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Verborgen in Stille

von

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Der Flug nach Arlington

Gemeinsam saßen wir nach unserem Streit in der Küche und tatsächlich trank ich das erste Mal einen Kaffee. Bitter schmeckte er und ich verzog die Lippen, als ich an ihm nippte. Jack reichte mir Zucker und Milch. Ich schüttete mir viel davon in die Tasse, bis ich das Gefühl hatte, dass er nicht mehr wirklich bitter zu schmecken schien. Jack sagte nichts dazu, einzig sein Auge kniff er etwas zusammen als er mich beobachtete. Ich rührte in der braunen Flüssigkeit herum und nach einem Moment der Stille fragte ich ihn leise: „Weswegen die ganzen Nachforschungen? Hast du hier…ich weiß auch nicht...einen Einsatz oder so?“

Jack betrachtete mich nachdenklich und erklärte nach einem kurzen Moment: „Nein, habe ich nicht. Ich will wissen wer in meiner Nachbarschaft wohnt. Was hier alles vor sich geht. Nenn es paranoid aber, dass muss ich ein wenig sein. Es gibt viele, die mich umbringen wollen.“

„Aber wieso steht dann in meiner Familie Relevant reingeschrieben“, fragte ich ihn leise und trank einen Schluck der Flüssigkeit.

„Deine Familie hat Geheimnisse und ist oder war in zwielichtige Angelegenheiten verwickelt. Sowas interessiert mich“, grummelte er leise während er mir in die Augen sah. Ich nickte leicht, wenn er wirklich so aufpassen musste verstand ich die Nachforschungen sogar.

„Meinst du mit Zwielichtig, dass mein Bruder Drogen genommen hat“, fragte ich nach einem kurzen Moment der Stille. Jack blickte ernst in mein Gesicht und nickte leicht und unschlüssig. Erklärend begann er zu sprechen: „Nicht nur deswegen. Jeder kann mal abrutschen, mich interessierte eher, was dein Vater dann gemacht hat.“

„Ihn zum ausgiften auf eine Farm geschickt“, meinte ich leise und als ich Jacks ernstes Gesicht sah rutschte mir erneut mein Herz in die Hose. Ein bitteres Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und er blickte in die Tasse vor ihm. „Was ist wirklich passiert“, forderte ich ihn nach einem kurzen Augenblick auf. Schwer seufzend richtete sich Jacks Blick wieder auf mich. Als ich erneut nachfragte fing er an zu berichten: „Diese komische Ausgiftungsscheiße war eigentlich nur zum Malochen. Die mussten hart arbeiten. So sollten sie nicht an die ganzen Drogen denken. War eher ein Arbeitslager und dein Vater wusste das. Dein Bruder hat ihm sogar geschrieben, dass er sich gebessert hatte, doch dein Vater will wohl nichts mit einem Junkie zu schaffen haben…“ Ich schluckte, dass mein Vater so abgebrüht war verblüffte mich. Wir schienen wohl wirklich nur wichtig oder seiner Aufmerksamkeit wert zu sein, wenn wir funktionierten. Ich nickte leicht und dachte daran, dass ich Vater nie so eingeschätzt hatte. Sein Ruf in der Nachbarschaft war eigentlich tadellos. Doch war es nur eine einzige schöne Fassade. Ich spürte Jacks Hand auf meiner Hand und schaute verblüfft zu ihr hinunter. Ich lächelte ihn leicht an und erwiderte stumm den Händedruck.
 

Den restlichen Tag verbrachten wir mit Vorbereitungen für die Reise nach Arlington. Jack lief immer wieder zwischen seinem Arbeitszimmer und der Wohnstube hin und her. Er schien einige Berichte zu studieren und legte sie auf dem Küchentisch ab. Ich saß auf der Couch und hing meinen Gedanken nach, dachte an Jackson und Dad. Als Jack erneut an mir vorbei ging fragte ich nuschelnd: „Bist du sauer auf mich, weil ich in deinem Arbeitszimmer war?“ Jack sah zu mir und sein unergründlicher Blick hielt mich gefangen. Es schien, als atmete er durch und schwieg. Sagte nichts. Ein schlechtes Gewissen erfüllte mich, doch ändern konnte ich das Geschehene nicht mehr. Wir sahen einander ins Gesicht und ich seufzte ergeben und senkte den Blick.

Jack ging in die Küche und schien nach etwas zu Essen zu suchen. Erneut seufzte ich und auf einmal hielt mir Jack eine Krankmeldung unter die Nase. „Ist das noch dein Hausarzt“, fragte er ruhig und ich nickte, als ich den Namen las. Ich wollte gar nicht wissen woher er dies wieder wusste. Ich traute mich auch nicht nachzufragen.

Als er mir Essen anbot lehnte ich ab. Immer noch schmerzte mein Magen von dem Schlag, den ich von meinem Vater hatte. Ich hielt mir die Stelle und Jack runzelte die Stirn. Erneut verschwand Jack in der Küche und nach einem Augenblick kam er mit einem Kühl Akku zurück, welchen er gerade in ein Trockentuch wickelte. Kommentarlos reichte er es mir und ich drückte es gegen meinen Bauch. Er setzte sich zu mir und meinte ernst: „Schlag zurück, Jazz. Du kannst das!“ Ich nickte, doch war die Hemmschwelle meinen eigenen Vater zu schlagen ziemlich hoch. Doch ich wusste auch, dass Jack Recht hatte. Ehrlich sagte ich leise zu ihm: „Ich trau mich irgendwie nicht…“ Resignierend seufzte Jack auf, schien für einen kurzen Augenblick nach den richtigen Worten zu suchen. Ich bin nicht sicher, ob er seiner Meinung nach die richtigen Worte fand, denn sie waren wenig tröstend: „Dann wird er nie lernen aufzuhören Jasper. Das wird nicht mehr besser, sowas nimmt zu, es wird mehr werden, wenn du nicht lernst dich zu wehren.“ Unschlüssig blickten meine braunen Augen in sein Gesicht. Ob er Recht hatte oder nicht wusste ich nicht. Doch gerade traute ich meinem Vater alles zu, sogar einen Mord.

Ehrlich waren meine Worte als ich zu ihm sagte: „Ich werde es versuchen, aber versprechen kann ich es nicht.“ Er nickte mich ernst an und blickte mir fest in die Augen. Ich war mir sicher, dass Jack mir sofort beistehen würde, wenn ich wirklich Hilfe brauchen würde.

Ich wusste nicht, wie Jack es geschafft hatte, doch er hatte die Krankmeldung gefälscht und sie in den Briefkasten der Schule geworfen. Er sagte mir nur er wolle mit dem Hund raus gehen, als er verschwand. Erst als er wieder kam verriet er mir wo er wirklich war. Ich ging nicht mit. Ich starrte in dieser Zeit auf den Fernseher ohne diesen wirklich zu sehen. Ich dachte darüber nach, was Jack gesagt hatte. Würde Dad wirklich schlimmer werden? Würde er sich immer weniger unter Kontrolle haben? Diese Gedanken nagten an mir.

Ich blieb den ganzen Tag bei Jack im Haus. Hier fühlte ich mich sicher, obwohl nur wenige Meter zwischen meiner Zuflucht und meinem Elternhaus lagen.

Als es dunkel wurde und die Lichter nicht mehr brannten, war ich nach Hause gegangen und hatte Kleidung für eine Woche gepackt. Mutter hatte mich nicht mal angerufen, weil ich den ganzen Tag verschwunden war. Doch als die zwiespältigen Gefühle in meiner Brust die Oberhand gewannen, versuchte ich mich auf das Kommende zu konzentrieren und zu vergessen. Was Jack wohl in Arlington alles machen wollte? Ich hielt an Spekulationen fest um mich abzulenken. Leise betrat ich mein Zuhause. Es war bereits kurz nach elf.

Meine Mutter war am Schlafen und mein Vater war sicher bei seiner anderen Frau. Meine Mutter ging mit Sicherheit davon aus, dass er arbeiten sei. Erneut betrachtete ich die Familienwand und mir wurde schlecht. Wir waren seit Jahren keine glückliche Familie mehr und dies hatte weder was mit Mutter, Jackson oder mir zu tun. Ich war so dumm. Es hätte mir viel früher auffallen können, doch ich verschloss meine Augen davor. Ich blickte mich in meinem Zimmer um, während ich meine Sachen packte. Am liebsten wäre ich einfach zu Jack gezogen…

Selbst in meinem eigenen Zimmer fing ich an mich unbehaglich zu fühlen. Ich packte einen großen Rucksack und stopfte einige Sachen rein. Jack wollte zügig aufbrechen. Was brauchte man, wenn man abhaut? T-Shirts, Pullover, einige Hosen, fast hätte ich Unterwäsche vergessen. Mein Ladekabel für mein Handy packte ich als letztes ein. Ich ging hinunter und blickte noch einige Augenblicke hinauf. Das schlechte Gewissen was an mir nagte, weil ich ging ohne meiner Mutter die Wahrheit zu sagen, versuchte ich zu verdrängen. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte das schlechte Gewissen abzuschütteln.

Ich trat hinaus in die Dunkelheit der Nacht und schloss die Tür hinter mir. Ich seufzte schwer und als ich zu der Haustür blickte sah ich Jack aus der Tür treten. Wie ich trug er einen Rucksack auf den Rücken, nur war seiner kleiner und schien weniger voll zu sein. Sein Oberkörper steckte in einer schwarzen Lederjacke, welche er nur bis zur Mitte seiner Burst geschlossen hatte. Oben aus dem Reißverschluss schaute Didi zu mir und hechelte aufgeregt vor sich hin. Ich grinste, als ich die Beiden so sah und Jack blickte mich erwartungsvoll an. Ich überwand die letzten Meter und ging zu ihm.

Wortlos gingen wir zu seiner Garage, doch anstatt sich in seinen Wagen zu setzten schob er das Motorrad heraus.

Ich betrachtete die schwere schwarze Maschine, die im Licht der Straßenlaterne glänzte. Er setzte sich auf das Motorrad und schien sich zu vergewissern, dass der Hund sicher in der Jacke streckte. Ich schwang mich hinter ihn und hielt mich an ihm und seinem Rucksack fest.

„Ähm… Keine Sicherheitskleidung“, fragte ich unschlüssig. Doch Jack gab schon Gas. „Nein, hab keine“, meinte er gelassen.

Wir fuhren entspannt durch die Gegend. Jack raste nicht, natürlich nicht, hatte er doch den kleinen Welpen bei sich. Ich hielt mich schweigend an ihm fest. Vor wenigen Stunden hätte ich es noch genossen Motorrad zu fahren. Doch gerade versucht ich einfach an nichts mehr zu denken. Auch dass ich keinen Helm trug ignorierte ich. Doch wenn wir das nächste Mal in der Stadt waren würde ich ihn schon „überreden“ Sicherheitskleidung zu kaufen. Mit jeder Meile, die wir hinter uns ließen, ließ ich alles andere hinter mir. Meine Probleme, meine Sorgen und meine Ängste. Ich freute mich auf das Kommende und war gespannt, was mich erwarten würde.

„Willst du jetzt etwa so bis nach Arlington fahren? Dann sind wir mehr als eine Woche unterwegs“, rief ich nach einer Weile und meine Hände begannen taub zu werden durch die Kälte des Fahrtwindes. Ich sah, wie Jack den Kopf schüttelte und musste mich anstrengen um ihn zu verstehen. „Nur Flughafen“, hörte ich heraus. Ich hatte gar kein Flugticket stellte ich fest, ob mir Jack wohl eins besorgt hatte? Doch wir fuhren nicht hinein in die nächste Stadt. Wir fuhren hinaus und nach einigen Momenten verstand ich wohin wir fuhren. Wir waren auf dem Weg zum Militärstützpunkt, wir würden mit keinem großen Linienflugzeug fliegen. An der Schranke zeigte Jack erneut die, wie ich sie nannte, Kreditkarte vor und fuhr einfach weiter ohne viel mit dem Wachmann zu sprechen. Erneut fragte man mich nicht nach einem Ausweis.

Wir fuhren auf das Gelände und ich konnte in der Ferne eine große Maschine ausmachen, welche gerade wohl mit schwerem Gerät beladen wurde. Ich konnte viele Kisten erkennen, die fast doppelt so hoch waren wie die Menschen, die sie in das bauchige Flugzeug verfrachteten.

Ich stieg von dem schwarzen Motorrad ab, nachdem Jack den Motor abgestellt hatte und Jack trat neben mich. Auch er sah zu dem Flugzeug und er erklärte: „Wir können mit der Maschine mit fliegen. Denk daran, ich bin Snake. Wenn andere Fragen stellen antworte nicht zu viel.“ Ich nickte und fühlte mich langsam wie in einem Agentenfilm.

„Was steht auf dieser Karte“, fragte ich neugierig und mein Blick haftete an der Stelle, wo er sie weggesteckt hatte. Jack blickte mich verwirrt an und runzelte die Stirn. „Das ist mein Dienstausweis“, meinte er nur. „Darf ich ihn sehen“, fragte ich und hoffte, dass darauf Sachen standen, die ich noch nicht von ihm wusste. Ernst blickte er mich kurz an, ehe er kurz in die Tasche griff und ihn mir reichte. Ein Passbild von Jack war zu sehen, bei dem er noch beide Augen hatte. Da stand sein Name. John, ach ja, dachte ich, Jack war ja der Name, den er lieber mochte. John Saladin. „Ernsthaft? Dein Nachname ist Saladin? Klingt wie ein Terrorist“, meinte ich grinsend und betrachtete weiter den Ausweis in meiner Hand. Daneben standen ein paar Zahlen und Buchstaben, die ich nicht zuordnen konnte. Vielleicht war es die Einheit, in der er war.

„Das klingt nicht nach einem Terrorist“, meinte Jack und verzog das Gesicht. Ich grinste ihn an und meinte frech: „Doch, irgendwie schon! Passt irgendwie auch nicht zusammen. Kommen deine Eltern nicht aus Amerika?“ Jack grinste leicht ehe er meinte: „Ich glaube nicht. Ist wahrscheinlich auch nicht mein richtiger Nachname.“ Auch ich grinste leicht und schaute erneut auf den Ausweis. „Aber irgendwie ist das mit der Anonymität auch eine Farce wenn man bedenkt, dass dein Name auf deinem Dienstausweis steht.“ Jack blickte zu mir und runzelte die Stirn. „Na ja…. Irgendwie schon. Aber man muss auch beim Militär wissen wen man vor sich hat. Und mich nennen fast alle bei meinem Codenamen“ Jack blickte wieder nach vorne und ging auf das Flugzeug zu, welches immer noch beladen wurde.

Ich ging Jack hinterher und wieder salutierten einige vor uns. Jack beachtete es kaum und ging zügig in Richtung des Flugzeuges weiter. Immer noch trug er den Hund, der aus seiner Jacke schaute.

Doch anscheinend wollte Didi nicht mehr. Er begann zu jaulen und ich sah, wie seine kleinen Pfötchen zu strampeln begannen. Genervt seufzte Jack und öffnete die Jacke. Didi sprang fast schon runter und hätte Jack ihn nicht aufgefangen, wäre er sicher schmerzvoll auf dem Boden aufgeschlagen. Er kramte in seinem Rucksack und holte eine Leine heraus, die er an dem Halsband des Welpen befestigte. Genervt setzte Jack den Welpen ab, doch ich wusste, dass ihm das Tierchen viel zu wichtig war, um wirklich sauer zu sein.

Ich folgte Jack und sah, dass heute viel mehr Soldaten anwesend waren. Viele wuselten herum und luden die Sachen ein. Einige schienen sich zu unterhalten, doch waren ihre Gesichter zu ernst, als dass ich vermutete, dass sie über Privates sprachen.

Ich blickte zu Jack und fragte: „Wenn du doch unehrenhaft aus der Armee entlassen werden sollst, wieso nehmen sie dich dann mit?“

Jack blickte zu mir und erklärte leise: „Die Medal of Honor hat auch seine Vorteile… Und diese Entlassung ist totaler Schwachsinn.“ Verstehend nickte ich und fragte: „Wieso… sollst du eigentlich unehrenhaft entlassen werden?“ Jacks Blick wandte von meinem Gesicht zu dem Flugzeug, auf welches wir zusteuerten. „Ich habe in den letzten Wochen Befehlsverweigerung begangen. Ich hätte den Dienst eigentlich wieder antreten sollen. Aber eigentlich drohen die nur, die wollen eh, dass ich bleibe.“ Ich sah ihn mit großen Augen an und nickte leicht. Er wäre jetzt, nachdem er erst vor vier Monaten sein Auge verloren hatte, wieder auf Einsätze geschickt worden? Jack sah meinen skeptischen Blick. Als er wohl merkte, wie mein Blick zu seiner Augenklappe flackerte, verstand er. Erklärend sagte er: „Wenn du niemanden hast, weswegen dann lange zu Hause sein? Mich haben sie damals im Krankenhaus nur besucht um zu fragen, wann ich wieder gesund bin…“ Verbittert klang seine Stimme und leise fragte ich: „Haben dich denn nicht mal deine Freunde besucht? Was war mit Adam?“

„Bei der Geschichte mit dem Auge, war ich mitten auf einer Mission und ich wusste noch nicht, dass Adam mein Kontaktmann war. Und bei dem Heli Crash kannte ich ihn noch nicht…“ Eigentlich wollte ich weitersprechen, doch wir kamen am Flugzeug an und gleich darauf kam ein mir bekannter Soldat zu uns geschritten.

White Shark grüßte uns freundlich, aber auch er wirkte weit weniger gelöst wie beim letzten Mal, als wir uns begegnet waren: „Hi Snake, ihr könnt beide gleich rein“, meinte er und fuhr fort, „die Spinnen doch, wollten gleich doppelt so viele M1 haben. Als ob ich mir die Teile aus den Rippen schneiden kann!“ Ich verstand nicht was M1 waren, doch nachfragen hätte nur unnötige Fragen aufgeworfen. Also versuchte ich wie Jack neutral auszusehen. „Wohin sollen die weitergeschickt werden“, fragte Jack und blickte zu den riesigen hölzernen Kisten und betrachtete diese stirnrunzelnd.

„Keine Ahnung… Irak, Syrien? Wer weiß das schon. Vielleicht auch Kuwait. Ich kriege erst Info’s wenn ich schon in der Luft bin. Top Secret.“, meinte White Shark und kratze sich am Kopf, „soll ich euch zu den anderen bringen? Es werden noch andere Soldaten nach Arlington geschickt.“ Jack nickte und wir folgten dem Soldaten hinein in das bauchige Flugzeug. Wir wurden zu anderen Soldaten geführt. Alle starrten sie Jack an. Doch keiner ängstlich, alle mit großer Ehrfurcht.

Auf Jacks Gesicht ließ sich nichts ablesen. Seine Mimik schien verschwunden. Der strenge Mund war eine Linie und kein Lächeln oder Grinsen war zu erkennen. Sein Auge war wachsam als er sich streng umblickte. Einzig Didi, welcher schwanzwedelnd neben ihn stand, entschärfte den Anblick des Mannes. Wir setzten uns auf unbequeme Sitze, welche längs an der Seite des Flugzeuges aufgebaut waren. Wir setzten uns nebeneinander. Anders wie in Passagiermaschinen, saßen uns die anderen Soldaten gegenüber. Es gab keine Fenster. Keiner der Soldaten schien was zu sagen, sie alle schielten ab und zu in Jacks Richtung, doch niemand machte den Mund auf.

Didi schnüffelte an meiner Hose und lieb streichelte ich den Vierbeiner hinter den Ohren. Ich griff nach dem Tier und nahm ihn lieb auf meinen Schoß. Während ich ihn streichelte, leckte er fröhlich an meiner Hand. „Wie lange fliegen wir eigentlich“, fragte ich Jack in die Stille hinein. Er wandte sich zu mir und sah auf eine Armbanduhr, die er wohl heute umgelegt hatte. „Ungefähr drei Stunden.“

Ich nickte und betrachtete den Welpen. „Was ist, wenn der mal muss“, fragte ich skeptisch. Jacks Auge weitete sich. „Oh…. Ich muss noch mal mit dem Hund raus“, meinte er schnell und nahm mir den Hund aus der Hand. Mit langen kräftigen Schritten verließ er das Flugzeug und ließ mich alleine mit den Anderen zurück.

Es wurde geschwiegen, doch ich merkte, wie sie mich beobachteten. Ich holte mein Handy aus der Tasche nur um zu tun, als ob ich was machte und stellte fest, dass es bereits ein Uhr war. Der Soldat neben mich räusperte sich und ich sah hinauf in die hellbraunen Augen des Fremden. „Ja“, fragte ich und runzelte die Stirn. Er hatte ein schmales Kinn doch eine recht breite Stirn und vorsichtig fragte er: „Bist du wirklich ein Rekrut von Snake?“ Unsicher nickte ich und dachte das Gespräch wäre beendet, doch der Fremde lächelte mich offen und fröhlich an und meinte: „Cool! Ich hätte richtig Angst vor dem… Der soll echt eine harte Nuss sein, stimmt das?“

Ich blinzelte einige Male und sah ihn unschlüssig an. Nicht wissend, was ich sagen sollte. Ich nickte leicht und hob die Mundwinkel. „Warst du nicht aufgeregt, als du ihm das erste Mal begegnet bist“, fragte er mich immer noch sehr fröhlich und offen sagend. Erneut war ich unsicher, was ich sagen sollte. „Ähm…Nein eigentlich nicht… Er ist schließlich auch nur ein Mensch.“ Der Fremde nickte nachdenklich und kratze sich verlegen am Kopf. „Ja, dass stimmt ja schon“, meinte er nach einem Moment und redete einfach weiter, „trotzdem muss es doch aufregend sein mit so einer Legende zusammen zu arbeiten.“

„Legende? J- Snake?“ Ich musste mich ermahnen. Beinahe hätte ich Jack gesagt. Das durfte auf keinen Fall passieren!

„Ja! Also ich finde man kann jemanden als Legende bezeichnen, der den dritten Weltkrieg verhindert hat!“

Meine Gesichtszüge entglitten mir. Perplex starrte ich ihn an. Er hatte den dritten was verhindert? Weltkrieg? Nein! Das war… nein! Das war zu abgedreht um wirklich wahr zu sein. Doch das Gesicht des Mannes neben mir sprach Bände. Es erklärte die Haltung, die alle anderen hier vor Jack zeigten. Doch wie sollte sowas möglich sein? Die Kubakrise lag lange zurück! Und danach war doch alles friedlich. Ich wollte gerade noch etwas sagen als ich sah, wie Jack wiederkam. Ich konnte nicht anders und starrte ihn genauso an wie alle anderen hier. Dies war der Grund, weswegen er die Medaille bekommen hatte!

Verwirrt betrachtete er mein Gesicht. „Alles klar“, meinte er ruhig und setze mir Didi wieder auf den Schoß. „Alles gut“, nuschelte ich und streichelte den Welpen.

„Weswegen schaust du dann so bescheuert“, fragte Jack mich skeptisch, während er sich neben mich setzte.

„Alles gut. Ich schau nicht bescheuert!“

Ich wollte nicht, dass er wusste, dass jemand geredet hatte. Doch der Soldat neben mir quasselte einfach drauf los: „Weiß dein eigener Schüler nicht was du für Amerika getan hast?“ Jacks Auge fixierten den Fremden und böse sah er ihn an. Wieso konnte der Typ nicht seine Klappe halten? Unter Jacks eisigem Blick schrumpfte der Soldat in sich zusammen und sah schnell hinunter auf den Boden. Vermutlich dachte er, dass Jack zu bescheiden sei dies zuzugeben, sollte die Aussage des Soldaten wirklich der Wahrheit entsprechen. Jacks Auge wanderte zu mir und beäugte mich missmutig, eher er meinte: „Die übertreiben. Glaub nur die Hälfte von dem was die sagen.“

Meine Gedanken überschlugen sich und ich fixierte ihn mit großen Augen. Ohne darüber nachzudenken fragte ich: „Hast du wirklich den dritten Weltkrieg verhindert?“ Ich wollte es wissen, wollte wissen was er dazu sagte. Wie er darauf reagierte. Doch Jacks Mine blieb unergründlich. Er schwieg, doch erneut hörte ich die Stimme des fremden Soldaten. Ich dachte Jack hätte ihn eingeschüchtert, doch da schien ich mich geirrt zu haben.

„Doch hast du, Snake! Und du hast die Verräterin ausgeschaltet, “plapperte er weiter und ich sah, wie sich Jacks Kiefer anspannten.

Das Flugzeug setzte sich derweilen in Bewegung. Es war komisch nichts zu sehen, normalerweise durfte ich immer am Fenster Platz nehmen. Doch meine Aufmerksamkeit galt nicht dem startenden Flugzeug, sondern dem Soldaten und Jack.

Jacks Worte und Auge waren kalt wie Eis. Schneidend war seine Stimme als er sprach: „Wenn du meinst.“ Seine Worte klangen wie hervorgepresst. Als ob es ihn anstrengte sie noch einigermaßen freundlich hervor zu bringen. Erneut ratterten meine Gedanken. Eine Verräterin? Ausgeschaltet? Konnte das die Frau sein, die er geliebt hatte? War sie ein Spion in Amerika gewesen? War dies einer der Gründe, weswegen Jack so verbittert war? Er hatte sie schließlich geliebt. Wenn sie sich als Feind herausstellte, wäre es durchaus ein Grund so verbittert zu werden. Und hatte er sie ausgeschaltet? Oder wurde sie während der Mission ausgeschaltet? Vielleicht hatte er sogar versucht sie zu retten. Möglicherweise hat er sie auch gehen lassen und war deshalb der Meinung er habe die Medaille nicht verdient. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr Versionen fielen mir dazu ein. Wir starteten und ich wurde das Gefühl nicht los, dass so viel mehr hinter dieser Geschichte steckte, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.

Der restliche Flug verlief schweigend. Jack schwieg eisern, sprach weder mit mir noch mit einem der anderen Soldaten. Ich spielte immer wieder an meinem Handy um etwas gegen die Langeweile zu tun. Die übrigen Männer unterhielten sich untereinander. Es wurde viel über Waffen geredet. Und die meisten beschwerten sich über einen Kommandanten. Jack steckte sich während des Fluges eine Zigarre an. An der großen Einstiegsluke hing, gut sichtbar ein „Rauchen verboten“ Schild. Jack interessierte dieses Verbot scheinbar nicht im geringsten.

Mich wunderte es nach dem Start dieser Reise nicht mal, dass keiner der anderen Soldaten ihn darauf ansprach. Ich fühlte mich unwohl und betrachtete den Welpen auf meinem Schoß, welcher eingeschlafen war. Ich war selbst so müde wie der kleine Hund auf meinen Beinen. Immer wieder vielen mir die Augen zu und mein Körper sackte nach vorne. Doch um richtig einzuschlafen war es in dieser Maschine zu kalt. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich Jack verärgert hatte. Ich mochte es nicht, wenn er mich so eisern anschwieg.

Plötzlich spürte ich Jacks kräftige Hand an meinem Ärmel der Jacke. Er hatte mir seine Lederjacke umgelegt. Wurde dem Typen etwa auch nie kalt? Ich sah zu ihm rauf und sah, dass er mich kurz freundlicher musterte und der kalte Ausdruck für wenige Augenblicke verschwand. War er vielleicht einfach nur sauer auf den Soldaten? Erleichterung durchflutete mich, hatte ich doch Angst, dass er auch auf mich sauer war. Erst wegen dem Arbeitszimmer und nun wegen dem anderen Soldaten. Erstaunlich, wie gut er differenzieren konnte. Ich würde dies nicht so hinbekommen wie er. Doch ich musste es hören und so flüsterte ich fragend: „Bist du sauer auf mich…?“ Jacks Kopf wandte sich zu mir und ich spürte, wie er schwer seufzte und leicht den Kopf schüttelte. Doch sagen tat er nichts. Ich hatte das Gefühl er war nicht ganz bei mir. Jack schien während des ganzen Fluges in düsteren Gedanken festzuhängen.

Ich wusste nicht wie spät es war. Ich vermutete, dass es weit nach drei Uhr morgens war. In einer Ecke des Flugzeuges leuchtete schon seit Stunden eine rote Lampe. Das Licht machte mich langsam wahnsinnig. Ein unangenehmer dunkler Farbton. In diesem roten Licht wirkten die Gesichter der Soldaten noch strenger. Jacks eh schon angespanntes Gesicht wirkte durch die Farbe, den Rauch seiner mittlerweile zweiten Zigarre, und die Augenklappe, fast schon dämonisch. Ein Anblick, der einem Angst machen konnte, wenn man ihn nicht kannte. Mein Kopf ruhte auf der unbequemen Nackenlehne. Ich versuchte eine bequemere Position auf dem schmalen Sitz zu finden. Ein paar der Männer schliefen auf ihren Sitzen und langsam dämmerte auch ich hinein in einen leichten unruhigen Schlaf. Ich zog Jacks Jacke enger um meinen Körper und seufzte leise auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pitchermaus
2016-10-12T09:45:33+00:00 12.10.2016 11:45
Es geht weiter, wie schön.
Also die Beiden scheinen mir jetzt irgendwie was offener miteinander zu sein. Vor allem Jack (Jasper war das ja schon ziemlich zu Beginn). Aber auf der anderen Seite wirken sie momentan auch wiederum distanzierter. Sicher hat das was mit den ganzen Umständen zu tun (Jazz Spionageaktion im Arbeitszimmer, seine Probleme zu Hause und Jack, der ja eh sehr verschlossen ist). Nichts desto trozt ist es schon toll, dass Jack Jasper mitnimmt. Und dann erfährt man endlich was über Jack. Als der namenlose Soldat Jazz auf Jack anspricht und auf Jacks Taten und erkärt warum Jack so bewudnert wird kann ich mir gut vorstellen, dass Jasper etwas dumm aus der Wäsche guckt. Das er verwirrt ist und das zu erst nicht ganz glauben kann ist auch irgendwo verständlich. Allerdings kennt er Jack ja nun schon lang genug und hat von diesem auch immer wieder Sachen berichtet bekommen, die in den Medien nicht verbreitet wurden, also ist es ja schon irgendwie realistisch und möglich, dass Jack einen dritten Weltkrieg verhindert haben könnte. Welche Regierung würde so eine Tatsache auch freiwillig an die Öffentlichkeit bringen?
Jazz Vermutung, dass bei dem Einsatz auch die Frau gestorben ist, die Jack geliebt hat teile ich. Dann wäre es auch sehr verständlich, dass Jack so große Probleme hat das zu verarbeiten. Wobei ich ja eher dazu tendiere zu glauben, dass man Jack dabei belogen hat, dass seine Ausbilderin (also ich nehme mal an, dass es um diese Frau geht) eine Spionin war, oder soetwas ähnliches. Alle Fakten werden ja schließlich auch in der Armee nicht jedem mitgeteilt. Vondaher denke ich mal, dass das was die Soldaten denken nicht ganz richtig ist. Ich hoffe allerdings, dass Jack das Jazz gegenüber noch richtig stellen wird. Jaspers Reaktion im Flugzeug hast du auf jeden Fall sehr schön dargestellt. Konnte mir sein Unwohlsein zwischen all den Soldaten gut vorstellen und nach empfinden. Und auch seine Unsicherheit gegenüber den anderen Soldaten. Wie Jazz sich aber verhält als er darauf angesprochen wird, wie es ist von Jack ausgebildet zu werden fand ich auch super. Er kennt Jack zwar nicht wirklich als Ausbilder, aber sicher gut genug, um sich vorstellen zu können, wie es ungefähr wäre und als Adam zu Besuch war hat er Jack ja auch in Atkion erlebt. Dass Jasper dann allerdings auch darauf hinweist, dass Jack auch nur ein Mensch sei fand ich toll. Das finde ich zeigt, dass er nicht mehr ganz so ein Kind ist und ich hatte den Eindruck, dass er da bei den anderen Soldaten auch was zum Nachdenken angestoßen hat. Die scheinen Jack ja sehr zu verehren und zu bewundern. Bin aber schon sehr gespannt, ob auf dem Flug noch etwas passiert und man ein wenig über Jacks Geschichte erfährt. Von Jack selber erfährt man ja meist eher weniger und alles nur sehr Bruchstückhaft.
Allerdings sind Jaspers Probleme ja nicht wirklich aus der Welt. Wenn er wieder nach Hause zurückkehrt muss er sich diesen wohl oder übel stellen. Dass es ihm da nicht ganz leicht gefallen ist zu gehen, jedenfalls was den Verbleib seiner Mutter angeht, ist verständlich. Mich hat es an der Stelle ein wenig gewundert, dass er ihr keine Nachricht hinterlassen hat oder ihr eine SMS schickt. Auf der anderen Seite, wer weiß was seine Mutter damit machen würde. Evtl. käme sie noch auf die Idee, es ihrem Mann zu sagen und in wieweit der dann abdreht steht ja auch im Raum. In Bezug auf Jazz Vater hat Jack wahrschienlich auch recht, dass Jazz sich erst gegen ihn wehren muss, um vor ihm verschont zu sein. Allerdings ist es nur logisch, dass Jazz das nicht so einfach kann. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich Jacks Meinung teile, dass Jasper sich körperlich wehren soll. Sicherlich würde niemand Jazz in irgendeiner Weise dafür belangen, immerhin würde er ja sozusagen in Notwehr handeln, allerdings ist es sicherlich sehr schwer gegen seine Eltern handgreiflich zu werden (also vorausgesetzt bisher war so weit alles in Ordnung und für Jazz war es das ja). Ich persönlich fände da einen diplomatischen Weg im Sinne von, Jasper tut sich mit seiner Mutter zusammen und sie zerstören den Ruf seines Vaters oder so etwas in der Art doch irgendwie besser. Aber bin schon gespannt, was du dir dazu einfallen lässt.
Jetzt bin ich allerdings erst einmal neugierig, wie es mit Jack und Jasper in Arlington weitergeht. Ob man etwas über Jacks Verhandlungen erfährt? In wieweit sich die Beiden wieder annähern? Was Jack Jazz über seine Vergangenheit -vor allem in Bezug auf seine verstrobene Liebe- so erzählt. Aber auch, ob es schon Probleme für Jazz geben wird, was sein Verschwienden von zu Hause betrifft. Immerhin muss es ja wenigstens seiner Mutter auffallen, dass ihr Sohn nicht da ist. Ich kann nur sagen, ich freue mich schon aufs nächste Kapitel.


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