Die Kräfte in dir von secret_of_stars ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Ich wollte nicht verstehen, was vor meinen Augen gerade passierte. Zitternd schaute ich auf meine Hand. Blut lief an meinen Fingern herunter und ich schüttelte die Tropfen schnell weg. „Yuri!“ Ich beugte mich langsam zu ihm hinunter, um seine Atmung zu überprüfen. Doch meine eigenen schnellen Atemzüge übertönten jeden anderen Ton. Ich versuchte mich zu sammeln und lauschte erneut. Dann hörte ich, wie Yuri schrecklich langsam einatmete. Kurz war ich erleichtert, was aber im nächsten Moment gleich wieder verflog. Mir wurde bewusst, wie hilflos ich gerade war. Ich streckte die Hände aus und konzentrierte mich, so wie Yuri es mir beigebracht hatte. Grünes Licht flackerte auf. Ich wusste, dass ich solche Verletzungen unmöglich heilen konnte, aber ich versuchte die Blutungen zu stillen. Außerdem schloss ich die kleineren Wunden. Plötzlich begann Yuri zu husten. Blut lief ihm aus den Mundwinkeln, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. Wir mussten hier irgendwie weg. Wenn sich Yuri Zustand weiter verschlechtern würde, dann wäre jede Hilfe zu spät. Die Frage war nur wie. Selbst wenn wir aus dieser Zelle kommen würden ohne bemerkt zu werden, müssten wir erst noch einen Weg zurück in die Standart-Dimension finden. Die Verbindung von Yuri zu Yuya konnte ich als Außenstehende nicht nutzen, das war so gut wie unmöglich für mich. Kurz vergaß ich Yuri und die Zelle um mich herum. Ich hatte den Aufbau der Akademie zwar genau studiert, aber es schien keinen Weg nach draußen zu geben. Nach einer Stunde gab ich es auf. Jeder meine gedanklichen Wege führte in eine neue Sackgasse. Langsam wurde es kalt. Mir war kalt, aber ich hielt es aus. Ich schaute zu Yuri. Im Gegensatz zu mir zitterte er bereits. Ich legte meine Hand auf seinen Arm. Yuri war ganz kalt, weshalb ich kurzerhand beschloss ihm den Mantel zu geben, denn ich eigentlich zur Deckung an hatte. Seinen hatte er bestimmt während des Kampfes verloren. Ich spürte sofort wie sich meine Haare aufstellten und mich ein Schauer überkam, als mich dem wärmenden Stoff entledigte. Aber ich musste da jetzt durch. Yuri brauchte diese Wärme nun mehr denn je. Trotz der Kälte versuchte ich etwas Schlaf zu finden, doch die Sorge um Yuri war zu groß. Ich dachte an die Verbindung von der Yuri mir erzählt hatte. Vielleicht sollte ich es einfach versuchen. Vorsichtig holte ich die Karte aus seiner Tasche. Ich schaute auf die Rückseite, aber das Gefühl, dass mich Yuto beobachtete, spürte ich trotzdem. Nach einigen Momenten drehte ich die Karte um und spürte einen Stich in meiner Hand. Instinktiv ließ ich die Karte fallen. Irritiert schüttelte ich meine Hand. Yuto hatte vorher doch auch nicht so aggressiv reagiert. Yuri hustete erneut und ich nahm die Karte erneut in die Hand. „Yuto.“, sagte ich leise, „Ich weiß, dass wir uns gerade erst mehr oder weniger kennengelernt haben, aber ich will Yuri helfen. Er ist verletzt und ich kann ihm alleine nicht helfen. Kannst du uns zurückbringen?“ Erst passierte nichts, doch dann spürte ich wieder einen Stich, diesmal etwas kräftiger. Ich seufzte. Was nun? Meine Gedanken wurden durch das Klimpern eines Schlüssels unterbrochen. Zu meiner Enttäuschung war es niemand, der uns retten wollte. Ich stellte mich vor Yuri. „Was wollt ihr?“, fragte ich und ich merkte, wie die beiden Duellsoldaten kurz wegen meiner orange leuchtenden Augen zuckten. Ohne etwas zu sagen, zerrte mich der eine beiseite. Ich wehrte mich heftig, doch ich war noch nicht wieder ganz fit. Hilflos musste ich zusehen, wie der andere Yuri aus der Zelle schleifte. Ich wurde in die Ecke geschubst. Bevor ich die Tür erreichen konnte, war sie auch schon wieder fest verschlossen. Wütend hämmerte ich gegen das Holz. „Kommt zurück! Lasst ihn in Ruhe! Nehmt mich!“ „Keine Sorge. Für dich haben wir etwas Besonderes vorbereitet, aber nicht jetzt. Er wird uns sagen, wie wir den Willen seines Bruders brechen können.“, kam es von der anderen Seite. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste, dass Yuri nichts über die Verbindung verraten würde, aber sie würden ihn sicherlich auf irgendeine gemeine Art erpressen. Hilflos schaute ich ihnen durch das kleine Gitter in der Tür hinterher. Irgendwie war ich enttäuscht von mir. So wie mich Yuri trainiert hatte, wäre es eigentlich kein Problem gewesen die beiden zu überwältigen. Warum hatte ich nicht getan, um sie aufzuhalten? Innerlich verfluchte ich mich für meine Dummheit. Es war meine Schuld, dass sie jetzt Yuri hatten. Wie sollte er sich mit solchen Verletzungen denn wehren? Wütend lief ich in der Zelle auf und ab. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was sie mit Yuri gerade anstellten. Ich musste hier raus, zusammen mit Yuri. Unser Vorhaben war fehlgeschlagen. Mit Yuri in diesem Zustand war es so gut wie unmöglich Yuya noch irgendwie zu retten. Schließlich setzte ich mich unzufrieden auf den kalten Boden. Ich holte Yuris Karte heraus. Grimmig schaute ich sie an. Als Antwort bekam ich wieder einen sehr unangenehmen Stich zu spüren. „“Warum hilfst du uns nicht?, sagte ich und versuchte erneut mit Yuto Kontakt aufzunehmen. Gab es denn gar nichts, was ich tun konnte? Gar nichts? Egal, wie sehr ich es versuchte, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich stand auf und stellte mich wieder vor die hölzerne Tür. Durch die Gitterstäbe spähte ich hinaus auf den Gang. Rechts ging es wohl in eine Art Labor. Yuri und Yuya waren dort. Beim Gedanken an ein Labor lief mir ein Schauder über den Rücken. Ich schaute nach links, in die Richtung, wo Yuri und ich hergekommen waren. Außerdem schien es unser einziger Fluchtweg zu sein. Von dort kamen auch gerade zwei Wachen. Als sie näher kamen, warf ich ihnen einen wütenden Blick zu. Aber anstatt das sie weitergingen, machten sie vor meiner Zelle halt. Toll. So würde ich ganz sicher nicht mehr erfolgreich aus dieser blöden Zelle kommen. Ich fluchte laut. Von draußen kam ein lautes „Ruhe!“ Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Darauf warten, dass man Yuri wieder herbrachte und er hoffentlich noch so viel Kraft hatte, um uns zurückzubringen. Die Zeit verging. Ich wusste nicht, ob langsam oder schnell, was in dem Moment auch ziemlich egal war. Ich hatte mich in eine der Ecken der Zelle zurückgezogen und stützte meinen Kopf auf meinen angewinkelten Beinen ab. Es war still, für meinen Geschmack zu sehr. Doch dann drang etwas an mein Ohr. Da ich es nur flüchtig wahrgenommen hatte, ignorierte ich es. Das bilde ich mir nur ein, hatte ich mir gesagt. Aber das Geräusch erschien ein weiteres Mal. Erst ganz leise, doch es wurde lauter. Entsetzt erkannte ich, was das für ein Geräusch war: Schreie. Das Problem war, dass es nicht irgendwelche Schreie waren. Sie waren durch und durch von Schmerzen erfüllt. Und das Schlimme an diesem Problem: es waren Yuris Schreie. Erschrocken und gleichzeitig entsetzt, sprang ich auf. Ich sah, wie die Wachen ebenfalls die Ohren spitzten und lauschten. Beide entspannten sich aber wieder, als sie merkten, dass sie aus der Richtung des Labors kamen. Kurz war ich wie gelähmt. „Oh Gott.“, sagte ich unfreiwillig laut. Ich stellte mich erneut an die Tür. Ich rüttelte an ihr und schrie gleichzeitig nach Yuri. Natürlich wollten die beiden Duellsoldaten das nicht dulden. „Wenn du nicht sofort in eine Karte verwandelt werden willst, sei lieber still!“ Ich wich zurück. Nein, ich konnte es nicht ertragen! Aber mir waren die Hände gebunden. Mit den Händen auf den Ohren, versuchte ich mich von den schrecklichen Schreien abzuschotten. Das klappte aber nur, bis Yuris Schreie lauter wurden. Ich drückte die Handflächen fester an mich, doch statt einem schienen nun zwei verschiedene Personen zu schreien. Kein Zweifel, dass musste Yuya sein. Ich hielt diesem Chor der Schmerzensschreie nicht mehr stand. Verzweifelt warf ich mich gegen die Tür, ein erbärmlicher Versuch sie zu öffnen. „Lasst mich raus!“ Ich schrie und kämpfte im selben Augenblick gegen die Tränen. Ich musste ihnen helfen. Jetzt sofort! Meine Fäuste donnerten gegen das Holz, welches unter jedem Schlag heftig bebte, aber standhielt. Genervt drehten sich meine beiden Aufpasser um. Der eine wollte schon etwas sagen, aber ich schnitt ihm einfach das Wort ab. „Lasst mich gefälligst raus!“, brüllte ich ihn an. Ein Schlüssel klimperte und die Tür öffnete sich. Das war meine Chance! Ich stürmte auf die Wachen zu. Ja, ich war durch Yuris Training schnell und beweglich geworden, aber gegen die Duellsoldaten schien das nicht zu reichen. Mit Leichtigkeit hielten sie mich von der Flucht ab. Ich wehrte mich unter Leibeskräften und biss dabei einem in die Hand. Fluchend zog dieser sich zurück und ich versuchte den anderen auch noch von mir abzuschütteln. Doch der ließ sich nicht so einfach von mir überrumpeln wie sein Kamerad. Schnell verdrehte er mir den Arm, sodass ich hilflos in seinem Griff war. „Das reicht jetzt!“, sagte er. Obwohl mein Arm dabei höllisch schmerzte, wehrte ich mich weiterhin. Doch bevor ich wirklich etwas erreichen konnte, spürte ich einen kräftigen Schlag im Genick. Sofort knickten meine Knie ein und ich fiel mit voller Wucht auf den Steinboden. Nein! Nein! Ich weigerte mich aufzugeben, doch meine Gegner drückten mich zu Boden. Das war meine einzige Chance gewesen Yuri und Yuya zu helfen. Langsam nagte die Schwärze an meinem Sichtfeld. Ich vernahm noch kurz erneut Schreie, dann verebbte der Schmerz und die Dunkelheit verschluckte mich. Langsam öffnete ich meine Augen. Meine Sicht war noch sehr unscharf, weshalb ich mehrere Male angestrengt blinzelte. Ich setzte mich auf. Mein Genick tat noch etwas weh, aber es war nichts, was ich nicht ignorieren konnte. Ein qualvolles Stöhnen von der anderen Seite der Zelle, ließ mich zusammenfahren. „Yuri?“, fragte ich in die Dunkelheit. Ich bekam keine Antwort. Vorsichtig und auf allen Vieren näherte ich mich der Quelle des Geräusches. Als ich gegen etwas stieß, streckte ich meine Hand aus, um vielleicht etwas ertasten zu können. Ich bekam ein Stück Stoff zu fassen, ließ es aber sofort wieder los. In diesem Moment schien sich der Nebel vor meinen Augen zu lichten. Die Person, die vor mir lag war ohne Zweifel Yuri. Er sah noch schlimmer zugerichtet aus als vorher. „Yuri.“ Ich hätte ihn am liebsten wachgerüttelt, aber mit den ganzen Verletzungen war das wohl nicht gerade die beste Idee. Wenigstens kam er mir trotz der Verletzungen etwas lebendiger vor. Trotz der offensichtlichen Schmerzen, versuchte Yuri seine Atmung unter Kontrolle zu halten. Ich hatte ihn noch nie so angreifbar gesehen. Sonst war er immer so stark, jetzt konnte er sich nicht einmal verteidigen, selbst wenn er es wollte. Mir fiel nichts anderes ein, als ein weiteres Mal auf meine Kräfte zurückzugreifen und ihn wenigstens etwas zu heilen. „Das wird jetzt kurz weh tun.“, warnte ich Yuri, obwohl ich mir nicht sicher war, ob er mich überhaupt hörte. Mit größter Vorsicht drehte ich ihn auf den Rücken, wo sich mir das volle Ausmaß der Verletzungen zeigte. Fast jeder Zentimeter seiner Kleidung war mit Blut durchtränkt und ich fluchte bei dem Anblick. Ich musste mich korrigieren: Yuri sah mehr tot als lebendig aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)