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Der Sturz des Mephistopheles

[Erwin x Levi]
von

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Die Nacht der Premiere

Es ist ein Abend der Geselligkeit und doch bin ich allein. Bewegungslos stehe ich am Rande der Treppe im obersten Stockwerk des Alexandrinski-Theaters in Petrograd. Meine Hände, die zur linken Seite ein schlichter, silberner Ring ziert, ruhen auf dem schmiedeeisernen Geländer, über das ich mich gebeugt habe, um einen Blick auf die Menschen unter mir erhaschen zu können. Es ist ein Samstagabend im April 1917. Wie die anderen, so trage auch ich Abendgarderobe. Einen mitternachtsblauen Smoking aus Wolle mit einer farblich passenden Hose. Darunter ein schneeweißes Hemd mit Stehkragen, eine weiße Fliege und eine Weste aus cremefarbener Seide. Im Revers meines Smokings steckt ein winziges Bouquet. Für gewöhnlich meide ich derartige Kleidungsstücke, denn ich bin nicht sonderlich groß, und der Schwalbenschwanz verkürzt meine Silhouette optisch darüber hinaus.

Ich trage Lackschuhe, die ich so gründlich poliert habe, dass sich das Licht der unzähligen Lampen darin spiegelt. Ich habe es selbst getan und es nicht dem Personal überlassen, denn wenn man etwas anständig durchgeführt wissen möchte, erledigt man es am besten selbst.

Wenngleich ich mein Haar, bevor ich das Haus verließ, säuberlich mit einem Kamm und Pomade zurück gekämmt habe, rutschen mir immer wieder dicke schwarze Strähnen in die Stirn. Ich lasse sie gewähren. Es ist nicht so, als würde mich hier jemand außer meinen engsten Freunden kennen. Falls Sie sich fragen, warum, so lassen Sie mich Ihnen folgendes über meine Person mitteilen: Ich bevorzuge es, unerkannt zu bleiben, denn die alleinige Nennung meines Namens würde einiges an Aufregung verursachen – vor allem an einem Abend wie diesem. Und wenn es eines gibt, dass ich nicht ausstehen kann, dann unbegründete Aufregung. Es ist besser für mich und meine Stimmung, ich verbleibe im Hintergrund.

Ich schließe die Augen und atme tief durch. Um mich herum ertönt das Lachen von Menschen, das leise Säuseln freudiger Stimmen, die gedämpften Töne des Streichorchesters im Erdgeschoss. Die Aufführung ist bereits vorüber, und doch verbleiben die meisten noch für eine Weile in den weitläufigen Hallen. Sie flanieren die Gänge auf und ab, unterhalten sich mit ihren Freunden und Bekannten, sehen und werden gesehen. Alle klingen sie heiter und gelöst und wenngleich mein Gesicht dies nicht widerspiegelt, bin ich insgeheim froh darüber, dass die Menschen einen angenehmen Abend verbringen konnten. Letztlich bin ich der Grund für ihre Anwesenheit in diesen Mauern. Es ist ihre Gunst, die mein Gehalt sichert.

Sie fragen mich, wer ich bin? Mein Name ist Levi Ackerman, meineszeichens Autor. Das Drama, dass man hier heute Nacht spielte, entstammt meiner Feder. Um es etwas genauer auszudrücken: Es war nicht nur eine simple Aufführung, nein. Es war die Premiere.

Wissen Sie, Premieren sind immer etwas Besonderes. Sie hinterlassen einen ersten Eindruck beim Publikum, der sich anschließend nur schwer korrigieren lässt. Ob ein Stück ein Erfolg wird oder scheitert - derlei entscheidet sich oftmals bereits an einem solchen Abend. Es wundert also kaum, dass mich eine zarte Aufregung erfüllt, wenngleich ich doch mein Möglichstes tue, nichts davon nach außen dringen zu lassen.

Ich öffne meine Augen und richte mich auf. Dabei wende ich mich vom Geländer ab und blicke den Gang hinunter, der sich rechts von mir erstreckt. Hier oben, fernab der verbliebenen Menschen, ist niemand zu sehen. Ich seufze. Als sie mich hier zurück ließ, hatte sie versprochen, sich zu beeilen. Die unbequeme Wahrheit jedoch ist, dass sie mich seit zehn Minuten hier warten lässt. Ich hebe die Augenbrauen und runzle die Stirn, um meinem wachsenden Unmut Ausdruck zu verleihen.

„Hanji, du verdammtes Weib“, murmle ich, lehne mich mit der Hüfte gegen das Geländer und verschränke die Arme vor der Brust. Ihr Fernbleiben ist die bisherige Krönung eines Abends der verdorben wurde durch den bitteren Beigeschmack bloßer Pflichterfüllung. Ich sollte sie stehen lassen und gehen, doch niemand, zu dem ich fliehen könnte, würde eine bessere Gesellschaft machen als sie, dessen bin ich mir bewusst. Und so verbleibe ich, während ich insgeheim die Minuten zähle, bevor ich endlich in die Kutsche steigen darf, die mich zurück nach Hause bringt. Nicht, dass mich dort ein besseres Schicksal erwarten würde als hier.

Denken Sie jetzt nicht, dass ich nicht gerne ins Theater ginge, ganz im Gegenteil - Menschen jedoch liegen mir nicht. Es ist ein großer Unterscheid, ob man über sie schreibt oder im echten Leben mit ihnen agieren muss. Ein gewaltiger, kaum zu fassender Unterschied.

Was mich hierher führte, in dieser Nacht, der doch eigentlich der meine ist? Nun, um dies einleuchtend zu illustrieren ist es besser, wir kehrten zurück zum Beginn dieses Abends. Nicht, dass Sie auch nur das kleinste Detail dessen etwas anginge. Doch Sie wissen so gut als ich, dass ich gerade kaum besseres zu tun habe. Es wird die Zeit überbrücken, bis meine leidige Begleitung zu mir zurückkehrt. Seien Sie also still, während ich erzähle und meine Worte ihre Wirkung entfalten.
 

~*~
 

Als die Kutsche vor dem Alexandrinski-Theater zum Stehen kommt und ich aussteige, gebe ich darauf Acht, mir die Schuhe am uneben gepflasterten Boden nicht zu ruinieren. Ein letztes Mal überprüfe ich den Sitz meiner Kleidung, kontrolliere, ob ich die Eintrittskarten tatsächlich eingesteckt habe, dann drehe ich mich um. Aus dem pechschwarzen Inneren der Fahrzeugkabine reckt sich mir die filigrane, behandschuhte Hand einer Dame entgegen, die ich routiniert ergreife. Ich helfe ihr hinaus und achte sorgfältig darauf, dass sie unbeschadet neben mir zum Stehen kommt. Ihr schlanker Körper wird verborgen durch einen schwarzen Pelzmantel von Paul Poiret, dessen opulenter Kragen sich wie ein Schal um ihren Hals schlingt. Ein sündhaft teures, extravagantes Stück. Darunter trägt sie ein goldfarbenes Seidenkleid, das jedoch nur schüchtern unter dem Überkleid aus schwarzem, mit geschliffenem Kristallglas bestickten Seidentaft hervor blitzt. Ihr schwarzes, etwa schulterlanges Haar hat man in Locken gedreht und hochgesteckt. Es ist durchzogen von Glasperlen, die im Licht der umstehenden Gaslaternen vorwitzig funkeln. Mein Blick wandert über ihr Antlitz, und als ich mir sicher bin, dass sie Halt gefunden hat, lasse ich sie los.

„Was ist noch gleich der Name des Stücks?“, fragt sie, ohne mich dabei anzublicken. Ich richte meinen Zylinder und biete ihr meinen Arm an, in den sie sich einhakt. Gemeinsam schlendern wir zum Eingang des Theaters. Wir liegen gut in der Zeit. Bis zum Beginn des Stückes ist es sicherlich noch eine Dreiviertelstunde.

„Der Sturz des Mephistopheles“, erwidere ich beiläufig. Sie nickt, doch ich kann ihr ansehen, dass es sie nicht interessiert. Ich betrachte sie still, bis sie letztlich den Kopf hebt und meinen Blick erwidert, doch sie verzichtet darauf, mir eine Antwort zu geben. Ich sehe an ihr hinab, betrachte ihren Arm und letztlich ihre Finger. Sie ruhen nur ganz leicht auf mir, darauf bedacht, mich nicht mehr zu berühren, als das es die Form verlangte. Ihre behandschuhten Finger ziert, in diesem Moment für die Außenwelt unsichtbar, der gleiche schlichte Ring, den auch ich trage, aufgewertet durch einen filigran eingefassten Diamanten.

Der Name dieser Dame lautet Mikasa Ackerman. Sie ist meine Frau. Es ist nicht so, als liebten wir uns, nein. Es ist eine Ehe, geschlossen, wie so viele andere auch, aus pragmatischen Gründen, nicht aus Sympathie, damals, im Frühjahr 1911. Wir schaffen es, aneinander vorbei zu leben, ohne einander zu sehr zu tangieren und so lange wir uns unsere Freiheiten lassen, funktionieren wir - irgendwie. Ich weiß, dass sie eine Affäre hat, mit einem jungen, russischen Offizier, doch solange sie sich diskret verhält, ist mir dies einerlei. Wir begegnen einander mit der Kälte geschliffenen Kristallglases, verbunden durch die Tatsache, dass keiner den Anderen je liebte. Ferner aneinander gekettet durch unsere dreijährige Tochter, mit Haaren, schwarz wie Ebenholz und Haut weiß wie Schnee. Wir benannten sie nach meiner früh verstorbenen Mutter, Kuchel. Meine Ehe mag freudlos sein, und ich räume gerne ein, dass sie mir das Glück verleidet, dass ich mir vom Leben erhofft hatte, doch mein Kind entschädigt mich in einem Maße, als dass ich darüber hinwegsehen kann. Dieses Mädchen ist mein Augenstern. Wenn ich irgendetwas habe, für dass es sich zu leben und zu kämpfen lohnt, dann ist sie es.

Wir schlendern über den weitläufigen Platz in Richtung des Theatereinganges. Meine Augen ruhen auf dem opulenten, gelb angestrichenen Gebäude im neoklassizistischen Stil. Ich mochte sie seit jeher, die vielen Details, die Säulen, den Stuck, die bronzenen Pferde auf dem Dach der Front. Es verschlug mir den Atem, als mich meine Wege zum ersten Mal hierher führten und selbst jetzt, nach all den Jahren, habe ich mich noch nicht daran satt gesehen. Es ist ein Juwel der Petrograder Architektur. Und es ist ein Privileg, dass meine Dramen hier gespielt werden. Ein Umstand, der den Höhepunkt meiner Karriere markiert. Wahrlich, es gibt schlechtere Partien als mich in dieser Stadt.

Auf dem Vorplatz herrscht reges Treiben. Wohin ich auch schaue erblicke ich Menschen in feinster Abendgarderobe auf dem Weg ins Theater. Die Vorfreude steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Wir passieren eine Litfaßsäule, auf der große Plakate von der heutigen Premiere künden, lassen die Menschenmassen hinter uns und betreten das Theater durch eine der hellbraunen Holztüren.

Wir durchqueren den weitläufigen Raum, dessen Wände und Decken mit Stuck und Malereien verziert sind, und bleiben letztlich in der Mitte stehen.

„Wir hätten mehr von diesem Abend, wüssten die Leute, dass du der Autor des Stückes bist“, murmelt Mikasa beiläufig und nicht ohne Tadel. Sie sieht mich nicht an, während sie spricht. Ihre Augen huschen suchend über die unzähligen Menschen, die sich die Zeit bis zum Beginn des Stückes durch Flanieren vertreiben. Hier und da stehen Grüppchen einander bekannter Personen zusammen und unterhalten sich. Ihr Lachen legt sich wie ein Schleier über die allgemeine freudige Unruhe, die den Raum durchzieht.

„Nein“, antworte ich kurz angebunden. Wir haben bereits mehr als ein Mal über dieses Thema gesprochen. „Du hättest mehr von diesem Abend – jedenfalls glaubst du das. Die Menschen würden mich belagern und mir allerlei dumme Fragen stellen.“ Ich schnalze mit der Zunge. Der Gedanke allein ist mir bereits genug. „Darauf kann ich geflissentlich verzichten.“

Ich werfe ihr aus den Augenwinkeln einen Blick zu und presse die Lippen zusammen. Zwar verstehe ich ihren Missmut über die ausbleibende Anerkennung, die ihr, als meiner Frau, ebenso zusteht wie mir – letztlich jedoch liegt die Entscheidung über diese Angelegenheit in meinen Händen. Sie weiß das zu gut, und ich vermute, genau an dieser Tatsache stört sie sich.

„Ich verstehe nicht, warum du den Ruhm, die dir zusteht, ausschlägst“, fährt sie fort, doch ich höre ihr nur mit halbem Ohr zu. Ich schiebe die Hände in die Taschen meiner Hose und lasse den Blick umher wandern.

„Weil ich meine Ruhe zu schätzen weiß, Mikasa“, antworte ich genervt. „Darum.“

„Dessen bin ich mir bewusst“, erwidert sie und als sie mich das nächste Mal ansieht, blitzen ihre Augen wütend im Dämmerlicht. „Wir haben derlei schon so oft besprochen, Levi. Ich kenne deine Gründe. Trotz allem sind sie mir fremd."

Genau wie du mir, schießt es mir durch den Kopf.

„Es reicht, wenn ich sie verstehe“, ist alles, was ich erwidere. Damit ist die Unterhaltung für mich beendet. Als Reaktion verfinstert sich ihr Gesicht. Ihre Finger, die einen schwarzen Spitzenfächer umklammert halten, schließen sich fester darum. Sie wendet sich von mir ab, als plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit zu erregen scheint. Ich folge ihrem Blick und verstehe. Unweit von uns, in Gesellschaft seiner Freunde und Kameraden, steht ein junger, russischer Offizier. Das braune Haar hängt ihm in die Stirn. Grüne Augen funkeln aufmüpfig in der warmen Saalbeleuchtung. Er könnte mein Sohn sein – vorausgesetzt, ich hätte mich früh darin geübt – und steht Mikasa damit näher, als ich es je könnte. Mit achtundzwanzig nahm ich sie zur Frau, da zählte sie gerade sechzehn Jahre.

Ihr Fächer berührt meinen Unterarm und zieht meine Aufmerksamkeit zurück auf sie. Ihre blauen Augen ruhen auf mir, halb bittend, halb herausfordernd.

„Entschuldigst du mich?“, fragt sie und entlockt mir ein knappes Nicken.

„Nur zu“, antworte ich und zaubere ihr damit ein dünnes Lächeln auf die Lippen. Ein Lächeln, das kaum mir gilt, und doch stimmt es mich milde. „Aber sei vor Beginn des Aufführung zurück.“

„Sicherlich“, sagt sie leise, dreht sich von mir fort und ist nur Sekunden später zwischen den Umstehenden verschwunden. Still beobachte ich den Soldaten, auf dessen Gesicht aufrechte Freude tritt, kaum, dass Mikasa ihn erreicht. Es ist eine Wertschätzung, die ich ihr nie zuteil werden lassen könnte, und sie mir. Er berührt sie am Unterarm, auf eine zärtliche, fast behutsame Weise, die mir fremd ist. Ihr Gesicht zeigt keine Regung über die Gefühle und Gedanken, die in diesen Momenten in ihr vorgehen mögen; was Diskretion angeht, so habe ich bei ihr bisher kaum je Anlass zur Sorge vernommen.

Wie aus dem Nichts legt sich etwas schweres auf meine Schulter und lässt mich zusammenzucken. Ich fahre herum – und halte prompt inne, als ich erkenne, um wen es sich handelt. Vor mir, die linke Hand zum Gruße erhoben, steht Hanji Zoe. Hanji Zoe, meine Freundin aus Kindertagen. Ein Paar aufgeregt blitzender Augen mustern mich bestimmt. Sie trägt ein weißes, durchscheinendes Kleid aus feinem Baumwollmusselin. Ihre rotbraunen Haare, die sie hochgesteckt hat, ziert lediglich eine schlichte Haarnadel. Sie trägt kaum Schmuck. In ihrer rechten Hand erblicke ich das übliche, leinengebundene Notizbuch, ohne das sie nie aus dem Haus geht. An dessen Kladde steckt ein gespitzter Bleistift. Sie ist wahrlich eine ungewöhnliche Dame, und selbstredend unverheiratet. Als die russischen Universitäten ihre Türen vor etwas mehr als zehn Jahren auch für Frauen öffneten, schrieb sie sich umgehend ein. Sie studierte Politik und Literatur und graduierte als Beste ihres Jahrgangs – zum Leidwesen ihrer überwiegend männlichen Kommilitonen. Seither schreibt sie für die Petrograder Zeitungen. Der Ausbruch des Krieges in Europa führte sie als Korrespondentin für einige Jahre ins Ausland, seit einem halben Jahr jedoch ist sie zurück. Als sich unsere Blicke treffen, erscheint ein breites Grinsen auf ihren Lippen.

„Ljowuschka!“, ruft sie mich bei dem althergebrachten Kosenamen. „Ach, wie schön es ist, dich hier zu sehen. Ich liebe das Theater. All die Menschen. Die Geschichten. Die Tragik. Die Komik! Und natürlich bin ich unendlich gespannt auf den Fall des Mephistopheles.“

"Den Sturz des Mephistopheles", erwidere ich matt. Sie beugt sich vor und tätschelt meine Schulter, was ich regungslos geschehen lasse. Wenn sie einmal zu sprechen angefangen hat, kann sie nichts mehr stoppen. Sie ist ein brausender Wasserfall. Ein stürmischer Wind. Gibt es eine Person in Russland, die die Naturgewalten verkörpert, so ist es diese Frau.

„Bist du für die Presse hier?“, frage ich und deute auf ihr Notizbuch, dass sie infolge meiner Worte nur noch fester umklammert. Sie nickt heftig.

„Ja, sie baten mich, eine Kritik zu schreiben“, lacht sie und hebt die verbliebene Hand, um ihre Worte mit einem heftigen Winken zu untermalen. „Wenngleich ich kaum glaube, dass ich etwas auszusetzen haben werde. Du weißt, wie sehr ich deine Stücke liebe.“ Ein aufmüpfiges Funkeln tritt in ihren Blick. Als sie weiter spricht, hat ihre Stimme einen verschwörerischen Tonfall angenommen. „Du schaffst es, deine Texte politisch zu gestalten, ohne, dass man es auf den ersten Blick merkt. Wir alle wissen, dass es seit Februar besser ist, Augen und Ohren offen zu halten.“

Wir nicken einander zu und verbleiben schweigend. Dabei betrachtet sie mich eingehend, augenscheinlich zufrieden darüber, mich endlich gefunden zu haben, dann, plötzlich, runzelt sie die Stirn.

„Sag, Ljowuschka“, beginnt sie und streicht sich eine Strähne hinter das Ohr. „Hat deine Frau dich wieder stehen lassen?“

Ich schnaube amüsiert und schenke ihr einen Blick, der Bände spricht.

„Du bist seit sechs Monaten zurück, Hanji, und hast dich selbst überzeugen können. Sei ehrlich, hast du heute Abend irgendetwas anderes erwartet?“

„Nun“, beginn sie, doch dann unterbricht sie sich. Sie sucht nach den passenden Worten. Dann schüttelt sie den Kopf. „Nein“, räumt sie ein, „eigentlich nicht.“

„Na bitte“, entgegne ich.

„Hast du nicht Angst, dass sie mit ihrem Verhalten einen Skandal auslösen könnte?“ Ehrliche Sorge zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass sie Offizier Jägers Geliebte ist. Was, wenn jemand, der dir nicht wohlgesonnen ist, davon erfährt?"

„Ich habe keine Angst.“ Ich schüttele den Kopf und schiebe die Hände in die Hosentaschen meines Anzuges. „Und ich weiß, dass sie sich in Acht nimmt. Von einem Skandal würde sie genau so Schaden nehmen wie ich. Abgesehen davon-“ Ich schnalze mit der Zunge. „Haben wir uns derlei wenig zu sagen, dass ich froh bin um jede Minute, die ich nicht in ihrer Gegenwart verbringen muss.“

„Du armer, armer Mann.“ Hanji lacht und hakt sich bei mir unter. „Eure Ehe ist so bitter, dass ich mich schon lange frage, warum ihr euch nicht scheiden lasst. Wenn ihr so zusammen bleibt, macht ihr euch die Chance auf echtes Glück mutwillig zunichte.“

„Eine Scheidung ist keine Option“, antworte ich knapp. „Nicht, wenn Kinder involviert sind. Kuchel würde ihre Mutter kaum mehr sehen. Und ich arbeite den ganzen Tag. Sie braucht ihre Bezugspersonen.“

„Nun, du bist erwachsen“, ist alles, was Hanji darauf antwortet. Dann schleicht sich das übliche Grinsen zurück auf ihre Lippen. Mit einem Ruck zieht sie mich näher zu sich heran. „Komm, Ljowuschka“, ruft sie. „Komm. Gehen wir hinüber zu den Anderen.“

Sie zieht mich einmal quer durch den Saal, ehe wir vor einer Gruppe von Menschen stehen bleiben, die mir gut bekannt sind und die wissen, wie man ein Geheimnis für sich behält. Da ist Mike Zacharias, ein ruhiger, ernster Zeitgenosse aus gutem Hause mit seiner wunderschönen, intellektuell beeindruckend breit aufgestellten Frau Nanaba. Zwischen ihnen, etwa einen Kopf kleiner und von zierlicher Gestalt, Petra Ral. Ihr Mann starb früh und hinterließ ihr ein stattliches Vermögen. Allesamt handelt es sich bei ihnen um teure und enge Freunde. Niemand von ihnen würde mich je verraten.

Als sie mich sehen, tritt ehrliche Freude auf ihre Gesichter. Wir begrüßen einander und verwickeln uns in die immerzu gleichen Unterhaltungen solcher Premieren. Ob ich aufgeregt sei, was den potenziellen Erfolg des Stückes anginge – ich verneine. Ob ich die Gelegenheit gefunden hätte, mir die Proben zum Stück anzuschauen – wieder verneine ich. Ob ich bereits wüsste, dass einmal mehr Erwin Smith eine der Hauptrollen besetzen würde. Nun, sage ich und kann nicht verhindern, dass meine Stimme ein wenig brüchiger klingt als sonst, derlei sei mir tatsächlich bekannt.

„Der Aufstieg dieses jungen Mannes ist wahrlich beeindruckend“, platzt es aus Hanji heraus, die sich bereits vor Beginn des Stückes einige Notizen macht. Mit einem leichten Kratzen gleitet ihr Bleistift über das Papier. Ungestüm fährt sie fort. „Und das in nur so wenigen Jahren. Ach, was würde ich darum geben, ihm diesbezüglich einmal einige Fragen stellen zu dürfen.“ Sie dreht sich zu mir um. „Ljowuschka, mein Lieber, mein Teuerster, du bester aller meiner Freunde, könntest du, als Autor nicht-“

„Nein, kann ich nicht“, schneide ich ihr das Wort ab und drehe mich von ihr fort. Beim bloßen Gedanken an eine Unterredung mit dem Stern am Himmel Petrograds zieht sich alles in mir zusammen.

„Nun, so jung ist er nun auch wieder nicht mehr“, mischt Mike sich ein und hebt gönnerhaft die Augenbrauen. „Er dürfte etwa mein Alter haben, findet ihr nicht?“ Er, Ende dreißig, klopft sich mit der Faust auf die stolz geschwellte Brust und lässt den Blick amüsiert über die Umstehenden gleiten.

„Vermutlich“, pflichte ich ihm trocken bei. Es wäre mir lieber, wir würden das Thema wechseln.

„Vielleicht solltest du ihn das selbst fragen, mein Liebster.“ Nanaba berührt zärtlich den Unterarm ihres Gatten, ehe sie mit dem Finger auf eine Person nur unweit der Gruppe deutet. „Ist er das nicht?“, fragt sie.

Ich folge ihrer Geste mit den Augen und erstarre. Keine zehn Meter von uns entfernt, vertieft in ein Gespräch mit Menschen, die mir nicht bekannt sind, steht ein groß gewachsener, sehr schlanker Mann. Blondes, kurz geschnittenes Haar glänzt zurück gekämmt im Schein der Saalbeleuchtung. Sein Gesicht ist von markanten Zügen, doch zeitloser Schönheit, die weiße Haut bereits verborgen unter einer dicken Schicht Theaterschminke. Er hat vermutlich noch einige freie Minuten, bevor er hinter die Kulissen verschwinden muss, denn sein erster Auftritt ist in der achten Szene – neben den Darstellern bin ich in diesem Raum vermutlich die einzige Person, die derlei weiß. Während er spricht, umspielt hin und wieder ein dünnes Lächeln seine Lippen. Wasserblaue Augen funkeln lebhaft schummrigen Licht. Er trägt einen schlichten, schwarzen Anzug, doch wird er sich diesem gleich entledigen, und sein Kostüm für die Nacht anlegen. Für heute Nacht wird er in die Hölle hinabsteigen und als Teufel zurück kehren. Mein Teufel.

In der Sekunde als ich ihn erblicke, versagt mein Herz für einen Schlag seinen Dienst. Ohne, dass ich es merke, stockt mein Atem und eine Aufregung, die meine Hände feucht werden lässt, erfüllt meinen Brustkorb. Äußerlich unbewegt, bewahre ich die Fassung. Ich habe ihn schon des Öfteren vor Aufführungsbeginn in der Theaterlobby herumschleichen sehen, doch hatte ich ihn so früh nicht erwartet. Unfähig, mich von ihm zu lösen, starre ich ihn an, bis er letztlich den Kopf hebt und in unsere Richtung schaut. Für einen schier unendlichen Moment treffen sich unsere Blicke. Ein Lächeln erscheint auf den Lippen des Anderen, just in dem Moment, als mich eine ungeahnte Nervosität übermannt und dazu zwingt, mich wieder meinen Begleitern zuzuwenden. Mein Herz schlägt wie wild in meiner Brust. Mir ist heiß.

„Das ist er wirklich“, kann ich Petra neben mir rufen hören, „werden Sie ihn fragen, Mike?“

„Selbstverständlich nicht“, erwidert der Hüne und beginnt zu lachen. „Diese Schauspieler sind vielbeschäftigte Menschen. So kurz vor Beginn hat er sicherlich allerlei zu tun. Lassen wir ihm seine Ruhe.“

"Ja", stimme ich Mike bestimmt bei und greife unwillkürlich nach meinem Hals, um meine Fliege zu richten. Eine Geste schierer Nervosität und doch habe ich es über all die Jahre nie geschafft, sie mir abzugewöhnen. "Lassen wir ihn in Ruhe."

"Kennst du ihn?", fragt Mike.

"Nein."

"Wenngleich er stets die Hauptrollen deiner Stücke spielt?"

"Ich will ihm nicht zu nahe treten. Es gibt nichts schlimmeres, als bei seiner Arbeit gestört zu werden, Mike."

Ich kann Hanji neben mir lachen hören. Gönnerhaft klopft sie mir mit der flachen Hand mehrmals so fest auf die Schulter, dass ich unter ihrem Schlag Gefahr laufe, einzuknicken wie ein Streichholz.

"Da spricht jemand aus Erfahrung, nicht wahr?", flötet sie und ihr Lachen intensiviert sich, als ich genervt die Hand hebe, um ihr Einhalt zu gebieten.

"Mit dir als meiner Freundin, sicherlich", murmle ich und schenke ihr aus den Augenwinkeln einen vielsagenden Blick, den sie voll wohlgemeinten Spott erwidert. Sie öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, doch das Tönen einer Glocke bringt sie zum Schweigen, noch bevor sie richtig Fahrt aufnehmen kann. Ihre Augen weiten sich in stiller Vorfreude. Sie tritt einen Schritt an mich heran.

"Es wird ernst", raunt sie, und mit einem Mal habe ich einen Kloß im Hals. "Gleich beginnt es. Gleich geht es los!"

Für gewöhnlich mache ich mir nichts aus solchen Abenden, doch kurz vor Aufführungsbeginn legt sich auch über mich der Schleier der Aufregung, und sei es nur für einige Minuten. Ich nicke ihre Feststellung ab und sehe hinüber zu meinen Freunden, die sich, das Programm des heutigen Abends in den Händen haltend, auf den Weg zu jenem Treppenhaus machen, das uns in die angestammte Loge bringen wird. Sekundenbruchteile später erscheint Mikasa neben mir. Sie hat den schwarzen Spitzenfächer aufgeklappt und fächert sich Luft zu. Es entgeht mir nicht, dass ihre Wangen in einem zarten Rot glänzen. Generell wirkt sie sehr erhitzt. Wie schön für sie.

"Dieser Offizier scheint nach wie vor angenehme Gesellschaft zu machen", bemerke ich nicht ohne Sarkasmus und nehme ungerührt zur Kenntnis, wie sich ihre Lippen zu einem schmalen Strich verziehen. Sie klappt den Fächer zusammen. Dabei schließen sich ihre schlanken Finger eine Spur zu fest um den Griff.

"Natürlich macht er das", entgegnet sie kühl, "ansonsten hätte ich kaum die vergangenen Minuten mit ihm verbracht. Abgesehen davon jedoch-" Sie nickt den umstehenden Personen zum Gruß zu und erhält verhaltene Reaktionen. "- wird die Aufführung jeden Moment beginnen. Ich hoffe nur, das Stück ist nicht so schrecklich politisch wie das vorherige." Sie seufzt. "Wer will so etwas schon sehen in unruhigen Zeiten wie diesen?" Mit diesen Worten wendet sie sich von uns ab und geht voran. Ein letztes Mal tätschelt Hanji mir die Schulter, vermutlich, um mir ihr Mitgefühl zu signalisieren, dann lasse ich die Anderen hinter mir und schließe zu meiner Gattin auf. Wir würden uns gleich im Saal ohnehin wiedersehen. Dabei halte ich ein letztes Mal Ausschau nach dem blonden Teufel. Er ist nirgendwo zu sehen. Ich vermute, dass er sich bereits hinter die Bühne zurück gezogen hat.
 

~*~
 

Wir unterhalten seit einigen Jahren ein Abonnement für eine Loge im zweiten Stock des Gebäudes, verziert mit dunkelroten Vorhängen und goldenem Stuck. Dieser Ort bietet eine exzellente Sicht auf die Bühne und kostet mich alljährlich eine stattliche Summe, doch da wir uns die Loge mit den zuvor genannten Personen teilen, relativiert sich der Preis. Mikasa und ich haben bereits Platz genommen, als die Verbliebenen zu uns hinzustoßen. Hanji setzt sich, ich hatte es kaum anders erwartet, direkt neben mich und schlägt mit erwartungsfroher Mine ihr Notizbuch auf. Ganz allmählich wird es ruhiger im Saal. Dann, pünktlich um halb acht, wird das Licht gedimmt und das Orchester fängt an, das eigens für dieses Drama komponierte Eröffnungsstück zu spielen.

Ich atme tief ein und lehne mich zurück. Regungslos blicke ich auf den noch immer geschlossenen Vorhang, beuge mich letztlich gar vor und lasse den Blick über das anwesende Publikum gleiten. Viele von ihnen habe ich hier bereits ein und ausgehen sehen. Einige sind mir vollends unbekannt. Ich erblicke herausragende Persönlichkeiten der Stadt. Stumm hebe ich die Augenbrauen und fahre mir mit der Zunge über die Lippen. Dann setze ich mich gerade hin und warte auf den Beginn der ersten Szene. Es hat keinen Zweck, aufgeregt zu sein. Es ändert nichts. Es wird schon gut gehen. Hoffentlich.

Das Stück des heutigen Abends trägt den Titel Der Sturz des Mephistopheles - und das nicht von ungefähr. Ich war so frei, die alte Geschichte um Faust aufzugreifen und neu zu inszenieren. Sowohl die Dramen von Marlowe und Goethe sind mir von Kindesbeinen an bekannt; die Geschichte um den Pakt Faustens mit Mephistopheles ist mir seit jeher lieb und teuer. Es war nur eine Frage der richtigen Zeit und des entsprechenden Auslösers, bis ich mich des Stoffes annehmen würde. Und nun, da es vollbracht ist, kann ich mir ein dünnes, freudiges Schmunzeln nicht verkneifen. Die Handlung ist schnell erzählt. Sie ist althergebracht und birgt doch neue Elemente in sich - so, wie es sich für eine gute Geschichte gehört.

Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts sieht sich Faust als Mitglied der Pariser Bohéme. Als aufsteigender, junger Literat lebt er ein Leben zwischen stetem Geldmangel und feuchtfröhlichen Abenden in zwielichtiger Gesellschaft. Er ist ein idealistischer Jungspund, gezeichnet von der Gier, über das Schreiben das wahre Wesen des Menschen zu verstehen, empfindsam und doch zielstrebig. Der finanzielle Erfolg jedoch bleibt aus. Als ihm ein vielversprechendes Manuskript von einem 'Freund' entwendet und sehr erfolgreich veröffentlicht wird, sieht sich Faust, zahlungsunfähig und ohne Auskommen, am Abgrund. Der Zufall spielt ihm letztlich ein Buch über schwarze Magie in die Hände, welches er nutzt, um die dunklen Mächte zu beschwören. Der Teufel erscheint und offenbart ihm das Leben, dass er sich wünscht, wenn er ihm im Gegenzug seine Seele verspräche. Faust willigt ein, doch ringt er dem Teufel eine Bedingung als Unterpfand ab: Er würde seine Seele nur gewinnen, wenn er über all die Jahre hinweg keine Sympathien für Faust entwickeln würde. Der Teufel, ein Spieler durch und durch, zögert nicht lange und sagt voll Siegessicherheit zu. Natürlich, und so ist das bei Tragödien, ist er zum Scheitern verurteilt. Letztlich versucht Mephistopheles, den Pakt zu lösen und wendet sich gegen die eigene Obrigkeit. Das Ergebnis ist sein Sturz und der Tod Fausts, der die Ewigkeit trotz allem in der Hölle verleben muss. Es ist ein Stück ohne Gewinner. Eine klassische Tragödie eben.

Aus den Augenwinkeln schaue ich hinüber zu meiner Frau, die mit ausdruckslosem Gesicht auf die Bühne blickt. Sie wird es hassen. Ich weiß es.

Der Vorhang öffnet sich und das Stück beginnt. Ich habe ganz bewusst darauf bestanden, die Rolle des Faust mit einer Frau zu besetzen - Hosenrollen haben doch seit jeher ihren eigenen Charme und werden es immer haben - und bin zufrieden mit der Wahl des Intendanten. Faust spielt großartig. Bei jeder Bewegung glänzt ihr schwarzes, kurzes Haar im Licht der Scheinwerfer. Schweigend lausche sich den Monologen, seinem Sinnen über die Wahrheit, seinen Sorgen und Nöten. Ich kenne jedes Wort auswendig und nehme das Gesagte doch kaum wahr. Tief im Inneren, das weiß ich, warte ich nur auf einen bestimmten Moment: Die Beschwörung des Mephistopheles. Und als Faust endlich, nach einer schieren Unendlichkeit die Beschwörungsformeln aufsagt und der Teufel die Bühne betritt, stockt mir der Atem. Aufrechten Hauptes, gekleidet in eine dunkelblaue Gardeuniform der französischen Armee aus den Zeiten der napoleonischen Kriege, nähert er sich Faust und unterbreitet ihm das Angebot, von dem ich weiß, dass dieser es nicht ablehnen wird. Still betrachte ich jede seiner Bewegungen und als Mephistopheles letztlich vor Faust niederkniet um diesen für sich zu gewinnen, stockt mir der Atem. Meine Finger, die auf der Armlehne meines Stuhles ruhen, krallen sich unbemerkt von den Anderen in das dunkelrote Polster. Niemals zuvor habe ich einen Schauspieler gesehen, der sich mit solcher Schönheit und Anmut auf der Bühne zeigt. Nie.

Ich entdeckte ihn im Frühjahr 1915. Er war gerade frisch zum Ensemble dazu gestoßen, ein junger, unbedeutender Schauspieler aus Moskau, ein Sohn englischer Migranten doch aufgewachsen in Russland, der darauf hoffte, in Petrograd zu Ruhm und Ehre zu kommen. Natürlich spielte er zu beginn nur winzige, vollkommen irrelevante Komparsenrollen. Und doch kann ich mich noch immer an den Moment erinnern, an dem ich ihn zum ersten Mal auf der Bühne stehen sah. Es handelte sich um die Neuinszenierung von Tschechows Kirschgarten. Ich konnte mir nicht erklären, was es war, doch etwas an ihm zog mich in seinen Bann. Seine Art zu sprechen. Seine Bewegungen. Sein Charisma. Und je länger ich dort saß, gleich neben meiner Frau, die kaum zu ahnen vermochte, was in mir vorging in jenen Momenten, desto mehr erfüllte es mich mit Freude, diesem Mann zuzuschauen. Bis zu diesem Zeitpunkt ging ich nur sehr unregelmäßig ins Theater, doch änderte sich dies im Anschluss rasch. Es störte mich, ihn stets nur im Hintergrund agieren zu sehen. Was den Anderen unsichtbar blieb, war mir stets präsent. Dieser Mann war für das Rampenlicht geschaffen. Ich wollte ihn in der ersten Reihe sehen, so bald und so oft als möglich. Und so begann ich bald, ihm beim Schreiben meiner Dramen zu berücksichtigen. Und wann immer seit jener schicksalhaften Frühjahrsnacht des Jahres 1915 eines meiner Stücke Eingang in den Spielplan des Hauses fand, so konnte man sich sicher sein, dass eine Rolle existierte, die nur mit einer bestimmten Person besetzt werden konnte. Ohne, dass dieser Mann von meinen allabendlichen Besuchen im Theater wusste, schrieb ich ihm die Rollen auf den Leib - und das erfolgreich. Es dauerte nicht lange, und er hatte sich vom unbeachteten Statisten zu einem der bekanntesten Schauspieler Petrograds hochgespielt. Es war eine Angelegenheit, von der wir beide profitierten. Er erhielt den Ruhm, den er verdiente, und ich das Privileg, ihn als Verkörperung meiner ureigensten Wünsche und Träume beobachten zu dürfen.

Einander gesprochen haben wir trotz allem nie; ich war stets peinlich darauf bedacht, derlei zu verhindern. Im echten Leben bin ich kein Mann großer Worte. Ich funktioniere besser mit Stift, Papier und vor allem: Ruhe. Von Angesicht zu Angesicht hätte ich ihm kaum die Wertschätzung zukommen lassen können, die ihm zugestanden hätte. Ich neige dazu, ein wenig zu ruppig mit den Menschen zu verfahren und oft genug schon haben sie mir derlei so übel genommen, dass sich der Kontakt im Anschluss rasch verlief. Ich wüsste nicht, was ich täte, passierte mir dies mit Erwin Smith. Nein.

Ich zog es daher vor, mich im Hintergrund zu halten und ihn aus der Ferne zu bewundern, wie eine Photographie, die sich abnutzt, wenn man sie zu oft in die Hände nimmt. Dass er nicht weiß, wer ich bin, dass er mein Gesicht nicht kennt, ist vermutlich mein Trumpf. Nur so ist es möglich, dass Faust mir so ähnelt, ohne, dass jemand Verdacht schöpft. Wie gerne wäre ich sein Gegenstück auf dieser Bühne. Wie gerne hätte ich mit ihm paktiert. Ein einziges Mal nur will ich diesen Körper mit meinen eigenen Händen berühren und dann zur Hölle fahren.

Wie, frage ich, kann man einem derart makellosen Menschen nicht verfallen? Seine Schönheit macht ihn perfekt für die Rolle des Mephistopheles, des ewigen Spielers, des unverbesserlichen Verführers - des Teufels selbst.

Es sagt mir zu, wie sie mein Stück für die Bühne umgesetzt haben. Und wann immer ich den Blick umherschweifen lasse, kann ich feststellen, dass ich nicht der Einzige bin, dem es so geht. Wie gebannt richten die Massen ihre Blicke auf die Bühne. Und außer den fein modulierten Stimmen der Schauspieler ist es still im Saal, nur hin und wieder durchbrochen durch amüsierte Laute Hanjis, die lächelnd immer wieder Worte in ihr Notizbuch kritzelt. Es scheint, als habe ich gute Arbeit geleistet. Die Schauspieler, die Bühnenbildner, die Schneider und Maskenbildner ebenfalls. Ich bin zufrieden. Ein Blick zu Mikasa und ich weiß, dass sie es nicht ist. Es überrascht mich nicht.

Mephistopheles liest sich leicht als Repräsentant des russischen Adels. Sein Scheitern spiegelt das Scheitern der Monarchie. Gleiches gilt für Faust, den sein Streben nach Freiheit, Gleichheit und Vollkommenheit letztlich in die Hölle führt. Er ist ein Revolutionär in jeder Hinsicht, dabei haben wir zur Zeit mehr als genug eigene Revolutionäre im Land. Der Sturz des Mephistopheles ist ein Stück voller Zündstoff. Politisch. Unverfroren. Skandalös. Es ist das Beste, das ich in all den Jahren geschrieben habe. Ein Meisterwerk.

"Ljowuschka." Die Stimme erklingt wie aus weiter Ferne. "Ljowuschka! Herrgott, du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass du über dein eigenes Stück eingeschlafen bist!"

Jemand greift nach meiner Schulter und schüttelt mich. Ich fahre herum und blicke in Hanjis Gesicht.

"Ich bin wach", zische ich, den man so unsanft aus den Gedanken gerissen hat und halte inne, als ich mir plötzlich des tosenden Beifalls bewusst werde, der den Saal erfüllt. Das Stück ist vorüber. Der Vorhang schließt sich. In Gedanken versunken, gefangen genommen von Mephistopheles überwältigender Bühnenpräsenz, muss ich äußerlich unbewegt auf den sich schließenden Vorhang gestarrt haben. Hanji betrachtet mich für eine Weile, dann runzelt sie die Stirn.

"Ist alles in Ordnung, mein Lieber?", fragt sie und lässt das Buch zuschnappen, ehe sie selbst in den Applaus einstimmt. "Hat es dir nicht gefallen?"

"Nein, das ist es nicht", antworte ich und tue es ihr gleich, just in dem Moment, als die beiden Hauptdarsteller einmal mehr auf die Bühne treten. Der Applaus schwillt an. Menschen erheben sich. Blumen werden geworfen. Ich kann mir, während ich derlei betrachte, ein Lächeln nicht verkneifen. "Es hat mir gefallen", murmle ich und werfe meiner Freundin einen Blick aus den Augenwinkeln zu. "Bist du jetzt zufrieden?"

Sie lacht auf. "Ja", ruft sie mir breit grinsend zu. "Ja, das bin ich."

Die Anderen erheben sich und schicken sich an, die Loge zu verlassen. Ich werfe einen letzten Blick auf die Bühne und folge ihnen, wende mich an Mikasa, doch bevor ich sie ansprechen kann, hat sie sich bereits an mir vorbei gedrückt und den Raum verlassen. Es ist ihr an der Nasenspitze anzusehen, was sie von diesem Stück hält. Insgeheim ist sie nun froh darum, dass sie nicht jeder als Ehefrau des verantwortlichen Autors kennt. Mein Gesichtsausdruck muss Bände sprechen, denn noch ehe ich kopfschüttelnd hinaus auf den Gang trete, schließt Hanji zu mir auf.

"Was war denn das?", schmunzelt sie und ich hebe die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.

"Sie schmollt, weil ihr das Stück zu politisch war", sage ich und winke ab. "Wäre nicht das erste Mal. Wahrscheinlich läuft sie gerade zu Offizier Jäger, um ihrem Frust Luft zu machen." Ich lache auf, doch es klingt lediglich trocken und bitter. "So wie immer."

Hanji schnalzt als Reaktion mit der Zunge und blickt Mikasa nach. In ihrem Gesicht steht deutliche Missbilligung über das Benehmen meiner Frau, doch zucke ich lediglich mit den Schultern.

"Dass du dir das bieten lässt, Levi", beginnt sie, doch ein Blick von mir genügt um sie innehalten zu lassen.

"Besser, als mir ihr griesgrämiges Gesicht für den restlichen Abend anschauen zu müssen", erwidere ich tonlos und ohne Hanji anzusehen, "nicht, dass ich das Zuhause nicht oft genug täte." Ich seufze und verschränke die Arme vor der Brust. Meine leidige Gattin ist nichts, worüber ich jetzt sprechen möchte. Ein letztes Mal schüttele ich den Kopf und nicke schließlich in Richtung der Tür, die hinaus ins Treppenhaus führt.

"Lass uns gehen", sage ich und deute ein Lächeln an. "Ich will mir die Menschen noch etwas anschauen, bevor ich nach Hause zurück kehre."
 

Zusammen schreiten wir die endlosen Gänge hinab, vorbei an unzähligen Theaterbesuchern, die sich, offensichtlich noch ergriffen von dem soeben Gesehenen, über die heutige Premiere unterhalten. Mein Eindruck bestätigt sich. Die Stimmung ist allgemein positiv; und auch Hanji, die sich inzwischen bei mir eingehakt hat - gegen meinen Willen, versteht sich - trägt ein Grinsen auf den Lippen, das mit jedem Schritt, den wir tätigen, breiter wird.

"Der Abend scheint ein rechter Erfolg für dich zu sein, mein teuerster Ljowuschka", schmunzelt sie mit liebevoller Stimme und zieht mich noch ein Stück näher zu sich heran. Ich nicke. Ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten, fährt sie fort. "Wenngleich es eine Sache gab, die ich nicht verstanden habe."

Die Stirn runzelnd mustere ich sie mit ernstem Blick.

"Die da wäre?", frage ich.

"Nun..." Sie beißt sich auf die Unterlippe und richtet den Blick gegen die Decke, offensichtlich nach den richtigen Worten suchend. Wir haben derweil die Treppe erreicht und betreten, nachdem wir diese hinab geschritten sind, das weitläufige Foyer. "Ich verstehe nicht, warum das Licht ausgerechnet ausgehen musste, als Mephistopheles und Faust ihren Pakt besiegelten. Ist es nicht gerade so, dass der Abschluss des Paktes als solches das Wichtigste der ganzen Angelegenheit ist?"

Wir bleiben am Fuß der Treppe stehen und wechseln einen langen Blick.

"Es ist eigentlich trivial", antworte ich und schiebe meine Hände in die Hosentaschen, bevor ich mich zur ihr umdrehe. "Aber du solltest es dir vielleicht für deinen Zeitungsbericht aufschreiben."

Sie nickt eifrig und hebt ihre Hände, ehe ihr Gesichtsausdruck zu einer verblüfften Maske erstarrt. Mit großen Augen blickt sie auf ihre leeren Handflächen und wird bleich.

"Schockschwerenot", flüstert sie atemlos und beginnt, sich mit den Fingern die Haare zu raufen. "Das Notizbuch! Ich muss es irgendwo liegen gelassen haben. Meine ganzen Aufzeichnungen - ich brauche sie für den Artikel! Wenn das Buch weg ist, sitze ich ordentlich in Schwierigkeiten. Oh, was mache ich denn jetzt..."

Ich greife nach ihren Handgelenken und zwinge sie dazu, innezuhalten. Die umstehenden Menschen werfen uns pikierte Blicke zu. Die Ränder der Brille, über deren Rand Hanji mich hinweg anstarrt, glänzen matt im Schein der Saalbeleuchtung.

"Reiß dich zusammen", zische ich sie an und lasse sie los, als ich mir sicher sein kann, dass sie sich beruhigt hat. "Und dann denk genau nach. Wo hattest du das Buch zuletzt in der Hand?"

Sie beißt sich auf die Unterlippe und sagt für eine Weile nichts, während ihre Pupillen unruhig über den hölzernen Boden huschen. Langsam ballen sich ihre Hände zu Fäusten und die Stirn legt sich in Falten. Ich verschränke die Arme vor der Brust und warte, mir innerlich wünschend, sie möge sich beeilen. Als sie letztlich mit einem Laut des Triumphes mit den Fingern schnippt, zucke ich neben ihr zusammen.

"Ich hab's!", ruft sie aus und packt mich so heftig an den Schultern, dass sich ihre Finger durch den Stoff meines Fracks hindurch in meine Haut graben. Zwar versuche ich, mich zur Wehr zu setzen, doch gegen Hanji Zoe kommt man so leicht nicht an. "Ich habe es oben in der Loge aufs Geländer gelegt, als ich meinen Fächer eingesteckt habe. Wahrscheinlich habe ich es dort liegen gelassen."

Mit einem leisen Stöhnen verdrehe ich die Augen.

"Ist das dein Ernst?", flüstere ich und Hanji lässt mich los, ehe sie entschuldigend die Schultern hebt.

"Nun, ich hoffe, dass es da ist", beginnt sie und mit jeder Silbe verliert ihre Stimme an Standkraft. "Ansonsten muss ich mir wirklich etwas einfallen lassen."

"Du bist wirklich nicht zu fassen." Ich verziehe das Gesicht. Es ist niemand zu sehen, den ich sonst kenne und so entscheide ich mich, Hanji bei ihrem Unterfangen, das verlorene Buch wieder aufzutreiben, Gesellschaft zu leisten.

"Zurück zur Loge also?", frage ich und sie nickt.

"Ja", antwortet sie und setzt den ersten Fuß auf die Treppe. "Zurück zur Loge."
 

Zu meiner Erleichterung passieren wir auf unserem Rückweg niemanden den wir kennen, werden in keine überflüssigen, seichten Gespräche verwickelt und erreichen den Sockel der Treppe nach wenigen Minuten. Das ist auf solchen Veranstaltungen durchaus keine Selbstverständlichkeit. Glauben Sie mir, wenn Sie einmal einen Abend in der Gesellschaft einer Person ausgestanden haben, die über weitreichende Kontakte verfügt, werden Sie sich neue Vorstellungen davon gemacht haben, wie lange es dauern kann, selbst in einem nur mittelgroßen Gebäude von einem Ort zum anderen zu kommen.

Oben angelangt, nickt Hanji mir zu.

"Ich gehe dann eben und hole das Notizbuch." Sie hebt den Zeigefinger. "Du wartest hier, ja? Lauf mir nicht weg."

"Das kommt darauf an, wie lange du brauchst."

Sie lacht.

"Fünf Minuten", sagt sie und wendet sich zum Gehen. "Höchstens."

Mit diesen Worten eilt sie den Gang hinab und ist bald hinter der nächsten Biegung verschwunden. Ich blicke ihr noch eine Weile nach, dann verschränke ich die Arme vor der Brust und warte.

So hat es mich hierher verschlagen.

Natürlich bleibt es nicht bei fünf Minuten. Und als sie nach zehn noch immer nicht zurück ist, bin ich drauf und dran, ihr zu folgen - lasse es letztlich jedoch sein, denn die Chance, dass wir uns versehentlich verpassen, erscheint mir zu groß. Stattdessen platziere ich meine Hände auf dem breiten Geländer und lehne mich darüber, lasse den Blick über die unzähligen Menschen wandern, die durch das Gebäude flanieren. Die Nervosität, die mich den ganzen Abend über beherrscht hat - sie ist endlich verschwunden. Was bleibt, ist unendliche, heitere Leichtigkeit. Ich löse mich vom Geälnder und blicke den Gang hinab. Sie ist nirgendwo zu sehen.

"Entschuldigen Sie."

Man muss mich zwei Mal adressieren, bis etwas in mir realisiert, dass man mich meint. Es ist die Stimme eines Mannes, die ich nicht zuordnen kann. Ich drehe mich um und lasse den Blick umher schweifen, dann erstarre ich. Kaum zwei Meter von mir entfernt, ein freundliches, doch verhaltenes Lächeln auf den Lippen, steht niemand anderes als Erwin Smith. Er trägt noch immer die Kleidung des Mephistopheles, und die goldenen Paspeln glitzern im Dämmerlicht. In der linken Hand hält er einen dunkelblauen Einband. Für einen Moment versagt mein Herz seinen Dienst. Unbewegt, mit leicht geöffneten Lippen, starre ich ihn an, ehe ich mich nach einer schieren Unendlichkeit zu einer Antwort durchringen kann.

"Ja?", antworte ich, doch meine Stimme ist nicht mehr als ein schwacher Hauch. Das Lächeln des Mannes wird breiter. Er tritt einen Schritt an mich heran. Ich weiche zurück.

"Sind Sie Levi Ackerman?", fragt er und Hoffnung schwingt in seiner Stimme mit. "Der Autor?"

Ich runzle die Stirn. Dann werfe ich einen flüchtigen Blick den Gang hinab. Hat Hanji mich etwa verraten, damit sie ihr verdammtes Interview bekommt? Ich nehme mir innerlich vor, sie zur Rede zu stellen, sobald ich sie wiedersehe, dann verschränke ich die Arme vor der Brust und hebe den Kopf.

"Wie kommen Sie darauf?", frage ich kühl.

"Nun", beginnt der Blonde und nähert sich mir weiter an. Dabei schlägt er das Buch auf. Es handelt sich um eine Ausgabe des heutigen Dramas. Es ist bereits abgenutzt und zerlesen. Hier und da sind Stellen dick mit Bleistift unterstrichen, es finden sich Notizen am Rand. Er blättert kurz, dann hält er mir das Buch unter die Nase. Ich werfe einen Blick hinein und werde bleich.

"Im Einband ist ein Bild von Ihnen abgedruckt", sagt er heiter und ich beiße mir auf die Zunge, um nicht augenblicklich laut los zu fluchen.

"Ist das so?", presse ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor und ehrliche Überraschung tritt auf das Gesicht meines Gegenübers.

"Ja", antwortet dieser und runzelt nun selbst die Stirn. "War Ihnen das nicht bewusst?"

"Nein, das war es nicht", erwidere ich gereizt und nehme ihm das Buch aus der Hand. Ich lasse den Blick über den Kupferstich meines Antlitzes wandern - der, wenn man mich fragte, überhaupt keine Ähnlichkeit zu mir aufweist - dann gebe ich ihm das Schriftstück zurück. "Ich hatte den Druck eigentlich untersagt." Ich schnalze mit der Zunge. "Allerdings muss das den verantwortlichen Stellen... entgangen sein."

Ich denke an meine Frau und ihren immerwährenden Wunsch nach mehr Ruhm. Ein kurzer Brief ihrerseits hätte bereits genügt, um dieses Schlamassel verursachen zu können. Ich seufze und fahre mir mit den Fingern durch das Haar.

"Das wars dann wohl mit meiner Anonymität", flüstere ich und nehme mir vor, Mikasa später zur Rede zu stellen.

"Mit Ihrer Anonymität?"

Ein Lächeln umspielt die Mundwinkel des Anderen. Ich nicke knapp.

"Nicht jeder steht so gerne im Licht der Öffentlichkeit wie ihr Schauspieler."

"Verständlich."

Erwin nickt und lacht auf. Dann mustert er mich so intensiv, dass mein Herzschlag an Schnelligkeit zunimmt.

"Abgesehen davon jedoch sehen Sie Faustus nicht unähnlich", fährt er fort und hebt die Augenbrauen. "Ein Zufall?"

"Ich habe mit dem Intendanten nichts zu tun", entgegne ich und betrachte ihn mit versteinertem Gesicht. Dass er so nah neben mir steht ist mir unangenehm. Seine Gegenwart macht mich nervös. Mir wird warm und mir bricht der Schweiß aus. Unwillkürlich greife ich nach meiner weißen Fliege und richte diese. "Sind Sie nur deswegen zu mir gekommen, Erwin Smith?", frage ich letztlich. Dieser schüttelt den Kopf.

"Nein", sagt er, und der Klang seiner Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Sie wirkt anders als auf der Bühne. Weicher, ohne diese künstliche Modulation, die Schauspieler während der Vorführungen anzuwenden pflegen. Einmal mehr deutet er auf den Einband. "Ich hätte einige Fragen zur Rolle des Mephistopheles, die ich Ihnen gerne stellen würde", sagt er und das Lächeln auf seinen Lippen entblößt ein paar makelloser, weißer Zähne. "Vorausgesetzt, Sie vergeuden Ihre Zeit mit einem talentlosen Schauspieler wie mir."

Als er das sagt, tritt etwas Herausforderndes in seine Augen, das mir nicht verborgen bleibt. Ich atme tief ein und hebe die Hand, ehe ich in die Richtung zeige, in die Hanji eben verschwunden ist.

"Ich warte auf meine Freundin", beginne ich. "Sie ist schon recht lange weg, vermutlich-" Ich gerate ins Stocken. Wortlos erwidere ich den Blick des Anderen, dessen Augen mich regelrecht durchbohren, so intensiv starren sie mich an. Dann lasse ich die Hand sinken. Auf ein stilles Signal hin fällt der Widerstand, den ich bis zu diesem Punkt geleistet habe, in sich zusammen. Was habe ich zu verlieren? Und ohnehin - er ist zu mir gekommen.

Hanji sagte einst, es gibt Menschen, die werden gefunden, die finden nicht. Vermutlich, so schießt es mir durch den Kopf, ist dieser einer eben jener Momente. Erwin Smith hat mich gefunden, nachdem ich es all die Jahre nicht wagte, mich ihm zu nähern.

Ich schnalze mit der Zunge.

"Also gut, Erwin Smith", sage ich. "Stellen Sie Ihre Fragen."

"Nein." Er schüttelt sachte den Kopf, ehe er den kleinen Einband in der Innentasche seiner Uniformjacke verstaut. "Nicht hier."

Ich hebe die Augenbrauen.

"Was schwebt Ihnen denn vor?", frage ich und lasse die Arme, die ich noch immer vor der Brust verschränkt habe, sinken. Der Blonde hebt die Hand und deutet auf eine unbestimmte Stelle hinter sich.

"Es gibt eine Treppe nicht weit von hier, die hinaus aufs Dach führt", sagt er und lächelt selbstzufrieden, als sich mein Gesichtsausdruck allmählich entspannt. "Wir würden dort nicht gestört. Außerdem ist mir - verzeihen Sie mir die Offenheit - nach frischer Luft. Ich war den ganzen Tag im Theater."

Ich blicke ein letztes Mal den Gang hinab. Von Hanji ist noch immer nichts zu sehen. Dann löse ich mich vom Geländer und schiebe die Hände in die Hosentaschen.

"Also gut", sage ich und trete einen Schritt näher an ihn heran, während ich mit unbewegtem Gesicht über den Fakt hinwegzutäuschen versuche, dass eine Welle der Aufregung mich fortzuspülen droht. "Gehen wir. Ich will für Sie hoffen, dass die Aussicht für meine Mühen entschädigt."

Der Mann neben mir lacht auf und es klingt sehr herzlich.

"Seien Sie unbesorgt", sagt er und schmunzelt, "von dort oben hat man den schönsten Blick über ganz Petrograd."
 

Ich folge dem Mann, der mir so bekannt und gleichzeitig doch so fremd ist, wortlos, den Blick die meiste Zeit über stumm auf den Boden gerichtet. Alles ging so schnell, dass ich immer noch nicht fassen kann, was sich hier gerade zuträgt. Und mit jedem Schritt klopft mein Herz rascher, fühlen sich meine Hände schwitziger und meine Kehle trockener an. Mein Begleiter schreitet ungestüm voran, und wenngleich ich sein Gesicht nicht sehen kann, so ahne ich doch, dass er die übliche stoische Ruhe ausstrahlt, die ihm auf der Bühne ebenfalls stets anhaftet. Nachdem wir einige Minuten wortlos gegangen sind - die Gänge wurden zunehmend schmuckloser, bis ich mir sicher sein konnte, dass wir uns letztlich in einem Teil des Gebäudes aufhielten, der den Zuschauern für gewöhnlich verborgen bleibt - finden wir uns vor einer schlichten Holztür wieder. Sie ist unverschlossen. Erwin öffnet sie und tritt hinaus. Ich folge.

Wie erwartet, so hält sich auf dem Dach außer uns niemand auf. Ich trete hinaus. Sofort zerzaust mir der kühle Nachtwind das Haar. Ich versuche zu retten, was zu retten ist und bleibe stehen, ehe ich den Blick umher gleiten lasse. Ein Flachdach von unvorstellbarer Größe, eingefasst von steinernen Geländern zu allen Seiten. Am gegenüberliegenden Ende erblicke ich das Reitergespann aus Bronze, dass stets über dem Haupteingang thront. Von unten gesehen wirkt es recht überschaubar in seiner Größe, doch hier oben werden mir seine beeindruckenden Dimensionen erst wirklich bewusst.

"Levi?", ertönt Erwins Stimme aus einiger Entfernung und reißt mich aus den Gedanken. Er ist bereits voran gegangen, hat mein Fehlen jedoch bemerkt und sich nach mir umgedreht. Ich murmle eine Entschuldigung und schließe raschen Schrittes zu ihm auf. Unweit der Bronzestatue kommen wir zum Stehen. Die Hände noch immer in den Hosentaschen vergraben, lehne ich mich gegen das Geländer und lasse den Blick sinken. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Angesichts dieser Situation erscheint mir alles, was ich äußern könnte, unendlich belanglos. Als die Stille nach einigen Minuten ein für mich unerträgliches Maß erreicht hat, räuspere ich mich. Meine Hände balle ich in meinen Hosentaschen zu Fäusten.

"Also", sage ich mit beherrschter Stimme und lasse den Blick beiläufig in die Ferne schweifen. Die Aussicht ist wirklich sagenhaft, doch ich kann ihr nicht die gebührende Aufmerksamkeit zukommen lassen. "Da sind wir nun. Fragen Sie."

Wir schauen einander flüchtig an, doch Erwin antwortet nicht. Gedankenverloren betrachtet er den blauen Einband in seinen Händen, die Stirn in Falten gelegt, so, als sei ihm plötzlich entfallen, worüber er eigentlich mit mir hatte reden wollen. Als er die Stimme schließlich erhebt, hat sie einen fast melancholischen Klang angenommen.

"Es war nicht immer so, dass ich Hauptrollen spielen durfte", sagt er und schenkt mir ein verhaltenes Lächeln. "Wussten Sie das?"

"Mehr oder weniger", antworte ich, ohne ihn dabei anzublicken. "Sie sind vor zwei Jahren aus Moskau zu uns gestoßen, wenn ich mich recht erinnere."

Der Mann neben mir nickt.

"In der Tat", antwortet er. "Ich war ein unbedeutender, kleiner Schauspieler englischer Einwanderer. Man gab mir Nebenrollen und ich war durchaus zufrieden damit. Jeder Schauspieler ist froh, wenn er auf der Bühne stehen darf, ganz gleich, in welcher Rolle. Als Autor ist Ihnen selbstredend bewusst, wie unsicher das Leben als Künstler ist."

"Ja."

"Ich hätte mich nie beschwert. Ich hatte ein Auskommen in meiner Tätigkeit, da ist es einerlei, ob nun in erster oder letzter Reihe. Natürlich hoffte ich darauf, eines Tages auch größere Rollen spielen zu dürfen, doch man muss sich erst hocharbeiten, so ist das nun einmal."

"Von nichts kommt nichts", murmle ich und Erwin brummt neben mir einen Laut der Zustimmung. Ich kann nicht einordnen, worauf er hinaus will, und das befeuert meine Nervosität nur weiter.

"Einige Monate nach Beginn meiner Tätigkeit in Petrograd begannen die Proben zu einem neuen Stück aus Ihrer Feder namens Der Gefreite Alexej. Ich mochte den leichten, politischen Unterton, der einem entgeht, wenn man nicht ganz genau hinschaut. Darüber hinaus wurde ich beim Lesen das Gefühl nicht los, dass Alexej und ich uns in jeder Hinsicht ähnelten. Es gab so viele Dinge, in denen ich mich wiederfinden konnte und offensichtlich ging es nicht nur mir so. Man betraute mich mit der Hauptrolle und ich gab mir jede Mühe, ihr gerecht zu werden."

"Sie sind ihr gerecht geworden. Mehr als das", werfe ich ein und versuche meiner Stimme ihre übliche Festigkeit zurück zu geben. "Es ist maßgeblich Ihrer Leistung zu verdanken, dass das Stück diesen Erfolg erzielen konnte."

"Ganz und gar nicht", schüttelt Erwin den Kopf, ohne mich dabei anzublicken. "Es war ein gutes Stück, so gut, dass ich Angst hatte, es durch meine Leistung zu ruinieren." Er lächelt mich an und mir wird heiß und kalt zugleich. "Glücklicherweise war dies nicht der Fall. Als einige Monate später das nächste Drama von Ihnen vorbereitet wurde, war das gesamte Ensemble überrascht, als die Hauptrolle einmal mehr nur zu mir zu passen schien. Die meisten dachten sich nichts dabei, doch für mich blieb ein merkwürdiger Beigeschmack. Und als wir letztlich mit den Proben für den Sturz des Mephistopheles begannen, wandelte sich mein Verdacht in die stille Gewissheit, dass es jemanden geben muss, der mir positiv gesinnt ist. Ich wusste, nur ein frequenter Besucher dieses Theaters konnte dafür in Frage kommen, denn die Schriften und Regieanweisungen berücksichtigten selbst kleine Eigenheiten von mir, die jemandem, der nicht regelmäßig hier ein und ausgeht, kaum bekannt sein dürften. Die Zuschauer denken stets, die Schauspieler bemerkten sie nicht, doch das Gegenteil ist der Fall. Man weiß bald, wer zur Stammkundschaft gehört. Hin und wieder gehe ich vor den Auftritten durch das Foyer und man sieht doch die immer gleichen Gesichter." Das Lächeln auf seinen Lippen wird breiter, während mit jedem seiner Worte die Farbe aus meinem Gesicht weicht. Hatte ich mich derart offensichtlich verhalten? Langsam dämmert mir, was er auf dem Herzen hat, und es geht weit über simple Fragen zur Rolle des Mephistopheles hinaus. Meine Finger umklammern das Geländer, während ich verzweifelt versuche, mir meine Emotionen nicht anmerken zu lassen. Erwin räuspert sich leise, dann fährt er fort. "Sie waren bei den Premieren Ihrer Dramen stets im Theater. Und auch, wenn Stücke gespielt wurden, in denen ich mitwirkte. Ansonsten blieb Ihr Platz stets leer. Es war ein leichtes, dies festzustellen, denn die Loge, die Sie nutzen, ist gut zu sehen. In mir keimte der Verdacht, dass Sie vielleicht der Autor jener Stücke sein könnten, die mir zum Ruhm verhalfen, doch da Sie nie offiziell als Levi Ackerman vorgestellt wurden, blieb mir nichts anderes übrig, als im Stillen Vermutungen anzustellen. Erst, als man mir dieses Buch aushändigte und ich Ihr Bild darin erblickte, setzte sich alles mit einem Schlag zusammen, wie ein Puzzle, dessen Teile erst geordnet ein Ganzes ergeben." Er hebt den Kopf, mustert mich still, ein sanftes Lächeln auf den Lippen. "Ich weiß nicht, was Sie dazu bewogen hat, mich auf diese Weise zu berücksichtigen. Doch ich bin Ihnen zu tiefstem Dank verpflichtet. Ohne Sie wäre ich kaum da, wo ich jetzt bin. Sicherlich würde ich noch immer unscheinbar im Hintergrund agieren." Er lacht auf und es klingt warm. "Das gilt natürlich nur gemäß des Falles, dass ich mit meinen Mutmaßungen nicht falsch liege. Sollte ich Ihnen Unrecht getan haben, tut mir dies sehr leid. Vergessen Sie dann bitte, was ich Ihnen soeben anvertraut habe."

Unfähig, etwas zu erwidern, starre ich ihn an, die Lippen leicht geöffnet, die Augen geweitet, bleich und mit klopfendem Herzen. Ich ziehe meine Hände, die ich zu Fäusten geballt hatte, aus den Hosentaschen und fahre mir mit den Fingern durch das schwarze Haar. In meinem ganzen Leben habe ich mich nicht so ertappt gefühlt wie in diesem Moment. Unschlüssig, was ich erwidern soll, beiße ich mir auf die Unterlippe. Er kann mir sicherlich ansehen, dass er auf der richtigen Fährte ist. Anlügen möchte ich ihn nicht. Und was für einen Nutzen würde es bringen, abzustreiten, was doch wahr ist?

"Sie liegen nicht falsch", flüstere ich tonlos. "Ganz im Gegenteil. Es hat sich tatsächlich genau so zugetragen, wie Sie es vermutet haben."

Ich lasse den Kopf sinken und starre zu Boden. Ein Kribbeln in meinen Wangen zeugt davon, dass ich in der Dunkelheit erröte. Im Stillen hoffe ich, dass Erwin zumindest dies übersehen wird. Als ich letztlich aus den Augenwinkeln zu ihm schaue und sich unsere Augen treffen, liegt keine Wertung in seinem Blick. Wie ein Kind, dass vor Neugierde zu platzen droht, schaut er mich an.

"Warum?", fragt er letztlich und seine Stimme klingt so sanft, dass es mir die Nackenhaare aufstellt. "Warum ich?"

"Weil Sie ein talentierter Schauspieler sind, Erwin", presse ich hervor und lehne mich unwillkürlich zurück. Ich fühle mich in die Enge getrieben, doch die Art, mit der Erwin mich mustert, lässt mich gegen meinen Willen weiter sprechen. "Ihr Schauspiel hat mich erst zu den folgenden Stücken inspiriert", fahre ich mit brüchiger Stimme fort. "Ich bin kein extrovertierter Mensch, müssen Sie wissen. Ich bleibe lieber im Hintergrund. Es wäre vermutlich einfacher gewesen, Ihnen ein unbedeutendes Kompliment zu machen, doch das ist wohl einfach nicht meine Art."

"Verstehe."

Wir nicken beide, dann verfallen wir in Schweigen. Erwin beginnt in dem Buch zu blättern, überfliegt die Seiten mit den Augen, hält hier und da inne, um sich die ein oder andere Stelle etwas näher anzusehen. Allmählich entspanne ich mich. Wenngleich man mich durchschaut hat - die Art und Weise, wie Erwin mit mir verfährt, gibt mir das Gefühl, dass alles in Ordnung ist. Als wäre all das hier das zwangsläufig notwendige Ende meiner langjährigen Taten.

"Wissen Sie", beginnt er plötzlich, ohne den Blick vom Buch abzuwenden. "Ich finde, dass sich dieses Stück hier von den vorherigen unterscheidet."

Ich runzle die Stirn. Dabei rutschen mir einige Strähnen ins Gesicht, die ich still hinter mein Ohr streiche.

"Inwiefern?", frage ich.

"Sie schreiben für gewöhnlich knapp und sachlich. Sehr modern, nicht so blumig wie die Schriftsteller der vergangenen Jahrzehnte. Sie bringen rasch auf den Punkt, was Sie sagen möchten und auch Ihre Protagonisten machen meist einen Bogen um Ihre Gefühle. Ich denke, dieser Stil entspricht dem Zeitgeist, und ich finde ihn sehr ansprechend. Doch der Sturz des Mephistopheles ist anders. Faust und Mephistopheles sind anders. Ich will nicht sagen, dass sie von ihren Gefühlen getrieben agieren, denn in diesem Kontext erscheint mir das nicht zutreffend, und doch weiß ich in diesem Zusammenhang kein besseres."

"Sie sind durch ihren Pakt aneinander gebunden. Sie agieren zielorientiert", sage ich und Erwin nickt heftig.

"Ja, das mag sein. Und doch - Mephistopheles geht so hart mit Faustus ins Gericht. Er behandelt ihn grob und kalt, und doch geht er letztlich gegen die Obrigkeit vor um ihn zu retten, wissend, dass er scheitern muss." Er blättert einmal mehr das Buch durch, dieses Mal heftiger als zuvor. "Ich verstehe das nicht. Ich kann Mephistopheles Motivation nicht einschätzen. Was bringt ihn dazu, so selbstzerstörerisch zu agieren, wenn er doch weiß, dass niemand davon einen Nutzen erfahren wird? Er weiß, dass sein Handeln sowohl seinen eigenen als auch Faustus Untergang bedeutet."

"Ja. Und doch kann er nicht anders, als aufzubegehren."

"Warum?" Erwin spricht mit einer Dringlichkeit, die mein Herz schneller schlagen lässt. Er löst sich von dem Geländer und tritt näher an mich heran. Seine Augen ruhen voll Wissbegierde auf mir. Sie funkeln, als seien sie aus Kristall. "Sagen Sie es mir? Ich bitte Sie."

Erwin steht so dicht neben mir, dass ich unwillkürlich einige Zentimeter zurück weiche. Still lehne ich mich gegen das Geländer. Meine Hände umfassen den kalten Stein. Den Kopf so weit gesenkt, dass mir Haarsträhnen in die Stirn rutschen, suche ich nach den richtigen Worten.

"Ignoranz", sage ich schließlich.

"Ignoranz?", fragt Erwin und kann die Überraschung in seiner Stimme nicht verbergen.

"Ja", flüstere ich. "Ignoranz sich selbst und seiner Gefühle Faustus gegenüber."

Stumm nimmt Erwin die Worte zur Kenntnis, dann, als verstünde er plötzlich, erhellt sich sein Gesicht.

"Was für Gefühle meinen Sie?", fragt er tonlos. Ich kann nicht anders, als matt zu lächeln.

"Selbst Gott liebte einst den Morgenstern, nicht?", flüstere ich, das Haupt noch immer gesenkt. "Zu sehen, dass Faust es schafft, starke Gefühle der Sympathie oder gar Liebe in ihm wachzurufen, wissend, dass genau dies der Wetteinsatz war - jemand, der derlei nicht kennt, der derlei nie gefühlt hat, für den muss dies eine furchteinflössende Erfahrung sein." Ich halte inne und meine Finger schließen sich fester um das Geländer. "Ich denke, dass man an einer solchen Erfahrung durchaus verzweifeln kann. Er ist der Teufel. Er bringt das Unheil über die Welt. Er ist die Kraft, die stets das Böse will, doch stets das Gute schafft. Und was nicht sein soll, das darf nicht sein. Das ist es, was Menschen denken, und auch der Teufel ist davor nicht gefeit." Ich spreche mit leiser, getragener Stimme, mache mir meine Gedanken, während die Worte über meine Lippen kommen. Es sind Gedanken, die ich zuvor nie klar artikuliert habe, und doch sprudeln sie einfach so hervor. Ich kann nicht sagen, warum. "Seine Selbstverleumdung leitet Mephistopheles Untergang ein. Als er letztlich zu sich steht, seine Katharsis erfährt und es wagt, die Hand zu erheben, kommt er zu spät, um den drohenden Untergang abzuwenden. So strudeln er und Faust umeinander in den Abgrund. Mephistopheles widersetzt sich und bezahlt dies mit seiner Existenz. Dabei ändert dies nichts an den Tatsachen. Faustus' Seele gehört weiterhin dem Teufel - doch anstatt in Mephistopheles Gesellschaft muss er die Ewigkeit nun alleine ertragen."

Damit schließe ich meine Erläuterungen und schweige still. Den Blick gesenkt, betrachte ich den mit Platten ausgelegten Boden des Daches. Ich nehme den Wind wahr, der immer wieder über mein Gesicht streicht und mich frösteln lässt. Schließlich hebe ich den Kopf und schaue gen Himmel.

Einige Quellwolken sind zu sehen, der Mond legt sein bläuliches Licht über uns. Hier und da entdecke ich einen einsamen Stern am Firmament.

"Was für eine traurige Geschichte", flüstert Erwin neben mir. Ich schaue zu ihm. Er hat es mir gleich getan und betrachtet den Nachthimmel. Sein blondes Haar schimmert leicht im Licht des Mondes. Als er meinen Blick bemerkt, schaut er zu mir hinüber und lächelt. "Aber ich denke, ich verstehe nun besser", sagt er. "Habt vielen Dank."

Erneut schleicht sich das warme Kribbeln in meine Wangen. Und wenngleich mein Herz einmal mehr wie wild zu klopfen beginnt, kann ich den Blick doch nicht abwenden. Ehe ich mich versehe, beuge ich mich in die Richtung des Anderen, den ich die Monate zuvor doch nur aus der Ferne vergöttert habe, löse die linke Hand vom Geländer und strecke sie nach ihm aus. Ich benehme mich wunderlich. Ich weiß das. Und so halte ich inne, ehe ich etwas Dummes tun kann, wenngleich ich mir doch nichts mehr wünsche, als meine Finger über diese Uniform gleiten zu lassen. Sein Haar. Seine Haut. Jetzt, wo wir einander so gegenüberstehen, fällt es mir schwer, mich zu beherrschen. Und mit jeder Sekunde, die ich ihn auf diese Weise betrachte, geht mein Atem schneller. Dieser Mann hat mich verhext. Ich kann mir nicht helfen. Ich kann nicht anders. Ich presse meine Kiefer zusammen, um nichts von dem nach außen dringen zu lassen.

Still mustert Erwin erst mich, dann meine Hand, dann wieder mich. Noch immer betrachtet er mich mit den Augen eines Kindes, voller Faszination für sein neues Spielzeug. Schließlich wende ich mich ab und löse mich von dem Geländer.

"Es ist kalt hier draußen", presse ich hervor, "gehen wir wieder rein, Erwin."

"Warten Sie."

Erwins Stimme erklingt mit einer solchen Dringlichkeit hinter mir, dass sich in meinem Magen alles zusammen zieht. Entgegen meiner Absicht bleibe ich stehen. Langsam drehe ich mich um.

"Ja?", flüstere ich. Erwin lehnt noch immer an der Brüstung. Eine Hand ruht auf seinem Oberschenkel, die andere an seiner Seite.

"Eine letzte Frage hätte ich noch", sagt er und lächelt entschuldigend. "Wenn es keine zu großen Umstände macht."

Ich betrachte ihn einen Moment lang, dann schiebe ich einmal mehr die Hände in meine Hosentaschen. Ich fröstele, und die Haare an meinen Unterarmen stellen sich auf.

"Fragt." Meine Stimme klingt kühl. Erwin deutet einmal mehr mit der Hand auf den Platz neben sich, meinen alten Platz, und wenngleich ich zögere, so folge ich seiner Einladung doch. Er wartet, bis ich neben ihm zum Stehen komme. Ich suche seinen Blick und hebe auffordernd die Augenbrauen. "Also?"

Erwins Mundwinkel zucken. Er stützt sich mit der linken Hand auf der Brüstung ab und beugt sich näher zu mir heran, so nah, dass ich sein Rasierwasser vernehmen kann. Moschus. Patschuli. Ein schwerer, herber Geruch.

"Als Mephistopheles und Faustus ihren Pakt besiegeln", beginnt er und klingt zunehmend verschwörerisch. "Sagt mir, warum ging das Licht aus?"

Suchend wandern seine Augen über mein Antlitz und wenngleich die Nacht bitterkalt ist, so wird mir doch warm ums Herz. Still erwidere ich seinen Blick und bin so gebannt, dass ich das Antworten beinahe vergesse.

"Manchmal erzielt man eine stärkere Wirkung, wenn man das Geschehen der Vorstellungskraft des Zuschauers überlässt", murmle ich schließlich und verschränke die Arme vor der Brust.

"Was haben die beiden getan?", lässt Erwin nicht locker. Ich runzle die Stirn und mustere ihn still. Er erwidert meinen Blick.

"Was denken Sie?", frage ich und meine Stimme gleicht einem Flüstern. Erwin, der sich zu mir gebeugt hat, steht nun so dicht neben mir, dass seine Wärme durch die Jacke seiner Uniform zu mir hindurch dringt. Nach einigen Sekunden des Schweigens tritt ein Schmunzeln auf seine Lippen.

"Ihr sagtet, Mephistopheles liebte Faust?", wispert er.

"Ja."

"Verstehe."

Seine Augen wandern über mein Antlitz, so unendlich langsam und intensiv, dass es mir den Atem verschlägt. Mir entgeht nicht der schelmische Glanz, der sich in seinen Blick schleicht.

"Nun", flüstert er, "ich denke, sie taten folgendes."

Dann beugt er sich vor und drückt seine Lippen behutsam gegen die meinen. Ein flüchtiger Kuss, zärtlich, ohne mich in die Ecke zu treiben. Vorsichtig, als befürchte man, zu zerbrechen, was man bewunderte. Sanft, wie eine Brise die über die Felder streicht. Als er sich letztlich von mir löst, kann ich ich nicht umhin, als ihn steif vor Schreck, mit großen Augen und leicht geöffneten Lippen, anzustarren.

"Stimmen Sie mir zu?", flüstert er.

"Möglicherweise", wispere ich. Wir blicken einander an und ich kann nicht fassen, was gerade geschehen ist. Mir ist, als habe jemand die Zeit angehalten.

"Erwin", flüstere ich und unterbreche mich, denn ich weiß nicht, wie ich den Satz sinnvoll zu Ende bringen soll. Ich löse die Verschränkung meiner Arme und strecke die Hände nach ihm aus, bis meine Fingerspitzen letztlich über die goldenen Knöpfe seiner Uniform streichen. Behutsam, zurückhaltend, denn ganz traue ich mich nicht. Einmal mehr öffne ich den Mund, da unterbricht mich das Geräusch einer sich öffnenden Tür.

"Ljowuschka!", ruft jemand und ich brauche mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es sich um Hanji handelt. Ich seufze. Nur ein paar Sekunden noch, mehr hätte ich mir nicht gewünscht. Schließlich wende ich mich um. Meine Freundin steht am anderen Ende des Daches und winkt uns mit dem Notizbuch in der Hand zu, ehe sie raschen Schrittes zu uns eilt. "Hier bist du, Herrgott", flucht sie, als sie letztlich vor mir zum Stehen kommt. Sie klingt tadelnd. "Ich habe dich überall gesucht. Deine Gattin übrigens auch."

"Hat sie aufgehört zu schmollen?"

"Sie wird wieder damit anfangen, wenn du dich nicht bald unten einfindest."

Sie bemerkt Erwin und lässt den Blick zwischen uns hin und her gleiten. Als sie realisiert, dass sie den Hauptdarsteller des Stückes vor sich hat, wird sie bleich.

"Hanji, das ist Erwin Smith, Erwin Smith, das ist meine Freundin Hanji Zoe, ihres Zeichens Journalistin", murmele ich rasch und deute ihr mit einem Funkeln in den Augen, die Fassung zu bewahren. Sie gönnt mir diesen Gefallen. Erwin hingegen nickt ihr freundlich gesinnt zu. Sie richten ein paar höfliche Worte aneinander, denen ich jedoch kaum folge.

"Wie kommst du überhaupt hierher?", frage ich schließlich und entlocke Hanji damit ein lautes Lachen. Sie hebt die Hand und winkt ab.

"Man hat gesehen, wie du hierher verschwunden bist", schmunzelt sie. "Mich einfach stehen zu lassen, obwohl ich nur kurz mein Notizbuch holen wollte..."

"Es hat dich lange genug gedauert", antworte ich mürrisch. "War es in der Loge?"

"Nein, nein." Sie lacht erneut. "Ich muss es Mike in die Hand gedrückt haben, jedenfalls trug er es mit sich herum als ich ihn letztlich wiederfand." Als könne sie kein Wässerchen trüben zuckt sie mit den Schultern und stemmt die Hände in die Hüften. "Wie dem auch sei - deine Frau lässt dir ausrichten, dass der Babysitter nur bis zwölf bleiben kann. Sie will zurück. Du sollst ins Foyer kommen."

"Sag ihr, ich komme sofort", erwidere ich wenig begeistert und presse die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Ich hatte gehofft, der Abend würde nicht ganz so abrupt enden. Gerade, nachdem er eine solch erfreuliche Wendung genommen hatte. Hanji nickt flüchtig, dann wendet sie sich an Erwin.

"Falls es Ihnen nichts ausmacht", beginnt sie an ihn gewandt und ihre Stimme überschlägt sich. "Ich schreibe für die Petrograder Zeitungen und würde mich außerordentlich freuen, wenn Sie sich vielleicht einmal ein wenig Zeit nehmen könnten für ein Gespräch mit mi-"

"Hanji", knurre ich und bringe sie zum Schweigen. Erwin jedoch erwidert ihren Blick voller Freundlichkeit.

"Sicherlich", antwortet er und entlockt Hanji damit einen Laut der Entzückung, "kontaktieren Sie mich im Verlaufe der Woche, dann machen wir einen Termin."

"Gerne!", ruft sie und ihre Augen beginnen zu funkeln. "Sehr gerne! Oh, vielen Dank der Herr!"

"Keine Ursache."

"Hanji", mische ich mich einmal mehr von der Seite ein und adressiere sie in einem Tonfall, der deutlich macht, dass sie stört. "Geh doch schon einmal zu Mikasa und sage ihr, dass ich kommen werde, sobald ich mich von Erwin verabschiedet habe."

Sie stöhnt auf.

"Wie du meinst, Ljowuschka", murrt sie und wendet sich zum Gehen. "Ich verstehe schon, wenn meine Anwesenheit nicht erwünscht ist. Einen schönen Abend Ihnen, Erwin Smith."

"Vielen Dank", schmunzelt dieser. "Ihnen auch."

Ein letztes Mal hebt Hanji die Hand zum Gruß, dann wendet sie sich ab und ist bald ins Innere des Theaters verschwunden. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt, kann ich mir ein Seufzen nicht verkneifen.

"Diese Person", flüstere ich genervt. Erwin schenkt mir einen amüsierten Blick.

"Sie erscheint mir sehr freundlich."

"Das streite ich nicht ab."

Wir schnauben beide amüsiert.

"Sie haben Kinder?", fragt Erwin schließlich mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Ich nicke.

"Ja", murmle ich, "eine Tochter, drei Jahre alt."

"Wie schön für Sie." Er klingt aufrichtig. "Es muss wundervoll sein, jungem Leben beim Wachsen zuzusehen."

"Durchaus."

Wir tauschen einen langen Blick und während wir einander ansehen, kehrt das Kribbeln in meine Lippen zurück.

"Nun", sage ich und löse mich vom Geländer. "Ich sollte gehen. Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten."

"Das konnten Sie", lächelt Erwin mich an, ohne sich zu rühren. Er wird mich alleine gehen lassen, und hier verweilen.

"Gute Nacht, Erwin Smith", sage ich und gehe. Ich habe die Strecke zur Tür kaum zur Hälfte zurück gelegt, als Erwins Stimme noch einmal hinter mir ertönt.

"Eine letzte Sache noch, Levi Ackerman", ruft er und lässt mich ein weiteres Mal innehalten. Ich wende mich nach ihm um.

"Ja?", frage ich in die Dunkelheit.

"Kommen Sie doch ein wenig früher das nächste Mal - wenn es Ihnen nichts ausmacht." Er schenkt mir ein Lächeln, so strahlend wie die Sonne. "Dann führe ich Sie ein herum."

Ich erwidere seinen Blick, die Stirn in Falten gelegt. Dann lächle ich, ohne dass ich etwas dagegen tun kann und nicke.

"Gerne", sage ich sanft. Ein, zwei Sekunden betrachte ich ihn, dann drehe ich mich um. Auf diese Weise, beschwingt und mit klopfendem Herzen, verlasse ich das Dach des Petrograder Alexandrinski-Theaters, ahnend, dass dies eine jener Nächte ist, die, blickte man erst einmal zurück, womöglich ein neues Kapitel meines Lebens einläuten würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo und guten Abend aus Japan!

Ich habe die zwei ochen meines Urlaubes genutzt, einen Oneshot zu schreiben, der mir die Tage in den Sinn gekommen ist, und auf den Kontakt zu einem lieben ENTJ-Erwin-Cosplayser aus Oxford zurück zu führen ist, der mich maßgeblich zu dieser Geschichte inspiriert hat.

Mal etwas anderes. Sowohl von der Erzählperspektive als auch vom Tempus her war das ganze eine neue Erfahrung für mich und ist unter anderem ebenfalls dem Erzählstil nachempfunden, den man in Murakamis "Kafka am Strand" vorfinden kann. Natürlich reiche ich Murakami-Sensei nicht das Wasser.

Ljowuschka ist übrigens die offizielle Koseform von Lev, und ich war so frei, sie einfach für Levi zu übernehmen. Ich habe gelesen, dass Siezen und das Ansprechen beim Vornamen in Russland durchaus eine übliche Kombination ähnlich dem deutschen Hamburger Sie ist, allerdings habe ich mein Wissen nur aus Büchern und kann dementsprechend nicht zu 100% sagen, ob ich da nicht vielleicht ein bisschen daneben gegriffen haben könnte.

Nun denn, hier sinds schon 21 Uhr, und ich werde nun umgehend anfangen, all das hier ins Englische zu übersetzen.

Habt einen schönen Abend und vielen Dank fürs Lesen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  KawaiiBlueHero
2016-10-21T18:55:40+00:00 21.10.2016 20:55
Herzlich willkommen zurück Mr. Jetlag.
In dem Wissen, dass dich ein Kommentar zu deinem Werk wohl mit am meisten freuen wird, wenn du in Deutschland wieder ins Internet gehst, gebe ich mir jetzt ganz viel Mühe: (Damit ich bloß nichts vergesse)

Also wo fange ich an?
Bei der Erzählerperspektive! Ich bin immer sehr kritisch mit der Ich-Perspektive aber mein lieber Freund, du hst es gerocked! Aber richtig. Das ließt sich super flüssig, wenn ich nicht auf dem Handy gelesen hätte, wäre das in einem Rutsch runter gelesen, trotz der vielen Wörter. Also wirklich ganz toll.
Und siehe da, du kannst ganz tolle One-Shots schreiben. Obwohl er lang ist, es ist klasse.

Ich glaube auch, dass ich es schnell und flüssig durchlesen konnte war, weil du in der Ich-Perspektive nicht ganz so detailverliebt bist. Du beschreibst die Kleidung und die Umgebung in genau dem richtigen Maß, auch so wie die Charaktere aussehen, bekommst du ganz toll rüber gebracht.
Ich muss auch gestehen, für gewöhnlich versuche ich in einer ff, mich mit einem oder mehreren Charakteren zu identifzieren. Komischer Weise konnte ich mich bei dieser ff mit keinem Charakter identifizieren, sondern habe es genossen der Zuschauer zu sein. Das war richtig schön, einfach nur so Mäuschen zu spielen.

Die Storyidee finde ich klasse. Du schaffst ganz tolle AU zu den beiden, wirklich klasse. Die passen da auch irgendwie immer so richtig gut rein.
Die kleinen Randcharaktere finde ich toll, Eren als russischer Offizier (oh Gott wie herrlich), Mikasa die Zwangsehefrau, Hanji die Jornalistin, Mike und Nanaba als Freunde, und Petra die Wittwe.
Mikasa die Zwangsehefrau ist echt gut, auch wie sie stänkert, wirklich sehr gut getroffen.

So nun zu unseren beiden Liebsten (weil das Beste kommt ja zum Schluss):
Levi ist einfach nur genial, er ist so am anhimmeln und vergöttern. Wunderbar.
Also wenn man Erwin ist, dann will man genau von diesem Knirps, genau so angeschmachtet werden. Meine Güte was ist der am schmachten, wirklich zu gut.
Und Erwin, er ist einfach nur top besetzt. So ein richtig stolzer Mann, der toll auf der Bühne und im Rampenlicht steht.
So einer den man echt gerne anschauen will.
Und wie keck er ihn küsst!
^3^
Superb~
Von:  -Jack
2016-10-19T22:34:43+00:00 20.10.2016 00:34
Ich weiß gar nicht, mit was ich anfangen soll, um meine Freude über dein neuestes Werk auszudrücken. Zum einen ist es dir wieder sehr gut gelungen, Erwin und Levi (und auch die anderen SnK Charaktere) in eine andere Zeit zu versetzen und sie glaubwürdig in ihren Rolle agieren zu lassen. Dir liegen die älteren Zeitabschnitte sehr und es ist auch einfach ein sehr passendes Umfeld für die Charas. Ich war erst etwas irritiert von der Ich-Perspektive, aber anstatt dass es mir schwer gefallen ist mich da reinzufinden, wie ich das für gewöhnlich bei dieser Erzählweise tue, fiel es mir hier erstaunlich leicht. Ich mag deinen Schreibstil und du verstehst es auch, Fluss reinzubringen und dass einfach alles stimmig wirkt.
Das Levi und Mikasa hier verheiratet sind, ließ mich erst die Stirn runzeln und dann irgendwie grinsen. xD Zwei solche verbockten Charaktere in einer Ehe und du hast ihre Situation wirklich treffend beschrieben. Hanji hast du auch wieder perfekt getroffen. Wie Levi es auf Dauer mit ihr aushält, ist mir schleierhaft. Der hat einen nicht vorhandenen Geduldsfaden! xD
Was Levi und Erwin betrifft... Levis Schwärmerei für Erwin ist wundervoll. Von der künstlerischen Seite her betrachtet ist unser blonder Mephistopheles eindeutig Levis Muse. Das da noch mehr hintersteckt, ist von der Eruri-Fanseite her nur zu befürworten! 8D Und dass Erwin Levi so schnell auf die Schliche kommt, spricht nur für ihn. <3 Ich hoffe, dass nun etwas mehr Abwechslung in den Alltag des Autors eintritt. Ich denke nämlich, Erwin wird für seine "Sprich mich nicht an"-Aura nur ein müdes Lächeln übrig haben und ihn weiter "belästigen" xD Nein, ganz ganz toll. Da wunderts mich auch nicht, dass die Geschichte wieder so lang geworden ist. Gutes braucht halt seine Zeit, da nimmt man auch mal 12k Wörter in Kauf. <3
Also Daumen hoch dafür und fühl dich noch mal gelobt wegen deines Schreibstils. <333
Von: abgemeldet
2016-10-16T16:17:56+00:00 16.10.2016 18:17
Hallo MadameFleurie,

ich habe mich wirklich gefreut, ein neues Werk von dir zu lesen. Dein Schreibstil verpasst der Geschichte viel Spannung und die Lust mehr zu Lesen. Also bei mir wirkt es schon mal XD. Zu dem liebe ich deine Fanfictionen zum Thema ErwinxLevi, ein schönes Pairing mit viel Drama und Humor. Die Charaktere beschreibst du einfach klasse, wie im Original der Serie. Dafür gibt es ein Lob von mir. Am Besten kannst du Levi darstellen, in seiner natürlichen Aura. Bei jeden Punkt muss ich schmunzeln, vor allem im Zusammentreffen mit Erwin und Levi. In dem One-Shot Der Sturz des Mephistopheles bringst du die dramatische, aber auch leicht romantische Atmosphäre bei dem Pairing sehr gut hervor. Levi als ein leidenschaftlicher, Schreiber/Autor eines Theaterstücks und Erwin als ein bescheidener Schauspieler, so in meinen Augen, finde ich ihre Rollen darin perfekt. Also eine großartige Story. Ich freue mich mal auf ein weiteres Werk von dir. Bis dann.

LG^^Alien^^


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