chaplin an. Stiles hatte zunächst gemault, dass die Filme die sie sich ansahen scheinbar immer älter wurden, doch hinterher musste er zugeben, dass dieser Film zu Recht ein Klassiker war. Gegen vier Uhr machten sie sich auf den Weg um das College zu besichtigen, wo Stiles gemeinsam mit Scott und Allison im kommenden Semester zu studieren beginnen würden. Stiles trippelte über den Campus wie beseelt und strahlte über das ganze Gesicht. Wissen! Lehre! Er konnte es beinahe riechen und wusste jetzt schon, dass er es lieben würde. Und anders als in der Schule waren die Menschen freiwillig hier und niemand würde ihn mit dem Kopf in eine Kloschüssel tunken, bloß weil er ihnen zu schlau war. Schließlich fing Stiles sogar damit an herumzuhüpfen, wie ein Gummiball. Derek verliebt sich in diesem Moment in diesen verrückten, kleinen Nerd, doch er fing ihn lieber ein, bevor noch jemand auf die Idee käme, wegen ihm einen Arzt zu rufen: „Hey, Süßer! Jetzt beruhige dich mal wieder, ehe du noch einen Herzkasper bekommst, bevor dein Studium überhaupt angefangen hat.“ flüsterte er zärtlich und zog den Jüngeren in seine Arme. Sie machten einen Rundgang durch einige Hörsäle, besichtigten die Mensa, die Aufenthaltsräume und die Bibliothek. Irgendwann erkundigte sich John vorsichtig, was ihn der Spaß denn wohl kosten würde, ob dafür Stiles kleiner Collegefond ausreiche, oder ob er den Gürtel ab jetzt lieber ein wenig enger schnallen solle, woraufhin Derek allerdings rasch versicherte, dass er für alles aufkommen würde und John sich keine Sorgen zu machen bräuchte. Dies rief natürlich einen ärgerlichen Stiles auf den Plan, der behauptete für alles selbst bezahlen zu können, denn immerhin arbeite er schließlich jetzt und für den Rest könne er ja einen staatlichen Kredit aufnehmen. Entrüstetes Veto an der Vater- und Lebensgefährtenfront, die sich darin einig waren, dass Stiles sich nicht verschulden dürfe und auch nicht zugleich nachts kellnern und am College sein volles Potenzial entfalten könne, also sei bei Studienbeginn auf jeden Fall Schluss mit dem Lotterleben. Nein, erklärte Stiles mit Überzeugung, der Job mache ihm Spaß, er habe dort seine Freunde und Derek und John hätten ihm gar nichts zu sagen, denn schließlich sei keiner von ihnen sein Boss! Derek nannte Stiles einen unverbesserlichen Dickschädel. John drückte es wesentlich unfreundlicher aus bezeichnete seinen Sohn als die Pest an seinen Arsch, wenn dieser sich einmal etwas in de Kopf gesetzt hätte. Stiles war so kurz davor, mit allen beiden auf immer und ewig zu brechen, bis ausgerechnet Derek; für gewöhnlich nicht gerade für seine Besonnenheit bekannt, sich zur Stimme der Vernunft aufschwang und einen Kompromiss vorschlug, der es allen drei Interessengruppen erlaubte, ihr Gesicht zu wahren und sich wie ein Gewinner zu fühlen: John würde den Collegefond auflösen und einsetzen, Stiles dürfe pro Woche eine Tag- und eine Nachtschicht im Café arbeiten und für den Restbetrag, der dann noch fehlte, würde Derek aufkommen. Diesem Vorschlag vermochten dann tatsächlich alle drei Sturköpfe zustimmen und ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen, sowie daraus resultierende bewaffnete Auseinandersetzungen konnten damit im letzten Augenblick doch noch verhindert werden. Und plötzlich hatte Derek so ein eigenartiges Grinsen auf dem Gesicht. Stiles, der seinen Griesgram kannte, kam das verdächtig vor und so fragte er: „Was ist denn mit dir los? Hast du vielleicht einen Schlaganfall, oder so?“ „Spinner!“ erwiderte Derek, ohne dass das Schmunzeln von seinen Lippen verschwand: „Du weißt doch, ich werde nicht krank! Und Schlaganfälle kriege ich schon gar nicht! Nein, was du hier vor dir siehst ist bloß Freude! Ich habe da nämlich neulich etwas gemacht... uhm... und es... es ist eine Überraschung.“ Stiles Miene war mit einem Mal mehr als skeptisch: „Spuck´s schon aus! Was hast du gemacht? Was ist die Überraschung? Du hast doch wohl nichts angestellt, oder?“ „Du kennst doch die Bedeutung, des Wortes `Überraschung´, oder? Es bedeutet, ich verrate es dir nicht!“ erwiderte Derek mit einem bösen, kleinen Grinsen. Als er jedoch die Enttäuschung auf Stiles Gesicht las, fügte er rasch hinzu: „Aber ich werde es euch zeigen, wenn ihr wollt!“ John kam nicht dazu, sich dazu zu äußern, denn Stiles war schneller: „Das fragst du noch? Natürlich wollen wir es sehen! ICH will es sehen. Nun zeig´ schon!“ „Ich habe es aber nicht hier!“ erwiderte Derek: „Wir müssten dazu ein Stückchen fahren!“ „Na, worauf warten wir dann noch?“ fragte Stiles ungeduldig: „Fahren wir!“ Er zog seinen Freund und seinen Vater hinter sich her zu Dereks Wagen. Eine halbe Stunde später stoppte Derek den Camaro und behauptete: „Wir sind da!“ Nur war hier absolut gar nichts, wie Stiles unzufrieden feststellte! Sie stiegen aus, Derek marschierte geradewegs auf ein Wohnhaus zu und die beiden Stilinskis folgten ihm: „Dies ist eines meiner Häuser.“ erklärte Derek, marschierte auf ein mehrstöckiges Wohnhaus zu, zückte einen Schlüssel und stieg zielstrebig die Treppen hinauf. Wenn Stiles es nicht besser wüsste, dann würde er sagen, Derek sei irgendwie nervös. Jedoch wurde Derek niemals nervös, richtig? Das kam in seinem Verhaltensrepertoire nicht vor! Angekommen im zweiten Stock öffnete Derek eine der Apartmenttüren und machte: „Ta-daa!“ als sei er ein Tigerdompteur im Zirkus und eines seiner Schätzchen hätte sich auf sein Geheiß hin auf die Hinterbeine gestellt, um einen Wasserball auf der Nasenspitze zu balancieren, oder so ähnlich. „Ta-daa?“ fragte Stiles verständnislos. Derek sah plötzlich aus, als habe man ihm sämtlichen Wind aus den Segeln genommen: „Na ja, es ist nah zur Uni, es ist groß genug für Zwei, ein Besucher hätte ein eigenes Zimmer und müsste nicht im Wohnzimmer auf der Couch schlafen, vom Balkon aus kann man die San Francisco Bay sehen...“ zählte er verunsichert auf. „Und?“ fragte Stiles und begriff immer noch nicht: „Also... wir könnten hier einziehen. Habe ich das nicht gesagt?“ fragte Derek beinahe ein wenig verschüchtert. Stiles schüttelte den Kopf: „Nein, hast du nicht. Du sagtest `Ta-daa!´, und weiter nichts.“ Dann endlich schien die Botschaft so richtig bei Stiles anzukommen und seine Augen weiteten sich: „Moment mal! Du willst hier mit mir wohnen? Also so richtig als Paar? Kein Provisorium mehr? Ich pendele nicht mehr zwischen der WG und dir hin und her?“ Derek nickte: „Ja, genau das will ich damit sagen. Und? Möchtest du das auch, Stiles?“ Stiles stieß zunächst einmal einen schrillen Schrei der Begeisterung aus, sprang Derek an, fiel ihm um den Hals und erklärte dann: „Scheiße, JA! Was denkst du denn wohl?“ Dann machte er sich wieder los und stürmte davon, um sein neues Traumschloss genauestens unter die Lupe zu nehmen. Das wiederum gab Derek die Chance, kurz mit John zu sprechen, denn da gab es etwas wichtiges, dass der Werwolf Stiles Vater fragen musste. Erst als Stiles von der Küche her entzückt rief: „Sous-Vide-Garer und ZWEI Backöfen! Das ist der WAAAHHHNSINN“ machten sie sich auf den Weg, um ihm zu folgen und die wunderschöne, lichtdurchflutete Vier-Zimmer-Altbauwohnung mit dem Stuck an den hohen Zimmerdecken genauer in Augenschein zu nehmen. Den Rest des Tages war Stiles zu nichts mehr zu gebrauchen. Er redete in einem fort über Tapeten, Einrichtungsideen, davon, was man in dieser neuen, großartigen Küche alles kochen könnte und wer alles zur Einweihungsfeier kommen müsse. Eigentlich hätte Derek davon doch total genervt sein müssen, doch stattdessen grinste er bloß wie ein Idiot. Was hatte dieser kleine Kerl bloß mit ihm angestellt? Die kommenden Tage vergingen wie im Flug. Wenn Stiles und Derek John nicht gerade die Sehenswürdigkeiten San Franciscos zeigten, dann waren die drei in Baumärkten und Möbelhäusern unterwegs. Derek hatte versichert, das Geld keine Rolle spiele und Stiles aussuchen könne, was immer ihm gefiele. Recht glauben konnte Stiles das zwar nicht, doch egal was er aussuchte, sein Freund zuckte nicht ein einziges Mal mit der Wimper. Im Gegenteil; er schlug sogar hier und da vor, dass sie lieber etwas Hochwertigeres nehmen sollten, immerhin ging es doch um ihr Leben zu zweit und welche Rolle spielte da schon Geld? Als Stiles erklärte, dass sie ja ein bisschen sparen könnten, indem sie wenigstens die Renovierungsarbeiten selbst machten, schüttelte Derek unwirsch den Kopf und grollte: „Warum sollte ich das tun, wenn Profis es in der Hälfte der Zeit schaffen und es am Ende auch noch besser aussieht?“ Und so beauftragte Derek eine Firma, welche die Arbeiten nach ihren Vorstellungen ausführte. Johns Urlaub hatte sich langsam seinem Ende zugeneigt und auch wenn Stiles seinen Vater bekniet hatte, noch ein wenig länger zu bleiben, so bestand der Sheriff darauf, das Beacon Hills mit Sicherheit bis auf seine Grundmauern abbrennen würde, wenn er zu lange wegbliebe. Und schließlich war der Moment des Abschieds gekommen. Sie hatten noch gemeinsam gefrühstückt und nun stand Stilinski senior mit seinen gepackten Koffern an der Tür, bereit sich zu verabschieden, doch da bat Derek: „Warte John! Da wäre noch eine letzte Sache!“ Der große, starke Kerl wirkte mit einem Mal irgendwie beinahe blass und kümmerlich. Derek trat vor Stiles hin, nahm dessen Hände in seine eigenen, räusperte sich und starrte seine eigenen Schuhspitzen an, als seien sie das Interessanteste, was er je gesehen hatte. Dann fasste er sich endlich ein Herz und begann zu sprechen: „Stiles, du weißt, ich liebe dich. Und ich weiß nicht, ob du es albern, altmodisch oder total blöd findest, aber ich möchte dich heute fragen, ob du mein Mann werden möchtest?“ Derek begann, in seiner Hosentasche zu kramen und zog dann einen Platinring mit einem kleinen Saphir hervor, der sehr edel, geschmackvoll und einfach wunderschön war! Stiles wurde ein bisschen schwindelig, so dass er sich an Dereks Arm festhalten musste. Er starrte erst seinen Liebhaber und dann seinen Vater fassungslos an. John grinste bloß und erklärte: „Meinen Segen hat Derek bereits eingeholt. Jetzt kommt es bloß noch darauf an, was du dazu sagst, mein Sohn!“ Leider hatte sich offensichtlich die Katze Stiles Zunge geholt und war damit auf und davon, zumindest brachte dieser keinen einzigen Ton heraus. Er nickte lediglich, grinste ein wenig grenzdebil vor sich hin, blinzelte, um die lästigen Tränchen loszuwerden, die sich hinter seinen Augen zu sammeln begannen und kuschelte sich dann eng an Dereks Brust. Dieser schloss die Arme um den Jüngeren und atmete erleichtert auf, denn offenbar hatte er tatsächlich befürchtet, Stiles könne ihm einen Korb geben. Um den Bund zu besiegeln, nahm er nun die Hand von Stiles und steckte ihm den Ring an den Finger. Erstaunt registrierte Derek, das nun auch Papa Stilinski ein paar Tränen in den Augen hatte und als es Stiles endlich wieder gelang, seinen Verlobten loszulassen, war John an der Reihe: Er zog seinen Sohn in seine Arme, ließ sich den schönen Ring zeigen und beteuerte dann, wie sehr er sich für sich beide freue und wie einverstanden er doch mit seinem zukünftigen Schwiegersohn sei. Dann wandte der Sheriff sich Derek zu und wünschte diesem viel Glück mit dem kleinen Halunken, den er sich geangelt hatte, was natürlich Entrüstung und Protest von Stiles aus dem Hintergrund nach sich zog, welchen beide Männer allerdings komplett ignorierten. Schließlich war alles gesagt und John griff sich seine beiden Taschen, nickte Stiles und Derek noch einmal lächelnd zu und dann war er verschwunden. Stiles blickte immer noch ungläubig auf seinen Ring und forderte: „Kneif´ mich mal! Ist das hier echt? Passiert das wirklich?“ „Ich weiß etwas viel Besseres, als dich zu kneifen!“ versicherte Derek, schnappte sich Stiles und schleppte ihn hinüber ins Schlafzimmer, wo sie ihren Bund feierlich und leidenschaftlich besiegelten. Es hatte eineinhalb Wochen gedauert, ehe Arbeiten in Dereks neuem Apartment abgeschlossen warenund ein Speditionsunternehmen hatte heute tagsüber Dereks Sachen hierher geschafft. Nun fehlte eigentlich nur noch Stiles! Dieser hatte an diesem im Café die Frühschicht gehabt und war anschließend gemeinsam mit Mason in die WG hinübergegangen, um dort ein kleines Abschiedsfest zu feiern. Danach hatte er dort seine letzten paar Sachen zusammengepackt und war nun überglücklich auf dem Weg in sein neues, wunderschönes Märchenschloss, um dort seinen Prinzen zu treffen. Peter hatte sich endlich mal wieder für ein paar Stunden von Isaac losreißen können, um seinem Neffen in dessen neuen Domizil seine Aufwartung zu machen. Diese Sache mit seinem Onkel und diesem Jungen ging nun schon über zwei Wochen. Für Peters Verhältnisse war das bereits eine echte Langzeitbeziehung und ganz offensichtlich war er trotzdem immer noch total verrückt nach diesem Burschen? Wenn Derek es nicht besser wüsste, hätte er beinahe gesagt, sein Onkel habe sich tatsächlich verliebt, nur dass dies natürlich ausgeschlossen war, denn es ging hier immerhin um Peter Hale! In dieser Minute stand Derek am Fenster seines neuen Wohnzimmers und hielt auf der nächtlichen Straße Ausschau nach seinem Verlobten: „Er kommt!“ erklärte er nach einer Weile versonnen, als er im Licht einer Straßenlaterne die vertraute, geliebte Gestalt ausmachte, welche gerade aus einer Seitenstraße auftauchte. Peter war von hinten an seinen Neffen herangetreten und kommentierte, über dessen Schulter blickend: „Du kommst mir vor wie ein Hund, wenn sein Herrchen nachhause kommt. Das ist wirklich ein bisschen erbärmlich, Derek! Wirst du Stiles gleich mit seinen Pantoffeln im Maul an der Haustür empfangen?“ „Schnauze! Was weißt du schon?“ knurrte Derek: „Ich liebe ihn eben und heute beginnt unser Leben zu zweit! Leute die ein echtes Herz in ihrer Brust haben und und nicht ein zähes Stück Trockenfleisch, so wie du, die freuen sich über so etwas!“ „Ist ja bezaubernd! Ich mach´ mich gleich nass vor Rührung!“ ätzte Peter: „Vergiss´ übrigens nicht, mir für euren Palast einen Schlüssel nachmachen zu lassen. Ich möchte nicht jedes Mal die Tür eintreten müssen, wenn ich euren ehelichen Beischlaf stören will!“ Derek wollte gerade eine bissige Antwort geben, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken. In der ansonsten verlassenen, nächtlichen Straße vor seinem Haus hatte bis gerade eben ein Lieferwagen geparkt. Als Stiles nun die Straße überqueren wollte, startete dieser und hielt dann mit quietschenden Reifen auf den jungen Mann zu. Derek wollte irgendwas tun; Stiles eine Warnung zurufen, hinuntereilen und ihn retten, IRGENDWAS! Doch was immer er auch täte, er käme damit zu spät! Kapitel 26: Beta ---------------- Trotz der Dunkelheit konnte Derek in grausamer Klarheit sehen, was unten auf der Straße vor sich ging: Stiles wie er entsetzt seine Augen aufriss und wie angewurzelt stehen blieb. Der Lieferwagen der immer weiter beschleunigte und genau auf den Jungen zuhielt. Dann der Aufprall; die schlanke Gestalt, welche frontal erfasst, von den Füßen gerissen und durch die Luft geschleudert wurde. Sie warteten sie nicht ab, bis der Körper wieder auf der Erde aufschlug, denn Peter zerrte seinen Neffen hinter sich her aus der Wohnungstür und nun hechteten beide Werwölfe in schnellen Sprüngen die Treppen hinunter. Auf der Straße angekommen erblickten sie Stiles Körper, der regungslos, blutend und seltsam verdreht mitten auf der Fahrbahn lag. Derek war außer sich vor Schmerz und Verzweiflung! Er stürzte auf Stiles zu und breitete seinen eigenen Körper Schutz spendend über den seines Gefährten, als könnte dies irgendetwas besser machen. Er hatte es genau sehen können, wer Stiles das angetan hatte; wer es war, der da am Steuer gesessen hatte! Eigentlich sollte er ihn nun bekämpfen, doch dann hätte er Stiles zurücklassen müssen und das war ihm beim besten Willen nicht möglich! Der Tod musste schließlich wissen, dass dieser Junge einen starken Beschützer hatte! Peter warf einen Blick auf den gebrochenen Derek und da wurde ihm eines ganz klar: Auf seinen Alpha konnte er momentan nicht zählen. Er besah ihn sich, wie er über dem sterbenden Stiles kniete und etwas in ihm gefror. Ein altvertrautes Gefühl meldete sich in ihm zu Wort und Peter begrüßte es, wie einen lang vermissten Freund: Es war der Durst nach Rache! Der Lieferwagen hatte zwischenzeitlich gewendet und hielt nun auf Derek und Stiles zu. Peter erkannte das selbstgefällige, siegessichere Grinsen Deucalions hinter dem Steuer. `Zu früh gefreut, alter Junge!´, dachte Peter grimmig. In großen Sprüngen eilte er auf das Fahrzeug zu, welches nun ein weiteres Mal beschleunigte, sprang mit einem Satz auf das Dach, hieb mit der Faust durch die Windschutzscheibe, griff ins Steuer und hechtete wieder von dem Fahrzeug herunter, noch ehe der Van einige Sekunden später in eine Straßenlaterne raste. Deucalion war nicht angeschnallt gewesen und dadurch bei dem Aufprall schwer mit dem Kopf aufgeschlagen. Peter erkannte, dass dies sein Vorteil gegenüber dem uralten, körperlich überlegenen Alpha war. Er zerrte ihn aus dem Wagen und begann sofort wie ein Besessener mit den Fäusten und Klauen auf ihn einzuprügeln. Deucalion brauchte eine Weile, um wieder vollkommen zu sich zu kommen und hielt schützend die Arme vor sein Gesicht. Nach einer Weile jedoch besann er sich wieder und ging zum Gegenangriff über. Er verwandelte sich und hatte nun mehr von einem Dämonen, als von einem Menschen. Die graue Fratze mit den glühend roten Augen war zum Fürchten und wirkte, als bestünde sie aus massivem Granit. Der mächtige Alpha schüttelte den kleinen, lächerlichen Beta ab, wie ein lästiges Insekt, packte ihn am Kragen, warf ihn viele Meter durch die Luft, als sei er nichts weiter als eine Puppe und schon kurz nachdem Peters Körper hart auf dem Straßenpflaster aufgeschlagen war, war Deucalion auch schon wieder über ihm, bereit ihn in Stücke zu reißen. Derek blickte hinab auf den leblosen Körper des Menschen, den er liebte und er erinnerte sich: Ein Junge im Bus an einem kalten Oktoberabend, bloß ein weiteres Gesicht in der anonymen Masse. Es hätte ihm eigentlich gar nicht weiter auffallen sollen und dennoch...! Sein Wolf hatte sich längst entschieden, lange bevor es dem Menschen in ihm auch nur im Ansatz klar gewesen war: Dieser dürre, wehrlose, kleine Mensch war sein Gefährte! Doch nun war ein weiteres Mal das geschehen, was immer passierte: Alles was Derek liebte starb! Nur gab es dieses Mal einen Unterschied, denn er würde er einfach mit ihm gehen. Kein weiteres Mal würde er verlieren und dann einfach irgendwie weitermachen. Er konnte einfach nicht mehr; sein Kampf war nun endlich vorüber! Er legte sich an Stiles Seite, küsste sacht die blutende Stirn und wartete ganz einfach darauf, dass Deucalion es zu Ende brächte. Nur leider war da mit einem Mal etwas, das an ihm zog wie ein unsichtbares Band und wie er auch versuchte, es einfach zu ignorieren, es war zu stark! Schwerfällig hob Derek den Kopf und da sah er, was vorging. Peter, sein einziger Beta, seine einzige Familie, wie er hilflos im Todeskampf unter dem überlegenen Deucalion lag! Es war der Alpha, der sich nun seufzend erhob, um sich in die Schlacht zu stürzen und nicht der Mensch, denn der wollte liegen bleiben. Und es war keine Sekunde zu früh, denn der Hieb, zu welchem der Gegner in diesem Moment ausholte, wäre sicher Peters Ende gewesen. Dazu kam es jedoch nicht, denn Derek riss Deucalion von seinem Onkel herunter und bekämpfte ihn, mit allem, was er hatte. Obwohl der alte Alpha der Stärkere von beiden war, so war Derek doch der verzweifeltere und zornigere und so schlug er sich auch. Er fügte seinem Feind schwere Wunden zu, ohne selbst nennenswerte Verletzungen davon zu tragen. Und als aus der Ferne Sirenen ertönten, weil vermutlich ein Anwohner aufgrund des Tumults auf der Straße die Polizei gerufen hatte, machte sich Deucalion einfach aus dem Staub und entging damit seinem Untergang. Benommen blickte Derek sich um und erkannte, dass Peter sich mittlerweile zu Stiles hinübergeschleppt hatte. Sein Onkel winkte ihn heran und rief: „Schnell verdammt! Du musst dem Kleinen helfen, ehe es zu spät ist. Nun komm´ schon!“ Derek schaute ihn verständnislos an: „Stiles ist tot!“ murmelte er. Peter gab ein Knurren von sich: „Bist du nicht ganz dicht? Er lebt noch! Die Verletzungen mögen schwer sein, aber er lebt! Und nun mach´ schon, ehe es am Ende doch noch zu spät ist!“ „Er lebt?“ fragte Derek dümmlich und bewegte sich wie in Trance auf die beiden zu: „Was ist denn los mit dir? Bist du hirntot? Benutz´ deine Sinne! Natürlich lebt er; gerade eben noch so, also musst du dich beeilen! Verwandele ihn und dann lass´ uns von hier verschwinden, ehe die Bullen da sind!“ grollte Peter: „Was? Nein!“ rief Derek entsetzt: „Ein... ein Krankenwagen! Wir bringen ihn ins Krankenhaus! Die bringen ihn wieder in Ordnung!“ Er klang nun beinahe, wie ein kleiner Junge. Peter glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können: „Sag´ mal träumst du, Neffe? Ein Krankenhaus? Stiles Leben hängt am seidenen Faden! Wahrscheinlich schafft er nicht einmal den Transport, aber selbst wenn...! Seine Wirbelsäule ist an mindestens zwei Stellen gebrochen! Willst du so ein Leben wirklich für unseren Jungen? Der Kleine kann keine Minute stillsitzen vor lauter Energie und du willst ihn zu einem Leben im Rollstuhl verdammen, obwohl du das Heilmittel hast?“ „Aber Paige...“ stammelte Derek hilflos. Peter packte seinen Neffen bei den Schultern und schüttelte ihn: „Paige war eine bedauerliche Tragödie, aber das wird Stiles nicht passieren, doch selbst wenn? Ohne deine Hilfe stirbt er sowieso! Und nun tu es, sonst schwöre ich, ich bringe dich um, werde zum Alpha und mache es selbst!“ Derek ging neben Stiles auf die Knie, nahm dessen Hand in seine eigene und starrte ratlos vor sich hin. „Sag mal, worauf wartest du denn noch,verdammt! Auf Godot? Beiß´ ihn jetzt!“ fluchte Peter: „Aber Stiles kann nicht um den Biss bitten!“ erwiderte Derek unsicher. Sein Onkel begann sie die Haare zu raufen: „In wenigen Minuten wird Stiles überhaupt nichts mehr tun können; nie wieder, verstehst du? Hör´doch mal auf sein Herz!“ Das tat Derek und nahm wahr, dass die Schläge immer langsamer und unregelmäßiger wurden. Stiles würde sterben und dann wäre es seine Schuld! Und endlich kam der Alpha zur Besinnung, verwandelte sich, hob die Hand des Jungen an und schlug seine Fänge in die die weiche Haut der Innenseite von Stiles Unterarm. „Na, endlich!“ rief Peter erleichtert aus: „Und nun weg hier! Die Polizei kommt jeden Augenblick um die Ecke und ich will denen nicht erklären müssen, was hier passiert ist!“ In der Tat klangen die Sirenen mittlerweile sehr nah. Derek hob den verletzten Stiles auf und trug ihn hinüber zum Haus. Peter schleppte sich verletzt hinterher und kaum hatten sie die Haustür hinter sich geschlossen, sahen sie das Blaulicht durch die Milchglasscheiben. Oben im Apartment standen noch überall die Kartons herum. Sie hatten sie zusammen auspacken und ihr kleines Schloss gemeinsam einrichten wollen, dazu chinesisches Essen und später hätten sie ihr neues Heim auf ihre Weise eingeweiht, doch nun war alles ganz anders gekommen! Derek legte Stiles, welcher noch immer ohne Bewusstsein war auf sein Bett, denn in diesem Moment gab es leider nichts weiter, was er für ihn tun konnte. Diese Schlacht musste sein Geliebter ganz allein schlagen! Er holte den Verbandskasten, um Peter zu versorgen, welcher wesentlich schwerer verletzt war, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Als die Wirkung des Adrenalins allmählich nachließ, brach der Beta ächzend auf dem Sofa zusammen und um ihn herum sammelte sich eine erschreckende Menge Blut. Der Oberkörper hatte am meisten abbekommen, also befreite sein Alpha ihn von seinem rot durchtränkten, zerfetzten Shirt und verschloss die Wunden so gut wie eben möglich mit Verbänden. Da dies Verletzungen durch einen Alpha waren, würde Peter nicht so schnell wie gewöhnlich heilen, doch sein Onkel war unheimlich zäh und so konnte Derek wenigstens einigermaßen sicher sein, dass er durchkommen würde. Das würde er doch, oder? Als endlich alle Wunden verbunden waren, wischte Derek das Blut auf, half Peter in saubere Kleider, stellte ihm etwas zu essen und zu trinken hin und wollte dann wissen: „Denkst du, du kommst nun allein klar?“ Peter war bleich wie eine Wasserleiche, aber er behauptete dennoch: „Sicher komme ich klar. Ein paar Stunden Schlaf, mehr braucht´s nicht. Hau schon ab und sieh´ nach deinem Jungen!“ „Ich mache mir doch bloß Sorgen, du Idiot!“ sagte Derek kopfschüttelnd: „Selber Idiot!“ erwiderte Peter und schaffte sogar ein schwaches Grinsen: „Verzieh´ dich!“ Derek ließ die Schlafzimmertür zur Sicherheit offen stehen, um mitzubekommen, falls der Zustand seines Onkels sich doch verschlechtern sollte. Er legte sich an Stiles Seite und beobachtete den Verletzten mit Argusaugen, damit ihm bloß kein Anzeichen für eine Abstoßungsreaktion entging, doch da war nichts. Im Gegenteil! War Stiles Gesicht nicht bereits ein wenig rosiger? < Und sein Herzschlag? Derek kam es vor, als sei dieser bereits ein wenig kräftiger, richtig? Sollte es dieses Mal tatsächlich anders kommen, als in seinem gesamten bisherigen Leben? Hatte er Stiles wirklich gerade noch rechtzeitig dem Tod entreißen können? Er wagte es kaum zu hoffen! Viele Stunden lag Derek einfach nur da und studierte das geliebte Gesicht, berührte es mit den Fingerspitzen, lauschte auf das beruhigende Schlagen des Herzens und auf den Atem, der den Brustkorb sich heben und wieder senken ließ. Und dann erblickte er etwas, was ihn endgültig Zuversicht fassen ließ: Stiles Füße bewegten sich und das konnte nur eines bedeuten, nämlich dass die gebrochenen Wirbel heilten. Und das wiederum hieß, dass Stiles nun ein Wolf war. Er hatte es geschafft! Derek wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte und irgendwie tat er nun beides. Er schmiegte sich vorsichtig an seinen Gefährten und war nach einer Weile sogar beruhigt genug, um einzuschlafen. Als Derek viel später wieder erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel und er erschrak beinahe zu Tode, denn er lag allein im Bett. Dann jedoch hörte er Lachen und mehrere Stimmen, eine davon die von Stiles und er entspannte sich wieder ein wenig. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und erhob sich, um nachzuschauen was vor sich ging. Im Wohnzimmer auf dem Sofa saßen Stiles und Isaac vor einem Bildschirm mit Controllern in der Hand vor irgendeinem blöden Ballerspiel und amüsierten sich königlich. Hinter Isaac hockte Peter, die Beine um den Jungen geschlungen und er kraulte ihm die blonden Locken. Der Werwolf sah immer noch ziemlich erledigt, aber dennoch ziemlich zufrieden aus. Als Stiles Derek kommen sah, stellte er das Spiel auf Pause und er und sein Gefährte blicken einander erwartungsvoll an: „Wie geht es dir?“ fragte Derek schließlich unsicher. Stiles strahlte ihn an: „Es geht mir fantastisch! Ich lebe! Du hast mich ein weiteres Mal gerettet, mein Held!“ Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Und nun bin ich ein Werwolf.“ Derek warf einen erschrockenen Blick auf Isaac, doch Stiles winkte ab: „Er weiß Bescheid. Peter hat ihm alles gesagt.“ Der Alpha knurrte, doch Isaac erklärte schnell: „Keine Sorge! Ich verrate euch nicht. Ich find´s cool!“ Er drehte sich herum und setzte sich rittlings auf den Schoß des verwundeten Peter, um ihn zu küssen. Stiles, der erkannte, dass sein Geliebter immer noch nicht besonders zufrieden wirkte erhob sich und legte die Arme um Derek: „Es ist wirklich ziemlich cool!“ bestätigte er mit einem kleinen Lächeln. „Wirklich, Stiles?“ fragte Derek misstrauisch: „Ich hätte das eigentlich nicht tun dürfen, ohne dich vorher zu fragen. Das ist gegen die Regeln! Und du weißt doch noch gar nicht, wie es sein kann ein Wolf zu sein. Du hast noch keinen Vollmond erlebt. Und was ist mit Scott und deinem Dad? Wie erklären wir IHNEN das? Außerdem ist es als Werwolf doch ständig so, dass irgendeine Arschgeige versucht, dich herauszufordern, egal wie sehr du versuchst, dich aus allem herauszuhalten! Du wirst mich noch dafür hassen, dass ich dir diese Last aufgebürdet habe!“ Stiles schüttelte den Kopf und schimpfte liebevoll: „Du bist ein Spinner, weißt du das? Warum willst du es mir madig machen? Außerdem hast du mir doch mein Leben gerettet! Welche Wahl hattest du denn? Und wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich natürlich Ja gesagt. Immerhin bedeutet es ein Längeres Leben, das du und ich gemeinsam verbringen können. Und vor den Gefahren habe ich keine Angst! Du bist da und beschützt mich. Und dank deines Bisses bin ich nun auch selbst stark! Alles ist so, wie es sein soll, Liebling!“ Derek wollte etwas erwidern, doch hier mischte sich Peter ein: „Übrigens... mein Junge hier möchte auch zum Rudel gehören. Los! Beiss´ ihn, Derek!“ Dem Alpha fiel die Kinnlade herunter: „Was? Nein! Jetzt hast du ja wohl dein letztes bisschen Verstand verloren, Peter?“ Kapitel 27: Sein Rudel ---------------------- Isaac erhob sich, stellte sich aufrecht vor Derek hin und blickte ihm geradewegs in die Augen: „Aber es ist wahr! Ich will so sein, wie ihr; ein Werwolf! Peter hat mir erzählt, dass es ein Risiko gibt, doch ich will es trotzdem! Ich habe keine Angst und sollte ich es nicht schaffen, dann ist es nicht deine Schuld! Bitte, Derek!“ Der Alpha betrachtete den Jungen missmutig: „Sag´ mir, wieso, Isaac? Was versprichst du dir davon?“ forderte er unwirsch: „Und antworte ehrlich! Ich merke es, wenn du lügst!“ Isaac wirkte ein klein wenig eingeschüchtert, doch er hielt Dereks Blick stand. Er wusste nicht recht, wie er es erklären sollte, doch er versuchte es: „Mein Vater...“ begann er unsicher: „...er war kein guter Mensch! Er hat mir Dinge angetan; sehr schlimme Dinge...“ „Und nun willst du, dass ich in ein Monster verwandele, damit du dich an ihm rächen kannst, oder wie?“ unterbrach ihn Derek finster. „Zu spät! Mein Vater ist bereits tot. Ich werde das, was er mir angetan hat niemals mit ihm klären können.“ erwiderte Isaac bitter: „Um Rache geht es mir auch gar nicht. Ich...“ er stockte: „...ich will einfach kein ängstlicher, schwacher Junge mehr sein; kein Opfer, verstehst du? Und es hätte ja auch einen Vorteil für DICH. Dieser gruselige Typ ist doch echt stark, oder nicht? Du wirst ein starkes Rudel um dich brauchen, um ihn zu besiegen. Und du kannst auf mich zählen!“ „Ich muss darüber nachdenken!“ knurrte Derek unzufrieden: „Aber jetzt will ich erst mal frühstücken!“ Sie gingen also alle zusammen in ein nettes, kleines Diner nicht weit von der neuen Wohnung entfernt, denn der Kühlschrank war aufgrund des Umzugs natürlich immer noch leer. Kaum hatten sie den Laden betreten, bekam Stiles große Augen und Derek konnte sehen, wie die süße Himmelfahrtsnase leicht zu zucken begann: „Wahnsinn! Alles hier riecht so wahnsinnig gut!“ kommentierte er begeistert: „Ich glaube, ich will alles, was auf der Speisekarte steht!“ Derek lächelte zärtlich: „Es sind deine Sinnesorgane! Alles funktioniert nun um ein vielfaches besser: Geruch, Geschmack, Sicht, Gehör... beim Essen ist das sicherlich toll, aber du wirst noch sehen, dass die Welt auch voll von Dingen ist, die man gar nicht so genau hören, riechen oder sehen will.“ „Ist mein Neffe nicht ein Sonnenscheinchen? Er versteht es immer, den Wurm im Apfel des Lebens zu finden und ist sich nicht zu schade, die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen auch ohne Umschweife sogleich darauf zu lenken.“ spottete Peter: „Hör´ gar nicht auf ihn, Prinzessin! Konzentrier´ dich lieber auf das, was am Wolf-Sein Spaß macht! Genieß´ das gute Essen, den Sex, die Kraft, die Freiheit... und dann ist der ganze andere Mist auch nicht mehr so dramatisch.“ „Du bist leichtfertig, Peter! Soll er etwa das von dir lernen? Alles als Witz anzusehen? Wie soll er denn da Verantwortung lernen?“ erwiderte Derek und klang dabei reichlich oberlehrerhaft. „Langweilig!“ spottete Peter daraufhin und verdrehte die Augen. Und ehe ein angepisster Derek etwas darauf erwidern konnte, intervenierte Stiles: „Hunger! Los füttere mich, Derek! Ihr könnt die Feinheiten meiner Erziehung später diskutieren, vorzugsweise wenn ich nicht daneben sitzen und mir den Quatsch anhören muss!“ Er küsste Derek und blinzelte ihn süß an, so dass der Alpha geschlagen und dennoch grinsend die Kellnerin herbeiwinkte, damit sie bestellen konnten. „Essen hat noch nie so gut geschmeckt. Ich denke, ich werde fett werden!“ entschied Stiles zufrieden, nachdem ihr Essen gekommen war und er stopfte sich schnell noch einen weiteren Bissen der siruptriefenden Waffel in den Mund: „Hast du etwas dagegen, mein Schatz?“ Derek lachte und versicherte: „Ich habe nichts dagegen, aber du wirst feststellen, dass es für solche wie uns gar nicht so leicht ist zuzunehmen, weil wir einen stark beschleunigten Stoffwechsel haben. Es ist gut, wenn du jetzt tüchtig ist, denn mit deiner Heilung hat dein Körper vergangene Nacht nämlich echte Schwerstarbeit geleistet.“ „Ausgezeichnet!“ erwiderte Stiles und pickte ein paar Bratkartoffeln vom Teller seines Alphas auf. Als sie eine Stunde später zurück im neuem Apartment waren, forderte Derek von Peter, ihm für ein Gespräch ins Gästezimmer zu folgen: „Von mir aus können wir auch vor den Jungs reden. Ich liege gerade so gut!“ erwiderte Peter von seinem Platz auf dem Sofa zwischen den Beinen von Isaac aus und zappte weiter gelangweilt durch das Fernsehprogramm. Derek nahm ihm die Fernbedienung aus der Hand, hievte den widerwilligen Verletzten aus seinem Sitz und erklärte: „Wenn du wirklich willst, dass ich Isaac verwandele, dann werden wir jetzt reden. Allein!“ „Aber sollte ich nicht auch etwas dazu sagen?“ wandte Isaac ein: „Keine Sorge, mit dir spreche ich auch noch!“ versicherte Derek und irgendwie klang es beinahe wie eine Drohung. Dann schob er Peter vor sich her ins Gästezimmer, wo sie beide an einem kleinen Tisch Platz nahmen: „Also!“ fragte er streng: „Was soll das hier werden? Wieso soll ich Isaac verwandeln? Ist das wieder eine deiner Launen, Peter?“ „Es kann doch nicht schaden, wenn dieses lächerlich kleine Rudel ein wenig weiter wächst, oder? Du brauchst mehr Feuerpower, wenn du jemanden wie Deucalion aus dem Weg räumen willst und der Junge brennt darauf, einer von uns zu werden, seit ich ihm erzählt habe, was ich bin.“ gab der Beta gelangweilt zurück. Derek gab ein ungeduldiges Knurren von sich: „Erspar´ mir dieses dumme, belanglose Gewäsch, Mann! Was hast DU davon? Warum ausgerechnet dieser Junge?“ „Warum nicht? Welche Rolle spielt das denn überhaupt?“ murrte Peter genervt: „Es spielt eine Rolle, wenn ich sein Alpha werden soll.“ erwiderte Derek scharf: „Immerhin übernehme ich dadurch eine große Verantwortung. Und jetzt erklär´ mir eine Sache, Peter: Fickt ihr?“ „Jetzt sei doch nicht so obszön!“ regte Peter sich künstlich auf. Derek wusste nicht, ob er lachen, weinen, oder seinem Onkel eine verpassen sollte: „Entschuldige bitte, wenn ich so böse, ungezogene Worte in der Nähe deiner süßen, unschuldigen Ohren benutze! Wie komme ich nur auf so etwas? Ach ja, richtig: Weil du ja wirklich alles flachlegst, was dir vor die Flinte kommt und das ist schon so, solange ich dich kenne. Also raus mit der Sprache! Habt ihr eine sexuelle Beziehung?“ „Wozu musst du das wissen, Neffe? Warum sollte das von irgendeiner Bedeutung sein?“ fragte Peter verständnislos: „Weil ich keine Lust auf Dramen habe! Ich kenne dich, Peter. In spätestens einer Woche hast du genug von ihm und willst ihn so schnell wie möglich wieder loswerden, um dich wie ein Raubtier auf die nächste Beute zu stürzen, nur geht das dann nicht mehr, denn dann haben wir den Jungen am Hals! Und ich werde garantiert keinen jungen Beta verstoßen, bloß weil es DIR so passt!“ knurrte der Alpha. „Also gut, Derek, wenn du es wirklich so genau wissen willst: Nein, Isaac und ich haben keine `sexuelle Beziehung´. Ob es noch dazu kommt kann ich allerdings nicht ausschließen. Verwandelst du ihn jetzt, oder nicht?“ wollte Peter schlecht gelaunt wissen. Derek stutzte. Kein Sex? Worum zum Teufel ging es dann hier? Genau das fragte er seinen Onkel nun, woraufhin dieser ein merkwürdiges Gesicht machte: „Du gibst ja wohl keine Ruhe, bis ich es dir sage, oder?“ brummte Peter und errötete: „Ich... ich habe habe Isaac gern! Zufrieden?“ Derek fiel die Kinnlade herunter. Peter Hale hatte jemanden gern und gab es auch noch freiwillig zu? Und Peter Hale ERRÖTETE? Gerade als Derek dachte, er hätte wirklich schon alles gesehen! Peter war doch überhaupt nichts peinlich? Nein, ausgeschlossen! Niemals! Vermutlich könnte er Fremden zur Hauptgeschäftszeit Gratis-Blow-Jobs in einer Fußgängerzone anbieten, ohne auch nur das geringste bisschen Scham zu empfinden, aber das harmlose Bekenntnis, liebevolle Empfindungen für jemand anderen als sich selbst zu haben, ließ ihn rot werden? Das war doch ehrlich nicht zu fassen! „Du hast ihn also gern?“ wiederholte Derek spöttisch: „Ich will ihn nicht gleich heiraten, oder so! Ich mag ihn einfach, sonst nichts! Jetzt mach´ mal keine große Sache daraus!“ bellte Peter. Derek schüttelte ungläubig den Kopf: „Nach all dem Scheiß, den ich mir von dir wegen Stiles habe anhören müssen, kommst du jetzt mit so etwas um die Ecke? Ehrlich Peter? Ich WERDE eine große Sache daraus machen! Und du weißt hoffentlich, dass ich dich dafür leiden lassen werde, oder?“ „Ja, weiß ich, Arschloch!“ schnappte Peter: „Und? Machst du es nun? Verwandelst du den Kleinen?“ Derek hielt Peter genussvoll einen kleinen Moment lang hin, ehe er antwortete: „Ich will noch einmal mit Isaac sprechen und wenn mir das, was er zu sagen hat zusagt, dann werde ich es wohl tun.“ Peter schleppte sich sich zurück auf das Sofa im Wohnzimmer und ließ Isaac wissen: „Der Boss will jetzt DICH sprechen, Goldlöckchen. Der Wichtigtuer will es scheinbar spannend machen. Sag´ ihm einfach, was er hören will, okay?“ Damit ließ er sich ächzend wieder auf´s Sofa fallen. Isaac erhob sich lächelnd und behauptete selbstbewusst: „Keine Sorge! Ich hab´ das im Griff.“ Im Gästezimmer nahm Isaac den Platz ein, auf dem soeben noch Peter gesessen hatte und blickte Derek erwartungsvoll an: „Zweifelst du immer noch an meinen Motiven?“ wollte er wissen. „Nein, ich zweifele an Peters Motiven!“ berichtigte Derek: „Mein Onkel ist flatterhaft, untreu, selbstverliebt und skrupellos. Nur weil es ihm heute wie eine gute Idee vorkommt, dass du Teil des Rudels wirst bedeutet das nicht, dass es morgen immer noch so ist. Du solltest niemals auf ihn bauen. Wenn du dies hier nur wegen ihm tust, dann ist das ehrlich keine besonders gute Idee!“ Die Stimme des Alphas hatte einen eindringlichen, ernsthaften Klang angenommen, doch Isaac grinste lediglich: „Ich weiß, wie Peter ist, Derek. Keine Sorge! Aber weißt du... er kann auch anders sein. Er ist lieb zu mir und sorgt sich um mich. Mir ist selbst klar, dass das vielleicht nicht von Dauer ist, aber es tut gut. Und vielleicht ist er ja auch in der Lage, sich zu ändern? Ich glaube, ich kann ihn für dich wieder hinkriegen!“ Derek schenkte ihm ein verblüfftes Lächeln: „Und WIE willst du ihn hinkriegen?“ wollte er wissen: „Ich denke, das Geheimnis ist, ihn nicht mit allem durchkommen zu lassen.“ erklärte Isaac nachdenklich: „Peter versucht schon seit Wochen, mich ins Bett zu kriegen und ich denke, wenn ich da gleich zu Anfang nachgegeben hätte, dann wär´s das wohl gewesen, aber ich lasse ihn warten, damit wir uns richtig kennenlernen und auch, damit er sich selbst besser kennenlernt. Es funktioniert!“ „Ich muss dich warnen, Isaac: Jemand wie Peter lässt sich nicht zähmen. Ich habe es weiß Gott versucht!“ entgegnete Derek skeptisch. Isaac lachte: „Ich will ihn doch gar nicht zähmen. Ich mag es, dass er wild ist. Ich mache ihn lediglich mit jenem Aspekt seiner Selbst bekannt, welcher kein lüsterner, selbstverliebter Berufs-Jugendlicher ist. Peter kann auch ganz anders sein; das weiß ich ganz sicher. Aber die Verwandlung will ich nicht wegen ihm, ich will sie für mich!“ „Und du bist dir auch ganz sicher? Du weißt, dass du den Biss möglicherweise nicht überlebst? Und dann sind da noch all die Gefahren, die das Leben als Werwolf bergen kann: Jäger, rivalisierende Rudel...“ gab Derek zu bedenken, „Ich will es trotzdem!“ erwiderte Isaac fest. Derek nickte: „Dann gib´ mir deinen Arm!“ Isaacs Augen wurden groß: „Heißt das, du tust es jetzt?“ „Wozu warten!“ fragte Derek schulterzuckend. Und so erhielt Isaac den Biss, der alles verändern würde. Es war lediglich ein kurzer Moment, doch es fühlte sich für beide irgendwie feierlich und bedeutungsvoll an. Derek hatte noch nie jemanden verwandelt und gestern bei Stiles war er so außer sich vor Sorge gewesen, dass er kaum wusste was er tat, doch dies hier war anders. Es war eine bewusste Entscheidung. Im Anschluss daran kehrte Isaac ins Wohnzimmer zurück und präsentierte triumphierend seine Wunde am Unterarm: „Und das Lämmchen wird zum Wolf!“ kommentierte Peter lachend und öffnete einladend seine Arme. Isaac, einen halben Kopf großer als der Ältere, rollte sich dennoch auf dem Sofa in seinem Arm zusammen wie ein kleines Kätzchen und so blieben die beiden liegen und harrten mit ein wenig Nervosität der Dinge, die da kamen. Derek und Stiles begannen unterdessen damit, Möbel zu rücken, Umzugskartons auszupacken und ihr neues Zuhause einzurichten. Als sie damit fertig waren, legte sie sich eine Weile nebeneinander in ihr gemeinsames Bett, um sich auszuruhen. Unvermittelt sagte Derek irgendwann in die Stille hinein: „Ich dachte gestern echt, ich hätte dich verloren, Stiles!“ Es klang ernst und dramatisch, wie er das sagte. Der Jüngere hob´ den Kopf und küsste seinen Gefährten: „Das hast du aber nicht. Du hast mich ein weiteres Mal gerettet!“ Dann blickte er Derek prüfend an und wollte wissen: „Wird die Verwandlung eigentlich etwas zwischen uns beiden verändern?“ Derek zuckte ratlos mit den Schultern und gab zu: „Das kann ich dir nicht beantworten, Kleiner.“ Stiles setzte sich abrupt auf und fragte alarmiert: „Wie meinst du das? Wirst du mich irgendwann nicht mehr lieben? Gefällt es dir etwa nicht, dass ich nun ein Wolf bin, oder wie?“ „Ich werde dich immer lieben, Stiles, aber wir wissen nicht, ob es bei dir genauso sein wird. Vielleicht entscheidet dein Wolf sich ja für jemand anderen? Das wäre durchaus möglich. In dir gibt es nun zwei Stimmen und die des Wolfes kann sehr mächtig sein. Und noch hast du ja nicht einmal deinen ersten Vollmond erlebt!“ erwiderte Derek traurig. Stiles schüttelte unwillig den Kopf: „Was für ein Blödsinn! Ich liebe dich mit allem, was ich bin und habe und wenn mein Wolf weiß, was gut für ihn ist, dann wird er es genauso machen, denn sonst bekommen er und ich nämlich mächtig Streit!“ „Es ist aber sehr ungesund, wenn der Mensch und der Wolf sich im Widerstreit befinden!“ gab Derek zu bedenken. Stiles nahm das Gesicht seines Geliebten in seine Hände und küsste ihn sanft: „Das ist alles Unsinn, Derek! Du liebst es, dir Sorgen zu machen, aber diesmal hast du wirklich keinen Grund dazu. Ich habe deinen Geruch immer schon geliebt, doch neuerdings macht er mich ganz verrückt! Ich denke, ich liebe dich jetzt vielleicht sogar noch mehr, als vorher, wenn das überhaupt möglich ist. Glaub´ mir, Baby! Mich wirst du nicht wieder los!“ „Das klingt schön!“ erwiderte Derek und schloss Stiles fest in seine Arme. Kurz darauf waren beide eingeschlafen. Als Derek eine Stunde später wieder erwachte, hatte er eine Entscheidung getroffen. Er berief ein kleines Rudeltreffen im Wohnzimmer ein und nachdem er sich vergewissert hatte, dass Isaacs Bisswunde vollkommen verheilt war, das deutliche Zeichen, dass er nun ebenfalls ein Werwolf war, erklärte der Alpha: „Wir werden heute noch alle zusammen ins Strandhaus fahren! In einer Woche ist der nächste Vollmond und bis dahin möchte ich mit euch noch ein wenig trainieren. Außerdem wird mir hier in San Francisco langsam der Boden zu heiß. Deucalion dürfte sich in ein bis zwei Tagen erholt haben und es wäre gut, wenn wir dann nicht mehr hier sind. Ich will, dass Stiles und Isaac erst einiges über ihre neuen Fähigkeiten gelernt habe haben, bis die nächste Konfrontation stattfindet. Fangt an zu packen!“ Kapitel 28: Bad Moon Rising --------------------------- Stiles wusste, dass Derek Recht hatte und die Fahrt ins Strandhaus eine gute Idee war. Was er nicht wusste war, wie er seine und Isaacs Abwesenheit ihren Kollegen im Café erklären sollte, also rief er Mason an. Dieser staunte nicht schlecht, als er erfuhr, dass es neuerdings zwei neue Werwölfe in der Stadt gab und wie es dazu gekommen war. Er versprach allerdings dafür zu sorgen, dass ihre Vertretung gewährleistet sei. Notfalls würde er eben selbst öfter einspringen. Stiles versicherte dankbar, dass Mason der Größte sei und versprach, ihn dafür mit einem besonders guten, selbst zubereiteten Abendessen zu entschädigen, doch der Jüngere versicherte, dass es keine große Sache sei, da es schließlich zukünftig zu seinen Aufgaben gehören würde, Werwölfen den Rücken freizuhalten, weil Alan ihn gerade zu einem Druiden ausbilden würde, genau wie er selbst einer war: „Oh, wow! Ehrlich? Aber Trotzdem! Wir machen das mit dem Essen nach unserer Rückkehr!“ bestimmte Stiles: „Und wie es aussieht, werden wir uns dann wohl gegenseitig eine Menge zu erzählen haben, was?“ Sie legten auf und Stiles und Derek begannen, ihre Taschen zusammenzupacken. Anschließend fuhren sie bei Peter und Isaac vorbei, die dasselbe taten. Nun mussten sie nur noch rasch in den Supermarkt und konnten dann direkten Kurs auf das Ferienhaus aufnehmen. Als sie dem Auto nach der zweistündigen Autofahrt entstiegen, spürte Stiles sein Herz aufgeregt schlagen. Er freute sich wieder hier zu sein, denn hier hatten Derek und er bereits zweimal sehr glückliche Stunden verbracht. Und hier hatten sie zum ersten Mal mit einander geschlafen. Andererseits spürte er auch, wie er nervös wurde, weil er keine Ahnung hatte, was nun auf ihn zukommen würde. Was für eine Art Training hatte Derek wohl geplant? Stiles war noch nie ein großer Kämpfer gewesen. Er hatte Angst, seine Sache nicht gut zu machen und seinen Gefährten zu enttäuschen. Da sie alle hungrig waren, stellte Stiles sich als erstes in die Küche, um Spaghetti Carbonara und einen Salat für sie zuzubereiten. Derek und Isaac richteten derweil das Haus und die Zimmer her, schleppten das Gepäck herein und heizten ein. Der verletzte Peter hatte noch Schonfrist, was ihm dummerweise reichlich Gelegenheit gab, Stiles beim Kochen gehörig auf den Wecker zu gehen. „So eine brave, kleine Hausfrau! Das gefällt mir! Aber du könntet dich jetzt noch obenrum frei machen, damit ich auch ein bisschen was zum Gucken habe!“ befand Dereks Onkel. Stiles schnaubte genervt: „Na klar, träum´ weiter! Halt´ bloß die Klappe, Peter, sonst geht’s für dich nämlich ohne Abendessen ins Bett!“ „Du darfst jetzt nicht mehr so frech zu mir sein, Prinzessin! Du gehörst nun zum Rudel. Du stehst in der Hierarchie unter mir und musst machen, was ich dir sage!“ behauptete Peter: „Und nun mach mir ein Sandwich! Ich habe nämlich JETZT Hunger und will nicht warten, bis das Essen endlich fertig ist!“ „Ist das etwa mein Problem? Mach´ dir gefälligst selbst eins, dann bekommst du aber keine Nudeln ab! Und nun hör´ auf, mich zu nerven!“ Stiles rollte empört mit den Augen: „Hierarchie? Ich glaube, ich spinne!“ „Man kann´s ja mal versuchen!“ erwiderte Peter mit einem verschmitzten Grinsen und anstatt sich ein Brot zu schmieren, klaute er etwas von dem Kochschinken, welchen Stiles soeben in kleine Würfel schnitt. Der Koch seinerseits hieb mit seinem Messer vage in Richtung der räuberischen Finger und knurrte: „Das ist abgewogen, also hör auf zu naschen! Mach dich lieber nützlich und würfele die Zwiebeln!“ „Kann nicht! Ich bin zu schwer verletzt!“ jammerte Peter theatralisch. „Du bist echt wie so ein unausgelasteter Fünfjähriger.“ tadelte ihn Stiles: „Warum suchst du nicht nach Isaac und gehst dem ein bisschen auf den Geist? Vielleicht zeigt ER dir ja seine Titten?“ „Geht nicht! Der hält mich doch immer noch für einen netten Kerl und vielleicht schaffe ich es ja, dass das noch eine Weile so bleibt!“ gab Peter zurück. „Isaac ist nicht blöd. Der kriegt schon noch mit, was du für eine Pest am Arsch sein kannst. Und nun verschwinde aus meiner Küche. Ich kann nicht meine Magie entfalten, wenn mir jemand auf die Eier geht!“ schimpfte Stiles, drückte Peter zur Überbrückung ein Würstchen in die Hand und schob ihn in Richtung Ausgang: „Himmel! Eine Ausdrucksweise hat dieser Junge!“ beschwerte Peter ich im Gehen und zog sich tatsächlich in den Salon zurück, um sich dort auf ein Sofa zu lümmeln und genüsslich seine Beute zu verspeisen. Stiles setzte derweil seine Küchentätigkeit fort und schüttelte mit einem halben Grinsen den Kopf über diese Nervensäge. Das Essen war gut und reichlich, die vier Männer aßen mehr, als ihnen gut tat und Isaac machte dieselbe Erfahrung, die Stiles schon beim Frühstück gemacht hatte: Alles schmeckte so viel besser als früher! Um die Verdauung zu fördern, machten sie im Anschluss einen Spaziergang am Strand. Es dämmerte bereits und Derek beschloss, dass es Zeit für Lektion Eins für die beiden neuen Betas wurde: „Beschreibt mir genau, was ihr alles um euch herum wahrnehmt!“ forderte er. Zunächst waren die zwei Jungwölfe überfordert vom Offensichtlichen; sie rochen den herben Duft des Ozeans, hörten das Krakeelen der Seevögel und sehen konnten sie bald kaum noch etwas, weil das Tageslicht immer mehr schwand. „Ihr müsst eure Wolfsaugen einsetzen!“ forderte Derek und ließ die seinen aufblitzen, wie rotglühende Eierkohlen. Peter tat es ihm gleich, nur dass seine Sehorgane in einem kühlen blau leuchteten. Natürlich verrieten die älteren Wölfe den beiden Jungen nicht, wie sie dies anstellen sollten und so versuchten diese eben selbst den inneren Wolf heraufzubeschwören, jedoch leider mit mäßigem Erfolg: „Denkt an etwas, dass euch wütend macht!“ riet Peter ihnen schließlich und tatsächlich funktionierte es nun. Stiles hatte an Deucalion gedacht und daran, wie dieser ihn gestern um ein Haar ermordet hatte und mit einem Mal war ihm, als würde er durch ein Nachtsichtgerät blicken: „Wow, ist das cool! Es funktioniert!“ rief er begeistert aus und wandte sich zu den Anderen herum. Als er jedoch Isaac erblickte, zuckte er erschrocken zusammen. Dieser hatte sich nämlich inzwischen vollständig verwandelt, mit allem was dazugehörte: Fänge, Klauen und der Behaarung und den veränderten Zügen seines Gesichts. Und nun pirschte er sich an Stiles heran, wie ein hungriges Raubtier: „Was ist denn mit ihm!“ fragte Stiles nervös und wich ein wenig zurück. „Ich schätze, er hat an etwas gedacht, was ihn wütend macht! Und wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, an seinen Vater.“ kommentierte Derek mit ärgerlichem Seitenblick auf seinen Onkel, weil er dem Jungen einen so leichtsinnigen Rat gegeben hatte. Isaac machte sich in diesem Augenblick bereit Stiles anzufallen, denn natürlich erschien einem wütenden Werwolf das schwächste Rudelmitglied wie das einzig logische Ziel. Doch nun ging Derek dazwischen und rief mit donnernder, kaum noch menschlich klingender Stimme Isaacs Namen. Auf der Stelle nahm der Beta winselnd eine unterwürfige Haltung ein. „Wie hast du das gemacht?“ fragte Stiles verblüfft: „Ich bin der Alpha.“ erwiderte Derek schlicht. Isaac verwandelte sich zurück, blickte ängstlich in die Runde und murmelte: „Scheiße, was war das denn? Bitte entschuldige, Stiles! Ich wollte dir doch nicht wehtun, aber es war irgendwie stärker als ich und es drohte, mich fortzureißen!“ „Doch, natürlich wolltest du ihm wehtun, Lämmchen!“ stellte Peter richtig: „Dein Wolf wollte Stiles bei lebendigem Leib in Stücke reißen!“ Isaac wirkte noch blasser als gewöhnlich und er senkte unbehaglich den Kopf. „Mach´ dir keine Sorgen, das ist in deinem Fall ganz normal. Du hast eine Menge aufgestauter Aggressionen. Das ist kein Wunder bei jemandem, der viel Gewalt erlebt hat. Es wird nun deine Aufgabe sein, diese Impulse kontrollieren zu lernen.“ stellte Derek sachlich fest: „An Vollmond wirst du dasselbe spüren wie gerade eben, nur wird es da noch hundert Mal stärker sein.“ „Aber ich will das nicht! Das ist doch schrecklich!“ rief Isaac kläglich. „Ich fürchte, danach fragt dich keiner, Lämmchen!“ erwiderte Peter bedauernd und zog den großen Jungen in seine Arme: „Aber mach´ dir keine Gedanken! Wenn du von jemandem lernen kannst, gewalttätige Triebe zu kontrollieren, dann von mir! Ich weiß, was zu tun ist. Ich helfe dir da durch, aber stell´ dich kein darauf ein, dass es kein Spaziergang werden wird!“ Isaac nickte bedrückt und Derek begann, sich zu fragen, ob ihn zu verwandeln vielleicht doch ein Fehler gewesen sein mochte? Es hatte einen Grund, dass er sich nie ein Rudel erschaffen hatte. Er taugte im Grunde nicht zum Alpha, hatte eigentlich nie einer werden wollen und wusste nicht, ob er der Aufgabe gewachsen sein würde. Er seufzte und wollte wissen: „Haben sich die Gemüter nun wieder ein wenig beruhigt? Könnt ihr euch nun wieder auf das konzentrieren, was es hier wahrzunehmen gibt?“ Stiles und Isaac nickten und fokussierten sich auf das, was um sie herum war. Isaac schloss die Augen und schnupperte: „Hier waren vor ein Stunden Tiere!“ stellte er fest: „Eines größer und eines kleiner. Und ein Mensch. Eine Frau?“ Derek nickte zufrieden: „Weißt du auch, um was für Tiere es sich handelt?“ Isaac sah aus, als würde er angestrengt nachdenken. Schließlich sagte er: „Das größere Tier ist ein Hund, richtig? Bei dem kleineren weiß ich es nicht, aber es ist auch ein Raubtier, oder?“ „Das war sehr gut! Du hast in allem Recht. Und das kleinere Tier ist übrigens ein Fuchs.“ erwiderte Derek anerkennend. Der Blick des Alphas fiel auf Stiles, der scheinbar in diesem Spiel noch nicht ganz so gut war. Doch verblüffte ihn sein Gefährte nun mit der Erkenntnis: „Ich nehme Angst war? Erschrecken? Ich denke ich weiß, was hier geschehen ist! Eine Frau war hier vorhin mit ihrem Hund unterwegs und er hat sich losgerissen, um Jagd auf den Fuchs zu machen. Die Frau ist in Panik geraten.“ „Verdammt!“ rief Derek fassungslos aus: „Ihr Zwei seid richtig gut! Und insbesondere das Lesen von emotionalen Signaturen, die an einem Ort zurückbleiben ist echt etwas für Fortgeschrittene, Stiles! Das solltest du eigentlich noch gar nicht können, zumal wir uns nicht einmal in einem Innenraum befinden, wo diese Spuren recht gut konserviert werden. Hier draußen sind sie so schwach, dass selbst ich sie kaum noch wahrnehmen kann. Das kann ja heiter werden! Wenn du so gut darin bist, dann wird dir sicherlich nie wieder entgehen, in welcher emotionalen Verfassung ich mich gerade befinde!“ Stiles erwiderte lachend: „Ich will hier ja keine Illusionen zerstören, aber das war auch schon so, als ich noch ein Mensch gewesen bin, mein Großer, also mach´ dir keine Gedanken!“ Derek lachte ebenfalls und sie küssten sich: „Für den ersten Abend bin ich wirklich zufrieden. Lasst uns jetzt heimkehren!“ schlug Derek vor und so machten sie es dann auch. Im Strandhaus entfachten sie das Feuer im Kamin neu, legten einen alten Film in den DVD-Spieler und machten es sich mit Knabbergebäck auf den beiden Sofas im Salon bequem; Stiles und Derek zusammengekuschelt auf dem einen und Isaac in Peters Armen auf dem anderen. Als es Zeit zum Zubettgehen wurde, folgte Isaac Peter in dessen Schlafzimmer, obwohl es genügend andere Räume gegeben hätte. Die Zwei mochten noch keine sexuelle Beziehung miteinander haben, doch die körperliche Nähe des Anderen schienen sie sehr wohl zu schätzen, stellte Derek im Stillen fest. Er begriff noch immer nicht, was zwischen seinem Onkel und diesem Jungen vorging. So wie er Peter in den vielen Jahren kennengelernt hatte, sollte dieser doch eigentlich sofort das Interesse verlieren, sobald klar war, dass keine sofortige Triebbefriedigung für ihn drin war. Es sollte sein Interesse nicht noch anheizen? Das war wirklich seltsam, doch ihm war klar, dass es ihn im Grunde nichts anging, solange Peter nichts täte, womit der Junge sich unwohl fühlte. Nach einem kurzen Umweg über das Bad folgte er Stiles ins Bett. Was der hungrige Blick seines Gefährten bedeutete, war wirklich nicht schwer zu erraten, doch Derek hatte beschlossen, dass es für ihn und Stiles keinen Sex geben würde, bis dieser erste Vollmond vorüber wäre. Stiles Wolf wäre dann gefestigter und dann würden sie ja sehen, ob er und sein eigener miteinander klarkäme. Dass es nicht leicht werden würde, Stiles diese Abstinenz schmackhaft zu machen, war dem Alpha selbstverständlich auch klar. Peter und Isaac hatten ihre T-Shirts ausgezogen und ein wenig geschmust, doch als der Ältere sich nun anschickte, seine Hand in die Hose des Jüngeren zu schieben, wurde er von diesem aufgehalten: „Mensch Isaac, du machst mich fertig. Ich laufe seit Wochen mit einem verdammten Dauerständer herum, wie so ein dämlicher Schuljunge! Worauf willst du denn noch warten? Es wäre doch nicht dein erstes Mal, oder etwa doch?“ „Nein, wäre es nicht, Peter, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich dir genug vertraue, um es mit dir zu tun.“ gab Isaac leise zurück und fuhr mit den Fingern sanft die Gesichtszüge seines Bettnachbarn nach. Peter seufzte gequält: „Was hat Vertrauen denn damit zu tun? Ich meine, du weißt doch, dass ich dir nicht wehtun, oder Sachen machen würde, die dir nicht gefallen. Was brauchst du denn noch?“ „Ich brauche die Gewissheit, dass es etwas bedeutet, verstehst du?“ fragte der Lockenkopf. Der Ältere schüttelte den Kopf: „Nein, das tue ich ehrlich gesagt nicht! Ficken bedeutet ficken und weiter nichts. Es macht Spaß, vertreibt die Langeweile, löst Verspannungen, aber das war´s dann auch schon!“ „Siehst du, Peter! Solchen Sex habe ich bereits zur Genüge gehabt. Das interessiert mich heute nicht mehr. Ich will, dass es ein Versprechen ist und ein Bekenntnis, so wie bei Stiles und deinem Neffen.“ Peter verzog beinahe schon schmerzhaft das Gesicht: „Allein schon wenn ich daran denke, schnürt es mir den Brustkorb zusammen, Kleiner! Ich bin eben kein Kerl zum Heiraten, aber dafür kannst du mit mir wirklich eine Menge Spaß haben, ehrlich!“ Isaac lächelte traurig: „Siehst du! Und genau deshalb kann ich es mit dir nicht tun! Da werde ich wohl noch eine Weile weiter nach dem Richtigen suchen müssen. Aber ich habe währenddessen überhaupt nichts dagegen, mit dir zu knutschen und Hand an deinen Wahnsinnskörper zu legen.“ Peter schnaubte unzufrieden, denn das Isaac sich eines Tages einem Anderen zuwenden könnte passte ihm irgendwie auch nicht. Er drehte sich in Isaacs Umarmung herum, schmiegte seine Rückseite an ihn und zog seinen Arm enger um sich. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück setzte sich das kleine Rudel in Dereks Wagen. Sie fuhren ein ganzes Stück die Küste hinauf und hielten schließlich an einem steinigen Strandabschnitt, der ringsherum durch Felsen sichtgeschützt war und wo sie vollkommen allein und ungestört sein konnten. Die beiden jungen Betas blickten Derek erwartungsvoll an und dieser fragte daraufhin Peter: „Was machen deine Verletzungen? Fühlst du dich fit genug, den Jungs das Kämpfen beizubringen?“ Peter lachte verächtlich: „Mit unseren beiden Jungs würde ich selbst dann noch fertig werden, wenn ich von der Nase bis zu den Zehen in einem Gipsbett liegen würde.“ „Nimm´ den Mund bloß nicht so voll, alter Mann!“ schnappte Stiles beleidigt. Derek schmunzelte und forderte: „Na, dann greift den großen, bösen Wolf mal an, ihr Zwei! Zeigt mir, was ihr habt!“ „Wer soll anfangen?“ fragte Isaac unsicher, dem das Ganze überhaupt nicht zu behagen schien: „Gleichzeitig!“ befahl Derek. Sie gehorchten, doch erste Attacke der Jungs fiel unsicher und zaghaft aus und es erforderte von Peters Seite gerade mal eine minimale Drehung, einiger blitzschneller Handgriffe, um den Angreifern zu entgehen und dafür zu sorgen, dass sie mit dem Hintern im nassen Sand landeten. Beim nächsten Mal legten Stiles und Isaac sich schon ein wenig mehr ins Zeug, doch das Ergebnis war wieder dasselbe. Sie exerzierten dieses Spiel noch ein paar dutzend Mal durch, doch es gelang den Jungwölfen nicht einmal, auch nur einen einzigen Treffer bei Peter zu landen und dieser spottete amüsiert: „Das ist echt witzig. Echt, ich könnte den ganzen Tag so weiter machen.“ Und schließlich erlöste Derek die Jungs, brach diese Übung ab und fragte: „Wisst ihr, warum Peter euch so leicht schlagen kann?“ wollte der Alpha von den beiden Jungen wissen: „Weil das fiese Wiesel schummelt?“ fragte Stiles mürrisch, versendete Blitze mit seinen Blicken und klopfte sich den nassen Sand von der Hose. Derek lächelte gutmütig und schüttelte den Kopf: „Nicht ganz! Es liegt daran, dass all´ die neue Kraft, die ihr Zwei nun habt euch nichts bringt ohne Technik. Peter ist ein erfahrener Kämpfer und er weiß genau, was zu tun ist, ohne überhaupt groß darüber nachzudenken. Es ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Es gibt einige Dinge die ihr Zwei lernen müsst. Und dann müsst ihr sie wiederholen und einüben, bis sie euch zur zweiten Natur geworden sind. Ihr müsst lernen wie man steht, wie man fällt, mit welchen Techniken man die Kraft seines Gegenübers nutzt und wie man sich fokussiert und es schafft, dass ein Schlag ins Schwarze trifft. Und genau das werden wir in den nächsten Tagen tun!“ Also trainierten die beiden Jungwölfe hart, denn die beiden Hales gönnten ihnen kaum eine Pause. Stiles und Isaac sollten ihr neues Potenzial kennenlernen und ihre Grenzen ausloten und dabei waren ihre Lehrer nicht eben zimperlich, schließlich ging es um das zukünftige Überleben ihrer Schützlinge. Derek kämpfte allerdings nicht ein einziges Mal selbst gegen die Jungs, sondern beobachtete das Ganze lieber von der Seitenlinie aus und ließ die beiden entweder gegeneinander antreten, oder machte Peter zu ihrem Sparringpartner. Erst an den Abenden war den zwei Schülern wieder ein wenig Ruhe vergönnt und sie machten es sich allesamt miteinander im Whirlpool, vor dem Kamin oder bei einem DVD-Abend gemütlich. Heute jedoch war es anders, denn die Vollmondnacht war da und nicht einmal Peter konnte leugnen, dass er ein wenig aufgeregt war. Er hatte etwas Überzeugungskraft gebraucht, doch schließlich hatte er seinen Neffen davon überzeugen können, dass er sich in dieser Nacht ganz allein um Isaac kümmern könnte, denn er hätte einen Plan, wie er ihm helfen konnte. Derek hatte seine Zweifel gehegt und den Ausschlag für seine Zustimmung gab am Ende höchstwahrscheinlich lediglich die Aussicht, dass er sich auf diese Weise dann ausschließlich auf sein Schätzchen Stiles konzentrieren konnte. Peter hatte Isaac in einen Wald gebracht, an einen Ort, wo sie mit ziemlicher Sicherheit keiner anderen Menschenseele begegnen würden: „Und was machen wir nun?“ fragte Isaac ängstlich: „Wir warten!“ erklärte Peter und ließ sich gemütlich auf einem umgestürzten Baum nieder, während das Tageslicht mehr und mehr verschwand. Isaac hockte sich neben den Älteren, nahm dessen Hand und verschränkte ihre Finger: „Ich kann ihn spüren. Der Wolf wird stärker. Ich habe Angst!“ murmelte er: „Hast du einmal einen Hund gehabt?“ wollte Peter wissen. Isaac lachte bitter: „Nein, natürlich nicht. Dann hätte es in meiner Kindheit ja etwas gegeben, was mir Freude gemacht hätte.“ Peter drückte die Hand, welche die seine hielt und hauchte dem jungen Mann einen Kuss auf die Schläfe: „Wenn du einen Hund erziehen willst, dann gibt es eine grundlegende Sache, die zu beachten ist: Der Hund muss wissen, das DU der Herr bist. Du prügelst und knechtest ihn natürlich nicht, aber durch deine selbstbewusste Haltung lässt du ihn spüren, dass du das Sagen hast. Für den Hund ist das nicht schlimm. Es demütigt ihn nicht, oder so, im Gegenteil: Es gibt ihm Sicherheit, weil er weiß, dass er sich auf dich verlassen kann. Mit deinem Wolf ist das ganz genauso. Wenn du über ihn die Kontrolle behältst, dann wird er allezeit ruhig und kontrolliert sein und dir zur Seite stehen, egal was gerade los ist, oder ob der Vollmond scheint. Du bekommst das hin, doch dein Wolf und du, ihr müsst diesen Kampf darum, wer die Oberhand hat einmal bis zum Ende ausfechten und das wird heute passieren.“ Isaac schluckte schwer. Der Mond zog herauf und der junge Werwolf wurde unruhiger. Er atmete tief durch und konzentrierte sich, um seine Fassung zu behalten, doch Peter bestimmte irgendwann: „Nein, so läuft das nicht! Du wirst die Bestie jetzt freilassen!“ Isaac schüttelte heftig den Kopf, doch Peter fügte hinzu: „Ich werde dir da leider keine Wahl lassen, Kleiner!“ Er erhob sich, zog auch den widerwilligen Isaac auf die Füße und dann ohrfeigte er ihn: „WEHR DICH!“ „Warum schlägst du mich?“ fragte Isaac und hielt sich erschrocken die Wange: „Weil wir jetzt böse Geister austreiben werden. Und nun fang nicht an zu heulen, sondern wehr´ dich gefälligt!“ beharrte Peter: „Ich werde dich nicht schlagen. Ich bin kein gewalttätiger Mensch!“ erwiderte Isaac und in seinen Augen glänzten es verdächtig. „Doch das bist du! Du bist ein böser, gewalttätiger Mensch, genau wir er! Dein Vater hat seine üble, boshafte Saat in dein Herz gepflanzt und nun ist sie ein Teil von dir, Isaac! Du bist schlecht, verstehst du? DU BIST SCHLECHT!“ zischte Peter gehässig. Isaacs Augen liefen schließlich über: „Wieso bist du denn so gemein?“ schluchzte er kläglich: „Das must du echt noch fragen? Natürlich weil du es nicht besser verdienst, du kleine Sissy!“ Peter versetzte Isaac einen kräftigen Stoß: „Du verdienst es, bestraft zu werden, weil du schlecht bist, hörst du?“ Peter schubste den Jüngeren erneut: „Du bist Abschaum! Wertloser Müll und du weißt es selbst und darum wehrst du dich auch nicht, richtig?“ Ein weiterer Stoß, der den Jungen beinahe zu Fall gebracht hätte. „Hör´ auf solche Sachen zu sagen!“ forderte Isaac mit zitternder Stimme und heiße Tränen liefen ihm über die Wangen: „Bitte hör´ einfach auf?“ „Warum sollte ich?“ fragte Peter mit schneidender Stimme: „Es gefällt dir doch geschlagen, beschimpft und herumgestoßen zu werden, sonst würdest du dich schließlich wehren, stimmt´s nicht, du kleiner Schwächling? Du liebst es! Soll ich dein Daddy sein, Kleiner? Ich kann dein Daddy sein! Ich kann dir die Prügel geben, die du brauchst!“ Isaac Augen leuchteten golden auf. Er ballte die Fäuste und knurrte: „Ich hätte auf die Anderen hören sollen! Du bist ein Schwein, Peter!“ Peter grinste in sich hinein. Beinahe hatte er den Jungen soweit. Viel war nun nicht mehr nötig! Zeit, ihm den letzten Stoß zu versetzen „Und weißt du, was dein Daddy mit dir machen wird? Er wird dich bestrafen, damit vielleicht doch noch ein guter Junge aus dir wird. Nicht weit von hier ist ein alter Atombunker und da werde ich dich jetzt hinbringen! Dort ist es dunkel, eng und feucht und vielleicht werde ich dich dort nie wieder herauslassen. Was sagst du dazu?“ „NEIN!“ Isaacs Brüllen ließ Bäume erzittern und im Wald lebende Tiere in wilder Panik in alle Richtungen flüchten. Der Wind zerriss die Wolken und zum Vorschein kam ein ein riesiger, silbriger Vollmond und entfesselte die Bestie in dem Jungen. Er verwandelte sich und ging in unbändigem Blutdurst auf den älteren Beta los. „Da ist ja mein Junge!“ sagte Peter mit einem zufriedenen Grinsen und machte ich zum Kampf bereit. Kapitel 29: ...the kind of eyes that drive wolfs mad ---------------------------------------------------- „Sind diese Dinger tatsächlich nötig?“ fragte Stiles mit einem unsicheren Lächeln und hielt ein robustes Paar Handschellen hoch: „Ich wusste gar nicht, dass du auf solche Sachen stehst, Baby?“ Derek ging nicht auf diesen Versuch von Stiles ein, die Anspannung der Situation mit Humor aufzulockern: „Das werden wir noch sehen, ob ich sie brauchen werde, um dich unter Kontrolle zu behalten.“ erwiderte er ernst. „Meinst du wirklich, es wird so schlimm werden?“ fragte Stiles und massierte sich mit nervösen Fingern die Stirn. „Wir werden sehen!“ gab Derek einsilbig und beinahe schon grimmig zurück. Auch er spürte den Vollmond im Blut, doch seit einer Ewigkeit hatte ihn dies nicht mehr derart nervös gemacht, wie in dieser Nacht. Es hatte in den letzten Jahren sogar Nächte gegeben, da hatte er den Vollmond beinahe vergessen können, doch nun war alles anders. Derek hatte sich noch nie so sehr wie ein Alpha gefühlt wie jetzt, da er sich zwei Betas erschaffen hatte. Er spürte, wie es seine Macht und Stärke vervielfachte und ihm war sein innerer Wolf noch niemals so überdeutlich bewusst gewesen. Sicher spielte es hierbei auch eine Rolle, dass einer seiner neuen Betas der Mann war, den er liebte; sein Gefährte! Die Sonne war mittlerweile untergegangen und es war dunkel im Haus. Stiles hatte inzwischen damit begonnen, unruhig im Salon auf und ab zu laufen, wie ein wildes Tier im Käfig und in gewisser Weise war es ja auch so, denn Derek hatte darauf bestanden, dass sie in dieser besonderen Nacht besser drinnen bleiben sollten, wo er Stiles besser unter Kontrolle halten konnte. Und nun begann Stiles sich langsam zu verwandeln. Er schwitzte, raufte sich das Haar und es war nicht zu übersehen, dass mit der Verwandlung auch eine gewisse Aggression in ihm aufstieg: „Hast du etwa Angst vor meinem Wolf, Derek, oder warum schläfst du nicht mehr mit mir?“ wollte er nun wissen: „Habe ich dir nur gefallen, solange ich ein schwacher, menschlicher Junge war und nun, wo ich stark bin magst du mich nicht mehr?“ „Rede nicht so einen Unsinn Stiles!“ fordert Derek genervt: „Und setz´ dich wieder hin! Du machst mich nämlich wahnsinnig!“ „Ich muss nicht machen, was du sagst. Mir ist egal, ob du der Alpha bist. Du kannst mich nicht zwingen!“ erwiderte Stiles aufsässig. Doch sein Blick war dabei flirtend und seine Körperhaltung lasziv. „Doch, ich könnte dich zwingen, aber das will ich gar nicht. Ich will einfach nur, dass du dich setzt und versuchst, nicht die Beherrschung zu verlieren!“ erwiderte Derek betont sachlich, doch irgendwie wurde ihm gerade ziemlich warm und er musste sich seinerseits um ein wenig Beherrschung bemühen. Und Stiles setzte sich tatsächlich. Er setzte sich auf Dereks Schoß und rieb sein Gesäß an dessen Genitalien: „Komm´ schon, Baby! Tu nicht so, als würdest du mich nicht wollen! Ich kann riechen, dass das nicht stimmt. Lass´ es uns jetzt einfach endlich tun, bevor ich hier noch durchdrehe!“ Stiles hatte vollkommen Recht, Derek wollte es! Das Verlangen war sogar so groß, dass er kurz davor stand, die Kontrolle über sich zu verlieren, doch da waren immer noch ein kleines bisschen Restverstand und Verantwortungsgefühl, die ihm dies verboten. Es würde vollständig aus dem Ruder laufen, wenn sie diesem Bedürfnis heute nachgeben würden. Es könnte gar lebensgefährlich enden, so aufgeheizt, wie sie beide gerade waren, also schob Derek Stiles energisch von sich herunter und zischte: „Nein, Stiles! Nicht heute Nacht!“ Doch natürlich nahm Stiles das nicht einfach so hin: „Du bist mein Gefährte! Du darfst mich nicht einfach so zurückweisen. Du bist Mein!“ knurrte er, stürzte sich auf den Alpha, packte ihn und bohrte ihm seine Krallen in die Schultern: „Hör´ auf damit und beherrsch´ dich gefälligst, sonst werde ich dich nämlich fesseln, knebeln und irgendwo einsperren!“ drohte Derek ärgerlich.“ „Scheiße, nein! Du besorgst es mir jetzt endlich!“ knurrte Stiles unbeeindruckt: „Weißt du was? Wir kämpfen darum und wenn ich dich überwältigen kann, dann tun wir es, kapiert?“ Und tatsächlich versuchte Stiles nun, denn Alpha in einem Anfall von Größenwahn zu bekämpfen. Derek seufzte genervt. Er parierte Stiles Angriffe, ließ ihn immer wieder ins Leere laufen, stieß ihn ein paar mal zu Boden, doch sein Gefährte wurde der Attacken nicht müde. Derek erkannte, dass er etwas unternehmen musste, um ihn auszuschalten, wenn er das hier nicht die ganze Nacht machen wollte. Er hätte Stiles mit einem gezielten Schlag niederschlagen können, ohne auch nur in Schweiß auszubrechen, doch ein Blick in das geliebte Gesicht machte ihm klar, dass er das einfach nicht fertigbrachte und so brachte er sich stattdessen irgendwann hinter seinen Gefährten, packte ihn, schlang ihm fest die Arme um den Brustkorb und legte eine seiner großen Hände auf seinen Mund und seine Nase. Er würde ihn einfach so lange die Luft aus dem Leib pressen, bis er bewusstlos wurde. Dann konnte er ihn gut verschnürt im Keller parken und dort einsperren, bis die Vollmondnacht vorüber wäre und er hätte seine Ruhe, hatte sich Derek überlegt. Leider hatte Stiles offensichtlich ganz andere Pläne, denn nun geschah etwas, womit Derek niemals im Leben gerechnet hätte: Sein Gefährte verwandelte sich! Der Alpha war vollständig überrumpelt, denn Stiles transformierte, verließ seine menschliche Form und entschlüpfte so den starken Armen, die ihn festhielten, sowie auch den eigenen Kleidern. Urplötzlich stand vor Derek ein kleiner, grauer Wolf, welcher ihn frech mit goldenen Augen anblitzte, ehe er in munteren Sprüngen durch die offene Terrassentür in die Nacht hinaus verschwand. Einen Moment lang stand Derek einfach nur mit offenem Mund da und versuchte zu verstehen, was hier gerade überhaupt geschehen war. Dass Stiles die Metamorphose in einen wirklichen, leibhaftigen Wolf gelingen würde, erschien dem Alpha immer noch wie eine Unmöglichkeit und dennoch war genau dies gerade vor seinen eigenen Augen geschehen. Derek hatte immer geglaubt, dass dies etwas sei, was lediglich geborenen Wölfen gelang und auch denen längst nicht in jedem Fall. Derek selbst hatte hundert Jahre der Übung gebraucht, ehe es ihm erstmals geglückt war. Und an das groteske, furchterregende Ding, in das sein Onkel sich verwandelte, wenn er seine menschliche Form hinter sich ließ, wollte er lieber gar nicht denken, denn Peter wurde dann zu einem Monster, welches mit einem Wolf nur noch sehr wenig gemein hatte. Doch nun musste Derek sehen, wie er Stiles irgendwie wiederbekam, ehe dieser dort draußen irgendetwas anstellte, oder er gar Menschen mit Gewehren begegnete. Derek legte also seine Kleider ab, nahm selbst die Form eines riesigen, schwarzen Wolfes an und dann rannte er hinter Stiles her. Der kleine, graue Wolf hatte mittlerweile einen guten Vorsprung, so dass Derek eine Weile brauchte, ehe er ihn im Wald ausmachte. Eingefangen hatte er ihn deswegen allerdings noch lange nicht. Der große Schwarze mochte schneller sein, aufgrund der größeren Reichweite seiner Bewegungen, aber Stiles war listig, wendig und passte aufgrund seiner geringen Größe durch die kleinsten Spalten, die sich ihm im dichten Unterholz auftaten. Eine wilde Hetzjagd begann und während der kleine graue Wolf Freude daran zu haben schien, wurde Derek zunehmend ärgerlicher. Endlich gelang es ihm, seinen Gefährten einzuholen. Er rammte mit voller Wucht in seine Seite, brachte ihn so auf dem Rücken liegend zu Boden, hielt dann die Kehle des frechen kleinen Ausreißers fest mit seinem Maul gepackt und schaute streng auf ihn hinab. Stiles Blick hingegen war voller Zärtlichkeit und seine Augen hatten im hellen Schein des Mondes die Farbe von dunklem Honig. Und als sich der unerbittliche Griff an seiner Kehle gar nicht wieder lockern wollte, gab er irgendwann ein demütiges kleines Fiepen von sich. Da endlich ließ der große Schwarze sich erweichen und ließ wieder los. Stiles blieb freiwillig in seiner unterworfenen Haltung mit dem verletzlichen Bauch nach oben liegen und nun begann er zärtlich mit seiner langen rosa Zunge das Gesicht seines Alphas zu putzen. Derek ließ sich von dieser Geste wieder voll und ganz besänftigen und stieg wieder von dem zarten Wolfskörper, gerade mal halb so groß und schwer wie er selbst, herunter. Nun stand der kleine, graue dem großen, schwarzen Wolf gegenüber und dieser war gespannt was der Kleine jetzt wohl vorhaben mochte und ob er noch irgendwelche weiteren Streiche plante. Stiles legte den Kopf schief, ging auf seine Vorderpfoten nieder, hüpfte bald nach links, bald nach rechts und wedelte wie wild mit seiner buschigen Rute. Alles an ihm schrie: `Spiel mit mir!´ und Derek war verwirrt: Diese tierische Form der Existenz hatte er in seine bisherigen Leben einzig und allein für den Kampf beschworen und war mit dem, was hier gerade geschah irgendwie ein wenig überfordert? Und war er dafür nicht auch wirklich schon ein bisschen zu alt? Der kleine Stiles-Wolf ließ jedoch nicht locker, hüpfte um ihn herum, stupste ihn vergnügt an und schnappte verspielt nach seinem Schwanz, bis Derek sich endlich doch noch verführen ließ. Und dann jagten sie gemeinsam durch den Wald, rauften, tobten, kläfften und spielten miteinander wie übermütige Welpen. Als sie hungrig wurden, gingen sie auf Hasenjagd und als sie schließlich kurz vor Tagesanbruch ermüdeten, suchten sie sich ein bequemes, geschütztes Plätzchen im Unterholz, wo sie dicht aneinander gekuschelt einschliefen. In Isaacs Ohren rauschte sein eigenes Blut und sein Blick war fest auf seinen Gegner gerichtet. Nein, Isaac war kein Opfer mehr! Er würde nie wieder ein Opfer sein, denn er war jetzt stark! Und er würde seinen Feind vernichten! Er hatte seine Krallen schon einige Male in sein Fleisch getrieben und einmal hatte er seine Zähne in ihn geschlagen und sein Blut gekostet. Sein Gegner war stark und ausdauernd, doch früher oder später würde er sich ihm ergeben müssen. Isaac MUSSTE ihn besiegen. Es gab einfach keine Alternative: Sein Vater musste sterben! Peter hatte ein wenig unterschätzt, wie stark Isaac in seiner Raserei wirklichsein würde. Der Kampf ging nun bereits mehrere Stunden und der junge Beta hatte ihm einige, nicht unerhebliche Verletzungen zugefügt und bald würde die Sonne aufgehen. Wenn es Peter nicht gelänge, dass Isaac die Kontrolle über sich wiedergewann, solange der Mond noch Macht über ihn hatte, dann wäre diese ganze Sache umsonst gewesen! Peter hörte in der Nähe einen Fluss plätschern und genau dahin trieb er den Jüngeren nun. Dort angekommen stieß er den Jüngeren ins kalte Wasser und nutzte dessen Schreck darüber, um zu versuchen, ihn zur Vernunft zu bringen. Er stürzte sich zu ihm ins Wasser, hielt den Jüngeren fest, so dass er nicht mehr angreifen konnte und rief ihn bei seinem Namen. Irgendetwas zog an Isaacs Bewusstsein? Irgendetwas war falsch? Der Feind hatte ihn kampfunfähig gemacht und rief nach ihm? Und etwas stimmte mit seinem Gesicht nicht? Er sah überhaupt nicht aus wie sein Vater! Der Teufel musste sich doch wohl verstellen? Er versuchte, ihn zu täuschen und zu verwirren, vermutlich um seine eigene Haut zu retten! Doch darauf würde er nach den vielen Jahren des Krieges nicht hereinfallen. Peter merkte, dass er so nicht zu Isaac durchdringen konnte und so änderte er seine Strategie. Er behielt Isaac zwar weiterhin fest in seinem Griff, doch er verwandelte sich wieder in sein menschliches Selbst und forderte sanft: „Komm´ zurück zu mir, Lämmchen! Komm´ nachhause! Alles ist gut, hörst du? Alles ist gut!“ Eine Erinnerung stieg in Isaacs Bewusstsein herauf: Eine Nacht voller Alpträume, eine sanfte Stimme, die ihn daraus erweckte, zärtliche Hände die alte Narben glatt streichelten und starke Arme, die ihn hielten und vor der beängstigenden Außenwelt behüteten. Und da erkannte er endlich das Gesicht des Mannes vor ihm, welchen er zu töten versuchte. Erschrocken drängte er seinen Wolf zurück und versicherte: „Ich... ich bin wieder okay!“ Peter ließ den Jüngeren augenblicklich los, rappelte sich auf und reichte Isaac eine Hand, die dieser jedoch ausschlug. Isaac fühlte sich dreckig und elend. Er hatte Blut an seinen Händen und er hatte soeben in einen sehr finstersten Abgrund geblickt. Er wollte nicht die Hand jenes Mannes nehmen, der ihn zu dieser Begegnung mit seinen Dämonen gezwungen hatte. Und immerhin hätte es diesen verdammten Idioten auch ebensogut sein Leben kosten können, oder nicht? Isaac war erfüllt von Schuld, Scham, Ärger und Enttäuschung. Widerwillig folgte er dem Älteren zu seinem Auto. Sie fuhren bei Sonnenaufgang über Landstraßen zurück zum Strandhaus. Dort angekommen wollte Peter ihm in sein Schlafzimmer folgen, doch Isaac klappte ihm einfach wortlos die Tür vor der Nase zu. Peter seufzte. Er hätte sich nun einfach in eines der anderen Schlafzimmer zurückziehen können, doch anstatt dessen wickelte er sich so wie er war, nass und blutend in eine Wolldecke und ließ sich im Salon auf eins der Sofas fallen. Er hörte Isaacs verzweifeltes Weinen in der Ferne und verdrängte die Frage, ob er dieses mal wohl zu weit gegangen war? Derek erwachte bei Sonnenaufgang. Er hatte wieder seine menschliche Gestalt angenommen, ebenso wie der schlafende Stiles an seiner Seite. Er weckte seinen Gefährten mit einem Kuss auf die Nase und flüsterte: „Hey, Kleiner! Lass´ uns nachhause gehen und dort weiterschlafen, ja?“ Stiles lächelte verschlafen und süß, nickte und erhob sich mühsam. Sie huschten barfuß über den Waldboden zurück zum Haus und hofften, dass sie niemandem begegneten, denn immerhin waren sie beide nackt! Und tatsächlich gelang es ihnen nicht erwischt zu werden; zumindest nicht, bis sie im Haus ankamen, denn dort lag Peter auf einem Sofa, doch er schlief nicht, wie erhofft, sondern fragte die beiden Nackten, die sich an ihm vorbei zu schleichen versuchten: „Ich traue mich ja kaum zu fragen, was ihr zwei Sittenstrolche Unaussprechliches da draußen im Schein des Mondlichts getrieben habt, so dass ihr jetzt ohne eure Kleider heimkommt!“ Beide Männer zuckten bei der unerwarteten Ansprache zusammen und Derek rechtfertigte sich: „Es war überhaupt nicht das, was du denkst.“ „Ne, is´ klar!“ frotzelte Peter. „Ach halt´ die Klappe! Verrat´ mir lieber, was du mit Isaac angestellt hast. Wieso bist du nicht bei ihm? Habt ihr etwa gekämpft? Du siehst übel aus. Geht es dem Jungen gut? Du hast ihm doch nichts angetan, oder etwa doch?“ fragte Derek alarmiert. Peter drehte ihnen mit einem übellaunigen Knurren den Rücken zu: „Isaac geht’s bestens und nun lass´ mich schlafen! Es war eine lange Nacht!“ Derek insistierte nicht länger, doch er machte sich auf den Weg zu Isaacs Schlafzimmer und steckte kurz den Kopf durch die Tür. Eine Welle von Kummer und Verzweiflung schlug ihm entgegen, doch jetzt schlief der Junge tief und fest. Derek wollte ihn nicht wecken, sondern ihn sich erst einmal erholen lassen von dem, was immer sich letzte Nacht ereignet hatte. Er nahm stattdessen Stiles bei der Hand und nahm ihn mit ins Schlafzimmer. ________________________________ Nachwort: Schreibt mir gern, was ihr von diesem Kapitel haltet. Ich freue mich immer über Reviews und Kommentare. Und insbesondere würden mich eure Ideen und Wünsche interessieren, wie das mit Deucalion enden sollte. Ich habe zwar schon eine ungefähre Vorstellung davon, aber meine Lösung kommt mir irgendwie schwach vor. Liebe Grüße, Eure Ginger Kapitel 30: The power of two ---------------------------- „Was machst du da? Das ist gruselig!“ erklärte Derek mit rostiger Stimme. Die Mittagssonne hatte ihn geweckt, weil sie ihm geradewegs ins Gesicht schien und das Erste was er sah, als er die Augen aufschlug war Stiles, wie er ihn gespannt belauerte, ob er nun endlich aufwachte. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass es so sein würde?“ wollte der Jüngere wissen und rüttelte ihn übermütig am Arm: „Was? Wovon sprichst du?“ fragte Derek mürrisch, denn er war im Grunde noch nicht wach genug für ein Gespräch: Stiles seufzte übertrieben genervt: „Na, wovon spreche ich wohl? Von meinem ersten Vollmond natürlich, oder ist vergangene Nacht etwa sonst noch irgendetwas Wichtiges passiert? Wieso hast du mir denn bloß vorher solche Angst gemacht, anstatt mir zu sagen, wie toll es auch werden könnte? Ich hatte ja keine Ahnung, dass solche wie wir uns auch in echte Wölfe verwandeln können? Das war SO COOL! Ich glaube, ich habe mich noch nie so frei gefühlt.“ Derek reckte und streckte sich knurrend und rieb sich den Schlaf aus den Augen, denn dies duldete ja offenbar keinen Aufschub, wie es schien: „Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich keine Ahnung gehabt habe, dass es so werden würde, Liebling. Du bist ein ziemliches Wunder, weißt du das eigentlich, Stiles? Dass du dich verwandeln kannst, dass du Emotionen wahrnehmen kannst... das ist eigentlich überhaupt nicht möglich! Du bist ein Jungwolf und du bist menschlichen Ursprungs und darum begreife ich nicht, wie du das bloß anstellst?“ Zähneknirschend erklärte er seinem Gefährten, wie lange er selbst für die Verwandlung gebraucht hatte und das Peter sie bis heute nicht drauf hatte woraufhin Stiles Grinsen mit einem Mal etwas reichlich Selbstgefälliges bekam. „Nein wirklich...“ knurrte Derek, hin- und hergerissen zwischen Stolz und einem kleinen Anflug von Neid: „ ...wie hast du das bloß gemacht?“ Stiles zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Keine Ahnung? Ich habe es einfach getan. Als du gestern angefangen hast, mir das Leben aus dem Leib zu zerquetschen, da hat mein Wolf eben übernommen. Er hat entschieden, dass er will frei sein und so hat er eben dafür gesorgt, dass er es auch sein würde. Aber warum freust du dich denn nicht einfach darüber? Ich kann ein richtiger, echter Wolf werden! Das ist doch etwas Tolles, oder nicht?“ „Ich freue mich doch darüber, aber ich mache mir gleichzeitig auch Sorgen. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen?“ entgegnete Derek unbehaglich. Stiles lachte auf: „Das ist mein Grummelwolf! Da passiert mal was richtig Gutes und du suchst bloß nach dem Haken an der Sache. Ich weiß auch nicht, aus welchem Grund ich diese Sachen kann, doch es ist mir auch vollkommen egal! Ich möchte mir aber gern vorstellen, dass es bloß an uns beiden liegt. Ich bin Dein, du bist Mein und gemeinsam sind wir eben viel mehr, als nur die Summe unserer Teile! Aber vielleicht hat ja auch etwas in mir immer schon darauf gewartet, ein Wolf zu werden? Vielleicht war einer meiner Vorfahren ein Werwolf und es lag in meinen Genen? Wer weiß das schon? Es ist einfach unwichtig! Wichtig ist nur, dass wir zusammengehören und uns lieben! Und dass ich nun Pfötchen geben, Beinchen heben, apportieren, deine Sachen im Garten verbuddeln und mir selbst die Eier lecken kann!“ Er rollte sich lachend auf seinen Liebhaber und stellte fest: „Apropos.. ich denke, mein Wolf hat letzte Nacht ausgiebig bewiesen, dass er deinen Wolf abgöttisch liebt und darum ist diese lächerliche Sex-Pause nun auch endlich vorüber, kapiert Freundchen!“ „So, so? Gibst du deinem Alpha jetzt also schon die Befehle?“ fragte Derek grinsend und schlang die Arme um den Jüngeren: „Besser du gewöhnst dich beizeiten daran! Im Schlafzimmer habe ich das Sagen und dagegen kannst du gar nichts machen.“ erklärte Stiles selbstbewusst: „Ach nein, meinst du nicht?“ fragte Derek nach. Stiles grinste breit und behauptete: „Nein, denn du findest mich nämlich einfach unwiderstehlich! Aber keine Angst, wenn Gefahr droht werde ich ganz brav sein und machen, was du sagst. Deal?“ „Deal!“ bestätigte Derek und küsste Stiles: „Ich wollte dich übrigens wissen lassen, dass ein Wolf wahnsinnig süß ist! Er ist natürlich ein richtiger Frechdachs, wie hätte es bei dir auch anders sein können, aber er ist ein echt toller Kerl. Ich denke, ich bin verliebt!“ „Und dein Wolf ist wirklich schön; ein echter Prachtkerl! Aber wen wundert´s, denn das bist du schließlich auch.“ schnurrte Stiles und begann Derek Brust mit seinen Küssen zu bedecken. Isaac lag grübelnd da und versuchte die eindeutigen Geräusche zu ignorieren, die aus Stiles und Dereks Schlafzimmer zu ihm herüber schollen. Er hatte nicht geschlafen, denn in seinem Kopf hatte sich pausenlos schnell, laut und erbarmungslos ein wildes Gedankenkarussell gedreht! Die glücklichen, lustvollen Laute von nebenan waren also das Letzte, was er in seiner düsteren Verfassung gebrauchen konnte und so erhob er sich, schlüpfte in seine Kleider und verließ das Zimmer. Er suchte nach Peter und fand ihn schlafend im Salon vor. Anscheinend hatte Peter nach allem, was letzte Nacht vorgefallen war KEIN Problem amit zu schlafen. Typisch! Er hatte eben die Ruhe weg. Was kümmerten ihn schon die Sorgen und Nöte der anderen. Isaac weckte den älteren mit einem gehässigen, kleinen Tritt gegen den Oberschenkel: „Wach auf! Ich will mit dir reden!“ knurrte er. Peter schreckte hoch, rieb sich die Augen und sagte dann erstaunlich friedfertig für jemanden, der gerade so unfreundlich geweckt worden war: „Morgen, Goldlöckchen! Du weißt aber schon, dass eine Tasse Kaffee und ein kleiner Kuss genauso gut funktionieren würden, oder?“ „Lass´ den Blödsinn, Peter! Komm´ einfach mit mir nach draußen!“ grollte der Jüngere, denn er hatte sich fest vorgenommen sich diesmal nicht von seinem Charme einwickeln zu lassen. Peter nickte bloß, schlüpfte in seine Schuhe, warf sich seine Lederjacke über und folgte Isaac nach draußen. Es nieselte und ein kräftiger Wind zerzauste ihnen das Haar. Isaac stapfte wortlos, energischen Schrittes voran, bis hinunter zum Strand und Peter trabte artig hinter ihm her. An zwei nebeneinanderliegenden Findlingen hielt der Jüngere abrupt an, ließ sich auf einem von ihnen nieder und forderte Peter mit einer Geste auf, sich ihm gegenüber zu setzen. Der Ältere folgte dem Appell und betrachtete das schöne, ernste Gesicht seines Gegenübers aufmerksam. Isaac brauchte ein paar Anläufe und einige sehr tiefe Atemzüge, ehe er seine erste Frage an Peter richten konnte: „Hat es dir eigentlich Spaß gemacht, so grausam zu mir zu sein, Mann?“ Der ältere Beta schenkte ihm ein trauriges Lächeln und versicherte: „Nein, Lämmchen, es hat mir sicher keinen Spaß gemacht.“ Isaac schnaubte verächtlich: „Ich habe stundenlang wach gelegen und versucht, dich zu hassen, weißt du das? Ich meine... ich habe dir meine Geschichte anvertraut, habe dir erzählt, wie mein Vater mich gefoltert, gedemütigt und eingesperrt hat. Niemand weiß so viel über mich wie du. Wie konntest du mir das denn nur antun?“ Peter atmete tief ein und aus, ehe er antwortete: „Du bist nun ein Werwolf, Kleiner. So ein ungelöster Konflikt in deinem Inneren ist brandgefährlich. Wir mussten das Übel einfach an der Wurzel packen, ehe es zu spät ist.“ „Erklärung?“ bellte Isaac eisig: „Weißt du eigentlich, warum meine Augen blau sind?““ fragte Peter und ließ die selbigen währenddessen aufblitzen: „Sie waren einmal so wie deine oder die von Stiles, in diesem schönem unschuldigem Gold. Beim Blick in den Spiegel vermisse ich sie noch heute. Meine Augen färbten sich in jenem Moment blau, als ich erstmals ein unschuldiges Leben genommen habe.“ „Was ist passiert?“ fragte Isaac mit unüberhörbarem Misstrauen in der Stimme: „Da war einmal eine Jägerin; es ist bereits mehr als ein Menschenleben her, die hat die Familie von Derek und mir getötet, unser ganzes Rudel, fünfundzwanzig Personen an der Zahl, die qualvoll in den Flammen ihr Leben verloren haben.“ berichtete Peter mit abwesendem Blick: „Ich habe Jagd auf sie gemacht und habe sie schließlich auch getötet. Aber danach war noch lange nicht Schluss, denn danach waren alle dran, die ihr irgendwie geholfen haben. Dann habe ich auch noch alle umgebracht, die ihr nahegestanden haben, egal ob schuldig, oder unschuldig und schließlich dann alle, die mir dabei im Weg gestanden haben. Die Rache hatte mich zu jener Zeit beinahe vollkommen ausgezehrt und ich hätte wohl nie mit dem Töten aufgehört, wenn Derek mich nicht aufgehalten hätte.“ „Wie hat er dich aufgehalten?“ wollte Isaac wissen: „Bist du im Gefängnis gewesen?“ Peter lachte hart und trocken: „Nein, kein Gefängnis. Er hat mich getötet!“ Als er Isaacs fragenden Blick sah erklärte er knapp: „Du willst wissen, warum ich trotzdem noch hier bin? Ich habe mich vorbereitet, den Tod ausgetrickst und eine süße, zarte, reizende, kleine Todesfee namens Meredith Walker dazu gezwungen, mich wieder ins Diesseits zurückzuholen. Es hätte sie beinahe ihren Verstand gekostet... eine langweilige Geschichte. Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte war die Tatsache, dass der Tod mich läutern würde. Ich habe seitdem kein unschuldiges Blut mehr vergossen. Aber ich habe Dinge getan, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen, Lämmchen und das will ich mit Sicherheit nicht auch für dich.“ „Aber du hast mich nicht gefragt, was ICH wollte!“ rief Isaac verletzt: „Du hast mich dazu gezwungen, mir meine eigene Finsternis anzuschauen. Ich wollte das aber gar nicht!“ „Entschuldige, Engelchen, aber das war leider nicht optional. Es musste sein!“ erwiderte der Ältere bedauernd: „Du musstest deine Dämonen besiegen, ehe man dich wieder auf die Menschheit loslassen konnte. Deine Wut und dein Durst nach Rache sind wie ein Schwert; sie können dich sehr viel stärker machen, als ohne diese Waffe, aber nur wenn du lernst, dieses Schwert auch zu führen. Wenn nicht, dann wirst du damit Unschuldige verletzen.“ „Ich hätte dich töten können, Peter!“ schnappte Isaac wütend: „Ich WOLLTE dich töten! Verstehst du das nicht? Wie hätte ich denn damit weiterleben sollen? Kannst du mir das vielleicht sagen? Hast du darüber überhaupt nachgedacht, ehe du mich in eine blutdürstige Bestie verwandelt hast.“ Peter schüttelte den Kopf und erwiderte mit der Andeutung eines Schmunzelns: „Ich hatte die Sache bestens in Griff. Einer wie ich ist nicht leicht zu töten, also keine Sorge!“ Isaac war aufgesprungen und packte Peter fest am Kragen: „Verdammt! Ich wünschte, ich könnte dich hassen, du verfluchter Mistkerl!“ knurrte er verzweifelt. Dann hockte er sich auf den Älteren, küsste ihn hart und machte sich ungeduldig an seinen Hosenknöpfen zu schaffen. Einen Augenblick lang ging Peter darauf ein, sie küssten sich hungrig, griffen fest in das Fleisch des anderen, zerrten an der Kleidung und versuchten, irgendwie die Hände darunter zu schieben, doch da spürte der ältere Beta unter seinen Fingerspitzen die noch nicht vollständig verheilten Wunden auf Isaac Körper, welche er selbst ihm in der vergangenen Nacht zugefügt hatte und das ließ ihn innehalten: „Warte, Goldlöckchen! Lass´ mich ein einziges Mal etwas richtig machen! Wir werden das hier jetzt nicht tun.“ „Wieso!“ murrte Isaac unzufrieden und heiser vor Verlangen: „Verdammt, ich brauche das jetzt, also mach´ schon. Ich denke, du willst mich unbedingt? Jetzt kannst du mich haben.“ Peter küsste ihn zart auf die Lippen: „Stimmt, ich will dich, aber nicht jetzt und nicht so. Das ist nicht das, was du brauchst. Du brauchst etwas anderes!“ Er zog sich seine Jacke aus, legte sie Isaac um die Schultern und versuchte, ihn an sich zu ziehen. Der Jüngere wehrte sich jedoch, versuchte Peter von sich zu stoßen, knurrte, dass er keinen Daddy mehr nötig habe und die Finger von ihm lassen solle, doch der Griff des Älteren war erbarmungslos und schließlich gab Isaac nach und ließ sich geschlagen gegen dessen breite Brust sinken. Es dauerte nicht lange, da fühlte Peter Nässe an seinem T-Shirt und ein Beben, welches durch den Körper ging, der in seinen Armen lag. Er machte beruhigende Laute und begann damit, den Jungen leicht zu wiegen, wie ein schluchzendes Kind. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, doch dann versiegten Isaacs Tränen und er beruhigte sich wieder, aber Peter ließ nicht nach. Er war verlässlicher Halt und tröstende Wärme. Erst als Isaac sich aufrichtete, sich das Gesicht mit seinem eigenen T-Shirt trocknete, verkündete dass es nun in Ordnung seid er gern wieder zurück wollte, nickte Peter und löste die Umarmung. Als sie dann Hand in Hand das Ferienhaus betraten, saßen Derek und Stiles bereits frisch geduscht am Frühstückstisch Der Alpha musterte seinen jungen Beta eindringlich und mit ein wenig Besorgnis. Kapitel 31: Anker ----------------- Das Frühstück ging schweigend vonstatten. Zu gern hätte Stiles den Anderen von der aufregenden Nacht berichtet, die hinter ihm lag, doch die angespannte Stimmung die hier gerade am Tisch herrschte, verbot es ganz einfach. Irgendetwas Schlimmes musste vergangene Nacht geschehen sein. Sogar Peter wirkte traurig, und irgendwie war das doch ein Widerspruch in sich, oder nicht? Ein bekümmerter Peter Hale? So etwas hatte Stiles bislang jedenfalls noch nicht erlebt. „Wollt ihr gleich nach dem Frühstück nach San Francisco zurück, oder möchtet ihr noch ein wenig bleiben?“ fragte Derek irgendwann in die Stille hinein. Peter und Isaac antworteten zugleich und beide mit der selben Dringlichkeit: „Wir bleiben noch!“ erwiderte Peter, während Isaac forderte: „Ich will auf dem schnellsten Weg nachhause. Ich brauche einfach ein wenig Zeit allein.“ „Du solltest jetzt aber nicht allein sein!“ widersprach Peter sorgenvoll: „ICH WILL ABER WEG VON DIR!“ rief Isaac lauter als nötig und Peter zuckte tatsächlich ein kleines bisschen zusammen. Der Alpha blickte ernst zwischen den beiden Kontrahenten hin und her und bestimmte dann: „Also gut. Ich will mit euch beiden sprechen. Einzeln! Jetzt will ich wirklich wissen, was ihr angestellt habt und wir klären das! Vorher fahren wir nirgendwo hin!“ Und so wurde es dann auch gemacht und zwanzig Minuten später im kleinen Salon saß da ein verstockter Peter Hale, der beharrlich schwieg und an Derek vorbei starrte: „Also? Ich höre!“ eröffnete der Alpha das Gespräch in scharfem Tonfall: „Ich habe nichts falsch gemacht!“ bellte Peter und wirkte dabei wie ein schmollender Fünfjähriger. „Irgendetwas hast du aber getan und ich will wissen, was das war!“ beharrte Derek: „Wir haben gemeinsam Dämonen ausgetrieben. UND wir waren erfolgreich! Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“ erklärte Peter fest und seine Miene und seine gesamte Körperhaltung verschlossen sich noch weiter. Derek kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass aus ihm gerade kein vernünftiges Wort herauszubekommen war, also beschränkte er sich zunächst darauf, selbst etwas zu sagen: „Eine Woche! Es hat gerade Mal eine Woche gehalten, Peter! Ich habe dir gesagt, ich lasse keinen jungen Beta im Stich. Eher würde ich von DIR verlangen, dich fernzuhalten. Ich hoffe, das ist dir klar, Mann.“ „Du sollst Isaac doch auch nicht wegschicken. Er braucht uns schließlich!“ erwiderte sein Onkel scharf: „Wieso braucht er UNS? Du hast es doch offensichtlich versaut, Peter? Er hat immerhin gesagt „Ich will weg von dir.“ Ziemlich deutliche Worte, findest du nicht? Oh Mann, ich hätte dich nie mit dem Jungen an Vollmond allein lassen dürfen!“ konterte Derek: „Hast du aber?“ schnappte Peter: „Und ich wusste auch genau, was ich tat. Ich habe alles richtig gemacht. Zugegeben, es war heftig, aber es hat gewirkt und nun ist er frei!“ Damit erhob sich Peter, ging hinüber zur Tür und beendete das Gespräch, indem er selbige mit einem lauten Krachen hinter sich zufallen ließ. Derek versuchte nicht, ihn gewaltsam zurückzurufen. Stattdessen suchte er nach Isaac und fand ihn an Stiles gekuschelt im großen Salon auf dem Sofa. Der junge Beta folgte Derek und nahm im selben Sessel Platz, in welchem soeben noch Peter gesessen hatte. Es war beinahe so, wie die Unterredungen, die sie vor Isaacs Verwandlung in San Francisco geführt hatten. Der Leitwolf wartete zunächst einmal ab, sagte nichts, fragte auch nichts, sondern verlegte sich lediglich darauf, den jungen Mann eindringlich anzuschauen. Und tatsächlich begann Isaac irgendwann zu sprechen: „Um ein Haar hätte ich den Idioten umgebracht, Derek! Der Vollmond... ich wusste nicht mehr, was ich überhaupt tat und Peter hat mich so wahnsinnig wütend gemacht!“ „Ja, das kann er am Besten!“ bestätigte Derek und nickte verständnisvoll. „Er war so gemein! Er hat genau die Dinge gesagt, die auch mein Vater gesagt hätte. Ich war vollkommen außer mir. Ich wollte, dass er stirbt! Ich wollte einfach nur, dass es aufhört!“ Isaacs Stimme war kaum mehr als ein eindringliches Flüstern: Derek erhielt durch diese Worte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was zwischen den beiden vorgefallen war: „Sag´ mir, was dich schließlich aufgehalten hat. Wieso hast du Peter dann doch nicht getötet? Hat er dich überwältigt, oder wie? Was ist geschehen?“ wollte er wissen. Isaac dachte kurz darüber nach und schüttelte dann den Kopf: „Nein. Nein, er hat es einfach irgendwie geschafft, dass ich wieder zu mir komme.“ Derek nickte bedächtig: „Glaub´ es, oder nicht, aber das ist wirklich sehr gut. Ich als dein Alpha bin sehr, sehr stolz auf dich! Dass du an deinem allerersten Vollmond die Kontrolle über dich wiedererlangen konntest, ist eine wirklich große Leistung, insbesondere für jemanden wie dich, der als Mensch viel Gewalt erlebt hat. Du musst einen wirklich starken Anker haben.“ Der Junge blickte ihn fragend an und so erklärte Derek: „Dein Anker, das ist die eine Person, oder die eine Sache in deinem Leben, die dich an deiner Menschlichkeit festhalten lassen, komme was wolle, so dass du die Bestie in dir kontrollieren kannst.“ Isaac lachte freudlos auf: „Was könnte das in meinem Fall schon sein?“ wollte er wissen. Derek zuckte mit den Schultern: „Das weiß ich nicht. Wir kennen uns noch nicht so gut. Was ging dir denn in dem Moment durch den Kopf, als du wieder zu Bewusstsein gekommen bist?“ Isaac ging in sich und ließ dann geknickt den Kopf hängen: „Verdammt, ich schätze es war Peter! An ihn habe ich gedacht. Er hat nach mir gerufen und dann habe ich mich an die Momente erinnert, wenn er für mich dagewesen ist, an die Alpträume, aus denen ich erwacht und nicht allein gewesen bin.“ Derek wirkte unbehaglich: „Mein Onkel ist also dein Anker? Wirklich? Aber er ist... Peter? Er ist egoistisch, rücksichtslos und unzuverlässig? Was wenn er dich irgendwann einfach hängen lässt? Auf ihn kann man doch nicht bauen!“ Isaacs Blick fiel aus dem Fenster und da saß Dereks Onkel, in einer für ihn sehr untypischen Pose, die Knie an die Brust gezogen und das Kinn darauf abstützend. Sein Blick ging schmollend ins Leere. Isaac musste ein wenig Lächeln: „Ich weiß, wie Peter sein kann und höchstwahrscheinlich ist es verrückt und größenwahnsinnig zu denken, dass wir irgendwann tatsächlich zusammen sein können, aber ich spinne doch nicht, oder?“ Da ist doch irgendetwas zwischen uns? Sicherlich schafft er es niemals mir treu sein zu sein, aber ich bedeute ihm doch etwas? Ich bin ihm nicht gleichgültig, oder? Bitte Derek! Sag, dass es so ist!“ Der Junge wirkte verzweifelt und Derek wollte ihm ganz gewiss nicht das Herz brechen: „Ich weiß es ehrlich nicht, Kleiner?“ sagte er daher sanft: „Das einzige was ich sagen kann ist, dass Peter mir gesagt hat, er hätte dich gern und das hat er noch nie über irgendjemanden gesagt, soweit ich mich erinnere.“ Das hoffnungsvolle Lächeln, dass sich nun auf die Lippen des Jungen legte, brach wiederum Derek beinahe das Herz, also fragte er schnell: „Aber was wirst du tun, wenn es in Peters Bett auch in Zukunft so zugeht, wie auf einem Durchgangsbahnhof?“ „Ich werde es hassen und es wird mich verletzen.“ gab Isaac traurig zu: „Da hast du wohl einen schwierigen Weg vor dir haben.“ gab Derek bekümmert und nachdenklich zurück. Isaac zuckte resigniert mit den Schultern, blickte jedoch immer noch hinaus zu Peter: „Ich schätze, ich kann nichts dagegen tun? Ich liebe ihn einfach! Sind wir nun fertig? Darf ich jetzt zu ihm?“ „Warte noch! Es gibt eine andere Sache, die ich dir noch sagen will.“ erwiderte Derek: „In einem hatte Peter nämlich recht: Du musstest die Dämonen der Vergangenheit besiegen. Ich schätze, Peter wollte dich davor bewahren, so zu werden, wie er selbst es lange Zeit gewesen ist. Lediglich seine Methoden kann ich absolut nicht gutheißen. Es war leichtsinnig, gefährlich und auch ziemlich brutal, wie Peter mit dir umgegangen ist. Aber so ist er eben: Extrem! Er kennt immer bloß die harte Tour.“ Derek war nicht sicher, ob Isaac ihm überhaupt zugehört hatte, doch da antwortete der Junge nachdenklich: „Ich schätze, er hat mir ein Geschenk machen wollen, denkst du nicht?“ „Hmm... ich finde, Blumen und Schokolade sind auch immer eine gute Wahl.“ gab Derek, in dem müden Versuch einen Scherz zu machen zurück: „Aber mal ganz im Ernst: Wenn du mal reden willst, oder so; wenn er dir wehtut, dann bin ich immer für dich da. Ich bin dein Alpha und das bedeutet, ich bin für dich verantwortlich. Und wenn du meinen Onkel mal für eine Weile los sein willst, dann schicke ich ihn gern für dich in die Wüste. Ich habe dich jetzt schon lieber als ihn!“ „Danke!“ erwiderte Isaac und lachte tatsächlich ein wenig. Beide Männer erhoben sich und der Jüngere ließ es sich nicht nehmen, seinen Alpha kurz zu umarmen, auch wenn Derek dabei zur Salzsäule erstarrte und ein kleines Knurren vernehmen ließ. Dann verschwand isaac im Garten, nahm neben Peter auf der Bank Platz und griff schüchtern nach dessen Hand. Derek machte sich unterdessen auf die Suche nach Stiles und fand ihn dösend auf dem Sofa vor, also kuschelte er sich einfach neben in und schlief rasch ebenfalls ein, denn hinter ihnen lag immerhin eine lange, aufregende Nacht mit sehr wenig Schlaf. Als die beiden eine Dreiviertelstunde später wieder erwachten, hatte sich auch der Rest des Rudels bei ihnen eingefunden. Peter lag breitbeinig auf dem gegenüberliegenden Sofa und zwischen seinen Schenkeln hatte es sich Isaac bequem gemacht, mit halb geschlossenen Augen, den Kopf auf Peters Brust abgelegt, welcher verträumt mit den weichen Locken des Jüngeren spielte. Sie gaben ein schönes Bild ab; friedlich und vertraut. Und da wusste Stiles, dass nun der richtige Augenblick gekommen war. Er gab Derek noch einen kleinen Kuss, erhob sich und rief dann aus: „Ich muss euch unbedingt etwas zeigen, Leute. Das ist total COOL!“ Als er dann begann sich auszuziehen, rief Peter übertrieben entzückt: „Du willst uns deinen Penis zeigen? Das ist ja nett! Ich meine, ICH habe ihn ja schon mal gesehen, aber ich finde ihn trotzdem immer wieder sehenswert.“ Derek knurrte drohend und Stiles rief aus: „Ach, halt die Klappe, Peter und werde blass vor Neid!“ Und dann verwandelte er sich in einen entzückenden kleinen Wolf. „Was zum Teufel...?“ rief Peter verblüfft aus. Kapitel 32: Das letzte Kaninchen im Hut --------------------------------------- „Das ist doch ein Trick, oder nicht? Verdammt, wie macht er das? Das ist doch vollkommen unmöglich!“ knurrte Peter verstimmt während Isaac einen entzückten, kleinen Laut ausstieß und sich aus Peters Umarmung befreite, um den Stiles-Wolf streicheln zu können: „Das ist ja das das Süßeste, was ich je gesehen habe!“ verkündete er begeistert: „Das ist kein Trick!“ beteuerte Derek: „Das hat Stiles letzte Nacht auch schon einmal gemacht. Ich konnte es selbst kaum fassen.“ „Aber das ist einfach unmöglich!“ beharrte Peter übellaunig: „Gebissene Wölfe können sich nicht verwandeln. Weißt du, wie selten so etwas sogar bei uns Reinblütigen ist? Und das hier ist... das ist vollkommen ausgeschlossen. Was, wenn etwas Böses dahintersteckt? Was, wenn es gefährlich ist!“ „Also, wirklich Peter! Was redest du denn da für einen Blödsinn? Inwiefern sollte es denn böse oder gefährlich sein? Stiles ist eben ein Wunder, aber das habe ich irgendwie immer schon gewusst.“ Peter rollte genervt mit den Augen, aber der kleine Wolf drehte den Kopf und hechelte seinen Gefährten mit verliebtem Blick an. Isaac kraulte Stiles immer noch hingebungsvoll die pelzigen Ohren und Peter murrte: „So, so! Da muss also einfach nur ein Wolf mit seidigerem Pelz als ich vorbeikommen und schon bin abgeschrieben, richtig? Ganz toll! Also, ich denke, ich mag Stiles Alter Ego nicht besonders. Nein, überhaupt nicht!“ Der Stiles-Wolf hatte nun endgültig genug von der Nörgelei seitens Dereks Onkel, schnappte daher kurzerhand nach dessen Fuß und kniff ihn kräftig. „Autsch!“ schimpfte Peter rollte eine Zeitschrift zusammen und hieb nach dem kleinen Tier, doch zum Glück war Stiles schneller als er. Mit einem Satz war er zur Seite gehüpft und stolzierte nun ein wenig aufgeblasen und selbstverliebt im Salon herum, um sich von allen Seiten ausgiebig bewundern zu lassen, denn immerhin war er ja ein Wunder, richtig? Und er kostete Peters schlechte Laune dabei in vollen Zügen aus, war dies hier doch die späte Rache für eine Sache, die vor einigen Monaten passiert war und an die Stiles bis heute nicht denken konnte, ohne dabei hochrot anzulaufen; als er nämlich verzweifelt, betrunken und unter Drogeneinfluss in Peters Bett gelandet und von diesem dann ziemlich böse verarscht worden war. Und nun war ER ein Wunder-Wolf und Peter war stinkig! Das war irgendwie gut! „Dein Lover ist ein ganz schön frecher, unerzogener Welpe, Derek! Mit dem solltest du in die Hundeschule!“ schimpfte Peter gerade: „Wenn er jetzt auch noch anfängt, auf den Teppich zu kacken, dann bin ich raus!“ Stiles bellte Peter empört an und hopste dann auf den Couchtisch, wo er sich auf die Hinterpfoten setzte und sich in Pose warf, wie eine Statue. Derek grinste leise in sich hinein. Auch er genoss es, dass Peter, dessen besondere Stärke es war jeden auf die Palme zu bringen, nun selbst ein wenig zu leiden hatte. „Er ist wirklich schön. Ich wünschte, ich könnte das auch! Das muss ein unglaubliches Gefühl sein.“ sagte Isaac schwärmerisch, doch Peter behauptete: „Pah! So toll ist das gar nicht!“ In diesem Moment entschied Stiles gnädig, dass nun Schluss mit der Angeberei sei. Er verwandelte sich zurück, zog sich wieder an und widersprach: „Doch, es ist toll! Irgendwie ist es das tollste Gefühl der Welt.“ „Ich will nachhause!“ maulte Peter und Isaac erbarmte sich seiner, zog ihn an sich, bedeckte sein Gesicht mit kleinen Küssen und kraulte ihm das Haar und so ließ Dereks Onkel sich plötzlich ganz schnell wieder versöhnen. Schließlich packten die Männer ihre Koffer und traten die Rückfahrt an. Unterwegs hielten sie einmal, um in einem kleinen Diner eine ungesunde Menge Burger, Fritten und Shakes zu verdrücken. Sie waren guter Dinge, spielten alberne Autospiele wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ und „Teekesselchen“, lachten und fühlten sich wohl mit einander. Es lagen ereignisreiche und wichtige Tage hinter ihnen, die sie erstaunlich schnell als Rudel hatten zusammenwachsen lassen. Und weil sie sich noch nicht recht voneinander trennen konnten, nachdem sie zurück in San Francisco waren, schlug Stiles vor, dass sie im neuen Apartment einen Videonachmittag abhalten und er später etwas Gutes für sie alle kochen könne. Stiles ging also voran, um gleich in der Küche nachzusehen, was noch im Kühlschrank wäre. In ihrer gelösten, heiteren Stimmung bemerken die Wölfe nicht sogleich die fremde Präsenz in den Räumen; erst als es zu spät war. Deucalion stand mit dem Rücken zu Derek, Isaac und Peter, die Stiles eilig in die Küche gefolgt waren, doch er hatte seinen Kopf so gedreht, dass er die Drei sehr gut sehen konnten. Und auch sie konnten überaus deutlich erkennen, was der fremde Alpha gerade tat. Er hatte die messerscharfen Klauen seiner Rechten an Stiles Kehle und drückte diesen mit dem Rücken gegen den Kühlschrank. In dieser Situation war nicht mehr als ein winziger Hieb nötig, um Stiles Leben ein rasches, blutiges Ende zu bereiten; dies war für alle Anwesenden überdeutlich zu erkennen. Die Wölfe hielten ihren Atem an. Das Entsetzen stand ihnen ins Gesicht geschrieben und Deucalion erklärte im Plauderton: „Na, da seid ihr ja endlich, Jungs. Ich fing schon an, mich hier zu langweilen.“ Er kam Stiles mit dem Gesicht sehr nahe, atmete tief ein und stellte fest: „Hmm... riecht nach Welpe. Gefällt mir! Ihr jugendliches Fleisch ist am süßesten! Du hast dir also jetzt dein eigenes, kleines Rudel erschaffen, was Derek? Ist ja bezaubernd! Ich hatte auch mal ein Rudel, weißt du? Ist schon sehr, sehr lange her. Dutzende Männer, Frauen und Kinder, aber sie haben mein Vertrauen missbraucht. Weißt du, was ich mit ihnen gemacht habe? Ich habe sie in der Luft zerfetzt und gefressen. Das ist der Grund, warum ich heute der mächtige Wolf bin, den ihr vor euch seht. Ein Rudel macht dich schwach, du sentimentaler Idiot! Hast du denn gar nichts gelernt? Zum Beispiel dein Gefährte hier: Wenn ich ihm gleich die Kehle herausreiße, dann wird dich das doch wohl zerstören, richtig?“ Die Krallen ritzten die empfindliche, weiße Haut an Stiles Hals und einige Tropfen tiefroten Blutes rannen seine Kehle hinab. Stiles zitterte ein wenig und gab einen kleinen, zischenden Schmerzenslaut von sich. Derek wollte dem älteren Alpha etwas erwidern, doch er war wie erstarrt. Er wollte ihn auf keinen Fall provozieren. Er wünschte sich einfach bloß, er könne die Zeit anhalten zu können, um das Unvermeidliche aufzuhalten, diesen Moment zu konservieren, um so Stiles Leben zu retten. Stattdessen war es Peter, der nun das Wort ergriff und kämpferisch fragte: „Was bedeutet eigentlich deine alberne Fixierung auf Stiles, hm? Er ist schwach und jung. Hast du etwa Angst, es mit jemanden in deiner Größe aufzunehmen, du Memme?“ Deucalion ließ ein gemeines Lachen hören: „Du sprichst doch wohl hoffentlich nicht von dir selbst, du lächerlicher kleiner Beta? Siehst du? Genau das ist nämlich mein Problem! Es gibt niemanden in meiner Größe. Ich bin euer Gott! Nicht einmal euer kleiner Alpha könnte es mit mir aufnehmen.“ Und nun begann Deucalion ausführlich von seiner Großartigkeit zu berichten und war dabei offensichtlich so verzaubert von den eigenen Worten, dass er ein wenig abgelenkt war. Dies entging allerdings Stiles nicht. Eigentlich sollte er wohl starr vor Angst sein, doch so war es irgendwie nicht. Sicher, er fürchtete sich ein wenig, aber in erster Linie war er wütend. Er wollte endlich verstehen, warum dieser Deucalion immer wieder IHN angriff. Wieso war er so fixiert auf ihn? Scheiße, beim letzten mal hatte er ihn um ein Haar getötet und zumindest seinem MENSCHLICHEN Leben hatte dies ein Ende gesetzt! Nein, er würde kein Opfer mehr sein! Damit war nun Schluss! Der Mensch in Stiles hatte keine Erklärung für das, was er als nächstes tun sollte. Es war sein innerer Wolf, der nun die Kontrolle übernommen hatte und dieser folgte allein seinen Instinkten und zauberte ein letztes Kaninchen aus dem Hut: Deucalions Klaue befand sich zwar nach wie vor lebensbedrohlich an Stiles Kehle, doch der Beta hatte mittlerweile blitzschnell die eigene erhoben und trieb seine Krallen tief in das Genick des alten Alphas, woraufhin beide Werwölfe praktisch zu Salzsäulen erstarrten. Lediglich das Glühen ihrer Augen war überaus lebendig: „Verdammt, was macht Stiles denn da?“ fragte Peter fassungslos: „Ist es etwa das, was ich vermute? Aber das ist doch lediglich den Alphas vorbehalten. Er kann doch nicht...? Woher weiß er überhaupt, wie das geht?“ „Du siehst doch, dass er es kann, oder nicht?“ gab Derek nervös zurück und beobachtete die Szene gebannt: „Niemand mischt sich ein, hört ihr? Wenn wir jetzt versuchen würden, sie zu trennen, dann würde es sie vermutlich beide töten! Wir... wir müssen einfach abwarten, was passiert!“ Isaac blickte ratlos zwischen Peter und Derek hin und her und dann wieder auf Stiles und Deucalion. Die beiden hatten sich keinen Millimeter gerührt, doch etwas geschah: Das unheimliche rot der Augen des Alphas und das sanfte Gold des Betas schienen sich irgendwie zu vermischen, denn beide Augenpaare schillerten nun in einem lebhaften orange: „Verdammt!“ rief Peter aus: „Hast du so etwas schon mal gesehen, Derek?“ Der Alpha schüttelte fassungslos den Kopf. Stiles erschrak. Urplötzlich war er an einem vollkommen anderem Ort und er hatte keine Ahnung, wie er hierher gekommen war. Als erstes realisierte er diese unwahrscheinlich klare Luft. Etwas vergleichbares hatten seine Lungen noch niemals geatmet. Er blinzelte gegen die grelle Sonne und begann dann sich umzublicken. Er stand auf einer Art orientalischem Marktplatz. Händler boten ihre Waren feil; Keramikgegenstände, Früchte, Backwaren, Bekleidung, Fleisch oder Haushaltswaren. Es herrschte ein ziemliches Gedränge. Die Menschen trugen eigenartige, altmodische Kleidung und sprachen in einer fremde Sprache. Dennoch erschien Stiles alles merkwürdig vertraut und auch die Worte konnte er verstehen. Er blickte an sich selbst hinab, doch T-Shirt, Jeans und Turnschuhe waren verschwunden, denn auch er selbst trug die hier ortsübliche Kleidung, weswegen er hier nicht weiter auffiel. Dann fiel sein Blick auf seine Hände und er erkannte, dass dies nicht seine eigenen waren. Im Zentrum des Marktplatzes gab es einen Brunnen und dorthin eilte Stiles nun, um sich in der spiegelnden Wasseroberfläche anzuschauen. Das Antlitz, welches ihm nun entgegenblickte war ebenfalls nicht sein eigenes. Es war das Gesicht Deucalions, beziehungsweise eine sehr viel jüngere Version desselben, weichere Züge voller Optimismus und Freundlichkeit: Ein schöner, junger Mann! Und da begriff Stiles plötzlich, was vor sich ging. Er selbst war gar nicht irgendwo anders, er befand sich einfach nur inmitten der Erinnerungen seines Widersachers. Und so entschied er, innerlich ein wenig zurückzutreten und eine Art Beobachterposition zu beziehen, um zu sehen, was geschehen würde. Deucalion war auf dem Markt, um einige Vorräte für sein Rudel zu besorgen. Für gewöhnlich hielten die Wölfe sich von den Menschen fern, aber hin und wieder brauchten sie eben etwas und kamen in ihre Städte. Zunächst hatte der junge Alpha ausschließlich Augen für die Auslagen. Er hatte es auf Getreide, Gewürze, Salz und Honig abgesehen. Den hübschen Jungen auf der anderen Seite des Verkaufsstandes bemerkte erst, als es daran ging, den Preis auszuhandeln, doch als er seiner einmal ansichtig geworden war, war es ihm unmöglich, noch irgendetwas anderes wahrzunehmen. Sein Wolf verliebte sich auf der Stelle in die schlaksige, hochgewachsene Gestalt, das attraktive Gesicht, die süße Himmelfahrtsnase und die Augen in der Farbe von dunklem Bernstein. Deucalion zahlte am Ende einen viel zu hohen Preis für die Waren und merkte es nicht einmal. Er konnte nur daran denken, dass er einen unverdächtigen Weg finden musste, diesen Burschen irgendwie wiedertreffen. Glücklicherweise schien der junge Händler ein ebenso großes Interesse an ihm zu haben, wie umgekehrt und sich verabredeten sich noch für den selben Abend. Und damit begann die glücklichste Zeit im Leben des Alphas, welche die große Einsamkeit beendete, die seine gesamte bisherige Existenz bestimmt hatte. Wenn man einem Rudel vorstand, dann trug man große Verantwortung. Aus den eigenen Reihen wollte er sich einfach keinen Gefährten wählen. Es hätte zu Unruhen und sicherlich auch zu Widerstand geführt und einen passenden Kandidaten hatte es ebenfalls nie gegeben. Dieser menschliche Junge jedoch blieb lange Zeit Deucalions süßes Geheimnis! Sie küssten sich in den felsigen Hügeln zum Gesang der Zikaden, sie jagten sich wie verspielte Welpen über den Strand, kühlten ihren Übermut anschließend im salzigen Wasser des Mittelmeers und sie liebten sich zum ersten Mal im Frühling, inmitten eines duftenden Orangenhains. Der Name seines Gefährten war Glaukos und für Deucalion war dies das Synonym für Verheißung, Erfüllung und Seligkeit. Sogar sein wahres Gesicht offenbarte er Glaukos eines Tages und dieser lief nicht davon, wie es sicherlich die meisten Menschen getan haben würden, sondern er küsste das Maul der Bestie und versicherte ihr: „Ich liebe dich!“ Am Ende war es Deucalions Angst den Gefährten zu verlieren, die alles zerstörte! Er wollte Glaukos ganz und gar zu Seinem machen und so gab er ihm den Biss als Geschenk. Aber der Wolf war nicht wie der Mensch und es veränderte alles für alle Zeit. Deucalion merkte es zu spät, doch aus dem geliebten Freund war ein Monster geworden, hungrig nach der Macht des Alphas! Glaukos suchte eine Verbündete im Rudel und fand sie in Kali. Die beiden planten ein Komplott gegen ihn, in aller Stille und Heimlichkeit und als sie dann endlich ihren Zug machten, da wäre dies beinahe das Ende für den mächtigen Alpha gewesen. Das Letzte, was er für lange Zeit sah, waren die rotglühenden Eisenstäbe, welche ihm das Augenlicht raubten. Brüllend vor Schmerz und Zorn war Deucalion geflohen. Blind und orientierungslos hatte er seine Verfolger schließlich in einem Wald aus Aleppo-Kiefern abgehängt. Den beiden Verschwörern gelang es bald, das nun führungslose Rudel gegen ihren ehemaligen Alpha aufzuwiegeln. Deucalion war nun ein Flüchtling, gehetzt von seinen eigenen Leuten. Und in ihm wuchs ein unbändiger Durst nach Rache! Irgendwann erkannte Deucalion, dass er nicht immer blind war. Seine menschlichen Augen mochten zerstört sein, doch der Wolf konnte noch immer alles sehen. Deucalion trainierte im Verborgenen, lernte den Umgang mit Waffen und er wurde sehr gut darin, aus dem Hinterhalt anzugreifen. Er lauerte seinen, in Ungnade gefallenen Untergebenen auf, tötete einen nach dem anderen und er tat es mit einem Lächeln auf den Lippen. Kali und Glaukos waren die letzten beiden, die am Ende übrig waren und nun waren sie die Gehetzten! Und wie sie sich auch zu verbergen versuchten, schließlich erwischte der Alpha sie doch noch. Kalis Leben machte Deucalion praktisch im Vorübergehen ein Ende, brach ihr Genick ohne die geringste Gemütsregung, denn im Grunde interessierte sie ihn überhaupt nicht. Glaukos Sterben jedoch dauerte eine Ewigkeit: Deucalion wollte sichergehen, dass er ihn vollständig vernichtete, alles, was ihn ausmachte, den Körper, den Geist und die Seele! Er folterte ihn wochenlang auf alle erdenklichen Arten, doch als sein Herz irgendwann endgültig zu schlagen aufhörte, brachte Deucalion nicht einmal ein winziges Bisschen Genugtuung. Es hinterließ in ihm große Leere und weiter nichts! Der alte Alpha ließ seine Klaue sinken, ging in die Knie und Stiles war wieder frei. Auch er zog seine Krallen aus deucalions Genick zurück und blickte auf ihn hinab, wie er da am Küchenboden hockte. Ihrer beider Augen hatten nun wieder ihre normale, menschliche Farbe. Stiles konnte sehen, dass Deucalion weinte und er verstand auch genau wieso; verstand es sogar voll und ganz! Die Jahrhunderte hatten sich dämpfend auf seine Erinnerungen gelegt, wie eine wattige, weiche Schneedecke, doch nun war alles wieder frisch und offen, wie eine blutende Wunde. Und auch, wenn Stiles nun wieder in die aufgeräumte Sicherheit seines eigenen Hirns zurückgekehrt war, konnte auch er immer noch spüren, was Deucalion damals gefühlt hatte: Liebe, Verrat und diesen glühenden, alles verzehrenden Zorn, der ihn vor der abgrundtiefen Trauer und Verzweiflung bewahrte, die dahinter lauerte. Derek, Peter und Isaac, welche die ganze Zeit ängstlich abgewartet hatten, was geschehen mochte schickten sich nun an, auf Deucalion loszugehen, doch Stiles rief aus: „Nein, nicht! Es ist nun in Ordnung!“ Dann kniete er sich vor den alten Alpha und schloss ihn fest in seine Arme. Kapitel 33: Pacis erit vobiscum ------------------------------- Stiles führte Deucalion hinüber zum Sofa und wickelte ihm eine Wolldecke um die Schulter, da er zu zittern begonnen hatte. Der alte Alpha war in sich zusammengesunken und er wirkte abwesend. Irgendwann wendete er den Kopf und richtete den verschleierten Blick auf den jungen Beta. Er betrachtete ihn eingehend, so als sei er sich nicht sicher, wen er vor sich hatte. Schließlich öffnete er den Mund und sagte mit kratziger Stimme: „Was ich getan habe... es tut mir so leid. Kannst du es mir verzeihen, Geliebter?“ Stiles stand immer noch unter dem Einfluss dessen, was er zuvor in Deucalions Erinnerungen gesehen hatte. Beinahe war ihm sogar so, als habe er diese Dinge selbst erlebt: Die erste, ja die einzige Liebe eines endlos langen Lebens und wie sie endete; in Verrat, unermesslichem Schmerz, einem Zorn, der alles andere überlagerte und anschließend dann diese furchtbare, endlose Leere: „Ich vergebe dir, Deucalion!“ versicherte er daher. Und einer Eingebung folgend fragte er noch: „Kannst du mir denn auch vergeben?“ Deucalion nickte leise und erklärte: „Das habe ich doch längst, Glaucos!“ Es war eigenartig, doch Stiles spürte bei diesen Worten tatsächlich, wie sich eine uralte Schuld auflöste und die Gnade der Vergebung an ihre Stelle trat, so als sei das Ganze tatsächlich IHM geschehen. Deucalion hatte unterdessen vertrauensvoll den Kopf an Stiles Schulter gelehnt und war binnen kurzem erschöpft eingeschlafen. Der Rest des Rudels hatte sich während dieser ganzen eigenartigen Situation im Hintergrund gehalten und alles beobachtet. Als Derek die Vertraulichkeit zwischen seinem Gefährten und Deucalion sah, knirschte er mit den Zähnen. „Also? Warum genau killen wir den alten Dreckskerl jetzt nicht, solange er zu benommen ist, um sich zu wehren?“ knurrte Peter. „Weil Stiles gesagt hat, dass wir ihn leben lassen sollen!“ entgegnete Derek betont ruhig: „Ach was? Also ist Stiles jetzt unser Alpha und gibt die Kommandos, oder wie?“ bellte Peter schlecht gelaunt: „Halt´ die Klappe, Peter! Das nennt sich Vertrauen, aber davon versteht einer wie du vermutlich nichts!“ grollte Derek, doch entgegen seinen Worten, wollte er dem alten Alpha im Grunde nur zu gern das Lebenslicht ausblasen, einfach nur damit von ihm nie wieder Gefahr ausgehen konnte. Doch ehe zwischen Onkel und Neffe ein handfester Streit ausbrechen konnte, mischte sich nun Isaac ein und wollte wissen: „Was geschieht hier eigentlich gerade? Was hat Stiles vorhin mit diesem Deucalion gemacht? Das war ganz schön eigenartig.“ „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau.“ gab Derek zu: „Ich habe so etwas auch noch nie gesehen.“ Diese Antwort beruhigte den jungen Beta natürlich keineswegs. Nervös blickte er wieder hinüber zu Stiles und Deucalion hinüber. „Wenn der Wichser auch nur einmal komisch guckt, dann mache ich ihn fertig, egal was du sagst!“ ließ Peter seinen Alpha wissen, doch dieser versicherte: „Glaub´ mir, sobald Deucalion noch einmal irgendetwas anstellt, ist er fällig!“ Stiles löste sich vorsichtig von dem alten Alpha zog noch einmal die Decke fester um ihn und erhob sich dann. Als er daraufhin ein weiteres Mal seit ihrer Rückkehr in der Küche verschwand und in den Schränken zu kramen begann, folgten ihm die anderen auf dem Fuße: „Was wird das denn nun?“ fragte Derek ratlos: „Ich habe euch doch etwas zu essen versprochen.“ erwiderte Stiles wie selbstverständlich: „Moment mal? Willst du uns nicht lieber erst einmal erzählen, was hier gerade passiert ist?“ fragte Peter fassungslos: „Nebenan hockt der verdammte Deucalion und macht ein kleines Nickerchen, nachdem du mit deinen Krallen in seinem Hirn herumgekramt hast. Was zur Hölle war da los? Raus mit der Sprache!“ Stiles stellte einen großen Pastatopf, welchen er soeben hervorgekramt hatte auf der Arbeitsplatte ab und ließ sich müde gegen den Kühlschrank sinken, gegen welchen er noch vor kurzem von Deucalion gepresst worden war, als dieser im Begriff gewesen war, sein Leben zu beenden: „Ich weiß aber gar nicht, wie ich euch das erklären soll?“ erwiderte er matt: „Ich wollte einfach nicht sterben und mein Wolf wusste, was zu tun ist. Und ich habe Dinge gesehen, wisst ihr? In Deucalions Kopf! Ich denke, ich verstehe ihn jetzt irgendwie. Ich weiß nun, wie er zu einem Monster wurde.“ Und so versuchte Stiles doch noch zu beschreiben, was er soeben erlebt hatte, auch wenn er während des Erzählens deutlich spürte, dass Worte dafür nicht ausreichten, denn da war ja auch noch das, was er gefühlt hatte und das ließ sich durch seine Beschreibungen einfach nicht transportieren. „Und fühlst du dich nun irgendwie anders als vorher?“ fragte Derek beunruhigt. Stiles zuckte mit den Achseln: „Inwiefern anders?“ wollte er wissen. „Ich weiß es auch nicht. Lässt du mich mal deine Augen sehen?“ forderte Derek unbehaglich. Der Jüngere blickte ihn ratlos an und der Alpha präzisierte: „Deine Wolfsaugen meine ich.“ Stiles kam dieser Bitte nach und Derek atmete erleichtert auf, als er das ruhige unschuldige Gold erblickte, anstelle des flackernden orange von vorhin. Stiles konnte Angst und Unsicherheit an seinem Gefährten wahrnehmen, also trat er auf ihn zu, schlang die Arme um ihn und flüsterte in sein Ohr: „Mach´ dir keine Sorgen, Baby! Alles ist gut! Wirklich“ Er schmiegte sich an Derek und rieb sein Gesicht an dessen Brust, wie ein Kätzchen und wurde dadurch augenblicklich wieder sein Stiles; jener Junge, den er in einer kalten Novembernacht an einer Bushaltestelle mitgenommen und kurzerhand behalten hatte, in den er sich nach und nach gegen seinen Willen verliebt hatte und der ihm heute mehr bedeutete, als er je für einen anderen Menschen empfunden hatte. Und da wusste er, es war wahr: Alles war gut! Stiles war am Leben. Er hatte ihn nicht verloren, denn sein Gefährte konnte auf sich aufpassen: „Und du bist dir sicher, dass von Deucalion keine Gefahr mehr ausgeht?“ vergewisserte er sich dennoch ein weiteres Mal. „Ganz sicher!“ bestätigte Stiles: „Wir haben das.... irgendwie geklärt. Er wird uns nicht mehr angreifen.“ Derek nickte und drückte seinem Geliebten einen Kuss auf die Schläfe. Was nun folgte, war der eigenartigste Abend, den der Alpha in seinem Leben je erlebt hatte. Stiles bereitete aus dem, was er in den Schränken fand Nudeln mit Tomatensoße und Wurstscheibchen für vier Personen zu, welche sie beide daraufhin dann gemeinsam mit Peter und Isaac verspeisten, während im DVD-Player der Film „Rio Grande“ mit John Wayne lief und Deucalion friedlich und leise schnarchend neben ihnen lag, wie ein böses, altes, seliges Baby. Als der Film aus war und sie alle müde wurden, fragte Peter auf Deucalion deutend: „Und was machen wir jetzt mit dem Blödmann da? Wir können ihn ja nicht einfach so hier liegen lassen!“ Stiles zuckte ratlos mit den Schultern, doch da erledigte sich die Angelegenheit bereits von selbst, denn Deucalion öffnete seine Augen. Er setzte sich abrupt auf, griff sich selbst ins Genick, blickte sich verwirrt um, sprang dann auf seine Füße und zog sich mit misstrauischem Blick auf das Rudel in eine Ecke des Raumes zurück, wie ein verwundetes Tier. Niemand sagte etwas. Peter und Derek nahmen eine kampfbereite Haltung ein, Isaac hatte sich ein wenig nervös hinter ihnen positioniert, doch Stiles blieb gelassen: „Es ist okay, Deucalion! Keiner tut dir etwas!“ versicherte er und schritt sehr langsam, bedächtig und mit einem besänftigenden Lächeln auf den alten Alpha zu. Dieser hielt sich immer noch den Nacken und murmelte: „Ich... ich erinnere mich. Stiles..?“ „Ja, ich bin es. Du bist in Sicherheit. Du bist unter Freunden!“ versicherte der Angesprochene. Deucalion Blick blieb skeptisch und sagte: „Ich habe dir wehgetan.“ „Aber das wirst du nicht wieder tun, richtig?“ stellte Stiles fest. Er ergriff eine der Hände des Älteren. „Nein, werde ich nicht.“ bestätigte Deucalion. Dann wollte er wissen: „Wieso habt ihr mich überhaupte leben lassen.“ „Wir sind nicht deine Feinde. Dein Kampf ist vorbei!“ versicherte Stiles: „Du... du hast alles gesehen.“ erkannte Deucalion und es schien, als würde er sich schämen: „Es ist in Ordnung! Ich verstehe!“ beteuerte Stiles daher schnell. Deucalion holte tief Luft, nickte dann und fragte beinahe ein wenig kläglich: „Werdet ihr mich gehen lassen?“ Stiles Lächeln wurde breiter: „Natürlich darfst du gehen. Du bist ein freier Mann.“ Er brachte den Älteren noch zur Tür, wo dieser sich noch einmal umwandte und sagte: „Danke! Danke für alles!“ ehe er einfach verschwand. Derek atmete auf und Peter kommentierte: „Der Kerl hat doch einen Knall!“ Kapitel 34: Einfach das Leben ----------------------------- Als sie wieder allein in ihrem Apartment waren, begann Stiles mit einem Mal damit, wie wild in der Küche herumzuwirbeln, aufzuräumen und das Geschirr abzuwaschen. Im Anschluss daran stemmte er Unzufrieden die Fäuste in die Seiten, blickte sich um und begann dann damit, in unausgepackten Umzugskarton herumzukramen. Irgendwann kam Derek hinzu. Er war bislang im Bad gewesen, nahm nun die Zahnbürste aus dem Mundwinkel und fragte: „Was ist los, Baby? Willst du denn nicht auch langsam mal zu Bett gehen?“ Stiles hielt inne und zuckte mit den Schultern: „Ich weiß auch nicht? Ich bin noch immer so überdreht. Und schau dich doch mal hier um! Wir sind noch nicht einmal richtig eingezogen und ich wäre hier schon zweimal um ein Haar gestorben.“ schnaubte er schlecht gelaunt und begann damit, Zeug aus Kartons zu zerren und es versuchsweise irgendwo hin zu stellen. Dann schaute er sich das Ergebnis und schüttelte den Kopf: „Das ist alles irgendwie nicht richtig!“ murrte er: „Hey Süßer. Was ist denn mit dir?“ wollte Derek wissen und zog den Jüngeren in seinen Arm: „Kann ich vielleicht irgendetwas für dich tun?“ Der Jüngere warf sich an die Brust seines Alphas und verbarg sein Gesicht an dessen Hals: „Weinst du etwa?“ fragte Derek erschrocken. Stiles zog geräuschvoll seinen Rotz hoch, seufzte tief und flehte dann: „Bitte hass´ mich nicht, ja? Dieses Apartment ist zwar wunderschön, aber ich glaube, ich kann hier trotzdem nicht wohnen!“ Derek lächelte und wischte Stiles mit dem Daumen die Tränen aus den Augenwinkeln: „Ich verstehe das!“ versicherte er: „Und ich glaube sogar, mir geht es genauso." Stiles hob den Kopf und blickte seinen Geliebten prüfend an und der fuhr fort: „Wir werden uns gleich morgen nach einem neuen Zuhause umschauen und verkaufen dieses Apartment ganz einfach wieder. Meinst du, du hältst es aus, noch diese eine Nacht hier zu verbringen, oder sollen wir lieber in eine Hotel gehen?“ Stiles Augen wurden rund wie Teller, denn er traute seinen Ohren kaum. Mit einem Seufzer der Erleichterung erwiderte er: „Du bist wirklich wahnsinnig lieb, weißt du das? Aber keine Sorge, eine Nacht werde ich hier schon noch überstehen. Lass´ uns jetzt einfach zu Bett gehen. Ich bin plötzlich wahnsinnig müde.“ Die beiden Männer verschwanden noch einmal kurz im Bad und gingen dann hinüber ins Schlafzimmer. Im Einschlafen ließ Stiles noch einmal Revue passieren, was er heute in Deucalions Erinnerung gesehen hatte. Schläfrig fragte er: „Glaubst du eigentlich an Wiedergeburt, Derek?“ Nachdem Peter und Isaac sich von Stiles und Derek verabschiedet hatten, blieben sie noch eine Weile unschlüssig vor deren Haus stehen, so als wüssten sie nicht, wie es nun weitergehen sollte. Schließlich winkte Peter sich ein Taxi heran und wollte wissen: „Und, Goldlöckchen? Soll ich dich vielleicht bei dir zuhause absetzen?“ Der Jüngere schüttelte den Kopf und erwiderte selbstbewusst: „Nein, ich will nicht nachhause. Ich will heute mit zu dir!“ „Magst wohl auch nicht alleine sein, was? Kann ich verstehen, geht mir nämlich auch so.“ ließ Peter ihn wissen. Sie stiegen ins Taxi und Isaac erwiderte mit einem frechen, vielsagenden Grinsen: „Nein, das ist eigentlich nicht der Grund, weshalb ich dich heute begleiten will!“ „Ohh...verstehe!“ gab Peter zurück und stellte verblüfft fest, dass ihm plötzlich das Herz bis zum Hals schlug, ganz so, als sei er so eine dämliche Unschuld vom Lande! Und ärgerlicher Weise bekam er diese Aufregung auch nicht wieder in den Griff, egal, wie sehr er sich darum bemühte. Bei sich zuhause angekommen fragte er dann schließlich, um noch etwas Zeit zu gewinnen „Und willst du vielleicht erst einmal etwas trinken, Süßer? Cola? Kaffee? Ein Bier?“ Isaac schüttelte den Kopf, pirschte sich an den Älteren heran, wie ein Raubtier, schob seine Finger unter dessen Shirt und ließ seine Hände über dessen breite Brust fahren: „Nein, nichts! Das einzige, was ich jetzt will, ist ganz viel hiervon!“ Peter musste unbedingt seine übliche Souveränität zurückerlangen und Isaac durfte auf keinen Fall mitbekommen, wie nervös er war. Das wäre ganz einfach zu peinlich: „Kannst du haben, Lämmchen!“ behauptete er daher großspurig: „Und? Wie willst du es? Richtig wild? Oder doch lieber vanilla? Das ist immerhin unsere erste Nacht, also sollte es richtig gut werden, was? Willst du dir vielleicht etwas zum Spielen aussuchen? Ich habe einen ganzen Schrank voll von Toys, da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Das wird eine Nacht, die du nie vergessen wirst.“ Isaac schüttelte entschieden den Kopf: „Nein, Peter! Ich will keine Toys, keine Tricks, keine Kunststückchen, nichts von dem Bullshit, den du schon mit unzähligen anderen Jungs angestellt hast. Ich will einfach nur etwas Ehrliches, etwas Wahrhaftiges!“ Peter schluckte hart und stellte klar: „Ich lasse mich aber nicht toppen, oder so!“ Isaac kicherte: „Feigling! Aber keine Sorge, das hatte ich auch nicht vor. Und du hast keinen Grund, so nervös zu sein. Du willst mich doch, oder nicht? Also nimm mich doch einfach! Ich bin genau hier und ich will dich.“ Peter hatte sich noch nie so entblößt gefühlt. Natürlich hatte Isaac genau mitbekommen, wie er sich gerade fühlte, denn immerhin war er ja nun auch ein Wolf! Verdammt! Dies hier konnte jetzt eigentlich nur noch in eine Katastrophe enden und am Liebsten hätte er die ganze Sache abgeblasen, doch Isaac hatte sich mittlerweile sein Shirt über den Kopf gezogen, lächelte süß und er war so hübsch, sexy, einladend und er wollte ihn so sehr. Und so folgte Peters Wolf trotz allem ganz einfach seiner Nase. Peter hatte sich immer vorgestellt, dass sie wie Raubtiere über einander herfallen würden, sobald sie es endlich tun würden, denn immerhin hatte er noch nie so lange darauf gewartet, von einem Objekt seiner Begierde endlich erhört zu werden und er hatte auch noch nie so viel Energie investiert, bis er endlich am Ziel war. Für gewöhnlich reichte es vollkommen aus, wenn er mal einen Drink springen ließ, ein kleines Kompliment machte, zwinkerte, oder einfach ein bisschen Haut zeigte, bis sein Gegenüber willig und bereit war. Doch mit Isaac war es von Anfang an anders gewesen! Es ging nicht um eine weitere Kerbe am Bettpfosten. Es ging um so viel mehr als lediglich darum, eine Trophäe nachhause zu tragen. Dieser Junge hatte von der ersten Sekunde an sein Herz gerührt, dabei gab es sicherlich genügend Leute, die behaupten würden, Peter Hale habe gar keines. Isaacs sanftes Wesen, seine Tapferkeit und sein Vertrauen, trotz aller Verletzungen; diese Dinge gingen dem bösen, alten Wolf direkt unter die Haut. Und darum hatte er in diesem Moment auch keine Eile, sondern wollte jeden Moment bewusst erleben und bis zum letzten auskosten, wie eine, mit Sorgfalt zubereitete Mahlzeit. Die Nervosität legte sich langsam und der Kuss, der nun folgte, fühlte sich an wie ein allererster Kuss, ihre Hände auf der Haut des anderen erkundeten absolutes Neuland und Peter fühlte sich, als nähme er ein Bad in der Quelle der Jugend und des ewigen Lebens: Unschuldig und rein! Sie machten es, so wie Isaac es sich gewünscht hatte: Keine Tricks, keine Show, einfach nur zwei Leute, die eins miteinander werden wollten und das war seltsamer Weise alles andere als langweilig? Sie blickten einander währenddessen die ganze Zeit in die Augen, als seien sie damit durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden, sie atmeten wie Eins, kamen sogar gemeinsam und hinterher fühlte Peter eine seltsame Ruhe in sich, so wie jemand, der nach langer Suche endlich angekommen war. Eigentlich wollten sie anschließend gemeinsam duschen gehen, doch keiner von beiden brachte es fertig, diesen Moment zu durchbrechen und so blieben sie einfach in einander verschlungen liegen und als Peter sich hundertprozentig sicher war, dass Isaac eingeschlafen war, flüsterte er tonlos: „Ich liebe dich, Lämmchen!“ Am kommenden Morgen wurde Peter von einem „Guten Morgen!“ und einem kleinen Kuss geweckt und Isaac hatte ihm eine dampfende Tasse Kaffee auf den Nachttisch gestellt. Der Junge hatte nasses Haar, war bereits vollständig angezogen, hatte sein Handy in der Hand und las etwas. Für gewöhnlich hatte Peter einen sehr leichten Schlaf, was daran lag, dass er ständig auf der Hut war, wie ein Wachhund. Er konnte kaum fassen, dass er die Dusche, die Kaffeemaschine und jemanden, der in seinem Apartment herumlief einfach verschlafen haben sollte? „Stiles hat mir eine Nachricht geschrieben. Er und Derek haben in zwei Stunden eine Verabredung mit einem Makler. Sie wollen schon wieder umziehen? Eigenartig, oder nicht? Hast du Lust, dass wir sie begleiten?“ wollte Isaac wissen und lehnte seinen Kopf an Peters Brust, welcher sich mittlerweile aufgesetzt und an seinem Kaffee nippte. Peter fuhr mit den Fingern sanft durch die feuchten Locken des Jüngeren: „Sicher, das können wir machen, wenn du Lust dazu hast.“ hörte er sich selbst sagen. Wir? WIR können das machen? Da wurde ihm etwas klar: Er war nun in einer Beziehung! Hilfe! Sie trafen den Makler im Apartment, damit dieser es für Derek gleich wieder verkaufen konnte. Als Peter und Isaac zu ihnen stießen, brachen sie dann gemeinsam zu ihrer Besichtigungstour auf. Der Makler hatte ein gutes Dutzend verschiedener Objekte im Angebot, welche über die gesamte Stadt verteilt waren, doch das Richtige schien zunächst irgendwie nicht dabei zu sein, darin waren sich Derek und Stiles jedes Mal einig. Sie suchten etwas Besonderes, einen Ort, an dem ihre Zukunft stattfinden konnte; ein Heim! Erst in Pacific Heights, dem Nobelviertel von San Francisco gab es endlich ein Haus, welches Dereks Interesse weckte. Es war zwar deutlich teurer, als er sich zunächst vorgestellt hatte, aber wenn er einige seiner eigenen Immobilien verkaufen würde, konnte er es sich durchaus leisten. Es war ein moderner, eleganter Bau aus Stahl, Chrom, Beton und Glas; sehr geradlinig, clean und minimalistisch, mit reichlich Platz und umgeben von einem riesigen Grundstück mit großem Pool, gepflegtem, englischen Rasen und kugeligen Buchsbäumchen. Dies hier entsprach voll und ganz Derek und so fragte er seinen Gefährten: „Und? Was sagst du dazu?“ . Ein Blick in das Gesicht des Jüngeren sagte eigentlich schon alles, dennoch behauptete er tapfer: „Warum nicht? Wenn es dir gefällt...?“ Stiles Tonfall hätte unmöglich noch weniger Leidenschaft ausdrücken können. „Aber dir soll es doch auch gefallen!“ gab Derek also mit ein wenig Enttäuschung zurück. „Es ist nicht so richtig gemütlich, oder?“ erwiderte Stiles zaghaft. Nun mischte sich der Makler ein, der sich selbstverständlich nicht einfach so das Geschäft des Jahres entgehen lassen wollte: „Sie müssen sich das natürlich mit ihren eigenen Möbeln vorstellen; mit schönen Bildern an den Wänden, dicken Wollteppichen vielleicht, oder mit vielen Pflanzen, ganz nach ihrem Geschmack? Und auch das Grundstück kann man natürlich nach seinem eigenem Gusto umgestalten. Ich kenne da einen wirklich guten Landschaftsarchitekten.“ Dann zog der Mann noch sein letztes Ass aus dem Ärmel: „Und dann wäre dann ja noch die Nachbarschaft zu erwähnen!“ rief er begeistert aus und zählte dann eine beeindruckende Liste von Stars aus dem Showbusiness auf, die angeblich alle genau um die Ecke wohnten. Stiles zuckte unschlüssig mit den Schultern, also sagte Derek entschlossen: „Tut mir leid! Dies ist wohl doch nicht das richtige Haus für uns.“ Ihr Makler sah aus, als würde es ihm das Herz brechen, doch er fing sich rasch wieder, setzte eine professionelle Miene auf und erklärte: „Also dann habe ich heute nur noch ein einziges weiteres Objekt, das ich ihnen zeigen kann.“ Sie fuhren hierfür nach Haight Ashbury, jenen Bezirk, in welchem in den sechziger Jahren die Flower-Power-Bewegung zuhause gewesen ist und wo man bis heute noch die Künstler, die Freidenker und die Gegenkulktur der Stadt antraf. Das Haus, welches sie besichtigten, war eine der sogenannten „Painted Ladies“, ein kleines Stadthäuschen im viktorianischen Stil, erbaut im neunzehnten Jahrhundert. Ihren Namen verdankte diese Art Häuser ihrem farbenfrohen Anstrich. Eine Painted Lady nannte man seinerzeit nämlich eine Prostituierte, da sich ehrenwerte Frauen damals nicht auffällig schminkten. Schon als sie noch draußen standen, konnte Derek sehen, wie Stiles Augen leuchteten. Als sie es sich von innen anschauten, stieß Stiles einen spitzen Schrei der Begeisterung aus, denn das Zimmer zur Straße hinaus war rund gestaltet und Stiles fand, es sei wie ein wundervoller, verwunschener Turm. Hinter dem Haus gab es einen kleinen Garten mit Sonnenblumen und einem Apfelbaum und Stiles plante im Geiste bereits die Beete, in denen er ihr eigenes Biogemüse anbauen könnte und so erklärte Derek mit einem zärtlichen Lächeln: „Ich denke, wir haben unser Haus gefunden!“ Stiles jubelte, fiel Derek um den Hals und küsste ihn übermütig. Der geschäftstüchtige Makler informierte sie nun noch darüber, dass das Nachbarhaus ebenfalls demnächst frei werden würde und man könne ja einen Durchbruch machen, dann habe man noch mehr Platz, doch Stiles winkte ab und versicherte, dass es hier doch mehr als genug Platz für sie beide gäbe. Man habe ja sogar noch ein Gästezimmer frei, falls sein Dad mal in der Stadt sei und außerdem hätten Derek und er schließlich noch nie ein Problem damit gehabt, ein wenig beengt zu leben, da sie sich wohl miteinander fühlten. Nun allerdings überraschte Peter sie alle, indem er erklärte, dass er eventuell Interesse an dem Nachbarhaus habe. Derek registrierte es mit einem Stirnrunzeln, sagte jedoch nichts dazu. Ganz offensichtlich verlor sein Onkel gerade den Verstand. Dass er neuerdings so etwas wie einen festen Freund hatte, war wohl nur der Anfang gewesen? Jetzt wollte er also auch noch sesshaft werden, indem er sich Wohneigentum ans Bein band, anstatt weiterhin ganz unverbindlich zur Miete zu wohnen? Aber was, wenn ihm übermorgen einfiel, dass er eine Weltreise machen, zum Mond fliegen, oder Rockstar werden wollte, oder was immer einem unsteten Geist wie Peter so einfiel? Na ja, es sollte nicht sein Problem sein. Derek unterschrieb den Kaufvertrag jedenfalls ohne lange zu fackeln und er fand noch am selben Tag ein Umzugsunternehmen, welches ihr Mobiliar hierher schaffte. In den nächsten Wochen waren Stiles und er dann voll und ganz mit Nestbau beschäftigt. Derek verlor nicht die Geduld, als sie scheinbar ihre gesamte Freizeit nur noch in Baumärkten und Einrichtungshäusern zubrachten. Er legte kein Veto ein, als Stiles damit begann Zimmerwände in flieder, sonnengelb oder petrol zu streichen. Er half sogar dabei, im Garten Hochbeete anzulegen und fuhr auch ohne Protest zwei Stunden mit dem Auto auf´s Land, um einen Eimer voller Pferdescheiße als biologischen Kompost für die Rosenhecken zu besorgen. Ihr neues Heim geriet warm, lustig, bunt und ein wenig chaotisch und entsprach damit nicht im Geringsten Dereks sachlichem, geradlinigen Wesen. Anstatt dessen lachte ihn Stiles aus jeder Ecke des Hauses an; aus den selbstgebastelten Mobillees und den Windspielen aus bunten Glasscherben in den Fenstern, aus den beiden Vintage-Schaukelstühlen die hinten auf der Veranda zum sonnen und faulenzen einluden und aus dem zerschossenen, alten Plüschsofa, welches Stiles in einem Ramschladen entdeckt hatte und dann unbedingt für die Küche haben musste. Und Derek liebte es! All´ diese kleinen Dinge ließ aus ihrem Haus ein Zuhause werden, zu einem sicheren Hafen! Die Dinge nahmen ihren Lauf. Stiles nahm seine Arbeit im Café wieder auf. Dem Antrag von Scott und Allison, ihre Collegezeit in San Francisco fortzusetzen, wurde stattgegeben, so dass Stiles zum Sommersemester mit seinen beiden Freunden zmit dem Studium beginnen konnten. Derek hatte dem jungen Paar dafür eine bezahlbare Wohnung in einer seiner Immobilien verschafft und Stiles war es gelungen, die Jungs im Café zu überreden, die beiden ebenfalls dort mitarbeiten zu lassen. Und durch den Wohnortwechsel konnten Christopher und Victoria Argent Scott und Allison auch nicht mehr ständig dazwischenfunken. Peter hatte tatsächlich das Haus neben jenem von Derek und Stiles erworben und saß nun beinahe täglich pünktlich zum Abendessen bei ihnen am Tisch, Messer und Gabel in der Hand, in der Erwartung bitteschön durchgefüttert zu werden. Derek tat deswegen immer furchtbar schlecht gelaunt, doch im Grunde mochte sein Wolf es sehr, seine Familie, sein Rudel beisammen zu haben. Und es hatte tatsächlich keine zwei Monate gedauert, ehe Peter Isaac gebeten hatte, bei ihm einzuziehen. Scheinbar meinte sein Onkel es wirklich ernst mit dem Jungen, auch wenn Derek es immer noch nicht recht fassen konnte. Wann immer irgendwelche Feiertage ins Haus standen, besuchte Daddy Stilinski seinen Sohn in San Francisco. Stiles hatte darauf bestanden, dass sie seinem Vater erzählen müssten, welche einschneidenden Veränderungen es neuerdings in seinem Leben gab, auch wenn Derek diesbezüglich ernsthafte Bedenken gehabt hatte. Und wie sich herausstellen sollte, war sich als schwul zu outen ein Kinderspiel im Vergleich dazu, John Stilinski beizubringen, dass sein einziger Sohn nun ein Werwolf war. Erst wollte er es gar nicht glauben, doch hier schaffte eine kleine Demonstration Abhilfe. Und beinahe fürchtete Derek, dass er einem weiteren Mitglied der Stilinski-Familie durch seinen Biss das Leben retten müsste, denn den Sheriff traf beinahe der Schlag, als er mit ansah, wie sich sein Sohn vor seinen Augen in einen kleinen, grauen Wolf verwandelte, doch der Charme des frechen kleinen Welpen und Dereks Versicherung, dass dies der einzige Weg gewesen sei, Stiles nicht sterben zu lassen, sorgte schließlich dafür, dass John irgendwie einen Weg fand, damit fertig zu werden. Derek war so viele Jahre für sich allein und damit im Grunde hochzufrieden gewesen, doch mit Stiles in seinem Leben wurde alles anders. Sein Gefährte hatte ja mittlerweile viele Freunde in der Stadt gefunden und ständig fanden in ihrem Haus nun irgendwelche Spieleabende, gelageartige Abendessen oder zwanglose Sit-Ins statt. Derek hätte gedacht, dass ihm so etwas furchtbar auf die Nerven gehen würde, doch es machte Stiles glücklich und darum war es okay. Außerdem erinnerte es ihn an längst vergangene Zeiten; an damals, als seine Familie noch gelebt hatte. Da war es immer so gewesen, immer gab es irgendwelche Feste, muntere Mahlzeiten an der langen Tafel, oder Geschwisterstreitigkeiten... eben einfach das Leben! Mit Dereks Ruhe mochte es zwar ein für alle Male vorbei sein, aber es war dennoch gut! Kapitel 35: All the way, Teil 1 ------------------------------- „Nein, Stiles, dass ist viel zu aufreizend! Zieh´ es wieder aus!“ verlangte Derek im Kasernenhofton. Stiles blickte verwirrt an sich hinab. Er trug ein stinknormales weißes T-Shirt, Jeans und Turnschuhe: „Bist du noch ganz dicht? Ich werde mich NICHT noch einmal umziehen. Und wieso glaubst du eigentlich, dass du etwas dazu zu sagen hättest, was ich heute anziehe?“ „Weil ich dein Verlobter bin?“ schlug Derek vor. „Netter Versuch! Probier´s noch einmal!“ gab Stiles Augen rollend zurück: „Weil ich dein Alpha bin?“ versuchte Derek es also weiter: „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ schnappte Stiles und band sich seine Stoffturnschuhe zu: „Also hör mal! Wie sprichst du denn mit mir? Ich verstehe einfach nicht, warum dieser Junggesellenabschied überhaupt sein muss?“ verteidigte sich Derek: „Und noch weniger kann ich verstehen, warum du, nachdem du dich da in einem Meer nackter Leiber aufgegeilt hast, nicht wenigstens einfach wieder zu mir nachhause kommen kannst und wir dann... na ja... wilden, aufregenden Sex haben können, oder so?“ „Weil wir das erst wieder in der Hochzeitsnacht tun werden. Das ist Tradition!“ behauptete Stiles: „Und den Junggesellenabschied haben sich die Jungs nun einmal gewünscht. `Noch eine letzte wilde Nacht, ehe ich eine brave Ehefrau sein werde´, so hat Danny sich ausgedrückt.“ „Heißt das etwa, du wirst dann dort heute allen Ernstes mit irgendwelchen hergelaufenen Kerlen schlafen, oder wie?“ bellte Derek entsetzt. Stiles seufzte theatralisch: „Ich kenne die To-Do-Liste für den Abend nicht, denn die darf der Bräutigam angeblich nicht wissen, aber ich bin ziemlich sicher, das `Gang-Bang´ keiner der Tagesordnungspunkte ist. Das wildeste, was da vermutlich passiert ist, dass alle sich furchtbar besaufen werden, Drogen nehmen und sie mich in irgendeinen Strip-Schuppen schleppen, wo so eine muskelbepackte Prinzessin mit ihrem, in einen Elefantenkopf-Tangaslip verpackten Penis vor meiner Nase herumwedeln wird. Wow! Was für ein Abenteuer!“ schnappte er sarkastisch: „Warum gehst du dann überhaupt da hin?“ murrte Derek: „Warum bleiben wir nicht einfach gemütlich Zuhause, essen was, kuscheln und lassen den ganzen anderen Blödsinn?“ „Weil es meine Freunde sind und sie freuen sich darauf! Außerdem feierst du doch irgendwie auch deinen eigenen Junggesellenabschied. Vielleicht wird das ja ganz witzig.“ „Im Ernst? Ein Kneipenbesuch mit deinem Dad, Peter und einer schlecht gelaunten Braeden? Das wird bestimmt ein Heidenspaß!“ maulte Derek: „Na wenn du mit dieser Einstellung da ran gehst, wird es bestimmt ein Reinfall. Komm´ schon, Baby! Zeig´ mir dein schönstes Lächeln, ja? Außerdem ist es irgendwie ja auch unsere Schuld, dass Braeden in letzter Zeit ungenießbar ist. Also sei extra-lieb zu ihr, denn das, was sie für uns tut, ist ziemlich großartig, oder nicht.“ Derek zog ein sauertöpfisches Gesicht. Dann hellte sich seine Miene jedoch wieder auf und er stellte fest: „Na immerhin kannst du bei deinem kleinen Abenteuer heute Nacht ja nicht mehr betrunken werden und wirst deswegen auch nichts Dummes anstellen.“ Stiles hielt mit einem triumphierenden Grinsen ein kleines Plastiktütchen hoch, dass er aus seiner Hosentasche gezogen hatte: „Peter sagt, eine Messerspitze hiervon kann da Abhilfe schaffen.“ „Wolfswurz? Oh Mann, ich werde den Mistkerl umbringen!“ schimpfte Derek böse. Stiles schüttelte den Kopf: „Weißt du was, Liebling? Ein bisschen mehr Vertrauen wäre ganz schön! Ich liebe dich so sehr! Weißt du das denn nicht? Und morgen Mittag stehen du und ich vor dem Altar und ich werde für immer Ja zu dir sagen. Ist das denn nichts?“ Derek senkte ein wenig beschämt den Kopf: „Doch, Stiles! Es ist ALLES!“ „Na, siehst du, Baby! Warum dann jetzt dieses Theater?“ fragte Stiles sanft und nahm zärtlich das Gesicht seines Gefährten in seine Hände. Derek zuckte mit den Schultern: „Wahrscheinlich habe ich einfach Angst? Es ist doch irgendwie symptomatisch für unsere Beziehung, dass am Ende immer irgendetwas dazwischen kommt, oder nicht?“ Stiles schüttelte entschieden den Kopf: „Also das sehe ich vollkommen anders. Symptomatisch ist, dass wir immer wieder einen schweren Weg vor uns haben und dann wird am Ende alles gut!“ Es klingelte an der Tür. Stiles warf einen Blick auf die Armbanduhr: „Das werden die Jungs sein. Sie haben darauf bestanden, dass sie mich abholen wollen. Mach´ dir keine Sorgen, Großer! Wir sehen uns morgen Mittag wieder und dann werde ich dein Mann! Grüß´ schön, gib´ Braeden einen Kuss von mir und hab´ einen schönen Abend, Baby!“ „Ich liebe dich!“ rief Derek Stiles hinterher und dieser drehte sich in der Tür noch einmal um, lächelte, gab seinem Gefährten einen Kuss, versicherte ihn ebenfalls seiner Liebe und dann war er verschwunden. Derek verharrte eine Weile gedankenverloren auf der Stelle. Wenn er früher über sein Leben nachgedacht hatte; nicht dass er sich oft die Zeit dafür genommen hätte, denn Nabelschau war nun einmal nicht seine Sache; aber wenn doch einmal, dann wäre ihm sicherlich nicht in den Sinn gekommen, dass es einmal SO sein würde? Liebe? Eine Beziehung, noch dazu zu einem Mann und sogar eine Hochzeit? Und doch war nun alles genau so, wie es sein sollte und er war ein wenig stolz; auf sich selbst, weil er es zugelassen hatte, auf Stiles, weil er so etwas Besonderes war und weil er so stark, selbstbewusst und erwachsen geworden war und auf die wundervolle, aufregende Zukunft, die sie beide vor sich hatten. Große Ereignisse standen bevor! Er lächelte, riss sich aus seiner Erstarrung, schlüpfte in Jacke und Schuhe und machte sich seinerseits auf den Weg. Derek parkte den Camaro vor der Bar und konnte durch die Fenster bereits Braeden erkennen. Sie saß bislang noch allein an einem Vierertisch. Sie erhob sich, als sie ihn eintreten sah und sie umarmten sich: „Du siehst toll aus!“ stellte Derek fest: „Du strahlst ja praktisch!“ „Du willst wohl, dass ich dich schlage, was Hale?“ knurrte die Frau ihn böse an. Derek blickte seine Ex lammfromm an: „Immer noch dieses Unwohlsein, ja?“ fragte er Anteil nehmend: „Das tut mir wirklich leid! Was willst du trinken?“ „Ich WILL Bier, eiskalt und golden und zwar am liebsten gleich einen ganzen Krug voll. Aber angesichts jüngster Ereignisse wird es wohl eher auf einen Cranberriesaft hinauslaufen.“ brummte sie unzufrieden. „Ich hole ihn dir!“ versprach Derek bußfertig, doch da kam bereits der Kellner an ihren Tisch, um ihre Bestellung aufzunehmen. Und in genau diesem Augenblick kam auch John zur Tür herein und als Braeden ihn erblickte, brachte sie zum ersten Mal an diesem Abend so etwas wie ein Lächeln zustande. Und der Sheriff strahlte ebenfalls bei ihrem Anblick über das ganze Gesicht. Derek ließ er einfach links liegen und umarmte stattdessen die dunkelhäutige Schönheit wie eine alte Freundin: „Du siehst großartig aus! Wie geht es dir, Liebes? Wie geht es meinem Enkelkind?“ Braeden seufzte: „Die verdammte Morgenübelkeit macht mich noch verrückt. Erstens habe ich sie den ganzen Tag und nicht bloß am Morgen und außerdem meinte meine Ärztin, dass es nach der zehnten Woche besser werden sollte. Nun bin ich beinahe im vierten Monat und es ist kein Ende in Sicht! Außerdem sehen meine Knöchel schon wieder aus wie Fesselballons! Ich weiß genau, warum ihr Kerle das Babykriegen uns Frauen überlasst, nämlich weil es nervt wie verrückt! Ich bin froh, wenn der kleine Parasit auf der Welt ist und ich meinen Teil der Arbeit erledigt habe, denn dann sind die Jungs dran und ich mache erst mal ausgiebig Urlaub!“ „Hi Derek!“ sagte der Sheriff beiläufig und ohne den Angesprochenen wirklich anzuschauen, wandte er sich sogleich wieder voll und ganz Braeden zu: „Du solltest unbedingt Ingwer-Tee gegen die Übelkeit ausprobieren. Bei Claudia hat das damals Wunder gewirkt. Und ich werde dich später nachhause bringen und dir dann das Wasser aus den Beinen massieren. Ich werde auch den Jungs zeigen, wie das geht, damit sie es dann bei dir machen können, wenn ich wieder zurück nach Beacon Hills muss.“ Derek wurde ein wenig blass bei der Vorstellung, doch er kam nicht dazu ein Veto einzulegen, denn der Sheriff plapperte einfach munter weiter: „Das mit dem Wasser wird ja noch mehr werden, je mehr das Bäuchlein gemeinsam mit meinem Enkelkind wächst und diese Massage ist gar nicht so schwierig, wenn man einmal weiß, wie es geht. Und wenn dann durch die neue Gewichtsverteilung erst mal die Schmerzen im unteren Rücken dazukommen, dann kenne ich auch den ein oder anderen guten Kniff. Ich zeige sie euch einfach. Oder ich schicke euch einen Youtube-Link? Gibt´s denn schon neue Ultraschallbilder? Die Kollegen im Revier fragen mich ständig danach.“ Der Sheriff konnte es wirklich kaum erwarten, ein Großvater zu werden, soviel war klar und es gab Derek einen kleinen Stich der Eifersucht, dass er Braeden so viel Aufmerksamkeit zukommen ließ, weil sie es war, die das Kind austrug. Ihm war selbst klar, wie lächerlich das war, aber der Sheriff war nun einmal ein großartiger Vater und das weckte Sehnsüchte nach Familie in dem verwaisten Derek, denn alles was dieser heute noch hatte, war eben bloß ein Onkel, der eine nervtötende, selbstverliebte Pest und ein widerlicher Lustmolch war, auch wenn dessen Zusammensein mit Isaac in jüngster Zeit ihn tatsächlich ein klein wenig zivilisiert zu haben schien. Wie auf´s Stichwort trat besagter Lustmolch genau in dieser Minute durch die Kneipentür und schlurfte mit uncharakteristisch sauertöpfischer Miene zu ihnen an den Tisch. Er ließ sich neben Derek auf die Bank plumpsen und brummte: „Hi, Anwesende! Tut mir leid, dass ich zu spät bin, doch ich wollte nicht kommen. Ich weiß auch echt nicht, was ich bei dieser Trauerveranstaltung der Greisen, Lahmen und Schwangeren zu suchen habe. Isaac wurde zu Stiles Junggesellenabschied eingeladen, aber ICH NICHT? Ist mir unbegreiflich? Ich bin schließlich ein Garant für Spaß! Ich bin tief enttäuscht!“ „Hallo Peter!“ begrüßte Braeden den Schlechtgelaunten und mit einer gewissen Bösartigkeit fügte sie hinzu: „Ich schätze, die jungen Leute wollten lieber unter sich bleiben und DU bist alt, Kumpel!“ „Niemand hat dich gefragt, Missy!“ bellte Peter erbost: „Niemanden interessiert, was ein schwangeres, aufgedunsenes Walross zu sagen hat!“ Braeden bleckte die Zähne und alle Werwolfreflexe der Welt halfen Peter in diesem Moment nicht, so schnell war die Faust, welche in diesem Moment über den Tisch flog und dann krachend auf seiner Nase landete. Im ersten Moment war Peter vollkommen perplex. Dann grinste er, schnappte sich eine Serviette vom Tisch und wischte sich das Blut fort, dass ihm nun aus beiden Nasenlöchern lief: „Vielleicht wird der Abend ja doch nicht so öde, wenn er schon gleich mit einer Barschlägerei beginnt?“ spekulierte er. Braeden kicherte, Peter lachte und sogar John stimmte irgendwann mit ein. Allein Derek blickte genervt in die Runde und kommentierte: „Ihr seid doch unmöglich! Mit euch kann man echt nirgendwo ein zweites Mal hingehen!“ Er mochte in dieser Runde gerade die Stimme der Vernunft sein, doch wie so oft wurde diese einfach ignoriert. John reichte Peter eine weitere Serviette und sagte: „Ich hoffe, das wird dir eine Lehre gewesen sein. Man sollte sich nie mit einer werdenden Mutter anlegen!“ „Peter ist unbelehrbar. Das wissen wir alle doch längst.“ antwortete Braeden an seiner Stelle: „Und ich bin keine Mutter, John. Das haben die Jungs und ich alles schon längst vertraglich geregelt. Ich sehe mich eher als eine Art Brutkasten. Das einzige, was dieses Kind von mir haben wird ist der fantastische, sexy Kakaoton seiner Haut und das störrische Kraushaar, mit dem sich seine beiden Weißbrot-Daddys dann sehr gern ohne meine Hilfe herumschlagen dürfen! Ich komme nur hin und wieder mal auf Stippvisite vorbei, als die tolle Tante mit den spannenden Geschichten und den großartigen Mitbringseln aus aller Welt im Gepäck. Das war´s!“ Der Sheriff blickte sie skeptisch an: „Und du glaubst wirklich, dass du das einfach so kannst? Immerhin teilst du mit diesem Kind neun Monate lang deinen Körper. Wirst du es nach dieser langen Zeit denn wirklich einfach so für immer aus der Hand geben können?“ Derek bekam feuchte Hände. Genau diese Unterhaltung hatten sie, Stiles und er auch schon vor der Empfängnis geführt und obwohl Braeden damals versichert hatte, dass sie den beiden Männern gern diesen Gefallen tun, aber auf keinen Fall am Ende Windeln wechseln wollte, blieb in Derek ein kleines Samenkorn Angst davor, dass sie sich dennoch aufgrund der Bindung, die sich während der Schwangerschaft zwischen ihr und dem Kind entwickeln würde, doch noch anders entscheiden könnte. Und natürlich war ihm ganz klar, dass im Ernstfall wohl jedes Gericht des Landes das Sorgerecht der Mutter und nicht den beiden schwulen Daddys überlassen würde; zumal der eine von ihnen, nämlich er selbst in behördlicher Hinsicht nicht einmal wirklich existierte. Sicher, Peter und er hatten, so wie die meisten Werwölfe die irgendwann ein übermenschliches Alter erreicht hatten ein wenig getrickst, sich immer wieder neue gefälschte Geburtsurkunden, Sozialversicherungsnummer und so weiter verschafft, doch einer gründlichen Überprüfung würde dies möglicherweise nicht standhalten. Also was, wenn Braeden inzwischen tatsächlich ihre Meinung geändert hätte? Zu Dereks Erlösung sagte seine Ex in diesem Moment: „Ich weiß, dass du ein leidenschaftlicher, hingebungsvoller Vater bist, John. Ich vermute, dass es in deinem Leben vermutlich keinen größeren Moment gab, als Stiles Geburt, doch nicht jeder von uns ist zum Elternsein geschaffen. Ich gebe zu, dass die Erfahrung, schwanger zu sein sicherlich nicht so spurlos an mir vorübergeht, wie ich mir das zunächst vorgestellt habe und dass es momenteweise sogar ganz schön sein kann, wenn ich nicht gerade mal wieder kotzend über der Kloschüssel hänge, oder im Bett nicht weiß, wie ich liegen soll mit diesem Bauch. Ich freue mich ehrlich gesagt auch darauf, den kleinen Parasiten bei meinen gelegentlichen Gastauftritten in seinem Leben zu sehen und zu erleben, wie er aufwächst und sich entwickelt, aber ich bin zu egoistisch für eigene Kinder. Ich will, dass mein Leben allein mir gehört. Ich will für niemanden außer für mich selbst die Verantwortung tragen und frei sein zu tun und zu lassen, was ich will. Ich bin einfach keine Mutter. Die Mami für das Kind wird dieser teuflisch gutaussehende, griesgrämige, muskelbepackte Kerl da drüben sein.“ Sie warf einen warmherzigen Blick über den Tisch auf Derek und nahm seine Hand in ihre eigene: „Er wird es sein, der das Krümelchen baden, wickeln, füttern, kuscheln und mit ihm zum Spielplatz gehen wird, wenn Stiles tagsüber in der Uni hockt.“ Johns Blick folgte dem Braedens und er schien beinahe überrascht. Offenbar hatte er sich zuvor noch nicht wirklich überlegt, wie wohl die Brutpflege in diesem Männerhaushalt konkret gestaltet werden würde. Doch nun, da es einmal ausgesprochen war, las Derek in Johns Blick Anerkennung und sein Herz machte vor Freude einen kleinen Hüpfer. Braeden musste gespürt haben, wie wichtig es ihm im Grunde war, dass Stiles Vater wusste, wer der wahre Elternteil seines Enkelchens war. Derek und Braeden waren vielleicht nie wirklich ein Paar gewesen, aber zwischen ihnen hatte es dennoch durchaus eine tiefe Verbindung gegeben und Braeden kannte ihn ziemlich gut. Und schließlich war es vor einigen Monaten DEREKS biologische Uhr gewesen, die zu laut zu ticken begonnen hatte, um sie zu ignorieren und nicht die von Stiles. Er hatte nämlich diese ganze Babysache ins Rollen gebracht. „Es gibt eine Sache, die mich die ganze Zeit schon beschäftigt...“ sprach John in Dereks Gedanken: „Wer von euch beiden ist denn eigentlich der biologische Vater? Als ich Stiles einmal danach gefragt habe, hat er mir so eine komische, ausweichende Antwort gegeben.“ „Wir haben eine Methode gefunden, die sicherstellt, dass wir es selbst nicht wissen.“ gab Derek eine komische, ausweichende Antwort: „Dadurch wird das Kind immer gleichermaßen unser gemeinsames sein und sich nie fragen müssen, wo es hingehört. Es soll wissen, dass wir seine Eltern sind, weil wir es lieben und nicht aufgrund von Blut!“ „Sie haben zusammen in den selben Becher gewichst. Ist das nicht romantisch?“ warf Peter hilfreich aus dem Hintergrund ein, woraufhin John den Mund verzog, Derek ein Knurren in seine Richtung sendete und Braeden ihm fest und strafend mit der flachen Hand auf die seinige schlug. „Autsch! Was denn?“ murrte Peter: „Ihr Typen seid ja so was von spießig! Und du Braeden solltest dir darüber klar werden, dass die ständige körperliche Gewalt gegen mich lediglich unbeabsichtigt die heimliche Anziehung offenbart, die du immer schon für mich empfunden hast.“ Braeden gab ein genervtes Stöhnen von sich: „Sicher Peter! Du hast mich ertappt. Ich will dich! Und darum wird es dich auch sicher nicht wundern, wenn du beim nächsten Mal, einen tritt in die Eier von mir bekommst, richtig?“ Ehe Peter etwas erwidern konnte mischte John sich ein und forderte väterlich: „Nun lasst es doch mal gut sein, Kinder! Seid friedlich! Was haltet ihr davon, wenn ich uns noch eine weitere Runde spendiere und wir danach vielleicht selbst noch ein bisschen ausgehen, in eine Disco, oder einen Club, oder wie das heutzutage heißt? Ich habe Lust, ein wenig mit dieser schönen, schwangeren Frau dort zu tanzen!“ „Und was ist mir, Sheriff?“ fragte Peter schnurrend, fuhr schmeichelnd mit den Fingerspitzen über Johns Brust und schenkte ihm einen sinnlichen Blick: „Tanzt du dann auch mal mit MIR? Ich bin doch heute Nacht so einsam, wo Isaac nicht da ist und so?“ John erröte tatsächlich ein kleines bisschen. Dennoch gab er selbstbewusst zurück: „Wir werden sehen? Vielleicht wenn ich betrunken genug bin und du deine Karten richtig ausspielst?“ Derek glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können und Braeden grinste amüsiert in sich hinein. Kapitel 36: All the way, Teil 2 - Stiles ---------------------------------------- Wie sich zeigen sollte, hatten seine Freunde Stiles tüchtig an der Nase herumgeführt. Im Vorfeld hatten sie immer wieder Andeutungen fallen lassen, dass es Stripper, eine Limousine, oder ähnliches geben würde, doch davon war an diesem Abend überhaupt keine Rede mehr. Es waren Scott und Allison gewesen, die Stiles soeben von zuhause abgeholt hatten. Sie nahmen zwar seinen Jeep, aber wie selbstverständlich setzte Scott sich ans Steuer. Spätestens an diesem Punkt wurde Stiles klar, dass er an diesem Abend jedes letzte bisschen Kontrolle würde abgeben müssen. Sie hätten nun erst einmal eine Kleinigkeit zu erledigen und danach würden sie dann die anderen geladenen Gäste an einem geheimen Ort treffen, um zu feiern, war das einzige, was die Freunde Stiles verrieten. Stiles rutschte das Herz in die Hose, als er erkannte, dass das Auto vor einem Tattoo-Studio hielt. Scott war ja bereits tätowiert. Vor einigen Monaten hatte er sich zwei Ringe am Oberarm stechen lassen und auf die Frage, was das denn nun überhaupt sein solle, hatte dieser nur geantwortet, dass sei etwas gewesen, was er mit seinen Fingern gezeichnet habe. Was für eine bescheuerte Erklärung für ein Tattoo war das denn? Sollte so etwas nicht irgendwie eine Bedeutung haben? Stiles war damals jedenfalls dabei gewesen, wäre um ein Haar ohnmächtig geworden, als es schließlich losging, aber hatte hinterher dennoch tollkühn behauptet, dass er sich auch selbst irgendwann ein Tattoo stechen lassen wolle und dass es ein Geschenk an Derek werden solle; eine kleine Triskele, so wie dieser selbst eine hatte und zwar an genau jener Stelle an seinem Unterarm, wo Derek ihn damals gebissen hatte. Er hatte aber auch ausgeführt, was dabei die Schwierigkeit sei, denn als Werwolf würde sein Körper ja sofort wieder versuchen dies zu heilen. Doch heute hatte Scott gute Neuigkeiten, wie er wenigstens selbst fand, denn dieser Tätowierer sei selbst ein Werwolf und er wisse deswegen auch genau, was zu tun sei. Als Stiles den Tätowierer erblickte, machte er sich beinahe nass vor Schreck. Der Kerl war beinahe zwei Meter groß und etwa zweihundert Kilo schwer. Durch das lange, zottelige Haar und seinen Rauschebart, war das Gesicht des Mannes beinahe vollkommen zugewuchert. Er trug eine Lederkluft und hatte Hände, so groß wie Sargdeckel. Stiles bezweifelte ernsthaft, dass diese wirklich zum Erschaffen filigraner Körperkunst geeignet waren? Und insgesamt wirkten der Tattooladen, ebenso wie sein Inhaber selbst ein wenig schmuddelig. Stiles war nur froh, dass er sich wenigstens um Hepatitis heutzutage keine Gedanken mehr machen musste. „Schwing´ deinen Arsch hierher, kleiner Welpe!“ herrschte der Tätowierer Stiles mit seinem donnernden Bass an: „Und nun komm´ mal wieder runter! Ich höre dein Herz ja bis hier hin rasen. Ich werde dich schon nicht fressen. Und nun erzähl dem Onkel mal, was du möchtest. Ein hübsches Geweih über deinem winzigen Arsch? Ein Herzchen mit dem Schriftzug `Mami ist die Beste´ darin? Was darf es sein?“ Stiles funkelte ihn ärgerlich an. Der Kerl machte sich wohl lustig über ihn? Er ließ sich auf den Stuhl plumpsen, schnappte sich Zettel und Stift und machte eine Zeichnung: „Ich will so etwas! Und ich will es hier hin!“ knurrte er säuerlich: „Kriegst du das hin?“ Der große, breite Kerl schien Humor zu besitzen. Statt den aufmüpfigen Jungwolf zurechtzuweisen, lächelte er: „Alpha-Beta-Omega.“ murmelte er wissend. Er richtete den Blick auf Stiles Arm, seine Augen veränderten sich und die Iris färbte sich golden: „Ich verstehe! Dein Alpha wird sich sicher ziemlich geehrt fühlen.“ Scott und Allison blickten Stiles fragend an und dieser erklärte: „Der Biss! Werwölfe können ihn sehen. Er ist wie eine dauerhafte, magische Markierung.“ „So ist es.“ bestätigte der Tätowierer: „Bereit, kleiner Wolf? Denn jetzt werde ICH dich markieren.“ Er nahm die summende Tätowiermaschine zur Hand und machte sich ans Werk. Im ersten Moment konnte Stiles nicht hinschauen, doch nachdem er sich erst einmal an den Schmerz gewöhnt hatte, fand er ihn gar nicht mehr so schwer zu ertragen. Und er war erleichtert zu sehen, dass seine Befürchtungen bezüglich der Hände des Tätowierers unbegründet waren. Sein Werk geriet sehr präzise und ansprechend. Stiles war mit dem Ergebnis überaus zufrieden, doch die Freude währte nicht lange, denn ein Schmerz kündigte an, dass das Tattoo nun zu heilen und zu verblassen begann: „Jetzt kommt der witzige Teil.“ behauptete der Tätowierer. Und an Scott gewandt sagte er: „Hey du, Knopfauge! Du musst deinen Freund festhalten, damit er nicht zappelt.“ Zappeln? Das sollte wohl ein Witz sein? Stiles hätte am liebsten laut schreiend die Flucht ergriffen, als der Bunsenbrenner zum Vorschein kam! Allein der Gedanke daran, wie glücklich es Derek machen würde, dieses sehr persönliche Tattoo in der Hochzeitsnacht an seinem Ehemann zu sehen half ihm schließlich dabei, diesen Instinkt niederzuringen. Die Schmerzen waren höllisch, aber was konnte man auch anderes erwarten, wenn das eigene Fleisch einem bei vollem Bewusstsein verbrannt wurde. Hinterher war Stiles ziemlich erledigt. Scott umarmte seinen Herzensbruder, versicherte ihm, dass er sehr tapfer gewesen sei und dann ging es zurück zum Auto, wo Stiles sich auf dem Rücksitz des Jeeps erst einmal ein wenig erholen durfte, während Scott ihr nächstes Ziel ansteuerte, wo dann hoffentlich endlich der spaßige Teil des Abends beginnen konnte, worin auch immer der bestehen mochte? Sie fuhren Richtung Westen, soviel war klar, doch was zur Hölle gab es im Westen der Stadt für eine Location, an der man seinen Junggesellenabschied zu verbringen könnte? Stiles sollte es bald erfahren. Es war der Ocean Beach und alle seine Freunde waren da! Das Wetter zeigte sich in dieser Nacht von seiner allerbesten Seite. Für gewöhnlich gab es an diesem Strand nämlich eigentlich fast immer dicke Nebelsuppe, doch heute war es sternenklar. Es mochte zwar ein wenig kühl sein durch den stetigen Wind, der vom Meer her blies, doch es gab mehrere kleine und ein großes Lagerfeuer sowie reichlich Decken, um darauf zu sitzen, oder sich darin einzukuscheln, um dem entgegenzuwirken. Und es gab ein reichhaltiges Buffet aus, von den Gästen selbst gezauberten Köstlichkeiten, die so verführerisch aussahen, dass Stiles jetzt schon wusste, dass ihm morgen Mittag sein Kummerbund kneifen würde. Aber das war das Problem des zukünftigen Stiles. Der heutige würde sich jedenfalls schamlos vollstopfen! Seine Freunde hatten ebenfalls reichlich zu trinken besorgt und zwar nicht nur Limonade! Es wurde wohl Zeit für Peters kleines Hilfsmittelchen. „Einfach schnupfen, wie Kokain!“ hatte Dereks Onkel ihm gesagt und Stiles hatte ihn mit großen Augen angeschaut. Wofür hielt ihn dieser Kerl? Für Courtney Love vielleicht? Als ob er in seinem Leben jemals Kokain auch nur von Nahem gesehen hätte! Aber er machte es nun einfach so, wie er es mal im Fernsehen gesehen hatte, blickte sich kurz nach allen Seiten um, um sich zu vergewissern, dass ihn niemand dabei beobachtete, gab dann etwas von dem Zeug auf seinen Handrücken und sniffte, woraufhin er kurz darauf kräftig niesen musste. Er hatte keine Ahnung, ob das nun wohl gereicht hatte, aber es war ihm auch egal, weil er diese widerliche Erfahrung sicherlich nicht noch einmal wiederholen würde. Nun machte sich Stiles daran, seine Gäste zu begrüßen. Danny schlang die Arme um ihn, drückte ihm überschwänglich einen dicken Kuss auf die Lippen und versicherte ihm, dass er heiß aussähe. Mason war mit der ganzen WG gekommen, doch von Deaton war weit und breit nichts zu sehen: „Mein Liebster behauptet, er brauche noch Zeit, um sich auf das `heilige Amt´ vorzubereiten, welches er Morgen bekleiden würde; seine Worte, nicht meine, doch wenn du mich fragst, dann ist das bloß eine faule Ausrede. Alan steht einfach nicht auf´s feiern und er hatte wohl Angst davor, unter so vielen jüngeren Leuten zu sein.“ maulte der Junge: „Ich habe ihm also einfach versichert, ich würde mich auch bestens ohne ihn amüsieren! Das hat ihm dann irgendwie auch nicht gepasst. Selbst Schuld!“ Mason kippte das Bier, welches er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, nun in einem Zug herunter. Wenn er in diesem Tempo weitermachte, dann würde er wohl noch vor Mitternacht mit dem Gesicht im Sand liegen und dort seinen Rausch ausschlafen dachte Stiles und nahm sich vor, ein wenig auf den Freund aufzupassen. Ethan hatte sich sofort an Stuart aus der WG gehängt, weil dieser eine üppige Tüte seines wundervollen, selbst angebauten Bio-Cannabis dabei hatte, dessen würziger Duft nun die Luft erfüllte und welches sie nun Seite an Seite kunstvoll in Joints verbauten. Beide begrüßten den Ehrengast flüchtig, ehe sie ihre wichtige Tätigkeit fortführten. Eleonore zog Stiles in eine herzliche, ausdauernde, nach Patchouli duftende Umarmung und er ließ es einen Moment lang zu, sich in den unzähligen Falten ihres wallenden Gewandes zu verlieren und sich geborgen zu fühlen. Seit sie sich einmal um ihn gekümmert hatte, als es ihm aufgrund von Liebeskummer und Weltschmerz furchtbar mies ging, hatte sie irgendwie so etwas wie eine Mutterrolle in seinem Leben eingenommen. Der alte Sunflower lud gerade einige Trommeln und exotische Musikinstrumente aus seinem alten, buntbemalten VW-Bus. Als er Stiles erblickte strahlte er ihn herzlich an und entbot ihm den Segen der großen Mutter. Stiles bedankte sich höflich, weil er nicht wusste, was er sonst dazu sagen sollte und fasste rasch mit an. Cloe und Zoey saßen Seite an Seite am Ufer, küssten sich innig und schienen die Welt um sich herum vergessen zu haben. Als sie sich einmal kurz zum Luft holen von einander lösten, wagte Stiles es, rasch Hallo zu sagen. Die anderen Anwesenden waren ein paar nette Stammgäste aus dem Café, welche alle einhellig beteuerten, wie tragisch es sei, dass ein heißer Kerl wie Stiles nun endgültig vom Markt sei und ein paar Bekannte von Ethan und Danny, welche Stiles kennengelernt hatte, wenn er gelegentlich mit den beiden Jungs gemeinsam ausgegangen war. Isaac hatte sich mit Allison und Scott ans improvisierte Buffet gesetzt und das tat Stiles nun auch: „Ich glaube, ich habe einen Schwips!“ kicherte Isaac, stopfte sich einen ganzen Falafel auf einmal rein, spülte mit Bier nach und rülpste anschließend geräuschvoll. „Peter hat dir scheinbar auch etwas Wolfswurz mitgegeben?“ stellte Stiles lachend fest: „Also funktioniert es? Das ist gut zu wissen.“ Er schnappte sich ebenfalls ein Bier, um es auszuprobieren, denn so sehr er seine neue Werwolfskonstitution auch zu schätzen wusste, hin und wieder in andere Bewusstseinszustände abzutauchen hatte ihm schon ein wenig gefehlt. Gelobt war Peter! Eleonore hatte mittlerweile damit begonnen, auf einer indischen Sitar zu spielen und in einer fremden Sprache dazu zu singen und Sunflower begleitete sie auf einer arabischen Trommel. Nach und nach begann es von mehreren Seiten nach würzigem Rauch zu riechen und irgendwann erreichte der eine oder andere Joint auch Stiles und er nahm gelegentlich einen Zug davon. Tatsächlich setzte nach einer Weile ein leichter, angenehmer Rausch ein. Der Bräutigam in spe genoss es, lauschte der Musik und dem Meeresrauschen, beobachtete den Tanz der Flammen des wärmenden Feuers vor sich und irgendwann legte er sich auf den Rücken, blickte hinauf zu den funkelnden Sternen, bedachte sein Leben, wie es heute war und eines wurde ihm schlagartig klar: Alles war absolut perfekt! Er war umgeben von Freunden, Schönheit und Wärme, morgen würde er seine einzige, wahre, große Liebe heiraten und ein Baby war auch bereits unterwegs zu ihnen. Stiles kamen ein wenig die Tränen und Isaac, der dies spüren konnte, rückte an ihn heran und legte einen Arm um ihn. Dies hier war absolut nicht der Jungesellenabschied, vor dem Stiles sich ein klein wenig gefürchtet hatte. Vielmehr hatte es etwas von einem Love-In, wie damals in den Siebzigern. Es war beinahe, als sei der alte Geist San Franciscos ein weiterer geladener Partygast in dieser Nacht und das war wundervoll. „Ich will tanzen!“ erklärte Stiles nach einer Weile, sprang auf, um seinen Worten sogleich Taten folgen zu lassen und es dauerte nicht lange, ehe sich ihm die anderen anschlossen, Füße stampften in den Sand und Körper bewegten sich im Schein des Feuers zum Trommelbeat und zum Gesang. Es hatte beinahe etwas Archaisches! Kapitel 37: All the way, Teil 3 – Derek --------------------------------------- Grelle Laser, wummernde Technomusik und zuckende Leiber bestimmten das Bild in dem Nachtclub. John, Derek und Braeden hatten sich zunächst einmal am Tresen niedergelassen, um etwas zu trinken. Peter hingegen war sofort verschwunden; angeblich weil die Musik so gut sei. Irgendetwas schien Derek da wohl gründlich zu entgehen? „Verdammt ist das laut hier! Meinem Baby müssen ja schon die Ohren bluten!“ bemerkte er sorgenvoll. Braeden rollte mit den Augen: „Dem kleinen Krümel geht’s bestens, so schön schallgeschützt in mir drinnen! Mir übrigens auch, nur falls du dich das gefragt haben solltest?“ „Oh entschuldige! Soll... soll ich dich vielleicht lieber nachhause bringen? Bist du müde? Ist das hier zu anstrengend für dich?“ fragte Derek bußfertig: „Ich bin nicht müde, ich bloß bloß unsichtbar.“ entgegnete Braeden mürrisch: „Wieso haben wir Peter bloß den Club aussuchen lassen. Hier sind überall nur schwule Männer, die aussehen als seien sie gerade eben aus den Windeln raus. Das ist tödlich für das Selbstvertrauen einer schwangeren Lady, die sich fett fühlt!“ „Du siehst toll aus, Liebes. Und das meine ich ganz ehrlich.“ versicherte Derek aufrichtig und schlug dann heroisch vor: „Willst du vielleicht tanzen?“ obwohl er tanzen doch eigentlich hasste, wie die Pest und sich ansonsten eigentlich nur für Stiles dann und wann dazu herabließ. Sein leidendes Gesicht zauberte ein Lächeln auf Braedens Gesicht: „Du bist ein echter Held, Kumpel, aber ich tanze lieber mit dem unheimlich gutaussehenden Sheriff. Der hat wenigstens Lust dazu. Du darfst gern wie ein Mauerblümchen hier sitzen bleiben und dich ausgiebig daran ergötzen, wie sehr du den Krach, die Menschen und den Geruch hasst. Ich weiß doch, dass du das an Orten wie diesem am allerliebsten tust, richtig?“ „Danke!“ sagte Derek ein klein wenig erleichtert und ließ sich tatsächlich zu einem Grinsen hinreißen. Braeden nahm indes John bei der Hand und hieß ihn, ihr zur Tanzfläche zu folgen. Und Derek? Er blieb zurück wie ein Mauerblümchen, setzte sein finsterstes Gesicht auf, machte im Geiste eine Liste aller Dinge, die er hier drinnen hasste und versuchte dann zu ermitteln, was am Unerträglichsten und Nervigsten war; die glattrasierten Körper, der Krach, die Fleischbeschau, oder die grellen, zuckenden Lichtblitze, die seinen scharfen Wolfsaugen wehtaten! Und wie er so dasaß und seine miese Laune kultivierte, als sei es eine Art hohe Kunst, oder Tugend realisierte er, dass sich ihm ein Junge genähert hatte; schmalschultrig, dürr, mit einem schüchternem Lächeln und insgesamt wahnsinnig jung: „Willst du irgendwas Bestimmtes?“ knurrte der Werwolf abweisend. Der Junge wirkte ein kleines bisschen eingeschüchtert. Dennoch fragte er kühn: „Willst du vielleicht mal mit mir tanzen?“ „Ich heirate morgen!“ bellte Derek. Der Junge kichert: „Was hat das Eine denn mit dem Anderen zu tun? Du darfst doch trotzdem noch tanzen, oder nicht? “ „Ich tanze aber nicht!“ schob Derek also hinterher. Dieser Junge mochte schüchtern wirken, aber offensichtlich war er ein ziemlich hartnäckiger, kleiner Mistkerl. Er besaß die Frechheit, sich einfach auf den Barhocker neben Derek zu hocken und für sie beide noch ein Bier zu bestellen: „Ich kann mir mein Bier selbst kaufen!“ knurrte Derek, doch der Fremde lächelte so süß, dass es schwer fiel, die garstige Fassade aufrecht zu erhalten. Er erinnerte ihn beinahe an Stiles, so wie er war, als sie sich damals kennengelernt hatten: „Ich bin sicher, dass du das kannst!“ bestätigte der Fremde: „Aber ich habe meinem besten Freund Brett da drüben versprochen, dass ich heute den schönsten Kerl hier im Raum anspreche und das bist nun mal du.“ Er deutete auf einen großen athletischen Kerl mit blondem, modischen Kurzhaarschnitt, der unweit von ihnen tanzte und hin und wieder zu ihnen herüber linste: „Ich mag meine Männer nämlich groß, düster und ein bisschen gefährlich, weißt du?“ fuhr Dereks Verehrer fort: „Aber mach´ dir keine Gedanken! Dass du morgen heiratest ist mir im Grunde ganz recht. Ich bin ohnehin noch nicht bereit für etwas Neues. Schlimme Trennung, wenn du verstehst, was ich meine? Ich bin nur meinem Freund zuliebe hier, damit er mich endlich damit in Ruhe lässt, dass ich dringend einen neuen Kerl brauche. Also was ist nun, Großer? Trinkst du ein Bier mit mir?“ Derek seufzte schwer. Wieso kamen die verlorenen Jungs eigentlich bloß immer alle zu ihm? Er musste ja wohl irrtümlich irgendetwas ausstrahlen, dass signalisierte: `Quatsch´ mich an! Störe meinen Frieden! Da stehe ich total drauf!´ Er nickte mürrisch. Der Fremde strahlte und erhob seine Flasche zum Anstoßen: „Ich bin Corey Bryant!“ stellte er sich vor. „Erfreut, dich kennenzulernen. Ich bin Derek!“ brummte der Ältere und sie stießen ihre Flaschen gegeneinander. Und dann begann Corey zu erzählen, auch wenn Derek überhaupt nicht gefragt hatte. Er berichtete von seinen Eltern, die ihn kaum beachtet und nach seinem Coming Out einfach minderjährig vor die Tür gesetzt hatten. Er habe eine Weile auf der Straße gelebt, sei dann ganz kurz ein Go-Go-Tänzer in einem kleinen Nachtclub gewesen, habe irgendwann glücklicherweise seinen Kumpel Brett Talbot kennengelernt, der ihn bei sich aufgenommen habe, so dass er nun wenigstens wieder ein Dach über dem Kopf habe. Er würde nun in einem Supermarkt arbeiten. Es sei nicht toll, aber immerhin habe er sein Auskommen. Er sei ein paar Monate mit einem Jungen namens Lucas gegangen, doch der habe ihn einfach nur fertiggemacht! Brett würde ja ständig sagen, dieser Typ sei pures Gift. Wie eine Schlange. Oder ein Skorpion? Derek hörte sich das alles geduldig und aufmerksam an. Irgendwas an dem munteren, ziellosen Geplapper des Jungen gefiel ihm sogar und sorgte dafür, dass er sich ruhig fühlte. „Du redest nicht viel, was?“ stellte Corey irgendwann schmunzelnd fest, nachdem er ihm im Grunde bereits sein gesamtes Leben in groben Zügen dargelegt hatte. „Nö.“ antwortete Derek wortkarg. Der Junge lachte: „Ist dein Verlobter auch so wie du? Denn dann wird das ein ziemlich langweiliges `Bis dass der Tod euch scheidet´, fürchte ich.“ „Ist er nicht!“ versicherte Derek: „Dann hast du ja Glück!“ urteilte Corey. „Habe ich!“ bestätigte Derek, was weiteres Gelächter des Jungen nach sich zog: „Ein- bis Dreiwort-Sätze. Ist das so eine besondere Spezialität von dir?“ wollte er wissen: „Ist es!“ gab Derek ihm Recht. Corey schüttelte grinsend den Kopf und behauptete: „Du bist irgendwie verdammt süß. Dein Verlobter hat wohl auch ziemliches Glück, was?“ Derek verzog das Gesicht und knurrte leise. Corey blieb davon unbeeindruckt. Er stellte sein Bier ab, nahm Derek bei der Hand und bat mit süßem Augenaufschlag: „Tanzt du jetzt vielleicht doch noch mit mir? Ein Tanz wird dich schon nicht umbringen und ich bin sicher, deinem Kerl macht es nichts aus.“ Und es geschahen wohl doch noch Zeichen und Wunder, denn Derek folgte dem Jungen nun tatsächlich auf die Tanzfläche. Heimlich hoffte er, dass Corey recht behielt und Stiles wirklich nichts dagegen einzuwenden hätte. Dann stellte der Alpha sich vor, wie gerade in dieser Minute ein Stripper mit nichts weiter bekleidet, außer einem silbernen Slip auf dem Schoß seines Gefährten herumrutschte und ihn dabei dreist betatschte! Dagegen war ein unschuldiger Tanz mit einem Fremden doch wohl harmlos, oder etwa nicht? Peter hatte sich obenherum ausgezogen, denn er war wahrlich nicht schüchtern, wenn es darum ging zu zeigen, was er hatte. Er flirtete ein wenig nach allen Seiten und in früherer Zeit hätte er in diesem Moment wohl bereits irgendeinen hübschen, schlanken, ganzkörperenthaarten Burschen zur genaueren Begutachtung mit sich in den Keller genommen, doch irgendwie hatte er neuerdings keine große Lust mehr darauf. Er fragte sich ernsthaft, woran das lag und betete heimlich, dass die Antwort nicht lauten möge: Am Alter! Aber nein, nicht doch! Er war ein attraktiver, dynamischer, sexuell nach wie vor aktiver Wolf, der noch reichlich Leben vor sich hatte. Er vergewisserte sich noch einmal zufrieden der auf ihn gerichteten, hungrigen Blicke seiner Umgebung. Mit einem Mal hatte Peter Isaacs Gesicht vor seinem geistigen Auge. Er wusste selbst nicht, warum er ausgerechnet jetzt an ihn denken musste, aber irgendwie verspürte er einen leichten Ärger deswegen? Früher hatte dies hier mal Spaß gemacht und wenn Isaac ihn in letzter Zeit begleitet hatte, dann war es auch immer gut gewesen. Sie hatten die pheromongeschwängerte Atmosphäre genossen, sich ein wenig daran aufgegeilt und dann waren sie nachhause gefahren und hatten es getrieben, wie liebestolle Wölfe. Aber jetzt amüsierte sich Isaac vermutlich gerade ganz köstlich auch ohne ihn! Und irgendwie wollte Peter das überhaupt nicht schmecken. Er langweilte sich nämlich ganz furchtbar, die Musik fand er mit einem Mal ebenfalls ziemlich dämlich und auf irgendeine unerklärliche Weise war das Isaacs Schuld! Er ließ noch einmal seinen Blick schweifen, war schon fast soweit einfach nachhause zu fahren, um sich dort einen Porno reinzuziehen und ein wenig Druck abzulassen, als er John und Braeden entdeckte, die gerade gar nicht weit von ihm jeder für sich tanzten. Er grinste in sich hinein. Schuldete der Sheriff ihm nicht noch einen Tanz? „Huch!“ rief John Stilinski erschrocken aus und sein Kopf flog herum: „Zum Teufel, Peter! Was tust du denn da? Nimm´ gefälligst deine Pfoten da weg!“ „Ach komm´ schon, Sheriff! Du weißt doch bestimmt, dass du einen echt geilen Arsch hast für einen Mann in deinem Alter, oder? Damit könntest du ja Walnüsse knacken! Trainierst du?“ „Ich... WAS? Hör jetzt sofort damit auf, mir in die Backen zu kneifen! Das mag ich nicht.“ forderte John energisch und versuchte die Hände des Werwolfs fortzuschlagen. Doch so leicht ließ Peter sich freilich nicht abschütteln. Er näherte sich Stiles Vater erneut von hinten, lehnte sich an ihn, wand ihm die Arme um die Taille und legte den Kopf auf dessen Schulter ab: „Komm´ schon, Johnny! Mir ist sooo langweilig!“ maulte er: „Spiel´ mit mir, ja?“ Er platzierte einen kleinen Kuss im Nacken des Sheriffs. Stilinski blieb wie angewurzelt stehen. Von Braeden, die sich das Katz-und Mausspiel mit zugleich mitleidigem, wie amüsiertem Blick anschaute, war scheinbar keine Rettung zu erwarten: „Ich dachte, deine Spielgefährten wären für gewöhnlich maximal halb so alt wie ich, also was soll dieses Theater?“ fragte John ärgerlich, ohne den Werwolf erneut abzuschütteln: „Das ist doch bloß üble Nachrede und überhaupt nicht wahr!“ behauptete Peter: „Ich bin sehr vielseitig und flexibel, weißt du? Und ich mag Jungs wie dich, mit euren Charaktergesichtern und den grauen Schläfen. Ihr habt Ausdauer, Geduld und ihr schmeckt herbsüß, wie gereifter Wein!“ „Wehe du leckst jetzt an mir! Ich bin in verschiedenen Kampfsportarten ausgebildet!“ rief John entsetzt aus. Peter kicherte: „Weißt du, was ich so heiß an dir finde, Sheriff? Es ist diese leichte Röte, die aus deinem Hemdkragen aufsteigt, sich über deinen Hals fortsetzt und sich dann auf deinem Gesicht ausbreitet, immer dann, wenn du dir einen ganz kleinen Moment lang in einer finsteren Kammer deines Hirns vorstellst, wie es wohl wäre mit uns beiden. So wie jetzt gerade.“ „Du kennst wirklich keine Scham, was Peter?“ fragte der Sheriff, löste Peters Griff um seine Taille, drehte sich um und trat ein Stück zurück, um Dereks Onkel anschauen zu können. Peter grinste: „Ist das eine rhetorische Frage?“ wollte er wissen. John seufzte kopfschüttelnd forderte: „Du kannst doch nicht allen Ernstes annehmen, dass du jemals eine Chance bei mir hättest, Peter? Selbst jemandem wie dir muss doch im Grunde klar sein, dass das nicht läuft? Dir geht es doch bloß darum, dich zu amüsieren und mich in Verlegenheit zu bringen, richtig?“ Peter setzte sein, als eingetragenes Warenzeichen patentiertes Schurkenlächeln auf: „Vielleicht würde es dir aber gefallen, Johnny? Vielleicht eröffnet es dir neue Horizonte und du lernst dich von einer bislang unbekannten Seite kennen?“ „Was ist denn überhaupt mit Isaac.“ wollte der Sheriff wissen: „Denkst du nicht es würde ihn verletzen, wenn du hier versuchst, andere Kerle auf´s Kreuz zu legen?“ Peter verzog das Gesicht: „Isaac und ich haben ein Abkommen. Wir gehören einander nicht. Ich bin ein freier Mann und kann machen, was ich will und für ihn gilt dasselbe.“ „Und dennoch warst du seit Monaten nur mit ihm zusammen, wie ich höre?“ erwiderte John mit wissendem Blick: „Vielleicht eröffnet das Zusammensein mit diesem Jungen ja DIR neue Horizonte und du lernst DICH SELBST von einer bislang unbekannten Seite kennen? Du hast doch schon wirklich alles mit absolut jedem getrieben. Du hast doch wirklich nichts ausgelassen, oder versäumt, Peter. So wie ich das sehe wartet auf dich nun nur noch ein einziges, letztes Abenteuer und das nennt sich WAHRE LIEBE.“ Peter schmollte: „Pah! Du bist echt eine Spaßbremse, weißt du das, Sheriff?“ „Ach, du armer Kerl. Du hast mein Mitgefühl. Und nun komm´ mit mir, ja?“ erwiderte John. „Wohin gehen wir denn?“ wollte Peter wissen: „Hast du etwa deine Meinung geändert? Gehen wir in den Keller?“ John lachte auf. Kopfschüttelnd gab er zurück: „Mit Sicherheit nicht. Wir gehen jetzt an die Bar und ich erzähle dir von meiner verstorbenen Frau und von der Liebe. Und wenn du mich nebenbei ein wenig abfüllst, dann tanze ich am Ende vielleicht doch noch ein wenig mit dir.“ Und auch wenn das sicher nicht das war, was Peter ursprünglich im Sinn gehabt hatte, folgte er dem Sheriff dennoch, hockte sich neben ihn auf einen Barhocker, bestellte zwei Gläser Whiskey und lauschte. Kapitel 38: All the way, Teil 4 – Segen und Torte ------------------------------------------------- „Siehst du! Wir sind gar nicht zu spät. Die Bräute sind auch noch gar nicht da.“ stellte Peter nicht eben leise fest, als er und Isaac atemlos als Letzte in die Kapelle gestürmt kamen und sich hektisch ihre Plätze suchten, so dass einige der anderen Hochzeitsgäste sich bereits genervt nach ihnen umzublicken begannen. Isaac besaß wenigstens den Anstand, ein wenig zu erröten, doch Peter schien das alles nicht im Geringsten zu kratzen. Auch nicht die Tatsache, dass es sehr still in der Kapelle war, weshalb auch jeder hören konnte, was er als nächstes zu sagen hatte: „Da hätten wir auch noch für eine zweite Runde im Bett bleiben können, wenn Stiles und Derek eh´ noch nicht hier sind. Das ist echt unhöflich von den beiden!“ „Shh!“ machte irgendwer in der ersten Reihe: „Ach halt die Klappe!“ erwiderte Peter streitlustig. Isaac war in seinem Sitz immer kleiner geworden und weil er sich keinen anderen Rat wusste, um Peter zum Schweigen zu bringen, gab er den Lippen des Älteren eben etwas Besseres zu tun: „Halt doch jetzt einfach mal selbst die Klappe, Babe!“ forderte er sanft und küsste ihn. „Also gut, Lämmchen. Aber nur weil du es bist.“ versprach Peter. Eigentlich hatte Peter gestern noch angenommen, dass er und Isaac sich vor der Hochzeitsfeier gar nicht mehr sehen würden, doch als er von dem Junggesellenabschied nachhause gekommen war, war der Junge schon dagewesen und hatte nackt, betrunken und süß vor sich hin schnörchelnd in ihrem Bett gelegen. Als Peter sich dann dazugelegt hatte, war Isaac aufgewacht, hatte sich auf ihn gerollt und gelallt: „Da bissu ja endlich!“ „Und du bist auch hier!“ hatte Peter da überaus scharfsichtig festgestellt: „Gab´s denn gar keine heißen Typen, da wo heute Nacht gewesen bist?“ „Dassin bloß Jungs!“ hatte Isaac da gekichert: „Abba ich mag DICH!“ Und dann hatte er ihm ausgiebig gezeigt, wie sehr er ihn mochte und Peter hatte das gefallen. Jetzt hingegen auf dieser total öden Veranstaltung zu sein gefiel ihm nicht besonders. Er blickte sich gelangweilt um, rollte mit den Augen, blies die Backen auf, musterte die anderen Gäste, bis sein Blick schließlich an etwas hängen blieb, was er kaum fassen konnte: „Ich glaub´s ja nicht! Hat Stiles den Kerl tatsächlich eingeladen?“ rief er aus und deutet auf Deucalion, der ganz still und bescheiden am Rand saß und nun, da über ihn gesprochen wurde, flüchtig zu Peter hinüberschaute. „Was ICH nicht glauben kann ist, dass Derek dieser Einladung tatsächlich zugestimmt hat? Hat er aber, Stiles hat´s mir selbst erzählt.“ gab Isaac achselzuckend zurück. Peter schaute Isaac ungläubig an: „Mein Neffe lässt sich von seinem kleinen Bräutigam wirklich gründlich weichkochen. So etwas könnte mir jedenfalls nicht passieren!“ Isaac grinste vielsagend und damit sie dies nicht weiter vertiefen mussten, fragte Peter rasch: „Wer ist eigentlich das Sahneschnittchen, das da neben meinem Kumpel Deuc sitzt? Halten die Zwei etwa Händchen? Das ist ja widerlich! Hat der Kleine vielleicht eine Wette verloren und muss deswegen jetzt den Altenpfleger für diesen blöden Penner spielen?“ „Das ist Jackson, einer der Jungs aus dem Café. Die beiden haben sich vor kurzem kennengelernt. Ich denke, sie mögen sich.“ informierte ihn Isaac. Peter verzog angewidert das Gesicht, doch ehe er darauf noch etwas erwidern konnte, ertönte Musik; das Präludium in C-Dur von Johann Sebastian Bach und das Hochzeitspaar erschien in der Kapellentür, um nun Hand in Hand ganz langsam und bedächtig den Mittelgang hinab zu schreiten. Die beiden schienen ganz der Welt entrückt und hatten nur Augen für einander, während die wohlwollenden Blicke aller Gäste auf ihnen ruhten. Einzig Peter gähnte herzhaft, streckte sich in der Sitzbank lang aus und legte bequem den Kopf auf Isaacs Schulter ab. Dieser riss seinen Blick einen kurzen Moment lang von den Bräutigamen los, schaute gutmütig-verliebt auf seinen Gefährten hinab und drückte ihm einen Kuss auf das Haar. In der ersten Reihe erhob sich nun Deaton, trat mit feierlicher Miene vor das Bräutigamenpaar hin und räusperte sich. Derek und Stiles war es irgendwie logisch vorgekommen, dass Alan die Trauung vollziehen sollte und so hatten sie ihn gefragt und er hatte diese große Ehre erfreut angenommen. Niemandem war es auch nur eine Sekunde lang komisch vorgekommen, dass der Druide, der Bewahrer einer uralten, heidnischen Religion, die das Christentum trotz aller Bemühungen nicht ganz hatte ausmerzen können, sich dazu zu einem christlichen Priester weihen lassen musste, damit es legal war. Und nun stand Deaton da und sprach in salbungsvollen Worten über die Leben, das Kennenlernen und die Beziehung der beiden Männer, sowie über die Liebe im Allgemeinen. Als Peter es vor Langeweile nicht mehr aushielt, flüsterte er Isaac zu: „Ich dachte, wenigstens einer von ihnen würde weiß tragen. Ich hatte es mir so schon so schön ausgemalt: Mein Neffe in einem schulterfreien Corsagenkleid, eine A-Linie vielleicht, um seine ausladenden Hüften zu verbergen und ein Schleier über der schlecht gelaunten Grumpy-Cat-Visage...“ Derek hörte natürlich jedes Wort, doch er würde seinem Onkel nicht die Genugtuung gönnen, seine Frechheit mit irgendeiner Reaktion zu würdigen. Isaac flüsterte zurück: „Breite Hüften? Wovon sprichst du überhaupt? Dir ist schon klar, dass Derek vermutlich einer der schönsten Männer auf dem Planeten ist, oder?“ „Hey!“ protestierte Peter: „Ich dachte, du bist MEIN Freund. Da darfst du doch überhaupt nicht solche Sachen über einen anderen Mann sagen! All´ deine Liebe und Bewunderung sollte allein mir gelten!“ „Ach ja? Seit wann denn das?“ fragte Isaac mit einem frechen, kleinen Grinsen und genoss diesen Moment, denn immerhin war es Peters eigene Schuld, weil er bei jeder Gelegenheit seine Unabhängigkeit betonte. Isaac verpasste es jedes Mal einen kleinen Stich im Herzen. Darauf hatte das Großmaul Peter tatsächlich mal keine Antwort parat und Derek lachte heimlich in sich hinein. Zum Glück verpasste er vor lauter Schadenfreude nicht die Stelle, an der er sagen musste: „Ja, ich will!“ Als Stiles, der sehr wohl gemerkt hatte, dass sein Gefährte kurz abgelenkt gewesen war, nun an der Reihe war dasselbe zu sagen, ließ er ihn kaltlächelnd ein Weilchen warten und dem großen, bösen Alpha rutschte ein paar Sekunden lang das Herz in die Hose, bis der Jüngere in schließlich erlöste, indem er sagte: „Na darauf kannst du wetten, dass ich dich will, Großer! Schließlich bist du der Hauptgewinn!“ Derek zog ihn daraufhin ungestüm an sich und unter dem Applaus und den Jubelrufen der Hochzeitsgäste küssten sie sich endlich. Die gesamte Hochzeitsgesellschaft folgte nun den Frischvermählten aus der Kapelle hinaus und nun waren die Gäste an der Reihe, sich ihre Küsse und Umarmungen von ihnen abzuholen. Selbstverständlich hasste Derek diesen Teil der Veranstaltung aus tiefstem Herzen, doch er ließ es tapfer über sich ergehen, ohne jemanden anzuknurren, oder zu beißen. Und als Sheriff Stilinski ihn dann an sich zog und sagte: „Herzlich willkommen in der Familie, mein Junge!“, da lächelte er sogar. Nun ging es zur nächsten Station dieses Tages. Die Gäste stiegen in unterschiedliche Fahrzeuge und folgten dem Camaro, in dem das frisch gebackene Ehepaar saß. Der Autokorso fuhr unter lautem Hupen einmal quer durch die Stadt zum Café, an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift „Geschlossene Gesellschaft“ prangte. Dort hatten fleißige Wichtel bereits Heißgetränke vorbereitet, sowie ein reichhaltiges Kuchenbuffet, gekrönt von einer einen Meter hohen Hochzeitstorte, mit einem Männerpaar in schwarzen Smokings aus Marzipan obenauf. Doch ehe es ans Schlemmen ging, kamen die Reden. Danny verteilte Sektgläser und Sheriff Stilinski war der Erste, der das Wort ergriff. Er sprach darüber, wie sehr er sich wünschte, dass Stiles Mutter Claudia heute hier sein könnte, gab ein paar Anekdoten aus der Kindheit seines Sohnes zum besten, bis Stiles stöhnte: „Oh, bitte nicht Dad! Was sollen denn die Leute von mir denken?“ Irgendwann kam John in seiner Ansprache zu der Stelle, als er durch sein mangelndes Verständnis sein einziges Kind aus dem Haus getrieben hatte und ihm kamen die Tränen. Es war beinahe so, als wolle der Sheriff durch sein Bekenntnis zu seinem väterlichen Versagen vor versammelter Mannschaft Buße tun. Stiles brach es ein wenig das Herz. Er trat vor seinen Vater hin und schloss ihn in seine Arme: „Ich liebe dich, Dad!“ versicherte er: „Ich liebe dich auch, Sohn!“ erklärte John mit brüchiger Stimme und um sie beide herum gab es zahlreiche Personen, die nun nach Taschentüchern kramten, sie die Augen tupften und die Nasen schnäuzten. Schließlich straffte John die Schultern und brachte mit fester Stimme seine Rede zu Ende, indem er erklärte, wie glücklich es ihn machte, dass Stiles nun glücklich sei. Er wünschte dem Paar, dass sie so glücklich werden mochten, wie er es mit seiner Claudia gewesen sei und er strahlte über das ganze Gesicht, als er damit schloss, wie sehr er sich darauf freute, schon bald sein Enkelkind im Arm zu halten. Deaton, Stiles Freunde und sogar Braeden sagten noch ein paar liebevolle Worte zu den Bräutigamen, doch als sich dann Peter ebenfalls anschickte, eine Rede zu halten, fürchtete jeder natürlich das Schlimmste, doch wie immer war er auch heute wieder für eine Überraschung gut: „Lieber Stiles, lieber Derek...“ begann er und erhob sein Glas: „... ich verstehe zwar beim besten Willen nicht, warum zwei Menschen sich freiwillig lebenslang Ketten legen möchten, aber ihr beide hättet es wohl schlechter treffen können, vermute ich? Stiles, ich weiß noch, als wir zwei uns kennenlernten und ich dich für einen Stricher hielt... ach ja, die guten alten Tage. Ich denke gern daran zurück!“ Die meisten Anwesenden lachten, Derek knurrte vor sich hin und Peter fuhr fort: „Und nur für den Fall, dass es dir mit dem großen Griesgram einmal zu langweilig wird: Mein Angebot steht immer noch, und das meine ich selbstverständlich im wörtlichen Sinne.“ Weiteres Gelächter und Stiles, der ein angewidertes Gesicht machte und einen Muffin nach seinem Schwiegeronkel warf, welchem dieser geschickt und kichernd auswich: „Du weißt, ich liebe dich, Kleiner und ich bin froh dass Derek nun dich hat. Durch dich hat er seine Lachmuskeln wiederentdeckt.... und vermutlich auch seinen Penis?“ Nun war es Braeden, die Peter mit Gebäck bewarf, doch dieser ließ sich nicht beirren: „Derek, du bist vermutlich so etwas wie mein moralischer Kompass und es gibt ein, zwei Leute die behaupten, dass ich so etwas gut gebrauchen könnte, auch wenn ich absolut keine Ahnung habe, wie sie das meinen könnten? Ich finde, du bist eine schreckliche Nervensäge und irgendwas sagt mir, dass du dasselbe über mich denkst, aber eines habe ich dir noch nie gesagt: Ich liebe dich, Mann!“ Derek klappte die Kinnlade herunter, doch er konnte nichts darauf erwidern, weil Peter bereits weitersprach: „Und darum bin ich auch froh, dass du nun jemanden an deiner Seite hast, der es tatsächlich mit einem schrulligen, langweiligen Kerl wie dir aushält. Stiles, dafür hast du im Übrigen meine Hochachtung! Und nun liebe Anwesende, lasst uns auf die Jungs anstoßen, denn ich will endlich was von der Hochzeitstorte haben! PROST!“ Tatsächlich hoben die Gäste nun ihre Gläser und tranken auf das Glück des Paares. Dann war Ethan mit einem Messer zur Stelle, reichte es den Bräutigamen und diese schnitten sich das erste Stück Torte ab, um sich daraufhin, in Ermangelung einer Gabel, gegenseitig mit den Fingern damit zu füttern, was selbstverständlich zu einer mittelschweren Sauerei wurde, welche beide dann mich einem Kuss nur noch schlimmer machten. Die Gäste lachten ausgelassen und Mason kam mit Servietten angelaufen. Dann erst bekamen endlich auch alle anderen etwas von der köstlichen Torte ab. Isaac schlenderte mit seinem Teller zu Peter hinüber und sagte leise: „Also das mit dieser Rede... das hast du toll gemacht, Liebling!“ „Ach die hat sich beinahe von selbst geschrieben. Ich meine, schau dir meinen Neffen doch mal an! Der Kerl IST schrullig und langweilig!“ erwiderte Peter, die Worte des Jüngeren absichtlich missverstehend. Isaac rollte mir den Augen: „Du weißt genau wovon ich spreche, du kleiner Spinner! Einer von euch beiden musste mal das Eis brechen und ich bin stolz auf dich, das DU es gewesen bist.“ Peter schenkte seinem Gefährten ein schelmisches Grinsen und stahl sich eine Gabel voll Kuchen von seinem Teller. Kapitel 39: All the way, Teil 5 – Für immer! -------------------------------------------- Die Gäste hatten sich mittlerweile, versorgt mit Kaffee und Kuchen, in kleinen Grüppchen auf die Tische verteilt, oder standen, in angeregte Gespräche vertieft in den Ecken des Cafés herum. Stiles passte den Moment ab, als Jackson einmal kurz auf dem Klo verschwand, um sich zu Deucalion zu setzen: „Wie geht’s dir, böser Wolf?“ fragte er mit einem kleinen Lächeln: „Anders irgendwie. Besser!“ versicherte der Alpha eigenartig schüchtern. Dann fügte er in sehr ernstem Ton hinzu: „Stiles, ich würde dir gern so vieles sagen, weißt du? Was ich dir angetan habe... es ist einfach unverzeihlich.“ Er seufzte schwer: „Dennoch bist du es gewesen, der mich... der mich in gewisser Weise von all´ dem erlöst hat. Ich stehe tief in deiner Schuld. Ich war ein Monster; nicht nur zu dir. Es gibt so vieles was ich bereue und nie wieder gut machen kann. Ich wünschte ich könnte...“ Er stockte. Dies hier war ihr erstes richtiges Gespräch, welches über ein paar höfliche Floskeln und die telefonische Hochzeitseinladung hinausging, seit Deucalion damals versucht hatte, Stiles zu töten, wobei es dann so vollkommen anders gekommen war, weil Stiles sie beide mit Fähigkeiten, die nicht einmal er selbst so wirklich verstand, auf eine intensive, heilsame und wirklich verrückte Reise in Deucalions Vergangenheit geschickt hatte. Stiles ergriff die Hand des Älteren und unterbrach ihn: „Vergiss es einfach, Kumpel! Die Vergangenheit kann man eben nicht ungeschehen manchen, also ist es müßig, darüber nachzudenken. Das wirklich Entscheidende ist die Zukunft. Sie wird darüber entscheiden, welche Art Mann du bist. Mach´ etwas draus!“ Deucalion sah aus, als ob er etwas erwidern wollte, doch er nickte bloß und so fragte Stiles: „Also Jackson und du, ja? Ist das wirklich etwas Ernstes? Ich dachte er wäre so furchtbar hetero?“ „Ist er nicht, das kann ich mit Sicherheit sagen.“ erwiderte der Alpha mit einem leisen Lachen: „Ob es etwas Ernstes ist, kann ich allerdings noch nicht mit Gewissheit sagen, aber ich mag ihn!“ „Tja, was gibt es da auch nicht zu mögen, bei dieser.. enormen Ausstattung?“ kicherte Stiles. Deucalion blickte überrascht auf und wollte wissen: „Woher kennst du denn seine Ausstattung?“ „Das würdest du wohl gern wissen, wie?“ neckte ihn der Jüngere: „Aber keine Sorge, wir hatten lediglich den Schulsport gemeinsam. Und hinterher unter der Dusche, da hält ein aufgeweckter junger Mann wie ich, der sich Fragen über seine eigene sexuelle Ausrichtung stellt nun einmal die Augen offen.“ „Verstehe!“ lachte der Ältere und Stiles wollte wissen: „Hast du Jackson eigentlich bereits erzählt, was du bist?“ Der Alpha schüttelte den Kopf: „Zu früh! Er würde es sicher nicht verstehen und sich zu Tode erschrecken, meinst du nicht?“ „Vermutlich?“ stimmte Stiles zu: „Ich wünsche euch beiden jedenfalls viel Glück.“ Deucalion lächelte: „Das wünsche ich dir und Derek auch. Danke, dass du mich eingeladen hast. Es war eine sehr schöne Zeremonie!“ Stiles erwiderte das Lächeln: „Danke, Mann, es freut mich, dass du das sagst. Aber ich denke, ich muss mal wieder weiter, ehe die Buttercremetorte alle ist. Peter schaut die Reste gerade so gierig an und da will ich ihm zuvorkommen. Aber schau, da kommt Jackson auch schon wieder, also bist du nicht allein im Feindesland!“ Mit diesen Worten erhob sich der junge Beta wieder, steuerte auf direktem Weg das Kuchenbuffet an und schnappte dem verblüfften Peter kalt lächelnd das letzte Stück Buttercreme vor der Nase weg: „Du hast Glück, dass du nun zur Familie gehörst, sonst müsste ich dich jetzt töten!“ behauptete der Ältere säuerlich. Stiles lächelte süß, reichte seinem Gegenüber eine Gabel und schlug gutmütig vor: „Ach ja? Aber wenn wir nun Familie sind, dann können wir ja auch genauso gut teilen. Was hältst du davon?“ Peter schien dieser Vorschlag wieder zu versöhnen, also machten sie es auch genau so, wobei sie sich natürlich einen Spaß daraus machten, zu versuchen, sich gegenseitig die leckersten Happen und die bunten Zuckerröschen vom Teller wegzuschnappen. Die Gäste schienen sich prächtig zu amüsieren und ihren Sugar-Rush zu genießen, doch der Kuchen war noch halb nicht einmal verdaut, da gab es dann auch schon wieder etwas zu essen, denn ein Catering-Service lieferte am Nachmittag ein große reichhaltige Auswahl an Salaten und Finger-Food. Gegen Abend, als die Gäste nach all´ dem herumsitzen und der Völlerei ein wenig unruhig zu werden begannen, nahm die gesamte Hochzeitsgesellschaft schließlich einen Ortswechsel vor. Sie bestiegen ein weiteres Mal ihre Autos und fuhren los, denn die Bräutigame hatten in der Nähe einen kleinen Saal gemietet. Dort warteten bereits ein DJ und reichlich Servicepersonal darauf, den Feiernden einen schönen Abend zu bereiten. Es wurde leise Musik gespielt und die Gäste verteilten sich im Raum. Mit einem Mal jedoch verstummte die Musik und Derek nahm seinen frisch Angetrauten bei der Hand und führte ihn in die Mitte des Raumes. Der überrumpelte Stiles hatte keinen Schimmer, was nun wohl kommen mochte, folgte ihm ganz einfach und blickte ihn gespannt an. Derek räusperte sich, ehe er in feierlichem Tonfall zu sprechen begann: „Mein Liebster, mein Gefährte, … mein Ehemann! Du weißt, ich bin kein großer Redner, aber an einem Tag wie heute mache ich wohl einfach mal eine Ausnahme.“ Er hielt kurz inne, ehe er fortfuhr: „Stiles, ich muss dir sagen, dass ich dich wirklich nicht habe kommen sehen. Du warst die große Überraschung in einem ansonsten übersichtlichen und planvollen Leben. Und du hast alles verändert! Bevor ich dich traf, war ich eigentlich recht zufrieden mit mir selbst allein, habe gemütlich vor mich hin gelebt, in meiner Wohnung herrschte immer Ordnung, ich hatte meine Ruhe... und dann kamst DU!“ Die Anwesenden lachten, doch Derek fuhr unbeirrt fort, den Blick fest auf Stiles geheftet: „Ich hatte keine Ahnung, wie leer und belanglos mein Leben war, bevor du als rastloser, lustiger, nervöser, mutiger, quirliger, chaotischer, plappernder, liebenswerter Wirbelwind darin zu wüten begonnen und dadurch alles durcheinander gebracht hast. Doch nun bist du da, hältst es aus irgendeinem unerfindlichen Grund mit einem Langweiler wie mir aus und hast heute sogar versprochen, dass es für immer sein soll? Ich kann immer noch nicht verstehen, womit ich so viel Glück überhaupt verdient habe. Ich liebe dich, Stiles.“ Stiles schluckte und in seinen Augen stand längst das Wasser, doch Derek war noch nicht fertig: „Mir wurde von mehreren Seiten nahegelegt, dass zu einer richtigen Hochzeit auch ein erster Tanz gehören würde. Wie du weißt tanze ich nicht. Dennoch ich habe in den letzten Wochen für dich ein wenig geübt. Darf ich dich nun also bitten?“ Derek nahm Stiles Linke in seine eigene Rechte und legte sich dessen rechte Hand auf die Schulter, während er seine eigene linke Hand in Stiles Taille legte. Stiles, der nicht wusste, was nun kommen mochte, ließ ihn einfach gewähren. Schließlich nickte Derek dem DJ zu und es ertönten die ersten Töne von Shostakovichs „Walzer Nr. 2“ „Nicht dein Ernst?“ fragte Stiles und begann zu lachen. Die Gäste rückten ein wenig weiter in Richtung der Wände, um dem Paar mehr Raum zu geben und so begannen die beiden nun also einen Walzer zu tanzen. Stiles brauchte einen kleinen Moment, um sich an die Schritte zu erinnern, die er früher einmal in der Schule gelernt hatte, aber es half, das Derek ihn führte und das er einfach nur folgen musste. John hatte sogleich sein Handy gezückt, um diesen Moment im Film festzuhalten und als der Tanz vorüber war, applaudierten die Anwesenden und das Paar küsste sich noch einmal. Nachdem er die Verpflichtung des Eröffnungstanzes hinter sich gebracht hatte, verließ Derek, Stiles hinter sich herziehend erleichtert die Tanzfläche und flüchtete sich an einen der Tische. Der DJ begann damit, moderne Musik zu spielen und nun waren die Gäste an der Reihe zu tanzen: „Das war schön, Baby!“ versicherte Stiles mit Rührung in der Stimme: „Danke für deine schönen Worte und den Tanz! Ich weiß, du hasst diese Situationen, wo du im Mittelpunkt stehst und ich weiß auch, dass du es nur für mich getan hast. Vielen Dank!“ Derek wollte gerade etwas erwidern, doch er kam nicht dazu, denn genau dies erschien Peter wohl der rechte Moment zu sein, aus dem Nichts aufzutauchen und gehässig zu erklären: „So, so! Du tanzt also nicht gern, Neffe? Und was war mit dem süßen Jungen letzte Nacht? Es hat nicht so ausgesehen, als hätte der dich mit vorgehaltener Waffe zum Tanzen gezwungen.“ „Süßer Junge? Was für ein süßer Junge denn?“ fragte Stiles streng: „Du bist eine blöde Petze!“ schimpfte Derek in Richtung seines Onkels. Zu Stiles sagte er reumütig: „Es war bloß ein Tanz. Und ich habe die ganze Zeit nur von dir gesprochen und davon wie großartig du bist, ehrlich! Du weißt doch, dass es für mich niemand anderen gibt, außer dir.“ „So ist es recht! Ich verzeihe dir! Aber zur Strafe musst du jetzt dabei zuschauen, wie ich mit Peter tanze.“ erwiderte Stiles grinsend, schnappte sich Dereks grinsenden Onkel und kehrte zur Tanzfläche zurück. Dort blieb er eine ganze Weile, tanzte nicht nur mit Peter, sondern ebenfalls mit Scott, Allison, seinem Vater, Melissa McCall, Braeden und beinahe jedem anderen Partygast, kam nur gelegentlich zu Derek an den Tisch, um zu verpusten und eine Kleinigkeit zu trinken, bis er um kurz nach zehn endlich ein Erbarmen hatte: „Denkst du, sie bemerken es, wenn wir uns einfach unauffällig verziehen und die Anderen ohne uns weiterfeiern lassen?“ flüsterte er in Dereks Ohr. Der finstere Ausdruck wich schlagartig vom Gesicht des Alphas: „Und wenn schon? Es ist unser Tag, da können wir tun und lassen, was wir wollen, richtig.“ frohlockte er. Und so nahmen die beiden sich bei den Händen, und verschwanden ganz klammheimlich von ihrer Hochzeit. Lediglich John winkten sie im Hinausgehen noch einmal kurz zu und weg waren sie. Sie stiegen in Dereks Auto und dieser startete den Motor: „Hey! Das ist aber nicht der Weg nachhause?“ stellte Stiles nach kurzer Fahrt fest: „Das ist richtig. Wir fahren auch nicht nachhause. Für unsere Hochzeitsnacht habe ich mir etwas Besonderes überlegt. Du weißt doch genau, wie es ansonsten laufen würde: Irgendwann würde Peter mit seinem Zweitschlüssel bei uns einbrechen, unter dem Vorwand, sich dringend einen Liter Milch, oder was auch immer borgen zu müssen. Wir sind dann wahrscheinlich gerade dabei, die Ehe zu vollziehen, und er, bar jeden Schamgefühls, würde sich erst einmal gemütlich daneben hocken und Haltungsnoten vergeben. Tut mir leid, aber so habe ich mir diese besondere Nacht nicht vorgestellt!“ Mit diesen Worten hielt er den Wagen vor einem imposanten, alten Gebäude. „Das Fairmont-Hotel?“ fragte Stiles unsicher und sie entstiegen dem Wagen, der ihnen von einem Pagen geöffnet wurde: „Das wird aber verdammt teuer werden!“ „Mach´ dir darüber keine Gedanken, Baby. Das wird es mehr als wert sein, wenn ich dich dafür ein paar Tage für mich habe.“ „Tage?“ lachte Stiles: „Was hast du vor? Für irgendeine schräge, versaute Olympiade trainieren?“ „Wenn es da die Disziplin geben würde, die mir gerade vorschwebt, dann räumen wir mit Sicherheit die Goldmedaille ab!“ bestätigte Derek anzüglich und holte eine kleine Reisetasche aus dem Kofferraum, ehe er den Schlüssel des Camaro an den Parkservice übergab. An der Rezeption wurde Derek sogleich überschwänglich mit „Herzlich Willkommen, Mister Hale“ begrüßt, was Stiles darin bestätigte, dass sein Ehemann sich diesen Spaß offenbar einiges kosten ließ, denn sicherlich würde hier nicht jeder x-beliebige, schnöde Übernachtungsgast auf die gleiche Weise empfangen werden? Der Verdacht bestätigte sich, als Stiles erkannte, dass Derek ganz offenbar das Penthouse für sie gemietet hatte: „Du hast sie doch nicht mehr alle!“ zischte er, so dass der Concierge, der sie hierher führte nicht sogleich hörte: „Willst du uns in Armenhaus bringen?“ Derek grinste bloß: „Du übertreibst, mein Liebling. Erstens hatte ich vor, nur einmal im Leben zu heiraten, also ist es bloß eine einmalige Ausgabe, zweitens will ich dich nach Strich und Faden verwöhnen und drittens kann ich es mir leisten, weil du nämlich eine gute Partie gemacht hast, weißt du? Also sei lieb und sag „Das ist ja eine schöne Überraschung! Danke, Geliebter!“ Denkst du, du bekommst das hin, Stiles?“ Der Jüngere grinste böse und sagte lauter als nötig: „Danke, Sugar-Daddy!“ „Sugar-Daddy? Ich helfe dir gleich!“ knurrte Derek und gab seinem kichernden Ehemann einen Klaps auf den Allerwertesten. Der Page setzte sie, ohne mit der Wimper zu zucken, in ihrem Übergangsdomizil ab, zog sich dann diskret zurück und Stiles begann sogleich, sich überall neugierig umzusehen: „Du bist verrückt, Ehemann!“ stellte er schnell fest: „Da gibt es ein Zimmer mit nichts weiter darin, als einem Billardtisch? Da ist ein Esszimmer mit einer Tafel, die Platz für sechzehn Personen hat? Und die Badewanne ist riesig? Wozu brauchen wir das alles, hm?“ Derek setzte das dreckigste Grinsen auf, welches Stiles je an ihm gesehen hatte, warf sein Jackett ab, löste seine Fliege, begann sein Hemd aufzuknöpfen und erwiderte: „Alles Orte, an denen ich mir dich zu Willen machen kann.“ Stiles lachte und begann ebenfalls damit, sich auszuziehen: „Zu Willen machen, wie? Dazu musst du mich aber erst mal kriegen!“ Er sprintete los. Derek grinste. Er gab ein kleines Knurren von sich und hechtete hinter seinem Gefährten her, doch dieser schien nicht die Absicht zu haben, es ihm allzu leicht zu machen. Sie jagten sich um den großen Esstisch herum, weitere Kleidungsstücke fielen und gerade als es Derek zu dumm wurde und er kurzerhand über den Tisch hechtete, um Stiles zu fangen, entwischte dieser ihm durch die Tür, ließ diese krachend hinter sich zufallen und versteckte sich. Derek fand ihn im Schlafzimmer unter dem Bett, wollte ihn sogleich darunter hervorziehen, war sich seiner Sache bereits vollkommen sicher, doch da schoss Stiles auch schon wieder aus seinem Versteck hervor und die Jagd ging weiter. Es gelang es Stiles immer wieder, seinen Gefährten zu überlisten und ihm zu entwischen, bis dieser ihn endlich in ihrem Salon zu fassen bekam; da waren sie beide längst nackt, erhitzt, außer Atem, wild und ziemlich geil: „Hab´ ich dich!“ knurrte Derek mit rotglühenden Augen und brachte seinen Geliebten mit mit der Wucht seines eigenen Körpers zu Fall, wodurch sie gemeinsam auf einem der Sofas landeten: „Stimmt, großer Wolf, diesmal hast du mich erwischt, also nimm´ dir, was dir gebührt; hol´ dir deine Beute!“ forderte Stiles ihn heraus. Auch seine Augenfarbe hatte sich verändert und er funkelte Derek golden an. Der Alpha LIEBTE diesen Anblick! Sie hatten nicht die Zeit für ein langes Vorspiel, das Verlangen war einfach zu groß und forderte sofortige Triebbefriedigung. Derek konnte allenfalls flüchtig dafür sorgen, dass dies hier für seinen Geliebten nicht zu heftig wurde, doch es war ausgerechnet Stiles, der schließlich zu ungeduldig wurde und atemlos und mit heiserer Stimme flehte: „Verdammt, nun mach´ schon, Baby! Ich will dich! SOFORT!“ Sie kannten einander mittlerweile sehr gut, wussten was dem anderen beim Sex gefiel und was nicht. So wild und leidenschaftlich, wie in diesem Moment war, war es sicherlich nicht mehr alle Tage zwischen ihnen, doch an die Stelle des Reizes des Neuen war eine andere Qualität des Vertrauens und der bedingungslosen Ergebenheit zu einander getreten: Und das war so viel besser! Sie kamen schnell ans Ziel; heftig und gemeinsam. Derek ließ sich atemlos und verschwitzt auf seinen Geliebten fallen und kommentierte lachend: „Verdammt ist das unbequem auf dieser verdammten Couch! Lass´ uns im Bett weitermachen!“ Er schickte sich an, sich aus Stiles zurückzuziehen und sich zu erheben, doch dieser umfing ihn fest mit Armen und Beinen und dachte gar nicht daran, ihn freizugeben: „Also gut, Kleiner. Dann nehme ich dich eben einfach mit was?“ erklärte er gutmütig, erhob sich ein wenig umständlich mit Stiles, welcher wie an seiner Hüfte fest geschweißt war und trug ihn hinüber ins Schlafzimmer. Kaum lagen sie im Bett, verlangte Stiles mit vor Lust tiefer, kehliger Stimme: „Mehr! Ich brauche noch viel mehr von dir!“ Er drehte Derek auf den Rücken und hockte sich ohne Umschweife auf dessen Schoß. Sie liebten sich ein weiteres Mal, nahmen sich dieses Mal jedoch mehr Zeit, ließen einander währenddessen keine Sekunde aus den Augen und bewegten sich dabei wie eins. Verschmelzung! Es war einer jener seltenen, kostbaren Momente, da sich die Grenzen zwischen zwei Individuen scheinbar vollständig aufhoben, man die Einsamkeit der irdischen Existenz überwand und zu einem Ding mit Zwei Seelen wurde. Es war einfach nur Glücksseligkeit! Anschließend lagen die Gefährten zitternd und erschöpft nebeneinander: „Ich liebe dich über alles!“ murmelte Stiles bloß noch müde und im Einschlafen verwandelte der Jüngere sich unvermittelt in seine Wolfsgestalt. Derek blickte im sanften Schein einer Nachttischlampe zärtlich und nachdenklich hinab auf das Tier in seinen Armen, welches sein Ehemann war. Der Wolf war gewachsen, seit er sich zum ersten Mal gezeigt hatte. Damals war er beinahe noch ein Welpe gewesen, nun war er kraftvoll und stattlich, wenn auch noch längst nicht so groß, wie Derek selbst in seiner tierischen Gestalt. Der Alpha spürte plötzlich so etwas wie Stolz in seiner Brust: Aus diesem hilflosen Jungen, als den er Stiles damals kennengelernt hatte, war an seiner Seite ein Mann geworden: Sein Mann! Und was für einer! Derek ahnte bereits seit geraumer Zeit, was Stiles war, beziehungsweise in nicht allzu ferner Zukunft sein würde und heute hatte er die Bestätigung erhalten, denn ganz kurz hatte er das rote Funkeln in den Augen seines Gefährten gesehen, als er das zweite Mal gekommen war. Es war nur für den Bruchteil von Sekunden da gewesen, aber Derek hatte dennoch keinen Zweifel an dem, was er da erblickt hatte. Er würde es jedoch noch niemandem verraten, nicht einmal Stiles selbst, denn diesen Prozess, dieses WUNDER durfte man nicht versuchen zu forcieren. Es würde ganz einfach von allein geschehen und wenn es soweit wäre, dann würde Derek selbst ohne Zögern zur Seite treten und Stiles den Platz überlassen, welcher ihm rechtmäßig zustand. Derek selbst war ohnehin nie wirklich zum Alpha bestimmt und auch nie besonders gut darin gewesen. Und er war ehrlich genug zu sich selbst, um sich dies einzugestehen. Stattdessen würde Derek seine Stärke und Erfahrung in die Dienste seines Geliebten stellen, wenn die Zeit gekommen war und er würde Zeuge werden, wie dieser größer und mächtiger werden würde, als je ein Alpha gewesen war, den er zu seinen Lebzeiten kennengelernt hatte; wahrscheinlich sogar mächtiger, als seine geliebte Mutter Talia es einst gewesen war. Mit diesem Gedanken und einem Lächeln auf den Lippen schlief nun auch Derek ein, eng an den warmen, pelzigen Körper seine Gefährten geschmiegt. Nachwort: Es ist vollbracht! Diese Geschichte ist endlich vollendet! Ich danke allen, die mir bis hierhin die Treue gehalten haben und hoffe, ihr hattet beim Lesen so viel Spaß, wie ich beim Schreiben? Nun bin ich gleichermaßen glücklich, diesen Abschluss hinbekommen zu haben, wie ich traurig bin, weil jede beendete Story auch immer wie ein kleiner Abschied ist. Liebe Grüße, Eure Ginger Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)