Lullabies and nightmares von Writing_League ================================================================================ Kapitel 1: Lullabies and nightmares ----------------------------------- Finsternis, undurchdringlich für das verbliebene Licht, das noch war, und jede erdenkliche Form seiner Schrecken verkörperte. Angst, die sich mit jedem Schritt, den er tat, vergrößerte und so nicht einmal in seinen schrecklichsten Albträumen existierte. „Ich weiß keinen Ort, der so dunkel ist wie dieser hier“, flüsterte Legolas, während er leise durch die Höhle schlich, auf jedes noch so kleine Geräusch bedacht, das die modrigen Wände von sich gaben. „Das hat seine Gründe“, war Elrohirs Antwort. „Welche?“ Stille. Legolas studierte schweigend das Gesicht des Halbelben und beobachtete, wie seine feinen Züge von widersprüchlichen Gefühlen verdreht wurden, als Elrohir versuchte, die Antwort auf die Frage in sich selbst zu finden; irgendetwas, das er ihm geben konnte. Doch war da nichts. Die Nervosität kroch allmählich von den Fingerspitzen seine Venen hoch, ständig begleitet von der Angst, die den goldhaarigen Elben zu quälen begann. Mit diesem Gefühl wurde auch der Griff um seinen Bogen fester. „Elrohir? Welche?“, fragte der Sinda wieder, verlangte eine Antwort. „Welche Gründe hat es?“ „Konzentriere dich!“ Sie durften sich nicht ablenken lassen. Sie hatten jeden Schritt bereitwillig in Kauf genommen – mit voller Überzeugung, mit voller Zustimmung –, und trotzdem breitete sich Angst und Missmut jetzt gleichermaßen in ihm aus; da, wo vorher noch völlige Sicherheit gewesen war. Er sah, dass ihm weiteres Fragen an dieser Stelle nicht weiterhelfen würde, und so nahm Legolas seinen Blick wieder von ihm, sammelte sich und lenkte seinen Geist auf das Wesentliche: Den Abendstern zu finden. Sie hatten nie richtig Abschied voneinander nehmen können. Er vermisste sie. Er vermisste den Klang ihrer Stimme, ihr Gesicht, ihre Augen und ihre Haut. Er vermisste es, ihr schönes Antlitz während des Sonnenuntergangs zu beobachten, wenn das Licht sich vom Tag trennte und von der Dunkelheit des Abends verschluckt wurde, um sich dann zu einer einzigen Quelle am Mond zu sammeln. Der Gedanke an ihr war während ihres Exils sein einsamer Trost gewesen und das einzige, was seinen müden Geist hatte ruhen lassen. Nun musste er sie- …. Ein Geräusch. „Mach dich bereit!“, flüsterte Elrohir angespannt. Legolas griff nach einem Pfeil in seinem Köcher und spannte ihn auf die Sehne seines Bogens, da griff sie etwas aus der Dunkelheit an, riss dem Sinda-Elb seine Waffe aus der Hand und schnappte dann nach Elrohir, um ihn gewaltvoll zu Boden zu reißen. Der Halbelb versuchte die Kollision mit dem harten Höhlengrund noch mit seinen Unterarmen abzufangen, aber die Schmerzen waren hart und das Gewicht, welches nun auf ihm lag, zum Zerbersten schwer. „Flieh, Legolas! Du musst sie retten!“ Ja. Es war wie in seinen Albträumen, nur dieses Mal war da nichts, das sie durchbrach, er wachte nicht auf. Da war kein Moment, in dem ihm zu seiner Erleichterung bewusst wurde, dass er all dies nur träumte; dass es nicht echt war. Das hier war die pure Realität, die ihm die Panik in die Kehle trieb. Er war wieder das Kind, das sich zu einer engen, sicheren Kugel zusammengerollt hatte, mit den Fingern in den Ohren, so würde er Elrohir nicht schreien hören, wenn es passierte. Und da war er wieder: Der Gedanke an den Abendstern, den er zu retten hatte. Der rationale Teil in seinem Gehirn sagte ihm, dass sie dies hier schaffen konnten, denn sie waren stärker – sie waren Elben –, aber die andere, anhaltende Stimme in seinem Kopf war dieses Mal präsenter. Nun gab es niemanden, der ihn retten konnte. Legolas fasste all seinen verbliebenen Mut zusammen und rannte los, an das Monster und an Elrohir vorbei und noch viel weiter, getrieben von dem Gedanken an den Abendstern, den er finden musste, immer tiefer in den endlosen Höhlenkomplex, direkt seinen Ängsten entgegen …, wo er eine allzu vertraute Gestalt entdeckte, am Boden hockend, mit dem Rücken zu ihm. Er atmete scharf ein bei dem Anblick des Körpers: Dunkles Haar in den sanftesten Wellen, das über Schulter und Rücken fiel; die geringsten Schultern, die er je gesehen hatte – so verletzlich, so kostbar –, stets in der Befürchtung, dass dieser Körper in Millionen von Stücken zerbrechen würde, wenn man ihn nur falsch berührte. Es war der Abendstern. Er lief langsam um sie herum, während seine wachen Augen unruhig über ihre Züge wanderten: Feinste Textur von Haut, ihre anmutigen Wangenknochen und ihre Augen, die ihn seit ihrer ersten Begegnung damals in seinen Bann gezogen hatten. Atmung, so lebendig, viel schöner und realer als alles, was er jemals hatte sehen dürfen. Und ihre Kette, die in allen erdenklichen Silbertönen glitzerte und selbst die vorherrschende Finsternis hier ein Stück weit erhellte. „Prinzessin Abendstern …“, Mit zittriger Stimme und schwer atmend landete er vor ihr auf seine Knie. „Du bist gekommen“, flüsterte sie. „Elladan, Elrond, Arwen und Legolas! Das Abendmahl ist angerichtet!“, brach eine fremde Stille die Szene, gefolgt von einem genervten Seufzen der Kinder, die sich allesamt gegenseitig ansahen. „Komm, gehen wir, ansonsten wird Vater böse. Wir spielen einfach morgen weiter!“, rief Elladan. „Ich will dann aber nicht wieder die Prinzessin sein!“, zeterte Arwen und verschränkte dabei ihre Arme vor der Brust. Legolas schlug vergnügt die Hände ineinander. „Ich baue mir vorher noch einen richtigen Bogen und echte Pfeile!“ „Wenn du willst, helfe ich dir“, entgegnete Elladan, der aus den Schatten trat und nicht mehr das Monster war, das er gerade noch verkörpert hatte. Auch das Dunkel der Höhle verflog, die Albträume vergingen und die vier Elbenkinder liefen dem Abendessen und den Schlafliedern entgegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)