Der Palast in den Wolken von C-T-Black ================================================================================ Kapitel 3: Kein ganz normaler Tag --------------------------------- In den nächsten Tagen verbrachte Rin viel Zeit in den Wäldern. Sie hatte Kagome gebeten sich um die Menschen im Dorf und ihre Verletzungen zu kümmern und sie hatte ihr gesagt, dass sie ihr Training mit ihren Kräften in nächster Zeit allein fortsetzen wollte. So hatte sie genug Freiraum um nach antitoxischen Heilpflanzen zu suchen und sich um die Verletzungen des Yōkais zu kümmern. Kagome und ihre Freunde kannten sie mittlerweile auch so gut, dass sie ihr Verhalten nicht hinterfragen und sie einfach machen ließen. Sie alle wussten, dass sie früher oder später wieder zu ihrem gewohnten Alltag zurückkehren würde. Denn solange Rin hier lebte, würde sie das Erbe von Kaede aufrechterhalten. Sie brauchte nur hin und wieder eine eigene Beschäftigung, nur für sich und so gut wie in den letzten Tagen hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Was sie in ihrem Tun nur noch bestätigte. Yahata, wie der Yōkai sich nannte, konnte mittlerweile ohne Probleme aufstehen und sich einige Schritte von der Hütte entfernen, ohne sofort vor Anstrengung zu Boden zu sinken. Er wollte fort von hier. Wieder zu Kräften kommen und seiner Wege gehen. Rin konnte das verstehen. Hätte sie damals die Wahl gehabt, dann hätte sie ebenfalls für sich und ihre Wünsche entschieden, doch damals war sie überzeugt worden, dass es besser war beide Welten genau kennenzulernen. Mittlerweile wusste sie für welche Welt sie sich entscheiden würde. „Wenn du so weiter machst, dann rennst du gleich wieder in den nächsten Dämon!“, rief Rin Yahata hinterher. Dieser erreichte gerade eine Eiche, die gut zehn Schritte von der Hütte entfernt stand und lehnte sich erschöpft daran. Seine Atmung ging flach und schnell und Rin konnte sogar von ihrem Platz vor der Hütte den Schweiß auf seiner Stirn sehen. Er überanstrengte sich täglich und doch zeigte es kaum Wirkung. Das Einzige was er davon hatte, war das seine Verletzung nur noch langsamer heilte. „Du meinst wohl ich spüre gleich wieder den nächsten Dämon auf und schlage ihn in die Flucht!“, wiedersprach Yahata, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. Rin Lächelte. Sie kannte Dämonen und ihren Stolz. Gerade was ihre Stärke betraf. Umso mehr freute es sie, dass Yahata damit aufgehört hatte ihr etwas vorzuspielen. Er war verletzt und schwach und das zeigte er ihr auch. Eine Tatsache, die es Rin viel leichter machte ihn zu behandeln. „Wenn du meinst!“, antwortete sie ihm und wand sich wieder ihren Kräutern zu. In den letzten Tagen hatte Sie die Rezeptur der Paste leicht verändert um sie an Yahatas Bedürfnisse anzupassen. Jetzt würde sie das Gift noch schneller herausziehen und für eine bessere Heilung sorgen. Als Yahata wieder die Hütte erreichte, sank er neben Rin zu Boden und legte sich in das flache Gras. Einen Moment hielt Rin mit ihrer Arbeit inne und ließ ihren Blick über den Yōkai gleiten. Er war ein ansehnlicher Mann. Groß und gut gebaut. Erstaunlich zuvorkommend und er besaß Humor. Etwas, was sie nicht von jedem Dämon sagen konnte. Es war angenehm in seiner Gegenwart zu sein und mit ihm verflog die Zeit wie der Wind. „Gefällt dir was du siehst?“ Yahatas Frage ließ Rin die Röte ins Gesicht schießen. Sie vergas viel zu oft, dass andere bemerkten was sie tat und das sie das in Schwierigkeiten bringen konnte. Sie wand den Blick ab. „Nichts, was ich nicht schon gesehen hätte!“, bemerkte sie spitz. Yahata setzte sich wieder auf. Die Hände nach hinten gestützt saß er nun direkt neben ihr. „Du könntest mit mir kommen, wenn ich wieder genesen bin. Ich würde dir die Welt zeigen und dir die größten Schätze zu Füßen legen! Als meine Frau, würdest du auch nichts von den Dämonen zu Fürchten haben!“, sagte er nach einem langen Moment. Rins Herz zog sich bei diesen Worten schmerzlich zusammen. Wie sehr wünschte sie sich diese Worte zu hören. Sie Träumte davon. Jede Sekunde. Doch sie wollte sie nicht von Yahata hören, sondern von jemand anderem. „Du meinst die kleinen Dämonen, die sich schon vor deinem Schatten erschrecken?“, fragte sie deshalb amüsiert um nicht in dieses ernste Loch zu fallen, aus dem sie so schwer heraus kam. Sie spürte seinen Blick auf sich, wich ihm aber aus. „Du weißt was ich meine!“ Rin seufzte. Immer wieder schaffte sie es, Männern einen falschen Eindruck zu vermitteln. Natürlich war sie nett und hilfsbereit, immerhin war das ihre Aufgabe als Miko, aber das bedeutete doch nicht immer sofort, dass sie einen Heiratsantrag wollte. „Yahata- “, begann sie deshalb, wurde aber sofort wieder von ihm unterbrochen. „Sag nichts! Ich sehe es in deinem Blick… Du gehörst bereits einem anderen richtig? Er kann sich wirklich glücklich schätzen. Nur würde ich dich, an seiner Stelle, nicht hier alleine zurück lassen!“ „Er wird kommen und mich abholen. Daran glaube ich ganz fest!“, sagte Rin leise und in Gedanken versunken. Wenn sie daran dachte, wie lange sie damals geweint hatte, als sie allein hier zurückbleiben musste. Als klar war, dass sie nicht nur ein paar Tage hier warten würde, sondern die nächsten Jahre hier verbringen müsste. Niemand hatte sie beruhigen können. Sie war sogar einige Male davongelaufen und dadurch sogar in Schwierigkeiten geraten, doch als sie nicht einmal dann abgeholt wurde, hatte sie irgendwann aufgehört zu weinen. In den ersten Monaten war sie schrecklich wütend gewesen und hatte nichts zu schätzen gewusst. Sie hatte nichts gegessen, wollte nicht nach draußen gehen und mit niemandem sprechen. Doch irgendwann hatte Ah-Uhn sie aus dem Haus gezerrt und davongetragen. Wie ein nasser Sack hatte sie sich von ihm durchs Dorf schleifen lassen, ohne sich zu bewegen oder eine Regung zu zeigen. Bis sie im See gelandet war. Das eiskalte Wasser hatte das Leben in ihren Körper zurückgeführt und von diesem Tag an hatte sie ihr Schicksal angenommen und begonnen alles von Kaede zu lernen was sie konnte. Das Einzige, was noch länger bis zur Normalität brauchte, war ihre Beziehung zu Inu Yasha gewesen. In den ersten Monaten hatte sie ihn keine Sekunde lang ansehen können. Sie hatte sogar Umwege in Kauf genommen um nicht an ihm vorbeigehen zu müssen. Oder hatte Ausreden erfunden, weshalb sie nicht in seiner Nähe sein konnte. Zu tief war der Schmerz, den sie bei seinem Anblick empfand. Irgendwann hatte Kaede dann begonnen, die offensichtlichen Unterschiede zwischen Inu Yasha und seinem Bruder deutlich zu machen. So lange, bis Rin fast keine Ähnlichkeit mehr mit seinem Bruder in ihm sah. Das alles war schon so lange her, dass sie mittlerweile nur noch darüber schmunzeln konnte und jeder weitere Tag, ließ ihre Hoffnung wachsen. Noch zwei Tage, dann war ihr 18. Geburtstag gekommen. Der Tag, an dem sich ihr Schicksal vielleicht ein weiteres Mal ändern würde. „Diesen Mann würde ich gerne kennenlernen!“ Yahatas Stimme riss Rin aus ihren Gedanken. Mit einem kleinen, geheimnisvollen Lächeln sah sie ihn an. „Das wirst du sicher! Aber was mich bis dahin interessieren würde ist, was das für ein Dämon war, der von dir Besitz ergriffen hatte!“ Bisher hatte Rin versucht dieses Thema zu meiden, denn welcher Dämon gab schon gerne zu das er besessen war? Doch sie wollte auch nicht weiter über ihre Zukunft nachdenken und sich etwas von diesem Thema entfernen. Yahata verzog das Gesicht. „Können wir es vielleicht nicht ‘besessen‘ nennen? Ich war einen Moment abgelenkt und geistig nicht ganz auf der Höhe!“, versuchte er sich zu verteidigen. „Wenn du dich damit besser fühlst!“, gestand Rin ihm amüsiert zu. Yahata verschränkte die Arme vor der Brust. Löste sie aber schnell wieder, als der Schmerz der Wunde durch seinen Körper zuckte. „Das tue ich! Ich war gerade dabei eine schöne Runde Mah-Jongg zu spielen, als ich mich plötzlich nicht mehr bewegen konnte. Jemand hatte meinen Tee vergiftet und man wollte mich töten, doch ich konnte entkommen. Ich war benommen und wusste nicht wohin ich ging, bis ich plötzlich vor diesem Dämon stand. Er fügte mir die Wunde zu und drang durch diese in meinen Körper ein. Ich konnte mich nicht wehren und ihn auch nicht ausstoßen. Das Einzige woran ich mich ab diesem Zeitpunkt noch erinnern konnte, war ein Gedanke: ‘töten‘. Und dann bin ich hier aufgewacht!“ Rin sah Yahata an, dass es ihn selbst störte nicht mehr über diesen Vorfall zu wissen. Sie selbst fand diese Geschichte ebenfalls mehr als rätselhaft, doch sie glaubte ihm. „Sicher wirst du noch herausfinden wer das war und warum er es tat!“, versuchte sie ihn deshalb aufzubauen. Yahata schenkte ihr ein schwaches Lächeln. „Du bist viel zu gut zu jemandem wie mir. Bist du sicher, dass du ein Mensch bist?“ Er versuchte die Stimmung wieder zu heben, das wusste Rin, doch wenn er sie zu nett fand, konnte sie auch ganz anders, weshalb sie sich auf sein Spiel einließ. „Nur weil ich mich um das Leben jedes Einzelnen sorge, heißt das noch lange nicht, dass ich kein Mensch bin. Ich trete nur jedem der kein Mensch ist sehr aufgeschlossen gegenüber! Aber wenn ich dir zu nett bin, kannst du deine Wunde ab heute selbst versorgen. Die Paste ist grade fertig geworden!“, erklärte sich Rin und reichte ihm die Schale mit der Medizin. Einen Eimer mit frischem Wasser, zu dem sie Kräuter zur Desinfektion gab, stand immer bereit und Yahata hatte oft genug zugesehen, wie er sich um seine Verletzung kümmern musste. Sie stand auf und holte ein paar frische Verbände aus der Hütte um sie vor Yahata zu stapeln. Zögernd griff dieser nach der Schale und roch an der Paste. Er verzog angeekelt das Gesicht. „Und deine aufopferungsvolle Pflege versäumen? Auf keinen Fall! Außerdem gefällt dir meine Gesellschaft, das kann ich dir doch nicht nehmen!“, erklärte Yahata, der sich offenbar aus seiner Situation retten wollte. Rin war versucht ihm die Zunge herauszustrecken, doch sie war zu sehr eine Dame als dass sie sich auf diese Niveau herablassen würde. Deshalb belächelte sie seine Aussage nur. „Damit hast du natürlich vollkommen Recht. Aber ich glaube ich werde es überleben und jetzt gehen!“, sagte sie und stapfte zu Ah-Uhn, den sie sanft streichelte. Sie stand mit dem Rücken zu Yahata und konnte dennoch seinen Blick auf ihrem Körper spüren. Es war kein unangenehmes Gefühl, doch sie würde niemals etwas in diese Richtung zulassen. Dafür war ihr Herz viel zu sehr von jemand anderem vereinnahmt. Doch dann spürte sie noch etwas anderes. Diese starke Energie, die sie schon in der Nacht gespürt hatte, als er praktisch vor ihre Füße gefallen war. Rin fuhr herum und sah Yahata an. Er saß im Schneidersitz da, die Augen geschlossen und die Schale mit der Paste vor sich stehen. Er sah aus als würde er meditieren und vielleicht war es das, was seine Energie für eine kurze Sekunde gebündelt hatte. „Gute Nacht, Rin!“, sagte Yahata ohne die Augen zu öffnen und Rin spürte wie ihr schon wieder die Röte ins Gesicht schoss. „Wenn ich ein seltsamer Mensch bin, dann bist du der seltsamste Dämon, dem ich je begegnet bin!“ Das musste sie einmal aussprechen, bevor sie mit Ah-Uhn zurück ins Dorf ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)