Alice hinter den Spiegeln - Die tiefgründigste Fortsetzung ever von Drachenprinz ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 - Mittagskrieg ----------------------------------- Der Weg zu Marilyns königlichem Heim-Bezirk erwies sich als deutlich weniger kompliziert als er es in Erinnerung behalten hatte. Zum Teil lag es wahrscheinlich daran, dass die Königin höchstpersönlich ihn führte. Zu einem sicherlich nicht unwesentlichen Teil aber auch daran, dass Humpty Dumpty, das Ei der Gerechtigkeit, nicht mehr als Wächter im Labyrinth tätig war und ihn dreist von der Seite vollschwafelte. Genau genommen war Humpty Dumpty auch ansonsten in keinster Weise mehr tätig – seit Alice ihn damals, gnadenlos wie er war, mit einem gezielten Wurf zur Strecke gebracht hatte. Bis heute war niemandem bewusst, dass es kein Tod mit natürlicher Ursache gewesen war. Seit dem letzten Mal hatte die Kulisse um ihn herum kein bisschen von ihrer Pracht verloren; im Gegenteil. Jetzt, wo er wieder hier war, machte es ihn sogar ein wenig sentimental, zu sehen, dass sich fast alles noch am selben Platz befand wie vor einem Jahr – in einer derart wunderlichen Umgebung wäre es schließlich nicht erstaunlich gewesen, wenn das gesamte Land sich aus einer Laune heraus komplett verändert hätte. Trotzdem wandte er den Blick immer wieder ab, um zwanghaft an sich herunterzuschielen. Das demolierte Brautkleid, das er zuvor hatte tragen müssen, hatte Marilyn ohne Umschweife mit nichts weiter als einem Fingerschnippen durch einen neuen grandiosen Fummel ersetzt, noch bevor sie den Irrgarten betreten hatten. Zugegeben, das hautenge und mit diversen Schnallen verzierte Leder-Outfit war ganz nach seinem Geschmack. Jedoch fragte er sich allmählich ernsthaft, ob irgendein tieferer Sinn dahintersteckte, wenn Marilyn ihm erst ein Gewand zum Anziehen überreichte, dann in Sekundenschnelle eines mithilfe seiner magischen Kräfte herbeizauberte und schließlich ankündigte, dass er kurz sein Gemach aufsuchen müsse, um sich ebenfalls umzuziehen. Es würde wohl eines der vielen Mysterien bleiben, die der Aufenthalt im Wunderland nun einmal mit sich brachte. „So... Da wären wir!“, trällerte Marilyn, als sie das Labyrinth verlassen und den Hof erreicht hatten. „Du kennst dich hier ja bereits aus. Leider ist der ursprüngliche Zustand des Eingangsbereiches noch nicht vollständig wiederhergestellt. Es war eine Menge Arbeit, alles wieder aufzubauen, nachdem die Hammer-Armee die Wände meiner schönen Empfangshalle eingerissen hatte... Ich hoffe, du entschuldigst das.“ „Kein Problem“, antwortete Alice, während er sich ein Stück nach vorn lehnte, in dem Versuch, die drei Personen, die zusammen vor dem Schlosstor zu warten schienen, besser erkennen zu können. Eine von ihnen war Wache Nummer Eins, das stand außer Frage. Die anderen beiden in der gold-gelben und der orange-roten Rüstung waren ihm allerdings fremd. „Habt Ihr zwei neue Wachen? Die waren beim letzten Mal noch nicht da, oder?“ „Ja und nein“, erklärte Marilyn. „Bei deinem letzten Besuch hatte ich nur zwei von der Sorte, das stimmt. Es sind... neue alte Wachen, sozusagen. Warum sprichst du nicht selbst einmal mit ihnen? Sie sind sicher ganz wild darauf, ihren neuen König richtig kennenzulernen.“ „Ist das so?“ Ein wenig irritiert über Marilyns Worte – schließlich hatte er, wenn Alice sich recht entsinnte, damals versprochen, keine weiteren Berühmtheiten mehr ins Wunderland zu rekrutieren – trat er auf die drei Wächter zu, ahnte jedoch bei genauerem Hinsehen, was die Königin mit 'neue alte' gemeint hatte. Von Weitem war ihm doch tatsächlich entgangen, dass es sich bei den beiden in Gelb und Orange nicht, wie er reflexartig angenommen hatte, um Männer handelte. Jedenfalls machten sie einen etwas weiblicheren Eindruck auf ihn als Wachmann Purple, der, wie gewohnt, mit ernstem Gesicht den Türsteher spielte. „Hey, sieh mal einer an!“, hauchte eine von ihnen – die Wächterin in Gelb – mit dunkler Stimme. „Unser adliger Neuzuwachs ist hier... und er ist mir jetzt schon sympathisch!“ „Halt dich zurück, Wache Nummer Vier“, mahnte die Andere – eine androgyne Erscheinung mit kurzen roten Haaren; offenbar Annie Lennox – gespielt streng. „Wir sind hier bei der Arbeit. Beherrsch dich ein kleines bisschen.“ „Spielverderberin!“, flüsterte die Erste breit grinsend. Alice lächelte verführerisch zurück. „Darf ich vorstellen?“, sagte Marilyn. „Wache Nummer Drei und Wache Nummer Vier. Sind sie nicht bezaubernd? Wache Nummer Eins kennst du ja schon.“ „Herzlich willkommen am Hof, Majestät“, meldete sich nun auch besagter Wachmann zu Wort, ohne eine Miene zu verziehen. Die angedeutete Verbeugung, die er dabei vollführte, hatte etwas Mechanisches an sich. „Falls Ihr damit mich meintet: Vielen Dank!“, erwiderte Alice und fügte dann an die Damen gewandt hinzu: „Nett, eure Bekanntschaft zu machen. Lasst euch nicht allzu sehr von mir ablenken!“, was diese mit einem leisen Kichern beziehungsweise einem kühlen Lächeln quittierten. „Wo ist Wache Nummer Zwei?“, fragte Wächterin Lennox an Marilyn gerichtet. „Nur aus Interesse. Nicht dass wir noch mehr Verstärkung bräuchten... Hier ist sowieso nichts los.“ Marilyn drehte sich kurz in Richtung Heckenlabyrinth, als würde er erwarten, ihn dort stehen zu sehen, ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Wache Nummer Zwei ist noch im anderen Teil des Wunderlandes geblieben. Er müsste eigentlich gleich hier erscheinen“, sagte er nachdenklich. „Aber denkt nicht, dass eure Schicht dann für heute vorbei ist! Auch wenn im Moment nichts hier los ist – ich habe das Gefühl, dass einige unserer Mitmenschen heute so etwas wie einen Clown gefrühstückt haben. Es könnte jederzeit sein, dass irgendein Irrer plötzlich den Hof stürmt. Die Grinsekatze vernachlässigt ihren Posten am großen Baum in letzter Zeit... Sie treibt sich andauernd mit dem Dämon herum. Ich denke, ich sollte mal ein ernstes Wörtchen mit ihr reden.“ „Vielleicht sollte ich das übernehmen“, schlug Alice hilfsbereit vor. „Ich meine... Zählt es nicht zu meinen Aufgaben als König, solche Dinge zu regeln? Kann ja so schwer nicht sein.“ „Süß, unser Zuwachs“, hörte er Wache Nummer Vier an Wache Nummer Drei gewandt tuscheln. Wache Nummer Eins blickte starr an ihnen vorbei. „Du kannst es gerne versuchen“, entgegnete Marilyn scheinbar amüsiert, bevor er seinem persönlichen Türsteher bedeutete, Platz zu machen, und mit einer eleganten Bewegung das Tor öffnete. „Aber vorher sollten wir uns eine Pause genehmigen. Wollen wir mal nach dem Essen schauen?“ „Da sage ich nicht Nein!“, gab Alice zurück, ehe er ihm an den Wachen vorbei in die Empfangshalle und durch diese hindurch zu einer Tür folgte, die er, seiner Erinnerung nach, bei seinem letzten Aufenthalt im Schloss nicht näher in Augenschein genommen hatte. „Die Küche“, erklärte Marilyn. „Du gehst am besten in geduckter Haltung hinein. Es könnte sein, dass dir... nun ja... etwas entgegenkommt.“ „Was soll das denn heißen?“, hatte er eigentlich fragen wollen, jedoch kam er nicht mehr dazu, da die Königin sich bereits mit den Worten „Setz dich schon mal, ich komme gleich wieder!“ aus dem Staub gemacht hatte. Wahrscheinlich um ihr festliches Kleid gegen etwas weniger Auffälliges einzutauschen. Was soll's, dachte er, drückte vorsichtig die Klinke herunter, um ihrer Anweisung Folge zu leisten und sich die Küche schon einmal von innen anzusehen – als auf der anderen Seite der Tür ein so schrilles Scheppern, begleitet von einem ebenso schrillen Kreischen, ertönte, dass er überlegte, ob es nicht ratsamer wäre, auf das Essen zu verzichten, wenn er dafür diesen Raum betreten musste, in dem, so wie es sich anhörte, eine wütende Harpye oder dergleichen hauste. „Daneben!“, lachte eine ziemlich wahnsinnig klingende Stimme, gefolgt von einem weiteren Scheppern und einem mit beachtlich viel Inbrunst geschrienen „Schnauze!!“. Vielleicht war es auch keine Harpye sondern zwei Hexen, die dort drin ihr Unwesen trieben. Alice wartete einen Moment ab und lauschte, ob noch mehr aus der Kammer des Unheils zu hören war, entschloss sich dann aber, die Tür endlich ganz aufzustoßen und hineinzugehen. Nur knapp konnte er einem durch die Luft fliegenden Teller ausweichen, der hinter ihm an der Tür zersprang und in kleinen Teilen zu Boden glitt. „Hah! Lern erst einmal Zielen, bevor du mit Geschirr um dich wirfst!“, brüllte die Frau am Herd, ohne auch nur ein winziges bisschen Notiz von ihm zu nehmen, ehe sie nach der Pfanne griff, welche sie mit einem diabolischen Grinsen in die Höhe hielt. „Hast du Lust auf Frühlingszwiebeln?“ Gekonnt wich die andere Frau – die, nebenbei bemerkt, einen rosa Plüschpantoffel mit einer Hand liebevoll an sich drückte – dem angebratenen Gemüse aus, das die offenbar geistesgestörte Köchin wie ein Geschoss auf sie zu schleudern versuchte. „Da fehlt noch Pfeffer!“, entgegnete sie, nicht weniger laut, schmiss ihren Pantoffel wahllos in eine Ecke und stürmte mit einem Pfefferstreuer in Richtung Herd, von dem die Andere sie unter größten Anstrengungen fernhielt. Erst jetzt erkannte Alice, dass die beiden niemand Geringere waren als Madonna und Bonnie Tyler. „Ähm“, machte er, in der Hoffnung, die absurde Auseinandersetzung der Zwei wenigstens kurz unterbrechen zu können, stellte jedoch schnell fest, dass er vermutlich ein Megaphon brauchte, um auch nur zu einer von ihnen durchzudringen. Ein wenig kam er sich vor wie ein Zuschauer bei einer Kneipenschlägerei. Nur dass eine Kneipenschlägerei wahrscheinlich weniger tödlich gewesen wäre. „STIRB!!“, schrie Madonna urplötzlich, während sie sich ruckartig umdrehte und mit einer beängstigenden Geschwindigkeit ein Küchenmesser warf, das in der steinigen Wand hinter ihm steckenblieb wie in einem weichen Klotz Butter. Marilyn, der unerwarteterweise neben der Tür stand – er musste gerade in diesem Moment unbemerkt zurückgekommen sein – musterte erst die Köchinnen ausdruckslos, dann das Messer, bevor er es aus der Wand zog und vollkommen unbeeindruckt auf den Tresen legte. „Ihr solltet achtsamer mit euren Utensilien umgehen“, sagte er ruhig, ging, ohne ein weiteres Wort an sie zu verschwenden, an den beiden vorbei und setzte sich auf eine Bank vor einem kleinen Tisch, der etwas abseits der Action dort aufgebaut war. Es hatte beinahe das Flair eines Cafés. „Nimm Platz, Alice! Mach es dir bequem!“ „... Ich bin mir nicht sicher, ob ich es in Gegenwart dieser... temperamentvollen, jungen Damen da vorne wirklich 'bequem' finde“, äußerte er misstrauisch, obwohl er wusste, dass seine Meinung im Vergleich zu Marilyns Ansichten ohnehin nicht viel wog, kam dessen Aufforderung nach anfänglichem Zögern aber doch nach und setzte sich zu ihm. Das Besteck lag bereits, säuberlich in eine Serviette verpackt, auf dem Tischchen. „Warum essen wir nicht im Speisesaal?“, fragte er vorsichtig. „Da hat es mir irgendwie deutlich besser gefallen, wenn ich so zurückdenke.“ „Bei kleineren Mahlzeiten speisen meine Diener und ich für gewöhnlich hier in der Küche anstatt viel Aufwand zu betreiben“, antwortete Marilyn, während Madonna und Bonnie Tyler sich gegenseitig mit Speckwürfeln bewarfen und dabei fast den Kochtopf von der Herdplatte fegten. „Außerdem wollte ich, dass du, jetzt wo du eine führende Position bei uns einnimmst, auch die Bereiche zu sehen bekommst und die Damen kennenlernst, mit denen du dich vor einem Jahr nicht mehr vertraut machen konntest. Ich halte das für sehr wichtig!“ Es stimmte, dass er damals nicht viel Gelegenheit gehabt hatte, sich mit den Frauen des Wunderlandes zu befassen, nachdem diese aus ihrem Gefängnis im Kerker der Kehrseite entkommen waren. Einige von ihnen hatte er zwar kurz von Nahem gesehen, aber soweit er sich erinnerte, hatte er nicht einmal ein Wort mit einer von ihnen gewechselt. Wenn er sich die Zwei vor dem Herd so besah, wunderte ihn das auch kaum. „Verstehe. Ihr habt wirklich an alles gedacht“, erwiderte Alice, innerlich hoffend, lebend wieder hier herauszukommen, als er von der anderen Seite der noch immer offenstehenden Tür langsam lauter werdende Schritte vernahm. Der Gedanke, der ihm als erstes in den Sinn kam – die Befürchtung, dass im nächsten Moment eine dritte Köchin dazustoßen könnte, um bei der gemeingefährlichen Küchenschlacht mitzumischen – wurde glücklicherweise beiseitegewischt, sobald er die zu den Schritten gehörende Stimme hörte, die ihm sofort allzu bekannt vorkam. „Hey, was treibt ihr beiden da schon wieder?! Das kann man ja nicht mitansehen...!“ „Sie sind es!“, rief Alice erfreut, als der Typ mit der schwarzen Uniform in den Raum trat, ihm einen schwer zu deutenden Blick zuwarf und sich schließlich den beiden Psychopathinnen zuwandte, um sich todesmutig zwischen sie zu drängen. „Lange nicht gesehen! Das heißt... Genauso lange, wie ich all die anderen auch nicht gesehen habe. Wie war nochmal gleich Ihr Name?“ „General Floyd!“, gab Marilyn, anstelle des Generals, im Flüsterton zur Antwort. „Sei etwas sparsamer mit deiner Euphorie. Wir wollen schließlich nichts an unangebrachter Stelle verschwenden.“ „... Ignoriert er mich?“, fragte Alice, als er auch nach weiteren dreißig Sekunden keinerlei Beachtung bekam – eine Gegebenheit, die definitiv nur im Wunderland möglich war. „Kann gut sein“, versetzte Marilyn knapp, während er desinteressiert seine Hände betrachtete. Er trug kein Kleid mehr, fiel es Alice verspätet auf. Bisher war er wohl zu sehr von dessen umnachteten Bediensteten abgelenkt gewesen, um darauf zu achten, aber er trug tatsächlich ausnahmsweise eine recht schlichte Bekleidung, bestehend aus einem Träger-Top und einer Hose. Beides in Rot, selbstverständlich. Das beleidigte Stöhnen der beiden Köchinnen riss ihn aus seinen Gedanken, als ihm erneut bewusst wurde, dass er ja eigentlich zum Essen hierhergekommen war. „Wir sind noch nicht fertig!“, empörte sich Madonna voller Ernsthaftigkeit. Floyd sah sie an, als überlege er, ob er darüber lachen sollte oder nicht. „Zum Glück!“, sagte er schließlich, abwechselnd die Frauen und die Herdplatte fixierend. „Ihr habt nun wirklich schon genug angerichtet! Wenn ich sehe, wie ihr mit Lebensmitteln umgeht, wird mir ganz anders... Was sollte das überhaupt werden?“ „Austern“, erwiderte Madonna. „Pfeffersuppe“, kam es gleichzeitig von Bonnie Tyler. Floyd stand einen Augenblick lang bloß wie eine Statue da, ehe er sich umdrehte und offenbar den Kochtopf untersuchte. „Nicht zu fassen“, seufzte er, griff nach dem Küchenmesser und begab sich damit zum Spülbecken. „Ihr setzt euch am besten irgendwohin und nehmt euch ein Malbuch, während ich sehe, was da vielleicht noch zu retten ist!“ „Sie können kochen?“, fragte Alice überrascht, obwohl es im Grunde nicht wirklich erstaunlich war. Irgendjemand musste schließlich für die Verpflegung im Wunderland zuständig sein – und von den beiden Ladies, die gerade damit beschäftigt waren, aggressiv schnaufend die Fliesen zu zählen und mit einem Plüschpantoffel zu schmusen, war offensichtlich nicht viel zu erwarten. „Davon kannst du dich gleich selbst überzeugen“, antwortete Floyd, noch bevor Marilyn es wieder für ihn tun konnte, während er sorgfältig das Messer abtrocknete und sich anschließend um die Austern kümmerte. „Herzlichen Glückwunsch übrigens zur Hochzeit.“ „Ähm... danke. Sie wissen also schon davon.“ Floyd sah ihn nicht an. Entweder weil er es nicht für nötig hielt oder weil er zu sehr auf sein Werk vor dem Herd konzentriert war. „Das ganze Land weiß inzwischen davon“, entgegnete er so monoton, dass er damit beinahe Wache Nummer Eins Konkurrenz machte. „Du glaubst nicht, wie schnell sich Dinge bei uns herumsprechen... Majestät.“ Marilyn stützte gelangweilt den Kopf auf einer Hand ab, scheinbar nicht sonderlich interessiert an der Konversation, und blickte abwesend geradeaus. „Hat er irgendein Problem mit mir, von dem ich nichts weiß?“, flüsterte Alice, darauf bedacht, nichts zu tun oder zu sagen, was einen – oder eine – der hier Anwesenden in irgendeiner Weise aufregen könnte. Bei dieser Gesellschaft konnte man schließlich nie wissen, wie man sich am besten zu verhalten hatte. „Frag mich was Leichteres“, gab Marilyn in einem hörbar entnervten Tonfall zurück, von dem Alice sich nicht sicher war, auf wen er sich bezog. „Ich glaube, er ist sauer auf dich, seit du damals plötzlich verschwunden bist... ist aber auch nicht damit einverstanden, dass du jetzt wieder da bist. Ich steige da auch nicht durch. Denk am besten nicht weiter drüber nach.“ „Aber-“ „Guten Appetit wünsche ich!“, unterbrach Floyd ihr Gespräch mit einem Lächeln, das ihm wahrscheinlich ein wenig Angst gemacht hätte, wenn die anderen, die mit ihm in diesem Raum waren, ihn an Bedrohlichkeit nicht um Längen überboten hätten, und stellte zwei duftende Teller vor ihm und Marilyn auf dem Tisch ab, bevor er wortlos wieder nach vorne an seinen Platz zurückkehrte, nur um schweigend und mit verschränkten Armen dort stehenzubleiben und demonstrativ zur Seite zu gucken. „Das ging aber schnell“, bemerkte Alice halb beeindruckt halb skeptisch, besah sich die fertige Speise von Nahem und hielt irritiert inne, als er glaubte, ganz leise nur einen eigenartigen Singsang zu vernehmen. Als normaler Mensch in einer normalen Umgebung hätte er sicherlich angenommen, dass er halluzinierte – aber da er bereits mit Blumen, einer Schlange und einer jüngeren Version von sich selbst gesprochen hatte, hielt er absolut nichts mehr für ausgeschlossen. Auch nicht den Umstand, dass die Austern gerade 'Always look on the bright side of life' vor sich hinsummten. „Nun, sag mal, Alice...“, begann Marilyn, vollkommen unbeirrt in dem Gemüse auf seinem Teller herumstochernd, „... hast du schon eine Ahnung, was du jetzt, nach deiner Ernennung zum König, als erstes tun willst? Dir steht immerhin alles offen. Worauf hast du Lust?“ „Worauf ich Lust habe? Ähm...“ Da waren keine unheimlichen Gesichter in seinem Essen. Das war sicher reine Einbildung. „Naja, ich denke... Ich sollte mich doch als erstes irgendwie... beweisen oder so?“ „Beweisen, gutes Stichwort!“, erwiderte Marilyn beschwingt, ehe er eine kleine Pause einlegte, um sich einer der Austern zu widmen, die singend vor ihm auf dem Tisch serviert waren. „Es gibt einiges zu tun, wobei ich gern deine Hilfe in Anspruch nehmen würde. Beispielsweise könntest du mir helfen, mich bei der neuen Farbwahl für mein Schlosstor zu entscheiden! Das ist immer wieder eine anspruchsvolle Denk-Arbeit.“ Kurz dachte Alice darüber nach, mit einem vor Sarkasmus strotzdenden Spruch zu antworten, merkte jedoch sehr rasch, dass seine Aufmerksamkeit dafür zu immens von seiner Mittagsspeise in Beschlag genommen wurde. „Tja“, gab er stattdessen nur zögerlich zurück. „Ich würde sagen... entweder schwarz oder rot?“ „Also, Alice... Ich versuche hier gerade dir zur Liebe, eine Konversation in Gang zu setzen, um die Atmosphäre etwas aufzulockern, und du trägst überhaupt nichts dazu bei!“ „Entschuldigt, aber es ist etwas schwierig, bei dieser- Moment... War das Euer Schlosstor?“ „Ja, davon sprach ich doch gerade! Hast du mir gar nicht zugehört?“ „Nein, nein... Was ich meinte war... Ist da gerade jemand ins Schloss gekommen?“ Marilyn lehnte sich ein Stück gegen die Wand, so als würde er sich erhoffen, auf diese Weise besser hören zu können, was in der Empfangshalle passierte. Bevor er auf seine Frage eingehen konnte, kam die Antwort jedoch bereits durch die offene Tür gekrochen und bewegte sich mit einer seltsamen Atemlosigkeit auf sie beide zu. „Geschhhafft...! Ichhh bin... endlichhhh angekommen!“ „Charlie!“, rief Alice feststellend, als die Schlange knapp vor dem Tisch zum Stehen kam – oder wie auch immer man das bei einem Wesen ohne Beine bezeichnen sollte. „Schön, dich zu sehen! Ich hatte mich schon langsam gefragt, wo du abgeblieben bist. Ist alles okay mit dir?“ Auf eine für ein Reptil sehr ungewöhnliche Weise keuchend blickte Charlie zu ihm auf, seine leuchtend gelben Augen wirkten untypisch müde. „Diesssser Kerl... dein kleiner Doppelgänger... Er hält mich ganzzz schhhön auf Trab“, erklärte er, was Alice gleich zu den schlimmsten Befürchtungen verleitete, und atmete einmal tief ein und aus, ehe er weitersprach. „Jedenfallssss... habe ichhh esss nach einer Weile geschhhafft, ihn lossszzzuwerden und hierherzzzukommen – schliesssslich habe ich dichhh noch gar nicht angemessssssen begrüsssst, ssseit du wieder hier bissst!“ „Oh, aber das wäre doch nicht nötig gewesen!“ „Du brauchst dich bei meiner Schlange nicht einzuschleimen, Alice“, sagte Marilyn dazwischen, während er scheinbar amüsiert ein paar Speckwürfel aufspießte. „Charlie ist bescheiden und er mag dich auch, ohne dass du einen auf korrekt und anständig machst.“ „Ähm, ja. Verzeihung.“ Alice räusperte sich, bevor er sich von Marilyn und dem kuriosen Mittagessen abwandte und sich etwas weiter zu Charlie umdrehte, der immer wieder einen leicht beunruhigten Blick Richtung Tür warf. „Ich wollte nur sagen, dass du dir wegen mir nicht solche Mühe machen musst. Du siehst ganz schön erschöpft aus... Ich hoffe, das Balg- ich meine Lizzy ist dir nicht allzu sehr zur Last gefallen?“ „Keine Sssorge. Er war eigentlichhh ganzzz nett... bisss er angefangen hat, michhh zzzu verfolgen und mit eigenartigen Fragen zzzu löchhhern. 'Bissst du ein Männchhhen oder Weibchhhen?' und 'Kannssst du dichhh in einen Engel verwandeln?' waren noch die Harmlossseren“, entgegnete Charlie mit einem latent verstörten Ausdruck in seinem geschuppten Gesicht. „Eigentlichhh war ichhh auf dem Weg zzzu Fishhh, um etwasss mit ihm zzzu besssprechen. Aber dazzzu bin ichhh dann... nichhht mehr gekommen.“ „Fish?“ Er erinnerte sich an ihn. Marilyns Hofnarr, mit dem er bei seinem letzten Aufenthalt im Schloss meistens gut ausgekommen war. Leider war er von Marilyn persönlich gefeuert worden, nachdem er gegen irgendeine ungeschriebene Regel verstoßen hatte oder etwas in der Art. „Was ist aus ihm geworden? Geht er immer noch seinem Hobby nach, Theaterstücke für die Blumen aufzuführen?“ „Momentan ist er meist in seiner eigenen kleinen Hütte anzutreffen, da der Märzhase seinen Job als Narr bei mir übernommen hat“, antwortete Marilyn anstatt seines Haustieres, das diese Aussage allerdings mit einem Nicken bestätigte. „Ich kann aber schon jetzt versprechen, dass er früher oder später wieder zum Einsatz kommen wird. Fish wird für die Kehrseite zuständig sein, der wir nach all den negativen Geschehnissen wieder zu neuem Glanz verhelfen werden und die, nebenbei bemerkt, dein privates Herrschaftsgebiet sein wird, wenn es irgendwann soweit ist. Freu dich, Alice! Du wirst viel Platz in deinem königlichen Reich hinter dem Spiegel haben, wenn alles erst richtig wiederhergestellt ist.“ „Wirklich? Ich bekomme die komplette Kehrseite geschenkt? Und da kann man echt noch was draus machen? Beim letzten Mal sah es eher danach aus, als wäre da jegliche Hoffnung verloren“, gab Alice zurück, während er mit der Gabel die verdächtigen Austern beiseiteschob und sich dazu überwand, zumindest von dem Gemüse ein wenig zu probieren. Wider Erwarten schmeckte es lange nicht so abscheulich wie er aufgrund der Umstände zunächst angenommen hatte. Im Gegenteil – es war köstlich. „Nur Geduld! Esss wurde bereitsss renoviert und wir sssind sssehr ssssicher, dassssss-“ Charlie stockte, als von draußen ein leises Geräusch ertönte, das danach klang, als sei möglicherweise ein weiterer Gast durch das Tor in die Empfangshalle eingetreten. Mit einem Mal schien er sich deutlich unwohler zu fühlen. Jedenfalls ließ die Tatsache, dass er sich blitzschnell unter den Tisch verzogen hatte, stark darauf schließen. „Komm schon, Charlie. Ist das dein Ernst?“, erkundigte sich Marilyn, während er sich so weit es ging zu dessen improvisiertem Versteck hinabbeugte, als vollkommen unvorhergesehen ein silberner Kochlöffel mit beachtlichem Tempo auf die Tür zusauste und nur um Haaresbreite neben der Gestalt auf dem Boden liegenblieb, die offenbar gerade eben erst hineingekommen war. Lizzy. „Die Küche ist voll!!“, kreischte Madonna, die anscheinend für die Löffel-Attacke verantwortlich war, von ihrem Platz neben Bonnie Tyler aus, an dem sie tatsächlich eine Weile lang mehr oder weniger ruhig verweilt hatten. Ein Wunder, dass sie das überhaupt für länger als fünf Sekunden hinbekommen hatten, wenn man ihn fragte. „Ladies...!“, rief Lizzy gedehnt aus dem Türrahmen heraus. „Seid ihr immer so wild? Wenn ja, finde ich das wirklich spannend!“ „Ich ahne, dass hier noch einiges 'wirklich spannend' wird, wenn das so weitergeht“, murmelte Alice, nicht sicher, ob er sich unterhalten fühlte oder eher abgeschreckt. Lizzy hingegen ließ sich offenbar von nichts abschrecken, trat weiter in die Küche hinein, als sei nichts gewesen, und blieb ziemlich aufdringlich neben General Floyd stehen, der, wie es aussah, gerade damit beschäftigt war, das von den beiden Köchinnen verursachte Chaos aufzuräumen, sichtlich bemüht, sich nicht von ihm aus dem Konzept bringen zu lassen. „Ich wusste gar nicht, dass man zum Saubermachen heutzutage eine Uniform trägt“, bemerkte Lizzy, nachdem er ihn einen Moment lang bloß schweigend beobachtet hatte. Floyd bedachte ihn lediglich mit einem flüchtigen Blick, ohne sein Tun zu unterbrechen. „Alles hat seine Ordnung, das solltest du dir merken. Und um diese Ordnung regelmäßig im Auge zu behalten, ist es nicht nötig, auszusehen wie ein Butler.“ Lizzy hob eine Augenbraue – vermutlich, weil ihm gerade ein paar skurrile Bilder durch den Kopf gingen. „Süß“, kommentierte er knapp, was Floyd merklich angestrengt ignorierte. Besser so, dachte Alice, immerhin war selbst er beinahe überfordert mit dem frisch hinzugekommenen Wunderland-Küken – und das, obwohl er leichter mit ihm hätte zurechtkommen müssen als alle anderen, die hier lebten. „Na, was esst ihr denn da Schönes? Muscheln? Ich könnte schwören, ich hätte gesehen, wie Charlie sich vorhin hier irgendwohin verkrochen hat...“ „Also, wenn du Charlie suchst... Der ist nicht hier“, log Alice so überzeugend wie möglich. Schließlich konnte er nicht zulassen, dass sein jüngeres Ich ihn derart bedrängte und wer weiß was mit ihm anstellte. Nachher würde das alles noch auf ihn zurückfallen, und das konnte für seinen neuen Ruf als Respektsperson nicht besonders einträglich sein. „Ehrlich gesagt würde ich darauf wetten, dass ich ihn habe ins Schloss kriechen sehen“, fuhr Lizzy etwas nachdrücklicher fort, während er sich dermaßen unachtsam gegen den Tisch lehnte, dass er Alice' noch fast vollen Teller dadurch ein Stück verrückte. Nicht weiter schlimm. Er hatte ohnehin nicht damit gerechnet, beim Mittagessen – oder irgendeiner anderen Aktivität an diesem Ort – wirkliche Ruhe genießen zu dürfen. „Aber es würde mich nicht überraschen, wenn Charlie jetzt auch noch hopps gegangen wäre... Hier scheint es ja üblich zu sein, dass Tiere hin und wieder verschwinden oder einfach wegfliegen, wenn ihnen danach ist.“ „Was meinst du damit?“, fragte Marilyn gelassen, nachdem er seine Portion restlos aufgegessen und das Besteck ordentlich zusammengelegt hatte. Alice hatte eine vage Vermutung, was sein Doppelgänger mit dieser Äußerung meinen könnte – schließlich gab es im Wunderland nicht sonderlich viele Tiere, die jemandem gehörten und auf die akribisch aufgepasst werden musste. „Naja, dieses Schwein... Wie hieß es doch gleich? Black Beauty?“, bestätigte er seine Vermutung mit einem nachdenklichen Blick an die Decke. „Diese Sau jedenfalls... Sie ist abgehauen, als Ritterchen und Wächterchen Nummer Zwei versucht haben, die Ringe wieder aus ihr herauszubekommen. Hatte wohl keinen Nerv mehr, und schwupps, war sie einfach weg.“ „Entschuldigt, dass ich mich einmische, aber habe ich das richtig verstanden? Black Beauty ist verschwunden?“, meldete sich Floyd nun deutlich aufgebrachter zu Wort als er es zuvor bei seiner Aufräum-Aktion noch gewesen war. Lizzy sah ihn verständnislos an. „Ja, genau. Ist das schlimm?“ „Ob das schlimm ist?!“, wiederholte Floyd fassungslos. „Ich will gar nicht daran denken, was ihr alles passieren könnte, wenn sie mutterseelenallein zwischen den ganzen Wahnsinnigen herumstreunt... Mir war von Anfang an klar, dass ein Amateur wie der Schwarze Ritter sich nicht vernünftig um ein Tier ihres Ausmaßes würde kümmern können. Nicht umsonst hat sich damals jedes unserer Pferde geweigert, sich mit ihm zu verbünden!“ „Beruhige dich. Wir werden das schon in den Griff kriegen“, sagte Marilyn, selbst die Ruhe in Person, und setzte plötzlich die Art von Grinsen auf, die man immer dann bei ihm beobachten konnte, wenn ihm ein komischer Einfall kam. „Ich weiß was! Wir überlassen Alice die Führung. Du hast doch nach einer Gelegenheit gesucht, bei der du deine Fähigkeiten als neuer König unter Beweis stellen kannst – voila! Da hast du schon eine Aufgabe!“ „... Ich weiß ja nicht, ob das so eine gute Idee ist“, wandte er ein, schließlich wollte er nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn irgendetwas nicht so funktionierte, wie die ehrenwerte Königin es sich vorstellte. Floyd nickte zustimmend. „Er hat Recht, Majestät. Besser wäre, Ihr würdet mich das machen lassen.“ „Nein“, erwiderte Marilyn entschieden. „Du bleibst hier und gibst Acht auf unseren Neuankömmling und die beiden anderen da drüben in der Ecke! Alice wird das wieder hinbiegen, da bin ich sicher. Kein Grund also, in Panik zu verfallen!“ Lizzy grinste belustigt. „Viel zu tun heute, was? Erst Butler, jetzt Babysitter...“ „Falls du vorhast, dich in irgendeiner Weise querzustellen, wirst du schon sehen, was du davon hast“, gab Floyd bitter zurück, wofür Alice reichlich Verständnis hatte. Ihm wäre es ebenfalls lieber gewesen, Floyd an seiner Stelle nach der Sau suchen zu lassen. Wo sollte er schon anfangen? Jemand, der sich in der Gegend meistens verirrte, wenn er allein unterwegs war, war nicht gerade im Vorteil gegenüber jemandem, der schon seit einer Ewigkeit hier lebte. Trotzdem half es nichts. Wenn die Herzkönigin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann hatte sich ihr niemand zu widersetzen. „Na gut, was soll's“, seufzte Alice, als er sich von seinem Platz erhob und langsam, gefolgt von Marilyn, auf die Tür zusteuerte. „Mir bleibt ja wohl keine andere Wahl. Dann lasst uns mal aufbrechen... bevor das Schwein wirklich noch von einem Wahnsinnigen entführt wird.“ „So ist es recht“, pflichtete Marilyn bei. Sekunden später hatten sie die Küche verlassen und begaben sich auf den Rückweg durch das Heckenlabyrinth. Auf den ersten Blick wirkte alles harmonisch. 'Normal' hätte er es beinahe genannt – wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass im Wunderland absolut nichts als normal bezeichnet werden konnte. Mit Marilyns Hilfe war es wie ein Kinderspiel, sich in allen verdrehten Winkeln und Abzweigungen der Gegend zurechtzufinden, was ihn nur noch mehr an der Beständigkeit des Ortes zweifeln ließ anstatt zu denken, dass es auf seinen eigenen Orientierungssinn zurückzuführen war. Es war ganz eindeutig – die Landschaft veränderte sich von alleine, und wenn er den Weg aus den Augen verlor, dann lag es nur daran, dass dieses sadistische Land ihn ganz persönlich ärgern wollte. „Der Schwarze Ritter und Wache Nummer Zwei scheinen nicht mehr hier zu sein“, bemerkte Marilyn, als sie erneut die Wiese mit den Bartblumen erreicht hatten, so als sei diese Feststellung wirklich überraschend. Höchstwahrscheinlich waren die beiden längst selbst aufgebrochen, um nach Black Beauty zu suchen, was Alice sich recht aussichtslos vorstellte, wenn man bedachte, dass die Sau in der Lage war zu fliegen. Anstatt des Ritters und der Wache konnte er jedoch zwei andere Personen in der Nähe der Blumen ausmachen. Eine von ihnen schien Fish zu sein. Die Andere, die konstant geradeaus blickend mitten im Gras kniete, trug ein niedliches schwarzweißes Kostüm, weshalb er annahm, dass sie eine der drei Maids war, deren Gesichter er sich bisher aufgrund mangelnder Gelegenheit des Kennenlernens nicht weiter eingeprägt hatte. „Ooh!“, rief Fish plötzlich mit seiner angeborenen Überschwänglichkeit, die Alice nur allzu lebhaft im Gedächtnis geblieben war. „Welch erfreulicher Zufall, Euch hier zu treffen, Eure Majestäten! ... Ist es in Ordnung, wenn ich Euch so nenne, Auserwählter? Ich hörte von der Sache mit der Hochzeit...“ „Du bist der Erste, der mich heute überhaupt um Erlaubnis fragt. Für jeden, der mich bis jetzt angesprochen hat, war es offenbar selbstverständlich, mich so zu nennen, entweder voller Demut oder voller Sarkasmus... außer für Lizzy. Von ihm wurde ich bisher nur mit 'Altes Ich' betitelt.“ Fish legte den Kopf schief wie ein bunt angezogener Hund. „Lizzy? Ihr meint sicher den Neuen, den ich vorhin habe hinter Charlie herrennen sehen, nicht wahr? Das war wirklich merkwürdig. Ich bin sicher, dass Charlie gerade auf dem Weg war, mich zu besuchen – und dann hat er auf einmal kehrtgemacht und hatte es ganz eilig, von hier zu verschwinden. Dabei wollten wir beide eigentlich ein gemeinsames Willkommensständchen für Euch einstudieren, Auserwählter! Verzeiht – Eure Hoheit!“ Nur aus dem Augenwinkel registrierte Alice das amüsierte Grinsen, das die Königin ihm kurz zuwarf, ohne sich jedoch zu äußern, so als erwarte ihre Majestät tatsächlich, dass er sämtliche Konversationen ab jetzt alleine führte, und als stünde sie nur neben ihm, um darauf zu achten, dass er sich nicht völlig blamierte. Was auf eine Art und Weise auch absolut zu ihr passte. Es war die eine Sache, die sie zweifelsohne mit dem Hutmacher gemeinsam hatte – diese Eigenart, sich aus allem einen Spaß zu machen, egal, worum es dabei ging. „Tjaaa, das ist ja echt nett und ich fühle mich wirklich geschmeichelt...“, entgegnete Alice lächelnd, ohne auf Marilyns beinahe hörbares Schweigen weiter einzugehen, „... aber leider ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für langes Gerede und Begrüßungen. Anscheinend ist Black Beauty entlaufen – oder entflogen, was auch immer –, und ich muss sie so schnell wie möglich finden. Du hast nicht zufällig den Schwarzen Ritter und Wache Nummer Zwei hier irgendwo vorbeikommen sehen?“ „Nun... Eigentlich nicht, nein“, erwiderte Fish nachdenklich und zeigte dann misstrauischen Blickes in Richtung der Maid, die noch immer unbeweglich auf der Wiese hockte. „Ich kam nur kurz hierher, um nach den Blumen zu schauen... und die einzige Person, die ich seitdem gesehen habe, ist sie. Fragt mich nicht, wo sie die ganze Zeit über hinstarrt. Sie wirkt ganz verzückt, wenn man näher herangeht.“ Irritiert schielte Alice zu der Maid hinüber, die tatsächlich nichts weiter tat als mit einem entrückten Lächeln im Gesicht in die Leere zu stieren. Es hatte fast etwas Unheimliches an sich. „Wenn das so ist... Danke für deine Hilfe“, sagte er zu Fish, bevor er sich Marilyns Bediensteter – die jetzt vermutlich auch seine Bedienstete war, wenn man es genau nahm – zuwandte und sich mit einer gewissen Skepsis zu ihr herunterbeugte. „Ähm... hi. Sorry, falls ich störe, aber ich hätte mal eben eine Frage. Geht auch ganz schnell.“ Die Maid blinzelte ein paar Mal, ohne ihren Blick von dem Was-auch-immer, das sie beobachtete, abzuwenden, und stieß einen tiefen und glücklichen Seufzer aus. „Hach...“, machte sie verträumt, „... was für ein Bild von einem Mann.“ Alice drehte sich um, in der Hoffnung, das zu sehen, was sie offenbar sah, konnte jedoch weit und breit niemanden in dieser Richtung entdecken. Die Frau musste an ernsthaften Wahnvorstellungen leiden, anders konnte er sich ihr Verhalten nicht erklären. „Okaaay... Was ich eigentlich nur wissen wollte, ist, ob du mir vielleicht sagen kannst, wo der Schwarze Ritter und Wache Nummer Zwei hingegangen sind, damit ich mit ihnen über Black Beauty sprechen kann. Aber ich könnte natürlich auch die Blumen dazu befrag-“ „Nein...!“, zischte sie plötzlich empört, so als sei er gerade im Begriff gewesen, eine schlimme Straftat zu begehen, und fügte dann mit unpassend sanfter Stimme hinzu: „Störe sie jetzt nicht. Sie schlafen.“ Marilyn hielt es anscheinend noch immer nicht für nötig, sich in irgendeiner Weise zu äußern, wenn er auch alles, was Alice tat oder sagte, genauestens aufzunehmen und zu überwachen schien. Zugegebenermaßen konnte er sich gut vorstellen, dass das Ganze für ihn wie eine Art Unterhaltungsprogramm aussehen musste. Ein ziemlich eintöniges Unterhaltungsprogramm, seiner Meinung nach. „Der Schwarze Ritter und der Wachmann sind in verschiedene Richtungen gelaufen“, gab die schweigsame Maid unerwarteterweise doch noch eine halbwegs hilfreiche Antwort, als er die Hoffnung, irgendetwas von ihr zu erfahren, beinahe schon aufgegeben hatte. „Ich habe gesehen, wie das Schweinchen sich von ihnen losgerissen hat. Es ist einfach abgehoben und davongedüst. So leicht werden sie es nicht wiederfinden, ganz bestimmt nicht.“ Fantastisch, dachte Alice, ohne es auszusprechen. Das klang doch schon einmal sehr vielversprechend. „Die Beteiligten haben sich also kreuz und quer im Wunderland verteilt, und Genaueres ist keinem bekannt“, fasste er die bisherigen Informationen zusammen, während er sich wieder erhob und sich ein Stück von der Blumenwiese entfernte, um auch bloß niemanden versehentlich aufzuwecken – es war ihm lieber, die Lady in dem Maidkostüm nicht unnötig zu verärgern. „Warum konnte Lizzy eigentlich keine etwas genauere Auskunft geben? Er war doch die ganze Zeit hier, oder nicht? Hätte ja ruhig auch mal bei der Suche mithelfen können, der Gute. Aber nein, stattdessen stalkt er Charlie und stellt gerade wahrscheinlich das gesamte Schloss auf den Kopf. Warum ist meine jüngere Hälfte so nutzlos?!“ „Na na, wir wollen doch nicht hinter deren Rücken über unsere Untergebenen lästern, nicht wahr?“, mahnte Marilyn augenzwinkernd. „Lizzy hätte dir auch nicht mehr mitteilen können als das, was du eben erfahren hast. Es muss also eine andere Lösung für das Problem geben. Denk mal scharf nach. Was wäre in so einem Fall am sinnvollsten zu tun, wenn man nicht weiß, wo oder bei wem man mit der Suche beginnen soll?“ Alice überlegte einen Moment, konnte sich jedoch nicht erinnern, sich jemals in einer solchen Lage befunden zu haben – zumal der Fakt, dass es sich hierbei nicht um irgendeinen x-beliebigen Ort sondern um ein magisches Land voll unzurechnungsfähiger Hippies handelte, die Angelegenheit noch einmal um einiges erschwerte. „Keine Ahnung“, sagte er, allmählich ein wenig ungeduldig. „Vielleicht Plakate mit der Aufschrift 'Wer hat Black Beauty gesehen?' basteln und überall aufhängen?“ „Das wäre schon mal ein Anfang!“, stimmte Marilyn dem bescheuerten Vorschlag, den er gerade spaßeshalber gemacht hatte, tatsächlich zu. „Wunderbar! Das ist die richtige Herangehensweise. Also los, an die Arbeit! Die Plakate malen sich nicht von selbst!“ „Ich soll auch noch etwas malen? Ich habe doch nicht mal einen Stift oder Papier...!“ Die Königin lächelte bloß ihr typisches allwissendes Lächeln – sie hatte für jede Situation einen passenden Gesichtsausdruck, stellte er fest. „Da hast du Recht, noch hast du das nicht“, antwortete sie. „Aber wer wären wir, wenn es nicht jederzeit die Möglichkeit gäbe, sich zu beschaffen, was man braucht? Man muss nur die richtigen Diener zur Hand haben. Spezielle Diener, die sich ohne den geringsten Aufwand herbeirufen lassen und sofort zur Stelle sind, wenn du nach ihnen verlangst...“ „Die vier Pandabären?“ Marilyns allwissendes Gesicht nahm abrupt einen herrlich verwirrten Ausdruck an. „Was zum Flamingo ist ein 'Pandabär'?“ Nur einen winzigen Augenblick lang starrte er ihn mit einer wirklich faszinierenden Verständnislosigkeit an, ehe er rasch so tat, als habe er die Frage eben gar nicht erst gestellt. „... Ja, ich denke, du weißt, wen ich meine. Die Schutzpatronen, selbstverständlich. Du solltest sie kontaktieren.“ „Und wie zum Storch funktioniert das?“ „Machst du dich etwa gerade über mich lustig?“ Alice bemühte sich konzentriert, das Lachen zu unterdrücken, das sich beinahe in ihm verselbstständigt hatte, schluckte es einfach hinunter und verdrängte den Kommentar, der ihm bereits locker auf der Zunge gelegen hatte. Auch wenn sie sich mittlerweile deutlich besser kannten als bei seiner ersten Audienz am Hof vor einem Jahr – er musste sich dringend ins Gedächtnis rufen, dass es die Herzkönigin war, mit der er hier sprach, und dass es vermutlich nicht sehr gesund für ihn sein würde, es sich mit ihr zu verscherzen. „Nein. Das würde ich niemals wagen“, antwortete er respektvoll. „Aber trotz allem... Was muss ich tun, damit die Schutzpatronen – oder wie man die Vier auch sonst nennen soll – aus heiterem Himmel hier erscheinen?“ „Oh, das ist ganz einfach“, sagte Marilyn, scheinbar noch immer voller Zuversicht. „Du musst nur zwei Mal in die Hände klatschen und ihnen den Befehl geben, herzukommen – natürlich laut genug, damit sie dich auch hören können –, und schon sind sie da!“ „Und das... soll ich jetzt ausprobieren, wenn ich das richtig verstehe?“, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach, was Marilyn bloß mit einem Nicken und einer ausladenden Armbewegung beantwortete, die wohl bedeuten sollte, dass er ihm, gütig, wie er war, den Vortritt ließ. In Ordnung. Blamieren konnte er sich nicht. Wenn die Typen nicht auftauchten, war es schließlich nicht seine Schuld. „Also gut, was auch immer. Ähm... SCHUTZPATRONEN! KOMMT HER, ICH BRAUCHE EURE HILFE!!“, rief er so inbrünstig er nur konnte, während er, wie Marilyn es ihm aufgetragen hatte, zwei Mal hoheitlich in die Hände klatschte. Nicht einmal drei Sekunden später wurde er von einem gleißenden Licht geblendet, das plötzlich mitten aus dem Nichts heraus erleuchtete; und tatsächlich – kurz darauf standen alle vier vollzählig vor ihm, ganz genauso wie die Königin es ihm vorhergesagt hatte. „Ihr habt nach uns gerufen, Majestät?“, schnurrte die Grinsekatze, begleitet von einer untertänigen Verbeugung, so als sei es nicht ansatzweise etwas Besonderes, dass sie diesmal auf sein Wort hörten anstatt auf Marilyns Befehle. Alice musterte die Vier mit einem gewissen Gefühl von Stolz und kam nicht umhin, sich vorzustellen, wie begeistert sein Publikum auf der Erde wahrscheinlich von diesem Trick gewesen wäre. Seine Bühnenausstattung war zwar schon immer ziemlich beeindruckend gewesen, aber mit nichts weiter als einem Klatschen die gesamte KISS-Truppe herbeizurufen – das war durchaus ein Highlight. „Hmmm, was soll ich sagen... Ich habe euch gerufen, das stimmt“, gab er ein wenig geistesabwesend zurück, fasste sich dann aber schnell wieder – immerhin hatte er noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. „Mein Anliegen ist eigentlich nur... Naja, ich bin dazu genötigt, ein paar blöde Plakate zu basteln, um unsere Mitmenschen auf Black Beauty aufmerksam zu machen. Aber dazu brauche ich natürlich Papier und einen Stift... und man sagte mir, wenn ich etwas brauche, soll ich damit euch auf die Nerven gehen.“ „Auf die Nerven geht Ihr uns niemals, Majestät!“, schleimte The Demon fröhlich, während er einen edlen schwarzen Füller und sein antikes Tagebuch aus irgendeiner nicht existenten Westentasche hervorkramte. „Wie viele Plakate sollen es denn in etwa werden?“ „Ich weiß nicht... Zehn?“, warf er schätzungsweise eine Zahl in den Raum, bemerkte jedoch den unzufriedenen Blick, mit dem Marilyn ihn aus dem Off heraus anschaute, und korrigierte seinen Fehler, den er offenbar gerade beim Raten gemacht hatte. „Vielleicht eher zwanzig. Das sollte wohl reichen, oder?“ „Ganz wie Ihr wünscht, Eure Hoheit!“, erwiderte The Demon, ohne sich in irgendeiner Form weiter dazu zu äußern, ehe er damit anfing, der Reihe nach unbeschriftete Blätter aus seinem Buch herauszureißen, die er ihm, als er damit fertig war, sauber und geordnet zusammen mit dem Füller in die Hand drückte. Alice fragte erst gar nicht nach, wie er denn so viele Seiten seines kostbaren Schatzes einfach so aus dem Stegreif entbehren konnte – wenn er sich recht entsinnte, wuchsen die Seiten dieses Buches immer wieder von alleine nach und gingen niemals aus. Nicht dass ihn das auch nur im Geringsten wunderte, in einer Welt wie dieser. „Vielen Dank. Damit dürfte ich auskommen“, entgegnete er, fürs Erste optimistisch, als einer der Zwillinge – The Starchild, wenn er es richtig erkannte – plötzlich hervortrat und ihm eine Hand entgegenstreckte, in der er einen kleinen Beutel oder etwas Ähnliches hielt. „Nehmt das auch mit!“, sagte er und fügte kurz darauf erklärend hinzu: „Brot- und Kekskrümel verschiedenster Sorten. Wenn Ihr ein bisschen davon hier und da im Gras verstreut, wird Black Beauty ganz gewiss nicht anders können als auf den Boden zurückzukommen, falls sie sich in der Luft aufhält. Kein Schwein kann dieser speziellen Mischung widerstehen!“ „So? Na dann... sehr freundlich.“ Ein wenig skeptisch besah sich Alice den Beutel von Nahem, steckte ihn dann aber ein und blickte sich vorsorglich schon einmal nach einer geeigneten Stelle um, an der er sich würde niederlassen können, um die zwanzig Zettel zu bemalen. Er musste nicht lange suchen, bis ihm ein großer und recht ebenmäßiger Felsen ins Auge stach, der wie geschaffen dafür schien, es sich darauf bequem zu machen. Zumindest so bequem, wie es auf einem Felsen nun einmal sein konnte. „Tja... Ich würde sagen, mehr brauche ich nicht. Danke für eure Hilfsbereitschaft. Man sieht sich bestimmt... demnächst.“ „Wann immer Ihr nach uns verlangt, Majestät!“, verabschiedete The Catman sich im Namen aller Schutzpatronen, die ein letztes Mal mit einem überproportional breiten Grinsen in ihren Gesichtern winkten, bevor sie sich in demselben grellen Leuchten entmaterialisierten, in dem sie zuvor auch aufgetaucht waren. Einen Moment lang fixierte Alice die Stelle, an der sie bis eben noch gestanden hatten, dann ging er gemächlichen Schrittes auf den Felsen zu, den er sich ausgesucht hatte, und nahm so darauf Platz, dass er den zu bearbeitenden Papierstapel improvisatorisch auf seinen Beinen ablegen konnte. Marilyn folgte ihm, ganz wie der ständige Aufpasser, den er im Augenblick leider verkörperte, und beugte sich dann, mit einem Arm auf dem Felsen abgestützt, ein wenig zu ihm herunter. „Hast du nicht etwas vergessen?“, machte er eine Andeutung, die Alice nicht ganz verstand – wahrscheinlich weil er zu sehr darauf konzentriert war, sich ein anständiges Design für die Plakate zu überlegen –, fügte dann aber, als er von ihm scheinbar nicht die gewünschte Reaktion bekam, ein hinweisendes „Die Katze und ihre Pflichten...!“ hinzu. Alice schaute nur kurz von seinem Stapel auf, ehe er damit anfing, einen schwarzen Kreis mit zwei großen Ohren auf das erste Blatt Papier zu malen, der – unverkennbarerweise – Black Beautys Kopf darstellen sollte. „Darum kümmere ich mich später. Man muss Prioritäten setzen, nicht wahr?“, gab er zur Antwort, gekonnt überspielend, dass er es tatsächlich vergessen hatte, besagte Katze auf die Sache anzusprechen. „Sagt mal, diese Plakate... Warum muss ich so eine Drecksarbeit als König eigentlich alleine machen, wenn ich fragen darf? Sollten sowas nicht normalerweise die Diener erledigen?“ Marilyn lachte merklich amüsiert. „Auch ein König fängt klein an“, erklärte er pseudo-weise, während er dabei zusah, wie Alice zwei große Augen in den Kreis zeichnete. Er hatte gut Reden. Wahrscheinlich hatte er selbst nie irgendwelche idiotischen Prüfungen bestehen müssen, bevor er zum König ernannt worden war – schließlich war Marilyn im Gegensatz zu ihm nie etwas anderes als ein König oder eine Königin gewesen, soweit es ihm bekannt war. „Wer macht sich jetzt über wen lustig, hm?“ „Du interpretierst das völlig falsch, Alice. Ich will nur dein Bestes! Hast du daran etwa jemals gezweifelt?“, grinste Marilyn so offensichtlich erheitert wie man nur eben aussehen konnte, wenn man sich über jemanden lustig machte. „Genau deshalb werde ich dich jetzt auch vorerst alleine lassen und mich um andere Angelegenheiten kümmern, während du in aller Ruhe deiner – wie hattest du es doch gerade genannt? – Drecksarbeit nachgehen kannst. Es gibt bestimmt noch vieles für mich zu tun, und ich möchte dich nur sehr ungern dabei stören, wenn du so... sichtbar fokussiert dein Werk verrichtest. Komm einfach zu mir zurück, wenn du fertig bist! Dann werde ich mich selbst von dem Ergebnis überzeugen. Im besten Fall ist Black Beauty dann ja schon wieder da!“ „Wartet mal...! Ihr könnt doch jetzt nicht einfach-“ „Bis dann, mein Lieber! Und viel Erfolg weiterhin!“, war das Letzte, das er Marilyn beschwingt zu ihm herüberrufen hörte, als er bereits dabei war, den Bereich zu verlassen, in dem Alice jetzt, wie es aussah, auf sich selbst und seinen Orientierungssinn angewiesen war, bis er es geschafft hatte, jedes der Plakate irgendwo anzubringen und danach, als sei das nicht schon genug Zeitverschwendung, außerdem völlig alleine wieder zu der Königin zurückzufinden, die sich im Grunde überall aufhalten konnte. Wenn das nicht nach Spaß klang. Ganz definitiv war es wieder genauso wie bei seinem ersten unfreiwilligen Besuch im Wunderland, als er sich auf die verschiedensten unmöglichen Arten hatte beweisen müssen, um überhaupt von allen Anwesenden als Auserwählter anerkannt zu werden. Mit dem Unterschied, dass er diesmal bei der Hälfte seiner Mitbürger bekannt und sogar hochgeschätzt war – und trotzdem das Mädchen für alles spielen musste, um die Königin zufriedenzustellen. Typisch, wenn er so darüber nachdachte. Anders hätte er es auch eigentlich nicht erwarten dürfen. „Also gut“, sagte er besonnen zu sich selbst, während er das erste fertige Plakat prüfend betrachtete und anschließend neben sich auf dem Felsen ablegte, um sich dem Nächsten zu widmen. „Wenn ich es damals geschafft habe, mich zu beweisen, dann schaffe ich das auch nochmal. Wäre doch gelacht, wenn ich so eine simple Aufgabe nicht meistern könnte...!“ Und wie er das konnte. Mit viel Geduld, Mühe und Konzentration würde es sicherlich eine Kleinigkeit werden, Black Beauty zu finden. Mit viel, viel Geduld. „Ihr werdet schon sehen, Majestät. Ich bin nicht so ungeschickt, wie Ihr vielleicht denkt. Nur möglicherweise etwas... untalentiert im Schweine zeichnen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)