MSTory 7: Seto Kaiba und die neunschwänzige Sue von abgemeldet
(MSTing zu "Ein Jahr auf Hogwarts")
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Prolog: Land des Wahnsinns
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Tiefste Nacht liegt über dem Königreich Klaburiah. Kaum ein Lichtstrahl fällt
durch die dichte Wolkendecke, die sich über das Land wölbt.
Brummende, seltsam hohle Klänge durchdringen die Stille, als sich in einem
abgelegenen Waldgebiet ein Plothole öffnet, das noch ein wenig dunkler als die
Nacht zu sein scheint.
Eilig tritt ein alter, aber keinesfalls gebrechlich wirkender Mann in schwerer
Rüstung heraus, dicht gefolgt von vier deutlich Jüngeren in langen Mänteln.
Der letzte der kleinen Gruppe, ein zierliches Wesen, dessen schwach grün
leuchtendes Gesicht grimmig unter einer viel zu großen Kapuze hervorlugt, hat
das Plothole kaum verlassen, da schließt es sich wieder, als sei es nie da
gewesen.
„Da sind wir schon“, sagt Torquemada. Noch während der Bariton seiner
Stimme zwischen den kahlen Stämmen verhallt, umgibt magisches Feuer die Rechte
des Inquisitors und erzeugt eine kleine Insel aus Helligkeit um sie herum.
„Kalt“, murmelt Dando, geht einige dumpfe Schritte auf dem matschigen
Grund.
„Arschkalt, Altah“, kommt es sogleich von Viggo. „Da solltest eigentlisch
bei so Kälte gar net drauß'n sein.“
„Natürlich“, brummt Torquemada ungerührt, während er Arin eine der
Fackeln in die Hand drückt. „Dieses Land liegt nördlich. Wir wollen froh
sein, dass wir den Regen verpasst haben.“ Donnergrollen rollt über sie
hinweg, verklingt deutlich in der Ferne. „Oder das Gewitter“, korrigiert er
sich und nimmt einen tiefen Atemzug. „Ich glaube aber, dass es bereits
davongezogen ist.“
Zusehends breitet sich rot-orangene Helligkeit um sie herum aus.
Dando sieht sich um. Irgendetwas ist hier anders und er braucht einen Moment, um
den Eindruck ganz fassen zu können.
Weit oben sind die Kronen der Bäume: kahle Astgewirre, die wie die ellenlangen
Finger dürrer Hände ineinander verschlungen sind. Eine dichte, bräunliche
Schicht aus Reisig bedeckt weiträumig den Boden.
„Dieser Wald fühlt sich seltsam an“, sagt Malik, blickt aus weit
geöffneten Mutantenaugen in die Umgebung. „Ich spüre kaum biologische
Aktivität; in diesen Bäumen steckt fast gar kein Leben!“
„Ja“, macht Dando, streicht über seine Unterarme. „Es ist, als wäre der
Wald tot, oder?“
„Es fällt einem natürlich sofort auf“, antwortet Torquemada, tritt an
seine Seite und reicht ihm eine der Fackeln. „So was sehe ich nicht zum ersten
Mal. Und ihr habt Recht: Das Leben wird aus diesen Bäumen herausgezogen“,
sagt er, sieht mit ernster Miene in die Gesichter seiner Schüler. „In einigen
Wochen werden sie ganz kahl sein. Im Einflussbereich der FF wird nichts mehr
gedeihen.“
Dando erschaudert, als ihm bewusst wird, wie Recht Torquemada hat. Ein grauer
Schleier scheint über allem zu liegen, und es ist nicht nur der nebelige Dunst,
der durch die Nacht kriecht, sondern etwas anderes.
Es ist ganz still.
„Wie ein Parasit“, sagt Arin, während er versucht, mit einer Hand den
Kragen seines Mantels enger zu schließen.
Währenddessen geht Viggo in die Hocke, und Malik steigt auf seinen Rücken und
klammert sich an seinem massigen Nacken fest. In seiner braunen Kutte wirkt er
fast wie ein zu groß geratener Rucksack.
Torquemada wirft einen letzten, prüfenden Blick auf die Jungen. „Nun gut. Wir
wollen aufbrechen. Die Stadt und das Schloss liegen in dieser Richtung“, sagt
er und stapft los.
„Wie weit ist es denn?“, fragt Arin, sieht sich aus den Augenwinkeln immer
wieder um.
Bizarre Spiele aus flackerndem Licht und tanzenden Schatten werden nach allen
Seiten geworfen.
„Es sind schon einige Kilometer. Drei Stunden, bis wir die Stadt erreichen.
Zwei, wenn wirklich gar nichts dazwischenkommt. Aber das würde mich
überraschen.“
Matschig und saugend verklingen ihre Schritte in der Nacht, während sie den Weg
entlang marschieren. Nach einiger Zeit senkt sich der Boden spürbar ab.
„Hier ist nicht ein einziges Tier“, wispert Malik, der sich von Viggos
Rücken aus neugierig umsieht.
„Tiere spüren so etwas viel früher“, lässt der Inquisitor ihn wissen.
„Die Vögel und Nager machen sich immer als erste aus dem Staub. Und der
Rest...“ Torquemada beendet den Satz nicht, geht unbeirrt weiter. „Bleibt
wachsam. Es ist möglich, dass einheimische Fauna mutiert, vor allem in
magiegetränkten Welten wie dieser. Man weiß nie, was einen erwartet.“
Bald lichtet sich der Wald, und als sie die letzten Bäume hinter sich gelassen
haben, halten sie kurz inne. Der Himmel klärt mittlerweile auf. Vor ihnen
erstreckt sich ein weites Tal, und je tiefer ihr Blick hinabfällt, desto
dichter mutet der weiße Schleier an, der aus den umgebenden Bergen und Wäldern
herauszufließen scheint.
„Ich hasse Nebel“, seufzt Arin, entlockt den anderen schelmisches Gekicher.
„Silent Hill Trauma?“, fragt Dando und sieht zum Mond empor: Er ist etwas
größer und bläulicher, als er ihn kennt, und das von ihm ausgehende Licht ist
irgendwie anders.
„Ja. Erstens das. Zu silenthillig, zu kalt, zu feucht, zu stinkig. Verträgt
sich auch nicht wirklich mit Haargel.“
Dando lacht. „Hey, wenn du dir...“, hebt er an, doch Torquemadas heiseres
Räuspern bringt ihn zum Verstummen.
„Seht. Man kann das Schloss von hier aus bereits erkennen“, sagt er und
deutet mit seiner Fackel in die Ferne.
Die Jungen erschrecken, als ihnen klar wird, wie weit die Stadt noch entfernt
sein muss. Erst in vielen Kilometern Entfernung, wo das Tal bereits ins Gebirge
übergeht, zeichnen sich silhouettenhafte Umrisse von Zinnen und großen Bauten
vor dem Firmament ab. Einer der Türme ist so hoch, dass er fast die Wolken
erreichen muss.
„Ich habe uns absichtlich nicht weiter nach drinnen gebracht“, erzählt
Torquemada, während er den Hügel hinabgeht. „Wir wissen nicht, was uns
erwartet. Dann ist es unklug, mitten im Ort des Geschehens aufzutauchen. Sich
aus der Ferne zu nähern ist sicherer.“
„Kann nicht wenigstens Danny seine Kräfte einsetzen und wir überspringen mal
einen Kilometer?“, fragt Arin.
Torquemada reckt das Kinn vor, scheint in einem Anflug von Häme alle vier
gleichzeitig anzusehen. „Nein. Wenn ihr meine Schüler sein wollt, müsst ihr
einen kurzen Marsch wie diesen hier bewältigen können. Mindestens.“
Sie setzen ihren Weg fort, vorbei an Gestrüpp, wie verloren wirkenden
Findlingen und den Überresten einer Hütte, die vor Jahren dem Verfall
überlassen worden sein muss.
Bald erreichen sie den Grund des Tals. Immer wieder spiegelt sich der Schein
ihrer Fackeln in großen Pfützen.
„Es dürfte euch interessieren, dass es erst kürzlich einen Thronwechsel
gab“, erzählt Torquemada nach einer Weile. „Die letzte Königin, Eva Lilith
Jahwe XIII, war eine Mary Sue, Hexe, Alchemistin … und zuletzt über 200 Jahre
alt. Sie stand lange Zeit unter Beobachtung durch die interdimensionale
MSTing-Organisation.“
„Cool“, macht Arin, der aus einer Art Starre aufzuschrecken scheint, als er
den Inquisitor plötzlich reden hört. „Und nun ist sie tot?“
„So ist es“, antwortet Torquemada. „Die neue Königin ist ihre Tochter:
Eloihim Jahwe III.“
„Ah ja“, grunzt Arin mit vor Spott triefender Stimme. „Die ist auch eine
Mary Sue, was?“
Der Inquisitor zögert einen Moment. Er schmunzelt. „Davon gehe ich aus.“
Als Torquemada auch Sekunden später noch nicht weiterspricht, holt Arin zu ihm
auf, klingt fast verzweifelt, als er das Gespräch fortzuführen versucht.
„Wieso ist Eva Lilith denn überhaupt tot? Wenn sie so alt war, muss sie ja
ziemlich was draufgehabt haben? “
„Nun, das weiß ich nicht“, antwortet der Alte. „Golden hat erzählt, dass
sie zufällig auf die Situation hier aufmerksam geworden ist. Eva Liliths
Ableben kann noch nicht lange her sein und steht zweifellos mit den Ereignissen
in Verbindung. Du hast allerdings Recht, Arin.“ Sein Blick verfinstert sich,
als er aus dem Augenwinkel in das Gesicht des Jungen sieht. „Wer so mächtig
war wie Eva Lilith, stirbt nicht einfach. Wenn ich kann, werde ich herausfinden,
wie es dazu gekommen ist.“
Bald lassen sich die unsymmetrisch aneinandergereihten Pflastersteine einer
Straße unter dem Schlamm erahnen.
„Wartet“, sagt Torquemada und hebt eine Hand. Aus zu Schlitzen verengten
Augen späht er in die Finsternis.
Die Straße führt zwischen mannshohe Getreidefelder, erfüllt vom monotonen
Klang zu Boden tröpfelnden Wassers und sich schwer in der Brise wiegender,
feuchter Halme.
Die Luft riecht nach Ozon und Kuhdung.
„Es muss sich um eine Art Roggen handeln“, überlegt Torquemada, nähert
sich dem Feld mit gemessenen Schritten. „Dieses Jahr wird die Ernte mager
ausfallen...“
Im Schein der Fackeln wirken die Pflanzen grau und kränklich, biegen sich
deutlich unter dem Gewicht ihrer nassen Ähren durch.
„Ich finde es unglaublich, dass eine FF so was auslösen kann“, sagt Arin
entsetzt, berührt einen der Halme und streicht ihn langsam ab. Er muss nicht
fest ziehen, um den Stängel, der trotz seiner Dicke und des kürzlichen Regens
kaum Widerstand bietet, einfach abzureißen. Die Pflanze fühlt sich eigenartig
porös an und scheint kälter als die Nachtluft zu sein.
Schließlich lässt er den Halm angewidert fallen.
„Die schlimmsten unter ihnen können noch ganz andere Katastrophen auslösen,
wenn sie nicht versiegelt werden. Die Organisation mag ihre Fehler haben, doch
dadurch, dass sie solches Unheil verhindern, tut sie dem Multiversum einen
Gefallen.“ Torquemada lässt seinen Blick über die Felder schweifen. „Umso
mehr frage ich mich, wie es dazu kommen konnte...“
„Vielleicht steckt die Organisation dahinter“, sagt Malik. „Wenn die
MSTing-Sues diese Welt beobachtet haben, würde es mich nicht wundern, wenn sie
irgendetwas damit zu tun haben.“
„Nun“, macht Torquemada gedehnt, während er Malik flüchtig anlächelt und
fast wie ein Vater wirkt, der ansetzt, seinen Sohn zu loben. „Golden sagte,
sie hätten es nicht kommen sehen. Wir tun allerdings gut daran, der Sue nicht
alles zu glauben, was sie uns erzählt. Sicherlich wird sich die Rolle der
Organisation in dieser Angelegenheit irgendwann offenbaren.“
Er wendet sich um, folgt weiter der Straße. Als sie den unebenen Pfad entlang
schreiten, deutet der Inquisitor nach links.
Weit innen im Feld zeichnen sich die düsteren Umrisse einiger Gebäude ab.
Hinter den Fenstern des größten von ihnen flackert gedämpft rötliches
Fackellicht, lässt sie wie zwinkernde Raubtieraugen erscheinen.
„Die Menschen dort mögen etwas von den Ereignissen in der Stadt mitbekommen
haben. Und auch diesen Wachturm werden wir uns ansehen“, sagt Torquemada
leise, während er in die andere Richtung zeigt.
In hunderten Metern Entfernung lässt sich die von Feuerschein erhellte
Silhouette eines Turmes erahnen, der sich einsam über das Feld erhebt.
„Sollen wir uns aufteilen?“, fragt Dando, während er zwischen den Feldern
hin und her sieht.
Torquemada nickt, wird Schritt für Schritt etwas schneller.
Bald wird die Straße breiter und geht schließlich in eine Kreuzung über. Nahe
zweier der Abzweigungen steht ein Pfahl, besetzt mit mehreren Schildern, deren
Pfeilform sich gerade so erahnen lässt. Torquemada richtet seine Fackel auf den
Wegweiser, doch die Schrift ist so ausgeblichen, dass sie sich kaum entziffern
lässt.
Seufzend wendet er sich um und sieht zu seinen Schülern, die ein bisschen
verloren wirkend einige Schritte hinter ihm stehen.
„Ich möchte, dass ihr hier bleibt, Arin und Malik. Dando und Viggo sollen zum
Bauernhaus gehen und die Bewohner befragen. Ich werde mich beim Wachturm
vorstellen.“
„Wieso sollen wir zwei denn hier warten?“, fragt Arin gleich und sieht
unsicher zu Malik, der mittlerweile von Viggos Rücken klettert.
Torquemada geht einen Schritt auf die kleine Gruppe zu. „Sie könnten dich in
deiner Kluft für einen Schurken halten, Arin. Und deine Erscheinung, Malik,
passt nicht in diese Welt. Du würdest die Menschen ängstigen.“
„Schurke?!“, ruft Arin, verzieht fast schon empört das Gesicht. „Hey, ich
bin ein abgehärteter, sexy Waldläufer. Wenn hier jemand vertrauenserweckend
aussieht, dann ja wohl ich!“
„Ja, vor allem mit dem bunten Haar und weil du sogar deinen Bart gefärbt
hast“, kommentiert Dando trocken, wirft ihm von der Seite einen Blick zu.
„Das ist bestimmt ein Zeichen für einen besonders hohen Rang in der
Assassinengilde des Westens oder so.“
Arin fährt herum. „Du Arschloch!“, ruft er, wobei er die Stimme hörbar im
Zaum halten muss, um nicht loszulachen. „Ich hab 'ne dramatische Vergangenheit
und bin eigentlich der Sohn edler Händler, da kann ich mir das importieren
lassen, wegen den Kontakten. Import-Kontakte, so!“
Viggo lacht auf, und Torquemada rollt nur noch genervt mit den Augen. Er neigt
sich etwas vornüber, um den beiden ernst ins Gesicht zu sehen.
„Geht jetzt. Benehmt euch und bedroht die Leute nicht.“ Er runzelt die
Stirn, scheint einen Moment lang zu überlegen. „Das mit den Händlern ist
eigentlich eine gute Idee. Wenn ihr müsst, erzählt ihnen, dass Dandos Weste
aus Drachenleder und Viggos Hemd aus Mithril gefertigt sind. Das ist plump, aber
sollte euch Respekt verschaffen. Solche Materialien sind selten und teuer.“
Dando seufzt. „Ja, natürlich. Der Schlamm auf meinem Mantel macht mich auch
seriöser.“
Torquemada winkt ab und hält bereits auf den Weg zu, der zum Turm führt.
„Kehrt hierher zurück, sobald ihr könnt. Wenn wir nach einer Stunde nicht
alle versammelt sind, gehen wir davon aus, dass etwas passiert ist“, sagt er
noch und ist schließlich hinter den Ähren verschwunden. Der Klang seiner
schnellen Schritte entfernt sich immer weiter. Bald ist er nur noch anhand des
Scheins seiner Fackel auszumachen.
Arin kichert. „Torquy wirkt ein bisschen nervöser als sonst, was?“, fragt
er die anderen. „Scheint sich bei ihm paradoxerweise durch Nettigkeit zu
zeigen.“
„Na ja, aber du wohl“, blafft Dando zurück und fingert in der Innentasche
seines Mantels herum, nur um schließlich eine Schachtel Zigaretten
hervorzuholen. „Ich find das auch nicht gerade beruhigend, mit der FF, die
diese Welt aussaugt und in den Wahnsinn treibt und so.“
Torquemada eilt, die Fackel weit vor sich gestreckt, durch die Nacht. Die Kälte
ist mittlerweile spürbar durch die Wollkleider unter seiner Rüstung gedrungen;
doch der Inquisitor lässt sich nicht beirren und hält unaufhaltsam auf den
Wachturm zu.
Dass so weit entfernt von der Stadt noch Menschen lebten, die geistig dazu in
der Lage waren, Fackeln zu entfachen, ist ein gutes Zeichen, überlegt er; dass
indessen die komplette Stadt in Dunkelheit getaucht ist, ein schlechtes.
Torquemada wird langsamer, als er schließlich bis auf wenige Schritte an den
Turm heran ist.
Das Gebäude wirkt marode und schlecht instandgehalten. Der dunkle Stein ist an
vielen Stellen porös und mit Moos überwachsen, welches im Schein der Fackeln
eigentümlich grau wirkt. Links liegt ein alter Karren schief, leere Truhen und
nasse, vom Regen dunkel gewordene Säcke darauf. Der Inquisitor bemerkt im
Vorbeigehen, dass die Täue der Zugtiere gerissen sind.
Langsam steigt er die wenige Schritte messende Treppe empor, die zum Turm
führt. Als er schließlich eine Faust ballt und mehrmals anklopft, knarrt das
morsche, vor lauter Nässe schwammig gewordene Holz der Tür bedrohlich.
Niemand antwortet ihm. Er lauscht, und kein Laut dringt aus dem Inneren des
Gebäudes.
„Salve!“, ruft er nach einer Weile. „Ich bin Torquemada, der Inquisitor.
Öffnet, wenn Ihr mich hört! Ich will Euch nicht schaden.“
Er klopft abermals, hämmert mit gemessener Intensität gegen die verbogene
Tür.
Wieder folgt keine Antwort.
Womöglich sind die Wachen auf Patrouille, überlegt er. Sie würden nicht
mitten zwischen Feldern einen Wachturm errichten, wenn die Besatzung dann nicht
regelmäßig Kontrollgänge zu erledigen hätte; andererseits würde man einen
Wachturm nicht gänzlich unbesetzt lassen, und jede gut organisierte Einheit
bestand aus genug Mitgliedern, um sich regelmäßig abzuwechseln.
Torquemada klopft erneut. „Lasst mich ein!“, ruft er, klingt mittlerweile
deutlich fordernder als zuvor.
Als ihm auch diesmal niemand antwortet, langt er kurzerhand aus, greift den
massiven, schmiedeeisernen Knauf und drückt ihn so fest hinunter, dass das
ganze Schloss wackelt.
Die Tür ist verriegelt und öffnet sich nicht, als er mehrmals an ihr
rüttelt.
Torquemada überlegt, ob er sie nicht einfach aufsprengen sollte, um sich
Einlass zu verschaffen - doch es mag sein, dass die Wache bald zurückkehrt, und
ein gewaltsames Eindringen ist selten die Basis für erbauliche Gespräche.
Ein kleines Sichtfenster ist in die Tür eingelassen.
Mit einer flinken Bewegung greift Torquemada zu einer Lederscheide an seinem
Gürtel und zieht einen Dolch heraus, welcher in seiner gepanzerten Hand beinahe
lächerlich klein wirkt. Er beugt sich vornüber, setzt den Dolch zwischen zwei
der Scheite, aus denen der Laden gefertigt ist und dreht ihn mit einer
kraftvollen Bewegung leicht ein. Die Klinge gleitet geradezu sanft durch das
nasse Holz und verkeilt sich nach wenigen Zentimetern. Der Inquisitor zieht
scharf Luft ein, als er den Dolch prüfend erst nach links, dann nach rechts
drückt; tatsächlich gleitet der Laden scharrend hin und her.
Die Falten auf seiner Stirn werden vor Anspannung noch tiefer, während er das
Sichtfenster schließlich so weit aufschiebt, dass der Scheit kurz davor steht,
aus den Nuten zu gleiten. Torquemada beugt sich weiter vor und späht in den
Turm.
Drinnen ist der Raum von mehreren Fackeln erhellt; auf dem kleinen Tisch
gegenüber der Tür brennt eine Kerze, welche vor nicht allzu langer Zeit
entflammt worden sein muss. Ihr Licht spiegelt sich deutlich auf einer dichten
Blutlache auf dem Boden und lässt etwas Langes, Dickes, Feuchtes glänzen, das
aus dem Augenwinkel wie ein Stück Darm aussieht.
Etwas raschelt.
Ein Vogel schreit; Torquemada setzt zurück, Millisekunden bevor eine Krähe aus
dem Guckloch heraus nach seinen Augen stößt, reißt den Dolch herum und
schließt ruckartig den Laden. Eingeklemmt zappelt das Tier wild hin und her,
krächzt immer wieder und lässt seinen Schnabel auf und zu schnappen.
Die Augen der Krähe leuchten in einem inneren, violetten Schein.
Torquemadas Blick weitet sich entsetzt, während er die offensichtlich dem
Wahnsinn anheimgefallene Kreatur anstarrt und ihr schließlich das Genick
bricht. Er überlegt keine zwei Sekunden - und macht einen weiten Schritt
zurück.
Noch ehe sein Dolch ganz zu Boden gefallen ist, züngeln bereits magische
Flammen um seine Finger herum, die sich zu einer tosenden Woge ballen; schreiend
stößt der Inquisitor seinen Arm vor und schleudert den Feuerball gegen die
Tür.
„Mein Gott, ist das creepy“, nuschelt Dando gepresst und sieht aus den
Augenwinkeln immer wieder zu den Feldern links und rechts von ihnen. Gierig
nimmt er einen letzten Zug von seiner Zigarette, überlegt einen Moment, wie er
mit dem Stummel verfahren soll - und schnippst ihn schließlich einfach davon.
„Altah, glaubst da übahaupt, es is noch jemand auf um da Uhrzeit?“, brummt
Viggo und sieht ihn skeptisch an.
„Eh … also, wenn nicht, wecken wir sie auf. Das mit der Bedrohung durch den
Wahnsinn und so ist bestimmt Grund genug.“
„OK, Altah“, macht Viggo, nickt und schenkt seinem Gefährten ein
zuversichtliches Lächeln, welches Dando nur leicht irritiert erwidern kann.
Als sie aus den Feldern heraustreten, finden sie sich auf einem weiten Hof
wieder, eingefasst von dicken, morschen Holzzäunen. Das Bauernhaus wirkt
windschief und uralt. Im Erdgeschoss und weit oben, unterhalb des sich fast
bedrohlich durchbiegenden Daches, dringt rötliches Licht aus den Fenstern.
„Scheinen nicht gut zu verdienen“, kommentiert Dando trocken, während er
sich über den Zaun schwingt. Viggo folgt sogleich.
Aus der Entfernung dringen Geräusche heran; Weidetiere muhen.
„Boah, da lebt wat!“, ruft Viggo und strahlt bis über beide Ohren. „Seh'n
wa uns da Kühe an?“
„Eh … nee, warte mal“, macht Dando schnell, klingt von einer Sekunde auf
die andere viel angespannter. „Torquemada sagte doch, die Tiere seien alle
geflohen?“
„Kann sein“, knurrt sein Begleiter verblüfft, kratzt sich am Hinterkopf.
„Vielleischt sin se, weil wegen da Zaun?“
Dando zuckt unschlüssig mit den Schultern und eilt auf das Haus zu. „Also,
denk dran: Du bist der große, einschüchternde Typ und ich übernehm das
Reden.“
Viggo brummt nur noch irgendetwas zur Bestätigung.
„Genau so“, kichert Dando verschlagen, strafft sich sichtlich und tritt vor
die Tür, hebt eine Faust, um zu klopfen.
Noch ehe seine Hand auch nur das Holz berührt, wird ihnen bereits geantwortet.
Dando und Viggo stutzen, werfen sich beunruhigte Blicke zu.
„Wer ist da?“, hallt es von innen heraus, spitz und kratzig: Die Stimme
einer alten Frau. Sie klingt so überrascht, dass es nicht normal sein kann.
Dando spannt sich instinktiv - irgendetwas stimmt hier nicht.
„Salve, gute Frau“, beginnt er. „Wir sind Schüler des Inquisitors
Torquemada und gekommen, da uns die Kunde erreicht hat, Klaburiah solle sich in
arger Bedrängnis befinden. Mögt Ihr uns wohl Einlass gewähren?“
Er bemerkt beiläufig, wie Viggos Mundwinkel zucken und hört immer wieder
kläglich unterdrücktes Kichern. Auch wenn der blonde Hüne sich alle Mühe
gibt, kann er kaum verbergen, wie ulkig er all das findet.
„Ah!“, krächzt die Frau, und das Scheppern und Rütteln mehrerer Türriegel
erklingt gedämpft durch viel zu altes Holz.
Es dauert fast eine Minute, ehe sich die Tür schließlich öffnet.
Dando und Viggo japsen vor Schreck auf, als sie die Frau sehen: Sie ist uralt,
und ihr langes, schlichtes Hanfkleid wirkt im spärlichen Licht der Fackel so
verdreckt, als sei es seit Monaten nicht gewaschen worden.
„Ah“, macht sie abermals, tritt einen Schritt heraus und ins Licht ihrer
Fackel. Ihr Haar ist strubblig und verfilzt, und undefinierbarer Schmutz bedeckt
fast ihr gesamtes Gesicht; doch das Absonderlichste sind die unzähligen,
fransig-verschlissenen Papierseiten auf ihrem Kleid, über und über beschmiert
mit krakeligen Buchstaben.
„Ah, Ihr seid bestimmt von der Stadtwache, nicht wahr?“, fragt sie gedehnt.
Ihre Stimme ist so grell, dass es fast in den Ohren schmerzt, ihr zuzuhören.
„... nein. Wir sind Schüler des Inquisitors Torquemada, wir...“, hebt Dando
nochmals an und verstummt, als die Alte ihm mit einer hektischen, wie abgehackt
wirkenden Geste einfach das Wort abschneidet.
„Ja, ja, Bürschchen, das sagtet Ihr bereits“, brabbelt sie, klingt fahrig
und lallend, als sei sie betrunken.
Auch wenn irgendetwas im Gesicht der Alten ihn in seinen Bann zieht, kann Dando
nicht anders, als immer wieder flüchtige Blicke auf die Papierseiten auf ihrem
Kleid zu werfen. Sie wirken, als seien sie aus einem Buch gerissen worden und
sind mit groben Stichen festgenäht.
Noch während er sich fragt, ob die Frau womöglich eine Hexe ist, stiehlt sich
ein fast manisches Funkeln in ihre blutunterlaufenen Augen; erst jetzt bemerkt
Dando, dass ihre Pupillen im Licht der Fackel violett schimmern, als glimme
Licht in ihnen.
„Ihr sucht bestimmt meinen Sohn, der macht diese Sachen; ich tu indessen das
Haus nur bewachen“, lallt sie, sieht grinsend zwischen Dando und Viggo hin und
her. „Mein guter Aldridge ist im Hof, füttert hinten die Kühe. Hat viel für
seine Mutter getan, gibt sich alle Mühe!“, gackert sie und bleckt ihre ölig
glänzenden Zahnstummel.
„Gute Frau, mögt Ihr uns wohl...“, beginnt Dando erneut, doch einmal mehr
unterbricht sie ihn einfach.
„Aldridge füttert die Kühe. Macht diese ganzen Sachen! Gibt sich Mühe!“,
faucht sie.
Alles geht so schnell, dass die Jungen noch viel zu überrumpelt sind, um zu
reagieren; und mit einem lauten Knall fällt die Tür zurück ins Schloss.
Wieder ist metallisches Scheppern und Klappern zu hören, als nach und nach
scheinbar sämtliche Schlösser verriegelt werden.
Dando und Viggo sehen sich irritiert an.
„Vollschuss“, brummt Dando und sieht skeptisch zur Tür. „Entweder, sie
ist einfach so, oder es sind die Auswirkung dieser FF. Weiß nicht, was mir
lieber wäre.“
„Altah, dat is übel“, murmelt Viggo, ist sichtlich entsetzt. „Jetze stell
dia vor, da ganze Stadt is so.“ Dando beißt die Zähne aufeinander, fühlt
die dunkle Ahnung in sich aufkeimen, dass Viggos Vermutung näher an der
Wahrheit liegen könnte, als er selbst denkt.
„Na ja“, sagt er dann kopfschüttelnd, „lass uns mal diesen Aldridge
suchen.“
Sie umrunden das Haus in gemessenem Abstand, blicken immer wieder zu den
Fenstern.
Hinter einem von ihnen steht die Frau, im Zwielicht kaum mehr als ein dunkler
Schemen mit violett leuchtenden Augen, der sie beobachtet. Dando fröstelt, als
er bemerkt, dass er sich den fast dämonisch wirkenden Glanz in ihren Pupillen
nicht nur eingebildet hat.
„Guck dir das an!“, zischt er alarmiert.
Viggo fährt herum, während die Frau mit abgehackten Bewegungen in Deckung
geht; doch auch er erhascht einen Blick auf ihre violetten Augen.
„Altah, glaubst da se is besess'n?“, murmelt er gepresst.
„Keine Ahnung“, entgegnet Dando nur noch und geht unwillkürlich etwas
schneller, als ihn der Drang überkommt, sich von dem Gebäude und seiner
fürchterlichen Bewohnerin zu entfernen. „Hast du gesehen, was sie an ihrem
Kleid hat? Ich hab versucht, es zu lesen, aber kein Wort verstanden. Vielleicht
ist sie 'ne Hexe oder so.“
Bald erreichen sie eine große Scheune, und der angrenzende Zaun verliert sich
auf einer dunklen Weide. Je näher sie kommen, desto lauter werden die
Geräusche der Kühe.
„Wer füttert denn mitten in der Nacht Kühe?“, fragt Dando.
In der Ferne sehen sie sie: vier oder fünf Tiere, gesammelt vor einem großen
Futtertrog unterhalb des Zaunes. Das Geräusch, als sie fressen, ihr Futter
buchstäblich in sich hineinschlingen, klingt so anstößig, dass Dando noch
kälter wird.
Etwas abseits vom Zaun geben die Fackeln mehrere Säcke preis, einige bereits
völlig leer, andere noch prall gefüllt und zugebunden. Korn rieselt aus ihnen
und sammelt sich in kleinen Häufchen.
„Getreide? Für Kühe?!“, murmelt Dando überrascht.
Während sie näher kommen, werden sie immer langsamer.
Die Tiere wirken regelrecht aufgebläht und können sich zu fünft kaum vor dem
Trog aufhalten, ohne sich mit ihren massiven Leibern gegenseitig davon weg zu
drängen. Wenn eine von ihnen zu weit zurückgeschoben wird, muht sie aggressiv,
stürzt vor und drängelt sich gewaltsam an den Trog zurück.
Sie scheinen sie nicht einmal zu bemerken.
„Igitt“, zischt Dando, sieht irritiert zwischen der Fressorgie und seinem
Gefährten hin und her.
Viggo zuckt nur ratlos mit den Schultern. „Aldridge?“, ruft er laut, dass es
von der Scheune nur so zurückhallt.
Aldridge antwortet nicht, doch unterhalb der Koppel beginnt die Alte, schallend
zu lachen; so laut, dass es bis hinauf zur Scheune zu hören ist.
Dando fährt herum und sieht zum Haus. Er meint, ihre leuchtenden Augen selbst
aus dieser Entfernung noch erkennen zu können.
„Die ist vollkommen verrückt“, flüstert er. Wieder schaut er zu Viggo, der
in der Zwischenzeit langsam zu den Kühen geht, seinen Blick über den Stall
schweifen lässt und abermals nach Aldridge ruft.
Das wirre Gelächter der alten Frau ist die einzige Antwort, die sie erhalten.
„Lass uns abhauen!“, ruft Dando, doch Viggo hebt eine Hand und winkt ihn zu
sich.
„Nee, nee! Guck ma da!“, antwortet er, nähert sich Schritt für Schritt dem
Trog.
Dando folgt ihm widerwillig - stellt angewidert fest, wie feucht es sich
anhört, als die Tiere fressen. Erst dann wird ihm klar, dass die Kühe
überhaupt nicht schlucken; sie beißen und kauen nur, schlagen ihre kantigen,
langen Gebisse immer wieder in irgendetwas hinein, das in ihrem Trog liegt.
Als er nah genug heran ist, sieht er auch, was Viggo bereits vor ihm aufgefallen
ist.
Abermals wird einer der fetten Wänster zurückgeschoben, als andere Tiere sich
näher an den Trog pressen. Die Kuh brüllt wütend, stürzt gewaltsam vor und
zwischen die anderen, so fest, dass sie gegen den Trog stößt.
Der dumpfe Ruck lässt einen blutigen Unterarm herausfallen.
Saure Galle macht sich unangenehm in Dandos Mund breit, als Dando sieht, was
eigentlich im Trog vor ihnen liegt; als ihm klar wird, dass es Aldridge sein
muss. „Was zum Geier...“, raunt er mit vor Entsetzen zitternder Stimme.
Ein Ruck geht durch die Kühe, als sie fast zeitgleich innehalten, die Köpfe
heben und sie aus weit aufgerissenen, leuchtenden Augen anstarren.
Ihre blutbefleckten Gebisse schimmern im Licht der Fackel.
Torquemada schreit, als die Tür vor ihm zersprengt wird, reißt einen Arm hoch
und hält ihn schützend vor sein Gesicht. Noch ehe die Holzbrocken überhaupt
den Boden berühren und die Feuersbrunst abgeebbt ist, stürmt er voran und
wirft sich gellend hinein.
Die erste Krähe ist heran, stößt krächzend und irre flatternd mit ihren
Krallen nach Torquemadas Gesicht. Doch der Inquisitor sieht sie kommen, lässt
seinen gepanzerten Arm wie eine Schlange vorschnappen, zermalmt das Tier
mühelos in der Faust und schleudert es gegen die Wand.
Ein ganzes Dutzend wild gewordener Vögel flattert auf, lässt von einem in der
Ecke des Raumes liegenden Leichnam ab und hält auf ihn zu. Flügelschlagen und
irres Krächzen erfüllen den Turm, als der pechschwarze Schwarm sich wie ein
einziger, unheilvoller Organismus auf Torquemada stürzt - doch der Inquisitor
reagiert ohne mit der Wimper zu zucken, spreizt die Finger seiner vorgestreckten
Hand und schleudert einer der Kreaturen einen gleißend hellen Energieblitz
entgegen.
Die Wucht des Angriffs zerfetzt sein Ziel, und fast im gleichen Moment brechen
unzählige weitere Blitze aus dem Feuer fangenden Rumpf der Krähe hervor,
schlagen tosend in weitere von ihnen ein und versengen binnen eines Lidschlags
den gesamten Schwarm.
Dampfend und zischend fallen ihre Leiber zu Boden.
Von einer Sekunde auf die andere ist es fast totenstill im Turm. Der Gestank von
Asche und verkohltem Fleisch breitet sich aus.
Torquemada lauscht, ob noch weitere hier sind, und als er nichts mehr hört,
tritt er langsam ein. Er blickt sich um; weniger als zwei Sekunden genügen ihm,
um die Umgebung mit Adleraugen und mentalen Kräften gleichermaßen zu
sondieren.
Der Inquisitor atmet geräuschvoll aus, tut einen Schritt und nähert sich der
Lache auf dem Boden. Sein Gesicht verkrampft sich, als er dann den halb auf
einem Stuhl hängenden Körper des Wachpostens entdeckt, entstellt und zerhackt
von unzähligen Krähenschnäbeln. Der blaue Waffenrock schimmert dunkel vor
lauter Blut.
Torquemada geht langsam auf die Leiche zu; was auch immer hier geschehen war, es
ging so schnell, dass der Mann sich nicht wehren konnte. Blaue Flecken zeichnen
sich an den ungepanzerten Unterarmen und in seinem Gesicht ab; seine Augen sind
völlig unversehrt, blicken starr und aufgerissen in die Leere, doch
stattdessen... Im Körper des Mannes fehlen Organe; wo die Leber sein sollte,
klafft ein tiefes Loch, und noch mehr - doch Torquemada sieht davon ab, die
Gräueltat genauer zu inspizieren.
Die Art, wie der Waffenrock zerrissen wurde, lässt eher auf ein großes Tier
als auf Vögel schließen, und doch muss es der wild gewordene Krähenschwarm
gewesen sein, der ihn so zugerichtet hat. Die Tür war verschlossen und
ansonsten führen nur Fenster in den Turm. Im Stockwerk über ihnen wird sich
kaum ein Mörder verbergen, der Torquemadas mentalen Fühlern entgangen ist.
Stirnrunzelnd erinnert er sich, wie die Augen der Krähen geleuchtet haben;
schließlich dämmert es ihm.
Im Gegensatz zu vielen anderen war dieser Schwarm nicht geflohen und fiel dem
diabolischen Einfluss der FF, die das ganze Reich in den Wahnsinn gezogen hat,
zum Opfer.
„Verdammte FFs“, zischt Torquemada, wendet sich kopfschüttelnd ab und geht
einige Schritte. Abgesehen von der Bluttat wirkt das Innere des Turms beinahe
sauber. Ein Bücherregal weiter hinten ist spärlich bestückt, doch der Inhalt
geordnet, und auf einem kleinen Tisch in der Ecke steht ein unberührtes
Abendmahl aus trockenem Brot und einer Wurst. Selbst die drei Betten im oberen
Stockwerk sind gemacht; nur eines davon scheint in letzter Zeit überhaupt
benutzt worden zu sein.
Die Fackel niedrig haltend, um das Gebälk des Turms nicht aus Versehen
anzustecken, geht Torquemada den Raum ab. Er sieht auf Tische und in Schubladen,
öffnet einen kleinen Schrank, in dem nur Flaschen liegen, und seufzt.
Auf einer kleinen Kommode liegen Briefe in abgewetzten Umschlägen, einer
versehen mit einem großen, zerbrochenen Wachssiegel; sie mussten hastig gelesen
und in ihre Umschläge gestopft worden sein. Torquemada hat Mühe, einen davon
mit seiner freien Hand zu öffnen.
Raimbaut,
die letzten, die nicht verrückt geworden sind, haben sich im Schloss
verbarrikadiert.
Das hier ist die letzte Lieferung, die raus geht. Die Tore hat der Hauptmann
schon zugemacht, um die Bestien aus dem Umland aus der Stadt rauszuhalten.
Mit Euren Vorräten müsstet ihr also bis auf Weiteres haushalten.
Die Königin bittet erneut darum, dass alle bei Verstand Gebliebenen sich hier
versammeln.
Es ist Eure Entscheidung: Ich möchte aber anmerken, dass es hier auch nicht
sicherer ist als im Außenbezirk. Die Stadt ist mittlerweile ein
Spießrutenlauf. Ich wüsste nicht, wie ihr zum Schloss gelangen solltet, ohne,
dass die Verrückten Euch zerreißen.
Und den Kanal kann man nur von innen öffnen, wie Ihr wisst; Umwege sind
ausgeschlossen.
Ihr könnt die Stellung also genauso gut halten, und als kleinen Bonus
verdreifache ich den vereinbarten Sold.
Vergesst nicht: Jede Karawane soll kehrtmachen und die Lieferungen in Seidgerten
lassen. Mein Außenposten regelt alles, wenn sich die Wogen geglättet haben.
So oder so: Hebt den Brief auf. Wenn ich keinen Beweis dafür sehe, dass der
Taugenichts Euch die Nachricht gebracht hat, wird sein Kopf für die Unsumme,
die ich ihm bezahlt habe, rollen!
Es sei denn, ihr hasst den Knaben. Dann verbrennt den Brief nur!
Sofern er bei seinem Fluchtversuch nicht ohnehin umkommt, aber wieso ihm nicht
ein kleines Taschengeld zukommen lassen, um bei der Gelegenheit noch mal Bote zu
spielen?
Ihr kennt das ja.
Mit den besten Grüßen
- Darna Goldkelch
Torquemada runzelt die Stirn, während er mit flink hin und her huschenden
Pupillen die Nachricht liest. Die Schrift ist fein und verschnörkelt.
Golden schien nicht gelogen zu haben: Diesen Worten zufolge ist fast die ganze
Stadt wahnsinnig geworden; und diejenigen, die der FF noch nicht zum Opfer
gefallen waren, mussten sich im Schloss verschanzt haben - dem einzig logischen
Ansatzpunkt für seine Untersuchungen.
Ein letztes Mal prüft Torquemada den Rand des Papiers, sucht nach einem Datum,
um einschätzen zu können, wie alt die Nachricht ist - und legt sie seufzend
zur Seite, als er nichts entdecken kann.
Die nächste Nachricht wirkt zumindest älter, und die wenigen Zeilen sind auf
dem mindestens einmal nass gewordenen Papier nur noch mit Mühe zu entziffern.
Auf Geheiß Ihrer Majestät, Königin Eloihim Jahwe III, ergeht folgender
Befehl: Posten aufgeben, Rückkehr zum Schloss.
Bringt nur so viele Vorräte mit, dass Ihr im Notfall rennen könnt.
Der Nachricht fehlt eine Unterschrift; stattdessen prangt ein blutig rotes
Wachssiegel darunter, mit den stilisierten Symbolen zweier Schwerter.
Torquemada stutzt. Anders als der von Darna Goldkelch unterschriebene Brief
vermuten ließ, hatte die Königin nicht darum gebeten, zum Schloss
zurückzukehren, sondern den Befehl dazu erteilt; gleichzeitig hatte jemand den
Wachposten bestochen, den Turm nicht zu räumen, um stattdessen Karawanen
umzuleiten. Wer auch immer Darna Goldkelch war, wähnte sich sicher genug, um
sich über die Befehle der Königin hinwegzusetzen, und der Brief stinkt nach
Manipulation und Intrigen.
Auf dem Tisch liegen weitere Umschläge, doch Torquemada öffnet sie nicht mehr,
rauft die Papiere zusammen und verstaut sie in einer kleinen Ledertasche an
seinem Gürtel. Es würde zu viel Zeit verschlingen, sie alle zu lesen, und im
Wachturm gab es sonst nichts zu holen.
Die einzige Spur führte ins Schloss der Königin - inmitten einer Stadt, die
vermutlich voller Wahnsinniger war.
Der Zaun zerbirst, als die Kühe sich gegen ihn werfen, mit lächerlich
unbeholfenen Bewegungen über ihren Trog klettern und das Holz unter sich
zermalmen. Überrascht aufschreiend setzen Dando und Viggo zurück.
In einer Geschwindigkeit, die ihren fettgefressenen Wänstern Hohn spricht,
hält die Herde auf sie zu. Ihre lärmenden, wie im Rinderwahn ausgestoßenen
Schreie werden nur noch vom manischen Gelächter der Frau übertönt, welche
hinter ihrem Fenster auf und ab tanzt, dazu freudig in die Hände klatscht.
Eines der Tiere brüllt laut auf, stürmt vor und schnappt mit pendelndem Kopf
immer wieder nach den Jungen.
Dando flucht verhalten, macht einen Satz zurück und schnippst mit der Rechten;
aus dunklen Rauchwolken heraus erscheint eine Hellebarde in seinen Händen, mit
einem langen, rostigen Sensenblatt anstelle eines Beils. Noch ehe die wild
gewordene Kuh heran ist, stößt er die Waffe vor, schreit gellend und rammt die
Klinge in das weit geöffnete, spastisch auf und zu schlagende Maul; der Anstoß
der Kuh drängt ihn meterweit zurück.
Da ist bereits die nächste heran - und macht Bekanntschaft mit Viggos Fuß,
welcher ihren Schädel mit einem gut platzierten Roundhouse-Kick so schnell zur
Seite schmettert, dass lautstark ihre Nackenwirbel zerbersten. Blut und halb
verdautes Getreide erbrechend fällt die Kreatur um.
Wahnsinniges Gekreische dringt heran, als die Alte zu schreien und zu fluchen
beginnt.
Der Rest der Herde verharrt mit scharrenden Hufen in einigen Metern Entfernung,
beobachtet die Jungs aus unheimlichen, violetten Augen, als würden sie auf
etwas warten.
Dando ist zumute, als verfügten die Tiere über eine geteilte Intelligenz, als
kommunizierten sie miteinander auf fremdartige Weise. Doch noch ehe er den
Gedanken überhaupt aussprechen kann, trampeln fünf, sechs weitere Kühe den
Hügel hinab, schlanker und weniger vollgefressen als die anderen, dafür umso
wendiger. Mit unwirklichen, athletischen Sprüngen setzen sie über den
zermalmten Trog und Zaun hinweg und holen zu ihren Artgenossen auf. Wild muhend
preschen die Bestien los, entsenden einen verzerrten Kanon irrsinniger Schreie
in die Nacht.
Viggo spannt sich bereits, doch Dando ist schneller, packt ihn an der Schulter
und reißt ihn zurück. „Das ist vollkommen sinnlos! Weg hier!“, schreit er.
Fast zeitgleich zerpuffen sie in einer Rauchwolke, nur um auf dem Dach des
Bauernhauses wieder zu erscheinen.
Unter ihnen keift die alte Frau, speit einen unsäglichen Fluch nach dem anderen
aus.
Die Herde rast den Hügel hinab, hält auf das Gebäude zu, und die Verrückte
wird von Sekunde zu Sekunde lauter. Erst hören sich ihre Verwünschungen noch
an wie das debile Geplärre der besoffenen Griechin, welche öfters mal den
Brunnenplatz unter s Wohnhaus in Grund und Boden schreit und dem halben Viertel
mit ihrer Existenz gehörig auf die Eier geht. Doch bald schlägt ihre Litanei
in panisches Gekreische um, als die Kühe die Veranda stürmen, mühelos den
Zaun unter sich begraben und wie lebendige Rammböcke in das Haus einschlagen.
Die Alte wird unter dem Ansturm zermalmt.
„Boah, geil!“, jubelt Viggo, als Holzscheite zerbersten und Balken brechen,
das Dach heftig hin und her zu schwanken beginnt. Dando schreit, packt ihn und
teleportiert sie abermals davon, keine Sekunde bevor das Gebäude
zusammenkracht.
Sie stehen jetzt hinter dem Zaun, blicken zu einer Fontäne aus Schutt und Staub
empor und reißen die Arme vor die Gesichter.
„Heilige Scheiße!“, schreit Dando, packt das Handgelenk seines Freundes und
zerrt ihn mit sich. „Weg hier!“
Viggo folgt ihm auf dem Fuß, doch sie bringen keine zehn Meter zwischen sich
und die Ruine.
Lautstark werden Holzscheite auseinandergeschmettert und poltern zu Boden. Dando
blickt über die Schulter; seine Pupillen verengen sich vor Schreck. Violett
leuchtende Augenpaare blitzen in der Nacht auf und das Traben und Donnern wilder
Hufe wird immer lauter.
„Altah!“, ruft Viggo, als ihm klar wird, dass fast die ganze Herde das
einstürzende Gebäude überlebt hat. Mit unnatürlicher Geschwindigkeit rasen
die Tiere den Hügel herab. „Wia müssen se aufhalten!“
Wie auf ein Kommando fahren die beiden herum.
Dando schnippst und beschwört zwei rostige Sicheln an kurzen Stielen,
schleudert sie den Kühen mit ausholenden Bewegungen entgegen; wie ferngesteuert
wirbeln sie durch die Luft und schlagen in den Schädel der ersten ein, bringen
sie zu Fall. Doch noch ehe der hornbewehrte Koloss den Boden berührt,
galoppieren zwei weitere an ihm vorbei und jagen auf sie zu.
Dando ruft seine Hellebarde zurück, packt sie beidhändig und festigt seinen
Stand - doch Viggo kommt ihm zuvor, rennt der Herde mit vorgestreckter Fackel
entgegen und rammt sie bis zum Anschlag in den weit geöffneten Schlund einer
Kuh. In der gleichen Sekunde reißt er ein Bein nach oben, schmettert den
Schädel der gurgelnden, zischenden Bestie zu Boden und stößt sich von ihr ab,
um mühelos meterweit durch die Luft zu springen; noch im Flug stößt der Junge
einen triumphalen Schrei aus und schlägt mit einem Fuß vornweg inmitten der
Herde ein, Schlamm und Dreck in einer tosenden Druckwelle meterhoch
aufschleudernd.
Die Bestien werden auseinandergesprengt, da ist bereits Dando heran, schwingt
wild die Hellebarde und schlitzt einer der Kreaturen die Kehle auf, nur um die
Waffe über dem Kopf kreiselnd abermals herumzureißen und in den Wanst der
nächsten zu rammen.
Doch der Rest der Herde fängt sich mit nahezu raubkatzenartigem Geschick ab.
Weitere Rinder stampfen heran, teilen sich auf und halten auf die Jungs zu.
Dando reißt mit aller Kraft an seiner Waffe, die im Gerippe des Gegners
feststeckt. Fluchend lässt er den Stiel fahren, setzt zurück und entgeht einem
nach seiner Kehle beißenden Kuhmaul im letzten Moment; da walzt noch eine auf
ihn zu, reißt ihren massiven Körper empor und stößt mit den Hufen nach ihm.
Das Biest trifft ihn mit der Wucht eines Dampfhammers. Dando schreit, taumelt
zurück und entgeht dem schwergewichtigen Ungetüm mit Mühe und Not. Ihm
schwindelt; alles scheint sich zu drehen.
Eine der Kreaturen bekommt seinen Arm zu fassen, wirft sich zurück und reißt
ihn mit sich. Fluchend fällt der Junge auf die Knie, bemerkt aus dem
Augenwinkel den tonnenschweren Leib, der sich abermals erhebt und hält vor
Schreck die Luft an. Nur Millisekunden bevor die wildgewordene Kuh auf ihn
niederdonnert zerstiebt er zu Rauch, befreit sich aus dem Klammerbiss und
erscheint erneut, eine große, rostige Sense in Händen.
Die violetten Augen der Kuh scheinen panisch aufzublitzen, als sie in ihr
Verderben springt.
Weiter links brüllt Viggo aus vollster Kehle, drischt mit geballten Fäusten
auf gleich drei der Gegner ein, die geradezu gespenstisch koordiniert auf ihn
eindringen, und hält sie zurück; doch die rasende Horde lässt ihm keinen
Moment, um zu verschnaufen. Schon ist die nächste heran, prescht zwischen ihren
Artgenossen hindurch und hält mit gesenktem Kopf auf ihn zu!
Luft einsaugend spannt er sich an, wirft sich der Bestie entgegen und packt sie
bei den Hörnern, hält mit aller Kraft gegen das unnatürlich verstärkte
Ungetüm an.
Ihre Augen funkeln irre. Viggo wird von dem purpurnen Feuer darin nahezu in
einen Bann gezogen. Dann schreit die Kuh gellend, speit wahre Schwälle von nach
Verwesung und Schwefel stinkender Luft in sein Gesicht.
Würgend fährt er herum, zerrt verzweifelt am Schädel der Bestie, um ihr den
Hals umzudrehen.
Doch das wahnsinnig gewordene Tier bringt immer mehr Kraft auf, je heller seine
Augen leuchten; es brüllt abermals und lässt wieder und wieder seine
vergilbten, im Mondlicht glänzenden Zahnreihen auf und zu schlagen.
Viggo entfesselt seinen Zorn und wirft sich der Kuh entgegen. Noch während sie
auf dem schlammigen Grund den Halt verliert, reißt er sich herum, holt die
Bestie von den Hufen und schmettert sie mit einem wilden Schrei auf den Boden,
nur um sie abermals hochzuheben, wie einen übergroßen, zappelnden Morgenstern
nach einer weiteren Kuh zu schwingen und davonzuschleudern.
Das Ungetüm segelt strampelnd und röhrend durch die Luft - und verstummt keine
drei Sekunden später, als Dando aus einer Qualmwolke herausspringt und seine
Sense durchzieht.
Noch bevor die Hälften der Kuh zu Boden klatschen, erscheint er neben Viggo,
der sich noch immer gegen zwei Bestien zur Wehr setzt. Mit einem kehligen Schrei
reißt Dando die Waffe hoch und schmettert sie wie ein Fallbeil in den Nacken
eines der Ungetüme.
„Altah!“, brüllt Viggo, schlägt aus der Hüfte heraus ein Rad und trifft
die letzte so hart am Unterkiefer, dass der Stoß ihr das Genick bricht.
Nach Luft ringend spähen die beiden in die Dunkelheit … und japsen vor
Schreck auf, als in einigen Metern Entfernung noch immer drei Paar diabolischer,
violetter Augen vor ihnen aufblitzen!
Dando schnippst, lässt die Sense verschwinden und beschwört wieder die
Hellebarde, als plötzlich flackernder Fackelschein die Schwärze erhellt.
„Leute!“
Arin eilt die Anhöhe hinauf, umklammert einen langen, schlanken Bogen.
„Pass auf!“, ruft Dando zurück, als sich die Gegner bereits wieder in
Bewegung setzen, muhend und dröhnend auf sie zuhalten.
Arin reagiert sofort, schleudert die Fackel davon und packt den Bogen mit beiden
Händen.
Die irren Schreie der Monstren im Nacken, fahren Dando und Viggo herum und
hasten dem Jungen entgegen. Arins Bogen entsendet einen Hagel wabernder
Gespenster in die Nacht, die wie ein Vogelschwarm über sie hinwegfegen und auf
die Kühe niedergehen, sie in magischen, fast farbenfrohen Lichtkaskaden
auseinanderreißen.
„Alter“, staunt Arin, als die anderen ihn erreichen. „Was war hier denn
los?“
Dando will etwas antworten, doch die Worte ersticken in seiner Kehle. Nach Luft
ringend stützt er sich auf der Sense ab und presst eine Hand an seinen Kopf.
„Boah, Altah!“, macht stattdessen Viggo, gestikuliert wild und brabbelt los:
„Wia sin da rauf un habin Aldritsch seine Mom getroffin! Aba Aldritsch seine
Mom war verrückt! Da Kühe hatten Aldritsch scho verschlungin, un dann sin se
los un hab'n au noch de Mom un dat Haus zermalmt, un dann wolltin se uns fressen
tun!“
Eine von Arins borstigen Augenbrauen zuckt merklich, während Viggo erzählt.
„Wer ist denn Aldridge....?“, fragt er irritiert; bemerkt nebenbei, dass das
Mondlicht irgendetwas in Dandos Gesicht schillern lässt.
Viggos zuckt unschlüssig mit den breiten Schultern. „Keine Ahnung. Aba a is
tot. Dat is furschtbar!“
„Ja, eh … schon, irgendwie“, murmelt Arin ratlos und sieht zu, wie der
sich langsam wieder sammelnde Dando prüfend seinen Arm streckt und beugt.
„Danny, ist alles in Ordnung? Blutest du?“
Der Angesprochene braucht noch einen Moment, ehe er antwortet. Er lässt eine
Hand unter seinen Mantel gleiten und tastet seinen Arm ab.
Schließlich seufzt er. „Hat mich voll am Schädel erwischt.“
„Alter!“, ruft Arin und beugt sich vor, inspiziert die Wunde an Dandos
Stirn.
„Und gebissen haben sie mich auch. Zum Glück nur auf die Schiene.“
„Gebissen?“, fragt Arin überrascht. Er späht über die beiden hinweg und
die Anhöhe hinauf. „Seid ihr wirklich von Kühen angegriffen worden?!“
„Ja Mann“, murmelt Dando, erst jetzt realisierend, wie bizarr der Kampf im
Grunde war. „Vollkommen durchgedrehte Kühe. Mit leuchtenden Augen.“ Er
fingert in seiner Manteltasche herum, sucht seine Zigaretten.
„Was geht hier nur vor...?“, fragt Arin leise, während er seinen Blick
über die sich sanft in der Nachtluft wiegenden Felder schweifen lässt. Er
beginnt zu frösteln. Sein Bogen löst sich in nichts als Schwärze auf.
Sie wandern los.
„Wo ist eigentlich Malik?“, will Dando zwischen zwei gierigen
Zigarettenzügen wissen.
„Na ja, er kann nicht rennen. Noch an der Kreuzung, vermute ich. Hoffentlich
ist er nicht von verrückten Hasen angegriffen worden. Ihr wisst ja, wie sehr
Malky Hasen verabscheut.“
„Altah, trag Malik doch“, knurrt Viggo tadelnd zurück, doch Arin wehrt ab.
„Wie soll ich den bitte tragen und rennen? Der Junge ist viel zu schwer und
wir haben Schreie gehört, also...?“
Viggos Hand schnellt vor, um auf Arins Schulter zu boxen. „Altah. Malik wiegt
gar nischt!“, kichert er verschlagen, spürt kaum Arins Faust, als er zurück
boxt.
„Für dich vielleicht, du Proll.“
Nach einem nur Minuten dauernden, hastigen Fußmarsch erreichen sie die
Kreuzung, an der Malik, auf einem kleinen Baumstumpf sitzend, auf sie wartet.
Torquemada ist zwischenzeitlich zurückgekehrt. Mit besorgtem Blick bemerkt er
ihre zerfetzten, schmutzigen Mäntel und das Blut in Dandos Gesicht.
Während die Jungen ihm von ihrer letzten halben Stunde berichten, verfinstert
sich die Miene des Inquisitors zusehends. Kehlig brummend nickt er ihnen zu und
klopft Viggo auf die Schulter. „Auch ich habe mich gegen üble Bestien zur
Wehr setzen müssen: wilde Krähen mit glühenden Augen, die sich auf mich
stürzten, als seien sie wahnsinnig geworden, und jede von ihnen stärker als
eine Männerfaust!“
„Krähen?“, kommentiert Dando, hebt eine Augenbraue. „Also, so richtig
große Krähen? Mit Schnäbeln?“
Torquemada verzieht die Lippen zu einem schiefen Grinsen, blickt mit
aufblitzenden Augen auf ihn herab. „Wenn du gesehen hättest, wie sie den
Wachposten zugerichtet hatten, würdest du dir deinen Spott verkneifen,
holzköpfiger, dummer Junge“, knurrt er und winkt ab. „Aber genug davon. Im
Turm habe ich Dokumente gefunden, meine Schüler. Wie es aussieht, ist die
Situation schlimmer, als ich zu Anfang gedacht hatte. Wir müssen sofort
aufbrechen und die Stadt so bald wie möglich erreichen!“ Torquemada wendet
sich um, geht los. „Im Schloss könnten wir auf Überlebende treffen.“
„Ja, hoffentlich“, murmelt Malik, erhebt sich von seinem Baumstumpf und
kommt zu Viggo, der bereits etwas in die Hocke geht, um den kleinen Mutanten auf
seinen Rücken zu lassen. „Mir ist so eiskalt, wenn ich nicht bald eine Decke
oder ein Getränk bekomme, falle ich bestimmt um“, jammert er und klammert
sich eng an Viggos massigen Nacken.
„Aww“, macht Arin gedehnt, während sie loslaufen.
Torquemada ist der einzige, der noch eine Fackel trägt und führt die Gruppe
an.
„Willst du vielleicht einen Schokosnack?“, fragt Arin und macht sich bereits
daran, seinen Mantel aufzuknöpfen, als würde er Maliks Antwort erahnen.
Der Junge zögert spürbar, während er über das Angebot nachdenkt.
„Ja“, wispert er nach einer Weile, als sie erneut einen Wegweiser passieren,
den Torquemada im Fackelschein genau untersucht. „Aber nur
Vanille-Schokosnack. Ich mag die anderen einfach nicht!“
Augenrollend inspiziert Arin den Riegel, den er aus einer der zahlreichen
Gürteltaschen unter seinem Mantel gezogen hat, lässt ihn zurückgleiten und
sucht nach einem anderen in einer helleren Verpackung.
„Könnte E-Flash vertragen“, kommt es von Dando, und Viggo nickt dermaßen
kräftig, dass Malik naserümpfend mit seinem blonden Pferdeschwanz
Bekanntschaft macht.
„Auch E-Flash plz.“
Arins Gürteltasche raschelt hörbar, während er Dosen und Riegel austeilt.
„... lasst keinen Unrat liegen“, brummt Torquemada kurz darauf, nachdem die
Dosen lautstark geöffnet worden sind. „Solche Materialien gibt es in dieser
Welt nicht. Man kann nicht absehen, welche Geschichten unbescholtene Tölpel
sich ausdenken, wenn sie Gegenstände mit fremdartigen Symbolen und
Schriftzeichen finden.“
„Glaubst du, sie gründen dann die Religion des heiligen Coffein, der die
Menschen mit fruchtig-prickelnder Brause gesegnet hat, Torquy?“, fragt Arin
vergnügt.
Der Inquisitor antwortet nichts darauf; seine Rüstung scheppert, als er schwer
ausatmend die Schultern hängen lässt.
„Aww~ Komm, Torquy, für dich müsste ich hier irgendwo auch ein Hefeweizen
haben“, säuselt Arin, schließt die linke Gürteltasche wieder und öffnet
sogleich die rechte.
„Wir haben einen Auftrag zu erledigen“, knurrt Torquemada ungerührt.
„Keine alkoholischen Getränke.“
Arin kichert verschlagen. „Es ist ein alkoholfreies Hefeweizen.“
„Hah“, macht Torquemada spöttisch. „So wird mir alles gedankt: Mit dem
Versuch, mich zu vergiften.“
Bald führt die Straße sie aus den Feldern heraus und auf ebene Wiesen, über
die eiskalte Böen ziehen.
Die Mauern der Stadt, und weiter hinten die kolossale Silhouette des Schlosses,
welches sich über den Berg erhebt, zeichnen sich mittlerweile unverkennbar in
der mondhellen Nacht ab.
Bald passieren sie erste Gebäude, kaum mehr als windschiefe Hütten, ungeordnet
und versprengt; dann einen verlassenen Stall, Reihen von mauergesäumten Beeten
und Karren. Das hohe Quietschen eines sich in der Brise wiegenden Ladenschildes
verhallt zwischen den Gassen.
Schließlich treten sie mit dumpfen Schritten über eine Brücke. Das leise
Plätschern des breiten Wassergrabens dringt deutlich wahrnehmbar herauf, trägt
einen sumpfigen, fast fauligen Odem mit sich. Auf der anderen Seite führt ein
großes Tor durch eine Mauer hindurch.
Torquemada stutzt, als er bemerkt, dass es geöffnet ist. „Was kannst du
spüren?“, fragt er düster und blickt zu Malik, der die Augen geschlossen
hat, sekundenlang keine Regung erkennen lässt.
„Gar nichts“, antwortet der Junge, klingt besorgt und eigentümlich
fasziniert. „Ich spüre kein einziges Lebenszeichen.“
„Ah. Wir wollen jedoch nicht so naiv sein, zu glauben, dass die Stadt sicher
ist.“
„Da hier vermutlich alle so drauf sind wie Aldridges Mutter, finde ich das
ehrlich gesagt eher beruhigend“, scherzt Dando rauchend und entlockt damit
zumindest Viggo ein verkniffenes Lachen.
Als sie durch den Mauerbogen eilen, stinkt die Luft nach Eisen und Verwesung.
Der Stein unter ihnen wirkt fast schwarz, glänzt blutig im Schein der Fackel.
Leichen flankieren die Seiten der Straße, wirken zu akkurat aufgetürmt, als
dass sie so gefallen sein konnten. Man musste sie im Nachhinein zur Seite
gezerrt haben.
Als Torquemadas wuchtiger Panzerstiefel auf das Pflaster tritt, blitzen
unzählige violette Lichter vor ihnen auf und dutzende Krähen flattern empor.
Der Inquisitor spannt sich bereits, saugt scharf Luft ein - doch die Kreaturen
attackieren sie nicht, fliegen wild krächzend in die Nacht davon.
Er runzelt die Stirn, registriert beiläufig die entsetzten Geräusche seiner
Schüler hinter ihm. Kisten und Unrat liegen unterhalb des steinernen Bogens
verstreut, und das Chaos setzt sich über die Straßen fort, so weit sie blicken
können.
„Hast du diese Tiere nicht gespürt, Malik?“, erkundigt sich Torquemada
alarmiert, doch Malik wehrt ab.
„Nein!“, ruft er, klingt selbst ganz überrumpelt. „Überhaupt nicht.“
Arin sieht nachdenklich in den Himmel, wo der Schwarm mittlerweile kaum mehr zu
erkennen ist, sich nur noch als eine Anzahl wild hin und her zuckender Punkte
vor dem Mond abzeichnet. „Vielleicht liegt es daran, dass sie von der FF
besessen sind? Die hatten wieder diese leuchtenden Augen...“
„Ich weiß nicht“, seufzt Malik. Er klingt fast verzweifelt. „Wenn die
Tiere noch leben, müsste ich sie spüren können. Das legt den Schluss nahe,
dass sie nicht mehr...“
„Hm“, macht Torquemada, unterbricht den Jungen, „das ist
besorgniserregend. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass du nahende
Feinde frühzeitig erkennst. Von nun an wollen wir nicht mehr sprechen, Malik.
Verbinde uns mit deinen mentalen Kräften.“
Er geht in die Hocke, löscht die Fackel in einer blutigen Pfütze.
Sekundenlang sind nur ihre Schritte zu hören, die hohl in den weiten Gassen
verklingen, bis schließlich ein jeder von ihnen kurz ein prickelndes Gefühl
hinter den Schläfen spürt.
„So“, denkt Malik, was jeder in der kleinen Gruppe wahrnimmt, als hätte er
es selbst gedacht.
„Gut gemacht, Malik“, antwortet Torquemada zufrieden. „Ich konnte im
Wachturm Dokumente finden, die nahelegen, dass das Tor geschlossen wurde.
Offensichtlich hat es danach einen Kampf gegeben.“
„Altah, dat sieht aus als wie wenn se geflohen sin oda so“, kommt es von
Viggo, erfüllt von einer eigentümlichen Schwermut.
„Vermutlich. Die Leichen weiter unten müssen der FF zum Opfer gefallen sein.
Jemand hat die Stadt verlassen. Das Tor ist ordentlich geöffnet worden. Wenn
wir allerdings Pech haben … waren es genau diese Überlebenden, von denen ich
gehofft hatte, im Schloss auf sie zu treffen!“
„Bin froh, wenn hier überhaupt noch jemand bei Verstand ist...“, denkt
Dando.
Doch während sie die Stadt durchqueren, begegnen sie niemandem.
Die Straße führt sie den Berg hinauf, vorbei an höher werdenden Gebäuden,
die bleich im Mondlicht hervortreten, als sie ein edleres Viertel erreichen, in
dem der Stein verputzt worden ist. Erst eine halbe Stunde später verharren sie
vor einem Brunnen, umgeben von niedergerissenen Marktständen, versprengten
Kisten und Leichen.
„Was für ein Chaos“, bemerkt Arin, froh darüber, dass zumindest die Nacht
noch ihr Möglichstes tut, die Szene zu verhüllen. „Ich stelle mir vor, dass
es überall Kämpfe gegen verrückte Tiere und Menschen gegeben haben muss.“
„So sind die FFs, meine Schüler“, entgegnet Torquemada gefasst und
inspiziert mit bitterem Gesicht den Inhalt eines umgestoßenen Karrens. Helle
Blumen liegen wild verstreut, halb verwelkt und im Regenwasser pampig
aufgequollen.
„Die übelsten von ihnen können ganze Welten ins Verderben reißen. Dies hier
sind noch nicht die schlimmsten Anzeichen von FF-Wahnsinn, die ich gesehen habe.
Am Ende...“
„Torquemada“, denkt Malik rabiat, unterbricht den Inquisitor, was jener mit
einem stirnrunzelnden Blick quittiert. „Ich spüre Menschen.“ Torquemada
kommt sofort zu ihm. „In dieser Richtung“, erklärt Malik und löst eine
Hand von Viggos Nacken, um in eine Gasse zu deuten, welche sich am anderen Ende
des Platzes in der Nacht verliert. „Aber auch dort.“ Mit diesen Worten zeigt
er den Hügel hinauf zum Schloss, dessen Silhouette inzwischen einen
beträchtlichen Teil des Sichtfeldes ausfüllt.
„An zwei Orten? Bist du sicher, Malik?“, fragt Torquemada skeptisch.
Der kleine Mutant nickt geflissentlich.
„Dann müssen sich noch welche im Schloss verschanzt haben, und irgendwo in
der Stadt“, überlegt Torquemada. „Ein großes Gebäude, nehme ich an. Eine
Kirche vielleicht, oder ein Hospiz...“
„Sollen wir uns wieder aufteilen?“, fragt Dando und schaut bereits
argwöhnisch zu den anderen.
Tiefe Falten graben sich in Torquemadas Stirn, während er überlegt.
Schließlich schüttelt er unmerklich den Kopf, antwortet eisern: „Nein. Wir
sind nun so nah am Schloss; es sollte effizienter sein, zur Wurzel des Wahnsinns
vorzustoßen und sie auszureißen.“
„Altah, un wat is wenn jemand Hilfe braucht?“, fragt Viggo verdutzt.
„Wenn sie sich so lange verteidigen konnten, wird es auf einige Stunden mehr
oder weniger nicht ankommen. Und jede Minute, die vergeht, verkürzt das
Zeitfenster bis zur nächsten Katastrophe. Brauchen sie denn Hilfe, Malik?“,
fragt Torquemada, mustert das schwach grün leuchtende Gesicht auf Viggos
Schulter eindringlich.
„Weiß ich nicht“, antwortet der Junge zögernd. „Ich habe nicht den
Eindruck, dass dort gerade gekämpft wird.“
„Nun denn. Mir ist bewusst, dass euch diese Entscheidung Unbehagen bereitet;
aber so ist es eben, wenn FFs beginnen, eine Welt in den Wahnsinn zu ziehen.“
„Ja, klar“, macht Arin gedehnt. „Wenn die FF überhaupt dort ist. Was wir
nicht wissen.“
„Aber wo sollte sie sonst sein, wenn nicht in den Laboren der Hexe?“, hebt
Torquemada an. „Nur Eva Liliths Magie kann all dies hier ausgelöst haben.
Oder vielleicht die ihrer Tochter, als sie anfing, mit den Geräten ihrer Mutter
herumzuspielen, von denen sie nichts verstand. Wir werden es sehen, wenn wir
dort sind.“
Torquemada wendet sich um, geht mit schweren, langsamen Schritten los und deutet
einmal gebieterisch auf die andere Seite des Platzes, wo breite, steinerne
Treppenstufen in einen noch höheren Teil der Stadt führen. „Nun kommt. Wir
haben lange genug verschnauft.“
Sie folgen dem Inquisitor missmutig, erklimmen die Treppe und eilen über den
nächsten Platz.
Die Architektur der Stadt wird altgothischer, je weiter sie vorankommen, und die
Bauwerke edler und eigentümlich düsterer, immer höher, fast wie Türme.
Schmucklose Fensterscheiben weichen bunten Bleigläsern, deren Farben sich im
Zwielicht kaum erahnen lassen. Wasserspeier schmücken die Zinnen der Dächer.
Bald dringt die Stadt in den Berg vor, scheint in ihn hineingebaut worden zu
sein. Immer mehr Treppen statt Wegen zweigen von den Hauptstraßen ab, verbinden
die Plätze untereinander und führen zu den höherliegenden Gebäuden.
Mit einem Blick über die Schulter stellt Dando verblüfft fest, dass sich von
hier aus fast das gesamte Tal überblicken lässt, bis hin zu dem Wald, aus dem
sie vor Stunden herauskamen. Sie mussten fünfzehn Kilometer zurückgelegt
haben, vielleicht mehr.
Bald dringen Geräusche an ihre Ohren, die Torquemada alarmiert aufhorchen
lassen.
Malik spürt niemanden, und der Inquisitor hält die Gruppe an, so langsam und
leise wie möglich vorzurücken. Schließlich ducken sie sich in den weiten
Schatten einer Mauer, nehmen die letzte Anhöhe vor dem Schloss fast im
Schleichtempo.
Je weiter sie die Straße vorankommen, desto lauter werden die Geräusche:
Stöhnen und Ächzen, der dumpfe Klang über Stein scharrenden Metalls,
unzählige Füße, die immer wieder den Boden berühren...
„Das gefällt mir nicht“, denkt Torquemada. „Wir wollen uns im toten
Winkel nähern.“
Ein weiteres Tor ist weniger als zehn Meter entfernt. Er macht eine ausholende
Bewegung, deutet Dando und Arin an, sich hinter einer von verwelkten Pflanzen
überwucherten Balustrade entlang zur anderen Seite zu begeben. Viggo und Malik
gehen ihm nach.
Der Inquisitor muss noch nicht an der Mauer vorbei gespäht haben, um anhand des
Lärms bereits zu erahnen, was sie erwarten wird. Einen tiefen Atemzug nehmend
lehnt er sich aus dem Schatten des massiven Steins, neigt sich gerade so weit
vor, dass er das Schloss sehen kann - und verengt die Augen.
Hunderte Bürger drängen sich auf der heruntergelassenen Zugbrücke aneinander,
wirken wie ein wütender Mob, der das massive Eisengitter auf der anderen Seite
mit bloßen Händen einzureißen versucht. Gierig recken die Vorderen ihre Arme
empor, rütteln und zerren daran, schlagen dagegen, dass die Echos nur so
verhallen.
Die Kehlen der Bürger sind erfüllt von einem Singsang aus sinnlosen Worten und
Silben. Aus unzähligen, dem Wahnsinn anheimgefallenen Augenpaaren dringt
tiefviolettes Licht, taucht das Getümmel in eine geisterhafte Aura.
„Hier ist das Gros all jener, die nicht geflohen und der FF zum Opfer gefallen
sind“, denkt Torquemada, überwältigt von der schieren Größe des Mobs.
„Sie werden zur FF hingezogen. Sie muss sich im Schloss befinden.“
„Ich kann keinen einzigen von ihnen spüren. Diejenigen, die ich spüren kann,
sind weiter innen“, lässt Malik sie wissen. „Es muss wirklich noch Leute
geben, die nicht von der FF besessen sind!“
„Na toll“, antwortet Dando trocken, während er von der gegenüberliegenden
Seite aus um die Mauer späht. „Aber wie kommen wir hinein?“
Torquemada dreht sich zu ihm um. „Wenn du deine Suekräfte benutzt, um uns
hinter das Gitter zu bringen, gelangen wir problemlos dahinter. Schaffst du
das?“
Dando zögert, verengt die Augen zu Schlitzen und sieht so konzentriert wie nur
irgend möglich in das Zwielicht vor sich.
Im Schein hunderter, wahnsinniger Augenpaare ist das Gitter deutlich zu
erkennen, wirkt beinahe magisch in seinem violetten Glanz; doch es reicht nicht,
um die Dunkelheit dahinter auch nur ansatzweise zu erhellen. Er blinzelt
mehrmals, schüttelt den Kopf.
„Das sind ja nur ein paar Meter. Aber ich sehe nichts. Wenn ich nichts sehe,
kann ich uns nicht teleportieren.“
„Und wenn du etwas siehst, klappt es?“, hakt Torquemada nach, wirft ihm
einen fordernden Blick zu.
Dando nickt.
„Dann bereitet euch vor. Ich sorge schon dafür, dass du sehen kannst“,
antwortet der Inquisitor, hebt bereits einen Fuß, um durch den Torbogen zu
treten und streckt einen Arm vor sich. Gleißende Funken ballen sich um seine
Faust, und noch bevor seine Schüler heran sind, schleudert er einen glühenden
Ball empor, der wie eine Leuchtkugel durch die Luft gleitet.
Sofort gerät die Meute ins Stocken; einer nach dem anderen wenden sich die
Wahnsinnigen um. Hunderte violett leuchtende Augen richten sich auf die Gruppe.
„Jetzt!“, ruft Torquemada, und während sie Dandos ausgestreckte Arme
berühren, explodiert der Lichtzauber, wird mit einem Knall zu einer gleißend
hellen Sonne, welche die Dunkelheit regelrecht wegbrennt.
Dando schreit, wird übertönt von den unzähligen Kehlen der Verrückten, die
in sengend heller Agonie losstürmen. Der Junge sinkt ächzend nach vorn,
blinzelt immer wieder mit tränenverhangenen Augen.
„Das ist viel zu hell, verdammt!“, kreischt Arin, blickt mit
schmerzverzerrtem Gesicht immer wieder zwischen Torquemada und der Horde hin und
her, die unaufhaltsam auf sie zu eilt.
Fluchend macht Arin einen Satz nach vorn, breitet die Arme aus; klebrige Fäden
aus nichts als Schwärze sammeln sich zwischen seinen Fingern und vereinen sich
zu einem Bogen, der in Torquemadas Magie wie Kristall schimmert. Er schreit
gepeinigt, zieht einen Pfeil aus dem Bogen und entlässt ein waberndes Gespenst
in die Nacht, welches wie eine unheilvolle Böe über die Meute hinwegrast.
Die Wahnsinnigen kreischen, taumeln und werden von den Füßen gerissen.
Stolpernd verkrallen sie sich ineinander und bringen dadurch noch andere zu
Fall.
„Jetzt mach, Danny!“, ruft Arin mit vor Grausen bebender Stimme, als einige
der Besessenen den Halt verlieren und von der Brücke stürzen.
Dando blinzelt, stöhnt gequält und zwingt sich mit aller Kraft, in das
Lichtermeer vor sich zu starren.
Erste FF-Zombies erheben sich bereits, kommen mit raubtierhafter Eleganz auf die
Füße und sprinten los - doch sie erwischen nur noch Rauch, der zwischen ihren
gierig zugreifenden Fingern auseinanderfasert.
Mehrere Meter jenseits des Tores stiebt dichter Qualm auseinander und gibt die
Gruppe frei. Einen Augenblick lang scheinen sie mitten der Luft zu schweben, ehe
sie schreiend zu Boden fallen.
Torquemadas Lichtzauber ebbt ab, und wieder umhüllt sie tiefste Dunkelheit.
„Altah, wat war dat denn?!“, brüllt Viggo, noch während er sich aufrappelt
und zu Malik eilt, der einige Meter entfernt von ihm liegt. Der Junge ächzt
schmerzverzerrt, während er ihm eine Hand unter den Kopf schiebt, ihn langsam
hochhebt.
Hinten sitzt Torquemada auf dem gepflasterten Platz und reibt seine Stirn.
„Ich weiß nicht...“, brummt er mit trockener Kehle. Langsam erhebt er sich,
kommt mit unbeholfenen Bewegungen wieder auf die Füße, während Dando sich
eine Zigarette anzündet.
Weiße Runen leuchten auf Torquemadas rechtem Handschuh auf, entsenden
schwaches, kaltes Licht in die Nacht. Im Schein des Zaubers wirkt sein Gesicht
alt und fahl.
„Ich habe es nicht bedacht“, murmelt er. „Natürlich: Wir sind seit
Stunden in der Dunkelheit unterwegs.“
„Wirst du langsam zu alt für den Scheiß, Torquy?“, fragt Arin, klingt
beinahe mitleidig.
Torquemada blinzelt mehrmals. „Hmpf“, macht er, wendet sich ab.
„Möglicherweise bin ich zu lange wach. Es tut mir leid, dass ich euch
geblendet habe.“ Kopfschüttelnd wendet er sich um, geht einige Schritte.
„Altah“, knurrt Viggo und wirft ihm einen missmutigen Blick zu, während er
an seine Seite tritt.
„Ich hab mir ganz fest den Kopf gestoßen. Es tut sogar etwas weh!“, setzt
Malik nach, schürzt seine viel zu schmalen Lippen. „Zum Glück ist niemand
auf mir gelandet und hat mich zerquetscht!“
„Ach“, knurrt Torquemada, reckt das Kinn vor. „Was wollt ihr von mir
hören? Ich habe mich bereits entschuldigt. Wenn...“
Hinter ihnen schlagen Fäuste gegen massives Eisen. Kehliges, aggressives
Stöhnen dringt heran.
Dando blickt zum Tor, sieht die leuchtenden Augen der Besessenen, die wie
Glühwürmchen hinter den Eisenstäben hin und her zucken.
„Ist doch egal“, zischt er gepresst. „Weiter! Sonst reißen sie es
wirklich noch irgendwie ein.“
Torquemada atmet schwer aus. „Natürlich. Es tut mir leid, meine Schüler.“
Sie passieren einen von Säulen umringten Platz. Selbst im Licht von Torquemadas
Zauber wirken die Mauern des Schlosses schwärzer als die Nacht.
„Man hat uns bereits bemerkt. Es sind nicht viele“, lässt Malik sie wissen,
während sie eine kurze Treppe hinaufschreiten. „Das grelle Licht hat ihre
Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sie kommen herunter.“
„Gut“, meint Torquemada. „Dann wollen wir warten, bis sie uns Einlass
gewähren.“
Er ballt eine Faust, schmettert sie drei, vier Mal gegen das mit schweren
Eisenbeschlägen versehene Tor. Danach wendet er sich ab und geht zu einem
Ständer nahe des Tores, in dem einige Fackeln stecken. Torquemada entzündet
sie mit magischen Flammen und macht sich daran, sie auszuteilen.
„Was machen wir, wenn wir drin sind?“, fragt Arin, verlagert nervös immer
wieder sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
Der Inquisitor strafft sich, während er ihm eine Fackel reicht. „Ich rede
schon mit den Leuten. Überlasst das mir.“
„Was sagen wir, wenn sie fragen, wie wir hereingekommen sind?“, will Dando
wissen. Er meint mittlerweile, Schritte hinter dem Tor zu hören.
„Ich rede mit ihnen, Dando“, wiederholt Torquemada - und wendet in einer
ruckartigen Bewegung den Kopf um, als ein schwerer Eisenriegel umgelegt wird.
„Wer ist da?“, dringt eine Männerstimme hinter dem Portal hervor.
Torquemada verengt die Augen zu Schlitzen. Erst einen Moment später bemerkt er
ein beinahe winziges Sichtfenster, das sich im Tor geöffnet hat. Gemessenen
Schrittes tritt er an das dunkle Holz heran und muss in die Hocke gehen, um
hindurch spähen zu können.
„Ich bin Torquemada, der Inquisitor - und sie hier sind meine Schüler“,
hebt er förmlich an, bemerkt, wie sich die Pupillen des Mannes auf der anderen
Seite erschrocken weiten. „Uns hat die Kunde erreicht, dass großes Übel
über Klaburiah hereingebrochen ist - und was wir auf unserer Reise erlebten,
spricht selbst unseren kühnsten Erwartungen noch Hohn.“
Er verstummt, lässt die Worte wirken.
Der Mann wendet sich ab und flüstert sekundenlang mit jemandem.
„Was wollt Ihr, Inquisitor Torquemada?“, fragt er schließlich.
Angesprochener saugt scharf Luft ein. „Wir sind gekommen, um Klaburiah und
seiner Königin zur Seite zu stehen.“
Erneut tritt der Mann zur Seite, tuschelt und lässt sie warten.
„Altah“, brummt weiter hinten Viggo. Torquemada hebt eine Hand, um ihnen zu
bedeuten, schweigsam zu sein.
Diesmal dauert es länger, bis der Mann zurückkehrt. „Wer hat Euch geschickt,
Inquisitor Torquemada?“, fragt er … und wendet sich um, noch ehe Torquemada
auch nur antworten kann. Hektische Stimmen werden laut.
„Genug“, zischt eine Frau, hörbar alt und außer Atem. „Macht ihnen auf,
los, los!“
Torquemada runzelt die Stirn.
Sogleich schnappen mehrere Eisenriegel um. Im Portal öffnet sich eine fast
mannshohe Tür.
Der ausgezehrt wirkende Wachposten dahinter winkt sie herein.
„Herrin Goldkelch: Inquisitor Torquemada und seine Schüler“, spricht er,
während Torquemada mit heruntergezogenem Kopf eintritt.
Die Eingangshalle des Schlosses ist so gewaltig, dass sich die Decke in der
Dunkelheit verliert, und die Frau vor ihnen wird von zwei weiteren Wachen in
schlichten Röcken flankiert.
„Darna Goldkelch: Handelsministerin“, stellt sie sich mit strenger Stimme
vor und verschränkt die Arme, dass ihr gewaltiger Busen nur so darüber
quillt.
Darna Goldkelch wirkt wohlgenährt und in Würde gealtert; die missliche Lage,
in der das Reich sich befindet, scheint sie nicht davon abzuhalten, sich in edle
Stoffe zu kleiden. Das unstete Licht lässt ihre zahllosen Juwelen und Ringe
glänzen.
„Es ist mir eine Freude“, brummt Torquemada und nickt der viel kleineren
Frau zu, während sie sichtlich amüsiert seine Rüstung mustert.
„Ein Inquisitor also. Wer hat Euch geschickt, hm?“, fragt sie lauernd, legt
den Kopf schief. Sie setzt sich in Bewegung, nähert sich ihm mit knappen
Schritten. Schweiß steht auf ihrer Stirn; sie muss gerannt sein.
Hinter Darna steht noch ein weiterer, wesentlich unscheinbarer gekleideter Mann
mit schmalen Zügen und teigigem Gesicht, und er wirkt beinahe kränklich dünn
im Vergleich zu der massigen Ministerin.
„Wir agieren unabhängig“, antwortet Torquemada mit sachlicher Stimme, kann
sich nicht entscheiden, ob er Darna oder den anderen ansehen soll. „Sagt,
Darna, stimmen denn die Gerüchte? Wir haben...“
Darna winkt ab. „Wenn Ihr Euch durch die Stadt geschlagen habt, wisst Ihr ja,
dass sie stimmen. Oder, was habt Ihr auf den Straßen erlebt? Glaubt Ihr
vielleicht, hier geht alles mit rechten Dingen zu?“
Torquemada verengt die Augen zu Schlitzen, spürt einen Muskel an seiner
Schläfe zucken.
„Darna, bitte“, meint der andere schließlich, muss sich geräuschvoll
räuspern. „Der Inquisitor hat zweifelsohne viel auf sich genommen, um nach
Klaburiah zu gelangen. Wir heißen Euch willkommen, Inquisitor; wir fürchten
aber, dass Ihr zu spät seid“, spricht er und hustet verhalten.
Darna runzelt die Stirn, wirft ihm einen giftigen Blick zu. „Er hier ist
Feadorus III. Architekt.“
Torquemada nickt ihm zu und beobachtet beiläufig, wie Darna um ihn herum
stöckelt.
„Und Ihr seid also seine Schüler“, spricht sie, mustert die Jungs mit
bohrenden Blicken, denen gemischt begegnet wird. „Einer mit bunten Haaren, so
so. Der andere so breit wie ein Ochse, und er trägt einen Zwerg auf seinem
Rücken.“
Darna ist vor Viggo angekommen und stellt sich auf die Zehenspitzen, um mit
flinken Fingern Maliks Kapuze zu greifen und anzuheben.
Ihre Augen weiten sich erschrocken, als sie in das andersartige Gesicht darunter
blickt.
„Ich bin eine Waldelfe“, haucht Malik mit seelenloser Stimme unter der
Kapuze hervor, und Darna macht einen Schritt zurück, stolpert fast über den
Saum ihres Gewandes.
„Bei allen Göttern!“, ruft sie, sieht irritiert zu den anderen dreien,
schließlich wieder zu Torquemada, dem sie sich gemessenen Schrittes nähert.
„Ein eigenartiges Gefolge“, sagt sie und lacht trocken. „Golden hat nicht
übertrieben.“
Sekundenlang sind nichts als Schweigen und knisterndes Fackelholz in der Halle
zu vernehmen, sowie der lange Atemzug, den Torquemada einnimmt.
„Golden?!“, schreit er schließlich, dass es nur so zwischen den Mauern
verhallt.
Darna blinzelt, bemüht ihre faltigen Mundwinkel zu einem Lächeln. „Das
scheint Euch zu überraschen.“
„Sie ... hat wohl vergessen zu erwähnen, dass sie unser Kommen angekündigt
hat“, sagt er, sichtlich um Fassung bemüht. Sein Gesicht wird eisern,
während sich die Gedanken in seinem Kopf zu überschlagen beginnen.
„So, so. Immer das gleiche mit den jungen Dingern“, zischt Darna. „Aber in
der Tat: Noch nicht einmal drei Monde ist es her, dass die Zauberin uns besucht
hat, um...“
„Fünf Monde“, kommentiert Feadorus, tritt leicht gebeugt neben die
Handelsministerin, die nur genervt abwinkt.
„Wie auch immer. Golden kam, und ersuchte uns um eine Audienz bei Königin
Eloihim Jahwe III. Zu dumm, dass die bereits geflohen war, was?“
Torquemada stutzt. „Eloihim Jahwe ist … geflohen?“
„Natürlich“, blafft Darna, klingt fast empört. „Hat die Zauberin das
nicht erwähnt? Ihr müsst doch wohl über die Situation in Klaburiah gesprochen
haben, ehe sie Euch geschickt hat!“ Darna stemmt die Hände an die Hüften,
baut sich immer weiter auf. „Am Anfang hatten sie die Wahnsinnigen in der
Kirche eingesperrt. Das ging ein paar Monde lang gut; als sie das Kirchentor
dann aufbrachen und versuchten, das Schloss zu stürmen, floh Eloihim Jahwe
zusammen mit ihrem Speichellecker von Hauptmann, dem Gros der Garnison und den
meisten Bürgern, die noch bei Verstand waren. Wäre es nach ihr gegangen,
wären wir alle geflohen.“ Darna speit aus, die Miene vor lauter Verachtung
und Hass beinahe zu einer Fratze verzerrt. „Eine schöne Königin ist mir das.
Unsere Ahnen haben dieses Land aufgebaut, mit Klaburiah als glorreichem Zeichen
der Herrschaft des Geschlechts Jahwe! Und dann geben wir all das auf?!“
Torquemada lauscht gefasst, während Darna sich immer weiter in Rage redet,
Eloihim Jahwe verflucht und sie zum Teufel wünscht.
Schließlich tritt Feadorus an ihre Seite, legt ihr eine Hand auf die Schulter
und hält sie an, sich zu beruhigen. Die Handelsministerin reißt sich aggressiv
aus seiner Berührung.
„Ich bin ruhig, ich bin immer ruhig!“, ruft sie. „Aber wie auch immer. Ich
schweife ab.“
Darna atmet einmal tief ein und klatscht in die Hände. „Ihr da!“ Mit
lodernden Augen sieht sie zu den Wachen, die eingeschüchtert aufblicken.
„Geht los. Bereitet Zimmer und Betten vor. Holt Lebensmittel, wenn wir noch
etwas haben. In der Zwischenzeit bringen wir den Inquisitor hinunter.“
Sie wendet sich um, geht mit wehendem Gewand und in erstaunlicher
Geschwindigkeit los. „Ihr seid nicht zu früh gekommen, Inquisitor. Noch
einige Tage mehr, und niemand hätte Euch mehr eingelassen.“
Feadorus folgt ihr geflissentlich, während die Jungs zu Torquemada
aufschließen, welcher noch immer keinen Fuß hebt und den beiden irritiert
nachblickt.
„Nun kommt schon!“, ruft Darna schallend, die bereits so weit vorgegangen
ist, dass der Lichtkreis ihrer Fackel sich von den übrigen entfernt. „Ihr
wollt doch in Königin Jahwes Tempel?“
„Irgendwie läuft das hier anders, als ich es mir vorgestellt hatte“, denkt
Malik. „Sie hat mir auf das Wort geglaubt, dass ich eine Waldelfe bin. Aber
wieso?“
Darna und Feadorus führen sie durch ein Gewirr von Gängen, die so hoch sind,
dass ihre Decken sich im spärlichen Licht nicht einmal erahnen lassen, und ihre
Schritte verhallen vielfach gebrochen zwischen den schmucklosen Wänden aus fast
schwarzem Gestein.
Torquemada, den er zwischenzeitlich in seinen telepathischen Kreis aufgenommen
hat, knurrt hörbar. „Diese beiden haben ein interessantes Bild von Eva
Lilith“, überlegt er, sieht abwechselnd zu ihren Führern, welche, ihre
Fackeln weit von sich gestreckt, voraneilen.
„Hattest du nicht so was gesagt wie, Eva Lilith war das blanke Böse?“,
fragt Arin, und Torquemada nickt.
„So wahr ich hier atme: Das war sie auch. Eva Lilith war eine Hexe und ging
über Leichen! Ihr Leben, über Jahrzehnte hinweg verlängert mit dunkler Magie
und unsäglichen Experimenten!“
„Ihre Berater scheinen davon nichts zu wissen“, denkt Malik. „Sie halten
Eva Lilith für eine ehrbare Herrscherin und betrauern ihren Tod noch
immer...“
„Königin Jahwes Tempel liegt weit unterhalb der Anlage“, hebt Feadorus
plötzlich an, zieht die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich. „Leider hat Ihre
Hoheit das Wissen über die Verwendung der arkanen Teleporter, die sie in
Schloss Klaburiah platziert hat, aus Sicherheitsgründen mit niemandem geteilt.
Somit haben wir bedauerlicherweise keine andere Wahl, als den längeren Weg zu
nehmen.“ Feadorus röchelt und hustet mehrmals, lächelt entschuldigend.
Torquemada winkt ab. „Den langen Weg zu nehmen sind wir gewohnt“, entgegnet
er mit bebender Stimme, und der Architekt senkt betreten das Haupt.
„Die verdammte Mary Sue“, denkt Torquemada dann. „Wenn sie nicht
verschwiegen hätte, dass sie uns buchstäblich angekündigt hat, hätten wir
die Reise hier her nicht einmal auf uns nehmen müssen. Es gab nie einen Grund
dafür!“
„Wirst du Golden dafür ordentlich in den Hintern treten, Torquy?“, fragt
Arin, während der Inquisitor mit den Kiefern zu mahlen beginnt.
„Ich werde darauf zurückkommen. Dass sie es wagt, mich so bloßzustellen...
Weiß der Teufel, was sie sich gedacht hat!“
„Na ja“, antwortet Dando ungerührt. „So wie ich das sehe, hat Golden uns
einiges an Arbeit erspart. Wenn sie diese Leute nicht bequatscht hätte, würden
sie uns nicht so ohne weiteres in eine geheime Anlage führen, die neben dieser
Eva Lilith nur noch eine Hand voll Leute kennen, oder?“
„Hm“, macht Torquemada gedehnt.
„Altah, dat is an geiles Schloss!“, jubelt Viggo nach einer Weile, während
sie einen runden Saal, der Boden ein kunstvolles Mosaik im Stil eines Kompasses
und mit einem Portal in jeder Himmelsrichtung, passieren.
Riesige Statuen von Kriegern schmücken die Wände, sind auf eine Art mit ihnen
verbunden, dass es scheint, als würden sie aus ihnen heraus und mit gezückten
Klingen gen Himmel springen. Im Kuppeldach weit oben ist eine kreisförmige
Aussparung, lässt einen dichten, geradezu gespenstisch hellen Strahl Mondlicht
herein.
Feadorus braucht einen Moment, ehe ihm klar wird, dass Viggo ihn angesprochen
hat.
„... habt Dank“, haucht er verlegen, streicht sich einen Scheitel seines
schütteren Haares aus dem Gesicht. „Das Fundament für Schloss Klaburiah
wurde bereits von meinem Urgroßvater entworfen: Architectus; er vollendete
damit das Werk seines eigenen Vaters, Feadorus I. Mein Großvater, Feadorus II,
führte dann...“
„Feadorus“, blafft Darna dazwischen. „Niemand will das wissen.“
„Nicht? Nun, den Schüler des Inquisitors scheint es zu interessieren,
Darna.“
„Und der Inquisitor braucht Ruhe, um sich zu sammeln!“, entgegnet die
Ministerin aufgebracht. „Ist doch so, Inquisitor Torquemada? Ihr sammelt
bereits Eure geistigen Kräfte? Schweigen ist die beste Unterstützung, die wir
Euch zuteilwerden lassen können?“ Sie wirft ihm einen beinahe flehenden Blick
zu, doch Torquemada antwortet ihr nicht.
Sie verlassen den Saal über das Nordtor, schreiten durch einen weiteren Gang,
der dem vorherigen nahezu verblüffend ähnelt.
Wer den Plan des Komplexes nicht kannte, musste sich verlaufen, denkt Dando und
zieht seinen Mantel enger zu. So chaotisch die Straßen der Stadt waren, so
sauber sind die Gänge des Schlosses - und so kalt ist es hier. Ihm ist fast,
als sei der Ort auf eigentümliche Weise steril; immer wieder passieren sie
Kunstwerke, sei es eine aufwändig gearbeitete Statue, ein Fresko oder
Wandgemälde mit historisch anmutenden Szenen, manche von ihnen meterlang - doch
ansonsten waren die Gänge und Räume, welche sie verbanden, bisher völlig
kahl.
Keinem einzigen von ihnen ließ sich irgendeine Funktion zuordnen.
„Sie wissen alles“, denkt Torquemada. „Sie fragen nichts, sie hinterfragen
nichts, sie vergewissern sich nicht. Sie wissen, dass wir in Eva Liliths Labor
müssen. Sie wissen vermutlich auch, was wir dort finden.“
„Meinst du, Golden hat sie über die Sache mit der FF aufgeklärt?“, fragt
Arin ihn verblüfft. Ihm wird klar, dass Torquemada, genau wie zuvor Dando,
Recht hat: Gemessen daran, dass sie hier wortwörtlich aus dem Nichts
aufgetaucht sind und nicht einmal erklären mussten, warum sie hier sind, zeigen
sich Darna und Feadorus ausgesprochen kooperativ.
„Das … werde ich herausfinden“, antwortet Torquemada ihm knapp und
räuspert sich. „Sagt mir“, spricht er dann, „wie weit müssen wir noch
gehen? Wir müssen schon tief im Berg sein.“
„In der Tat“, hebt Feadorus an, klärt seine Kehle. Torquemada beginnt zu
überlegen, ob der Mann möglicherweise krank ist. „Vorne ist ein Fahrstuhl.
Er wird Euch hinunterbringen, Inquisitor.“
„Was meint Ihr, was wir im Tempel vorfinden werden?“, erkundigt sich
Torquemada, bemüht darum, möglichst interessiert und unwissend zu klingen.
„Nun, das … vermag ich nicht, mir auszumalen. Ihre Majestät, Königin Eva
Lilith Jahwe XIII, hat die Sammlung magischer Artefakte ihrer Ahnen, der
ehrenwerten Königinnen Eva Lilith Jahwe XII, bis hin zu … sofern mich die
Aufzeichnungen nicht getrügt haben, doch könnte Euch Sylvadora, die
Chronistin, gewiss klarere Einblicke gewähren, sofern sie denn nicht geflohen
wäre...“
„Feadorus“, zischt Darna genervt, bringt ihn zum Verstummen. „Wir
vermuten, eines der magischen Artefakte spielt … verrückt, nun, da es von
Königin Eva Lilith Jahwe XIII nicht mehr bewacht wird. Die Zauberin Golden hat
so etwas angedeutet; dass man es bannen muss, und dass sie dazu nicht in der
Lage ist. Wir kennen uns damit nicht aus. Ihr … werdet das Problem gewiss
beheben können, Inquisitor? Ja?“
„Natürlich“, brummt Torquemada. „Ich werde sehen, was ich tun kann.“
Schließlich treten sie in einen Raum, der so gigantisch ist, dass die
gegenüberliegende Seite selbst dann nicht von den Fackeln erhellt wird, als sie
bereits weit hineingegangen sind.
„Dies ist der unterste Stock des zentralsten Turms von Schloss Klaburiah“,
erzählt Feadorus, während er sich daran macht, weitere Fackeln zu entzünden.
Darna tut es ihm gleich und geht die runde Mauer in die andere Richtung ab.
Bald umgibt sie ein Kreis aus flackernder Helligkeit. Immer deutlicher treten
die Konturen einer viereckigen, steinernen Plattform aus dem Zwielicht hervor,
mit einem hüfthohen Sockel in der Mitte, auf dem sich nichts außer zwei
handtellergroßen, im Licht der Fackeln kupfern schimmernden Tasten befindet.
Torquemada beäugt die Konstruktion kritisch. Die Kanten der Platte sind mit
Metall beschlagen; zwischen ihnen und dem gemauerten Boden des Turms ist ein
Spalt, so dünn, dass kaum ein Finger hineinpassen würde.
„Dieser Fahrstuhl wird Euch in die Höhle bringen“, merkt der Architekt an,
während er auf die Fläche sieht. „Die linke Taste aktiviert den Mechanismus
und lässt Euch hinunter; die rechte Taste ermöglicht es, heraufzufahren. Sie
aber zu betätigen, während der Vorgang noch nicht abgeschlossen ist … nun,
ich bitte aus Sicherheitsgründen darum, von Experimenten abzusehen.“
„Wie meinen?“, fragt Torquemada, wirft ihm einen skeptischen Blick zu.
Feadorus lächelt entschuldigend. „Die Technologie ist sehr alt und wenig
genutzt. Wir wollen nicht, dass ein Unglück passiert“, haspelt er und tritt
langsam zur Seite.
„Weiter werden wir Euch nicht begleiten, Inquisitor“, sagt Darna ernst.
„Als die Zauberin Golden hinunter ist, gingen zwei Wachen mit ihr. Unten
wurden sie genauso wahnsinnig wie alle anderen und griffen die Zauberin an, so
dass sie sich verteidigen musste.“
„Entsetzlich“, brummt Torquemada … und stellt zufrieden fest, dass Darna
zustimmend nickt.
Er tritt prüfend auf den Fahrstuhl, bemerkt anerkennend, dass der massive
Steinteller nicht einmal wankt, als er einige Schritte auf ihm geht.
Schweigend winkt er seine Schüler herbei und wird etwas nachdrücklicher, als
zuletzt Arin erkennbar zögert. Schließlich zieht Dando ihn mit einem schiefen
Grinsen zu sich, und Torquemada klopft mit der Faust auf die kupferfarbene
Taste.
Ratternder, metallischer Lärm von in Bewegung geratenden Zahnrädern wird laut
und ein Ruck geht durch die Platte. Bald schallt und quietscht es im ganzen
Turm, als die Konstruktion sich von einer Sekunde auf die andere in beachtlicher
Geschwindigkeit absenkt.
„Viel Glück, Inquisitor“, sagt Darna Goldkelch mit schwerer Stimme, wirkt
müde und eigentümlich hoffnungslos.
Feadorus III nickt ihnen zu, während sie immer weiter hinunterfahren.
Minuten später fahren sie noch immer, werden von der Plattform einen
quadratischen, wie mit dem Lineal gezogenen Schacht hinuntergelassen, der so
unnatürlich wirkt, dass sein Anblick den jungen Gary Sues einen eiskalten
Schauer über den Rücken jagt.
„Wie um alles in der Welt haben sie das Ding gebaut?!“, fragt Dando
irritiert. Er muss so laut sprechen, dass die Vorstufe zum Schrei bald in seiner
Kehle schmerzt, um den Lärm des Mechanismus zu übertönen.
„Alter, das stinkt doch an allen Ecken und Enden zum Himmel“, entgegnet
Arin, blickt sich gleichermaßen nervös wie fasziniert um.
Grauschwarzer Stein formt die Wände um sie herum. Seine Oberfläche glänzt im
Licht der Fackeln wie Glas, wirkt fast, als sei der Schacht in den Berg
hineingeschmolzen worden. An zwei gegenüberliegenden Wänden wurden metallische
Schienen eingebaut: unterarmdicke Nuten, so tief, dass sie nicht vollständig
ausgeleuchtet werden, und in denen irgendetwas sein muss, das die steinerne
Platte bewegt.
Torquemada harrt wie eine Statue vor dem Podest aus. Mit geschlossenen Augen
konzentriert sich der Inquisitor auf die Leere unter ihnen.
Warme, feuchte Luft schlägt aus den dünnen Spalten zwischen Schacht und Platte
empor.
„Altah!“, ruft dann Viggo - und klingt so überrascht, dass Torquemada
aufschreckt.
Als er die Augen öffnet, sieht er gerade noch, wie ein Wald von im Fackelschein
orange wirkenden Stalaktiten über ihnen in der Dunkelheit verschwindet.
Der Schacht wird nur noch von drei Wänden gebildet. Wo zuvor massiver Fels war,
offenbart sich die endlose, sirupdicke Finsternis einer Höhle, in welcher der
Lärm der Getriebe, die den fantastischen Fahrstuhl bewegen, nur so verhallt.
Ihre Fahrt endet schließlich. Fast schon sanft kommt die Plattform zur Ruhe.
Torquemada spürt, wie eine eiskalte Schweißperle seine Schläfen hinabfließt.
Die Fahrt musste über zehn Minuten gedauert haben, und wenn der Inquisitor sich
nicht allzu sehr verschätzt, befinden sie sich hunderte Meter unterhalb des
Schlosses.
„Interessant...“, murmelt Torquemada, hebt die Rechte und entfacht
leuchtende Runen auf seinem Handschuh, die Schatten weiter zurückdrängend als
ein paar Fackeln es je könnten.
Vor ihnen liegt sich Wald aus Stalagmiten, einige kaum hüfthoch, doch andere,
weiter entfernte, dicker und höher als jahrhundertealte Eichen. Sie glänzen
feucht im Licht seiner Magie.
Ein schmaler Pfad führt darin entlang, wurde scheinbar in den Stalagmitenhain
hineingemeißelt.
„Altah, dat is wo mit da abgefuckteste Location wo isch je gewesin bin!“,
jauchzt Viggo. Er macht einen weiten Satz vom Podest und kommt leichtfüßig auf
dem Boden auf, welcher kalkig weiß und wellig wirkt.
Malik quiekt ängstlich, klammert sich fest an ihn.
„Hör auf!“, zischt er und verpasst ihm eine Kopfnuss. „Und schrei vor
allem nicht so laut. Schreie können dazu führen, dass weiter oben Stalaktiten
von der Decke abbrechen und uns erschlagen.“
„Boah“, macht Viggo gedehnt, grinst über beide Ohren. „Geil.“
Arin tritt neben ihn, hat sein Smartphone gezückt und macht ein Foto.
Schließlich ist auch Dando heran, entfacht mit zittrigen Fingern eine
Zigarette. Die Aufregung der hinter ihnen liegenden Fahrt steht ihm noch ins
Gesicht geschrieben, doch selbst er wirkt im Angesicht der schier endlos
wirkenden Höhle auf eigenartige Weise begeistert.
Torquemada steht noch immer auf der Plattform, scheint zu überlegen.
„Kommst du, Torquy...?“, setzt Arin vorsichtig an.
Der Inquisitor nickt, steigt die wenigen Stufen schließlich hinunter und sieht
sie ernst an.
„Was ist?“, fragt Arin.
Torquemada brummt nachdenklich. „Es ergibt keinen Sinn, meine Schüler“,
sagt er, klingt ungewöhnlich besorgt. „Wenn die Quelle des Wahnsinns so tief
in diesem Berg verborgen liegt … wie kann sie die Bewohner der Stadt erreicht
haben?“
Seine Schüler treten zur Seite, als er auf sie zu hält, schließlich mit vor
sich gestreckter, leuchtender Hand dem Pfad folgt.
„Ist es vielleicht, keine Ahnung, besonders intensiver Wahnsinn?“, murmelt
Arin nachdenklich, sieht im Vorbeigehen immer wieder in die teils weiten
Abstände zwischen den hohen, kalkigen Dornen und Spitzen, die sie umgeben.
An manchen Stellen führen auch natürliche Wege durch den steinernen Wald. Die
Höhle muss weit in den Berg hineinverlaufen, ist womöglich größer als das
Schloss.
Düstere Bilder schleichen sich in Arins Überlegungen, wie die Höhlendecke
einbricht, das Schloss in der Tiefe verschwindet. Blinzelnd schüttelt er die
Idee ab.
„Besonders intensiver Wahnsinn, ja“, antwortet Torquemada leise. „Das ist
wohl möglich. Vielleicht hat Eva Lilith eine … alte FF in ihrem Hexentempel;
eine, wie die MSTing-Organisation sie stets gefürchtet hat. Eine wie die, aus
der die Chaosfee befreit worden ist.“
Dando und Arin werfen sich beklommene Blicke zu.
Dem Pfad zu folgen gestaltet sich nicht schwer, auch wenn sie mehr als einmal
fast über die mehrere Zentimeter hohen Stalagmitensockel stolpern, die sich wie
Baumstümpfe immer wieder entlang des Weges, oder mitten darin, erheben.
Bald schält sich eine weitere, massive Felswand vor ihnen aus der Dunkelheit,
so hoch, dass sie nicht erkennen können, ob sie die Decke der Höhle stützt.
Verborgen hinter einem hölzernen Gatter, das so morsch ist, dass Pilze darauf
wachsen, führt ein unebener Tunnel hinein.
„Kann mir irgendeiner von euch sagen, wieso diese Königin ihr Labor
ausgerechnet hier unten eingerichtet hat?“, jammert Arin sardonisch, während
er aus zu Schlitzen verengten Augen in den pechschwarzen Tunnel späht.
Torquemada reißt das Gatter zur Seite und wirft einen prüfenden Blick hinein.
„Dieser Fels...“, beginnt er zögernd. „Er ist mit Magie getränkt. Was
auch immer wir finden, zweifellos wird es der Grund dafür gewesen sein, dass
die Hexe sich hier eingenistet hat.“
Der Schacht ist gerade breit genug, dass Torquemada quer durch ihn steigen
kann.
„Na geil“, seufzt Arin und sieht zu, wie Dando dem Inquisitor ungerührt
folgt. „Das sind ja tolle Aussichten.“
Der Tunnel ist keine fünf Meter lang. Dahinter liegt ein Raum, so quadratisch
wie der Schacht, durch den sie heruntergekommen sind, und dessen Winkel immer
perfekter wirken, je länger man sie betrachtet.
Eine steinerne Platte, genauso surreal maßgearbeitet wie der Raum selbst, liegt
auf dem Boden - und muss den viereckigen Gang, der tiefer in den Berg führt,
zuvor wie eine Art Tor verschlossen haben.
„Die Klaburiahner können das nicht gebaut haben“, stellt Torquemada fest
und wischt sich über die schweißnasse Stirn. „Den Fahrstuhl nicht, und das
hier auch nicht.“
„Ja, oder?“, sagt Dando ehrfürchtig, der hinter ihm durch den Tunnel kommt.
„Es hat so was von 'antike Kultur, lange vor der Zeit der Menschen'.“
Torquemadas Wangen zucken, während er Dando nachdenklich ansieht. „Du
könntest mit deiner Vermutung näher an der Wahrheit liegen, als du glaubst.
Womöglich ein ritueller Ort. Die Hexe muss ihn genutzt haben, um ihre Macht zu
verstärken. Wir werden sehen.“
Sie folgen dem Gang, der in Torquemadas magischem Licht fast knochenbleich
wirkt. Bald schlägt ihnen süßer, fauliger Geruch entgegen, und sie treten in
einen hohen Kuppeldom ein.
Zwei Leichen liegen nahe des Eingangs: Männer in dunkelblauen, blutbesudelten
Waffenröcken; einer mit durchgeschnittener Kehle, einer mit zerfetztem Gewand
und verbrannter Brust, der mit Magie gefällt worden sein muss.
„Altah, dat sin da Typen wo mit Golden hier war'n un so“, brummt Viggo,
verzieht schmerzlich das Gesicht.
Ihre Augen sind weit aufgerissen, ihre Zähne gebleckt; die Mienen von
Wahnsinnigen, erstarrt im Moment ihres Todes.
„Die FF ist hier...“, wispert Torquemada mit brüchiger Stimme. „Was
könnt ihr spüren, meine Schüler?“ Er hebt seine leuchtende Hand, ballt sie
zur Faust und schleudert eine schillernde Kugel in die Luft, welche meterweit
davongleitet, schließlich knallend zu einer kleinen Sonne wird, die weit oben
schwebend unter dem Kuppeldach verharrt. Von einer Sekunde auf die andere ist
der Raum fast taghell ausgeleuchtet.
Im Schein seines Zaubers offenbaren sich lange Tische, über und über beladen
mit Versuchsaufbauten aus Glas und Keramik, antiken Schriften, Gläsern und
Flaschen.
„Ich spüre gar nichts“, sagt Dando, geht langsam um einen der Tische herum.
Pergamente liegen ausgebreitet darauf, übersät von wirren Symbolen und
Schriftzeichen, die er kaum zu entziffern vermag.
„Also, isch hab Hunger un so“, knurrt Viggo. Er sieht sich etwas verloren
wirkend um, während Malik sich auf ihm aufrichtet, um weiter sehen zu können.
Arin lacht kurz. „Ich auch.“
„Torquemada meint, ob ihr den Wahnsinn spüren könnt“, seufzt Malik
resignierend. „Nein, Torquemada. Wir können den Wahnsinn nicht spüren.“
„Hm“, macht der Inquisitor gedehnt, betrachtet im Vorbeigehen ein
Sammelsurium von Gläsern und Flaschen in einem Regal, welches nahezu
deplatziert wirkend mitten im Raum steht. „Das ist gut. Die Wachen sind an
diesem Punkt noch verrückt geworden, nachdem sie dem Wahnsinn so lange getrotzt
hatten. Nur wenige können sich einer aktiven FF so weit nähern, wie wir es
tun. Selbst Darna und Feadorus müssen sehr willensstark sein. Früher, als ich
noch Mitglied der Organisation war … hätte ich euch womöglich alle
aufgenommen.“
„Macht das denn einen Unterschied? Wir tun doch auch so nix anderes, als FFs
zu MSTen“, murmelt Dando, was Torquemada ein trockenes Lachen entlockt.
„Das hier ist das Labor der Hexe. Seht, ihre unzähligen Werkzeuge und
Ingredienzien für ihre Experimente!“
Ein menschliches Skelett liegt auf einem der Tische in einer großen
Metallwanne, halb bedeckt von ölig schwarzer Flüssigkeit. „Ich bin geneigt,
alles zu verbrennen - und werde es vielleicht tun, wenn wir das hier zu einem
Ende gebracht haben. Der Bookman würde anders handeln. Er würde hier alles
leerräumen, katalogisieren und verwahren. Aber lasst euch das gesagt sein,
meine Schüler“, parliert Torquemada, während er einen Ziegenschädel von
einem der Tische nimmt und demonstrativ in die Luft hält. „Solche Dinge hier
haben in keinem Archiv etwas verloren.“
Schriftzeichen sind auf den bleichen Knochen aufgetragen worden, wirken fast wie
Tränen, die aus den leeren Augenhöhlen sickern; ein Pentagramm prangt auf der
Stirn. Torquemada lässt den Schädel angewidert auf den Tisch zurückfallen.
„Dämonische Insignien. Eva Lilith muss ihre Experimente ausgeweitet haben.
Womöglich haben sie sie ihren Kopf gekostet.“
Viggo geht an einem Regal vorbei, und Malik beäugt interessiert die zahllosen
Gefäße darin, deren wie auch immer gearteter Inhalt sich hinter der staubigen,
kalkigen Schmiere darauf nicht einmal erahnen lässt. „Wonach suchen wir
jetzt?“, will der kleine Mutant wissen. „Wie sieht so eine FF aus?“
„Das sehen wir schon, wenn wir sie gefunden haben. In vielen Fällen...“
Seine künstliche Sonne erlischt.
Der Inquisitor verstummt sogleich, hebt eine Hand, um den Zauber erneut zu
wirken … und hält in der Bewegung inne, als er den grünen Schein bemerkt,
der sich durch den Raum ausbreitet. Weite Teile der Wand gegenüber des Tunnels
leuchten, sind von zahllosen Flecken überzogen, die immer unscheinbarer werden,
je weiter die Erscheinung sich fortsetzt.
„... hast du irgendwas Komisches mit der Wand gemacht, als wir nicht
hingesehen haben, Malky?“, fragt Arin irritiert, entlockt dem Mutanten einen
frustrierten Seufzer.
„Es könnte sich dabei um einen biolumineszenten Pilz handeln. Oder
Mikroorganismen“, sagt er nachdenklich. „Torquemadas Lichtzauber muss es
angeregt haben. Was sehr seltsam ist, da hier eigentlich nichts mehr leben
sollte.“
„Ah ja“, macht der Inquisitor und nähert sich der Stelle, an der das
Leuchten am intensivsten ist, mit gemessenen Schritten.
Die Erscheinung setzt sich hinter einem hohen Regal fort, ist an manchen
Stellen, an denen es nicht mit Büchern oder Gläsern ausgefüllt ist, noch
deutlich zu erkennen - und fast genau in der Mitte entdeckt Torquemada einen
Gang, während er über eine Reihe dicker Bücher späht.
„Nebenan ist noch ein Raum“, sagt er. „Jemand muss dieses Regal vor den
Gang geschoben haben, um ihn zu verbergen.
Torquemada tritt zurück, packt das Holz so fest, dass es bedrohlich knirscht
und zieht daran, bis sich das Regal scharrend über den Stein bewegt. Einzelne
Gläser fallen heraus, zerbersten klirrend und geben stechend riechende
Substanzen frei.
Hustend tritt er von dem Aufbau zurück.
„Wer kommt denn hier runter und versperrt einen Gang?“, fragt Arin, als er
an Torquemadas Seite geeilt ist. Dando folgt ihm alsbald, und auch Viggo und
Malik lassen nicht lange auf sich warten.
Der Gang dahinter ist genauso quadratisch wie der andere, und die grüne
Erscheinung verläuft meterweit hinein.
„Vielleicht war es Golden. Oder Eva Lilith, um zu verhindern, dass der
Durchgang gefunden wird … auch wenn ich beiden spitzfindigere Tricks zutraue
als das hier“, entgegnet der Inquisitor nachdenklich. „Ich spüre etwas am
anderen Ende. Wir sind nahe.“
Noch lange bevor sie den Gang durchquert haben, wird Torquemada langsamer,
schleicht bald nur noch. Licht dringt aus dem angrenzenden Raum, und als er
schließlich in die pyramidenförmige, nahezu anstößig symmetrische Halle
eintritt, sieht er auch, warum.
Alarmiert hebt Torquemada eine Hand, bedeutet seinen Schülern,
zurückzubleiben.
Violette, in gespenstischem, inneren Feuer erglühende Symbole überziehen die
Wände, verlaufen fast wie Zeilen aus Worten einer unklaren Sprache an ihnen
entlang, bis hinauf zum Ende der spitz zulaufenden Decke. Jede Zeile führt
komplett über den Boden und die schrägen Wände, bildet für sich allein
betrachtet ein Dreieck.
„Halt“, zischt der Inquisitor, tritt vorsichtig ein.
Ein ungewöhnliches Gefühl von Schwere überkommt ihn, je weiter er den Saal
durchquert und sich dem eckigen Altar nähert, welcher genau in der Mitte aus
dem Fels regelrecht herausgemeißelt zu sein scheint.
Darauf...
„Kommt nicht herein!“, ruft Torquemada aufgebracht, als ihm klar wird, dass
sie die FF gefunden haben. Seine Stimme verhallt noch sekundenlang zwischen den
schrägen Wänden, klingt bald so fremd, als habe eine andere Person sie
ausgesprochen.
Die magiegetränkten Zeilen sammeln sich auf der Oberfläche des Altars, laufen
dort ringförmig zusammen und werden zu einer Spirale. Im Zentrum des Symbols
liegt ein schwach leuchtender Stapel Papier, akkurat aufgetürmt; die oberste
Seite übersät von hauchfeinen, in ungeheuerlicher Energie erglühenden
Linien.
Torquemada versucht sie zu entziffern, während er sich langsam nähert.
„Ist das die FF?“, ruft weiter hinten Dando.
Der Inquisitor antwortet ihm nicht, geht einfach weiter, bis er vor dem Altar
steht und auf den Papierstapel blickt. Angespannt betrachtet er die FF, versucht
sekundenlang, das Gekrakel auf der ersten Seite zu lesen.
Bald beginnt die Schrift, vor seinen Augen auf und ab zu tanzen, noch heftiger
und schneller am Rand seines Sichtfeldes, und Momente später ist nur noch ein
winziger Punkt genau im Zentrum seines Blickfeldes nicht in unstete Bewegung
geraten. Torquemadas Pupillen zucken herum, konzentrieren sich auf eine andere
Stelle der Seite - die völlig still hält, und stattdessen bewegen sich die
Worte, die er davor noch lesen konnte.
Die FF zerrt an seinem Geist, wirkt beinahe so sanft wie ein um Einlass
bittendes Kätzchen, welches sich mit samtigen Pfoten an einer geschlossenen
Tür bemerkbar zu machen versucht; doch Torquemada spürt, dass die Krallen der
Katze aus Wahnsinn bestehen.
Eiskalter Schweiß fließt seine Stirn hinab, und bohrende Schmerzen machen sich
in seinem Kopf bemerkbar, werden von Sekunde zu Sekunde stärker. Seine Sicht
verschwimmt; unnatürliche Dunkelheit umschlingt ihn. Bald ist er sich seiner
Umgebung nicht mehr gewahr, sieht nur noch auf und ab tanzende, geisterhafte
Texte, die sich aus dem Papier lösen, in die Luft erheben und um ihn
herumfliegen wie Motten, die zu einer Fackel gezogen werden.
Der Wahnsinn, der von dieser FF abstrahlt, von ihr ausgeht wie eine
überweltliche, kaum zu fassende Aura, ist selbst für den Inquisitor
ungeheuerlich.
Worte erklingen in seinem Geist, sind von einer Sekunde auf die andere einfach
da: Ein wirrer Kanon aus hohen und tiefen Stimmen, flüsternd und schreiend
zugleich.
"Herr kaiba ,ich bitte sie Aria ja??,sagt Aria
Seto nickt.
…
,sagt Seto sich.
Eine halbe stunde später "Guten Morgen". sagt Aria als sie eintrett. "Guten
Morgen".erwiedern Seto und Moki.
…
Als Moki im Zimmer bei Seto ankommt erzählt er Seto das erfahrende. "Das hab
ich mir fast schon gedacht." meint Seto.
Doch Moki sagt eben :"Gute Nacht". Und dann war er auch schon verschwunden. Seto
lag lange wach 2stunden noch bis er endlich einschläft.
Torquemada stöhnt gepeinigt, als die Stimmen in seinem Geist verhallen. Er
kneift die Augen zu, nur um alarmiert aufzuschrecken; zu gewahren, dass die
leuchtenden Zeilen nicht verschwinden.
Ich kanns nicht verstehen, warum mag mich dieser Seto Kaiba nicht.
Sein Bruder mag mich aber Seto nicht, dachte Aria als sie auf in den dritten
Stock ging. Die einzige Möglichkeit vllt aufmerksamekeit von ihm zu bekommen
wäre ein Dueall
...
Prof. Dumbeldor. Ich habe Seto Kaiba im Duell geschlagen." "Schön, Aria. Aber
geh noch ein bisschen mit Seto spielen ja?"
…
Albus nimmt den Kopf hoch und sah Aria in die Augen:" Machnmal kann man sich
nicht aussuchen, wann das Tier stirbt." "Professor, sie sagten doch das ihr
Vogel so lange Lebt...." "....Wie sein Besitzer, ja ich weiß was ich gesagt
habe. Er worde Vergifte wenn ich nciht das gegengift finde ist er wohl zum Tode
verdammt."
…
Kamen die Schüler der Jahrgangs Stufe 3 zum Lehrertisch auf Aria zu. Ein
Schwarzharriger Junge und ein Rothaariger Junge standen driekt vor Aria. "Hmm,
Miss Slava. Sie haben gestern nicht gesagt wo sich die Schüler treffen solln."
Torquemada saugt scharf Luft ein, will etwas sagen. Doch noch ehe er auch nur
eine Silbe formen kann, geschieht es schließlich: Der Wahnsinn bricht über ihn
herein.
Schreiend sinkt der Inquisitor vornüber, fängt sich polternd und lärmend auf
dem Altar ab.
„Torquemada!“ Dandos Schrei wird vielfach von den Wänden reflektiert - doch
der Inquisitor bemerkt es nicht einmal.
Kap.6 Severus Snaps Vergangenheit
Diese Kap muss nicht gelsen werden
da gehts nur um die Beziehung von Severus und Arias Mutter
auserdem erfährt man noch mehr über Aria
...
Albus wollte das Arias Mutter bekannte geben würd. Was Severus aber nicht
wollte, nach einem Albtraum war er bei Aria im Zimmer und würde von einem
Schrei geweckt.
...
Ich bin nur auf einen Hundgeruch gestoßen." "Ein wilder Hund würd von den
Tieren im Wald gefressen." "Sollten wir es Harry erzählen??" "Nein Aria. Lass
ihn träumen. Dort ist er sicher."
Schweiß tropft auf die steinerne Oberfläche, auf die FF. Er zieht sofort in
deren staubtrockenen Seiten ein, lässt dunkle Flecken zurück.
Torquemada stöhnt gequält, wirft sich herum und ringt nach Luft. Immer mehr
Worte erscheinen in seinem Geist und jedes einzelne von ihnen brennt sich in ihn
hinein, reißt tiefe Narben in seine Seele; öffnet Wunden, die gerade so
verheilt waren.
Er ballt eine Faust, hämmert damit auf den Altar; der Schrei, der seiner Kehle
entweicht, überschlägt sich fast vor Agonie.
„Torquemada!“, schreit hinten Dando, rennt los - doch noch ehe er auch nur
einen Fuß in die Pyramide setzen kann, fährt der Inquisitor herum und deutet
beschwörend auf ihn.
„Kommt nicht näher!“, gellt er; blutige Tränen laufen über sein Gesicht.
Es war Abend und Seto sah in der Großen Halle. Seto flieh auf das Albus nervös
war. Nur Minvera und Aria war noch nicht da.
...
Kapitel 9: Leben und Tod- Gleichgewicht auf Hogwarts
Leben und Tod- Gleichgewicht auf Higwarts
Begleitet von einem infernalischen Schrei lodert eine flammende Aura um
Torquemada herum auf, lässt in Bruchteilen von Sekunden den Schweiß auf seiner
Stirn und die Tränen auf seinen Wangen verdampfen.
Er brüllt; mobilisiert all seine Kraft, um den Irrsinn, der an jeder Faser
seines Geistes nagt, zurückzudrängen.
"Albus, bitte. Meine Narbe.Mein Rücken." Albus lies sie sofort los. "Setz dich.
Und erzähl was ist passiert??" Aria setzte sich. Sie atmete einmal durch und
fing an zu erzählen. "Also, ich flog in Alder Gestahlt nach Spanien. In Spanien
sprühte ich Gefahr.
...
Er wollte zu ihr. Es war Sonntag. Daher leifen ihm wenig Schüler über dem Weg.
Aber die ihm übern Weg liefen, waren in ihrem Büchern verschwunden. Er tart in
den Krankenflügel ein.
...
"Ich hab dich beobachte, das was du Tanz ist ein Paartanz. Ich wollt dich sowie
so fragen. Wollen wir zusammen auf den Weihnachtsball." Aria war überrascht.
...
Mokuba saß im Gyffendor Gemeinschaftsraum.
…
„Nein!“, schreit Torquemada, hämmert immer wieder auf den steinernen Alter.
„Niemals!“
Seine feurige Aura wird immer heller, doch die Flammen, die wie gierige Zungen
über die FF lecken, fügen dem Papier nicht den geringsten Schaden zu. Sie
perlen an einem Wahnsinn, der das Gefüge der Dimensionen selbst erzittern
lässt, ab wie über Glas fließendes Wasser.
„Ich werde nicht wanken!“, donnert Torquemada mit vor Schmerz bebender
Stimme.
Vor Schreck und Angst erstarrt verfolgen die Jungs, wie der Inquisitor gegen die
FF anhält.
Etwas in Arin zieht sich zusammen. Er hätte nicht für möglich gehalten, dass
jemand wie Torquemada, ein Hüne von einem Mann und eine der
unerschütterlichsten Personen, die er jemals traf, dermaßen in die Knie
gezwungen werden könnte.
Maliks Gesicht verzerrt sich vor Pein, während er immer wieder versucht, mit
mentalen Fühlern in Torquemadas Geist einzudringen, um ihn zu unterstützen -
doch er schafft es nicht; vermag nicht, die Klammer aus Wahnsinn zu
durchdringen, die den Inquisitor umschlungen hält.
Mit einer zittrigen Bewegung setzt Arin einen Fuß vor. Viggo reagiert noch in
derselben Sekunde und hält ihn zurück.
„Altah... Wia könnin nischt mach'n!“, ruft er verzweifelt.
„Aber wir müssen etwas tun!“, schreit Arin, blickt mit weit aufgerissenen
Augen zwischen dem Inquisitor und seinen Freunden hin und her.
Das Licht verschwandt ein jungs Mädchen stand vor Seto.
"A....A....Aria??" "Was ist??" "Du guck dich an..." Aria hob eine Hand, sie
schrie auf. Das war nicht die Pfote sondern eine Menschlichhand.
…
Sie hatte garnicht bemerkt wie ihr Vater das Zimmer betrat. "Hey Aria, warum
bist du den so Glücklich?" fragte Severus lachenden.
…
Minvera stand auf und nahm den Hauspokal als Vertreterin von Gryffindor
entgegen. "Lasst das Festmahl beginnen!!" Seto blickte kurz zum Gryffindor
Tisch. Mokuba feierte den Sieg von Gryffindor.
…
Ein hellbrauner Falke flog über Tokio. Aria wusste wo Seto lebt.
…
Seto blickte sich überrascht um. Die Wachen rannten nach draußen, als hätten
man es ihnenen so beflohen.
Aria kam in Hogwarts an. Gerade als Lord Voldemort alle zeigte wie "feige" Harry
war.
…
Zu den anderen Toten. Harry, Hermine und Ron kamen auf Seto zu.
...
"Seto??Schatz?" Aria trat in die Villa. "Aria, na wieder da, von der Arbeit?"
Aria nickte. Aria arbeite als Untersekretärin vom Minister. Täglich apperierte
sie zum Ministerium.
Glücklich waren beide.
…
Torquemada reißt einen Arm in die Höhe und schreit aus voller Kehle.
Die Bilder vor seinem geistigen Auge flackern in immer schnellerer Folge auf und
ab; ein Furry-Wolf mit großen Brüsten, Seto Kaiba, Severus Snape und weitere.
Das OoC, das von den Seiten ausgeht, raubt ihm fast die Sinne; die Sueigkeit der
Sue ist wie ein schwarzes Loch, so verheerend, dass es die Logik selbst aus dem
Multiversum herausreißt, gewaltsam in sich aufsaugt und auf jetzt und immerdar
verschlingt.
„Sie ist es!“, ruft Torquemada mit bebender Stimme. Erneut sickert ein
Schwall blutiger Tränen aus seinen geröteten Augen und verdampft zischend in
der feurigen Aura, die ihn umgibt. „Wir haben die FF gefunden!“
Mit einem triumphalen Schrei schmettert Torquemada seine Faust auf den Altar,
begräbt die Seiten darunter. Die in seinen Handschuh eingeätzten Runen
erglühen in reinstem Licht, erhellen die Pyramide wie ein Blitz, der in einer
stockdunklen Nacht aufflackert.
Ketten aus goldenen Symbolen wirbeln um seine Hand herum, als er fast
krampfartig die FF packt; dieses unsägliche Schriftstück aus den Tiefen des
Irrsinns, welches so böse ist, dass es nicht existieren dürfte, empor und in
die Luft reißend.
Jede einzelne Seite wird von einem tosenden Sturm erfasst und herumgewirbelt,
von den Ketten durchschlagen wie von Harpunen, die ein infernalisches Ungeheuer
traktieren.
Torquemadas entfesselte Magie ist so gewaltig, dass die davon ausgehenden
Druckwellen die Jungs zurück in den Gang drängen. Schreiend und ächzend
sinken sie dort auf die Knie, müssen einander festhalten, um nicht wie Laub im
Wind davongeweht zu werden.
Und so mächtig muss Torquys Magie auch sein, weil diese FF halt eins der
abgefucktesten Scheißdinger ist wo gibt. #schwör
Schließlich ist die letzte Seite verkettet, und die unheimlichen Symbole,
welche die Pyramide ausfüllen, erlöschen eins nach dem anderen.
Torquemadas flammende Aura erstirbt. Stöhnend und schweißgebadet fällt der
Inquisitor hintenüber, geht polternd zu Boden.
Ein Lächeln umspielt seine faltige Mundwinkel, als sich der Wahnsinn aus seinem
Geist zurückzieht - so wie er sich just in diesem Moment auch aus Klaburiah
zurückzuziehen beginnt.
„Altah!“, ruft Viggo entsetzt, der plötzlich neben ihm in die Hocke geht,
dicht gefolgt von Dando und Arin. Schließlich eilt auch Malik mit tapsigen
Schritten herbei, legt ihm beide Hände um den Kopf und beginnt, ihn zu heilen.
Gemeinsam helfen sie Torquemada hoch und stützen ihn, bis er sich in seiner
schweren Rüstung setzen kann.
„Seht“, sagt er geschwächt, deutet auf die FF, die wie eine Sphäre über
dem Altar schwebt: ein Sturm von Blättern, im Zaum gehalten von magischen Runen
und Lichterfesseln. „Ich habe sie gebannt.“
„Torquy, das war unglaublich! Du hast es geschafft!“, ruft Arin und lächelt
vor Erleichterung.
„... noch nicht“, wehrt Torquemada ab, schüttelt müde den Kopf. „Noch
nicht. Als nächstes … müsst ihr sie MSTen.“
Einige Zeit später haben sich die Jungs in der mehrstöckigen Bibliothek des
Schlosses eingefunden. Sie ist düster und voller hoher Regale, alten Möbeln
und kleinen Tischen.
Torquemada hat man auf ein Zimmer gebracht, wo er ruhen muss. Ausgelaugt durch
eine der miesesten FFs, die das Multiversum je gesehen hat, war der Inquisitor
zuletzt kaum mehr ansprechbar; schleppte sich fast katatonisch durch die
verwinkelte Tropfsteinhöhle unter dem Schloss, nur um zusammenzubrechen, kaum
dass er einen Schritt auf den Fahrstuhl tat.
„Okay, und jetzt...“, murmelt Arin. Er lässt seinen Blick nicht von einem
kleinen Gerät vor ihm ab, das fast wie ein Spielzeug-Ufo wirkt.
Darüber schwebt die FF in der Luft. Als er einen Knopf drückt, flackern
zahllose Leuchtdioden auf der metallischen Oberfläche des Apparates auf,
piepsen und summen beständig.
„Und das soll … wie genau funktionieren?“, fragt Dando skeptisch.
Arin zuckt nur unschlüssig mit den Schultern. „Na ja? Muss wohl?“,
antwortet er, erhebt sich von dem blutig roten Sofa und huscht zu einem abseits
stehenden Regal, wo sie ihre Taschen und Mäntel abgelegt haben. Er macht sich
daran, etwas zu suchen.
„Altah, isch glaub, wia könnin nisch längur davor weglauf'n un so“, sagt
Viggo, der nachdenklich zur FF sieht.
Arin nickt verhalten, kramt weiter in seinen Taschen, dann in einem Rucksack.
„Wo hab ich es denn nur...“ Schließlich holt er eine kleine Blechbox
hervor, die er aufklappt, noch während er schief grinsend zu den anderen
zurückkehrt.
„Glaubt ihr, er fällt darauf rein, wenn wir sagen, dass wir es vergessen
haben?“, fragt Malik und besieht neugierig den Inhalt des Kästchens.
Darin sind vier schlichte, schwarze Headsets. Zögernd greifen sie die Geräte,
um sie hinter ihren Ohren zu befestigen.
„Selbst wenn nicht“, hebt Dando an, der bereits mit unsicheren Fingern nach
einem Knopf sucht, mit dem das Headset aktiviert werden kann. „Es hat doch
keiner ernsthaft geglaubt, dass er uns irgendwie nützlich sein kann? Wozu also
sein Gequatsche ertragen?“
Spitze, knisternde Laute dringen einen Moment lang in ihre Ohren, als sie die
Headsets einer nach dem anderen aktivieren.
Sekundenlang herrscht beinahe bleiern schwere Stille in der Bibliothek.
„Uhm … hallo?“, sagt Arin. „Brilly?“
Die Headsets knacken - und die aufgebrachte Stimme, infernalischer als jede FF
es je sein könnte, schmerzt so sehr in den Ohren der Gary Sues, dass sie
gepeinigt die Augen zukneifen müssen.
„Mission Operator Brilly, wenn ich bitten darf, gell? SAKRA ABER AUCH!“
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